Maerz Musik 22.3.- 31.3.19 - Festival für Zeitfragen - Berliner Festspiele
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Maerz Festival Musik Zeitfragen für 22.3.– 31.3.19
Grußwort / Welcome Dass das Denken über abstrakte Begriffe durchaus sinnlich und abenteuerlich sein kann, beweist Berno Odo Polzer schon seit 2015 in den von ihm konzipierten Ausgaben von MaerzMusik – Festival für Zeitfragen. Ich kenne kein anderes Festival, das so furchtlos intellektuell ist und gleichzeitig große Gefühle hervorruft. Emotion und Theorie, Erlebnis und Reflektion, Irritation und Befriedigung verbinden sich hier immer wieder neu – stets mit Musik als zentraler Impulsgeberin. MaerzMusik erscheint eher als ein kleines Festival, verglichen mit anderen Programmen der Berliner Festspiele, aber es ist wegweisend, denn es begibt sich immer wieder auf eine ungewisse Reise in Gebiete, die mich faszinieren: wo Komponist*innen, Musiker*in- nen und Organisator*innen nach neuen Formen und Formaten suchen, nach neuen Arten des Zusammenkommens mit dem Publikum, nach neuen, nicht immer beruhigenden Erkenntnissen über die Welt, unsere Geschichte, unser Selbst. 2
Abstract concepts can be considered in a sensual and adventurous way, and Berno Odo Polzer has provided ample proof of this fact in the editions of Maerz Musik – Festival for Time Issues that he has conceived since 2015. I know no other festival that is so fearlessly intellectual while generating big emotions at the same time. Affect and theory, experience and contemplation, irritation and satis- faction enter into a multitude of new associations – with music as the central source of impulses. In comparison with some of the other programmes of Berliner Festspiele, MaerzMusik may seem like one of the smaller festivals, but it is in fact ground- breaking, setting off time and again on uncertain journeys into areas that fascinate me: where com- posers, musicians and organisers search for new forms and formats, for new ways of coming together with the audience, for new and not always reassuring insights about the world, our history, our selves. Thomas Oberender Intendant der Berliner Festspiele / Director Berliner Festspiele 3
Vorwort Dies mag eine eigenartige Zeit sein, um sich mit der Geschichte zu beschäftigen. Absorbiert und überwältigt von einer prekären Gegenwart und einer ungewissen Zukunft, wie wir es sind, mag jeder „Blick zurück“ wie eine Zeitverschwendung erscheinen. Kann sein, dass wir es müde sind, mit Vergangenem zu tun zu haben, erschöpft von einer Kultur der Retrospektion, die die Vergangenheit als etwas Gegebenes feiert, das die Gegenwart in den Schatten stellt. Mag sein, dass wir es überdrüssig sind, die alten Geschichten von Fortschritt, Aufklärung und Zivilisation zu lesen, während wir die Kosten ihrer Errungenschaften zählen: Umweltzerstörung und die Vernichtung des Lebens auf der Erde. Vielleicht möchten wir unseren Blick woandershin richten, weg von den dunklen politischen Kräften, die vor unseren Augen wieder auftauchen, obwohl wir sie bereits im Müllei- mer der Geschichte gewünscht und gewähnt hatten. Wäh- rend Geschichte in Echtzeit und in Einheiten von 280 Zeichen geschrieben wird, hat der langwierige historiografische Kampf um Fakten und Fakeness einen bitteren Beigeschmack erhalten. Dies mag eine schlechte Zeit für Geschichte sein. Dennoch – oder gerade deswegen – widmet sich die fünfte Ausgabe dieses „Festivals für Zeitfragen“ zehn Tage lang dem Phänomen Geschichte bzw. Geschichtsschreibung. Geschichte verstanden als lebendiges, beseeltes Gebiet, das tief in das Jetzt hineinreicht. Geschichte als Extension der Gegenwart sogar, deren Praxis bestimmt, wie wir im Jetzt stehen und wie wir uns ins Morgen bewegen. MaerzMusik 2019 besteht aus einer Konstellation von Begegnungen – Konzerten, Performances, Lesungen, Film- vorführungen, Installationen, Ausstellungen und Diskurs formaten – , die historische Zeit spürbar, begreifbar, reflektier- bar machen wollen. Das Eröffnungskonzert bringt Melodien des Widerstands und des Klassenkampfs zum Klingen, die von Frederic Rzewski meisterhaft in Variationsform gebracht wurden, und lässt selten zu hörende Klangwelten von Horațiu Rădulescu, eines Meisters der Spektralmusik, wieder aufle- ben (22.3.). Eine neue Oper von Jennifer Walshe und Timothy Morton – von MaerzMusik mit in Auftrag gegeben – erforscht die Vielfalt der Zeitlichkeiten im Zentrum des Menschseins (24.3.). 4
„useless land“ lädt das Publikum ein, im Haus der Berliner Festspiele zu übernachten, sich niederzulegen und Texten zuzuhören, die von einer Welt vor der industriellen Revo- lution sprechen (24./25.3.). Elaine Mitchener „bewohnt“ und verkörpert in ihrer neuen Performance einen Begriff von Erinnerung als Akt der Verantwortung (25.3.). George E. Lewis’ „A Recital for Terry Adkins“ evoziert wichtige Persönlichkeiten der afroamerikanischen Kunst (26.3.). Ein Konzert im Konzerthaus Berlin stellt den Orchesterapparat den Stimmen von Komponistinnen zur Verfügung, darunter Olga Neuwirth mit ihrem brillan- ten Stück „Masaot / Clocks without Hands“ (28.3.). Ein Abend, der dem Buch und dem Stummfilm mit L ive-Musik „Die Stadt ohne Juden“ gewidmet ist, regt zu tiefem Nachdenken über historische Zeit und über die Blindheit der Zeitgenossenschaft an. Und schließlich stellt „The Long Now“ wieder jenes besondere Zeit-Gefäß bereit, das seinen eigenen Gesetzen folgt und das die Rhythmen und Beschleunigungen unseres geschäftigen Lebens unterwandert (30./31.3.). Das Diskursformat „Thinking Together” stützt, umfasst und spiegelt diese Projekte ebenso wie zwei Ausstellungen im silent green, die mannigfaltige Archive entfalten: „Tele-Visions. Eine kritische Medienge- schichte der Neuen Musik im Fernsehen der 1950er bis 1990er Jahre“ und „A Utopian Stage. Festival of Arts, Shiraz-Persepolis (1967–1977)”. Es ist die tiefe Freude dieses Festivals, Momente des gemeinsamen Hörens zu schaffen, verschiedene Zeitlichkeiten zu imaginieren und zu beherbergen – Räume zu schaffen für unterschiedliche Weisen, in der Zeit zu sein. Seien Sie unser Gast. Berno Odo Polzer Künstlerischer Leiter MaerzMusik – Festival für Zeitfragen 5
Preface This may be an odd time for dealing with history. Absorbed and overpowered as we are by a precarious present and an uncertain future, “looking back” may seem like a waste of time. We may be tired of dealing with things past: exhausted as we are by a cul- ture of retrospection that celebrates the past as a given outshining the present. We may be weary of reading the old tales of progress, enlightenment and civilization, as we count the costs of its achievements: environmental degradation and the destruction of life on earth. We may want to look somewhere else, away from the unlikely resurfacing before our eyes, of dark political forces we had wishfully relegated to the dustbin of history. While history is being written in real time and at 280 char- acters apiece, the lengthy historiographical struggle around facts and fakeness has acquired a bitter aftertaste. This may be a bad time for history. Nevertheless – or rather therefore – the fifth edition of this “Festival for Time Issues” dedicates its 10 days to questions per- taining to history and historiography. History understood as an alive, animate, spirited realm that reaches deep into the now. History as an extension of the present even, the practice of which determines how we stand in the now and how we move into tomorrow. Through a politically focused lens of time we might be able to see the variegated politics behind historically con- tingent philosophies of history – including our own – and how they influence, in turn, our ways of relating to the past, our views onto the present and our ability to shape the future. MaerzMusik 2019 consists of a constellation of public encounters – concerts, performances, readings, film screenings, installations, exhibitions and discourse formats – that propose different ways of sensing, comprehending, reflecting historical time. The opening concert resounds with melodies of resistance and class struggle, masterfully put into variation form by Frederic Rzewski, and revives rarely heard sonic realms by a forgotten master of spectral music, Horațiu Rădulescu (22.3.). A new opera by Jennifer Walshe and Timothy Morton – c o-commissioned 6
by MaerzMusik – explores the multiplicity of temporalities at the heart of being human (24.3.). “useless land” invites the audience to spend the night at Haus der Berliner Festspiele, laying down, sleeping and listening to texts that speak about a world prior to the industrial revolution. (24./25.3.) In her world premiere, Elaine Mitchener inhabits and embodies a concept of remembering as an act of responsibility (25.3.). A large-scale open-form ritual by George E. Lewis invokes important figures of African- American art and culture (26.3.). A concert at Konzerthaus Berlin lends the orchestra apparatus to the voices of historically underrepresented female composers, amongst them Olga Neuwirth with her brilliant piece “Masaot/ Clocks without Hands” (28.3.). An evening dedicated to “Die Stadt ohne Juden” – both a book and a silent movie with live music – provokes a deep reflection about histori- cal time and the blindness of contemporaneity. And finally, The Long Now, provides the cherished and abundant time-vessel with its own laws that undermine the rhythms and accelerations of our busy lives (30. & 31.3.). Underlying, enveloping and diffracting these events are the festival’s discourse format “Thinking Together” on “Circluding History” as well as two exhibition projects at silent green that unfold diverse archives: “Tele-Visions. A Critical Media History of New Music on TV, 1950s–1990s” and “A Utopian Stage. Festival of Arts, Shiraz-Persepolis (1967–1977)”. It is the deep pleasure of this “Festival for Time Issues” to create moments of listening together, to imagine and shelter different temporalities – to provide space for diverse ways of being in time. Be our guest. Berno Odo Polzer Artistic Director MaerzMusik – Festival for Time Issues 7
Opening „Das vereinte Volk wird niemals besiegt werden“ – diese Botschaft eröffnet MaerzMusik 2019, getragen von Sergio Ortegas ikonischer Melodie, die diese Hymne des chilenischen Widerstandes weltweit bekannt gemacht hat. Eine Botschaft, die heute neue Relevanz erhält. Der amerikanische Komponist und Pianist Frederic Rzewski (*1938) hat das Lied 1975 zum Thema eines großen Variationswerkes gemacht – eine der eindrucksvollsten Klavierkompositionen des letzten Jahrhunderts, gespielt vom Komponisten selbst. Der zweite Teil des Eröffnungskonzerts ist einem selten gespielten Meister der Spektralmusik gewid- met, Horațiu Rădulescu (1942 – 2008). Mit „Clepsydra“ präsentiert MaerzMusik ein Werk für sechzehn Spieler mit „Sound Icons“, in Streichinstrumente umgewandelte Klaviere, die von Rădulescu erfunden wurden. Ein entrückendes Klangplasma, dessen Zeitlosigkeit in suggestivem Kontrast zur präzisen Organisation von Rzewskis Klavieropus steht. “The People United Will Never Be Defeated” – this message inaugurates MaerzMusik 2019. Carried by Sergio Ortega's iconic melody, this anthem of the Chilean resistance is known around the world. A message that bears a new relevance today. In 1975, the American composer and pianist Frederic Rzewski (*1938) put the song in the centre of a large piece of piano variations. One of the most im pressive piano compositions of the last century, the piece will be performed by the composer himself. The second part of the opening concert is dedicated to a rarely performed master of spectral music, H oraţiu Rădulescu (1942 - 2008). With “Clepsydra” MaerzMusik presents a work for 16 performers with “Sound Icons”, piano-turned-string-instruments that were invented by Rădulescu himself. An entrancing sonic plasma, whose timelessness suggestively contrasts with the precise organization of Rzewski’s piano opus. 8
Fr / 22.03.2019, 20:00 Fri Haus der Berliner Festspiele € 30 FREDERIC RZEWSKI The People United Will Never Be Defeated 36 Variations on “El pueblo unido jamás será vencido” for piano (1975) Frederic Rzewski Klavier HORAȚIU RĂDULESCU Clepsydra for 16 players with Sound Icons op. 47 (1981/82) UA der Originalfassung / World premiere of the original version Samuel Dunscombe Leitung Mit Unterstützung von PIANOCENTER BERLIN 9
Tele-Visions / Persepolis Mit der Doppeleröffnung zweier Projekte im silent green startet am zweiten Festivaltag eine medien-archäolo- gische Zeitreise. „Tele-Visions“ hebt und präsentiert Schätze aus über 20 Fernseharchiven und fünf Jahrzehnten – eine kritische Mediengeschichte der Neuen Musik im Fern- sehen von den 1950er bis in die 1990er Jahre. „A Utopian Stage“ spürt dem bedeutenden iranischen „Festival of Arts“ in Shiraz-Persepolis nach, das in den 1960er und 1970er Jahren Künstler*innen aus allen Weltteilen zu einem transnationalen, experimentellen Austausch einlud und damit historische, politische und ideologische Grenzen überschritt. Um 21 Uhr kreuzen sich die Pfade beider Projekte in der Aufführung von Iannis Xenakis’ legendärer Tonband-Komposition „Persepolis“, die im Auftrag des Shiraz-Festivals entstanden ist und die ihre Spuren in französischen Fernseh-Archiven hinterlassen hat. With the double opening of two projects in silent green, the second day of the festival embarks on a media-archaeo- logical time travel. “Tele-Visions” lifts and presents treasures from more than 20 television archives spanning five decades: a critical media history of new music on TV from the 1950s to the 1990s. “A Utopian Stage” traces the legacy of the important Iranian Festival of Arts in Shiraz-Persepolis, which in the 1960s and 1970s invited artists from around the world to engage in a transnational, experimental exchange of creativity and knowledge and thus intercepted historical, political and ideological demarcations. At 21:00, the trajectories of both projects intersect in the performance of Iannis Xenakis’ legendary tape com- position “Persepolis,” which was commissioned by the Shiraz Festival and left traces in French television archives. 12
Sa / 23.03.2019, 19:00 – 24:00 Sat silent green Eintritt frei / Free admission 19:00 TELE-VISIONS Betonhalle A Critical Media History of New Music on TV, 1950s–1990s Eröffnung Filminstallation / Film Installation Opening Programmdetails / Programme details: berlinerfestspiele.de/mm-tv Siehe Seiten / See pages 35 – 38 20:00 A UTOPIAN STAGE SAVVY Con- Festival of Arts, Shiraz-Persepolis temporary (1967–1977) Ausstellungseröffnung / Exhibition opening Kuratiert von / Curated by Vali Mahlouji / Archaeology of the Final Decade Siehe Seite / See page 54 IANNIS XENAKIS 21:00 Persepolis Betonhalle für Achtkanal-Tonband (1971) Daniel Teige Klangregie Tele-Visions wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Mit Unterstützung von silent green, in Kooperation mit Deutsches Rundfunkarchiv – Stiftung von ARD und Deutschlandradio 13
Liping Ting Langsamkeit ist eine Herausforderung. In den Arbeiten von Liping Ting ist sie allgegenwärtig. Die in Taiwan geborene Künstlerin ist fast in all ihren Arbeiten körperlich als Per- formerin präsent. Ihre extrem konzentrierten Handlungen berühren die Grenze zur Trance und verleihen ihren In- stallationen zusätzliche Intensität und Präsenz. Ihr Atmen, Murmeln und Flüstern, ihre bisweilen durchdringende Stimme begleiten ihre Performances. Liping Tings Sinn für Körper und Zeit scheinen nicht in der Moderne veran- kert, und doch zeugen Referenzen zu Artaud, Joyce, Xenakis, Cage von einem intensiven künstlerischen Dialog mit der westlichen Avantgarde. Im Rahmen von MaerzMusik präsentiert Liping Ting eine neue Arbeit in der daadgalerie: „Water Timing S. – Times' Spiral” ist eine Raum-, Klang- und Lichtinstallation mit Videoprojektionen und performativen Interventionen. Bei The Long Now wird Liping Ting überdies mit einer Langzeit-Performance in der Schaltzentrale des Kraftwerk Berlin präsent sein (siehe Seite 48). Slowness is a challenge. In the works of Liping Ting, it is ubiquitous. The Taiwan-born artist is physically present as a performer in almost all of her works. Her extremely con- centrated actions touch the border of trance states and provide her installations with additional intensity and pres- ence. Her breathing, murmuring and whispering, her some- times permeating voice accompany her performances. Liping Ting’s sense of body and time does not seem rooted in modernity, yet references to Artaud, Joyce, Xenakis, Cage testify to an intense artistic dialogue with the West- ern avant-garde. In the framework of MaerzMusik, Liping Ting pres ents a new work in the daadgalerie: “Water Timing S. – Times' Spiral” is a space, sound and light installation with video projections and performative interventions. For The Long Now, Liping Ting will also be present with a dura- tional performance in the control room of Kraftwerk Berlin (see page 48). 14
So / 24.03.2019, 15:00 – 23:00 Sun daadgalerie Eintritt frei / Free admission LIPING TING Water Timing S. – Times' Spiral (2019) Ausstellung & Performances / Exhibition & Performances 15:00 Eröffnung der Ausstellung / Exhibition opening 16:00, 17:00 Performative Interventions 18:00 21:00 – 23:00 Durational Performance Dauer der Ausstellung / Exhibition period 25.03.– 31.03.2019, 12:00 – 19:00 In Zusammenarbeit mit Berliner Künstlerprogramm des DAAD 15
Time Time Time Zeit. Wenn uns niemand danach fragt, wissen wir, was sie ist. Oder zumindest wissen wir, was eine der verschie- denen Versionen davon ist. Tiefe ökologische Zeit, evo- lutionäre Zeit, Zeitreise, Längengrad, Zeitausdehnung und -kontraktion, alternative Zeitachsen und Paralleluniver- sen. Polyphasischer Schlaf, Anti-Aging-Cremes, biolo- gische Uhren, Neuronengruppen in unserem Gehirn und Schwarze Löcher. Der visionäre Philosoph Timothy Morton (*1968) und die Komponistin Jennifer Walshe (*1974) erforschen gemeinsam die Vielfalt der Zeitlichkeiten im Zentrum des Menschseins. Jede*r im Raum ist wichtig – die schnelle digitale Zeit von Matmos’ M.C. Schmidt und Walshe; die tiefen geologischen Rhythmen des Instrumen- tenbauers Lee Patterson; die unterschwelligen Drohnen der irischen Experimentalistin Áine O’Dwyer; die tektoni- schen Klangplatten der norwegischen Streifenjunko und Vilde&Inga; das Publikum, dessen Entropie demonst- riert, dass die Zeit tatsächlich vergeht … Time. If no one asks us, we know what it is. Or, at least, we know what one of the different versions of it is. Deep eco- logical time, evolutionary time, time travel, longitude, time dilation, time compression, alternative timelines and paral- lel universes. Polyphasic sleep, anti-ageing creams, fertility clocks, groups of neurons in our brains and black holes. Visionary philosopher Timothy Morton (*1968) and experimental composer Jennifer Walshe (*1974) join forces to explore the multiplicity of temporalities at the heart of being human. Everyone in the room is important: the fast- paced digital time of Matmos' M.C. Schmidt and Walshe; the deep geological rhythms of instrument builder Lee Pat- terson; the liminal, eternal drones of Irish experimentalist Áine O’Dwyer; the shifting tectonic plates of sound from Norwegian ensembles Streifenjunko and Vilde&Inga. The audience, whose entropy demonstrates that time is indeed passing … 18
So / 24.03.2019, 20:00 Sun Haus der Berliner Festspiele € 25 Kombiticket / Combined ticket TIME TIME TIME & USELESS LAND € 30 TIME TIME TIME (2019) DE Jennifer Walshe Timothy Morton Áine O’Dwyer Lee Patterson M.C.Schmidt Streifenjunko Vilde&Inga Commissioned by Borealis – en festival for eksperimentell musikk, Sonic Acts, MaerzMusik – F estival for Time Issues, Ultima Oslo Contemporary Music Festival and London Contemporary Music Festival / Serpentine Galleries. Commission supported by Arts Council Norway, Arts Council of Ireland and the Performance Arts Fund NL. Funded by the Ernst von Siemens Musikstiftung. Commissioned as part of Re-Imagine Europe, co-funded by the Creative Europe programme of the European Union. 19
useless land Die Nacht schenkt uns einige Stunden. Portale nehmen sich Zeit, sie fordern uns zum Verweilen auf. „useless land“ ist eine Zusammenstellung von fiktionalen und theoretischen Texten, die von einer Welt vor der industri- ellen Revolution sprechen. Texte, die eine kognitive Karte zeichnen von anderen möglichen Verbindungen, anderen Perspektiven auf die Beziehung des Menschen zur Umwelt, zu Tieren, Geistern, Pflanzen, Zeit ... Die kolumbianische Tänzerin und Choreografin Cata- lina Insignares (*1987) und die brasilianische Regisseurin Carolina Mendonça (*1984) laden dazu ein, mit ihnen die Nacht zu verbringen, sich niederzulegen und zuzu- hören. Laut lesen sie Texte vor, bis zum Sonnenaufgang, schaffen einen Raum, in dem das Schlafen eine Möglich- keit ist, die Welt zu verstehen. Stimmen, die in Ohren fließen und Geschichten weben. Ein Ödland. Die Notwen digkeit der Gemeinschaft der Menschen, mit denen wir schlafen, zu vertrauen. Eine Nachtwache, in der wir in Uneinigkeit zusammen sein können, mit v erschiedenen Sprachen und Träumen, zwischen wachsam und s chlafend. The night gives us some hours. Portals take time, they ask us to linger. “useless land” is a compilation of fictional and theoretical texts that speak about a world prior to the industrial revolution. The texts draw a cognitive map of other possible relations, other perspectives onto the human relationship with the environment, with animals, ghosts, plants, time ... The Colombian dancer and choreo grapher Catalina Insignares (*1987) and the Brazilian director Carolina Mendonça (*1984) invite the public to spend the night with them, laying down and listening. They read texts out loud until sunrise. Enter a space where sleeping is a way of understanding the world. Voices pour- ing into ears, weaving stories. A wasteland. A need to trust the community of people we sleep with. A vigil state in which we can be together in dissension, with different languages and dreams, somewhere between being alert and asleep. 20
So / 24.03.2019, 23:30 – 25.03.2019, 09:00 Sun Mo / Haus der Berliner Festspiele, Große Bühne Mon € 15 Kombiticket / Combined ticket TIME TIME TIME & USELESS LAND € 30 USELESS LAND Catalina Insignares & Carolina Mendonça Texte von / Texts by Silvia Federici, Roger Caillois, NOF4, Gloria E. Anzaldúa, Virginia Woolf, Michael Taussig u.a. / et al. Mit Beiträgen von / With contributions by Sursignal, remote viewing club Die Teilnehmer*innen werden gebeten, Schlafsäcke mitzubringen./ The participants are kindly asked to bring sleeping bags. 21
QuerKlang 15 Seit 15 Jahren bringt das Projekt QuerKlang im Rahmen von MaerzMusik Kollektiv-Kompositionen von Schüler*in- nen Berlins zur Uraufführung. Begleitet von Teams, beste- hend aus Pädagog*innen, Komponist*innen und Studie- renden, erforschen sie Klänge, setzen diese in Beziehung zueinander und machen ihre Entdeckungen für andere hörbar. Die Welt der Schule, die der universitären Aus- bildung und die der Musiker*innen und Komponist*innen werden dabei in einen spannungsreichen Zusammen- hang gebracht. For 15 years, the QuerKlang project has premiered group compositions by Berlin school pupils as part of MaerzMusik. Accompanied by teams consisting of a teacher, a com- poser and a university student, they investigate sounds, arrange them into compositions and share their discoveries with the public. QuerKlang brings together three different working environments: the world of the school, of univer- sity education and that of professional musicians and composers – QuerKlang thrives on the tensions between these worlds. 22
Mo / 25.03.2019, 18:00 Festakt und Konzert Mon Universität der Künste, Probensaal Di / 26.03.2019, 18:00 Konzert Tue Radialsystem V Mi / 27.03.2019, 18:00 Konzert Wed Universität der Künste, Probensaal Eintritt frei / Free admission SCHULE MACHEN: QUERKLANG Experimentelles Komponieren in der Schule Uraufführungen von Gruppen-Kompo- sitionen durch Schüler*innen der Rosa-Parks-Grundschule, Kreuzberg / Grundschule unter dem Regenbogen, Marzahn / Parzival-Schule, Zehlendorf / Heinrich-Böll-Oberschule, Spandau / Friedrich-Ebert-Gymnasium, Wilmers- dorf – begleitet durch ihre Musikleh- rer*innen sowie Genoël von Lilien- stern, Silvia Ocougne, Naomi Pinnock, Amir Shpilman, Ute Wassermann und Studierende der UdK Berlin und der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin Franziska Hildner / Mathias Hinke / Elinor Metzke / Daniel Ott / S tefan Roszak / Elsa Sachse / H enning Wehmeyer / Kerstin Wiehe Projektteam QuerKlang ist ein Projekt der Universität der Künste Berlin / klangzeitort in Zusammenarbeit mit k&k kultkom / Kulturkontakte e.V. und Berliner Festspiele / MaerzMusik – Festival für Zeitfragen. Finanziert aus Mitteln der Universität der Künste Berlin. 23
Tele-Visions Nights Zwei kommentierte Fernseh-Abende im Rahmen des Projekts „Tele-Visions“ bündeln aktuelle Perspektiven auf die Medien geschichte der Neuen Musik im Fernsehen. In Vorträgen, Panels und Präsentationen werfen Historiker*innen, Künstler*innen und Kurator*innen Schlaglichter auf ein umfangreiches Archiv von Fernsehproduktionen aus der ganzen Welt. Welche Geschichtsnarrative begegnen uns in der mas- senmedialen (Selbst-)Darstellung der Nachkriegs-Avantgarde? Welche Perspektiven ergeben sich aus dieser Fern-Sicht auf die 1950er bis 1990er Jahre, vor allem hinsichtlich aktueller Fragestellungen wie Diversität, Ungleichheit der Geschlechter, Kolonialität und weißer Vorherrschaft? Two movie nights under the framework of the “Tele-Visions” project resituate a media history of new music on tele- vision with present-day perspectives. Lectures, panels and presentations by historians, artists and curators will shed light on this extensive archive of television produc- tions from around the world. What historical narratives do we encounter in mass media’s (self-)representations of the post-war avant-garde? Which perspectives does a distant view of the 1950s to the 1990s generate, especially with regard to current ques- tions concerning diversity, gender inequality, coloniality and white supremacy? 24
Mo / 25.03.2019, 19:00 Mon & Mi / 27.03.2019, 19:00 Wed silent green, Betonhalle Eintritt frei / Free admission 19:00 TELE-VISIONS Betonhalle A Critical Media History of New Music on TV, 1950s–1990s Vorträge, Diskussionen und Filmpräsentationen / Lectures, Panels & Film presentations Siehe Seite / See page 35 Programmdetails / Programme details berlinerfestspiele.de/mm-tv Tele-Visions wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Mit Unterstützung von silent green, SAVVY Contemporary, in Kooperation mit Deutsches Rundfunkarchiv–Stiftung von ARD und Deutschlandradio 25
Mitchener “We will inhabit a concept of remembering as an act of responsibility. An act that in turn is ultimately liberating and healing.” Elaine Mitchener In ihrem neuen Stück für MaerzMusik untersucht Elaine Mitchener Walter Benjamins Konzept von ‚Eingedenken‘ – ein geschicht liches Bewusstsein und eine Form des Erinnerns, in der die Ver- gangenheit nicht als etwas Abgeschlossenes begriffen und verklärt, sondern im Gegenteil ihre schonungslose Gegenwärtig- keit betont wird. Im Gegensatz zur vermittelnden, distanzierend beschwichtigenden Tendenz der Erinnerung bleibt Eingedenken dem Leiden der Vergangenheit treu, indem es die Beilegung vergangenen Unrechts ablehnt. Mitchener wurde in Ost-London von jamaikanischen Eltern geboren. Ihre künstlerische Arbeit als Vokalistin, Performerin und Komponistin ist durchdrungen vom Bewusstsein vergangener und gegenwärtiger Formen der Diskriminierung, postkolonialer Wunden und ihren Auswirkungen auf die Menschheit. „the then + the now = now time“ ist ein künstlerischer Versuch, die Ver gangenheit zu politisieren, Zeit und Raum mithilfe von Musik und Bewegung aufzulösen und aus dem Gleichgewicht zu bringen. In her new piece for MaerzMusik, Elaine Mitchener explores Walter Benjamin’s notion of ‘Eingedenken’ (remembrance or commemoration): a historical consciousness in which the past is not understood and glorified as something closed and complete, a form of remembering that emphasizes the past’s relentless presence. Against the mediating, con ciliatory movement of Erinnerung (memory), Eingedenken remains true to suffering in the past by refusing reconcilia- tion with past wrongs. Born in East London to Jamaican parents, Mitchen- er’s artistic work as a vocalist, movement artist and com- poser is permeated by the awareness of past and pres- ent forms of discrimination, post-colonial wounds and its effect on humanity. “the then + the now = now time” is an artistic quest to politicize the past, undoing and unsettling time and space using music and movement. 26
Mo / 25.03.2019, 21:00 Mon silent green, Kuppelhalle € 20 ELAINE MITCHENER the then + the now = now time (2019) UA / World premiere Elaine Mitchener Konzept, Musik & Performance Dam Van Huynh Bewegungsregie Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Mit Unterstützung von silent green 27
Recital Drei herausragende afroamerikanische Künstlerpersönlich keiten treffen sich an diesem Abend in einem offenen Ritual mit Live-Interaktionen zwischen Instrumenten, elek- tronischen Klängen, Texten und digitalisierten Stand- und Bewegtbildern. George E. Lewis’ “A Recital for Terry Adkins” ist eine Hommage an den Künstler, Performer und Multi-Instrumentalisten Adkins (1953 – 2014), der für die Recitals in seinen Ausstellungen gefeiert wurde. Von Lewis selbst gemeinsam mit dem New Yorker Ensem- ble Pamplemousse aufgeführt, enthält das Stück auch Texte des einflussreichen Dichters und Wissenschaftlers Fred Moten (*1962), die anlässlich dieser Europa-Premiere neu für MaerzMusik geschrieben wurden. Mit seiner Wahl der instrumentellen und elektroni- schen Mittel, seinen Kompositionsformen, Improvisations- stilen, mathematischen Analysen und historischen Überlegungen ist George E. Lewis (*1952) bis heute ein Pionier zeitgenössischen musikalischen Ausdrucks. – Eine Gelegenheit, die Arbeit eines außergewöhnlichen Künstlers und Freigeists kennenzulernen. Three outstanding African-American artist personalities converge in this open-form ritual with live interaction between instruments, electronic sounds, texts and digi- tized still and moving images. George E. Lewis’ “A Recital for Terry Adkins” pays homage to the artist, performer, and multi-instrumentalist Adkins (1953–2014), who was celebrated for his Recitals presented within his gallery installations. Performed by Lewis himself alongside the New York-based Ensemble Pamplemousse, the piece also features texts by influential poet and scholar Fred Moten (*1962), newly written for MaerzMusik on the occa- sion of this European premiere. Through his choice of instrumental and electronic means, compositional forms, improvisational styles, math- ematical analyses, and historical reflections, George E. Lewis (*1952) sits at the vanguard of contemporary musical expression. An opportunity to get to know an extraordinary artist and free mind. 28
Di / 26.03.2019, 20:00 Tue Radialssystem V € 25 GEORGE E. LEWIS A Recital for Terry Adkins for Ensemble, Video and Live-Electronics with new texts by Fred Moten (2014/2019) DE Terry Adkins Original Sounds, Images, Voice George E. Lewis Live-Electronics & Video Processing Fred Moten Text Ensemble Pamplemousse David Broome Keyboard Natacha Diels Flöten Andrew Greenwald Perkussion Bryan Jacobs Elektronik Jessie Marino Violoncello Weston Olecki Posaune Im Anschluss / Followed by: Gespräch mit / Talk with George E. Lewis & Natacha Diels Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Mit Unterstützung von Radialsystem V 29
THINKING TOGETHER TELEVISIONEN Thinking Together Discourse & Listening Curated by Berno Odo Polzer Sa / 23.03.2019 – 29.03.2019 Sat – Haus der Berliner Festspiele Fr / Fri Eintritt frei / Free admission Programmdetails / Programme details berlinerfestspiele.de/thinking-together 31
THINKING TOGETHER Thinking Together 2019 betrachtet Geschichte und Geschichts- schreibung durch eine politisch geschärfte Linse der Zeit. In seinem fünften Jahr untersucht das Diskurs-Format über- kommene und hartnäckige Vorstellungen von linearer Zeit und Geschichte sowie die ihnen zugrunde liegenden politischen Matrizes. Welche politischen Einstellungen stecken hinter histo- risch kontingenten Geschichtsphilosophien? Auf welchen Zeitvorstellungen basieren sie? Und wie beeinflussen sie wiede- rum den Blick auf die Gegenwart, die Beziehung zur Vergangen- heit und die Fähigkeit, die Zukunft zu gestalten? „Circluding History“ – der Titel der Konferenz – deutet einen anderen Ansatz beim Nachdenken über Geschichte an. Der Begriff „Zirklusion“ (geprägt von Bini Adamczak) ist das Antonym von Penetration. Ein Begriff, der auf nichtlineare Verständnisse hinweist, der das Verhältnis von Aktivität und Passivität umdenkt und eine symmetrische Verteilung von Hand- lungsfähigkeiten einfordert. Seinen spekulativen Bahnen fol- gend, erforscht und imaginiert Thinking Together Relationen zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, alternative Genea- logien sowie dekolonisierte, globale, zusammenhängende und queere Geschichte(n). Thinking Together 2019 looks at history and historiography through a politically focused lens of time. In its fifth year of investigation, the discourse format scrutinizes common and dogged conceptions of linear time and history in order to disclose their underlying political matrices. What are the variegated politics behind historically contingent philoso- phies of history? What conceptions of time are they based on? And how do they, in turn, influence views onto the present, the ways of relating to the past and the ability to shape the future? The title of the conference, “Circluding History”, hints at a different way to approach history. “Circlusion” (a term coined by Bini Adamczak) is the antonym of penetration. It suggests non-linear understandings, inverts the relation between activity and passivity, and calls for symmetrical distribution of agencies. Following its speculative trajec- tories, Thinking Together will investigate and (re)imagine relations to the past, present and future, alternative genealogies, decolonized, global, connected as well as queer histories. 32
THINKING TOGETHER TELEVISIONEN Sa/Sat So/Sun 23. & 24.3.19 14:00 - 18:00 Circluding History Konferenz / Conference With Anke Charton (AUT), Elizabeth Freeman (USA), Amelia Groom (AUS/D), Dag Herbjørnsrud (NO), Björn Schmelzer (BE), Rolando Vázquez (MEX/NL) u.a. Synchronübersetzung ins Deutsche / Simultaneous translation into German Live Stream on facebook: #thinkingtogether Mo/Mon 25.3.19 10:00 - 14:00 Beyond Eurocentrism and Tribal History: Towards Decolonization and Connected Histories * Workshop with Dag Herbjørnsrud (NO) 14:00 - 18:00 Queer Temporalities, Queer Histories * Workshop with Elizabeth Freeman (USA) Di/Tue Mi/Wed Do/Thu 26., 27. & 28.3.19 10:00 - 14:00 History as a warm wet Place * Reading Group with Catalina Insignares (COL) & Carolina Mendonça (BRA) Di/Tue 26.3.19 14:00 - 18:00 Ways of Listening 1 * Listening Session with Lucia Farinati (GB) & Claudia Firth (GB) ca. 21:30 Radialsystem V Public Talk with George E. Lewis & Natacha Diels 33
THINKING TOGETHER Mi/Wed Do/Thu Fr/Fri 27., 28. & 29.3.19 10:00 - 14:00 History and Time in the context of the Gaia hypothesis * Workshop & Reading Group with texture (Jakob Claus, Niklas Egberts, Moritz Klein, Hannah Schmedes, Timo Schröder) Mi/Wed 27.3.19 14:00 - 18:00 Ways of Listening 2 * Listening Session with Myriam van Imschoot (BEL) Film presentation Myriam van Imschoot: Le Cadeau (BEL 2018) Do/Thu 28.3.19 14:00 - 18:00 Ways of Listening 3 * Listening Session with Kamila Metwaly 19:00 Uhr Konzerthaus Berlin, Carl-Maria-von-Weber-Saal Künstler*innengespräch / Artist Talk Clocks without Hands Fr/Fri 29.3.19 14:00 - 18:00 Ways of Listening 4 * Listening Session with Björn Schmelzer * Anmeldung erbeten /Please register: thinking-together@berlinerfestspiele.de Im Rahmen von „Defragmentation – Curating Contemporary Music“ Ein Projekt der Kulturstiftung des Bundes und des Internationalen Musikinstituts Darmstadt (IMD) / der Darmstädter Ferienkurse, der Donaueschinger Musiktage, von MaerzMusik – Festival für Zeitfragen sowie in Kooperation mit dem Ultima Festival Oslo Soweit nicht anders angegeben, finden die Veranstaltungen im Haus der Berliner Festspiele und in englischer Sprache statt. / Unless otherwise stated, all events take place at Haus der Berliner Festspiele and in English. Programmdetails / Programme details berlinerfestspiele.de/thinking-together 34
TELE-VISIONS Tele- Visions A Critical Media History of New Music on TV 1950s – 1990s Film installation, Film programmes, Concerts & Discourse Sa / 23.03.2019 – 31.03.2019 Sat – silent green, Betonhalle So / Sun Eintritt frei / Free admission Programmdetails / Programme details berlinerfestspiele.de/mm-tv Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Mit Unterstützung von silent green, in Kooperation mit Deutsches Rundfunkarchiv – Stiftung von ARD und Deutschlandradio 35
TELE-VISIONS Das Projekt „Tele-Visions“ präsentiert Schätze aus über 20 Fern- seharchiven, die die Geschichte der musikalischen Avantgarde der 1950er bis 1990er Jahre erzählen. Aktuelle Berichterstattung, Dokumentar- und Porträtfilme, Konzertmitschnitte, Talkshows und künstlerische Formate wie Fernseh-Opern zeichnen ein massenmedial verbreitetes Bild der westlichen Kunstmusik. Im F lackern dieses Archivs bespiegeln sich genrespezifische Erscheinungen und die großen Strömungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. „Tele-Visions“ richtet einen kritischen Fern- Blick auf diese (Selbst-)Darstellung der Neuen Musik im Fernsehen. Welchen Geschichtsnarrativen begegnen wir? Welche Perspektiven ergeben sich aus dieser Fern-Sicht, nicht zuletzt hinsichtlich aktueller Fragestellungen bzgl. Diversität, Ungleich- heit der Geschlechter, Intersektionalität, Kolonialität und weißer Vorherrschaft? Wie verhält sich die Entwicklung der musikali- schen Avantgarde zu den gesellschaftlichen Bruchlinien der jün- geren Geschichte? Auf welche Weise prägen diese Bruchlinien den Bereich zeitgenössischer Musik bis heute? Das Projekt besteht aus einer Filminstallation, ganz- tägigen Filmprogrammen und zwei Abenden mit Vorträgen, Panels und Präsentationen, ausgewählt von internationalen Wissenschaftler*innen, Künstler*innen und Kurator*innen. The project “Tele-Visions” presents treasures from over 20 tele- vision archives that tell a multifaceted story of the musical avant- garde from the 1950s to the 1990s. News, documentaries and portraits, concert recordings, talk shows and made-for-TV artis- tic formats paint a mass media image of Western art music. The flickering of this archive mirrors genre-specific phenomena as well as the major historical currents of the second half of the 20th century. “Tele-Visions” takes a critical (long-)distance at this (self-)representation of new music on TV. What historical narratives do you encounter? Which per- spectives arise from this remote view, not least with regard to current questions concerning diversity, gender inequality, inter- sectionality, coloniality and white supremacy? How does the development of the musical avant-garde relate to the social fault lines of recent history? In what ways do these fault lines shape the field of contemporary music to this day? The project consists of a film installation, complemented by eight full-day film programmes and two movie nights with lectures, panels and presentations selected by international scientists, artists and curators. 36
TELE-VISIONS Sa/Sat 23. 3.19 19:00 OPENING 21:00 IANNIS XENAKIS Persepolis für Achtkanal-Tonband (1971) Daniel Teige Klangregie So/Sun 24.3.19 14:00 - 24:00 Film installation & Film programme 1 Mo/Mon 25.3.19 14:00 - 24:00 Film installation & Film programme 2 19:00 TELE-VISIONS NIGHT Lectures, Panels, Film presentations Di/Tue 26.3.19 14:00 - 24:00 Film installation & Film programme 3 Mi/Wed 27.3.19 14:00 - 24:00 Film installation & Film programme 4 19:00 TELE-VISIONS NIGHT Lectures, Panels, Film presentations 37
TELE-VISIONS Mi/Wed 27.3.19 21:00 KARLHEINZ STOCKHAUSEN Telemusik Elektronische Musik für Magnetband, Lautsprecher, Mischpult und Klangregie (1966) Do/Thu 28.3.19 14:00 - 24:00 Film installation & Film programme 5 Fr/Fri 29.3.19 14:00 - 24:00 Film installation & Film programme 6 Sa/Sat 30.3.19 14:00 - 24:00 Film installation & Film programme 7 So/Sun 31.3.19 14:00 - 24:00 Film installation & Film programme 8 Programmdetails / Programme details berlinerfestspiele.de/mm-tv Soweit nicht anders angegeben, finden die Veranstaltungen in englischer Sprache statt./ Unless otherwise stated, all events take place in English. 38
Clocks without Hands Ein Abend geprägt von drei herausragenden Komponistin- nen-Persönlichkeiten der Gegenwart: Ashley Fures (*1982) hypnotisierendes Werk für Orchester und Elektronik war für den Pulitzer-Preis 2017 vorgeschlagen. Olga Neuwirths (*1968) fulminantes „Masaot/Clocks without Hands“ – eine poetische Reflexion über das Wesen der Zeit und das Verblassen von Erinnerungen – hat seit seiner Uraufführung von Wien bis New York Begeisterung ausgelöst. Gekrönt wird der Abend im klassizistischen Ambiente des Konzerthaus Berlin von der Uraufführung einer Auftragskomposition der litauischen Komponistin Justė Janulytė (*1982), deren großflächige, vielschichtige Texturen und häufig extrem langsamen, graduellen Metamorphosen, eine faszinierende, entschleunigende Sogwirkung entfalten. An evening marked by three outstanding female composers of the present: Ashley Fure’s (*1982) mesmerizing work for orchestra and electronics, “Bound to the Bow”, was a finalist for the 2017 Pulitzer Prize. Olga Neuwirth’s (*1968) brilliant “Masaot/Clocks without Hands” is a poetic reflection on the nature of time and how memories fade that has sparked enthusiasm from Vienna to New York. The concert in the classicistic environment of Konzerthaus Berlin will be crowned by the premiere of a new commis- sion from the Lithuanian composer Justė Janulytė (*1982), whose large, multi-layered textures and often extremely slow, gradual metamorphoses unfold a fascinating, decel- erating pull. 40
Do / 28.03.2019, 20:00 Thu Konzerthaus Berlin, Großer Saal € 25 / 20 / 15 Carl-Maria-von-Weber-Saal 19:00 Künstler*innengespräch / Artist Talk 20:00 Konzert / Concert ASHLEY FURE Bound to the Bow for Orchestra and Electronics (2016) DE OLGA NEUWIRTH Masaot / Clocks without Hands für großes Orchester (2013/2015) JUSTĖ JANULYTĖ Was there a Swan? for Organ and Orchestra (2019) UA / World premiere Kompositionsauftrag MaerzMusik – Festival für Zeitfragen und Konzerthaus Berlin Konzerthausorchester Berlin Daniel Weingarten Klangregie Peter Rundel Leitung In Zusammenarbeit mit Konzerthaus Berlin. Mit Unterstützung von Berliner Künstlerprogramm des DAAD und Lithuanian Culture Institute. Live-Mitschnitt Deutschlandfunk Kultur: 20:03 / Live Recording Deutschlandfunk Kultur: 20:03 41
Stadt ohne Juden “Today’s right-wing demagogues show how language and rhetoric can be used to whip up hatred. This film got there before them. Hopefully it can help us think about where we’re going wrong.” Olga Neuwirth Ein einzigartiges Dokument mit einer einzigartigen Geschichte: Der Stummfilm „Die Stadt ohne Juden“ regt zu tiefem Nach denken an, über historische Zeit, über die Blindheit der Zeitge- nossenschaft, über unsere Gegenwart und Zukunft selbst. Auf dem gleichnamigen „Roman von übermorgen“ des jüdischen Schriftstellers und Journalisten Hugo Bettauer (1872 – 1925) basierend, wurde der Film 1924 in Wien gedreht. Irritierend pro- phetisch zeigt er – nur 15 Jahre vor den Novemberpogromen – den eskalierenden Antisemitismus seiner Zeit und die Verar- mung einer Stadt nach der Vertreibung der jüdischen Bevölke- rung. Das Werk war nur in einer fragmentarischen Version erhalten, bis es 2015 auf einem Pariser Flohmarkt wiederent- deckt wurde. Aus Anlass der Veröffentlichung der neu res taurierten Fassung hat die österreichisch-jüdische Komponis- tin Olga Neuwirth (*1968) eine neue Filmmusik geschrieben, die vom Wiener Ensemble PHACE live gespielt wird. A unique document with a unique story. The silent film "The City without Jews" provokes a deep reflection about his- torical time, the blindness of contemporaneity, about our present and future itself. "The City without Jews" is based on the homonymous “Novel of the Day After Tomorrow” by Jewish writer, journalist Hugo Bettauer (1872 – 1925) and was shot in 1924 in Vienna. Irritatingly prophetic, it shows – only 15 years before Kristallnacht – the escalating anti-Semitism of its time and the impoverishment of a city after the expulsion of the Jewish population. The work was preserved only in a fragmentary version, until it was rediscovered in 2015 at a Parisian flea market. On the occasion of the release of the newly restored version, the Austrian-Jewish composer Olga Neuwirth (*1968) has written a new film score, performed live by the Viennese Ensemble Phace. 44
Fr / 29.03.2019, 20:00 Fri Haus der Berliner Festspiele, Große Bühne € 30 Lesung HUGO BETTAUER Die Stadt ohne Juden Ein Roman von übermorgen (1922) Samuel Finzi Sprecher Film Die Stadt ohne Juden Stummfilm nach einem Roman von Hugo Bettauer (AUT 1924) Hans Karl Breslauer Regie Olga Neuwirth Musik (2017) Ensemble PHACE Alfred Reiter Klangregie Nacho de Paz Leitung Eine Produktion von PHACE, Wiener Konzerthaus, Elbphilharmonie Hamburg, Ensemble intercontemporain, Barbican Centre, Sinfonieorchester Basel und ZDF/ARTE, in Kooperation mit Wien Modern und Filmarchiv Austria Mit Unterstützung von Österreichisches Kulturforum Berlin 45
The Long Now The Long Now ist ein Ort der andauernden Gegenwart. Ein Raum, in dem sich die Zeit selbst entfalten und das Zeit- gefühl sich verlieren kann. Mit einer Dauer von 30 Stunden lädt das Projekt Besucher*innen ein, sich von der getak- teten Chronometrie der Gegenwart zu lösen und sich dieser Zeitblase hinzugeben. The Long Now bildet den Abschluss von MaerzMusik − Festival für Zeitfragen 2019. In der monumentalen Kulisse des Kraftwerk Berlin sind Konzerte, Performances und elektronische Live-Acts mit Klang- und Videoinstallationen zu einer großformati- gen Komposition in Zeit und Raum versammelt. Von der musikalischen Avantgarde bis hin zu experimenteller Elektronik, Ambient Music und Noise reichen die musikali- schen Welten, die sich in der fünften Ausgabe von The Long Now zu einer körperlichen und künstlerischen Grenzerfahrung formieren. Wir laden Sie ein, den gesamten Zeitraum von The Long Now im Kraftwerk zu verbringen, dort zu übernachten oder mehrmals wieder- zukommen. Betten werden bereitgestellt. The Long Now is a place for the continuing present. A space in which time itself can unfurl and senses of time can dilate into as yet uncharted patterns. With a duration of 30 hours, the project invites visitors to detach from the clocked pace of the urban present and indulge in the chronosphere of The Long Now. The Long Now is the closing event of MaerzMusik − Festival for Time Issues 2019. Embedded in the monumental setting of Kraftwerk Berlin, concerts, performances, electronic live-acts, sound and video installations form a large-scale composi- tion in time and space. Embracing musical worlds from the musical avant-garde to experimental electronics, ambi- ent and noise, this fifth edition of the event offers sonic and bodily experiences of an exceptional kind. Visitors are welcome to spend the entire duration in the powerplant, sleep over, or come and go. Beds will be provided. 48
Sa / 30.03.2019, 19:00 – 31.03.2019, 24:00 Sat & Kraftwerk Berlin So / Sun Tagesticket / Day Ticket € 35 2-Tageticket / 2-Day Ticket € 48 THE LONG NOW 30 Stunden Kraftwerk Berlin / 30 Hours Kraftwerk Berlin Kuratiert von / Curated by Berno Odo Polzer, Laurens von Oswald und Harry Glass Programmdetails / Programme details berlinerfestspiele.de/the-long-now Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds. In Kooperation mit Berlin Atonal Mit Unterstützung von Kraftwerk Berlin 49
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