Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer

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Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer
Die Zeitschrift der Bethanien Kinder- und Jugenddörfer                Nr. 53 · 3/2020

kidob
kidoblick
    b lick

Vom Wert des Spielens
   Schwalmtal: Spielen macht die Kinder froh und Erwachsene ebenso
   Bergisch Gladbach: Neues Angebot für junge Kinder
   Eltville: Bethanien Zentrum für Entwicklung und Weiterbildung
   Dominikanerinnen: Spielende Schwestern
Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer
2 Herzlich Willkommen

                     Liebe Leserinnen und Leser,
                                                                                     Inhalt
                     wir befassen uns mitten in der Corona-Dauerkrise mit
                     dem Spiel. Ist das nicht ein völlig verfehltes Thema?
                                                                                      3      Zwischen Himmel und Erde
                     Müssten wir uns nicht mit den Auswirkungen der Pande-
                     mie auf unser Kinderdorfleben, auf die Gesundheit von
                     Kindern und Mitarbeitenden, mit Krankheitssymptomen,            4       Titelthema
                     Hygienemaßnahmen, Bildungsfragen und der Verände-
                     rung der Kontakte und Begegnungen befassen?
                    Ja, das müssen wir und das machen wir auch. Aber die                     Vom Wert des Spielens
                    grundlegenden menschlichen Bedürfnisse und die Aus-                      – Erfahrungen der Kinderdörfer
                    drucksformen des Lebens werden durch die Krise nicht
                    verändert, sie müssen nur andere Formen finden. Ich
kann aus den Erfahrungen der letzten Monate sicher sagen: Das Spiel ist für           7      Das Neueste
unsere Kinder nicht weniger wichtig geworden in der Krise. Vielmehr wurde
deutlich mehr gespielt und Erwachsene und Kinder hatten sogar an einigen              8      Leben und Arbeiten in Bethanien
Stellen einen Zugewinn an Gemeinsamkeit im Spiel. Die Krise ist nicht ein-
                                                                                      9      Leben in Schwalmtal
dimensional, sie hat viele Facetten.
                                                                                             • Nachruf: Marlene Altevers
Was also ist die Bedeutung des Spiels? Für die Kinder und für deren gesun-
                                                                                             • Witzige Spielgeschichten
de Entwicklung ist das Spiel Grundnahrungsmittel. Es gibt keine Alterna-
tive zum Spiel. Es gibt aber bessere und schlechtere Bedingungen für das            12       Leben in Bergisch Gladbach
Spielen. Gespielt wird auch unter furchtbaren Bedingungen wie etwa
                                                                                             • Vom Drang nach Medien
im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos. Im Spiel entwickeln sich die Kinder,
drücken sich aus, verarbeiten, was sie erleben. Spiel ist in erster Linie zweck-             • Krippenspielfahrt
frei. Ein Kind spielt nicht, um ein Erlebnis zu verarbeiten, es passiert einfach.
                                                                                    15       Leben in Eltville
Im – gut angeleiteten und sorgsam begleiteten Spiel – kann auch Heilung
gefördert werden, wie z.B. die Spieltherapie eindrucksvoll belegt.                           • Das Schönste, was Du tragen
                                                                                               kannst, ist ein Lächeln!
Beim Spielen wird Material benötigt. Es gibt ausgezeichnetes Spielmate-                      • Freispielzeit in der Krippe
rial, das anregt. Kinder nutzen für ihren spielerischen Ausdruck aber alles,
was im Haus und Haushalt oder in der Natur zu finden ist. Das es auch mal           18       Fachlich
die elektrische Zahnbürste sein kann, die im intensiven Matschspiel zum Ein-
                                                                                             • Die neue Junge-Kinder-Gruppe
satz kommt, erzählt ein Bericht in dieser Ausgabe.
Beim Spielen entdecken Kinder ihre Begabungen, testen Rollen aus, ent-              20       Leben bei den Dominikanerinnen
wickeln Kinder ihre Kreativität weiter. Mit dem Angebot an Spielen und                       von Bethanien
dem Umgang mit Spielen prägen die Erwachsenen die Zukunft der Kinder sehr                    • Spielende Schwestern ...
entscheidend mit. Ob wir den Mädchen nur rosa Barbies und den Jungs nur                      • „Und warum spielt ihr?“
Autos und Baukrane anbieten oder die frühe Prägung zulassen: Nicht nur die
Kinder stellen Weichen im Spiel, auch wir Erwachsenen geben durch unser             22       Persönlich & Termine
Vorbild und durch unser Angebot – oft unbewusst – Richtungen vor.
                                                                                    23       Ihre Hilfe
In dieser Ausgabe berichten wir auf vielfältige Art über unsere pädagogische
Arbeit und über Erfahrungen, die Kinder und Erwachsene mit dem Spiel in             Bild Titelseite:
den Kinderdörfern machen.                                                           Alexander aus dem Kinderdorf Schwalmtal

Ich freue mich über diese Ausgabe des Kidoblicks und hoffe, Sie haben               Sie möchten den kidoblick 3 x jährlich kostenfrei lesen?
auch Freude an den Beiträgen und bleiben den Kindern und den Bethanien              Melden Sie sich an unter 02163 4902-220 oder per
                                                                                    E-Mail an info@bethanien-kinderdoerfer.de
Kinder- und Jugenddörfern weiterhin treue Wegbegleiter.
Herzlichst                                                                          Impressum
                                                                                    Herausgeber: Bethanien Kinderdörfer gGmbH
Ihr                                                                                 Ungerather Straße 1–15 · 41366 Schwalmtal-Waldniel
                                                                                    Fon: 02163 4902-220 · Fax: 02163 4902-230
                                                                                    www.bethanien-kinderdoerfer.de
                                                                                    V.i.S.d.P.: Dr. Klaus Esser, Geschäftsführer
                                                                                    Redaktion: Daniela Fobbe-Klemm
                                                                                    Gestaltung: Ulrike Jasser, Heinsberg
                                                                                    Unsere Zeitschrift kidoblick erscheint dreimal jährlich
                                                                                    in einer Auflage von 4.500 Exemplaren. Sie wird von
                                                                                    den Caritas Werkstätten Köln auf umweltfreundlichem
Dr. Klaus Esser, Geschäftsführer                                                    Papier gedruckt.

kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer
Zwischen Himmel und Erde 3

    Spielen – ein Freiraum,
    der gebraucht wird

Wo immer Kinder, Jugendliche und junge
Erwachsene in der KjG zusammenkom-
men, wird gespielt. Nicht nur in der der
Gruppenstunde oder im Sommerlager,
sondern auch auf der Diözesankonferenz
oder zuletzt beim 50jährigen Jubiläum
mit den Ehemaligen. Es gibt Kennenlern-
spiele, Abenteuerspiele, Kooperations-
spiele, Spiele zum Lachen und Verrückt-
sein, Spiele mit Geschicklichkeit oder
vollem Körpereinsatz. Im Spielen entsteht
ein Freiraum, der unverzweckt ist, wo
niemand etwas muss oder soll, sondern
einfach da sein kann. Spielen gelingt nur
dann, wenn es freiwillig geschieht, hat
mit Unterbrechung des Alltags und Frei-
heit zu tun. Und mit Vertrauen. Schlaue
Menschen, die sich philosophisch oder
anthropologisch mit dem Thema „Spiel“          Das Spielevent „Zicke-Zacke-Hühnerkacke“ erfreut sich Jahr für Jahr großer Beliebtheit. Foto: KjG
auseinandergesetzt haben, sagen, dass
gerade diese Zwischenstelle genau der
Freiraum ist, der das Spiel erst ermög-        und dem Eintauchen in eine besondere              uns Menschen in die Freiheit entlässt, sie
licht. Wie großartig, wenn Menschen sich       Welt, die von den Spielenden erdacht und          zum Freiraum der Selbstbestimmung
diesen Freiraum erhalten oder manchmal         gestaltet wird, zu tun. Das ist kostbar und       erklärt und sich so selbst auf ein Spiel
auch verteidigen, in einem Alltag, der sich    wertvoll. Ich spüre das immer wieder,             einlässt. Sein Versprechen: Ihr dürft das
für viele Menschen immer schneller ver-        wenn ich Teil eines solchen Spiels bin.           Spiel des Lebens annehmen, darin ein-
dichtet.                                       Zum Beispiel beim Besuch eines Pfingst-           tauchen, das Beste daraus machen. Ich
                                               zeltlagers, wo auf einer großen Wiese mit-        freue mich, wenn euer Spiel gelingt, ermu-
In der KjG treffen sich jedes Jahr ca. 150     ten in der Natur tagelang gespielt wird           tige euch zum solidarischen, gerechten
junge Menschen für das Spielevent              und zwar so, wie die jungen Ehrenamt-             Spielen und halte euch fest, wenn ihr fallt,
„Zicke-Zacke-Hühnerkacke“, ein ganzer          lichen und Teilnehmenden sich das selbst          verliert und nicht mehr weiterwisst. Also,
Tag ist reserviert und freigehalten zum        überlegen. Mir wird dann deutlich, was            wagen wir es immer wieder, Zeit und
Spielen. Neben der großartigen Erfindung       für eine großartige Kulturleistung sich           Raum für unser Spiel zu finden!
des Gummi-Huhn-Golfs werden hier Spie-         hinter dem Spielen von Menschen ver-
le in Teams gespielt, die für alle – Kinder,   birgt: Ein gestalteter Freiraum wird zur
Jugendliche und junge Erwachsene –             Bühne für Selbstbestimmung, neuer
gleichermaßen gerecht angelegt sind: Alle      Gemeinschaftserfahrungen und großer
können mitmachen und alle werden für           Freude. Das alles geschieht aus sich
die unterschiedlichen Disziplinen im Team      heraus, ist nicht verordnet, sondern               Philipp Büscher
gebraucht. Am Ende des Tages werden            ent wickelt sich eigenständig aus den             Geistlicher Leiter
so nicht nur die Gewinner*innen gefeiert,      Bedürfnissen der Lebenswelt junger
sondern auch die tollen Momente, das           Menschen.                                              Katholische
Lachen und die neuen Erfahrungen, die                                                             junge Gemeinde
alle gemeinsam gemacht haben. Spielen          Viele Erzählungen der Bibel knüpfen hier                – Diözesan-
hat viel mit Kreativität, Spannung, Energie    an: Gott, der seine Schöpfung und mit ihr             verband Köln

                                                                                                               kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer
4 Titelthema

   Spielen macht die Kinder froh
und Erwachsene ebenso!
„Oh Gott Spielen, allein in meinem Zim-
mer, ich muss mich mit mir selbst beschäf-
tigen, was habe ich bloß getan!?“, waren
zumindest die Gedanken meiner Kinder,
als sie frisch bei uns eingezogen sind.
Mit dem Begriff „Spielen“ konnten sie
weder Freude noch Zufriedenheit ver-
knüpfen, keine Idee, keine Fantasie. Sie
wussten nichts damit anzufangen und die
Aufforderung: „Du darfst spielen“ glich
eher einer Bestrafung.
Infolgedessen benötigen sie Ergothera-
pie, haben Schwierigkeiten in der Schule
beim Lernen, in der Konzentration, der
Wahrnehmung, können nicht schluss-
folgern oder vorausschauend denken.
Wenn auch nicht ausschließlich, denn
grundsätzlich spielen diesbezüglich viele
Faktoren eine Rolle.
Ein langer Prozess begann, in welchem        Tatsächlich werden in der frühkindlichen    entsprechenden Geräusche der unter-
die Mädels und Jungs, natürlich bis heute    Entwicklung mit und im Spiel wesent-        schiedlichen Materialien kennen.
noch, lernen zu spielen: Höhlen bauen,       liche Bausteine, Fertigkeiten und Fähig-
mit Playmobil Familie spielen, mit Lego                                                  Unter anderem werden beim Greifen und
                                             keiten für das spätere Leben gelegt.
ganze Städte bauen, das Kinderdorfleben                                                  Krabbeln motorische Fähigkeiten entwi-
                                             Spielen gilt gemäß der UN-Kinderrechts-
im Rollenspiel nachahmen, den Alltag                                                     ckelt, beim Türmchen bauen und Bauklöt-
                                             konvention sogar als ein weltweites
dadurch verarbeiten und integrieren.                                                     ze in die richtige Öffnung stecken mathe-
                                             Grundrecht.
Der Fantasie ihren freien Lauf lassen,                                                   matische Grundkenntnisse gebildet.
überhaupt Fantasie haben, sich wilde         Dabei handelt es sich nicht um ein Dauer-
                                             bespaßungsprogramm seitens der Eltern       Spielen bedeutet Entwicklung in jeder
Geschichten ausdenken und im Tobe-                                                       Hinsicht.
                                             oder ein überfülltes Kinderzimmer. Zumal
zimmer ausleben, malen, basteln, Mur-
                                             ein Übermaß an Spielzeugen viel mehr        So, jetzt aber noch einmal zurück zum
melbahn.
                                             zur Reizüberflutung führt. Langeweile       Anfang: „Spielen macht die Kinder froh
Das wiederum bedeutet nicht nur Freude       gehört dazu. Ich spreche wohlgemerkt        und Erwachsene ebenso“. Spielen kann
und Glückseligkeit. Hierzu gehören Aus-      von Kindern, die zu Hause keine Möglich-    so einfach sein, die Kinder machen es uns
einandersetzungen, das Erweitern der         keit hatten, sich frei zu entfalten.        vor, doch als Erwachsene vergessen wir
Frustrationstoleranz und die Entwicklung                                                 den Wert des Spielens leider viel zu häu-
                                             Denn durch das angeborene Explorations-
von Selbstwert.
                                             verhalten, also Gegenstände schütteln,      fig.
Dennoch gibt es erwachsene Menschen,         in den Mund nehmen oder den Löffel beim     „Menschen hören nicht auf zu spielen,
die hinter spielerischem Verhalten nichts    Essen ständig auf den Boden fallen las-
                                                                                         weil sie alt werden, sondern sie werden
als Sinnlosigkeit vermuten. Selbst wenn      sen, testet das Kind die verschiedenen
                                                                                         alt, weil sie aufhören zu spielen.“
es auf den ersten Blick gar als unproduk-    physikalischen Eigenschaften des Objek-
                                                                                                          Oliver Wendell Holmes Sr.
tiv erscheinen mag, steckt so viel mehr      tes und findet heraus, welchen Sinn es
dahinter.                                    macht, bzw. lernt Höhen und Tiefen, die            Desiree Bührer, Kinderdorfmutter

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Titelthema 5

   Spiel ist keine Spielerei

Das Spiel ist von ganz entscheidender         Corona-Lockdowns mehr Zeit als sonst im
Bedeutung für die Persönlichkeitsent-         Spiel verbringen konnten. Ihr Tagesablauf
wicklung eines Kindes: Es ist quasi sein      wurde nicht – wie sonst – durch die vielen
Hauptberuf, in dem die Basis für den dar-     am Nachmittag stattfindenden Termine
auf aufbauenden Erwerb von schulischen        bestimmt.
und anderen Fähigkeiten gelegt wird. Je
                                              Für unseren pädagogischen Fachdienst,
vielfältiger das Spiel sein kann, desto
                                              der für jedes Haus individuelle Angebote
mehr individuelle und kommunikative
                                              machte, und auch für die Pädagogen in
Fähigkeiten – aber auch Körperbeherr-
                                              den Häusern stellte die neue Situation
schung und Selbsteinschätzung – erwirbt
                                              eine immense Herausforderung dar, der
das Kind.
                                              sich alle mit großem Engagement gestellt
Spielen ist also wichtig. Insofern war es     haben! Zugleich freuten sich vor allem die
für unsere jüngeren Kinder bei allem, was     jüngeren Kinder über Naturerkundungen
auch für sie schwierig war (ich denke nur     am Flehbach, Mountainbike-Ausflüge,
                                                                                            Steine zum Mitnehmen wurden liebevoll
an das sogenannte „Homeschooling“),           Baumhäuser bauen und vieles mehr.
                                                                                            bemalt und dann irgendwo auf dem Kinder-
ein großes Glück, dass sie während des        Gemeinsam wurde gebacken und gebas-           dorfgelände ausgelegt. Wer einen fand,
                                              telt. Es gab Zeit, Fantasiewelten aus Bau-    konnte ihn behalten oder an einem anderen
                                              steinen zu erschaffen und sich mitunter       Menschen damit eine Freude machen
                                              tagelang im Brettspiel zu messen mit den
                                              anderen Kindern der Kinderdorffamilie
                                                                                            Dominikus-Saal verlegt haben. Hier haben
                                              oder der Wohngruppe. „Mira ist viel ent-
                                                                                            unsere Jugendlichen nun einen Rückzugs-
                                              spannter geworden“, war eine der Rück-
                                                                                            raum. Den werden sie in den nächsten
                                              meldungen aus einem Haus, in dem das
                                                                                            Monaten auch selbst mitgestalten kön-
                                              Mädchen mit Autismus lebt.
                                                                                            nen, und zwar mit einem Graffiti-Projekt:
                                              Was die Kleinen als eher positiv erfuh-       Die Außenwände des Gebäudes erhalten
                                              ren, war für unsere Jugendlichen hinge-       „sprühweise“ eine farbige Deko. Außer-
                                              gen oft nur schwer zu akzeptieren. Über       dem soll es am Jugendraum bald eine
                                              Wochen keine gleichaltrigen Freunde tref-     Boulderwand geben, an der beim geschick-
                                              fen zu können (die in der Pubertät ein-       ten Klettern die Kräfte und das Selbst-
                                              fach wichtiger sind als jüngere Geschwis-     bewusstsein wachsen werden. So bieten
                                              ter oder Erwachsene) und nicht aus dem        wir unseren Jugendlichen einen neuen
                                              Kinderdorf gehen zu dürfen, das war für       Ort im Kinderdorf, an dem sie unter sich
                                              sie sehr schwierig. Ein paar ignorierten      sein und sich ausprobieren können.
                                              alle Spielregeln und ‚hauten einfach ab‘ –    Und für die Jüngeren versuchen wir, nun
                                              doch meist nur in ein vorübergehend           ganz bewusst jene Phasen im allmählich
                                              gerade leerstehendes Haus im Kinder-          wieder halbwegs normalen Alltag einzu-
                                              dorf, um dort mit Gleichaltrigen ‚abzu-       planen, in denen sie Zeit haben, im Spiel
                                              hängen‘. Andere entschlossen sich kurz-       zu wachsen und groß zu werden. Denn
                                              erhand, mal eben so nach Bergisch             was sagte Friedrich von Schiller doch über
                                              Gladbach oder Köln zu fahren, ohne            den Wert des Spiels – nicht nur für die
                                              Bescheid zu sagen.                            Kleinen: „Der Mensch spielt nur, wo er in
                                              Rasch wurde uns Verantwortlichen klar: es     voller Bedeutung des Wortes Mensch ist,
Die Bäume mit den Monkeyclimbing-Elementen                                                  und er ist nur da ganz Mensch, wo er
                                              braucht neue Ideen, neue Angebote für
daran sorgten für Abwechslung. Immer eine                                                   spielt.“
Gruppe oder Familie konnten sich angeleitet
                                              die Jugendlichen! Und wir sind sofort aktiv
vom Pädagogischen Fachdienst in luftige       geworden, indem wir den Jugendraum                           In diesem Sinne, herzlich
Höhen begeben                                 aus der Mitte des Kinderdorfes in den                  Jutta Menne, Kinderdorfleiterin

                                                                                                        kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer
6 Titelthema

   Kidopoly: Entwerfen – Gestalten – Spielen

                                                                                         Felder hat mehrere Tage in Anspruch
                                                                                         genommen, da es auch zwischendurch
                                                                                         immer trocknen musste. Hierfür hatten
                                                                                         sich die Kinder überlegt mit verschiede-
                                                                                         nen Eddingfarben zu arbeiten, da diese
                                                                                         gut auf dem Lack hafteten.
                                                                                         Als nächste Schritte kamen die Herstel-
                                                                                         lung der Figuren und das Gestalten der
                                                                                         Grundstückskarten dran. Dies haben die
                                                                                         Kinder zu einem großen Teil selbstständig
                                                                                         gemacht. Die Karten wurden aus Pappe
                                                                                         ausgeschnitten und dann mit den jewei-
                                                                                         ligen Grundstückspreisen versehen.
                                                                                         Außerdem wurden Ereignis- und Gesell-
                                                                                         schaftskarten mit eigenen Aufgaben
                                                                                         beschriftet. Das Gefängnis wurde in Zim-
                                                                                         merarrest verwandelt und Frei Parken
                                                                                         wurde Taschengeldauszahlung.
                                                                                         Das benötigte Spielgeld und die Häuser
                                                                                         und Hotels haben die Kinder im Internet
                                                                                         gefunden, sodass wir nun originalgetreu-
                                                                                         es Zubehör zum Spielen benutzen kön-
                                                                                         nen.
                                                                                         Am Ende hatte jedes Kind seine eigene
                                                                                         Figur aus Fimo hergestellt, die es dann
                                                                                         immer zum Spielen nehmen kann. Dabei
                                                                                         kamen Einhörner, Pokemon und viele
                                                                                         andere schöne Figuren heraus. Diese
                                                                                         mussten die Kinder erst aus verschieden-
                                                                                         farbigem Fimo kneten, modellieren und
Gemeinsam als Gruppe hatten wir die          Haustechnik fanden einen Platz. Jedes       danach wurden diese im Backofen ausge-
Idee, ein Brettspiel in großem Format zu     Kind konnte sich einbringen und Vorschlä-   härtet.
erstellen. Während der Zeit des Home-        ge für die Namen der einzelnen Grund-
                                                                                         Dies war ein schönes gemeinsames Pro-
schoolings war nun der perfekte Augen-       stücke machen. Gemeinsam lackierten
                                                                                         jekt und die Kinder haben sich super
blick dafür gekommen. Ein quadratisches      wir dann das Brett erst mehrmals weiß
                                                                                         beteiligt und großen Spaß daran gehabt.
großes Holzbrett war schnell gefunden        und malten dann das Spielbrett darauf.
                                                                                         Jede Woche wird das Spiel geholt und
und wir konnten gemeinsam in die Pla-
                                             Wichtig war hierbei, darauf zu achten,      gemeinsam eine Runde Kidopoly gespielt!
nung gehen. Schnell war klar, wir erschaf-
                                             dass die Proportionen eingehalten wer-
fen unser eigenes Monopoly Spiel. Das                                                    Unser Projekt förderte nicht nur die Kre-
                                             den und, dass man die Felder gleich groß
„Kidopoly“!                                                                              ativität der Kinder, sondern auch die
                                             gestaltet. Da mussten einige Kinder ihr
                                                                                         Gemeinschaft in unserem Haus 2. Gesel-
Nun ging es an die detaillierte Planung.     Mathewissen auspacken, damit wir aus-
                                                                                         lig und unterhaltsam geht es an unseren
Alles musste auf das Kinderdorf ange-        rechnen konnten, wieviel Platz für jedes
                                                                                         Spielabenden zu. Dabei lernen die Kleine-
passt werden. So gab es nun keine            einzelne Feld zur Verfügung steht. Den
                                                                                         ren spielerisch Regeln und Abläufe, die sie
Schillerstraße und Parkstraße mehr,          Kindern war es auch wichtig, dass die
                                                                                         in ihrem Alltag umsetzen können.
sondern Haus 1 bis 5 und alle Außen-         Farben so bleiben wie beim Original
wohngruppen. Sogar die Kita und die          Monopoly. Das Gestalten der einzelnen                        Carina Laufer, Erzieherin

kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer
Das Neueste 7

Kinderdorffamilie zieht um

Die Kinderdorffamilie Bucheneck freut sich riesig: Noch in diesem
Jahr steht der große Umzug in eines der beiden neugebauten Häu-
ser auf der Kastanienallee auf der Tagesordnung. Kinderdorfmutter
Desiree Bührer, die 2015 ihre Kinderdorffamilie im Bucheneck
gegründet hat, freut sich sehr: „Auf der Kastanienallee bekommen
wir nicht nur ein neues Haus mit einem schönen Garten, sondern
auch wundervolle Kinderzimmer.“
                                                      Anna Leister

   Kinder drehen Film über Zirkus Torkelini

                                                         Der Kinderdorfzirkus Torkelini in Bergisch Gladbach besteht seit über 20
                                                         Jahren. Höchste Zeit also, dass man die akrobatischen Höchstleistungen
                                                         der kleinen Akrobaten und Jongleure mal in bewegten Bildern festhält. Und
                                                         so fanden in den letzten Wochen mehrfach Dreharbeiten in der Aula des Kin-
                                                         derdorfes statt. Die Kinder probten neue Stücke für den großen Auftritt und
                                                         gleichzeitig schwärmten sie mit Kamera und Tablet aus und hielten die Pro-
                                                         ben im Bilde fest. Andrä und Valentin, zwei Filmemacher, die auch für die
                                                         Refrather Kreativitässchule (Krea) aktiv sind, waren bei den Zirkusproben
                                                         dabei und interviewen die jungen Artisten. Sie zeigten den kleinen Kamera-
                                                         leuten auch, wie sie die Technik optimal einsetzen.
   Möglich wurden die Dreharbeiten dank der Unterstützung der Johanniter Hilfsgemeinschaft, die dem Zirkus eigentlich eine Luft-
   akrobatik-Woche in den Herbstferien sponsern wollte. Da dies aber bedingt durch Corona nicht möglich war, übernahmen die
   Johanniter kurzerhand einen Teil der Kosten für den Film. Das Equipment und die beiden Videoexperten stellte die Krea zur Verfü-
   gung. Premiere des Filmes soll Ende 2020 sein.                                                          Daniela Fobbe-Klemm

NEU: Bethanien Zentrum für Entwicklung und Weiterbildung

                  Starke Kinder brauchen starke Begleitung. Diese Stärke ist von fachlicher
                  Kompetenz und Menschlichkeit geprägt. Nicht zuletzt aber auch von der Bereit-
                  schaft, alte Muster immer wieder zu hinterfragen und Neues zu erlernen.
                  Aus diesem Grund haben wir uns im Bethanien Kinder- und Jugenddorf Eltville
                  dazu entschlossen, ein eigenes Zentrum für Entwicklung und Weiterbildung
                  aufzubauen. Das Angebot steht allen Interessierten aus diesem Arbeitsbereich
                  sowie internen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern offen. Ob traumapäda-
                  gogisches oder biografisches Arbeiten, Intervision oder Elternarbeit – die
                  Kinder- und Jugendhilfe bietet vielfältige Herausforderungen, denen wir mit
                  unseren unterschiedlichen Fortbildungen begegnen möchten.
                  Schauen Sie einmal in das Fortbildungsprogramm 2021. Auf unserer Home-           Bethanien -Zentrum
                                                                                                                      für Entwicklung
                  page www.bethanien-kinderdoerfer.de finden Sie das Programm auch zum                              und Weiterbildung
                  Download. Über Fragen und Anregungen zu weiteren Themengebieten freu-
                  en wir uns jederzeit.
                                        Sabine Eberhardt, Referentin Personalentwicklung                           Programm 2021

                                                                                                         kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer
8 Leben und Arbeiten in Bethanien

Liturgie als Heiliges Spiel Gottes
– Ein Stationen-Gottesdienst zum Erntedankfest

Gemeinsames Singen ist ein wich-   Beten mit Händen und Füßen, wie       Sorgen, Ängste und alle unsere      Die Gemeinschaft mit Jesus Christus
tiges Element für jeden Gottes-    der Heilige Dominikus es gelehrt      Fehler können wir vor Gott brin-    in der Eucharistie ist Stärkung für
dienst. Es stärkt das Gemein-      hat. Wir strecken uns Richtung Him-   gen. In diesem Gottesdienst haben   unseren Alltag. Irdische und göttli-
schaftsgefühl.                     mel. Wir richten uns nach Gott aus.   wir Steine als Symbol dafür ins     che Gemeinschaft werden eins.
                                                                         Kreuz gelegt. Gott verzeiht.

In diesen Zeiten ist Kreativität gefragt. Auch und gerade in             Im Bethanien Kinderdorf in Bergisch Gladbach sind wir in diesem
der Kirche. Schon Romano Guardini sagte, dass Liturgie                   Jahr einen neuen Weg gegangen und haben anhand eines
(Gottesdienst) ein Heiliges Spiel Gottes ist. Damit ist gemeint,         Stationen-Gottesdienstes das Erntedankfest gefeiert. Auf dem
dass das, was wir da feiern, nämlich die Gegenwart Gottes in             Kinderdorfgelände waren ganz unterschiedlichen Stationen
unserer Welt, inszeniert werden muss, damit sie für heutige              aufgebaut. An diesen Stationen konnten die Gruppen die ver-
Menschen verständlich bleibt. Es bedarf Formen, die den Zugang           schiedenen Elemente der Messe erleben und so mitfeiern.
zu diesem unvorstellbaren Geheimnis, der Gegenwart Gottes,               Diese Form des Gottesdienstes zeigt deutlich, wie wertvoll und
ermöglichen.                                                             wichtig es ist, neue Wege auch in der Liturgie zu gehen. Denn
Es ist immer wieder die Aufgabe von Kirche, nach neuen Wegen             dadurch ist auf kindgerechte, spielerische Art und Weise Zugang
                                                                         zu Gott möglich geworden.
zu suchen, die dieses Heilige Spiel möglich machen, ohne es zu
banalisieren oder die geltenden Regeln außer Kraft zu setzen.                              Daria Wirth, Bethanische Unternehmenskultur

                   Religiöse Kinderwoche in Bergisch Gladbach

    Die Geschichte von Petrus, der Jesus dreimal verriet und
    trotzdem sein Freund war, stand im Mittelpunkt der Religiö-
    sen Kinderwoche 2020. Daria Wirth hatte sie gemeinsam
    mit Sr. Hellena und Josefine in einer ganz besonderen Rolle
    als Petrus, Priorin Sr. Angela, organisiert. Jeweils zwei Tage
    nahmen zwei Gruppen das Angebot wahr. Sie sangen, bastel-
    ten und malten in den Herbstferien gemeinsam. Schnitten
    Fische aus Papier aus, stellten gemeinsam mit Sr. Helga aus
    Lederresten Jesuslatschen her und kreierten aus Eierkar-
    tons und bunten Federn kunstvoll Hühner. Oder bemalten
    kunterbunt Kirchen aus Papier.

kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer
Leben in Schwalmtal 9

   Nachruf: Marlene Altevers
„Das Leben endet, die Liebe nicht.“
Am 22.08.2020 ist Marlene Altevers in        Sie hat die Gabe gehabt, mitten im Chaos     wurde. Sie wird beerdigt in einem Sarg,
ihrer Wohnung im Kreis ihrer Familie ver-    zufrieden zu sein und Marmelade zu           der von ihrer Tochter, ihren Schwestern
storben. Eine Kinderdorfmutter, die ihr      kochen, während um sie herum Kinder          und ihren Ehemaligen bunt angemalt
Leben in den Dienst von Kindern und          und Jugendliche und Mitarbeitende            wurde. Das Leben schreibt viele Geschich-
Jugendlichen gestellt hat. Sie hat es ein-   wuselten, Lärm machten, Streit hatten,       ten. Schöne und traurige. Der Tod von
fach geliebt und genossen, der Mittel-       lachten und spielten und alles gleichzei-    Marlene Altevers kam zu früh und ist für
punkt einer Lebensgemeinschaft zu sein,      tig passierte.
umgeben von Kindern, die von ihr in vie-                                                  uns, die wir sie kannten, schlimm und
len Fällen zum ersten Mal in ihrem Leben     Ihre Krebs-Erkrankung trug Marlene mit       traurig. Ihr Leben war erfüllt und sie hat
gelernt haben, wie es ist, regelmäßig ver-   Fassung und ließ es nicht zu, dass sie von   viel von dem Glück, das sie sich erwünscht
sorgt und liebevoll begleitet zu werden.     ihren Kindern und ihrer Familie getrennt     hat, erhalten und weitergegeben.

  „Das Leben endet, die Liebe nicht.
  Ruhe in Frieden liebe Marlene.“
           Semia Thielen, Ehemalige

                                                                                              „Sie war die beste Kinderdorfmut-
                                                                                              ter, die man haben konnte! Sie war
                                                                                              ein so wundervoller Mensch! Und
                                                                                              vor allem immer da, wenn man sie
                                                                                              brauchte.“
„Marlene war und ist mit ihrem gro-
                                                                                                 Manuela Ziembinski, Ehemalige
ßen Herzen ein Vorbild als Kinder-
dorfmutter. Wir werden versuchen,
in ihrem ehemaligen Wiesenhaus
Marlenes Geist weiter lebendig zu
halten.“
 Katharina Kalla, Kinderdorfmutter

                                                                                          „Frau Altevers war für mich immer ein
                                                                                          bethanisches Urgestein. Sie hat ihr
                                                                                          Leben in Bethanien mit allen Facetten
                                                                                          gelebt. Sie hat sich den Kindern und
      „Ich habe Marlene bewundert, weil sie bei allen Unwägbar-                           Jugendlichen gewidmet und sie so
      keiten und Stress im Alltag immer Zeit für ihre Kinder hatte,                       angenommen wie sie sind. Wir wer-
      auch wenn sie schon nicht mehr bei ihr lebten. Damit hat sie                        den Sie immer in guter und dankbarer
      viel Gutes getan, ich glaube wir hätten sie bei Tag und Nacht                       Erinnerung behalten.“
      um Hilfe bitten können, sie wäre parat gewesen.
                                                                                           Julia Bartkowski, Kinderdorfleiterin
      Auch wenn wir wissen, dass der Weg des Lebens begrenzt ist,
      können wir uns an Marlenes Spuren erfreuen und in guter
      Erinnerung immer an sie denken.“
                                     Ida Dunkel, Kinderdorfmutter

                                                                                                      kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer
10 Leben in Schwalmtal

    Unsere witzigsten Spielgeschichten
                                                                                                      Wie schön, wenn sich „die
                            schäftigen                          Der Vierjährige darf sich eine alte
 Zwei Sechsjährige be
 sich ausdauern     d  mi t  dem Tret-                          Benjamin-Blümchen-Kassette            Kleinen“ nicht nur für Tablet,
               Ga  rte n. Sc  hließlich                         für die Mittagpause ausleihen.
 traktor im
                               Te rra ss e                      Da die Musik recht schnell ver-       Handy und Co. interessieren,
 ko mm en sie au f die
                             m   Sc ha u -                      stummt, gehen die Erwachsenen         oder etwa nicht?
  vo rge fah ren , au s de
                    ap pt  sti  nk  en de r                     davon aus, dass er lieber schla-
  fel lad er sc hw
                 tsc h. Sto   lze  r Kom-                       fen wollte. Am Ende der Mittags-
  brauner Ma
                             wi  r  ha ben                      pause dann jedoch die stolze
  mentar: „Guck mal,                    lle                     Präsentation: „Guck mal, ich
                          hn er- AA   Gü                                                               Den Kindern ist langweilig. Die Erwachsenen
   aus dem ganzen Hü                                            habe eine Autobahn gebaut!“            schlagen vor, sie könnten doch in den Sand-
   hergestellt.“
                                                                                                       kasten gehen und einen Kuchen backen.
                                                                                                       Nach einiger Zeit kommt aus dem Garten die
                                                 Ein seltsam                                           Nachfrage, ob man sich den Handmixer aus-
                                                                 er Duft nach
                                                 Holz durch                       warmem              leihen könne. Die Kinderdorfmutter verneint
                                                                zieht das H
                                                Grund liegt                      aus. Der             das. Danach herrscht lange verdächtige
                                                                im Spielzim
                                                is t d ie H e iz                mer. Dort             Stille im Garten. Schließlich findet sie die
                                                                 ung auf M
                                               g e d re h t, sä                 a xi m u m            Kinder vor einem Eimer voller Matsch, der
                                                                 m tl ic h e B a
                                               gleichmäßig                       u k lö tze           engagiert mit zwei elektrischen Zahnbürs-
                                                                 darauf vert                          ten „gemixt“ wird.
                                              einer Zange                       eilt. Mit
                                                               aus der Küch
                                              Hand wird                          e in der             … und wusstet ihr, dass man eine elektrische
                                                              verkündet:
                                              mal! Wir gri                     „Schau                 Zahnbürste auch als Bohrer verwenden
                                                             llen!“
                                                                                                      kann?

Nikolaus in Leloh                                                                                                             Weihnachten im
                                                                                                                                     Kinderdorf
  – Unsere Weihnachts-CD                                                                                                              Intro
                                                                                                                                      Eine individuelle Weihnachtskrippe
                                                                                                                                      Nikolaus in Leloh
                                                                                                                                      Der Weihnachtsmann
                                                                                                                                      Und noch `ne Weihnachtsgeschichte
                                                                                                                                      19 Englein
                                                                                                                                      Weil ich dich lieb habe
                                                                                                                                      Und manchmal tut es auch weh
                                                                                                                                      Raclette mit Nudeln
                                                                                                                                      Weihnachtszeit
„Es ist Freitag, der 5. Dezember. Es riecht             Aber letztes Jahr haben die drei nicht
nach frisch gebackenen Keksen, Tannen-                  sorgfältig genug gearbeitet. Das hat dem
grün und … nach Putzmittel. Drei kleine                 Nikolaus gar nicht gefallen. Er hat nicht
Gestalten stehen im Wohnzimmer und                      nur den Fußboden schmutzig gemacht,           abend im Bethanien Kinder- und Jugend-
stecken den Kopf in die dunkle Öffnung                  sondern auch einen Zettel neben den           dorf in Schwalmtal. Die unverkennbare
in der Wand. ‚Wir müssen noch ein bis-                  Kamin gepinnt, dass sein Mantel schmut-       Stimme von der Comedy-Queen und Kin-
schen mehr putzen‘, sagt die siebenjähri-               zig geworden ist. Und da der Nikolaus         derdorffreundin Mirja Boes verleiht den
ge Jasmin. ‚Sonst hinterlässt er wieder                 den Platz in seinem Sack für Geschenke        Geschichten einen besonderen Charme,
seine Fußabdrücke im Wohnzimmer und                     und nicht für Wechselkleidung braucht,        Kinderlieder und musikalische Unterma-
wir müssen das dann morgen sauber                       hat sich Stephan vorgenommen, in die-         lungen von Booster-Frontmann René Pütz
machen.‘ Sie nimmt den Besen und fegt                   sem Jahr darauf zu achten, dass der           die weihnachtliche Atmosphäre.
den dunklen Ruß aus dem Kamin. In                       Schornstein besonders sauber ist.“
                                                                                                      Unsere Weihnachts-CD kann hier bestellt
Leloh, wo die drei Kinder leben, kommt                  Das Hörspiel „Weihnachten im Kinder-          werden:
der Nikolaus in jedem Jahr durch den                    dorf“ erzählt sechs liebevolle und ganz       Telefon 02163 4902-0
Schornstein, um die Stiefel der Familie                 unterschiedliche Geschichten über die         bestellung@bethanien-kinderdoerfer.de
zu füllen.                                              Vorweihnachtszeit und den Heiligen-           www.bethanien-kinderdoerfer.de

kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Leben in Schwalmtal 11

Neue Gruppenleitungen im Kinderdorf
  Steckbrief Daniela Berger                            Jahren mit vielen verschiedenen Kindern finde
                                                       ich es großartig, mit meinen Mäusen aus dem
                          Alter: 45 Jahre              Tannenhaus fest verankert zu sein und mit
                                                       ihnen ein Stück ihres und meines Lebens teilen
                          Hobbies: lesen, wandern,
                                                       zu dürfen.
                          nähen und werkeln,
                          Gartenarbeit                 So sieht mein Alltag im Kinderdorf aus: Ich bin
                                                       überrascht, dass es in meinem Alltag soooo viel
                          Funktion im Kinderdorf:
                                                       Organisatorisches zu tun gibt (hier 190 Mails,
                          Gruppenleitung im
                                                       dort eine Besprechung, hier eine Aufgabe, der
                          Tannenhaus
                                                       Dienstplan noch und die ganze Kasse noch mal
  Hier habe ich vorher gearbeitet: Ich habe in einer   zählen … ). Ansons ten leben wir ja auch im
  Tagesgruppe, in einer ambulanten Familienhilfe       Tannenhaus einen ganz normalen Alltag mit
  und lange in einer Clearing- und Inobhutnahme-       Schule, Hausaufgaben und viiiiiel Spielen. Aber
  gruppe in Mönchengladbach gearbeitet. Hier           natürlich nehme ich mir hier viel zu wenig Zeit
  konnte ich ganz viele verschiedene Kinder und        dafür.
  deren Eltern kennenlernen.
                                                       Das liebe ich an meinem Job: An meinem Job
  Warum ich mich für das Bethanien Kinderdorf          liebe ich am meisten das Leben mit den Kindern,
  entschieden habe? Ich wollte unbedingt im            die mich täglich aufs Neue zum Lachen bringen
  Kinderdorf arbeiten, weil ich die Atmosphäre hier    und meinen Alltag noch bunter machen. Dankbar
  sehr mag. Es fühlt sich an, als würden alle ein      bin ich auch für mein tolles Team, das ganz viel
  bisschen aufeinander aufpassen. Nach langen          möglich macht!

  Steckbrief Markus Metternich                         Warum ich mich für das Bethanien Kinderdorf
                                                       entschieden habe? Ich habe das Kinderdorf
                          Alter: 39 Jahre              durch eine einrichtungsübergreifende Fortbil-
                                                       dung kennengelernt und hatte einen sehr posi-
                          Hobbies: jede Menge
                                                       tiven ersten Eindruck. Als letztes Jahr der Wunsch
                          Musik, ganz viel Lesen,
                                                       nach Veränderung reifte, erinnerte ich mich hier-
                          Wandern, Skifahren
                                                       an und nahm Kontakt auf. Ich wurde als neuer
                          Funktion im Kinderdorf:      Mitarbeiter sehr herzlich empfangen. Es herrscht
                          Gruppenleitung im            eine sehr wertschätzende und freundliche Atmo-
                          Regenbogenhaus               sphäre, die mich immer wieder aufs Neue beein-
                                                       druckt.
  Hier habe ich vorher gearbeitet: Ich habe eine
  Ausbildung zum Speditionskaufmann gemacht            So sieht mein Alltag im Kinderdorf aus: Das
  und bin im Anschluss durch den Zivildienst zur       Schöne an unserem Beruf ist ja, dass selbst im
  Sozialen Arbeit gekommen. Während des Studi-         „Alltag“ jeder Tag anders ist. Daher fällt es mir
  ums habe ich hauptsächlich in der offenen            schwer einen „typischen“ Tag zu beschreiben.
  Jugendarbeit in Köln gearbeitet. Nach dem Stu-       Am besten einfach mal vorbeikommen ;)
  dium bin ich dann in den stationären Bereich
                                                       Das liebe ich an meinem Job: Die Arbeit mit
  gewechselt, der mir bis heute Spaß macht.
                                                       Menschen, Zeit mit den Kindern, dass es nie
  Die letzten 10 Jahre war ich bei der Caritas         langweilig wird, mein tolles Team, immer neue
  beschäftigt. Dort habe ich auf einer Regelgruppe     Herausforderungen, jede Menge Spaß, etwas
  für Kinder und Jugendliche gearbeitet, später        Sinnvolles tun …
  auch als Gruppenleitung.
12 Leben in Bergisch Gladbach

    Corona, oh Schreck!
„Was sollen wir denn nur die ganze Zeit machen? Das gibt doch ein riesen Chaos.
Homeschooling, wie soll das denn bitte gehen, im Ernst?“

Das kam den pädagogischen Mitarbeiter-
Innen und den Kindern und Jugendlichen
sofort in den Sinn, als es hieß, die Schu-
len werden geschlossen, keine Kontakte
nach Außen und nicht mal Familie und
Freunde dürfen besucht werden. Wohin
mit so viel Energie, so vielen Fragen und
Unsicherheiten. Nun ja, aller Anfang ist
schwer, aber nach kurzer Zeit konnten wir
alle auch die Ruhe genießen. Den Kin-
dern und Jugendlichen wurde schnell
klar, alle Termine, die viel Hektik in den
Tag gebracht haben, wie z.B. Arzttermine,
Freizeitsport, Therapiestunden, ständig
überall sein zu müssen, fielen mit einem
Mal weg. Was nun? Langeweile? Weit
gefehlt! Wir haben das Monopoly-Spie-
len für uns entdeckt. Wir wussten nicht,
wie viele verschiedene Spielarten es
beim Monopoly gibt. Wir haben sechs
verschiedene Varianten. Einige Jugendli-
che wünschten sich zum Geburtstag, oder
einfach nur so, eine neue Spielvariante,
z.B. ist das Mogelmonopoly ein beson-
deres Spielerlebnis. Es darf, und ist sogar
erwünscht, so viel wie möglich zu mogeln.
Wir sind in einen echten Monopolywahn
„verfallen“. Es wurde gezockt, was ging,
sobald die Lernzeit vorüber war, wurde
das Spielbrett aufgestellt und es gab stun-
denlang tolle Unterhaltung für groß und
klein. Alles andere hat sich dann auch
schnell eingespielt und unsere Kinder und
Jugendlichen haben versucht, das Beste
aus der Situation zu machen. Ändern
konnten wir ja auch nichts daran!

                    Susanne Buchmüller,
                 Gruppenleitung Haus 12

kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Leben in Bergisch Gladbach 13

Interview „Vom Drang nach Medien“
                                             Wie verändert sich das Leben in einer Wohngruppe, wenn alle für mehre-
                                             re Wochen tagtäglich zusammen sind. Wenn es keine Schule, kein Treffen
                                             mit Familie und Freunden oder im Sportverein gibt. Wir haben die Kinder
                                             und Jugendlichen aus Haus 9, einer heilpädagogischen Wohngruppe im
                                             Bethanien Kinderdorf Bergisch Gladbach gefragt, wie sie die Zeit des
                                             Lockdowns und die Monate danach empfunden haben.

Wie habt Ihr den Lockdown erlebt, was ist in Erinnerung      alle Kids freiwillig immer eine Stunde für die Schule gelernt
geblieben?                                                   haben.

Luca: Schön war, dass wir im Haus einen Ersatz-Kiosk hat-    Michael: Wir haben schon gemerkt, dass es manchen unse-
ten, an dem wir Süßes oder Zeitschriften kaufen konnten.     rer Kids schwerfiel, sich etwas einteilen zu können, selbst-
Denn der Schukapu, der Kiosk, den Sr. Angela sonst einmal    ständig zu erkennen, wann es genug ist. Gut war, dass wir
die Woche öffnet, war ja zu.                                 viel mit den Jüngeren draußen waren.

Wie hat der Ersatz-Kiosk funktioniert?                       Luca: Wir haben im Garten ein Gemüsebeet angelegt, da
                                                             haben wir echt alle zusammen richtig geschuftet. Und wir
Luca: Wir konnten sagen, was wir gerne hätten, das haben     haben zusammen mit Markus (Mitarbeiter des Pädagogi-
die Erwachsenen dann besorgt und wir konnten das dann        schen Fachdienstes) ein Baumhaus gebaut.
am Kiosk im Haus für unser Taschengeld kaufen.
                                                             Was war für Euch als Erzieher eine große Herausforde-
Was war nicht so gut?                                        rung:
Senay: Dass wir anders als andere nicht einfach raus durf-   Michael: Zu vermitteln, warum es so ist wie es ist. Wir
ten, gerade Mal zwei Stunden am Tag. Das hat mich auch       haben zwar alle zusammen täglich Logo, eine Nachrich-
total genervt.                                               tensendung für Kinder geschaut. Aber trotzdem kam der
Wie habt Ihr Teenager denn die viele freie Zeit genutzt?     Ernst der Situation nicht bei jedem an.
Anna: Mit Fernsehgucken oder schlafen. Das war über-         Was war für Euch als Erzieher positiv?
haupt klasse, wir konnten ausschlafen, mussten erst um 9     Larissa: Dass das Wetter schön war und wir viel in der
Uhr aufstehen. Ich habe mehr Serien geschaut als sonst.      Natur sein konnten. Und dass wir mit Frau Schwarz eine
Und natürlich ging auch das Homeschooling zum Teil über      Hauswirtschaftskraft haben, die als gelernte Friseurin allen
Videokonferenzen.                                            Kids einen coolen Haarschnitt verpasst hat, das war wirk-
Habt ihr alle mehr Medien genutzt als sonst?                 lich super.
Emanuel: Ja klar, einmal hab ich bis spät nachts Fernsehen                 Das Interview führte Daniela Fobbe-Klemm,
geschaut. Und viel Musik gehört.                                              Öffentlichkeitsarbeit Bergisch Gladbach
Michael: Das Thema Medien war für uns Erzieher eine Her-
ausforderung. Einer unserer jüngsten hat mal 9 Stunden
am Stück mit der Playstation und Nintendo gespielt, das
fanden dann sogar die anderen Kinder nicht mehr gut.
Luca: Stimmt, das hat genervt. Gut war der Bestimmer-Tag
aber trotzdem, weil wir dann auch essen konnten, was wir
wollten.
Was war denn der Bestimmer-Tag?
Larissa: Unsere Kinder und Jugendlichen konnten sich
etwas wünschen, also etwa was es zu Essen gab. An einem
Abend hat jeder etwas anderes bestellt. Aber auch was an
dem Tag gemacht werden konnte oder ob wir lange früh-
stücken. Gut fand ich, dass auch an den Bestimmer-Tagen

                                                                                                kidoblick Nr. 53 · 3/2020
14 Leben in Bergisch Gladbach

   Krippenspielfahrt
Auch dieses Jahr stand für die großen und    Theaterspielen fördert das Selbstbe-
kleinen Schauspieler im Bethanien Kin-       wusstsein der Kinder und stärkt ihr Selbst-
der- und Jugenddorf Refrath wieder das       vertrauen und das Bewusstsein der eige-
regelmäßige Proben für das diesjährige       nen Selbstwirksamkeit. Die Kinder lernen
Krippenspiel auf dem Plan. Auch die Krip-    abzuwarten, Enttäuschungen zu verar-
penspielfahrt, die mittlerweile zu einer     beiten und Kompromisse zu schließen.
Tradition geworden ist, ist für die Kinder   Aber sie erleben genauso Zufriedenheit,
und auch die Pädagogen Larissa Stupp         persönliche Zuwendung und Erfolg. Jede
und Michael Schumacher, die Hauptver-        Präsentation vor der Gruppe bis hin zur
antwortlichen für dieses Projekt, jedes      Aufführung vor einem großen Publikum
Jahr ein Highlight. Hier wird gemeinsam      stellt eine Herausforderung dar und erfor-
ein Wochenende geprobt, gesungen und         dert Mut und außerdem Vertrauen in die
vor allem eine schöne Zeit verbracht.        eigene Person und in die Mitspieler.

Im theaterpädagogischen Prozess kön-         Nicht zuletzt vermittelt Theater den Kin-
nen zahlreiche Lernfelder für die Kinder     dern ein Gespür für die eigene Intuition,
gestaltet werden, die es den Pädagogen       bestärkt sie in ihrer Kreativität und Phan-
                                                                                            Dazu sind normalerweise sowohl Besu-
ermöglichen, die Teilnehmer in ihrer per-    tasie. Dies alles geschieht spielerisch und
                                                                                            cher aus den eigenen Reihen, als auch
sönlichen Entwicklung zu fordern und zu      ist mit Spaß und Freude für alle Beteilig-
                                                                                            aus der Nachbarschaft eingeladen. Exter-
fördern. Hierbei kommt es zu ganz unter-     ten verbunden. Alles in allem fördert die
                                                                                            ne Besucher werden im Corona-Jahr 2020
schiedlichen Gewichtungen der gruppen-       theaterpädagogische Arbeit die Freude
                                                                                            nicht möglich sein.
dynamischen, inhaltlichen und päda -         am Lernen. Somit ist diese Art der päda-
gogischen Anteile. Dabei ist es wichtig      gogischen Arbeit ganz grundsätzlich ein        Und so werden wir intern feiern müssen.
flexibel zu arbeiten und zu spüren, wo       wichtiger Aspekt des Bildungsauftrags.         Durch die Pandemie haben leider alle Ver-
                                                                                            anstaltungen besondere Bedingungen.
die Gruppe gerade steht und was sie          16 Schauspieler machten sich dieses Jahr
                                                                                            Wir haben uns sogar die Option offen
gerade braucht. Es ist beeindruckend         auf den Weg, um für den großen Auftritt
                                                                                            gelassen, das Krippenspiel unter freiem
mit wieviel Freude die Kinder gewillt        an Heiligabend zu proben. Das Krippen-
                                                                                            Himmel aufzuführen!
sind, den Text zu lernen und bei jeder       spiel wird traditionell am 24.12 in der gro-
Probe mehr über sich hinaus zu wachsen.      ßen Aula des Kinderdorfes aufgeführt.          Larissa Stupp und Michael Schumacher

                                                                                            Ferienfahrt in
                                                                                            die Eifel
                                                                                          Eine unbeschwerte Zeit, trotz aller
                                                                                          Corona-Bestimmungen, verbrachten
                                                                                          die Häuser 1 und 10 in den Herbst-
                                                                                          ferien in Simmerath in der Eifel. Die
                                                                                          katholische Kirchengemeinde St.
                                                                                          Pankratius in Köln, die die Ferienfahrt
   aufgrund der unterschiedlichen Familien, aus denen die Kinder dort stammen, nicht antreten durfte, hatte die komplette
   Fahrt samt Ausflügen und Verpflegung dem Kinderdorf geschenkt. Den Kontakt hatte Gabi Pannicke, die das Kinderdorf seit
   Jahren mit ihrer Stiftung „Mutige Kinder“ unterstützt, hergestellt. Für unsere Kinder ein Geschenk, das ihnen ermöglichte,
   Bogenschießen, Kanufahren und vieles mehr in der großartigen Natur am Rursee ausprobieren zu können. Abschluss der
   Fahrt war ein Ausflug nach Vogelsang, wo die Gruppe nicht nur den Turm der ehemaligen Napola erklomm, sondern auch
   etwas über die Jugend und deren Indoktrination in der Nazizeit erfuhr.                                Daniela Fobbe-Klemm

kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Leben in Eltville 15

   Oscar: Unser Spielfreund
   mit vier Pfoten
„Juhu, Oscar ist da!“, strahlt Angelina und    Als ausgebildete Therapiehundeführerin
fragt gleich, ob sie mit ihm spielen könne.    und Sozialpädagogin erlebe ich immer
„Ich finde es toll, dass Oscar hier ist, der   wieder, wie Oscar die Kinder und Jugend-
ist so lieb. Ich werfe ihm ein Spielzeug       lichen auf den verschiedensten Ebenen
und er holt oder sucht es und bringt es        anspricht und vor allem als Spielpartner
dann wieder zurück. Das macht einfach          ein echter „Hundekumpel“ ist. Über ihn
super viel Spaß!“                              können sich die Kinder auf verschiedene
                                               Weise wahrnehmen, positive Erfahrungen
Eine typische Situation, die auch mit an-      sammeln und sich in ihrer Selbstwirksam-
deren Kindern entsteht, wenn Oscar zu          keit erleben. So gibt er den Kindern, aber
Besuch im Bethanien Kinderdorf ist. Oscar      auch Jugendlichen, beispielsweise das        Kinder lieben Tiere: Für Kinder gehören
ist ein Golden-Retriever-Rüde, der als aus-    Gefühl, gebraucht zu werden, vermittelt      Tiere zum Leben, sie erleben sie als Spiel-
gebildeter Therapiebesuchshund regel-          Nähe und Vertrautheit und stellt damit       gefährten, Freunde, Beschützer, Spaßma-
mäßig zu Besuch im Kinderdorf ist, von         eine tolle Basis für ein Miteinander da.     cher und erfüllen einen Teil des kindlichen
den Kindern innig erwartet wird und mich       Spätestes im Spiel verlieren die Kinder      Bedürfnisses nach körperlicher Nähe und
bei meiner pädagogischen Arbeit beglei-        dann die Scheu und toben und haben ein-      Geselligkeit.
tet.                                           fach nur Spaß mit Oscar.                                  Svenja Fuchs, Flexible Hilfen

                          Durch Spielen therapeuti-
                          schen Zugang finden
                                                           Kinder und Jugendliche, die im Kinderdorf leben, können auf eigenen
                                                           Wunsch oder nach Rücksprache mit den PädagogInnen in den Wohngrup-
                                                           pen, Termine beim psychologischen Fachdienst in Anspruch nehmen. Mit
                                                           Jugendlichen finden zumeist Gespräche statt, hier wird ihnen ein vertrau-
                                                           ensvoller Rahmen geboten und gegebenenfalls weitere Unterstützungsmög-
                                                           lichkeiten angebahnt. Mit Kindern kommen neben Gesprächen insbeson-
                                                           dere spielerische Elemente zum Tragen. Im Spiel können innere Themen der
                                                           Kinder ausgedrückt, gemeinsam verstanden und bearbeitet werden. Das
                                                           Kind kann sich neu in unterschiedlichen Rollen spielerisch erproben und
                                                           einen inneren sowie äußeren ‚Spielraum‘ selbst gestalten. Früh Erlebtes,
                                                           das häufig (noch) nicht in eigenen Worten verbalisiert werden kann, kann
                                                           sich im therapeutischen Spiel reinszenieren; es wird im Spiel symbolisch
                                                           dargestellt und kann eingeordnet werden, was zu einer Entlastung für das
                                                           Kind führen und seine (Weiter-) Entwicklung fördern kann.
                                                                                      Hannah Gutberlet, Psychologischer Fachdienst

                                                                                                        kidoblick Nr. 53 · 3/2020
16 Leben in Eltville

                  Freispielzeit in der Krippe
Friedrich Wilhelm August Fröbel              lichkeit der Selbstentfaltung zu nehmen.
                                             Man muss es aushalten, dass ein Kind
sagte einst: „Die Quelle alles
                                             „nur“ seinen Schatten beobachtet oder
Guten liegt im Spiel.“                       mit seinen Füßen spielt. Kinder haben
In der Bethanien Kindertagesstätte Elt-      feine Antennen und können meist sehr
ville ist das Freispiel ein wichtiger Be-    gut einschätzen, was sie sich zutrauen
standteil der Tagesgestaltung. Es zeichnet   können. Ebenso fordern sie Hilfe ein, wo
sich dadurch aus, dass die Kinder, wie       sie sich unsicher sind. Die Erwartung,
der Name es vermuten lässt, frei ihren       dass ein Spiel immer ein Ziel haben muss
Spielort, die Spielpartner und letztlich     oder ein Endprodukt dabei entsteht,
das Spiel selbst wählen können. Ein Kind     sollte man überwinden. Freispiel ist
im Freispiel zu beobachten, verlangt den     Wert- und Sinnvoll. Autonomie, Selbst-
Erwachsenen oft einiges ab. Geduld, Zeit     wahrnehmung und Kreativität sind nur
und vor allem Zurückhaltung. Oft neigen      Beispielhaft für unzählige Entwicklungs-
die Erziehenden dazu, Vorgaben zu            bereiche, welche im Freispiel gefördert
machen und somit dem Kind die Mög-           werden.                         Katja Jung

   Spielen in der Natur: Die Stadt wächst

Hammerschläge, das surrende Geräusch         Ganz nebenbei wurden Vorstellungsver-        schaft, was alle hervorragend meisterten.
der Laubsäge und Pinselstreichen erklan-     mögen, Feinmotorik und Sozialkompe-          Die Natur um uns herum bot dabei ausrei-
gen auf dem Eltviller Bauspielplatz. Hier    tenz gefördert, denn so ein Hausbau erfor-   chend Platz zum bewegungsintensiven
herrschte in diesem Jahr reger Betrieb:      dert Fingerspitzengefühl und lässt sich      Spiel. Mit den Neubauten auf dem Kin-
Gleich sechs neue Hütten erschufen die       nicht alleine stemmen.
                                                                                          derdorfgelände haben wir nun ganzjährig
jungen Architekten und Bauherren. An-        Schon im Sommer konnten sich die Kinder      die Möglichkeit, in der Natur zu übernach-
geleitet durch den Pädagogischen Fach-       und Jugendlichen in unseren neuen Tipis      ten und solche Erfahrungen zu sammeln.
dienst entwickelten die kreativen Köpfe      spielerisch in Selbständigkeit üben. Die     Schon jetzt freuen wir uns auf die erste
vielfältige Baupläne. Klassisch und          Kinder wohnten während der diesjähri-        Übernachtungsparty mit Schlafsack und
modern, Spitzdach und Flachdach, bunt        gen Ferienfreizeit in einem Zelt zusam-
                                                                                          Leselampe auf unserem Bauspielplatz.
und naturbelassen – im Bethanien Neu-        men. Das verlangte Rücksichtnahme,
baugebiet ist jeder Geschmack vertreten.     Organisation und Kompromissbereit-                                  Johann Banholzer

kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Leben in Eltville 17

                                                 „Heiliges Spiel“
                                                 So übersetzte unser Liturgieprofessor das Wort Liturgie, die Ordnung des Gottes-
                                                 dienstes. Die Idee der Eucharistiefeier ist eine Vergegenwärtigung dessen, was
                                                 Jesus im Abendmahlssaal mit seinen Jüngern gefeiert hat – was damals geschah,
                                                 geschieht heute hier bei uns und wir sind dabei. Ein Spiel in der ganzen Ernsthaf-
                                                 tigkeit, in der Kinder spielen: sie sind Vater, Mutter, Kind, Prinzessin oder Darth
                                                 Vader wenn sie es spielen.
                                                  Viele fragen sich, wie man unter Corona-Bedingungen Weihnachten feiern kann.
                                                  Die großen Gottesdienste, die Jahr für Jahr an Heilig Abend die Kirchen sprengen,
                                                  werden nicht möglich sein. Was möglich ist, ist „Heiliges Spiel“. Die Weihnachts-
                                                  geschichte spielen und dadurch Teil dieser Geschichte zu werden. Wo Kinder dabei
   Heilig Abend findet in diesem Jahr auf unserem sind (wie zum Beispiel in unseren Kinderdörfern), ist das leicht, aber es lohnt sich
   Bauspielplatz statt. Jede Gruppe gestaltet
   gemeinsam mit unserem Pädagogischen Fach-
                                                  auch für und unter Erwachsenen. Dieses Jahr mal nicht ZuschauerIn, sondern
   dienst lebensgroße Krippenfiguren.             Beteiligte/r sein, mitspielen, wenn Maria und Josef sich auf die Suche nach einer
                                                  Bleibe machen und niemand sie aufnimmt. Ein Kind zur Welt bringen weit weg von
  zuhause in der erbärmlichen Ungesichertheit eines zugigen Stalls. Glauben, dass in diesem nach Nähe, Wärme, Liebe
  schreienden Bündel Gott selber sich mir offenbart. … Wer sich darauf einlässt, wird (endlich!) etwas verstehen von der
  eigentlichen Weihnachtsbotschaft und dies könnte echte Konsequenzen haben.
  Weihnachten im Corona-Jahr? Wenn wir uns auf das heilige Spiel einlassen, vielleicht kommt Gott dann wirklich zur Welt und
  verwandelt sie und uns.                                                                                  Schwester Judith

  Das Schönste, was Du tragen kannst,
  ist ein Lächeln!
„Mit einem Lächeln wurde ich im Betha-        eine Jugendhilfeeinrichtung, in der ich als
nien Kinderdorf Eltville aufgenommen.         Bereichsleitung angestellt war.
Gestartet habe ich am 1. April als Erzie-     Über die Jahre hinweg habe ich mich
hungsleiterin. Ein herausfordernder Zeit-     immer mit dem Kinderdorf verbunden
punkt für einen Neubeginn. Mein Lächeln       gefühlt und auch gerne die Veranstaltun-
wurde im Alltag meist von einer Maske         gen und Feste besucht. Nun gehöre ich als
verdeckt. Doch nach und nach konnte ich       Erziehungsleitung zu einer tollen Kinder-
allen Kindern und KollegInnen persönlich      dorfgemeinschaft und kann meinen Teil
begegnen. Viele Treffen fanden zu dieser      zum Gelingen beitragen, was mir sehr viel
Zeit auf dem tollen Außengelände statt.       Freude bereitet.
Das Bethanien Kinderdorf kenne ich            Ich freue mich sehr auf eine vertrauensvol-
bereits seit 1997. Damals habe ich ein        le und wertschätzende Zusammenarbeit
Jahrespraktikum hier absolviert und im        mit allen Mitarbeiterinnen und Mit-
Anschluss mein Sozialpädagogik-Studium        arbeitern und auf ein unbefangenes
aufgenommen.                                  Mit- und Füreinander mit den Kindern
                                              und Jugendlichen des Kinderdorfes!“
Nach meiner Tätigkeit beim Jugendamt
Rheingau-Taunus-Kreis wechselte ich in                        Andrea Baghdasarian

                                                                                                          kidoblick Nr. 53 · 3/2020
18 Fachlich

   Ferien-Freizeit 2020 in der Eifel

                                                                                       Unsere Kanutour auf der Rurtalsperre
                                                                                       haben wir auf einer Insel unterbrochen
                                                                                       und haben uns dort an einem Feuer
                                                                                       gewärmt. Unseren Ausflug zur Burg haben
                                                                                       wir zu Fuß gemeistert und bevor es
                                                                                       wieder nach Hause ging, haben sich alle
                                                                                       im Laden ein Andenken gekauft.
                                                                                       Wenn man in einem Haus mit minimalem
                                                                                       Luxus (eine Dusche für 13 Personen)
                                                                                       wohnt, kommt man nicht darum herum,
Mit der Bahn fuhren wir in den Sommer-       Aussichten. Als eine                      sich mit einander zu beschäftigen, zu
ferien mit 10 Jugendlichen in ein Haus       der wenigen Grup-                         akzeptieren und zu respektieren.
des Deutschen Alpenvereins in der Eifel.     pen, die ohne elektri-                    All dies zusammen bringt jeden von uns
Dieses Haus war für acht Tage unser          sche Unterstützung                        dazu, sich mal neu zu erfinden. Auch der
Zuhause.                                     die Krater der Maare                      muffigste Jugendliche konnte die handy-
                                             hochfuhren, haben                         freie Zeit genießen und mit Elan und
Mit dabei waren außer vielen Taschen und
                                             wir auch viel Aner -                      Freude Ferien machen. Jemand, der sich
Kissen auch 13 Mountainbikes. Denn es
sollte eine sportliche Ferienfreizeit ohne                                             zuhause nicht einfach mal zugetraut
virtuelle Ablenkung werden. Die Kids                                                   hätte, mit einem Freund eine Radtour zu
konnten schon bald selbstständig das                                                   unternehmen, schaffte es in der Gruppe,
Dorf erkunden und fuhren die Hügel hoch                                                sich jeden Tag ein bisschen weiter vom
und runter. Inklusive spektakulärer Sprün-                                             Haus zu entfernen.
ge an der Brücke oder „spritziger“ Über-                                               Es war eine schöne Woche, mit einem
querungen des Baches. Zusammen kochen,                                                 wunderschönen Abend an der Rur in einer
Spiele spielen, das schöne Wetter genie-                                               Grillhütte. Gutes Essen und eine wunder-
ßen und die Rur erkunden waren weitere                                                 bare Wasserschlacht gehören zu so einer
Aktivitäten, die jeder machen konnte.                                                  Freizeit absolut dazu. Alle, die so mutig
Wie kann man heutzutage noch so viel                                                   waren, so lustig waren und so gut auf sich
Spaß haben ohne Handy oder Spielkon-                                                   und den anderen aufgepasst haben,
sole? Also diese Jugendlichen haben sich                                               haben eine Erfahrung fürs Leben gemacht
                                             kennung von anderen Radfahrern bekom-
nicht gelangweilt!                                                                     und eine tolle Zeit gehabt.
                                             men.
Tagsüber gab es immer Touren mit den                                                   Vielen Dank an alle, die es uns ermög-
                                             Auf insgesamt zurückgelegten 132 Kilo-
Mountainbikes. Jeder wählte für sich eine                                              licht haben, die Fahrt zu etwas Besonde-
                                             metern Fahrradweg lernt man nicht nur
kurze oder längere Strecke. Da die Eifel                                               rem zu machen: Der Freundeskreis, die
                                             seine Kräfte einteilen, man lernt auch
bekanntermaßen sehr hügelig ist, war                                                   Jugendlichen und die Mitarbeiter.
                                             Rücksicht nehmen, einstecken, lachen
jede Strecke anstrengend. Aber auch          über seine Fehler oder stolz sein zu                          Astrid Westerboer,
zufriedenstellend wegen der schönen          dürfen über das, was man geschafft hat.                 Pädagogischer Fachdienst

kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Fachlich 19

                     Die Junge-Kinder-Gruppe
Ein neues Konzept in Bergisch Gladbach
Am 1. Oktober hat im Kinderdorf Bergisch
Gladbach die Junge-Kinder-Gruppe eröff-
net. Ein neues Konzept, das Erziehungs-
leiterin Christine Wohlgemuth-Lübbe in
Absprache mit Landesjugendamt ent-
wickelt hat.
Seit Jahren stellen wir einen steigenden
Trend bei den Aufnahmeanfragen für Kin-
der unter 6 Jahren fest. Unabhängig von
der Frage, welche Ursachen es dafür gibt,
reagieren wir auf diese Situation mit einer
Erweiterung unseres Angebotes um eine
spezielle Wohngruppe für junge Kinder.        Das Lastenrad, mit dem das Team von Haus 3 unterwegs ist, hat Priorin Sr. Angela organisiert
„Der enorm wachsenden Nachfrage steht
ein bislang nicht ausreichendes Angebot       gemuth-Lübbe, die das Konzept der neuen
in der Region gegenüber. Dem tragen wir       Gruppe entwickelt hat.
mit unserem neuen Angebot Rechnung, in
                                              Sollte für die Kinder der Weg zurück in
dem die Kinder nicht dauerhaft verblei-
                                              die Herkunftsfamilie nicht möglich sein,
ben, sondern mit dem Grundschulalter
                                              können sie innerhalb des Kinderdorfes in
entweder wieder in ihre Herkunftsfamilie
                                              eine andere Wohngruppe wechseln. Vor-
zurückkehren oder innerhalb des Kinder-
                                              teil für die Kinder: Sie bleiben in einem
dorfes in eine andere Wohngruppe wech-
seln können“, erklärt Kinderdorfleiterin      vertrauten Umfeld. Vorteil für die Jugend-
Jutta Menne.                                  ämter: Es werden früher Plätze für junge
                                                                                               Das Spielzimmer mit Kaufmannsladen und
                                              Kinder frei, die nachrücken können. Denn
                                                                                               kleiner Puppen-Küche
Den Bedürfnissen junger Kinder nach Kon-      anders als in einer Kinderdorffamilie, in
tinuität, Sicherheit und Geborgenheit soll    der Kinder normalerweise bis zum
mit einem auf diese Bedürfnisse ausge-                                                         denen die pädagogische Fachkraft mit
                                              Erwachsensein bleiben, ist die Verweil-
richtetem Konzept der Betreuung in der                                                         den Kindern den Tag verbringt, sie ins Bett
                                              dauer in der neuen Junge-Kinder-Gruppe           bringt und in der Nacht und morgens für
Junge-Kinder-Gruppe Rechnung getragen         von vornherein begrenzt.
werden. Dazu gehört ein höherer Perso-                                                         die Kinder präsent ist, werden zwei Fach-
nalschlüssel als in anderen Gruppen. Die      Der Dienstplan wird so gestaltet, dass           kräfte im Tagesdienst unterstützen, davon
Wohngruppe hat 6 Plätze für Kinder in         möglichst mehrere Personen gleichzeitig          die Gruppenleitung als beständige Tages-
dem Betreuungsalter von drei bis circa        für die Kinder da sein können. Angestrebt        präsenz an drei bis vier Tagen der Woche.
                                              wird die Sicherung einer kontinuierlichen        „Ein*e Hauswirtschafter*in wird den
acht Jahren mit 6,75 Vollzeitkräften. „Wir
                                              Tagespräsenz der Bezugsbetreuungen               Haushalt führen und an fünf Tagen in der
freuen uns sehr, dass dies die Träger der
                                              und an den kindlichen Bedürfnissen orien-        Gruppe anwesend sein“, so Gruppen-
Jugendhilfe auch so sehen und diesen
                                                                                               leiterin Frauke Kunz.
Personalschlüssel genehmigt haben“,           tierte Arbeitszeiten in der Nacht. Neben
ergänzt Erziehungsleiterin Christine Wohl-    den Nachtbereitschaftsdiensten, bei                                  Daniela Fobbe-Klemm
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