Kidoblick - Vom Wert des Spielens - Bethanien Kinderdörfer
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Die Zeitschrift der Bethanien Kinder- und Jugenddörfer Nr. 53 · 3/2020 kidob kidoblick b lick Vom Wert des Spielens Schwalmtal: Spielen macht die Kinder froh und Erwachsene ebenso Bergisch Gladbach: Neues Angebot für junge Kinder Eltville: Bethanien Zentrum für Entwicklung und Weiterbildung Dominikanerinnen: Spielende Schwestern
2 Herzlich Willkommen Liebe Leserinnen und Leser, Inhalt wir befassen uns mitten in der Corona-Dauerkrise mit dem Spiel. Ist das nicht ein völlig verfehltes Thema? 3 Zwischen Himmel und Erde Müssten wir uns nicht mit den Auswirkungen der Pande- mie auf unser Kinderdorfleben, auf die Gesundheit von Kindern und Mitarbeitenden, mit Krankheitssymptomen, 4 Titelthema Hygienemaßnahmen, Bildungsfragen und der Verände- rung der Kontakte und Begegnungen befassen? Ja, das müssen wir und das machen wir auch. Aber die Vom Wert des Spielens grundlegenden menschlichen Bedürfnisse und die Aus- – Erfahrungen der Kinderdörfer drucksformen des Lebens werden durch die Krise nicht verändert, sie müssen nur andere Formen finden. Ich kann aus den Erfahrungen der letzten Monate sicher sagen: Das Spiel ist für 7 Das Neueste unsere Kinder nicht weniger wichtig geworden in der Krise. Vielmehr wurde deutlich mehr gespielt und Erwachsene und Kinder hatten sogar an einigen 8 Leben und Arbeiten in Bethanien Stellen einen Zugewinn an Gemeinsamkeit im Spiel. Die Krise ist nicht ein- 9 Leben in Schwalmtal dimensional, sie hat viele Facetten. • Nachruf: Marlene Altevers Was also ist die Bedeutung des Spiels? Für die Kinder und für deren gesun- • Witzige Spielgeschichten de Entwicklung ist das Spiel Grundnahrungsmittel. Es gibt keine Alterna- tive zum Spiel. Es gibt aber bessere und schlechtere Bedingungen für das 12 Leben in Bergisch Gladbach Spielen. Gespielt wird auch unter furchtbaren Bedingungen wie etwa • Vom Drang nach Medien im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos. Im Spiel entwickeln sich die Kinder, drücken sich aus, verarbeiten, was sie erleben. Spiel ist in erster Linie zweck- • Krippenspielfahrt frei. Ein Kind spielt nicht, um ein Erlebnis zu verarbeiten, es passiert einfach. 15 Leben in Eltville Im – gut angeleiteten und sorgsam begleiteten Spiel – kann auch Heilung gefördert werden, wie z.B. die Spieltherapie eindrucksvoll belegt. • Das Schönste, was Du tragen kannst, ist ein Lächeln! Beim Spielen wird Material benötigt. Es gibt ausgezeichnetes Spielmate- • Freispielzeit in der Krippe rial, das anregt. Kinder nutzen für ihren spielerischen Ausdruck aber alles, was im Haus und Haushalt oder in der Natur zu finden ist. Das es auch mal 18 Fachlich die elektrische Zahnbürste sein kann, die im intensiven Matschspiel zum Ein- • Die neue Junge-Kinder-Gruppe satz kommt, erzählt ein Bericht in dieser Ausgabe. Beim Spielen entdecken Kinder ihre Begabungen, testen Rollen aus, ent- 20 Leben bei den Dominikanerinnen wickeln Kinder ihre Kreativität weiter. Mit dem Angebot an Spielen und von Bethanien dem Umgang mit Spielen prägen die Erwachsenen die Zukunft der Kinder sehr • Spielende Schwestern ... entscheidend mit. Ob wir den Mädchen nur rosa Barbies und den Jungs nur • „Und warum spielt ihr?“ Autos und Baukrane anbieten oder die frühe Prägung zulassen: Nicht nur die Kinder stellen Weichen im Spiel, auch wir Erwachsenen geben durch unser 22 Persönlich & Termine Vorbild und durch unser Angebot – oft unbewusst – Richtungen vor. 23 Ihre Hilfe In dieser Ausgabe berichten wir auf vielfältige Art über unsere pädagogische Arbeit und über Erfahrungen, die Kinder und Erwachsene mit dem Spiel in Bild Titelseite: den Kinderdörfern machen. Alexander aus dem Kinderdorf Schwalmtal Ich freue mich über diese Ausgabe des Kidoblicks und hoffe, Sie haben Sie möchten den kidoblick 3 x jährlich kostenfrei lesen? auch Freude an den Beiträgen und bleiben den Kindern und den Bethanien Melden Sie sich an unter 02163 4902-220 oder per E-Mail an info@bethanien-kinderdoerfer.de Kinder- und Jugenddörfern weiterhin treue Wegbegleiter. Herzlichst Impressum Herausgeber: Bethanien Kinderdörfer gGmbH Ihr Ungerather Straße 1–15 · 41366 Schwalmtal-Waldniel Fon: 02163 4902-220 · Fax: 02163 4902-230 www.bethanien-kinderdoerfer.de V.i.S.d.P.: Dr. Klaus Esser, Geschäftsführer Redaktion: Daniela Fobbe-Klemm Gestaltung: Ulrike Jasser, Heinsberg Unsere Zeitschrift kidoblick erscheint dreimal jährlich in einer Auflage von 4.500 Exemplaren. Sie wird von den Caritas Werkstätten Köln auf umweltfreundlichem Dr. Klaus Esser, Geschäftsführer Papier gedruckt. kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Zwischen Himmel und Erde 3 Spielen – ein Freiraum, der gebraucht wird Wo immer Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in der KjG zusammenkom- men, wird gespielt. Nicht nur in der der Gruppenstunde oder im Sommerlager, sondern auch auf der Diözesankonferenz oder zuletzt beim 50jährigen Jubiläum mit den Ehemaligen. Es gibt Kennenlern- spiele, Abenteuerspiele, Kooperations- spiele, Spiele zum Lachen und Verrückt- sein, Spiele mit Geschicklichkeit oder vollem Körpereinsatz. Im Spielen entsteht ein Freiraum, der unverzweckt ist, wo niemand etwas muss oder soll, sondern einfach da sein kann. Spielen gelingt nur dann, wenn es freiwillig geschieht, hat mit Unterbrechung des Alltags und Frei- heit zu tun. Und mit Vertrauen. Schlaue Menschen, die sich philosophisch oder anthropologisch mit dem Thema „Spiel“ Das Spielevent „Zicke-Zacke-Hühnerkacke“ erfreut sich Jahr für Jahr großer Beliebtheit. Foto: KjG auseinandergesetzt haben, sagen, dass gerade diese Zwischenstelle genau der Freiraum ist, der das Spiel erst ermög- und dem Eintauchen in eine besondere uns Menschen in die Freiheit entlässt, sie licht. Wie großartig, wenn Menschen sich Welt, die von den Spielenden erdacht und zum Freiraum der Selbstbestimmung diesen Freiraum erhalten oder manchmal gestaltet wird, zu tun. Das ist kostbar und erklärt und sich so selbst auf ein Spiel auch verteidigen, in einem Alltag, der sich wertvoll. Ich spüre das immer wieder, einlässt. Sein Versprechen: Ihr dürft das für viele Menschen immer schneller ver- wenn ich Teil eines solchen Spiels bin. Spiel des Lebens annehmen, darin ein- dichtet. Zum Beispiel beim Besuch eines Pfingst- tauchen, das Beste daraus machen. Ich zeltlagers, wo auf einer großen Wiese mit- freue mich, wenn euer Spiel gelingt, ermu- In der KjG treffen sich jedes Jahr ca. 150 ten in der Natur tagelang gespielt wird tige euch zum solidarischen, gerechten junge Menschen für das Spielevent und zwar so, wie die jungen Ehrenamt- Spielen und halte euch fest, wenn ihr fallt, „Zicke-Zacke-Hühnerkacke“, ein ganzer lichen und Teilnehmenden sich das selbst verliert und nicht mehr weiterwisst. Also, Tag ist reserviert und freigehalten zum überlegen. Mir wird dann deutlich, was wagen wir es immer wieder, Zeit und Spielen. Neben der großartigen Erfindung für eine großartige Kulturleistung sich Raum für unser Spiel zu finden! des Gummi-Huhn-Golfs werden hier Spie- hinter dem Spielen von Menschen ver- le in Teams gespielt, die für alle – Kinder, birgt: Ein gestalteter Freiraum wird zur Jugendliche und junge Erwachsene – Bühne für Selbstbestimmung, neuer gleichermaßen gerecht angelegt sind: Alle Gemeinschaftserfahrungen und großer können mitmachen und alle werden für Freude. Das alles geschieht aus sich die unterschiedlichen Disziplinen im Team heraus, ist nicht verordnet, sondern Philipp Büscher gebraucht. Am Ende des Tages werden ent wickelt sich eigenständig aus den Geistlicher Leiter so nicht nur die Gewinner*innen gefeiert, Bedürfnissen der Lebenswelt junger sondern auch die tollen Momente, das Menschen. Katholische Lachen und die neuen Erfahrungen, die junge Gemeinde alle gemeinsam gemacht haben. Spielen Viele Erzählungen der Bibel knüpfen hier – Diözesan- hat viel mit Kreativität, Spannung, Energie an: Gott, der seine Schöpfung und mit ihr verband Köln kidoblick Nr. 53 · 3/2020
4 Titelthema Spielen macht die Kinder froh und Erwachsene ebenso! „Oh Gott Spielen, allein in meinem Zim- mer, ich muss mich mit mir selbst beschäf- tigen, was habe ich bloß getan!?“, waren zumindest die Gedanken meiner Kinder, als sie frisch bei uns eingezogen sind. Mit dem Begriff „Spielen“ konnten sie weder Freude noch Zufriedenheit ver- knüpfen, keine Idee, keine Fantasie. Sie wussten nichts damit anzufangen und die Aufforderung: „Du darfst spielen“ glich eher einer Bestrafung. Infolgedessen benötigen sie Ergothera- pie, haben Schwierigkeiten in der Schule beim Lernen, in der Konzentration, der Wahrnehmung, können nicht schluss- folgern oder vorausschauend denken. Wenn auch nicht ausschließlich, denn grundsätzlich spielen diesbezüglich viele Faktoren eine Rolle. Ein langer Prozess begann, in welchem Tatsächlich werden in der frühkindlichen entsprechenden Geräusche der unter- die Mädels und Jungs, natürlich bis heute Entwicklung mit und im Spiel wesent- schiedlichen Materialien kennen. noch, lernen zu spielen: Höhlen bauen, liche Bausteine, Fertigkeiten und Fähig- mit Playmobil Familie spielen, mit Lego Unter anderem werden beim Greifen und keiten für das spätere Leben gelegt. ganze Städte bauen, das Kinderdorfleben Krabbeln motorische Fähigkeiten entwi- Spielen gilt gemäß der UN-Kinderrechts- im Rollenspiel nachahmen, den Alltag ckelt, beim Türmchen bauen und Bauklöt- konvention sogar als ein weltweites dadurch verarbeiten und integrieren. ze in die richtige Öffnung stecken mathe- Grundrecht. Der Fantasie ihren freien Lauf lassen, matische Grundkenntnisse gebildet. überhaupt Fantasie haben, sich wilde Dabei handelt es sich nicht um ein Dauer- bespaßungsprogramm seitens der Eltern Spielen bedeutet Entwicklung in jeder Geschichten ausdenken und im Tobe- Hinsicht. oder ein überfülltes Kinderzimmer. Zumal zimmer ausleben, malen, basteln, Mur- ein Übermaß an Spielzeugen viel mehr So, jetzt aber noch einmal zurück zum melbahn. zur Reizüberflutung führt. Langeweile Anfang: „Spielen macht die Kinder froh Das wiederum bedeutet nicht nur Freude gehört dazu. Ich spreche wohlgemerkt und Erwachsene ebenso“. Spielen kann und Glückseligkeit. Hierzu gehören Aus- von Kindern, die zu Hause keine Möglich- so einfach sein, die Kinder machen es uns einandersetzungen, das Erweitern der keit hatten, sich frei zu entfalten. vor, doch als Erwachsene vergessen wir Frustrationstoleranz und die Entwicklung den Wert des Spielens leider viel zu häu- Denn durch das angeborene Explorations- von Selbstwert. verhalten, also Gegenstände schütteln, fig. Dennoch gibt es erwachsene Menschen, in den Mund nehmen oder den Löffel beim „Menschen hören nicht auf zu spielen, die hinter spielerischem Verhalten nichts Essen ständig auf den Boden fallen las- weil sie alt werden, sondern sie werden als Sinnlosigkeit vermuten. Selbst wenn sen, testet das Kind die verschiedenen alt, weil sie aufhören zu spielen.“ es auf den ersten Blick gar als unproduk- physikalischen Eigenschaften des Objek- Oliver Wendell Holmes Sr. tiv erscheinen mag, steckt so viel mehr tes und findet heraus, welchen Sinn es dahinter. macht, bzw. lernt Höhen und Tiefen, die Desiree Bührer, Kinderdorfmutter kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Titelthema 5 Spiel ist keine Spielerei Das Spiel ist von ganz entscheidender Corona-Lockdowns mehr Zeit als sonst im Bedeutung für die Persönlichkeitsent- Spiel verbringen konnten. Ihr Tagesablauf wicklung eines Kindes: Es ist quasi sein wurde nicht – wie sonst – durch die vielen Hauptberuf, in dem die Basis für den dar- am Nachmittag stattfindenden Termine auf aufbauenden Erwerb von schulischen bestimmt. und anderen Fähigkeiten gelegt wird. Je Für unseren pädagogischen Fachdienst, vielfältiger das Spiel sein kann, desto der für jedes Haus individuelle Angebote mehr individuelle und kommunikative machte, und auch für die Pädagogen in Fähigkeiten – aber auch Körperbeherr- den Häusern stellte die neue Situation schung und Selbsteinschätzung – erwirbt eine immense Herausforderung dar, der das Kind. sich alle mit großem Engagement gestellt Spielen ist also wichtig. Insofern war es haben! Zugleich freuten sich vor allem die für unsere jüngeren Kinder bei allem, was jüngeren Kinder über Naturerkundungen auch für sie schwierig war (ich denke nur am Flehbach, Mountainbike-Ausflüge, Steine zum Mitnehmen wurden liebevoll an das sogenannte „Homeschooling“), Baumhäuser bauen und vieles mehr. bemalt und dann irgendwo auf dem Kinder- ein großes Glück, dass sie während des Gemeinsam wurde gebacken und gebas- dorfgelände ausgelegt. Wer einen fand, telt. Es gab Zeit, Fantasiewelten aus Bau- konnte ihn behalten oder an einem anderen steinen zu erschaffen und sich mitunter Menschen damit eine Freude machen tagelang im Brettspiel zu messen mit den anderen Kindern der Kinderdorffamilie Dominikus-Saal verlegt haben. Hier haben oder der Wohngruppe. „Mira ist viel ent- unsere Jugendlichen nun einen Rückzugs- spannter geworden“, war eine der Rück- raum. Den werden sie in den nächsten meldungen aus einem Haus, in dem das Monaten auch selbst mitgestalten kön- Mädchen mit Autismus lebt. nen, und zwar mit einem Graffiti-Projekt: Was die Kleinen als eher positiv erfuh- Die Außenwände des Gebäudes erhalten ren, war für unsere Jugendlichen hinge- „sprühweise“ eine farbige Deko. Außer- gen oft nur schwer zu akzeptieren. Über dem soll es am Jugendraum bald eine Wochen keine gleichaltrigen Freunde tref- Boulderwand geben, an der beim geschick- fen zu können (die in der Pubertät ein- ten Klettern die Kräfte und das Selbst- fach wichtiger sind als jüngere Geschwis- bewusstsein wachsen werden. So bieten ter oder Erwachsene) und nicht aus dem wir unseren Jugendlichen einen neuen Kinderdorf gehen zu dürfen, das war für Ort im Kinderdorf, an dem sie unter sich sie sehr schwierig. Ein paar ignorierten sein und sich ausprobieren können. alle Spielregeln und ‚hauten einfach ab‘ – Und für die Jüngeren versuchen wir, nun doch meist nur in ein vorübergehend ganz bewusst jene Phasen im allmählich gerade leerstehendes Haus im Kinder- wieder halbwegs normalen Alltag einzu- dorf, um dort mit Gleichaltrigen ‚abzu- planen, in denen sie Zeit haben, im Spiel hängen‘. Andere entschlossen sich kurz- zu wachsen und groß zu werden. Denn erhand, mal eben so nach Bergisch was sagte Friedrich von Schiller doch über Gladbach oder Köln zu fahren, ohne den Wert des Spiels – nicht nur für die Bescheid zu sagen. Kleinen: „Der Mensch spielt nur, wo er in Rasch wurde uns Verantwortlichen klar: es voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, Die Bäume mit den Monkeyclimbing-Elementen und er ist nur da ganz Mensch, wo er braucht neue Ideen, neue Angebote für daran sorgten für Abwechslung. Immer eine spielt.“ Gruppe oder Familie konnten sich angeleitet die Jugendlichen! Und wir sind sofort aktiv vom Pädagogischen Fachdienst in luftige geworden, indem wir den Jugendraum In diesem Sinne, herzlich Höhen begeben aus der Mitte des Kinderdorfes in den Jutta Menne, Kinderdorfleiterin kidoblick Nr. 53 · 3/2020
6 Titelthema Kidopoly: Entwerfen – Gestalten – Spielen Felder hat mehrere Tage in Anspruch genommen, da es auch zwischendurch immer trocknen musste. Hierfür hatten sich die Kinder überlegt mit verschiede- nen Eddingfarben zu arbeiten, da diese gut auf dem Lack hafteten. Als nächste Schritte kamen die Herstel- lung der Figuren und das Gestalten der Grundstückskarten dran. Dies haben die Kinder zu einem großen Teil selbstständig gemacht. Die Karten wurden aus Pappe ausgeschnitten und dann mit den jewei- ligen Grundstückspreisen versehen. Außerdem wurden Ereignis- und Gesell- schaftskarten mit eigenen Aufgaben beschriftet. Das Gefängnis wurde in Zim- merarrest verwandelt und Frei Parken wurde Taschengeldauszahlung. Das benötigte Spielgeld und die Häuser und Hotels haben die Kinder im Internet gefunden, sodass wir nun originalgetreu- es Zubehör zum Spielen benutzen kön- nen. Am Ende hatte jedes Kind seine eigene Figur aus Fimo hergestellt, die es dann immer zum Spielen nehmen kann. Dabei kamen Einhörner, Pokemon und viele andere schöne Figuren heraus. Diese mussten die Kinder erst aus verschieden- farbigem Fimo kneten, modellieren und Gemeinsam als Gruppe hatten wir die Haustechnik fanden einen Platz. Jedes danach wurden diese im Backofen ausge- Idee, ein Brettspiel in großem Format zu Kind konnte sich einbringen und Vorschlä- härtet. erstellen. Während der Zeit des Home- ge für die Namen der einzelnen Grund- Dies war ein schönes gemeinsames Pro- schoolings war nun der perfekte Augen- stücke machen. Gemeinsam lackierten jekt und die Kinder haben sich super blick dafür gekommen. Ein quadratisches wir dann das Brett erst mehrmals weiß beteiligt und großen Spaß daran gehabt. großes Holzbrett war schnell gefunden und malten dann das Spielbrett darauf. Jede Woche wird das Spiel geholt und und wir konnten gemeinsam in die Pla- Wichtig war hierbei, darauf zu achten, gemeinsam eine Runde Kidopoly gespielt! nung gehen. Schnell war klar, wir erschaf- dass die Proportionen eingehalten wer- fen unser eigenes Monopoly Spiel. Das Unser Projekt förderte nicht nur die Kre- den und, dass man die Felder gleich groß „Kidopoly“! ativität der Kinder, sondern auch die gestaltet. Da mussten einige Kinder ihr Gemeinschaft in unserem Haus 2. Gesel- Nun ging es an die detaillierte Planung. Mathewissen auspacken, damit wir aus- lig und unterhaltsam geht es an unseren Alles musste auf das Kinderdorf ange- rechnen konnten, wieviel Platz für jedes Spielabenden zu. Dabei lernen die Kleine- passt werden. So gab es nun keine einzelne Feld zur Verfügung steht. Den ren spielerisch Regeln und Abläufe, die sie Schillerstraße und Parkstraße mehr, Kindern war es auch wichtig, dass die in ihrem Alltag umsetzen können. sondern Haus 1 bis 5 und alle Außen- Farben so bleiben wie beim Original wohngruppen. Sogar die Kita und die Monopoly. Das Gestalten der einzelnen Carina Laufer, Erzieherin kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Das Neueste 7 Kinderdorffamilie zieht um Die Kinderdorffamilie Bucheneck freut sich riesig: Noch in diesem Jahr steht der große Umzug in eines der beiden neugebauten Häu- ser auf der Kastanienallee auf der Tagesordnung. Kinderdorfmutter Desiree Bührer, die 2015 ihre Kinderdorffamilie im Bucheneck gegründet hat, freut sich sehr: „Auf der Kastanienallee bekommen wir nicht nur ein neues Haus mit einem schönen Garten, sondern auch wundervolle Kinderzimmer.“ Anna Leister Kinder drehen Film über Zirkus Torkelini Der Kinderdorfzirkus Torkelini in Bergisch Gladbach besteht seit über 20 Jahren. Höchste Zeit also, dass man die akrobatischen Höchstleistungen der kleinen Akrobaten und Jongleure mal in bewegten Bildern festhält. Und so fanden in den letzten Wochen mehrfach Dreharbeiten in der Aula des Kin- derdorfes statt. Die Kinder probten neue Stücke für den großen Auftritt und gleichzeitig schwärmten sie mit Kamera und Tablet aus und hielten die Pro- ben im Bilde fest. Andrä und Valentin, zwei Filmemacher, die auch für die Refrather Kreativitässchule (Krea) aktiv sind, waren bei den Zirkusproben dabei und interviewen die jungen Artisten. Sie zeigten den kleinen Kamera- leuten auch, wie sie die Technik optimal einsetzen. Möglich wurden die Dreharbeiten dank der Unterstützung der Johanniter Hilfsgemeinschaft, die dem Zirkus eigentlich eine Luft- akrobatik-Woche in den Herbstferien sponsern wollte. Da dies aber bedingt durch Corona nicht möglich war, übernahmen die Johanniter kurzerhand einen Teil der Kosten für den Film. Das Equipment und die beiden Videoexperten stellte die Krea zur Verfü- gung. Premiere des Filmes soll Ende 2020 sein. Daniela Fobbe-Klemm NEU: Bethanien Zentrum für Entwicklung und Weiterbildung Starke Kinder brauchen starke Begleitung. Diese Stärke ist von fachlicher Kompetenz und Menschlichkeit geprägt. Nicht zuletzt aber auch von der Bereit- schaft, alte Muster immer wieder zu hinterfragen und Neues zu erlernen. Aus diesem Grund haben wir uns im Bethanien Kinder- und Jugenddorf Eltville dazu entschlossen, ein eigenes Zentrum für Entwicklung und Weiterbildung aufzubauen. Das Angebot steht allen Interessierten aus diesem Arbeitsbereich sowie internen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern offen. Ob traumapäda- gogisches oder biografisches Arbeiten, Intervision oder Elternarbeit – die Kinder- und Jugendhilfe bietet vielfältige Herausforderungen, denen wir mit unseren unterschiedlichen Fortbildungen begegnen möchten. Schauen Sie einmal in das Fortbildungsprogramm 2021. Auf unserer Home- Bethanien -Zentrum für Entwicklung page www.bethanien-kinderdoerfer.de finden Sie das Programm auch zum und Weiterbildung Download. Über Fragen und Anregungen zu weiteren Themengebieten freu- en wir uns jederzeit. Sabine Eberhardt, Referentin Personalentwicklung Programm 2021 kidoblick Nr. 53 · 3/2020
8 Leben und Arbeiten in Bethanien Liturgie als Heiliges Spiel Gottes – Ein Stationen-Gottesdienst zum Erntedankfest Gemeinsames Singen ist ein wich- Beten mit Händen und Füßen, wie Sorgen, Ängste und alle unsere Die Gemeinschaft mit Jesus Christus tiges Element für jeden Gottes- der Heilige Dominikus es gelehrt Fehler können wir vor Gott brin- in der Eucharistie ist Stärkung für dienst. Es stärkt das Gemein- hat. Wir strecken uns Richtung Him- gen. In diesem Gottesdienst haben unseren Alltag. Irdische und göttli- schaftsgefühl. mel. Wir richten uns nach Gott aus. wir Steine als Symbol dafür ins che Gemeinschaft werden eins. Kreuz gelegt. Gott verzeiht. In diesen Zeiten ist Kreativität gefragt. Auch und gerade in Im Bethanien Kinderdorf in Bergisch Gladbach sind wir in diesem der Kirche. Schon Romano Guardini sagte, dass Liturgie Jahr einen neuen Weg gegangen und haben anhand eines (Gottesdienst) ein Heiliges Spiel Gottes ist. Damit ist gemeint, Stationen-Gottesdienstes das Erntedankfest gefeiert. Auf dem dass das, was wir da feiern, nämlich die Gegenwart Gottes in Kinderdorfgelände waren ganz unterschiedlichen Stationen unserer Welt, inszeniert werden muss, damit sie für heutige aufgebaut. An diesen Stationen konnten die Gruppen die ver- Menschen verständlich bleibt. Es bedarf Formen, die den Zugang schiedenen Elemente der Messe erleben und so mitfeiern. zu diesem unvorstellbaren Geheimnis, der Gegenwart Gottes, Diese Form des Gottesdienstes zeigt deutlich, wie wertvoll und ermöglichen. wichtig es ist, neue Wege auch in der Liturgie zu gehen. Denn Es ist immer wieder die Aufgabe von Kirche, nach neuen Wegen dadurch ist auf kindgerechte, spielerische Art und Weise Zugang zu Gott möglich geworden. zu suchen, die dieses Heilige Spiel möglich machen, ohne es zu banalisieren oder die geltenden Regeln außer Kraft zu setzen. Daria Wirth, Bethanische Unternehmenskultur Religiöse Kinderwoche in Bergisch Gladbach Die Geschichte von Petrus, der Jesus dreimal verriet und trotzdem sein Freund war, stand im Mittelpunkt der Religiö- sen Kinderwoche 2020. Daria Wirth hatte sie gemeinsam mit Sr. Hellena und Josefine in einer ganz besonderen Rolle als Petrus, Priorin Sr. Angela, organisiert. Jeweils zwei Tage nahmen zwei Gruppen das Angebot wahr. Sie sangen, bastel- ten und malten in den Herbstferien gemeinsam. Schnitten Fische aus Papier aus, stellten gemeinsam mit Sr. Helga aus Lederresten Jesuslatschen her und kreierten aus Eierkar- tons und bunten Federn kunstvoll Hühner. Oder bemalten kunterbunt Kirchen aus Papier. kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Leben in Schwalmtal 9 Nachruf: Marlene Altevers „Das Leben endet, die Liebe nicht.“ Am 22.08.2020 ist Marlene Altevers in Sie hat die Gabe gehabt, mitten im Chaos wurde. Sie wird beerdigt in einem Sarg, ihrer Wohnung im Kreis ihrer Familie ver- zufrieden zu sein und Marmelade zu der von ihrer Tochter, ihren Schwestern storben. Eine Kinderdorfmutter, die ihr kochen, während um sie herum Kinder und ihren Ehemaligen bunt angemalt Leben in den Dienst von Kindern und und Jugendliche und Mitarbeitende wurde. Das Leben schreibt viele Geschich- Jugendlichen gestellt hat. Sie hat es ein- wuselten, Lärm machten, Streit hatten, ten. Schöne und traurige. Der Tod von fach geliebt und genossen, der Mittel- lachten und spielten und alles gleichzei- Marlene Altevers kam zu früh und ist für punkt einer Lebensgemeinschaft zu sein, tig passierte. umgeben von Kindern, die von ihr in vie- uns, die wir sie kannten, schlimm und len Fällen zum ersten Mal in ihrem Leben Ihre Krebs-Erkrankung trug Marlene mit traurig. Ihr Leben war erfüllt und sie hat gelernt haben, wie es ist, regelmäßig ver- Fassung und ließ es nicht zu, dass sie von viel von dem Glück, das sie sich erwünscht sorgt und liebevoll begleitet zu werden. ihren Kindern und ihrer Familie getrennt hat, erhalten und weitergegeben. „Das Leben endet, die Liebe nicht. Ruhe in Frieden liebe Marlene.“ Semia Thielen, Ehemalige „Sie war die beste Kinderdorfmut- ter, die man haben konnte! Sie war ein so wundervoller Mensch! Und vor allem immer da, wenn man sie brauchte.“ „Marlene war und ist mit ihrem gro- Manuela Ziembinski, Ehemalige ßen Herzen ein Vorbild als Kinder- dorfmutter. Wir werden versuchen, in ihrem ehemaligen Wiesenhaus Marlenes Geist weiter lebendig zu halten.“ Katharina Kalla, Kinderdorfmutter „Frau Altevers war für mich immer ein bethanisches Urgestein. Sie hat ihr Leben in Bethanien mit allen Facetten gelebt. Sie hat sich den Kindern und „Ich habe Marlene bewundert, weil sie bei allen Unwägbar- Jugendlichen gewidmet und sie so keiten und Stress im Alltag immer Zeit für ihre Kinder hatte, angenommen wie sie sind. Wir wer- auch wenn sie schon nicht mehr bei ihr lebten. Damit hat sie den Sie immer in guter und dankbarer viel Gutes getan, ich glaube wir hätten sie bei Tag und Nacht Erinnerung behalten.“ um Hilfe bitten können, sie wäre parat gewesen. Julia Bartkowski, Kinderdorfleiterin Auch wenn wir wissen, dass der Weg des Lebens begrenzt ist, können wir uns an Marlenes Spuren erfreuen und in guter Erinnerung immer an sie denken.“ Ida Dunkel, Kinderdorfmutter kidoblick Nr. 53 · 3/2020
10 Leben in Schwalmtal Unsere witzigsten Spielgeschichten Wie schön, wenn sich „die schäftigen Der Vierjährige darf sich eine alte Zwei Sechsjährige be sich ausdauern d mi t dem Tret- Benjamin-Blümchen-Kassette Kleinen“ nicht nur für Tablet, Ga rte n. Sc hließlich für die Mittagpause ausleihen. traktor im Te rra ss e Da die Musik recht schnell ver- Handy und Co. interessieren, ko mm en sie au f die m Sc ha u - stummt, gehen die Erwachsenen oder etwa nicht? vo rge fah ren , au s de ap pt sti nk en de r davon aus, dass er lieber schla- fel lad er sc hw tsc h. Sto lze r Kom- fen wollte. Am Ende der Mittags- brauner Ma wi r ha ben pause dann jedoch die stolze mentar: „Guck mal, lle Präsentation: „Guck mal, ich hn er- AA Gü Den Kindern ist langweilig. Die Erwachsenen aus dem ganzen Hü habe eine Autobahn gebaut!“ schlagen vor, sie könnten doch in den Sand- hergestellt.“ kasten gehen und einen Kuchen backen. Nach einiger Zeit kommt aus dem Garten die Ein seltsam Nachfrage, ob man sich den Handmixer aus- er Duft nach Holz durch warmem leihen könne. Die Kinderdorfmutter verneint zieht das H Grund liegt aus. Der das. Danach herrscht lange verdächtige im Spielzim is t d ie H e iz mer. Dort Stille im Garten. Schließlich findet sie die ung auf M g e d re h t, sä a xi m u m Kinder vor einem Eimer voller Matsch, der m tl ic h e B a gleichmäßig u k lö tze engagiert mit zwei elektrischen Zahnbürs- darauf vert ten „gemixt“ wird. einer Zange eilt. Mit aus der Küch Hand wird e in der … und wusstet ihr, dass man eine elektrische verkündet: mal! Wir gri „Schau Zahnbürste auch als Bohrer verwenden llen!“ kann? Nikolaus in Leloh Weihnachten im Kinderdorf – Unsere Weihnachts-CD Intro Eine individuelle Weihnachtskrippe Nikolaus in Leloh Der Weihnachtsmann Und noch `ne Weihnachtsgeschichte 19 Englein Weil ich dich lieb habe Und manchmal tut es auch weh Raclette mit Nudeln Weihnachtszeit „Es ist Freitag, der 5. Dezember. Es riecht Aber letztes Jahr haben die drei nicht nach frisch gebackenen Keksen, Tannen- sorgfältig genug gearbeitet. Das hat dem grün und … nach Putzmittel. Drei kleine Nikolaus gar nicht gefallen. Er hat nicht Gestalten stehen im Wohnzimmer und nur den Fußboden schmutzig gemacht, abend im Bethanien Kinder- und Jugend- stecken den Kopf in die dunkle Öffnung sondern auch einen Zettel neben den dorf in Schwalmtal. Die unverkennbare in der Wand. ‚Wir müssen noch ein bis- Kamin gepinnt, dass sein Mantel schmut- Stimme von der Comedy-Queen und Kin- schen mehr putzen‘, sagt die siebenjähri- zig geworden ist. Und da der Nikolaus derdorffreundin Mirja Boes verleiht den ge Jasmin. ‚Sonst hinterlässt er wieder den Platz in seinem Sack für Geschenke Geschichten einen besonderen Charme, seine Fußabdrücke im Wohnzimmer und und nicht für Wechselkleidung braucht, Kinderlieder und musikalische Unterma- wir müssen das dann morgen sauber hat sich Stephan vorgenommen, in die- lungen von Booster-Frontmann René Pütz machen.‘ Sie nimmt den Besen und fegt sem Jahr darauf zu achten, dass der die weihnachtliche Atmosphäre. den dunklen Ruß aus dem Kamin. In Schornstein besonders sauber ist.“ Unsere Weihnachts-CD kann hier bestellt Leloh, wo die drei Kinder leben, kommt Das Hörspiel „Weihnachten im Kinder- werden: der Nikolaus in jedem Jahr durch den dorf“ erzählt sechs liebevolle und ganz Telefon 02163 4902-0 Schornstein, um die Stiefel der Familie unterschiedliche Geschichten über die bestellung@bethanien-kinderdoerfer.de zu füllen. Vorweihnachtszeit und den Heiligen- www.bethanien-kinderdoerfer.de kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Leben in Schwalmtal 11 Neue Gruppenleitungen im Kinderdorf Steckbrief Daniela Berger Jahren mit vielen verschiedenen Kindern finde ich es großartig, mit meinen Mäusen aus dem Alter: 45 Jahre Tannenhaus fest verankert zu sein und mit ihnen ein Stück ihres und meines Lebens teilen Hobbies: lesen, wandern, zu dürfen. nähen und werkeln, Gartenarbeit So sieht mein Alltag im Kinderdorf aus: Ich bin überrascht, dass es in meinem Alltag soooo viel Funktion im Kinderdorf: Organisatorisches zu tun gibt (hier 190 Mails, Gruppenleitung im dort eine Besprechung, hier eine Aufgabe, der Tannenhaus Dienstplan noch und die ganze Kasse noch mal Hier habe ich vorher gearbeitet: Ich habe in einer zählen … ). Ansons ten leben wir ja auch im Tagesgruppe, in einer ambulanten Familienhilfe Tannenhaus einen ganz normalen Alltag mit und lange in einer Clearing- und Inobhutnahme- Schule, Hausaufgaben und viiiiiel Spielen. Aber gruppe in Mönchengladbach gearbeitet. Hier natürlich nehme ich mir hier viel zu wenig Zeit konnte ich ganz viele verschiedene Kinder und dafür. deren Eltern kennenlernen. Das liebe ich an meinem Job: An meinem Job Warum ich mich für das Bethanien Kinderdorf liebe ich am meisten das Leben mit den Kindern, entschieden habe? Ich wollte unbedingt im die mich täglich aufs Neue zum Lachen bringen Kinderdorf arbeiten, weil ich die Atmosphäre hier und meinen Alltag noch bunter machen. Dankbar sehr mag. Es fühlt sich an, als würden alle ein bin ich auch für mein tolles Team, das ganz viel bisschen aufeinander aufpassen. Nach langen möglich macht! Steckbrief Markus Metternich Warum ich mich für das Bethanien Kinderdorf entschieden habe? Ich habe das Kinderdorf Alter: 39 Jahre durch eine einrichtungsübergreifende Fortbil- dung kennengelernt und hatte einen sehr posi- Hobbies: jede Menge tiven ersten Eindruck. Als letztes Jahr der Wunsch Musik, ganz viel Lesen, nach Veränderung reifte, erinnerte ich mich hier- Wandern, Skifahren an und nahm Kontakt auf. Ich wurde als neuer Funktion im Kinderdorf: Mitarbeiter sehr herzlich empfangen. Es herrscht Gruppenleitung im eine sehr wertschätzende und freundliche Atmo- Regenbogenhaus sphäre, die mich immer wieder aufs Neue beein- druckt. Hier habe ich vorher gearbeitet: Ich habe eine Ausbildung zum Speditionskaufmann gemacht So sieht mein Alltag im Kinderdorf aus: Das und bin im Anschluss durch den Zivildienst zur Schöne an unserem Beruf ist ja, dass selbst im Sozialen Arbeit gekommen. Während des Studi- „Alltag“ jeder Tag anders ist. Daher fällt es mir ums habe ich hauptsächlich in der offenen schwer einen „typischen“ Tag zu beschreiben. Jugendarbeit in Köln gearbeitet. Nach dem Stu- Am besten einfach mal vorbeikommen ;) dium bin ich dann in den stationären Bereich Das liebe ich an meinem Job: Die Arbeit mit gewechselt, der mir bis heute Spaß macht. Menschen, Zeit mit den Kindern, dass es nie Die letzten 10 Jahre war ich bei der Caritas langweilig wird, mein tolles Team, immer neue beschäftigt. Dort habe ich auf einer Regelgruppe Herausforderungen, jede Menge Spaß, etwas für Kinder und Jugendliche gearbeitet, später Sinnvolles tun … auch als Gruppenleitung.
12 Leben in Bergisch Gladbach Corona, oh Schreck! „Was sollen wir denn nur die ganze Zeit machen? Das gibt doch ein riesen Chaos. Homeschooling, wie soll das denn bitte gehen, im Ernst?“ Das kam den pädagogischen Mitarbeiter- Innen und den Kindern und Jugendlichen sofort in den Sinn, als es hieß, die Schu- len werden geschlossen, keine Kontakte nach Außen und nicht mal Familie und Freunde dürfen besucht werden. Wohin mit so viel Energie, so vielen Fragen und Unsicherheiten. Nun ja, aller Anfang ist schwer, aber nach kurzer Zeit konnten wir alle auch die Ruhe genießen. Den Kin- dern und Jugendlichen wurde schnell klar, alle Termine, die viel Hektik in den Tag gebracht haben, wie z.B. Arzttermine, Freizeitsport, Therapiestunden, ständig überall sein zu müssen, fielen mit einem Mal weg. Was nun? Langeweile? Weit gefehlt! Wir haben das Monopoly-Spie- len für uns entdeckt. Wir wussten nicht, wie viele verschiedene Spielarten es beim Monopoly gibt. Wir haben sechs verschiedene Varianten. Einige Jugendli- che wünschten sich zum Geburtstag, oder einfach nur so, eine neue Spielvariante, z.B. ist das Mogelmonopoly ein beson- deres Spielerlebnis. Es darf, und ist sogar erwünscht, so viel wie möglich zu mogeln. Wir sind in einen echten Monopolywahn „verfallen“. Es wurde gezockt, was ging, sobald die Lernzeit vorüber war, wurde das Spielbrett aufgestellt und es gab stun- denlang tolle Unterhaltung für groß und klein. Alles andere hat sich dann auch schnell eingespielt und unsere Kinder und Jugendlichen haben versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Ändern konnten wir ja auch nichts daran! Susanne Buchmüller, Gruppenleitung Haus 12 kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Leben in Bergisch Gladbach 13 Interview „Vom Drang nach Medien“ Wie verändert sich das Leben in einer Wohngruppe, wenn alle für mehre- re Wochen tagtäglich zusammen sind. Wenn es keine Schule, kein Treffen mit Familie und Freunden oder im Sportverein gibt. Wir haben die Kinder und Jugendlichen aus Haus 9, einer heilpädagogischen Wohngruppe im Bethanien Kinderdorf Bergisch Gladbach gefragt, wie sie die Zeit des Lockdowns und die Monate danach empfunden haben. Wie habt Ihr den Lockdown erlebt, was ist in Erinnerung alle Kids freiwillig immer eine Stunde für die Schule gelernt geblieben? haben. Luca: Schön war, dass wir im Haus einen Ersatz-Kiosk hat- Michael: Wir haben schon gemerkt, dass es manchen unse- ten, an dem wir Süßes oder Zeitschriften kaufen konnten. rer Kids schwerfiel, sich etwas einteilen zu können, selbst- Denn der Schukapu, der Kiosk, den Sr. Angela sonst einmal ständig zu erkennen, wann es genug ist. Gut war, dass wir die Woche öffnet, war ja zu. viel mit den Jüngeren draußen waren. Wie hat der Ersatz-Kiosk funktioniert? Luca: Wir haben im Garten ein Gemüsebeet angelegt, da haben wir echt alle zusammen richtig geschuftet. Und wir Luca: Wir konnten sagen, was wir gerne hätten, das haben haben zusammen mit Markus (Mitarbeiter des Pädagogi- die Erwachsenen dann besorgt und wir konnten das dann schen Fachdienstes) ein Baumhaus gebaut. am Kiosk im Haus für unser Taschengeld kaufen. Was war für Euch als Erzieher eine große Herausforde- Was war nicht so gut? rung: Senay: Dass wir anders als andere nicht einfach raus durf- Michael: Zu vermitteln, warum es so ist wie es ist. Wir ten, gerade Mal zwei Stunden am Tag. Das hat mich auch haben zwar alle zusammen täglich Logo, eine Nachrich- total genervt. tensendung für Kinder geschaut. Aber trotzdem kam der Wie habt Ihr Teenager denn die viele freie Zeit genutzt? Ernst der Situation nicht bei jedem an. Anna: Mit Fernsehgucken oder schlafen. Das war über- Was war für Euch als Erzieher positiv? haupt klasse, wir konnten ausschlafen, mussten erst um 9 Larissa: Dass das Wetter schön war und wir viel in der Uhr aufstehen. Ich habe mehr Serien geschaut als sonst. Natur sein konnten. Und dass wir mit Frau Schwarz eine Und natürlich ging auch das Homeschooling zum Teil über Hauswirtschaftskraft haben, die als gelernte Friseurin allen Videokonferenzen. Kids einen coolen Haarschnitt verpasst hat, das war wirk- Habt ihr alle mehr Medien genutzt als sonst? lich super. Emanuel: Ja klar, einmal hab ich bis spät nachts Fernsehen Das Interview führte Daniela Fobbe-Klemm, geschaut. Und viel Musik gehört. Öffentlichkeitsarbeit Bergisch Gladbach Michael: Das Thema Medien war für uns Erzieher eine Her- ausforderung. Einer unserer jüngsten hat mal 9 Stunden am Stück mit der Playstation und Nintendo gespielt, das fanden dann sogar die anderen Kinder nicht mehr gut. Luca: Stimmt, das hat genervt. Gut war der Bestimmer-Tag aber trotzdem, weil wir dann auch essen konnten, was wir wollten. Was war denn der Bestimmer-Tag? Larissa: Unsere Kinder und Jugendlichen konnten sich etwas wünschen, also etwa was es zu Essen gab. An einem Abend hat jeder etwas anderes bestellt. Aber auch was an dem Tag gemacht werden konnte oder ob wir lange früh- stücken. Gut fand ich, dass auch an den Bestimmer-Tagen kidoblick Nr. 53 · 3/2020
14 Leben in Bergisch Gladbach Krippenspielfahrt Auch dieses Jahr stand für die großen und Theaterspielen fördert das Selbstbe- kleinen Schauspieler im Bethanien Kin- wusstsein der Kinder und stärkt ihr Selbst- der- und Jugenddorf Refrath wieder das vertrauen und das Bewusstsein der eige- regelmäßige Proben für das diesjährige nen Selbstwirksamkeit. Die Kinder lernen Krippenspiel auf dem Plan. Auch die Krip- abzuwarten, Enttäuschungen zu verar- penspielfahrt, die mittlerweile zu einer beiten und Kompromisse zu schließen. Tradition geworden ist, ist für die Kinder Aber sie erleben genauso Zufriedenheit, und auch die Pädagogen Larissa Stupp persönliche Zuwendung und Erfolg. Jede und Michael Schumacher, die Hauptver- Präsentation vor der Gruppe bis hin zur antwortlichen für dieses Projekt, jedes Aufführung vor einem großen Publikum Jahr ein Highlight. Hier wird gemeinsam stellt eine Herausforderung dar und erfor- ein Wochenende geprobt, gesungen und dert Mut und außerdem Vertrauen in die vor allem eine schöne Zeit verbracht. eigene Person und in die Mitspieler. Im theaterpädagogischen Prozess kön- Nicht zuletzt vermittelt Theater den Kin- nen zahlreiche Lernfelder für die Kinder dern ein Gespür für die eigene Intuition, gestaltet werden, die es den Pädagogen bestärkt sie in ihrer Kreativität und Phan- Dazu sind normalerweise sowohl Besu- ermöglichen, die Teilnehmer in ihrer per- tasie. Dies alles geschieht spielerisch und cher aus den eigenen Reihen, als auch sönlichen Entwicklung zu fordern und zu ist mit Spaß und Freude für alle Beteilig- aus der Nachbarschaft eingeladen. Exter- fördern. Hierbei kommt es zu ganz unter- ten verbunden. Alles in allem fördert die ne Besucher werden im Corona-Jahr 2020 schiedlichen Gewichtungen der gruppen- theaterpädagogische Arbeit die Freude nicht möglich sein. dynamischen, inhaltlichen und päda - am Lernen. Somit ist diese Art der päda- gogischen Anteile. Dabei ist es wichtig gogischen Arbeit ganz grundsätzlich ein Und so werden wir intern feiern müssen. flexibel zu arbeiten und zu spüren, wo wichtiger Aspekt des Bildungsauftrags. Durch die Pandemie haben leider alle Ver- anstaltungen besondere Bedingungen. die Gruppe gerade steht und was sie 16 Schauspieler machten sich dieses Jahr Wir haben uns sogar die Option offen gerade braucht. Es ist beeindruckend auf den Weg, um für den großen Auftritt gelassen, das Krippenspiel unter freiem mit wieviel Freude die Kinder gewillt an Heiligabend zu proben. Das Krippen- Himmel aufzuführen! sind, den Text zu lernen und bei jeder spiel wird traditionell am 24.12 in der gro- Probe mehr über sich hinaus zu wachsen. ßen Aula des Kinderdorfes aufgeführt. Larissa Stupp und Michael Schumacher Ferienfahrt in die Eifel Eine unbeschwerte Zeit, trotz aller Corona-Bestimmungen, verbrachten die Häuser 1 und 10 in den Herbst- ferien in Simmerath in der Eifel. Die katholische Kirchengemeinde St. Pankratius in Köln, die die Ferienfahrt aufgrund der unterschiedlichen Familien, aus denen die Kinder dort stammen, nicht antreten durfte, hatte die komplette Fahrt samt Ausflügen und Verpflegung dem Kinderdorf geschenkt. Den Kontakt hatte Gabi Pannicke, die das Kinderdorf seit Jahren mit ihrer Stiftung „Mutige Kinder“ unterstützt, hergestellt. Für unsere Kinder ein Geschenk, das ihnen ermöglichte, Bogenschießen, Kanufahren und vieles mehr in der großartigen Natur am Rursee ausprobieren zu können. Abschluss der Fahrt war ein Ausflug nach Vogelsang, wo die Gruppe nicht nur den Turm der ehemaligen Napola erklomm, sondern auch etwas über die Jugend und deren Indoktrination in der Nazizeit erfuhr. Daniela Fobbe-Klemm kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Leben in Eltville 15 Oscar: Unser Spielfreund mit vier Pfoten „Juhu, Oscar ist da!“, strahlt Angelina und Als ausgebildete Therapiehundeführerin fragt gleich, ob sie mit ihm spielen könne. und Sozialpädagogin erlebe ich immer „Ich finde es toll, dass Oscar hier ist, der wieder, wie Oscar die Kinder und Jugend- ist so lieb. Ich werfe ihm ein Spielzeug lichen auf den verschiedensten Ebenen und er holt oder sucht es und bringt es anspricht und vor allem als Spielpartner dann wieder zurück. Das macht einfach ein echter „Hundekumpel“ ist. Über ihn super viel Spaß!“ können sich die Kinder auf verschiedene Weise wahrnehmen, positive Erfahrungen Eine typische Situation, die auch mit an- sammeln und sich in ihrer Selbstwirksam- deren Kindern entsteht, wenn Oscar zu keit erleben. So gibt er den Kindern, aber Besuch im Bethanien Kinderdorf ist. Oscar auch Jugendlichen, beispielsweise das Kinder lieben Tiere: Für Kinder gehören ist ein Golden-Retriever-Rüde, der als aus- Gefühl, gebraucht zu werden, vermittelt Tiere zum Leben, sie erleben sie als Spiel- gebildeter Therapiebesuchshund regel- Nähe und Vertrautheit und stellt damit gefährten, Freunde, Beschützer, Spaßma- mäßig zu Besuch im Kinderdorf ist, von eine tolle Basis für ein Miteinander da. cher und erfüllen einen Teil des kindlichen den Kindern innig erwartet wird und mich Spätestes im Spiel verlieren die Kinder Bedürfnisses nach körperlicher Nähe und bei meiner pädagogischen Arbeit beglei- dann die Scheu und toben und haben ein- Geselligkeit. tet. fach nur Spaß mit Oscar. Svenja Fuchs, Flexible Hilfen Durch Spielen therapeuti- schen Zugang finden Kinder und Jugendliche, die im Kinderdorf leben, können auf eigenen Wunsch oder nach Rücksprache mit den PädagogInnen in den Wohngrup- pen, Termine beim psychologischen Fachdienst in Anspruch nehmen. Mit Jugendlichen finden zumeist Gespräche statt, hier wird ihnen ein vertrau- ensvoller Rahmen geboten und gegebenenfalls weitere Unterstützungsmög- lichkeiten angebahnt. Mit Kindern kommen neben Gesprächen insbeson- dere spielerische Elemente zum Tragen. Im Spiel können innere Themen der Kinder ausgedrückt, gemeinsam verstanden und bearbeitet werden. Das Kind kann sich neu in unterschiedlichen Rollen spielerisch erproben und einen inneren sowie äußeren ‚Spielraum‘ selbst gestalten. Früh Erlebtes, das häufig (noch) nicht in eigenen Worten verbalisiert werden kann, kann sich im therapeutischen Spiel reinszenieren; es wird im Spiel symbolisch dargestellt und kann eingeordnet werden, was zu einer Entlastung für das Kind führen und seine (Weiter-) Entwicklung fördern kann. Hannah Gutberlet, Psychologischer Fachdienst kidoblick Nr. 53 · 3/2020
16 Leben in Eltville Freispielzeit in der Krippe Friedrich Wilhelm August Fröbel lichkeit der Selbstentfaltung zu nehmen. Man muss es aushalten, dass ein Kind sagte einst: „Die Quelle alles „nur“ seinen Schatten beobachtet oder Guten liegt im Spiel.“ mit seinen Füßen spielt. Kinder haben In der Bethanien Kindertagesstätte Elt- feine Antennen und können meist sehr ville ist das Freispiel ein wichtiger Be- gut einschätzen, was sie sich zutrauen standteil der Tagesgestaltung. Es zeichnet können. Ebenso fordern sie Hilfe ein, wo sich dadurch aus, dass die Kinder, wie sie sich unsicher sind. Die Erwartung, der Name es vermuten lässt, frei ihren dass ein Spiel immer ein Ziel haben muss Spielort, die Spielpartner und letztlich oder ein Endprodukt dabei entsteht, das Spiel selbst wählen können. Ein Kind sollte man überwinden. Freispiel ist im Freispiel zu beobachten, verlangt den Wert- und Sinnvoll. Autonomie, Selbst- Erwachsenen oft einiges ab. Geduld, Zeit wahrnehmung und Kreativität sind nur und vor allem Zurückhaltung. Oft neigen Beispielhaft für unzählige Entwicklungs- die Erziehenden dazu, Vorgaben zu bereiche, welche im Freispiel gefördert machen und somit dem Kind die Mög- werden. Katja Jung Spielen in der Natur: Die Stadt wächst Hammerschläge, das surrende Geräusch Ganz nebenbei wurden Vorstellungsver- schaft, was alle hervorragend meisterten. der Laubsäge und Pinselstreichen erklan- mögen, Feinmotorik und Sozialkompe- Die Natur um uns herum bot dabei ausrei- gen auf dem Eltviller Bauspielplatz. Hier tenz gefördert, denn so ein Hausbau erfor- chend Platz zum bewegungsintensiven herrschte in diesem Jahr reger Betrieb: dert Fingerspitzengefühl und lässt sich Spiel. Mit den Neubauten auf dem Kin- Gleich sechs neue Hütten erschufen die nicht alleine stemmen. derdorfgelände haben wir nun ganzjährig jungen Architekten und Bauherren. An- Schon im Sommer konnten sich die Kinder die Möglichkeit, in der Natur zu übernach- geleitet durch den Pädagogischen Fach- und Jugendlichen in unseren neuen Tipis ten und solche Erfahrungen zu sammeln. dienst entwickelten die kreativen Köpfe spielerisch in Selbständigkeit üben. Die Schon jetzt freuen wir uns auf die erste vielfältige Baupläne. Klassisch und Kinder wohnten während der diesjähri- Übernachtungsparty mit Schlafsack und modern, Spitzdach und Flachdach, bunt gen Ferienfreizeit in einem Zelt zusam- Leselampe auf unserem Bauspielplatz. und naturbelassen – im Bethanien Neu- men. Das verlangte Rücksichtnahme, baugebiet ist jeder Geschmack vertreten. Organisation und Kompromissbereit- Johann Banholzer kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Leben in Eltville 17 „Heiliges Spiel“ So übersetzte unser Liturgieprofessor das Wort Liturgie, die Ordnung des Gottes- dienstes. Die Idee der Eucharistiefeier ist eine Vergegenwärtigung dessen, was Jesus im Abendmahlssaal mit seinen Jüngern gefeiert hat – was damals geschah, geschieht heute hier bei uns und wir sind dabei. Ein Spiel in der ganzen Ernsthaf- tigkeit, in der Kinder spielen: sie sind Vater, Mutter, Kind, Prinzessin oder Darth Vader wenn sie es spielen. Viele fragen sich, wie man unter Corona-Bedingungen Weihnachten feiern kann. Die großen Gottesdienste, die Jahr für Jahr an Heilig Abend die Kirchen sprengen, werden nicht möglich sein. Was möglich ist, ist „Heiliges Spiel“. Die Weihnachts- geschichte spielen und dadurch Teil dieser Geschichte zu werden. Wo Kinder dabei Heilig Abend findet in diesem Jahr auf unserem sind (wie zum Beispiel in unseren Kinderdörfern), ist das leicht, aber es lohnt sich Bauspielplatz statt. Jede Gruppe gestaltet gemeinsam mit unserem Pädagogischen Fach- auch für und unter Erwachsenen. Dieses Jahr mal nicht ZuschauerIn, sondern dienst lebensgroße Krippenfiguren. Beteiligte/r sein, mitspielen, wenn Maria und Josef sich auf die Suche nach einer Bleibe machen und niemand sie aufnimmt. Ein Kind zur Welt bringen weit weg von zuhause in der erbärmlichen Ungesichertheit eines zugigen Stalls. Glauben, dass in diesem nach Nähe, Wärme, Liebe schreienden Bündel Gott selber sich mir offenbart. … Wer sich darauf einlässt, wird (endlich!) etwas verstehen von der eigentlichen Weihnachtsbotschaft und dies könnte echte Konsequenzen haben. Weihnachten im Corona-Jahr? Wenn wir uns auf das heilige Spiel einlassen, vielleicht kommt Gott dann wirklich zur Welt und verwandelt sie und uns. Schwester Judith Das Schönste, was Du tragen kannst, ist ein Lächeln! „Mit einem Lächeln wurde ich im Betha- eine Jugendhilfeeinrichtung, in der ich als nien Kinderdorf Eltville aufgenommen. Bereichsleitung angestellt war. Gestartet habe ich am 1. April als Erzie- Über die Jahre hinweg habe ich mich hungsleiterin. Ein herausfordernder Zeit- immer mit dem Kinderdorf verbunden punkt für einen Neubeginn. Mein Lächeln gefühlt und auch gerne die Veranstaltun- wurde im Alltag meist von einer Maske gen und Feste besucht. Nun gehöre ich als verdeckt. Doch nach und nach konnte ich Erziehungsleitung zu einer tollen Kinder- allen Kindern und KollegInnen persönlich dorfgemeinschaft und kann meinen Teil begegnen. Viele Treffen fanden zu dieser zum Gelingen beitragen, was mir sehr viel Zeit auf dem tollen Außengelände statt. Freude bereitet. Das Bethanien Kinderdorf kenne ich Ich freue mich sehr auf eine vertrauensvol- bereits seit 1997. Damals habe ich ein le und wertschätzende Zusammenarbeit Jahrespraktikum hier absolviert und im mit allen Mitarbeiterinnen und Mit- Anschluss mein Sozialpädagogik-Studium arbeitern und auf ein unbefangenes aufgenommen. Mit- und Füreinander mit den Kindern und Jugendlichen des Kinderdorfes!“ Nach meiner Tätigkeit beim Jugendamt Rheingau-Taunus-Kreis wechselte ich in Andrea Baghdasarian kidoblick Nr. 53 · 3/2020
18 Fachlich Ferien-Freizeit 2020 in der Eifel Unsere Kanutour auf der Rurtalsperre haben wir auf einer Insel unterbrochen und haben uns dort an einem Feuer gewärmt. Unseren Ausflug zur Burg haben wir zu Fuß gemeistert und bevor es wieder nach Hause ging, haben sich alle im Laden ein Andenken gekauft. Wenn man in einem Haus mit minimalem Luxus (eine Dusche für 13 Personen) wohnt, kommt man nicht darum herum, Mit der Bahn fuhren wir in den Sommer- Aussichten. Als eine sich mit einander zu beschäftigen, zu ferien mit 10 Jugendlichen in ein Haus der wenigen Grup- akzeptieren und zu respektieren. des Deutschen Alpenvereins in der Eifel. pen, die ohne elektri- All dies zusammen bringt jeden von uns Dieses Haus war für acht Tage unser sche Unterstützung dazu, sich mal neu zu erfinden. Auch der Zuhause. die Krater der Maare muffigste Jugendliche konnte die handy- hochfuhren, haben freie Zeit genießen und mit Elan und Mit dabei waren außer vielen Taschen und wir auch viel Aner - Freude Ferien machen. Jemand, der sich Kissen auch 13 Mountainbikes. Denn es sollte eine sportliche Ferienfreizeit ohne zuhause nicht einfach mal zugetraut virtuelle Ablenkung werden. Die Kids hätte, mit einem Freund eine Radtour zu konnten schon bald selbstständig das unternehmen, schaffte es in der Gruppe, Dorf erkunden und fuhren die Hügel hoch sich jeden Tag ein bisschen weiter vom und runter. Inklusive spektakulärer Sprün- Haus zu entfernen. ge an der Brücke oder „spritziger“ Über- Es war eine schöne Woche, mit einem querungen des Baches. Zusammen kochen, wunderschönen Abend an der Rur in einer Spiele spielen, das schöne Wetter genie- Grillhütte. Gutes Essen und eine wunder- ßen und die Rur erkunden waren weitere bare Wasserschlacht gehören zu so einer Aktivitäten, die jeder machen konnte. Freizeit absolut dazu. Alle, die so mutig Wie kann man heutzutage noch so viel waren, so lustig waren und so gut auf sich Spaß haben ohne Handy oder Spielkon- und den anderen aufgepasst haben, sole? Also diese Jugendlichen haben sich haben eine Erfahrung fürs Leben gemacht kennung von anderen Radfahrern bekom- nicht gelangweilt! und eine tolle Zeit gehabt. men. Tagsüber gab es immer Touren mit den Vielen Dank an alle, die es uns ermög- Auf insgesamt zurückgelegten 132 Kilo- Mountainbikes. Jeder wählte für sich eine licht haben, die Fahrt zu etwas Besonde- metern Fahrradweg lernt man nicht nur kurze oder längere Strecke. Da die Eifel rem zu machen: Der Freundeskreis, die seine Kräfte einteilen, man lernt auch bekanntermaßen sehr hügelig ist, war Jugendlichen und die Mitarbeiter. Rücksicht nehmen, einstecken, lachen jede Strecke anstrengend. Aber auch über seine Fehler oder stolz sein zu Astrid Westerboer, zufriedenstellend wegen der schönen dürfen über das, was man geschafft hat. Pädagogischer Fachdienst kidoblick Nr. 53 · 3/2020
Fachlich 19 Die Junge-Kinder-Gruppe Ein neues Konzept in Bergisch Gladbach Am 1. Oktober hat im Kinderdorf Bergisch Gladbach die Junge-Kinder-Gruppe eröff- net. Ein neues Konzept, das Erziehungs- leiterin Christine Wohlgemuth-Lübbe in Absprache mit Landesjugendamt ent- wickelt hat. Seit Jahren stellen wir einen steigenden Trend bei den Aufnahmeanfragen für Kin- der unter 6 Jahren fest. Unabhängig von der Frage, welche Ursachen es dafür gibt, reagieren wir auf diese Situation mit einer Erweiterung unseres Angebotes um eine spezielle Wohngruppe für junge Kinder. Das Lastenrad, mit dem das Team von Haus 3 unterwegs ist, hat Priorin Sr. Angela organisiert „Der enorm wachsenden Nachfrage steht ein bislang nicht ausreichendes Angebot gemuth-Lübbe, die das Konzept der neuen in der Region gegenüber. Dem tragen wir Gruppe entwickelt hat. mit unserem neuen Angebot Rechnung, in Sollte für die Kinder der Weg zurück in dem die Kinder nicht dauerhaft verblei- die Herkunftsfamilie nicht möglich sein, ben, sondern mit dem Grundschulalter können sie innerhalb des Kinderdorfes in entweder wieder in ihre Herkunftsfamilie eine andere Wohngruppe wechseln. Vor- zurückkehren oder innerhalb des Kinder- teil für die Kinder: Sie bleiben in einem dorfes in eine andere Wohngruppe wech- seln können“, erklärt Kinderdorfleiterin vertrauten Umfeld. Vorteil für die Jugend- Jutta Menne. ämter: Es werden früher Plätze für junge Das Spielzimmer mit Kaufmannsladen und Kinder frei, die nachrücken können. Denn kleiner Puppen-Küche Den Bedürfnissen junger Kinder nach Kon- anders als in einer Kinderdorffamilie, in tinuität, Sicherheit und Geborgenheit soll der Kinder normalerweise bis zum mit einem auf diese Bedürfnisse ausge- denen die pädagogische Fachkraft mit Erwachsensein bleiben, ist die Verweil- richtetem Konzept der Betreuung in der den Kindern den Tag verbringt, sie ins Bett dauer in der neuen Junge-Kinder-Gruppe bringt und in der Nacht und morgens für Junge-Kinder-Gruppe Rechnung getragen von vornherein begrenzt. werden. Dazu gehört ein höherer Perso- die Kinder präsent ist, werden zwei Fach- nalschlüssel als in anderen Gruppen. Die Der Dienstplan wird so gestaltet, dass kräfte im Tagesdienst unterstützen, davon Wohngruppe hat 6 Plätze für Kinder in möglichst mehrere Personen gleichzeitig die Gruppenleitung als beständige Tages- dem Betreuungsalter von drei bis circa für die Kinder da sein können. Angestrebt präsenz an drei bis vier Tagen der Woche. wird die Sicherung einer kontinuierlichen „Ein*e Hauswirtschafter*in wird den acht Jahren mit 6,75 Vollzeitkräften. „Wir Tagespräsenz der Bezugsbetreuungen Haushalt führen und an fünf Tagen in der freuen uns sehr, dass dies die Träger der und an den kindlichen Bedürfnissen orien- Gruppe anwesend sein“, so Gruppen- Jugendhilfe auch so sehen und diesen leiterin Frauke Kunz. Personalschlüssel genehmigt haben“, tierte Arbeitszeiten in der Nacht. Neben ergänzt Erziehungsleiterin Christine Wohl- den Nachtbereitschaftsdiensten, bei Daniela Fobbe-Klemm
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