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Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems Chemotherapie-induzierte Homepage: Neuropathien (CIN) www.kup.at/ Vass A, Grisold W JNeurolNeurochirPsychiatr Journal für Neurologie Online-Datenbank mit Autoren- Neurochirurgie und Psychiatrie und Stichwortsuche 2009; 10 (2), 44-47 Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031117M, Verlagsor t : 3003 Gablitz, Mozar tgasse 10 Preis : EUR 10,–
Seggauer Fortbildungstage 2018 Entzündlicher Formenkreis, Therapieansätze und Pathophysiologie. Individualisierte Arzneimitteltherapie 13. bis 14. Oktober 2018 in Schloss Seggau bei Leibnitz zum Programm
Chemotherapie-induzierte Neuropathien (CIN) Chemotherapie-induzierte Neuropathien (CIN) A. Vass1, W. Grisold2 Kurzfassung: Durch Chemotherapie induzierte Thalidomid. In dieser Übersicht wird auf die ku- As causative therapies do not exist they are a dose- Neuropathien manifestieren sich meist als über- mulativen Dosen dieser Substanzen und die je- limiting side effect of tumor therapy. Five groups of wiegend sensorische Neuropathien, die zu Ko- weilige Symptomatik und Häufigkeit der dadurch chemotherapeutic agents can cause CIN: platinium ordinationsstörungen und neuropathischen Schmer- entstehenden Neuropathien eingegangen. compounds, taxanes, vinca alcaloids, bortezomib, zen führen. Da es keine kausale Therapie gibt, and thalidomid. In this paper, the cumulative dose stellen sie eine dosislimitierende Nebenwirkung Abstract: Chemotherapy-Induced Neuropa- of these drugs and the symptoms and signs as well der Tumortherapie dar. Hervorgerufen werden thies. Chemotherapy-induced neuropathies (CIN) as the frequency of these neuropathies are re- sie durch fünf Substanzgruppen: Platinderivate, are predominantly sensory neuropathies leading to ported. J Neurol Neurochir Psychiatr 2009; 10 Taxane, Vinca-Alkaloide sowie Bortezomib und coordination problems and often neuropathic pain. (2): 44–7. Einleitung sen und werden im Folgenden besprochen: Es handelt sich um die bereits erwähnten Platinderivate, Taxane, Vinca-Alkaloi- Neurotoxische Nebenwirkungen am peripheren Nervensys- de und die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung ge- tem sind bei Tumortherapien heute zunehmend ein dosis- winnenden Substanzen Bortezomib und Thalidomid. limitierender Faktor, denn im Gegensatz zu hämatologischen Nebenwirkungen, die mit hämatopoetischen Wachstumsfak- toren („growth factors“) behandelt werden können, gibt es Platinderivate derzeit keine Behandlungsmöglichkeiten oder Präventivmaß- Dazu zählen Cisplatin, Carboplatin und Oxaliplatin. Sie gehö- nahmen [1]. Sie manifestieren sich meist in überwiegend sen- ren zu den DNA-Alkylantien und werden in der Therapie sorischen Neuropathien, die zu beträchtlichen subjektiven zahlreicher Tumoren verwendet. und objektiven Beeinträchtigungen wie Koordinationsstö- rungen, Ungeschicklichkeit und neuropathischen Schmerzen Es treten rein sensorische Neuropathien auf. Als pathologi- führen, was bei zunehmend besseren Langzeitremissionen scher Mechanismus wird eine Ganglionopathie der sensiblen eine deutliche Beeinträchtigung der Lebensqualität für die Spinalganglien angenommen. Klinisch treten zunächst Miss- Patienten bedeuten kann. empfindungen in den Zehen auf, später kommt es zur Beteili- gung aller sensiblen Qualitäten und damit in schweren Fällen Über einen möglichen verstärkenden Einfluss vorbestehender auch zu Koordinationsstörungen und Ataxie. Neuropathien – hereditär oder bedingt durch Diabetes mel- litus oder Alkohol – auf die Entwicklung toxischer Neuro- Für Cisplatin wird die kumulativ toxische Dosis mit 400 mg/m2 pathien ist bisher zu wenig bekannt [2]. Ebensowenig weiß angegeben. Bei dieser Substanz ist aber auch das Phänomen man über synergistische Neurotoxizität von kombinierten des „Coastings“ beschrieben. Das bedeutet, dass nach Beendi- Chemotherapieschemata. gung der Therapie über Monate noch eine weitere Zunahme der Symptome auftreten kann [4, 5]. Durch Chemotherapien induzierte toxische Neuropathien sind meist sensorisch oder überwiegend sensorisch und treten Dieser Effekt ist bei Carboplatin von geringerer Bedeutung. nach mehreren Zyklen der Chemotherapie auf, wobei meist Carboplatin scheint überhaupt etwas weniger toxisch zu sein, eine kumulative Dosis ermittelt werden konnte (Tab. 1). In erzeugt aber in höheren Dosen eine ähnliche Neuropathie wie den meisten Fällen stabilisieren sich die Symptome nach Be- Cisplatin. endigung der Chemotherapie, nur bei Platinderivaten kennt man einige Ausnahmen im Verlauf: Einerseits gibt es eine Oxaliplatin, welches vor allem beim metastasierenden Kolon- akute Neurotoxizität bereits kurz nach der ersten Chemothera- karzinom eingesetzt wird, bewirkt unmittelbar nach der ersten pie bei Oxaliplatin, andererseits gibt es das Phänomen des Anwendung bei 60–80 % der Patienten durch Kälte verstärkte „Coastings“, also eine weitere Progression der Neuropathie Missempfindungen in Händen, Mund und Hals [6]. Dieser nach Beendigung der Therapie bei Cisplatin [3]. neurotoxische Effekt ist wahrscheinlich durch eine Ionen- kanalstörung an den spannungsabhängigen Natriumkanälen Wichtig zu erwähnen ist, dass nicht alle Zytostatika toxische bedingt und reversibel. Bei 20–30 % der Patienten tritt später Neuropathien verursachen. Die wichtigsten Chemotherapeu- eine dosisabhängige Neuropathie ähnlich wie bei Cisplatin tika, bei deren Anwendung eine toxische Neuropathie zu er- auf. Auch die kumulative Dosis wird ähnlich, nämlich mit warten ist, lassen sich in fünf Substanzgruppen zusammenfas- mehr als 300 mg/m2 angegeben. Aus der 1Neurologischen Ambulanz, Sozialmedizinisches Zentrum Floridsdorf und dem 2Ludwig-Boltzmann-Institut für NeuroOnkologie, Neurologische Abteilung des Taxane Kaiser-Franz-Josef-Spitales (SMZ-Süd), Wien Korrespondenzadresse: Dr. med. Andrea Vass, Ambulanz, Interne Abteilung, Dazu gehören Paclitaxel (Taxol) und Docetaxel (Taxotere). Sozialmedizinisches Zentrum Floridsdorf, A-1210 Wien, Hinaysgasse 1; Paclitaxel wurde ursprünglich aus der Rinde eines pazifischen E-Mail: a.vass@aon.at Baumes (Taxus brevifolia) gewonnen, wird aber inzwischen 44 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (2) For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
Chemotherapie-induzierte Neuropathien (CIN) Tabelle 1: Charakteristika der wichtigsten Chemotherapie-induzierten Polyneuropathien Substanz Kumulative Häufigkeit Symptome und Zeichen Elektrophysiologie Dosis Cisplatin 400 mg/m2 30–40 % Distal, symmetrische Gefühlstörungen SNAP und sens. aller Qualitäten an Armen und Beinen. NLG reduziert Oft schmerzhaft, „Coasting“-Effekt Carboplatin 600 mg/m2 10–20 % Selten schmerzhaft, ähnlich, aber SNAP und sens. geringer ausgeprägt als Cisplatin NLG reduziert Oxaliplatin > 300 mg/m2 40–60 % Kälteinduzierte Dysästhesie und Krämpfe Motor und sens. Akut in Mund, Schlund und Armen NLG normal und sens. Chronisch wie Cisplatin SNAP und sens. NLG reduziert Vincristin 5–15 mg 30–40 % Distal symmetrische Sensibilitätsstörungen SNAP und CMAP reduziert, und Schwäche, autonome Störungen NLG distal reduziert. (Obstipation) Neurogenes EMG Docetaxel 400–600 mg/m2 10–20 % Milde distale Sensibilitätsstörungen SNAP und CMAP leicht und diskrete Schwäche reduziert NLG distal leicht vermindert, Paclitaxel 200 mg/m2 geringe neurogene Veränderungen im EMG Bortezomib 1–1,3 mg/m2 20–40 % Milde distale Sensibilitätsminderung für alle SNAP und CMAP reduziert, NLG Qualitäten, seltener motorische Störungen distal gering vermindert, distal be- tonte neurogene Veränderungen Thalidomid > 20 g 20–40 % Milde distale Sensibilitätsstörungen für alle SNAP und CMAP reduziert, NLG Qualitäten, selten motorische Störungen distale gering vermindert, distal betonte neurogene Veränderungen NLG: Nervenleitgeschwindigkeit, SNAP: sensibles Nervenaktionspotenzial, CMAP: Compound action potential (Summenpotenzial) synthetisch hergestellt. Docetaxel ist ein semisynthetisches Taxanen aber bewirken Vinca-Alkaloide eine Destabilisie- Derivat aus den Nadeln des europäischen Taxus baccata. rung der Mikrotubuli. Dadurch entsteht auch hier eine längen- Beide Substanzen werden allein oder in Kombinations- abhängige axonale Neuropathie mit sensiblen, motorischen therapien bei Mamma-, Ovarial-, und Bronchuskarzinomen und autonomen Symptomen. Es treten Parästhesien und eingesetzt. Sie bewirken vorwiegend sensorische oder senso- Schmerzen in Händen und Füßen auf, auch Krämpfe und motorische längenabhängige Neuropathien [7, 8]. Als Mecha- Schwäche in den kleinen Fußmuskeln [10]. Autonome Stö- nismus wird eine hyperstabilisierende Wirkung an axonalen rungen inkludieren Obstipation, orthostatische Hypotension, Mikrotubuli angenommen. Dadurch kann das Zytoskelett in Impotenz und Blasenatonie. Hirnnervenparesen und Mono- den Axonen nicht flexibel reorganisiert werden, was den neuropathien kommen seltener vor [11]. Bei vorbestehenden axonalen Transport behindert und damit zu einer axonalen genetisch bedingten Polyneuropathien sind unter Vincristin Neuropathie führt. Bei Docetaxel sind die Symptome ausge- dramatische Verschlechterungen beobachtet worden [12]. prägter als bei Paclitaxel (kumulative Dosis 200 mg/m2), ge- nerell aber sind die Symptome selten stark ausgeprägt. Im Bortezomib Vordergrund stehen Parästhesien und dysästhetische Schmer- zen in Füßen und Händen, Schwäche tritt fast nie auf, der Diese Substanz wird in der Therapie des multiplen Myeloms Achillessehnenreflex kann fehlen, proximale Reflexe sind eingesetzt [13]. Es handelt sich um einen Proteasomhemmer, meist erhalten. Meist remittieren die Symptome einige Wo- der Mechanismus für die Entstehung der Neuropathie ist un- chen nach Beendigung der Therapie. klar. Etwa 30 % der Patienten entwickeln ein Polyneuro- pathiesyndrom [14]. Die Symptome sind meist sensibel, distal Bei Taxanen ist auch eine schmerzhafte proximale Myalgie und längenabhängig. Da vor allem eine „Small fiber-Neuro- der unteren Extremitäten beschrieben [9]. pathie“ besteht, stehen Schmerzen im Vordergrund. Vinca-Alkaloide Thalidomid Hierzu gehören zwei natürliche Alkaloide einer boden- Diese Substanz wurde um 1950 als Schlafmittel eingeführt deckenden Pflanze aus Madagaskar (Catharanthus roseus), und wegen teratogener Nebenwirkungen aus dem Handel ge- Vincristin und Vinblastin, sowie zwei semisynthetische Deri- nommen. In der Therapie der Lepra und auch einigen Mani- vate: Vindesin und Vinorelbin. Sie werden vor allem bei festationen von AIDS wird die Substanz eingesetzt. In den hämatologischen Erkrankungen, Lymphomen und Leukämi- letzten Jahren wird sie zur Therapie des multiplen Myeloms, en verwendet. Sie bewirken eine dosisabhängige senso- von myelodysplastischen Syndromen und anderen Maligno- motorische Neuropathie (kumulative Dosis 5–15 mg/m2) in- men als VEGF-Hemmer eingesetzt. nerhalb der ersten drei Monate der Therapie. Der Entsteh- ungsmechanismus ist ähnlich wie bei den Taxanen eine Wir- In 20–40 % der Patienten entwickelt sich eine überwiegend kung auf den axonalen Transport. Im Gegensatz zu den sensorische Neuropathie (kumulative Dosis > 20 g) [15]. J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (2) 45
Chemotherapie-induzierte Neuropathien (CIN) Diagnose und Differenzialdiagnose („Meningealkarzinose“) vorkommen, ähnelt aber selten ei- nem Polyneuropathiesyndrom. Die Chemotherapie-induzierten Polyneuropathien (CIN) zei- gen ein relativ stereotypes Verhalten. Sie sind vorwiegend Paraproteinämisch bedingte Neuropathien kommen sowohl sensomotorisch, wobei die Sensibilitätsstörung gegenüber der bei monoklonalen Gammopathien unbestimmter Signifikanz motorischen Komponente überwiegt und längenabhängig ist. (MGUS) als auch bei multiplen Myelomen vor. Neben Das bedeutet, dass die distalen Extremitätenabschnitte beson- therapiebedingten Neuropathien sind auch antikörperbe- ders der Füße am deutlichsten betroffen sind und dass sie eine dingte Neuropathien (z. B. anti-MAG) sowie auch Amylo- symmetrische Verteilung zeigen. Gefühlsstörungen, entwe- idosen möglich. der als Gefühlsverlust oder als Mißempfindungen, stehen für Paraneoplastisch verursachte Polyneuropathien werden oft die Patienten im Vordergrund. Neuropathische Schmerzen vermutet, kommen aber selten vor. Im Unterschied zu den können vorkommen. CIN treten diese meist vor der Diagnose des Tumors auf oder Bei der neurologischen Untersuchung kann eine grobe Zuord- führen zu dessen Entdeckung. Vom Typ der Neuropathie ist nung der betroffenen Fasertypen gemacht werden: Verlust die seltene sensorische Neuronopathie mit Ataxie sehr auf von Lagesinn und Vibrationsempfinden weist auf einen Aus- eine paraneoplastische Ursache hinweisend. Auch in den fort- fall der großen myelinisierten Fasern hin, Störung von Schmerz- geschrittenen Stadien einer Tumorkrankheit können milde und Temperaturempfinden auf einen Befall der kleinen Fa- sensomotorische Polyneuropathien auftreten, die eher bei der sern. Oft sind mehrere Faserpopulationen betroffen. Der Aus- Untersuchung auffallen als dass sie den Patienten Beschwer- fall der Motorik ist selten. Hingegen können durch Ausfall den bereiten. oder Störung der Sensibilität Bewegungsabläufe trotz erhalte- Lokale, segmentale schmerzhafte Neuropathien lassen eher ner Kraft deutlich gestört sein. Die Reflexe sind abge- an Nervenkompressionssyndrome (mechanisch oder neo- schwächt oder fehlen. plastisch) als an CIN denken. Bei Tumorpatienten sind derar- Ungeschicklichkeit bei feinen motorischen Bewegungen tritt tige asymmetrische schmerzhafte Neuropathien sorgfältig ab- auf. Gefühlsstörungen an den Beinen beeinträchtigen die Ko- zuklären. Auch die CIN beginnen aufgrund der Längen- ordination und verursachen möglicherweise Gangunsicher- abhängigkeit eher an den Beinen. Gefühlsstörungen, die auf heit oder Gangstörungen. Autonome Störungen wie Orthosta- beide Hände beschränkt sind, sollten zunächst an ein Karpal- se, Störungen der Gastrointestinaltrakts oder des Urogenital- tunnelsyndrom denken lassen. trakts sind selten. Multiplex-Neuropathien im Zusammenhang mit Vaskulitis sind zwar in Einzelfällen als paraneoplastisches Syndrom be- Die Erfassung der Schmerzsyndrome ist schwierig und muss schrieben, insgesamt aber selten und unwahrscheinlich. immer von möglichen tumorbedingten Schmerzsyndromen abgegrenzt werden. Schmerzcharakteristika und Dokumenta- tion mit einer Visuellen Analog-Skala sind hilfreich. Prophylaxe und Therapie Skalen zur Erfassung der CIN sind zwar vorhanden, sind aber Zahlreiche Versuche der prophylaktischen Therapie der CIN entweder sehr allgemein neurologisch gehalten (onkologische [18] waren bisher ohne Erfolg (Amifostin, Vitamin E, ACTH- Skalen) oder relativ aufwändig in der Durchführung (neurolo- Analoga etc.). Die wirksamsten Maßnahmen sind die klinische gische Skalen). Der „Total Neuropathy Score“ ist relativ ein- Beobachtung und genaue Beachtung der kumulativen Dosen. fach anzuwenden und präzise [16]. Ziel sollte es sein, klinische Symptome wie Gefühlsstörungen, Unsicherheit, Missempfindungen u. a. möglichst frühzeitig zu Bei Patienten mit Tumorerkrankungen gibt es zahlreiche an- identifizieren. Die onkologische Therapie wird dann je nach dere Ursachen für Polyneuropathien. Eine direkte Invasion Ausprägung der CIN modifiziert werden können. der peripheren Nerven ist zwar äußerst selten, kann aber gele- gentlich bei Lymphomen („Neurolymphomatose“) [17] oder Zahlreiche symptomatische Therapien, vorwiegend gegen Leukämien auftreten, eine ausgedehnte Infiltration der spina- neuropathische Schmerzsyndrome, sind möglich und sollten len Nervenwurzeln kann bei meningealem Tumorbefall bei Notwendigkeit eingesetzt werden (Tab. 2). Maßnahmen Tabelle 2: Möglichkeiten der symptomatischen Therapie der CIN Substanz Anwendung ++ ++ Ca - oder Mg -Infusionen Bei akuter Oxaliplatin-Toxizität: Schmerzen und Muskelkrämpfe Carbamazepin Neuropathische Schmerzsyndrome1; Vermeidung der Oxaliplatin-Toxizität2 Gabapentin, Pregabalin Neuropathische Schmerzsyndrome (keine Studien mit CIN) Nicht-steroidale Antirheumatika Neuropathische Schmerzsyndrome (keine CIN-Patientenstudien) Opioide Neuropathische Schmerzsyndrome (keine CIN-Patientenstudien) Trizyklische Antidepressiva Neuropathische Schmerzsyndrome (keine CIN-Patientenstudien) Topische Analgetika Neuropathische Schmerzsyndrome (keine CIN-Patientenstudien) Cannabinoide Neuropathische Schmerzsyndrome (keine CIN-Patientenstudien) 1 Fast alle Studien wurden bei der diabetischen Polyneuropathie und bei der Trigeminusneuralgie gemacht. 2 Über mögliche Wirkungen von Mehrfachtherapien liegen beim neuropathischen Schmerz keine Studien vor. 46 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (2)
Chemotherapie-induzierte Neuropathien (CIN) der Rehabilitation, insbesondere bei ausgeprägten Sensibili- 4. Thompson SW, Davis LE, Kornfeld M, ropathy in Charcot-Marie-Tooth disease type Hilgers RD, Standefer JC. Cisplatin neuro- 1A. Cancer 1996; 77: 1356–62. tätsstörungen und Störungen der Koordination, sind notwen- pathy. Clinical, electrophysiologic, morpho- 13. Cavaletti G, Nobile-Orazio E. Bortezomib- dig. logic, and toxicologic studies. Cancer 1984; induced peripheral neurotoxicity: still far 54: 1269–75. from a painless gain. Haematologica 2007; 5. Walsh TJ, Clark AW, Parhad IM, Green 92: 1308–10. Zusammenfassung WR. Neurotoxic effects of cisplatin therapy. Arch Neurol 1982; 39: 719–20. 14. Richardson PG, Barlogie B, Berenson J, Singhal S, Jagannath S, Irwin D, Rajkumar 6. Gamelin E, Gamelin L, Bossi L, Quasthoff SV, Srkalovic G, Alsina M, Alexanian R, Die CIN gewinnt zunehmende Bedeutung und ist aufgrund Siegel D, Orlowski RZ, Kuter D, Limentani S. Clinical aspects and molecular basis of der bisher schlechten Therapiemöglichkeiten möglichst durch oxaliplatin neurotoxicity: current manage- SA, Lee S, Hideshima T, Esseltine DL, Kauff- ment and development of preventive meas- man M, Adams J, Schenkein DP, Anderson Beachtung der kumulativen Dosis und der klinischen Sympto- KC. A phase 2 study of bortezomib in relaps- ures. Semin Oncol 2002; 29: 21–33. me zu vermeiden. Von wesentlicher Bedeutung sind einige ed, refractory myeloma. N Engl J Med 2003; 7. Lipton RB, Apfel SC, Dutcher JP, Rosen- 358: 2609–17. Substanzen wie Platinderivate, Taxane, Vinca-Alkaloide, berg R, Kaplan J, Berger A, Einzig AI, Wiernik 15. Palumbo A, Facon T, Sonneveld P, Bladè Thalidomid und Bortezomib, bei denen relativ häufig Neuro- P, Schaumburg HH. Taxol produces a predomi- J, Offidani M, Gay F, Moreau P, Waage A, nantly sensory neuropathy. Neurology 1989; Spencer A, Ludwig H, Boccadoro M, pathien auftreten. Bei fast allen anderen Substanzen sind 39: 368–73. Harousseau JL. Thalidomide for treatment Neuropathien zwar beschrieben, kommen jedoch seltener vor. 8. Postma TJ, Vermorken JB, Liefting AJ, of multiple myeloma: 10 years later. Blood Pinedo HM, Heimans JJ. Paclitaxel-induced 2008; 111: 3968–77. neuropathy. Ann Oncol 1995; 6: 489–94. 16. Cavaletti G, Bogliun G, Marzorati L, Neben der Erkennung der Neuropathien und der Abstimmung Zincone A, Piatti M, Colombo N, Parma G, 9. Nguyen VH, Lawrence HJ. Use of gabapen- mit dem Onkologen sind auch symptomatische Therapien be- tin in the prevention of taxane-induced Lissoni A, Fei F, Cundari S, Zanna C. Grading of chemotherapy-induced peripheral neuro- kannt und auch rehabilitative Maßnahmen sollten durchge- arthralgias and myalgias. J Clin Oncol 2004; toxicity using the Total Neuropathy Scale. 22: 1767–9. führt werden [19]. Neurology 2003; 61: 1297–300. 10. DeAngelis LM, Gnecco C, Taylor L, 17. Baehring JM, Damek D, Martin EC, Warrell RP Jr. Evolution of neuropathy and Betensky RA, Hochberg FH. Neurolympho- myopathy during intensive vincristine/corti- matosis. Neuro Oncol 2003; 5: 104–15. Relevanz für die Praxis costeroid chemotherapy for non-Hodgkin’s lymphoma. Cancer 1991; 67: 2241–6. 18. Walker M, Ni O. Neuroprotection during chemotherapy: a systematic review. Am J Für die Praxis ist es wichtig, Neuropathien, die durch 11. Burns BV, Shotton JC. Vocal fold palsy Clin Oncol 2007; 30: 82–92. following vinca alkaloid treatment. J Laryn- Chemotherapeutika induziert werden, als solche zu er- 19. Grisold W, Vass A, Schmidhammer R, gol Otol 1998; 112: 485–7. Zifko U. Rehabilitation of neuropathies. Critical kennen. Sie werden im Wesentlichen durch fünf Substanz- 12. Graf WD, Chance PF, Lensch MW, Eng Reviews in Physical and Rehabilitation klassen hervorgerufen, nämlich Platinderivate, Taxane, LJ, Lipe HP, Bird TD. Severe vincristine neu- Medicine 2007; 19: 19–53. Vinca-Alkaloide, Bortezomib und Thalidomid. In den meisten Fällen sind sie sensorische Neuropathien und oft reversibel. Eine kausale Therapie ist derzeit nicht verfüg- bar, aber symptomatische Therapien und rehabilitative Dr. Andrea Vass Maßnahmen sollten durchgeführt werden. Geboren 1958. Promotion 1982. 1983–1992 Turnus und Ausbildung zur Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, 1992–2002 EuroPNS: Project LSSM-CT-2005-518174. Leitung der neuromuskulären Ambulanz im Krankenhaus Hietzing, seit 1993 Konsiliar- neurologin im Orthopädischen Spital Speising, seit 2002 Konsiliarneurologin im SMZ Literatur: ropathy in patients with pre-existing neu- Floridsdorf. 1. Bhagra A, Rao RD. Chemotherapy-induced ropathy. Neurology 2003; 60: 337–40. neuropathy. Curr Oncol Rep 2008; 9: 290–9. 3. Windebank AJ, Grisold W. Chemothera- Arbeitsschwerpunkte: periphere Neurolo- 2. Chaudhry V, Chaudhry M, Crawford TO, py-induced neuropathy. J Peripher Nerv gie und Schmerztherapie. Simmons-O’Brien E, Griffin JW. Toxic neu- Syst 2008; 13: 27–46. J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (2) 47
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