Kopf-Hals-Tumoren Den immunonkologisch behandelten Patienten im Blick - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der ...

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Kopf-Hals-Tumoren Den immunonkologisch behandelten Patienten im Blick - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der ...
Kopf-Hals-Tumoren
Den immunonkologisch
behandelten Patienten im Blick

Ein Leitfaden für Pflegekräfte
und medizinisches Fachpersonal
in der Onkologie
Kopf-Hals-Tumoren Den immunonkologisch behandelten Patienten im Blick - Ein Leitfaden für Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal in der ...
Was Sie zu Kopf-Hals-Tumoren
wissen sollten1-5
Unter Kopf-Hals-Tumoren versteht man Tumore von Mundhöhle, Rachen (Pharynx), Kehlkopf (Larynx), Nase und
Nasennebenhöhlen. Diese sind weltweit die siebthäufigste Krebserkrankung und treten bei Männern deutlich
häufiger auf als bei Frauen. Oft wird die Erkrankung erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium diagnostiziert.

Mundhöhle                                     Nasennebenhöhlen                                 Pharynx
• Lippen                                                                                       • Nasopharynx
•	Vorderer Abschnitt der                                                                      • Oropharynx
   Zunge (2/3 der Zunge)                                                                         – Gaumensegel
•	Innere Schleimhäute                                                                           – Basis der Zunge
   der Wangen/Lippen                                                                             – Tonsillen
•	Mundboden unter                   Nasenhöhle                                                • Hypopharynx
   der Zunge                                                           Nasopharynx
• Vordergaumen
• Zahnfleisch bin hinter
   die Weisheitszähne
                               Mundhöhle                                Oropharynx
                                                                                               Pharynx

Lokalisation von Kopf-Hals-Tumoren                                     Hypopharynx
          Larynx

Risikofaktoren5,7
Risikofaktoren für die Entstehung von Kopf-Hals-Tumoren sind vor allem Rauchen und Alkoholmissbrauch;
Virusinfektionen und schlechte Mundhygiene tragen jedoch auch zur Entstehung von Kopf-Hals-Tumoren bei.

Symptome6
Je nach Lokalisation der Geschwulst im Kopf-Hals-Bereich treten unterschiedliche Symptome auf wie Lymph-
knotenschwellungen, Heiserkeit, Schluckbeschwerden, Schwellungen, Fremdkörpergefühl, Schmerzen, Husten,
Atemnot, blutiger Auswurf und Mundgeruch.

Diagnosestellung6
Beschwerden oder eine sichtbare Veränderung der Mundhöhle führen die Patienten zum Arzt oder zum
Zahnarzt. Die Diagnosestellung und genaue Untersuchung erfolgt durch einen spezialisierten HNO-Arzt oder
Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen. Es wird eine Anamnese und ein körperlicher Untersuchungsbefund erhoben.
Zudem wird eine HNO-Spiegeluntersuchung und eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt und eine
Gewebeprobe des Tumors entnommen.
Mit weiteren Untersuchungen wie Computertomographie, Magnetresonanztomographie und Positronen-
Emissions-Tomographie stellen Radiologen und Nuklearmediziner fest, wie ausgedehnt der Tumor ist,
ob umliegende Organe und Gewebe infiltriert werden bzw. ob Metastasen oder Zweittumoren
z. B. in Lunge oder Speiseröhre vorliegen.
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Die Therapie von Kopf-Hals-Tumoren

Die Wahl der Behandlungsmethoden richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung, aber auch der Allgemein-
zustand des Patienten und Vorerkrankungen müssen berücksichtigt werden. Wird die Erkrankung in einem
frühen Stadium erkannt, reicht oft die alleinige Operation, um eine Heilung zu erreichen. Bei fortgeschrittenen
Tumoren werden häufig mehrere Verfahren kombiniert, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen.

Operation4,5,7
Das Ziel der Operation ist, den Tumor mit dem angrenzenden Gewebe und den zugehörigen Lymph­knoten
­komplett zu entfernen. Prinzipiell gilt bei allen Krebsoperationen, dass sie so ausgedehnt wie nötig, aber
 gleichzeitig auch so schonend wie möglich durchgeführt werden. Oft entstehen umfangreiche Defekte durch
 die Entfernung von Knochen und Weichgewebe. Um diese Defekte zu versorgen, kann körpereigenes oder kör-
 perfremdes Material im Sinne von Gewebetransplantationen oder Prothesen verwendet werden.

Tracheotomie
Bei fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren
ist oft eine Tracheotomie notwendig.
Dazu wird ein Luftröhrenschnitt (Tra-
cheotomie) durchgeführt und die Luftröh-
re wird oberhalb des Brustbeines mit der
Haut verbunden.
In die Luftröhre wird eine Kanüle aus Me-
tall oder Kunststoff eingeführt, die den
Atemweg sichert, vor Speichel­aspiration
schützt und Sprechen ermöglicht.

Anlage einer Tracheotomie mit Kanüle

                                        Schildknorpel                                                 Blockade
                                          Ringknorpel
                                       Trachealkanüle                                                 Luftröhre

                                        Trachealringe                                                 Speiseröhre
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Strahlentherapie5,7,8
Die Strahlentherapie ist eine lokale Behandlungsmethode, die Krebs­
zellen mithilfe von energiereicher Strahlung zerstört. Sie schädigt
auch gesunde Zellen, die im Bestrahlungsfeld liegen. Diese können
sich jedoch in der Regel bis zu einem gewissen Maß selbst reparieren.
Je nach Erkrankungsstadium kann die Durchführung einer Bestrah-
lung vor oder nach einer Operation sinnvoll sein oder in Einzelfällen
auch anstelle der Operation erfolgen, wenn diese nicht möglich ist.

Chemotherapie4,9
Bei der Chemotherapie werden Substanzen (Zytostatika) verabreicht,
die in den Vermehrungszyklus der ­Krebszellen eingreifen. Am besten
wirken diese Medikamente bei sich schnell teilenden Zellen, was in
der Regel bei Krebszellen der Fall ist. Oft werden mehrere Substan-
zen miteinander kombiniert, um die Wirkung zu verbessern und die
Nebenwirkungen zu mildern. Die Chemotherapie wirkt systemisch
im gesamten Körper und kann auch an Tochtergeschwülsten in
anderen Körperregionen wirken.

Zielgerichtete Krebstherapien – targeted
therapies10
Zusätzlich gibt es zu den oben genannten Standardtherapieverfahren
molekularbiologische Therapie­verfahren. Diese werden als „targeted
therapies“ oder „zielgerichtete Therapien“ bezeichnet. Diese ziel­
gerichteten ­Therapien richten sich gegen bestimmte Veränderungen,
welche in entarteten Zellen vorkommen.
Auf diese Weise kann beispielsweise das verstärkte Wachstum der
Tumorzellen gehemmt werden.

Immunonkologische Therapie5
Bei der immunonkologischen Therapie wird das
körpereigene Immunsystem aktiviert und dessen
Fähigkeiten werden gezielt zur Erkennung und
Bekämpfung entarteter Zellen genutzt. Somit wird
der Tumor indirekt angegriffen, im Gegensatz zur
direkten Behandlung wie bei einer Operation,
Chemotherapie oder Strahlentherapie.
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Exkurs:
Das Immunsystem und Krebs (1)

Das Immunsystem ist ein komplexes Netzwerk, das aus unterschiedlichen Zellen, Geweben und Organen
­besteht. Es ist dafür zuständig, Krankheitserreger wie Bakterien und Viren zu erkennen und zu beseitigen.

Es gibt zwei Wirkmechanismen:
die zelluläre und die humorale Immunabwehr4
Die zelluläre Abwehr besteht aus den weißen Blutkörperchen (Leukozyten).
Diese werden im Knochenmark gebildet. Man unterscheidet
•	B-Lymphozyten (B-Zellen) reifen im Knochenmark und bilden nach Kontakt
   mit Krankheitserregern Antikörper
•	T-Lymphozyten (T-Zellen) reifen im Thymus und werden wiederum unterteilt in
   - T-Killerzellen: erkennen und zerstören von Krankheitserregern befallene Körperzellen
   - T-Helferzellen: aktivieren T-Killerzellen und unterstützen B-Lymphozyten bei der Antikörper-Bildung
•	Natürliche Killerzellen (NK-Zellen): spielen eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Viren und Krebszellen
•	„Fresszellen“ (Makrophagen)

Die humorale Abwehr besteht aus
• Antikörpern: Diese werden von B-Lymphozyten gebildet und zirkulieren im Blut
•	dem Komplementsystem: Dies ist ein System aus Komplementfaktoren (Plasmaproteine),
   die zur Erkennung und Zerstörung von Krankheitserregen beitragen

Die zwei Phasen der Immunreaktion des Körpers
Zuerst erfolgt die unspezifische Abwehr- bzw. Immunreaktion: Immunzellen erkennen Krankheitserreger
an deren Oberflächenmerkmalen (Antigene). Die fremden Zellen werden von Makrophagen (Fresszellen)
aufgenommen, in der Zelle zerkleinert und diese Fragmente werden auf der Makrophagenoberfläche den Zel-
len der spezifischen Immunabwehr (T- und B-Lymphozyten) präsentiert.
Dadurch wird die spezifische Immunreaktion initiiert:
• B- und T-Helferzellen werden aktiviert und zur Vermehrung angeregt
• B-Lymphozyten wandeln sich zu Plasmazellen um, diese bilden spezifische Antikörper
•	Durch die Bindung des entsprechenden Antikörpers an das Antigen entsteht
   der sogenannte Antigen-Antikörper-Komplex
•	Es kommt zu einer Inaktivierung des Erregers und einer Aktivierung des Komplementsystems
   sowie von unspezifischen Immunzellen
•	Es kommt zur Bildung eines Immungedächtnisses, bei erneutem Kontakt mit dem jeweiligen Antigen
   kann eine schnellere Immunreaktion erfolgen
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Exkurs:
Das Immunsystem und Krebs (2)

Immunsystem bekämpft Krebs11
Das Immunsystem ist in der Lage, neben Krankheitserregern auch Krebszellen zu erkennen
und zu zerstören, da auch sie in der Regel typische Antigene auf ihrer Oberfläche tragen.
Durch unterschiedliche Mechanismen können entartete Zellen jedoch der Immunabwehr entkommen,
z. B. indem sie keine Antigene tragen oder indem sie Signalstoffe freisetzen, die die Immunreaktion
unterdrücken.
Das Prinzip der Immunonkologie basiert darauf, das körpereigene Abwehrsystem des Tumorpatienten
zu stärken, so dass Krebszellen erkannt und eliminiert werden können.

   Tumor:
   Freisetzung von
 1 Tumorantigenen

        Tumorzelle

             Tumorantigene
                                                                           Erkennung von
                                                                           Tumorantigenen
                                                                           durch T-Zellen
                         APC
                                                                            4
                                   Aktive T-Zelle

                     2
  Präsentation von
     Tumorantigen
    gegenüber der
            T-Zelle                                 3
                                 T-Zell-Aktivierung
                                 und -Proliferation

                                                                                                  5 Zerstörung
                                                                                                    des Tumors
                                                                                                    durch T-Zellen

T-Zellen erkennen Tumorantigene, die ihnen von antigenpräsentierenden Zellen gezeigt werden.
Treffen T-Zellen auf Tumorzellen, die diese Antigene tragen, vermehren sich die T-Zellen und zerstören den Tumor.
APC = antigen-präsentierende Zelle
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Was Sie über Immunonkologie
wissen sollten
Krebszellen können Möglichkeiten nutzen, die das Immunsystem bietet, um ihrer Erkennung und Zerstörung
zu entgehen. Häufig hemmen sie die Aktivität von T-Zellen über „bremsende“ Schaltstellen des Immunsystems,
sogenannte Checkpoints. Einer dieser Checkpoints ist der PD-1-Rezeptor. Bindet das Oberflächenprotein PD-L1
an diesen Rezeptor, wird die Immunreaktion dieser Zelle gehemmt. Immunonkologische Medikamente, die als
Checkpointinhibitoren bezeichnet werden, entfalten ihre Wirkung genau an diesen Schaltstellen: Sie beenden
die Aktivierung der Rezeptoren und damit die Hemmung der Immunreaktion und befähigen das Immunsystem
somit wieder, Krebs zu erkennen und zu zerstören.

       2. Inaktivierung der T-Zelle

                                               TCR              MHC

                                               PD-1            PD-L1

                                                PD-1           PD-L2

                  1. Bindung des Liganden PD-L1/2 der Tumorzelle
                  an den PD-1-Rezeptor der T-Zelle

Der Tumor inaktiviert T-Zellen durch Bindung und damit Aktivierung der Immuncheckpoints (PD-L1 und PD-L2)

              2. T-Zell-Reaktivierung

                                               TCR
                                                               MHC

                                                       PD-L1
                                              PD-1

                                               PD-1
                                                               PD-L2

                                                               Anti-PD-1             3. Tumorzelltod
              1. Inhibition des
              PD-1-Immun-Checkpoints

Immunonkologische Medikamente aktivieren T-Zellen, indem sie die Bindungsstellen an den PD-Rezeptoren besetzen und
somit auch die Hemmung durch den Tumor verhindern

Abkürzungen: MHC: Major histocompatibility complex = Haupthistokompatibilitätskomplex;
TCR: T cell receptor, T-Zell-Rezeptor; PD-L1, PD-L2: Programmed cell death-ligand 1 und 2
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Immunvermittelte Nebenwirkungen5,7,12,13
Manche Nebenwirkungen entstehen als Folge der zur Krebsbekämpfung erwünschten, aber manchmal
überschießenden Aktivierung des Immunsystems durch immunonkologische Medikamente. Häufig sind Haut,
Schleimhäute und Magen-Darm-Trakt von Entzündungsreaktionen betroffen. Immunvermittelte Neben­
wirkungen können aber auch z. B. in endokrinen Organen, Leber und Lunge auftreten.
Frühzeitig erkannt und richtig behandelt sind die immunvermittelten Nebenwirkungen meist reversibel.
­Weitere Nebenwirkungen ähneln denen anderer Tumortherapien wie z. B. Fieber, Übelkeit und Erbrechen,
 Durchfall und Müdigkeit.
Bei immunvermittelten Nebenwirkungen muss die Behandlung je nach Schweregrad pausiert oder dauerhaft
abgesetzt werden. Gegebenenfalls verabreicht der Arzt immunsupprimierende Medikamente, vor allem
Kortisonpräparate.

Nervensystem                                                                           Endokrines System
Nervenschädigung mit                                                                  Unterfunktion der Schilddrüse:
 Empfindungsstörungen und/oder                                                         Schwäche, Antriebslosigkeit,
 Lähmungs­erscheinungen (häufig)                                                       Verstopfung, leichtes Frieren (häufig)
 ntzündung von Hirn und/oder
E                                                                                      Überfunktion der Schilddrüse:
Hirnhäuten (selten)                                                                    Unruhe, Nervosität, Schwitzen,
                                                                                       Gewichtsabnahme, Durchfall,
                                                                                       Tachykardie (häufig)
Lunge
Lungenentzündung (Pneumonitis)                                                         Hypophysitis: z. B. starkes Durst­
mit Husten und Atemnot (häufig)                                                        gefühl und vermehrtes Wasserlassen,
                                                                                       Libidominderung, Impotenz, Hitze­
                                                                                       wallungen (gelegentlich)
Herz und Kreislauf
                                                                                        ebennierenrindenunterfunktion:
                                                                                       N
Herzrhythmusstörungen:                                                                 starke Müdigkeit, sehr niedriger
Vorhofflimmern, Tachykardie,                                                           ­Blutdruck, Schwindel, niedrige Blut­
ventrikuläre Rhythmusstörungen                                                          zuckerwerte (gelegentlich)
(gelegentlich)
                                                                                       Diabetes mellitus: Zeichen der
Myokarditis: eingeschränkte                                                            ­Überzuckerung wie vermehrtes
Herzfunktion (selten)                                                                   ­Wasserlassen, Müdigkeit (selten)

Leber                                                                                  Magen-Darm-Trakt
 epatitis: eingeschränkte
H                                                                                      Übelkeit, Durchfall (sehr häufig)
Leberfunktion (gelegentlich)
                                                                                       Erbrechen, Bauchschmerzen
                                                                                       (häufig)
Niere
                                                                                       Kolitis mit Blut im Stuhl
Nephritis: Ödeme, verringerte                                                          (gelegentlich)
Harnmenge (gelegentlich)
                                                                                       Schleimhautulcera im gesamten
                                                                                       Gastrointestinaltrakt möglich
Haut und Haare                                                                         (selten)
Haarausfall, Vitiligo (häufig)
 autausschlag (sehr häufig) bis hin
H                                                                                      Bewegungsapparat
zur großflächigen Hautabschälung                                                       Schmerzen und Entzündungen
und Blasenbildung (selten)                                                             von Knochen, Gelenken und Muskeln,
                                                                                       im gesamten Körper möglich (häufig)

Immunvermittelte Nebenwirkungen unter OPDIVO-Monotherapie12
sehr häufig ≥ 10%; häufig ≥ 1% bis < 10%; gelegentlich ≥ 0,1% bis < 1%; selten ≥ 0,01% bis
Folgen und Nebenwirkungen der
immunonkologischen Therapie lindern
Die Betreuung von Kopf-Hals-Tumor-Patienten, bedeutet für onkologische Fach- und Pflegekräfte eine beson-
dere Herausforderung. Wichtig ist, Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und zu lindern. Weisen Sie Ihre
Patienten darauf hin, dass sie Ihnen auch scheinbar leichte Symptome und Beschwerden mitteilen sollen, da
sich diese rasch verschlechtern können. Maßgeblich für die Behandlung von Nebenwirkungen ist die rasche und
richtige Therapie, die der behandelnde Arzt in die Wege leitet.

Schleimhautentzündung14,15
Im Rahmen einer immunonkologischen Therapie kann eine schmerzhafte Entzündung der Schleimhäute in
Mund, Rachen, Speiseröhre und im gesamten Magen-Darm-Trakt auftreten (Mukositis, Stomatitis). Ursache ist
eine Schädigung von Schleimhautzellen durch die Therapie. Krebspatienten sind aufgrund ihres geschwächten
Immunsystems auch anfälliger für Infektionen, die mit einer Schleimhautentzündung einhergehen können.

Zuallererst: Gute Mundhygiene
Die Patienten müssen dazu angehalten werden, eine sehr gute Mundhygiene einzuhalten, um die Schädigung
von Zähnen und Zahnfleisch so gering wie möglich zu halten und Infektionen zu verhindern. Sie sollten eine
weiche Zahnbürste verwenden und diese alle vier Wochen wechseln. Weisen Sie auf die Anwendung von
antiseptischen Mundspüllösungen, schmerzstillenden Gels oder Lutschtabletten hin. Es können auch Eiswürfel
gelutscht werden.

Mundtrockenheit14,15
Bei ausgeprägter Mundtrockenheit kann der Reinigungsmechanismus der Mundhöhle nicht greifen, es kommt
oft zu ausgeprägter Karies und einer Demineralisation der Zahnsubstanz. Um dies zu verhindern, kann der
Speichelfluss mit Bonbons, Kaugummi oder durch Massage der Speicheldrüsen angeregt werden. Bieten Sie an-
tiseptische Mundspüllösungen (Salbeitee, Kamillenextrakt) oder Speichelersatzprodukte an. Hilfreich ist auch,
den Mundraum mit Öl oder Flüssigkeiten aus einer Sprühflasche regelmäßig zu befeuchten.

Hautprobleme16,17
Bei einer immunonkologischen Therapie leiden
oft Haut und manchmal auch Haare. Es kommt
zu Hautausschlag, Juckreiz, Rötungen und im
selteneren Fall zu Haarausfall. Viele Patienten
leiden sehr unter diesen Nebenwirkungen, da
sie auch oft für andere Menschen sichtbar sind.

Pflege ist wichtig
Zum Schutz der empfindlichen Haut sollten
Sie Ihre Patienten ausführlich zur schonenden
Reinigung und Pflege beraten. Diese sollte mit
lauwarmem Wasser, milden Waschlotionen und
rückfettenden Cremes erfolgen. Empfehlen
Sie den Patienten, weiche Handtücher und
Waschlappen zu verwenden und diese alle
vier Wochen zu wechseln.
Folgen der Tumorerkrankung und
­anderer Therapiemethoden lindern
Kau- und Schluckstörungen18
Zur Wiederherstellung des Kauvermögens können Zähne oder ganze Kieferabschnitte mit Prothesen versorgt
werden. Dies ist in der Regel erst einige Zeit nach der Therapie sinnvoll. Wenn die Heilung abgeschlossen
ist kann entschieden werden, mit welchen Prothesen die Kaufunktion wieder hergestellt werden kann. Bei
Schluckproblemen sollte schon frühzeitig eine logopädische Betreuung erfolgen, da es zu gravierenden Folgen
kommen kann. Bei akutem Verschlucken kann ein Atem- oder Kreislaufstillstand auftreten, bei länger andau-
ernden Schluckstörungen können Lungenentzündungen, Mangelernährung oder Dehydratation auftreten.

Maßnahmen bei Kau- und Schluckstörungen:

• Eine ruhige Umgebung schaffen                           • Gut geeignet: Kartoffelpüree, dickflüssige
• Aufrechte, stabile Sitzhaltung                            Suppen, faserfreies Gemüse, feinpassiertes
• Auf eine gut sitzende Zahnprothese achten                 Fleisch oder Fisch, Quarkspeisen, Pudding,
• Kleine Bissen oder Schlucke,                              Fruchtpüree, weiche Kuchen
  nach jedem Schluck eine kurze Pause                     • Getränke andicken
• Langsam essen, gut kauen                                • Geeignete Hilfsmittel zu Verfügung stellen
• Nahrungsmittel mit einheitlicher Konsistenz,              wie z. B. Strohhalm, Becher mit Nasenausschnitt
  passiert oder püriert

Sprachstörungen19
Wenn der Kehlkopf entfernt wurde gibt es verschiedene Möglichkeiten, wieder verständlich Sprechen
zu lernen. Entweder gelingt dies mit einer körpereigenen Ersatzstimme (so früh wie möglich beginnen
zu üben!) oder Stimmprothesen sowie externen Sprechhilfen.
Der Arzt wird so früh wie möglich eine Logopädin in die Behandlung mit einbinden, da die Erfolgsaussichten
dann am größten sind. Motivieren Sie den Patienten, die von der Logopädin vorgeschlagenen Sprachübungen
regelmäßig zu machen und integrieren Sie dies in den Pflegealltag.
Versorgen Sie den Patienten mit Block und Stiften, um das eingeschränkte Sprachvermögen zu kompensieren.

Achtung Mangelernährung20
Achten Sie darauf, dass trotz dieser oft schwerwiegenden Beschwerden eine ausreichende Nahrungsaufnahme
gewährleistet ist. Um eine zunehmende Mangelernährung zu vermeiden, kann bei einer fortgeschrittenen Krebs­
erkrankung eine zusätzliche künstliche enterale und/oder parenterale Ernährung notwendig werden.
Bei der enteralen Ernährung wird die Nahrung über eine Magensonde oder auch längerfristig über eine
perkutane Enterogastrostomie (PEG) oder Enterojejunostomie (PEJ) zugeführt. Über diese Sonden kann eine
spezielle Flüssigkost verabreicht werden, die alle notwendigen Mikro- und Makronährstoffe enthält.

Tipps zur Ernährung von Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren:

•   Ausgewogene, kalorienreiche Ernährung, eiweiß- und vitaminhaltig
•   Speisen pürieren
•   Lauwarm temperieren
•   Nahrung mit Flüssigkeit einnehmen (Soße, Wasser dazu trinken)
•   Anreicherung der Speisen mit Sahne, Butter, kohlenhydrathaltigen Pulvern oder Trinknahrung
•   Mild würzen, keine scharfen Gewürze verwenden
•   Keine Fruchtsäfte oder Früchtetees mit viel Säure und Zucker
•   Nicht rauchen, kein hochprozentiger Alkohol
Nebenwirkungen im Bereich
des Magen-Darm-Trakts20,21
Sowohl durch die Erkrankung selbst als auch durch unterschiedliche Therapiemethoden kommt es zu
Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt. Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick über die
häufigsten Symptome und wie sie gelindert werden können.

Nebenwirkung           Empfehlungen

Übelkeit und             •   Leichte Kost
Erbrechen                •   Trockene, stärkehaltige Nahrungsmittel (Zwieback, Toast)
                         •   Kühle, leicht gewürzte Speisen
                         •   Kleine Mahlzeiten
                         •   Kalte Getränke

Durchfall                •   Leichte Kost, fett- und ballaststoffarm
                         •   Stopfende Lebensmittel
                         •   Wenig Milchzucker
                         •   Kleine Mahlzeiten
                         •   Viel trinken

Verstopfung              •   Ballaststoffreiche Ernährung
                         •   Lebensmittel mit abführender Wirkung (Trockenobst, Obstsäfte, Haferflocken)
                         •   Stuhlregulation mit Ballaststoffkonzentraten
                         •   Probiotika (Milchsäurebakterien, fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut)
                         •   Viel Trinken

Reflux, Gastritis        • Milch, trockenes Brot
                         • Meiden von Lebensmitteln, die die Magensäureproduktion anregen
                           (hoher Fettgehalt, Alkohol, Zitrusfrüchte, Obstsäfte, Geräuchertes)

Appetitverlust           • Appetitanregende Lebensmittel (Bitterstoffe, Hopfen, Wermut, Löwenzahn,
                           Tausendgüldenkraut, Koriander, saure Gurken, Dill, Zimt)
                         • Kleine Portionen
                         • Appetitlich anrichten
                         • Gewürzarm zubereiten

Gewichtsabnahme,         • Anreicherung von Lebensmitteln mit Sahne, Butter,
Mangelernährung            Kohlenhydrat- oder Eiweißpulvern
                         • Fettreiche und energiedichte Nahrungsmittel verwenden
                         • Traubenzucker statt Haushaltszucker
                         • Trinknahrung zusätzlich
Nah am Patienten.
                                                                  ­Mitten im Team.
                                                                  Nützliche Informationen, aktuelle Hinweise und
                                                                  ­Hilfestellungen für Klinik und Praxis.

                                                                  www.pflege-onkologie.de
                                                                  Ihre Seiten für Pflege- und Fachkräfte in der Onkologie.

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Literatur

                                                                                                                                                                     © Bristol-Myers Squibb, 11/2017. IODE1701879-02 Art. 6158
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12.   OPDIVO®-Fachinformation, Stand Juni 2017
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80636 München
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