Prävention und Früherkennung HPV-assoziierter Malignome

 
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Prävention und Früherkennung HPV-assoziierter Malignome
36          UPDATE: HPV-INFEKTIONEN

     Prävention und Früherkennung
     HPV-assoziierter Malignome
     Tina Kube, Andreas M. Kaufmann, Klinik für Gynäkologie, Gynäkologische Tumorimmunologie,
     Charité-Universitätsmedizin Berlin

     Moderne Screening-Methoden und die seit einigen Jahren verfügbare Impfung gegen humane
     Papillomviren vom Hochrisikotyp sind wirksame Mittel, um die Inzidenz des Zervixkarzinoms – und
     weiterer HPV-assoziierter Karzinome – zukünftig weiter zu senken. Beide Verfahren sollten in
     Kombination eingesetzt werden.

     Humane Papillomviren (HPV) sind             kung durch maligne Transformati-                                         desursache in der weiblichen Bevöl-
     die weltweit am häufigsten sexuell          on der Zellen. Bei den meisten HPV-                                      kerung. 80 % aller Zervixkarzinome
     übertragenen Viren. Sie infizieren          bedingten Tumoren handelt es sich                                        betreffen Frauen in Ländern der
     Epithelzellen von Haut oder                 um Plattenepithelkarzinome und                                           Dritten Welt (Abb. 1).
     Schleimhäuten. Mehr als hundert             zu einem geringeren Anteil um                                               Deutschland zählt trotz routine-
     HPV-Typen, die sich je nach onkoge-         Adenokarzinome. In nahezu 100 %                                          mäßig durchgeführter Früherken-
     nem Potential in Niedrigrisiko- und         aller Zervixkarzinome ist mindes-                                        nungsuntersuchungen zu den euro-
     Hochrisiko-Typen      unterscheiden         tens einer der Hochrisiko-HPV-Ty-                                        päischen Ländern mit den höchsten
     lassen, sind bekannt. Zumeist sind          pen, z.B. 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51,                                Inzidenz- (10,6/100.000) und Morta-
     anogenitale Infektionen mit HPV             52, 56, 58, 59, 68 oder 82, nachweis-                                    litätsraten (4,8/100.000) [1].
     transient, wobei sie in der Regel 8         bar. Aber auch in 90 % der Analkar-
     bis 18 Monate anhalten.                     zinome, 50 % der Tonsillenkarzino-                                       Screeningdiagnostik
       Persistierende Infektionen mit            me und einem variablen Anteil bei                                        Zytologisches Screening (Pap-Ab-
     Niedrigrisiko-HPV-Typen können              Kopf-Hals-Tumoren sind diese HPV                                         strich): In Deutschland wird das rou-
     die Entstehung genitaler Warzen             ursächlich beteiligt.                                                    tinemäßige Screening auf Zervix-
     (vor allem Niedrigrisiko-Typen                 Das Zervixkarzinom ist mit jähr-                                      karzinome und ihre Vorstufen mit-
     HPV6 und 11) oder anderer Haut-             lich mehr als 530.000 Neuerkran-                                         tels zytologischer Abstrichuntersu-
     und Schleimhautwarzen hervorru-             kungen weltweit die zweithäufigs-                                        chung – kurz: Pap-Test – seit 1971
     fen. Persistieren Infektionen mit           te Krebserkrankung bei Frauen und                                        durchgeführt. Das Screening wird
     Hochrisiko-HPV-Typen, steigt dage-          mit jährlich 275.000 Todesfällen die                                     Frauen ab dem 20. Lebensjahr jähr-
     gen das Risiko einer Krebserkran-           zweithäufigste tumorbedingte To-                                         lich angeboten. Diese relativ einfa-
                                                                                                                          che und billige Maßnahme ist das
                                                                                                                          erfolgreichste Krebspräventions-
                                                                                                                          programm, denn es hat die Zervix-
                                                                                                                          karzinominzidenz um etwa 80 %
                                                                                                                          gesenkt.
                                                                                                                             Floride HPV-Infektionen sind
                                                                                                                          durch das Vorhandensein von Koi-
                                                                                                                          lozyten und Dyskeratozyten nach-
                                                                                                                          weisbar. Je nach Schweregrad der
                                                                                                                          vorliegenden Dysplasie lassen sich
                                                                                                                          die Proben einteilen von PapI (Nor-
                                                                                             Quelle: IARC Globocan 2008

                                                                                                                          malbefund) bis PapV (maligner Tu-
                                                                                                                          mor) (Abb. 2). Rückschlüsse auf
                                                                                                                          HPV-Typ und Infektionspersistenz
                                                                                                                          sind nicht möglich.
                                                                                                                             Routinemäßig       durchgeführte
                                                                                                                          Pap-Abstriche haben nur eine Sensi-
     Abb. 1: Weltweite Inzidenz für Zervixkarzinome. ASR, altersstandardisierte Inzidenz-                                 tivität von etwa 50 %. Bei dreimali-
     raten, Raten pro 100.000 Frauen pro Jahr                                                                             ger Teilnahme wird eine Sensitivität

     ONKOLOGIE heute 02/2012
Prävention und Früherkennung HPV-assoziierter Malignome
UPDATE: HPV-INFEKTIONEN                                          37

von 80 % erreicht, doch nehmen
nur die Hälfte aller Frauen diese

                                         Quelle: http://www.dysplasie.at/seiten/fachbegriffe.html
Vorsorgemaßnahme auch wahr.
   Fehlerquellen sind unter ande-
rem bei der Probengewinnung zu
suchen. Leider noch häufig verwen-
dete Wattestäbchen für die Ab-
strichgewinnung sind weit weniger
geeignet als Abstrichbürstchen
(z.B. Cervixbrush), welche eine weit-
aus höhere Zahl entnommener Zer-
vixzellen für folgende Analysen
aufweisen und auch eine intrazervi-
kale Probennahme erlauben.
   Leider wird oft auch auf die Kol-
poskopie zur Abstrichnahme und                                                                      Abb. 2: Zytologische HPV-Befunde (Pap-Abstriche). Die Anfärbung nach Papanicolaou
Inspektion verzichtet, da die Me-                                                                   hilft, die Zellen zu differenzieren. Sie werden folgendermaßen eingeteilt: nach PapI:
thode zeitaufwändig ist und nicht                                                                   Normalbefund; PapII: entzündliche und/oder degenerative Veränderungen; PapIII:
                                                                                                    kontrollbedürftige, nicht einschätzbare Zellbilder; PapIIID: Dysplasie (CIN 1 - 2); Pap IV:
vergütet wird. Aufgrund fehlender                                                                   schwere Dysplasie, Carcinoma in situ, CIN 2-3; PapV: Zellen eines malignen Tumors
Standards und Qualitätskontrolle
(z.B. falsch negative Pap-Tests) so-
wie unzureichende Teilnahme ist                                                                     auf primärem HPV-Test mit seiner               Gruppe der Hochrisiko-HPV-Typen
Deutschland eines der europäi-                                                                      hohen Sensitivität und einer folgen-           stark variiert, ist eine einfache Un-
schen Länder mit den höchsten                                                                       den zytologischen Triage der HPV-              terscheidung zwischen Niedrig-
Krebsraten.                                                                                         positiven Personen beruht und da-              und Hochrisiko-HPV-Typen oft un-
Screening und Triage durch mole-                                                                    mit die wirklichen Dysplasien iden-            zureichend für eine differenzierte
kularbiologischen HPV-Nachweis:                                                                     tifiziert. Die Kosteneffizienz ergibt          Risikoabschätzung [2]. So zeigte die
Die unbedingte Assoziation von                                                                      sich aus einer potentiellen Verlän-            Athena-Studie, in der über 47.000
HPV-Infektion mit Zervixkarzinom                                                                    gerung von Screening-Intervallen,              Frauen zytologisch, mit HPV-Test
und Vorstufen bietet die Möglich-                                                                   da der negative Vorhersagewert                 und als Goldstandard mittels
keit, zum Screening einen HPV-Test                                                                  des HPV-Tests sehr hoch ist und so             Kolposkopie und Biospie unter-
zu nutzen. Zu beachten ist die hohe                                                                 Nachuntersuchungen         verringert          sucht wurden, dass das Risiko für
Durchseuchung von 40 bis 50 % der                                                                   werden können.                                 das Vorliegen einer hochgradigen
20- bis 30 -jährigen Frauen. Diese In-                                                                 In Deutschland wird ein HPV-Test            Dysplasie bei HPV16- oder HPV18-
fektionen heilen in 90 % der Fälle                                                                  bei unklaren zytologischen Ergeb-              positiven Frauen trotz eines zytolo-
spontan aus. Erst ab einem Alter von                                                                nissen und nach einer Therapie ver-            gisch negativen Abstrichs bei 10 %
35 bis 40 Jahren sinkt die HPV- Prä-                                                                gütet. Verschiedene Testformate                lag. Bei unklarem Abstrichergebnis
valenz auf 5-10 %. Diese Infektio-                                                                  detektieren Hochrisiko-HPV im Pool             stieg es auf 16 %; für die HPV16-Po-
nen sind eher persistierend und stel-                                                               oder identifizieren Genotypen.                 sitiven lag es sogar bei über 20 %[3].
len das eigentliche Risiko für die                                                                  Hierbei wird virale DNA in Zervixzel-
Entwicklung von hochgradigen                                                                        len mittels Polymerasekettenreakti-            Für das Screening gibt es damit ver-
Dysplasien und Karzinomen dar.                                                                      on (PCR), Sequenzierung oder Hyb-              schiedene Optimierungsmöglich-
   Damit hat der HPV-Test zwar eine                                                                 ridisierung nachgewiesen.                      keiten:
sehr hohe Sensitivität von ca. 99 %                                                                    Die Erfassung und Bewertung                 1. eine Qualitätskontrolle der Zyto-
für die Entdeckung von Krebsvor-                                                                    von HPV-Genotypen ist wichtig,                    logie und die Kombination mit
stufen und Karzinomen, aber eine                                                                    denn ob eine HPV-Infektion zur                    HPV-Testung
relativ geringe Spezifität, da er auch                                                              Zelltransformation und somit zur               2. die Etablierung eines organisier-
harmlose Infektionen mit erfasst.                                                                   Karzinombildung führt, hängt we-                  ten Screeningprogramms und
   Ein Ausweg aus dem Dilemma                                                                       sentlich von HPV-Typ und der Virus-               Aktivitäten (z.B. Selbstabnahme-
könnte eine Kombination beider                                                                      persistenz ab. Da sich das Transfor-              tests) zur Erreichung aller Frauen
Screeningmethoden sein. So führen                                                                   mationspotential von Hochrisikoty-                sowie
die Niederlande und Mexiko derzeit                                                                  pen zu Niedrigrisikotypen unter-               3. die Verbesserung und Vergütung
ein Screeningprogramm ein, das                                                                      scheidet, jedoch auch innerhalb der               der Kolposkopie.

                                                                                                                                                       02/2012      ONKOLOGIE heute
Prävention und Früherkennung HPV-assoziierter Malignome
38          UPDATE: HPV-INFEKTIONEN

     Primäre Prävention                          durch zytologische Abstrichunter-                                     werden. Da sich humane Papillom-
     durch HPV-Impfstoffe                        suchungen und/oder molekularbio-                                      viren nicht in großen Mengen in
                                                 logische HPV-Nachweismethoden                                         Kultursystemen vermehren lassen,
     Aus medizinischer, ethischer und fi-        signifikant reduzieren. Sinnvoll ist                                  war erst durch die rekombinante
     nanzieller Sicht sollte eine Krebs-         eine Primärprävention jedoch glei-                                    Herstellung künstlicher Virosomen
     prävention einer Therapie immer             chermaßen in Ländern, die über                                        die erfolgreiche HPV-Vakzineent-
     vorgezogen werden. Die verfügba-            Screeningprogramme verfügen.                                          wicklung möglich.
     ren HPV-Impfstoffe bieten zum ers-             Anhand tierexperimenteller Da-                                        Genutzt wurde die Eigenschaft
     ten Mal die Möglichkeit, HPV-asso-          ten wurde das Konzept des prophy-                                     des viralen Hauptstrukturproteins
     ziierten Karzinomen gezielt vorzu-          laktischen HPV-Impfstoffes entwi-                                     L1, sich spontan zu leeren Virushül-
     beugen.                                     ckelt. Gezeigt wurde der Schutz vor                                   len – so genannten „virus-like-parti-
        Vor allem in Ländern der Dritten         Infektion durch Virus-neutralisie-                                    cles – (VLP) zusammenzulagern. VLP
     Welt ließen sich die hohen Krebsra-         rende Antikörper, die durch voll-                                     sind hoch immunogen und induzie-
     ten eher durch Primärprävention als         ständige Viruspartikel induziert                                      ren hohe Antikörpertiter. Mittels
                                                                                                                       verschiedener serologischer Test-
                                                                                                                       verfahren wurde die spezifische Re-
       Möglicher Vorteil der HPV- Genotypisierung
                                                                                                                       aktion der Antikörper mit den ent-
       und Kolposkopie (Fallbeispiel)
                                                                                                                       sprechenden HPV-Typen sowie eine
       Ende September 2010 stellte sich         „stark positiv“ (Wert 560), aber                                       gewisse Kreuzreaktion mit nahe
       eine 29-jährige Patientin mit PAP        HPV16 „nicht nachweisbar“!                                             verwandten HPV-Typen nachge-
       IVa und CIN3 in der Dysplasie-           Demnach war die Konisation, die                                        wiesen.
       sprechstunde der Charité Campus          auch pathologisch untersucht                                              Aufgrund des Fehlens viraler
       Benjamin Franklin vor. Der HPV-          und im Gesunden erfolgt war,                                           DNA in den VLP sind diese vollstän-
       Befund ergab HPV16 stark (Wert           vollständig gewesen. Bei aus-                                          dig apathogen, da keine Virusver-
       1347), HPV59 grenzwertig positiv         schließlichem HR-HPV-Nachweis                                          mehrung, Integration ins Wirtsge-
       (Wert 9). Die Patientin wurde am         (z.B. HCII, nicht differenzierend                                      nom oder Zelltransformation mög-
       2.11.2010 konisiert, wobei von           für HPV16 oder HPV59) wäre ein                                         lich ist.
       der Läsion gezielt ein Abstrich ge-      positiver Befund mit einem The-                                           Verglichen mit einer natürlichen
       nommen wurde, der HPV16                  rapieversagen für den ursächli-                                        HPV-Infektion, bei der nur in 50 bis
       „stark positiv“ (Wert 1131),             chen HPV16-Typ in der Dysplasie                                        70 % der Frauen überhaupt niedrig-
       HPV59 „nicht nachweisbar“ er-            interpretiert worden. Tatsächlich                                      titrige, kurzlebige Antikörper nach-
       gab. Bei der Wiedervorstellung           lag aber eine floride Infektion mit                                    gewiesen werden können, die nur
       am 4.2.2011 zeigte sich ein PAP          einem anderen HPV-Typen vor.                                           unvollständig vor einer Reinfektion
       IIID und ein kolposkopischer As-         Dies zieht nun ein anderes, kon-                                       schützen [4], werden nach der HPV-
       pekt atypischer Condylome fulmi-         servatives Vorgehen nach sich                                          Impfung weitaus höhere Antikör-
       nant über die Zervix verteilt (Abb.      und bedeutet ein anderes Risiko                                        pertiter gemessen. Die Titer sind so
       3). Der HPV-Test ergab HPV59             für die Patientin.                                                     hoch, dass sie nach aktuellem
                                                                                                                       Kenntnisstand einen nahezu hun-
                                                                                                                       dertprozentigen Schutz vor Infekti-
                                                                                                                       on mit den HPV-Typen, die als VLP
                                                                                                                       im Impfstoff enthalten sind, gewäh-
                                                                                                                       ren. Impfinduzierte Antikörper
                                                                                                                       wandern via Transudation ins Zervi-
                                                                                            Bilder: PD Dr. G. Cichon

                                                                                                                       kovaginalsekret, wo sie eintretende
                                                                                                                       HP-Viren neutralisieren können.

                                                                                                                       Eigenschaften der
                                                                                                                       HPV-Impfstoffe
                                                                                                                       Im Oktober 2006 wurde mit Garda-
     Abb. 3: Kolposkopischer Befund nach Konisation: Bei der Patientin wurde 3 Monate                                  sil® der erste hochwirksame HPV-
     nach Konisation wegen einer HPV16-positiven CIN3 eine Kontrolle durchgeführt. Es
     wurde ein PAPIIID, hervorgerufen durch HPV59, diagnostiziert. Die Kolposkopie zeigt
                                                                                                                       Impfstoff auf dem europäischen
     flache essigweiße Condylome (a), die sich bei Jodprobe (b) abgrenzen. Die Patientin                               Arzneimittelmarkt eingeführt. Im
     bleibt HPV16-negativ, was auf eine vollständige Entfernung der CIN3 schließen lässt.                              Folgejahr erschien mit Cervarix® ein

     ONKOLOGIE heute 02/2012
Prävention und Früherkennung HPV-assoziierter Malignome
UPDATE: HPV-INFEKTIONEN                                    39

Argum ent           Fehlint erpret at ion [6]                   Richt igst ellung [7]
Aut oimmunit ät und „ Impf assoziiert e schw erw iegende      • Alle belegt en Nebenw irkungen sind impf t ypisch, t ole-
Todesf älle         Nebenw irkungen (w ie z.B.Guillain-Barré-   rabel und t ransient
                    Syndrom, angebliche Todesf älle)“         • Keine Erhöhung der Inzidenz von langf rist igen
                                                                Nebenw irkungen, nur zeit liche aber keine ursächliche
                                                                Assoziat ion mit der Impf ung
                                                              • In Deut schland t rot z Impf ung seit 2007 kein Anst ieg
                                                                der unerklärlichen Todesf älle,
                                                              • keine w eit eren Fälle seit 2008 gemeldet
Fehlender Wirksam- „ Keine Wirksamkeit gegen Zervixkarzi-     • M ehr als 50 % der CIN3 w ürden unbehandelt zum
keit snachw eis    nom gezeigt “                                Karzinom progredieren
                                                              • Vorsorgeprogramm beruht auf Diagnose und chirurgi-
                                                                scher Therapie der Krebsvorst uf en (CIN3) und hat die
                                                                Zervixkarzinominzidenz gesenkt
Zu geringe allge-  „ Nach 36 M onat en „ nur“ 17 % Wirksam- • Liegt nach längerem f ollow -up bei >30 % mit anst ei-
meine Wirksamkeit keit gegen Vorst uf en generell“              gender Tendenz
                                                              • maximal erw art et e Eff ekt ivit ät übert roff en, z. B. durch
                                                                breit e Kreuzprot ekt ion 93,2 % der CIN3+ beim AS04
                                                                adjuvant iert en bivalent en Impf st off [8]
ungenaue Inf orma- „ Gremien und Behörden durch Indust rie    • Korrekt heit der Inf ormat ionen durch übergeordnet e
t ionen            beeinf lusst “                               Behörden (EM A, FDA) best ät igt .
                                                              • Folgest udien (Phase III) und erneut e Dat enausw ert ung
                                                                mit gleichen oder besseren Ergebnissen.
Gesundheit söko-   „ Keine ausreichende Kost eneff izienz bei • Einberechnung auch der Kost en von verhindert en
nomie              Einberechnung nur der invasiven Karzino-     Vorst uf en (geschät zt ca. 140.000/Jahr in Deut schland)
                   me (70 % Verhinderung)“                      erhöht die Kost eneff izienz
                                                              • M odellierung (RKI-St udie) best ät igt Kost eneff izienz
Fehlender Bedarf   „ Nicht not w endig w egen et abliert en   • Vorsorgeprogramm f indet nur t herapiebedürf t ige
f ür die Impf ung  Früherkennungsprogramms“                     Erkrankung, verursacht Leid und Kost en
                                                              • prophylakt ische Impf ung verhindert die Erkrankung
                                                              • Keine vollst ändige Teilnahme der Frauen am Vorsor-
                                                                geprogramm

Tab. 1: Fehleinschätzungen zur HPV-Impfung und deren Richtigstellung

weiterer. Während der bivalente            zeitraum – bis zu 9,4 Jahre – über           Neue Daten zur Wirksamkeit
Impfstoff Cervarix® die VLP der bei-       den natürlich induzierten Titern             der HPV-Impfstoffe
den häufigsten Hochrisiko-HPV-Ty-          liegen [5].
pen 16 und 18 enthält, beinhaltet             Da bisher nicht abschließend ge-          Die zulassungsrelevanten Phase-III-
die quadrivalente Vakzine Garda-           klärt ist, wie hoch Antikörpertiter          Studien beider Impfstoffhersteller
sil® zusätzlich Virushüllen der bei-       mindestens sein müssen, um einen             (FUTURE I und II für Gardasil® und
den Niedrigrisiko-HPV-Typen 6 und          klinischen Schutz gegen HPV-Neu-             PATRICIA für Cervarix®) mit insge-
11, die zusammen für mehr als 90 %         infektionen zu gewährleisten, ist            samt mehr als 32.000 Frauen bestä-
aller Genitalwarzen (Condylomata           unklar, ob oder wann eine Auffri-            tigen die hohe Sicherheit beider
acuminata) verantwortlich sind.            schung nach erster Impfung not-              Impfstoffe und die annähernd hun-
   Weitere Unterschiede bestehen           wendig sein könnte. Wichtig ist,             dertprozentige Wirksamkeit gegen
in der Adjuvantierung, die für die         dass bislang keine Impfdurchbrü-             Neuinfektionen mit HPV16 und 18
Stärke und Breite der Immunant-            che festgestellt wurden.                     sowie die dadurch bedingten Zer-
wort verantwortlich ist. Beide Impf-          Wichtig ist auch, Fehleinschät-           vixdysplasien. Gerade die durch das
stoffe bewirken bei mehr als 99 %          zungen zur Impfung zu korrigieren.           HPV-Screening entdeckten zervika-
aller Geimpften Antikörpertiter, die       Diese wurden in den Medien und               len intraepithelialen Neoplasien
initial 10- bis 100-fach über den Ti-      durch 13 Gesundheitsexperten im              (CIN, therapiepflichtige Krebsvor-
tern liegen, die durch natürliche In-      Jahr 2008 verbreitet, die nun zu ei-         stufen), lassen sich durch Primärprä-
fektionen induziert werden.                ner Korrektur aufgerufen werden              vention mittels HPV-Impfung dras-
   Etwa 2 Jahre nach der HPV-Imp-          sollten [6]. Die Sicherheit und Kos-         tisch (um 70 bis 90 %) reduzieren
fung fallen die Titer zwar ab, pen-        teneffizienz sowie Sinnhaftigkeit            [8]. Auch hochgradige Präkanzero-
deln sich jedoch bei Werten ein, die       der HPV-Impfung gilt heute als be-           sen der Vulva, Vagina und des Anus
über den bisherigen Beobachtungs-          legt (Tab. 1) [7].                           (VIN, VAIN, AIN) werden durch die

                                                                                           02/2012     ONKOLOGIE heute
40          UPDATE: HPV-INFEKTIONEN

     Impfung effektiv verhindert. Dies        acuminata zeigte sich eine zuneh-        26 [20]. Daraus kann auch ein recht-
     führte bereits zu einer Indikations-     mende Reduktion um 48 % im Jahr          liches Problem erwachsen, wenn
     erweiterung. Für Gardasil® wurde         2008 [14], um 59 % in 2009 [15] und      nämlich Mädchen später an einer
     zudem ein nahezu vollständiger           um 78 % in 2010 [16]. Interessanter-     HPV-bedingten Läsion erkranken
     Schutz gegen HPV6 und 11 und eine        weise ging die Inzidenz der Genital-     und vorab nicht auf die Impfung
     daraus resultierende Verhinderung        warzen auch bei jungen heterose-         hingewiesen worden sind. Es bedarf
     von Condylomata acuminata ge-            xuellen Männern drastisch zurück,        einer konzertierten Aktion von Ärz-
     zeigt – übrigens in beiden Ge-           nämlich um 5 % in 2008, um 28 % in       ten,     Gesundheitsorganisationen
     schlechtern [9]. Daher besteht in        2009 und um 44 % in 2010. Dieser         und Politik, um zukünftigen Frau-
     den USA inzwischen auch eine Imp-        passive Schutz durch die Herdenim-       engenerationen das Schicksal eines
     fempfehlung für Jungen [10]. Nach-       munität kommt bei ungeimpften            Zervixkarzinoms und dessen Vor-
     gewiesen wurde auch eine Kreuz-          älteren Frauen oder homosexuellen        stufen zu ersparen.
     protektion gegen HPV-Typen, die          Männern nicht zum Tragen und es
     nicht als VLP in der Vakzine enthal-     konnte hier keine Reduktion der In-      Fazit: Moderne Methoden des
     ten sind, was zusätzliche Präkanze-      zidenz für Condylomata acuminata         Screenings ermöglichen die Verbes-
     rosen verhindert [11].                   beobachtet werden.                       serung der Sensitivität, Spezifität
       Eine bestehende HPV-Infektion             Bei hohen Durchimpfungsraten          und Risikoabschätzung von zervika-
     kann durch prophylaktische HPV-          lassen sich über längere Zeiträume       len Krebsvorstufen. Die HPV-Imp-
     Impfung nicht eliminiert werden.         vermutlich noch stärkere positive        fung ist völlig sicher, hocheffektiv
     Antikörper sind nicht in der Lage, vi-   Effekte zeigen. Neben indirekten         und verhindert Dysplasien bereits in
     rusinfizierte Zellen zu beseitigen.      Vorteilen (Aufbau/Verstärkung der        populationsbasierten Beobachtun-
     Zudem induziert die HPV-Impfung          Herdenimmunität), hätten geimpf-         gen. Sie sollte möglichst vor dem
     Antikörper gegen das virale L1-Pro-      te Männer einen direkten Nutzen          ersten Geschlechtsverkehr verab-
     tein, welches nach Infektion in ba-      durch eine Reduktion von Genital-        reicht sein, hat aber auch eine Wirk-
     salen Epithelzellen nicht ausrei-        warzen und analen Präkanzerosen          samkeit nach therapeutischer Sa-
     chend exprimiert wird. Dennoch           [17] sowie vermutlich durch eine         nierung und bei Männern. Durch
     kann eine Impfung auch bei beste-        verminderte Inzidenz für Penis-          Screening-Methoden und HPV-Imp-
     hender HPV-Infektion von Nutzen          karzinome, Tumoren des Perianums         fung stehen uns heute Mittel zur
     sein. So kann eine peri- oder post-      oder des Oropharynx. Ab 2010 zeigt       Verfügung, um die Inzidenz des
     operative Impfung eine sinnvolle         sich nun in Australien auch ein signi-   Zervixkarzinoms und voraussicht-
     prophylaktische Maßnahme sein,           fikanter Rückgang hochgradiger           lich weiterer HPV-assoziierter Karzi-
     um Patientinnen vor Neuinfektion         Abstrichbefunde an der Zervix in         nome weiter deutlich zu senken.
     und Wiedererkrankung zu schüt-           der geimpften Population [16].           Beides muss in Kombination einge-
     zen. HPV-geimpfte Frauen haben                                                    setzt werden. Ziel muss sein, eine
     im Vergleich zu nicht geimpften          Deutschland: Problematische              hohe Teilnahmerate an diesen Prä-
     nach chirurgischer Entfernung ei-        Durchimpfungsquoten                      ventionsmaßnahmen zu erreichen,
     ner Dysplasie ein 67 % bzw. 88 %         Die Situation in Deutschland ist auf-    denn nur dadurch können sie ihre
     niedrigeres Risiko, erneut zu er-        grund der erwähnten Fehlinforma-         volle Effektivität entfalten. Jeder
     kranken [12, 13].                        tionen leider anders. Trotz einer an-    sollte sich angesprochen fühlen, da-
                                              fänglich sehr guten Annahme der          zu beizutragen, diese historische
     Effektivitätsergebnisse aus              Impfung, sind derzeit nur etwa           Möglichkeit zu nutzen.
     Anwendungsbeobachtungen                  30 bis 40 % der Zielpopulation
     Populationsbasierte Studien aus          geimpft. Mütter und Mädchen sind         Literatur: www.onkologie-heute.info
     Australien zeigen die sehr hohe Ef-      verunsichert; auch Ärzte empfehlen
     fektivität der Impfung mit Garda-        die Impfung nicht ausreichend.
     sil®. Seit 2007 wird die Impfung für        Dabei gibt es eine umfassende          PD Dr.
                                                                                        A. M. Kaufmann
     Mädchen/Frauen im Alter von 12 bis       EMA-Zulassung (Alter ab 9 Jahre,          Gynäkologische
     26 Jahren bezahlt und in organisier-     nach oben offen!) und Empfehlun-          Tumorimmunologie
     ten Programmen angeboten. Ende           gen der Ständigen Impfkommission          Charite Campus
                                                                                        Benjamin Franklin
     2008 waren etwa 70 % der Zielpo-         [18] sowie eine hochrangige S3-           12200 Berlin
     pulation geimpft.                        Leitlinie zur HPV-Impfung [19]. Die       andreas.kaufmann
        Bei Untersuchung der Inzidenz         Sächsische Impfkommission emp-            @charite.de
     neudiagnostizierter Condylomata          fiehlt die Impfung bis zum Alter von

     ONKOLOGIE heute 02/2012
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