Corona-Hilfen für den Kulturbereich Bericht an den Kulturausschuss des Deutschen Bundestages anlässlich seiner Sitzung am 26.01.2022
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Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) 21.01.2022 Corona-Hilfen für den Kulturbereich Bericht an den Kulturausschuss des Deutschen Bundestages anlässlich seiner Sitzung am 26.01.2022 Kurzzusammenfassung zu den BKM-Maßnahmen: Das Rettungs- und Zukunftsprogramm NEUSTART KULTUR hat seine Wirkung großflä- chig entfaltet und stößt durchgehend auf große, bundesweite Resonanz. Dies zeigt sich in hohen Bewilligungssummen und auch bei den abgerufenen bzw. ausgezahlten Mitteln. Zum Stand 31.12.2021 sind über 1,5 Mrd. Euro für konkrete Bewilligungen gebunden. Rund 100.000 Anträge sind eingegangen, die Hälfte von ihnen ist bereits bewilligt. Dies entspricht Mitteln i.H.v. über 1 Mrd. Euro. Der größte Teil hiervon (rund 800 Mio. Euro) ist bereits abgerufen und ausbezahlt. Der Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen stößt ebenfalls auf große Resonanz und sorgt damit zuverlässig für Sicherheit bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen im Kulturbereich. Für die Wirtschaftlichkeitshilfe wurden bislang (Stichtag: 14.01.2022) rund 24.400 Veranstaltungen registriert, für die sich ein maximal mögliches Fördervolumen von ca. 927 Millionen Euro ergibt. Für die Ausfallabsicherung wurden bislang etwa 2.270 Veranstaltungen registriert, mit aktuell einem maximal mögli- chen Fördervolumen von ca. 973 Millionen Euro (im Falle von Absage oder Teilausfall). Dass nun auch freiwillige Absagen für einen befristeten Zeitraum als pandemiebedingt anerkannt werden und damit die VeranstalterInnen bundesweit einheitlich auf die aktuelle pandemische Entwicklung reagieren können, wurde branchenübergreifend gewürdigt und zeigt die Wirksamkeit und schnelle Reaktionsfähigkeit des Fonds. Die Analyse des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes vom 20.01.2022 zu den ökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie verzeichnet für das Jahr 2020 in der Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) einen Umsatzeinbruch um -8,7 %. Insgesamt liegen die Umsatzverluste für 2020 bei -15,3 Mrd. Euro. Der Rückgang hat einzelne Teilbranchen auf das Umsatzniveau von vor 2003 zurückgeworfen. Die Teil- märkte der Kulturwirtschaft für sich genommen (ohne Werbemarkt und Software-/Games- Industrie) sind sogar mit -13,5 % betroffen. Zu den besonders stark betroffenen Teilmärk- ten der KKW gehören u. a. der Markt für Darstellende Künste (-81 %), die Musikwirtschaft (-44 %), die Filmwirtschaft (-41°%) und der Kunstmarkt (-39 %). Diese Ergebnisse verwei- sen einmal mehr auf die Sonderposition von Kulturschaffenden im wirtschaftspolitischen Kontext der Corona-Krise. Mögliche Erholungsszenarien für das Jahr 2021 haben sich 1
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) nicht bestätigt. Vielmehr wurde die Branche ein zweites Mal stark getroffen, wie der Um- satzeinbruch im Jahr 2021 um -6,3 % bzw. -11,0 Mrd. Euro im Vergleich zu 2019 verdeut- licht. Die geschätzten Umsatzverluste für 2022 liegen zwischen -2,6 Mrd. Euro und -11,4 Mrd. Euro. Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Abfederung der pandemiebedingten Härten im Kulturbereich ruhen auf drei Säulen: I. NEUSTART KULTUR (Stärkung kultureller Akteure und Infrastrukturen, 2 Mrd. Euro, Federführung BKM) II. Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen (Absicherung von Planung und Durchführung kultureller Veranstaltungen, 2,5 Mrd. Euro, Federführung BKM) III. Wirtschaftshilfen/ Soziale Absicherung (Überbrückungshilfen/ Neustarthilfe, Feder- führung BMWK; Kurzarbeitergeld/ Grundsicherung, Federführung BMAS) I. NEUSTART KULTUR Um die Notlage im Kulturbereich zu lindern und die kulturelle Infrastruktur zu erhalten, hat die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Frühsommer 2020 (Kabinettbeschluss vom 17.06.2020) das Rettungs- und Zukunftsprogramm NEUSTART KULTUR mit einem Gesamtvolumen von zunächst 1°Mrd. Euro aufgelegt. Damit hat der Kulturbereich als erste Branche während der Pandemie ein eigenes Unterstützungspro- gramm erhalten. Förderanträge konnten ab August 2020 gestellt werden; ein erstes Pilot- projekt ermöglichte bereits ab Mai 2020 die Förderung pandemiebedingter Umbau- und Ausstattungsmaßnahmen in Kultureinrichtungen. Bereits zum Jahresende 2020 zeigten sich bei vielen Teilprogrammen deutliche Mehrbedarfe. Am 03.02.2021 hat der Koaliti- onsausschuss daher die Aufstockung von NEUSTART KULTUR um eine weitere Milliarde Euro beschlossen. Die Mittel wurden der BKM durch Beschlüsse des Haushaltsausschus- ses des Deutschen Bundestages vom 3. und 24. März 2021 bewilligt und mit dem Nach- tragshaushalt 2021 im Haushalt der BKM nachetatisiert. Nach den aktuell geltenden Vor- gaben können Kulturschaffende und Kultureinrichtungen bis Ende 2022 mit den Programmmitteln unterstützt werden, Verwaltungskosten können bis Ende 2023 über- nommen werden. Derzeit besteht NEUSTART KULTUR aus 74 Einzelprogrammen, die sich drei Berei- chen zuordnen lassen: 1. Pandemiebedingte Investitionen (z.B. Förderung von Schutzmaßnahmen in Kassen- oder Sanitärbereichen und Ein- bau bzw. Umrüstung von Lüftungsanlagen) 2. Erhalt und Stärkung von Kulturproduktion und -vermittlung (spartenspezifische Programme für Einrichtungen und individuelle Antragstellende zur Ermöglichung der Kulturproduktion unter Pandemiebedingungen in den Bereichen 2
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) Bildende Kunst, Film, Literatur/Buch/Verlag/Bibliotheken, Musik, Tanz, Theater und spartenübergreifende bzw. weitere Bereiche; dabei liegt ein Schwerpunkt auf Hilfen für einzelne Künstlerinnen und Künstler) 3. Pandemiebedingte Mehrbedarfe bundesgeförderter Kultureinrichtungen (zur Abfederung Lockdown-bedingter Einnahmeausfälle und zur Deckung pandemie- bedingter Mehrausgaben regelmäßig von BKM geförderter Institutionen) Die zur Verfügung stehenden Mittel werden in der Regel nicht als Billigkeitsleistungen, sondern als Förderungen im Rahmen des Zuwendungsrechts vergeben. Die Bewilli- gung der Fördermittel erfolgt größtenteils in einem zweistufigen Verfahren. Auf der ersten Stufe stimmen die Fachreferate der BKM die Fördergrundsätze mit den mittelausreichen- den Stellen ab und hören den Bundesrechnungshof und die Länder an. Auf dieser Grund- lage stellen die mittelausreichenden Stellen bei der BKM einen Antrag, welcher geprüft und in der Regel über das Bundesverwaltungsamt bewilligt wird. In der zweiten Stufe kön- nen dann die Letztempfänger bei den Mittelausreichern einen individuellen Förderantrag stellen. Im Bewilligungsfall können die Mittel sukzessive in Tranchen abgerufen werden. Die Bearbeitung dieser Anträge sowie die Ausreichung der Mittel an die Letztempfänger erfolgt durch die rund 40 mittelausreichenden Stellen (Kulturverbände, Bundeskul- turfonds sowie weitere Partner), die als Netzwerk durch den Deutschen Kulturrat koordi- niert werden. Aus den Mitteln der zweiten Kulturmilliarde konnten bzw. können 46 Programme ihre Aus- schreibungen erneut öffnen und – wo nötig – inhaltlich an aktuelle Bedarfslagen anpas- sen. Einige Programmlinien werden auch weiterhin sukzessive gestartet, um die Hand- habbarkeit der Abwicklung sowie vor allem zeitlich gestaffelte Bedarfe zu berücksichtigen. Es konnten auch zahlreiche neue Programme entwickelt werden. Diese kommen vor al- lem solchen Bereichen zugute, die von der ersten Kulturmilliarde noch nicht ausreichend profitieren konnten, wie z.B. Kulturmessen, freie Musikensembles und Amateurmusik. Schwerpunkt der aktuellen Fortentwicklung von NEUSTART KULTUR ist die individuelle Unterstützung von Künstlerinnen und Künstlern, häufig durch Stipendienprogramme. Im Rahmen ihrer Berichtspflicht gegenüber dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat die BKM diesem zuletzt zum 30. April 2021 einen Bericht über den Fort- schritt des Programms NEUSTART KULTUR vorgelegt. Dem aktuellen Bericht an den Kulturausschuss des Deutschen Bundestages liegen nunmehr Daten zugrunde, die zum Stichtag 31. Dezember 2021 bei den mittelausreichenden Stellen erhoben wurden. NEUSTART KULTUR hat seine Wirkung großflächig entfaltet und stößt weiterhin auf große, bundesweite Resonanz. Aus der intensiven Zusammenarbeit mit den Kultur- verbänden und -fonds hat sich ein tragfähiges Netzwerk aus politischen und administrati- ven Akteuren sowie Dutzenden von Verbänden unserer Zivilgesellschaft entwickelt, von dem die Kulturförderung nachhaltig profitieren kann. 3
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) Einschließlich weiterer Maßnahmen wie etwa des Ausfallfonds für die Filmwirtschaft in Höhe von 69 Millionen Euro oder der pandemiebedingten Mehrbedarfe der regelmäßig vom Bund geförderten Einrichtungen sind zum Stand 31. Dezember 2021 über 1,5 Milliarden Euro für konkrete Bewilligungen gebunden. Die Antragszahlen und -volu- mina sind mit knapp 100.000 eingegangenen Anträgen konstant sehr hoch. Rund die Hälfte der eingegangenen Anträge wurde bereits bewilligt. Die Bewilligungsverfahren bei den mittelausreichenden Stellen laufen unter Hochdruck – insgesamt konnten bereits Mittel von über 1 Milliarde Euro gegenüber den Letztempfängern bewilligt werden. Der größte Teil hiervon (rund 800 Mio. Euro) wurden auch bereits abgerufen und ausbe- zahlt. Verbände, Fonds und auch Länder bestätigen weiterhin, dass die Angebote passgenau sind und die inhaltlichen Bedarfe in den jeweiligen Kultursparten treffen. Darüber hinaus konnte im Rahmen der zweiten Kulturmilliarde bei einzelnen Bedarfslagen noch nachge- schärft werden. Die sich nach wie vor auswirkenden Einschränkungen für die Kulturein- richtungen und -akteure, die auch auf publikumsseitig bestehenden Unsicherheiten oder veränderten Verhaltensweisen beruhen, machen die Arbeit von NEUSTART KULTUR zur Stützung und Aufrechterhaltung der kulturellen Vielfalt in Deutschland weiterhin notwendig, um die sukzessive Rückkehr zur Normalität zu ermöglichen. Daher wird im Rahmen von NEUSTART KULTUR im Jahr 2022 eine Vielzahl der erfolg- reichen Einzelprogramme neue Ausschreibungen öffnen und damit zusätzliche Unterstüt- zung ermöglichen. Hierzu zählen unter anderem Programme, die sich an Musikveranstal- terinnen und Musikveranstalter oder an den Bereich Kinder- und Jugendtheater richten, die Weiterführung des Ausfallfonds für die Filmwirtschaft und eine Neuauflage der spar- tenübergreifenden Stipendien der Akademie der Künste. II. Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen Die Covid-19-Pandemie hat die Durchführung von Kulturveranstaltungen für viele Monate im Jahr 2020 und in der ersten Jahreshälfte 2021 weitestgehend unmöglich gemacht. Damit ist ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen Lebens in Deutschland zum Erliegen gekommen. Der lange Stillstand des kulturellen Veranstaltungsbetriebs hat tiefe wirt- schaftliche Spuren hinterlassen und auch die Existenz vieler Kulturschaffender und Kul- tureinrichtungen bedroht. Nach einer kurzzeitigen Entspannung der pandemischen Lage in den Sommermonaten 2021 führen die erheblich ansteigenden Corona-Inzidenzzahlen seit Herbst und die damit verbundenen Maßnahmen und Empfehlungen zum Infektions- schutz erneut zu einer deutlich geminderten Nachfrage nach kulturellen Angeboten, zu Absagen von Kulturveranstaltungen und zu Schließungen von Kulturstätten. 4
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) Zur Unterstützung der Kulturbranche hat die Bundesregierung im Sommer 2021 gemein- sam mit den Ländern den Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen mit einem Volumen von bis zu 2,5 Milliarden Euro aufgesetzt. Er wird gemeinsam vom Bundesmi- nisterium der Finanzen (BMF) und der BKM verantwortet. Die Bewirtschaftung der vorge- sehenen Mittel wurde in die Verantwortung der BKM gelegt. Sie führt auch den Vorsitz in einem Lenkungsausschuss, der die Umsetzung des Programms zwischen Bund und Län- dern koordiniert. Der Sonderfonds unterstützt Kulturveranstalter mit zwei zentralen Bausteinen: Einer Wirtschaftlichkeitshilfe für kleinere Veranstaltungen, die bei Beachtung coronabedingter Hygienebestimmungen mit reduziertem Publikum stattfinden. Sie steht für Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen ab dem 1. Juli 2021 und für Veranstaltungen mit bis zu 2.000 Personen seit dem 1. August 2021 zur Verfü- gung. Mit der Wirtschaftlichkeitshilfe werden Verluste der Veranstalter ausgegli- chen. Bei pandemiebedingter Verringerung der Zahl der Teilnehmenden um min- destens 20 Prozent bezuschusst die Wirtschaftlichkeitshilfe die Ticketeinnahmen aus den ersten 1.000 verkauften Tickets um bis zu 100 Prozent. Für jedes ver- kaufte Ticket erhalten die Veranstalter also den gleichen Ticketpreis nochmals als Zuschuss. Die Förderung durch die Wirtschaftlichkeitshilfe ist kostenbasiert und kann nicht höher sein als die auftretende Finanzierungslücke zwischen den Kosten der Veranstaltung und den erzielten Einnahmen. Wenn kleinere Veranstaltungen pandemiebedingt abgesagt werden müssen, können 90 Prozent der Ausfallkosten erstattet werden; dies gilt nicht für öffentlich-rechtliche Veranstalter. Einer Ausfallabsicherung für größere Kulturveranstaltungen, die für die Zeit ab dem 1. September 2021 geplant werden. Sie betrifft Konzerte und Festivals mit über 2.000 Personen, die einen langen Planungsvorlauf benötigen. Im Falle einer pandemiebedingten Absage, Teilabsage (Reduzierung der Teilnehmerzahl) oder einer Verschiebung übernimmt die Ausfallabsicherung maximal 90 Prozent der dadurch entstandenen Ausfallkosten. Die Förderung aus dem Sonderfonds ist zum 1. Juli 2021 gestartet, Veranstaltungen können seit dem 15. Juni 2021 auf der entsprechenden Onlineplattform registriert werden. Die Antragstellung erfolgt jeweils nach Durchführung bzw. coronabedingter Absage der vorab registrierten Veranstaltungen. Zum Zwecke der administrativen Erleichterung kön- nen Veranstalter Veranstaltungen gesammelt registrieren und die Förderung für diese ku- mulativ beantragen; die Beantragung erfolgt in diesem Fall nach Durchführung/Absage der letzten Veranstaltung in der Reihe. Die administrative Umsetzung des Bundesprogramms obliegt den Kulturministerien der Länder. Eine dezentrale Antrags- und Bearbeitungsstruktur soll sicherstellen, dass das 5
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) regional unterschiedliche und vielfältige kulturelle Geschehen am besten abgebildet wird. Die Länderkulturbehörden bzw. von diesen beauftragte Stellen sind zuständig für die Prüfung und Bewilligung der Anträge. Die Freie und Hansestadt Hamburg administriert für alle Länder die bundesweit einheitliche IT-Infrastruktur zur Beantragung der Fi- nanzhilfen. Zum Zwecke der Beratung stehen eine vom Land Nordrhein-Westfalen koor- dinierte Telefon-Hotline und ein E-Mail-Postfach zur Verfügung. Um die Wirksamkeit und Praktikabilität des Sonderfonds vor dem Hintergrund der unwäg- baren pandemischen Entwicklung und der heterogenen Regulierungslage in den Bundes- ländern zu gewährleisten, stehen Bund und Länder in engem, regelmäßigem Austausch und nehmen passgenaue inhaltliche Anpassungen vor. So wurden in den letzten Mo- naten insbesondere zwei grundlegende Anpassungen im Sonderfonds vorgenommen, die es den Veranstaltern von Kulturveranstaltungen erleichtern sollen, verantwortungsbe- wusst zu handeln und bei steigenden Infektionszahlen eigenverantwortlich zur Kontaktre- duzierung beizutragen. Seit 8. Oktober 2021 ist es Veranstaltern kleinerer Veranstaltungen im Rahmen der Wirt- schaftlichkeitshilfe gestattet, die Kapazität ihrer Veranstaltungen auf der Grundlage eines eigenen Hygienekonzeptes freiwillig einzuschränken, d.h. ohne dass eine öffentlich-recht- liche Verordnung sie dazu zwingt. Zudem werden im Zeitraum zwischen 18. November 2021 und 28. Februar 2022 im Rahmen der Ausfallabsicherung des Sonderfonds freiwil- lige Absagen von Kulturveranstaltungen aller Größen unabhängig von der aktuell gelten- den Regulierungslage im jeweiligen Bundesland als „pandemiebedingt“ anerkannt. Der Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen stößt auf große Resonanz bei Veranstaltern, wie aus den Registrierungen ersichtlich wird. Für die Wirtschaftlichkeits- hilfe wurden bislang (Stichtag: 14.01.2022) rund 24.400 Veranstaltungen registriert, für die sich ein maximal mögliches Fördervolumen von ca. 927 Millionen Euro ergibt. Rund 40 % des registrierten Volumens entfällt auf Aufführungen der Darstellenden Kunst, je rund ein Viertel auf Konzerte und Festivals bzw. Vorführungen in den Bereichen Film und Medien. Für die Ausfallabsicherung wurden bislang etwa 2.270 Veranstaltungen re- gistriert, mit aktuell einem maximal möglichen Fördervolumen (im Falle von Absage oder Teilausfall) von ca. 973 Millionen Euro. Über 80°% dieses registrierten Volumens entfallen auf Konzerte und Festivals. Für beide Module wurden bereits Förderungen in Höhe von insgesamt rund 66 Millionen Euro für ca. 3.540 Veranstaltungen beantragt. Die Bewilli- gungsverfahren laufen und die Mittel werden entsprechend sukzessive ausgereicht. Anträge für beide Module des Sonderfonds können bis zu 6 Monate nach dem Veran- staltungstermin gestellt werden. Die Ausfallabsicherung für Großveranstaltungen, für die ein erheblicher Teil der Fördersumme reserviert ist, wurde aufgrund der steigenden Corona-Fallzahlen und der strikteren Verordnungslage erst im Herbst/Winter 2021 stärker in Anspruch genommen. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Anzahl und das Vo- lumen der Anträge in den nächsten Wochen und Monaten deutlich steigen wird, weil in 6
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) der aktuellen pandemischen Lage Veranstaltungen gemieden bzw. vermehrt abgesagt werden, ist eine baldige Überzeichnung des Sonderfonds nicht zu befürchten. Solange Registrierungen auf der IT-Plattform möglich sind, ist sichergestellt, dass für registrierte Veranstaltungen, die die Förderkriterien erfüllen, ausreichend Haushaltsmittel zur Verfü- gung stehen. Die Bundesregierung hat dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zum 26. Mai 2021 über das Gesamtkonzept des Sonderfonds Bericht erstattet und am 26. Ok- tober 2021 einen aktuellen Sachstand übermittelt. Der letzte Bericht an den Haushalts- ausschuss ist zum 31. Dezember 2021 erfolgt (Ausschussdrucksache 8676 (WP 19)). III. Wirtschaftshilfen/ Soziale Absicherung Die Bundesregierung unterstützt auch weiterhin Soloselbstständige und Unternehmen, die starke Umsatzeinbußen in der Corona-Pandemie verzeichnen. Für den Kulturbereich sind dabei insbesondere die folgenden Maßnahmen relevant: Überbrückungshilfe: Die aktuell geltende Überbrückungshilfe IV läuft bis Ende März 2022. Sie ist an Unternehmen gerichtet und fixkostenbasiert, so dass viele individuelle Kunst- und Kulturschaffende mangels entsprechender Betriebskosten hierüber keine För- derung erhalten können. Für Unternehmen der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft sind allerdings – als Sonderregelung – auch Ausfall- und Vorbereitungskosten für Veranstal- tungen förderfähig. Federführend zuständig ist das BMWK. Neustarthilfe: Mit der Neustarthilfe enthält die Überbrückungshilfe ein eigenständiges Modul, das sich explizit an Soloselbständige richtet. Auf Initiative der BKM greift das Pro- gramm auch für Beschäftigte in den Darstellenden Künsten, die kurz befristete Beschäfti- gungsverhältnisse von bis zu 14 zusammenhängenden Wochen ausüben (betroffen vor allem Schauspieler), sowie unständig Beschäftigte mit befristeten Beschäftigungsverhält- nissen von unter einer Woche. Die Neustarthilfe beträgt 50 % des Referenzumsatzes in 2019, max. 1.500 Euro pro Monat für Einzelpersonen. Die Auszahlung erfolgt in der Regel wenige Tage nach Antragstellung. Neustarthilfe und Überbrückungshilfe können nicht gleichzeitig bezogen werden; allerdings wird den Antragstellenden beider Programme im Rahmen der Endabrechnung ein Wahlrecht zwischen der Überbrückungshilfe und der Neustarthilfe eingeräumt. Im Jahr 2021 wurden 417.286 Anträge auf Neustarthilfe gestellt und Mittel in Höhe von über 2 Mrd. Euro ausgezahlt. Die Neustarthilfe läuft in aktueller Form bis Ende März 2022. Federführend zuständig ist das BMWK. Unternehmen im Kulturbereich haben darüber hinaus – wie Unternehmen aller Wirt- schaftsbereiche auch – vom Kurzarbeitergeld profitieren können (Federführung BMAS). Kulturspezifische Sonderregelungen gab es hier nicht. Ebenfalls in den Zuständigkeitsbe- 7
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) reich des BMAS fällt der vereinfachte Zugang zur Grundsicherung (SGB II), der natür- lich auch Kulturschaffenden offensteht. Die Regelung zielt insb. auf Selbständige ohne anderweitige Absicherung (kein Kurzarbeiter-/Arbeitslosengeld). Zurzeit muss das Ver- mögen in der Regel nicht vor Leistungsbezug aufgebraucht werden, die Miete wird ohne Angemessenheitsprüfung voll übernommen. Das Schonvermögen wurde erweitert (u.a. großzügige Freistellung von Altersvorsorgevermögen). Freigestellt sind u.a. 60.000 Euro für einen Alleinstehenden (+30.000 Euro für jede weitere Person), Betriebsvermögen, 8.000 Euro pro Jahr der Selbständigkeit. Vermögen in klassischen Altersvorsorgeproduk- ten („Riester-Rente“) war immer anrechnungsfrei. Die Regelungen wurden jüngst durch das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22.11.2021 bis 31.03.2022 verlängert (mit Verlängerungsoption bis 31.12.2022). Es hat sich jedoch gezeigt, dass Kulturschaffende in ihrem Selbstverständnis sich häufig schwer- tun, die Grundsicherung, ein Fürsorgesystem, in Anspruch zu nehmen. Allerdings wurden auch Änderungen im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) vorgenommen, die den pandemiebedingten Bedarfen Kulturschaffender entgegenkom- men. Mit der Aussetzung der Mindesteinkommensgrenze (in den Jahren 2020 und 2021) und der Erhöhung der Zuverdienstgrenze bei nicht-künstlerischer selbständiger Tätigkeit (2021) konnte der Versicherungsschutz durch die Künstlersozialkasse erhalten bleiben. Beide Anpassungen wurden für 2022 verlängert und für die Erhöhung der Zuverdienst- grenze ist im aktuellen Koalitionsvertrag eine Entfristung vorgesehen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung durch Entlastungszuschüsse in Höhe von 32,5 Mio. Euro (2021) und rund 84,6 Mio. Euro (2022) für eine Stabilisierung der Künstlersozialabgabe gesorgt. 8
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