Zentralasiens Muslime und die Taliban - Einleitung - Stiftung Wissenschaft ...

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Zentralasiens Muslime und die Taliban - Einleitung - Stiftung Wissenschaft ...
NR. 15 FEBRUAR 2022                      Einleitung

Zentralasiens Muslime und die Taliban
Andrea Schmitz

Auf die Machtübernahme der Taliban haben die zentralasiatischen Nachbarn Afgha-
nistans überwiegend pragmatisch reagiert. Für die autokratisch regierten, säkularen
Staaten an der Peripherie des ehemaligen sowjetischen Imperiums stehen die wirt-
schaftliche Zusammenarbeit mit dem südlichen Nachbarn und eine dafür notwendige
rasche Stabilisierung der humanitären und politischen Verhältnisse im Vordergrund
des Interesses. Folgt man offiziellen Darstellungen, so wird Zentralasiens gefestigte
Säkularität durch den Islamismus der Taliban nicht herausgefordert. In den sozialen
Medien zentralasiatischer Länder dagegen erscheint das islamische Emirat der Tali-
ban als politisches Gegenmodell, dessen Bewertung umso positiver ausfällt, je größer
die diskursiven Freiräume in den einzelnen Staaten sind und je offener die Regierungs-
politik selbst den Taliban begegnet. Dies offenbart einen Trend hin zu islamistisch
inspirierten Identitätsbildungen, den Zensur und Repression kaum aufhalten werden.

Die Geschwindigkeit, mit der die Taliban      tralasiens zu einem pragmatischen Kurs im
im Frühsommer 2021 Afghanistan erober-        Umgang mit dem islamistischen De-facto-
ten und im August die Hauptstadt Kabul        Regime der Taliban entschlossen haben.
einnahmen, ohne auf nennenswerten             Lediglich Tadschikistan hat das Bedrohungs-
Widerstand zu stoßen, kam auch für Afgha-     szenario eines Übergriffs von Taliban-Mili-
nistans zentralasiatische Nachbarn über-      zen auf das eigene Land in den Vordergrund
raschend. Turkmenistan, Kirgistan und         gerückt und sich – vor allem mit russischer
besonders Usbekistan hatten zwar bereits      Hilfe – militärisch dagegen gewappnet. Für
zuvor Kontakte zu den Taliban unterhalten,    die anderen beiden Afghanistan-Anrainer,
doch beschränkten sich diese auf Vertreter    Usbekistan und Turkmenistan, spielen
des für die Außenpolitik zuständigen Flü-     solche Bedrohungsperzeptionen eine unter-
gels der Taliban. Genauere Kenntnis der       geordnete Rolle und auch in Kasachstan
militärischen Strategie der Bewegung und      und Kirgistan werden die Taliban nicht als
ihrer internen Strukturen besaßen die         unmittelbare Gefahr wahrgenommen.
Nachbarn offenbar ebenso wenig wie die           Vor allem Usbekistan und Turkmenistan,
in Afghanistan operierenden westlichen        aber auch Kasachstan verbinden ausgepräg-
Akteure.                                      te wirtschaftliche Interessen mit Afghanis-
   Gleichwohl fällt auf, wie rasch sich die   tan. Diese knüpfen sich an den Handel und
Regierungen in den säkularen Staaten Zen-     den Ausbau der Infrastruktur für den Trans-
port von Waren und Energie nach und            durch strikte Kontrolle und Repression zu
                 durch Afghanistan. Besonders für Usbekis-      neutralisieren und den entsprechenden
                 tan und Turkmenistan sind die betreffen-       Bewegungen so den Boden zu entziehen.
                 den Projekte – der Ausbau der Eisenbahn-       Deren Anhänger schlossen sich dann viel-
                 linie Mazar-i Sharif-Kabul-Peschawar, des      fach islamistischen Verbänden im Ausland
                 usbekisch-afghanischen Stromnetzes und         an – dem ersten Islamischen Emirat der
                 der Bau einer Gaspipeline von Turkmenis-       Taliban (1996–2001) oder dem Islamischen
                 tan nach Indien – von vitaler Bedeutung.       Staat (IS) in Syrien und dem Irak (2013–
                 Gleichzeitig haben sich die Regierungen        2017). So wird die Zahl der aus Zentralasien
                 beider Länder mit den Taliban dahingehend      stammenden Kämpfer in den Reihen des IS
                 verständigt, dass eine Zusammenarbeit die      auf mindestens 5.000 geschätzt, die Mehr-
                 Unantastbarkeit der jeweiligen Landes-         zahl von ihnen kam aus Tadschikistan und
                 grenzen voraussetzt. Sowohl in Taschkent       Usbekistan.
                 als auch in Aschgabad vertraut man darauf,        Nach der Bereinigung des religiösen
                 dass die Taliban ihr Versprechen halten        Feldes von der islamistischen Konkurrenz
                 und ein eventuelles Übergreifen islamisti-     übernahmen die autoritären Machthaber in
                 scher Militanz, sei es aus den eigenen Rei-    Usbekistan und Tadschikistan mehr oder
                 hen, sei es durch konkurrierende jihadisti-    weniger unangefochten die Deutungshoheit
                 sche Gruppierungen, verhindern werden.         in religiösen Fragen. Während dieser Pro-
                 Vorsichtshalber haben beide Nachbarn           zess in Usbekistan schon in den 1990er
                 dieses Arrangement durch militärische          Jahren mit der Vertreibung der Islamischen
                 Maßnahmen zur Grenzsicherung flankiert,        Bewegung Usbekistans (IBU) begann, gelang es
                 die Abwehrbereitschaft demonstrieren und       dem Staat in Tadschikistan erst 2015 mit
                 die Taliban auf Abstand halten sollen.         dem Verbot der Partei der Islamischen Wieder-
                                                                geburt (PIWT), die Vorherrschaft auf dem
                                                                Gebiet der Religion zu erringen. Auch in
                 Islamistische Herausforderungen                Tadschikistan ist seither der staatskonfor-
                                                                me, mit säkularen Prinzipien kompatible
                 Die Bedrohung, die von jihadistischen Grup-    Islam hanafitischer Prägung, den die säku-
                 pen ausgeht, ist für die säkularen Staaten     laren und religiösen Eliten im postsowjeti-
                 Zentralasiens besonders bedeutsam, denn        schen Zentralasien kultivieren, Teil der in-
                 diese haben ein schwieriges Verhältnis zum     offiziellen Staatsdoktrin.
                 Islam. Die Religion gilt zwar als elementa-
                 rer Bestandteil der Nationalkultur und
                 »muslimische« Werte und Moralvorstellun-       Die Taliban aus Sicht der Eliten
                 gen werden als grundlegend für den sozia-
                 len Zusammenhalt verteidigt – auch und         Vor allem im außenpolitischen Diskurs
                 gerade gegenüber dem Geltungsanspruch          Usbekistans spielt der Verweis auf trans-
                 liberal-universalistischer Normen. Doch        nationale historische Bezüge, kulturelle
                 sehen sich Zentralasiens autoritäre Macht-     Gemeinsamkeiten und geteilte Werte eine
                 haber mit Akteuren konfrontiert, die isla-     wichtige Rolle, um das pragmatische Inter-
                 mischen Rechts- und Ordnungsvorstellun-        esse an der Zusammenarbeit mit den Tali-
                 gen mehr Gewicht verschaffen wollen. Vor       ban zu unterfüttern. Große Bedeutung wird
                 allem in Usbekistan und Tadschikistan, bei-    muslimischen Rechtstraditionen und davon
                 des unmittelbare Nachbarn Afghanistans,        abgeleiteten theologischen Grundüberzeu-
                 haben islamistische Gruppierungen und          gungen beigemessen, die Zentralasiens sun-
                 Bewegungen in der Vergangenheit bereits        nitische Muslime mit den (ebenfalls sunni-
                 für einen islamischen Staat gekämpft, teils    tischen) Taliban verbinden. In der Tat gehen
                 mit friedlichen Mitteln, teils mit Gewalt.     deren Rechtsvorstellungen auf einen Zweig
                 In beiden Ländern war es gelungen, die Isla-   der hanafitischen Rechtsschule, die Maturi-
                 misten außer Landes zu treiben oder sie        diyya, zurück. Diese entstand im 10. Jahr-

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hundert in Samarkand (heute Usbekistan)         und respektierten die territoriale Integrität
und prägt maßgeblich das Selbstverständnis      der Nachbarstaaten. Die Machtübernahme
der zentralasiatischen Religionsgelehrten.      der Taliban sei folglich uneingeschränkt zu
Auch der religiöse Purismus der Taliban ist     begrüßen.
dem muslimischen Establishment in Zen-
tralasien nicht fremd: Schon während der
Sowjetzeit hatten reformistische Strömun-       Die Taliban in sozialen Medien
gen des Islams in Zentralasien Einzug ge-
halten; sie begünstigten später die Verbrei-    Die wohlwollende Beurteilung der Taliban
tung neo-salafistischer Lehren. In den radi-    durch die außenpolitischen Eliten und das
kalen Ausprägungen, wie sie die Taliban         positive Bild, das religiöse Autoritäten in
propagieren, haben sie sich in Zentralasien     Usbekistan von den Taliban vermitteln,
jedoch nicht durchgesetzt. Stattdessen          spiegeln sich auch in den sozialen Medien
kultiviert der lokale muslimische Klerus die    wider. In den dortigen Kommentaren und
Tugenden der Mäßigung und der Toleranz.         Diskussionsbeiträgen wird es sogar noch
Vor allem aber ist in Zentralasien das Prin-    zugespitzt. Usbekistans Reformpolitik hat
zip des (säkularen) Nationalstaats unumstrit-   eine Öffnung der Medienlandschaft ermög-
ten; die Idee eines islamischen Kalifats ist    licht und diskursive Freiräume geschaffen,
demgegenüber keine Option.                      die von der Gesellschaft genutzt werden.
   Vor dem Hintergrund der gefestigten          So zeigt eine Analyse der Kommentare zu
Säkularität erscheinen den staatlichen Eli-     Artikeln und Videos auf populären Nach-
ten in Zentralasien die Beziehungen zu den      richtenkanälen im Zeitraum Mai 2021 bis
Taliban politisch unbedenklich und im           Januar 2022, dass viele usbekische Nutze-
Lichte der religiösen und kulturellen Ge-       rinnen und Nutzer die Machtübernahme
meinsamkeiten naheliegend. Auf das Ver-         der Taliban nicht nur begrüßen, sondern
bindende rekurrieren auch muslimische           in den Taliban sogar ein Vorbild für das
Autoritäten, die der Politik die theologi-      eigene Land sehen.
schen Argumente für die Akzeptanz der              Ein wiederkehrendes Motiv der Debatten
Taliban liefern. Die Reden solcher Autori-      in den sozialen Medien ist dabei das nicht
täten lassen erkennen, dass sich diese          nur in islamistischen Kreisen populäre Nar-
keineswegs als bloße Sekundanten der            rativ vom Kampf des Westens (insbesondere
Politik verstehen. Vielmehr gehen sie weit      der USA) gegen die Muslime. Ziel des Wes-
über das hinaus, was offizielle Verlaut-        tens sei es, Zwietracht zwischen den Musli-
barungen über die staatliche Perzeption der     men zu säen und so den Islam zu schwä-
Taliban preisgeben. So vermitteln die Vor-      chen. In dieser Erzählung, die an eschatolo-
träge eines populären usbekischen Predi-        gisch-apokalyptische Traditionen des Islams
gers ein Bild von den Taliban, das diese als    anknüpft, erscheint die Machtübernahme
gleichsam natürliche Verbündete Usbekis-        der Taliban als wichtiger Etappensieg. Auch
tans erscheinen lässt. Die Taliban werden       der Vergleich mit den Basmachi wird in den
mit den Basmachi verglichen, muslimischen       Social-Media-Kommentaren wiederholt
Guerillakriegern, die nach der Eroberung        herangezogen, ihr Kampf gegen die Sowjet-
Zentralasiens gegen die Bolschewiki kämpf-      herrschaft ebenfalls vor dem Hintergrund
ten. Ebenso wie diese Rebellen wollten die      der universellen Auseinandersetzung zwi-
Taliban vor allem eines: das Land von den       schen Muslimen und Ungläubigen gedeutet.
westlichen Besatzungsmächten befreien.             Ein weiterer wiederkehrender Topos in
Die afghanische Bevölkerung, der die kor-       den sozialen Medien ist die Scharia. Dar-
rupte, vom Westen gestützte Regierung           unter verstehen die Userinnen und User die
verhasst gewesen sei, stehe deshalb auch        von den Taliban eingeführten strengen
auf der Seite der Taliban. Anders als die       Kleidervorschriften für Frauen, das Verbot
Terrororganisation des IS strebten die Tali-    von Drogen und Genussgiften, die Ächtung
ban eine friedliche regionale Ordnung an        von Musik und Tanz und die archaischen

                                                                                                SWP-Aktuell 15
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Körperstrafen bei Verstößen gegen die            Agitation gegen die Taliban und ethnisch-
                 Rechtsnormen der Taliban. Während die            nationale Mobilisierung einer Solidarisie-
                 weibliche Körperverhüllung vor allem von         rung im Namen des Islams vorzubeugen. In
                 männlichen Teilnehmern befürwortet wird          ihrer Geschlossenheit und Konsistenz ist
                 und bei Frauen tendenziell auf Kritik stößt,     Tadschikistans staatliche Propaganda der
                 ist ein solcher Bias in den Kommentaren,         Ausnahmefall in der Region. In Kirgistan
                 die sich auf die sonstigen Gesetze der Tali-     und Kasachstan fürchtet man weniger die
                 ban beziehen, nicht erkennbar. So werden         Taliban selbst als die islamistischen »Schlä-
                 drakonische Strafen und die öffentliche          ferzellen« im eigenen Land. Auch in Usbe-
                 Zurschaustellung von Hingerichteten von          kistan rechnet man mit der Existenz eines
                 den Nutzerinnen und Nutzern mehrheitlich         gewaltbereiten islamistischen Untergrunds,
                 als wirksame Instrumente zur Bekämpfung          der durch den Aufstieg der Taliban wieder
                 von Kriminalität und Korruption gewertet,        erstarken und vor allem dem IS Unterstüt-
                 die auch in Usbekistan zur Anwendung             zer zuführen könnte.
                 kommen sollten.                                     Der afghanische IS-Ableger »Provinz Kho-
                     Auch in tadschikischen Kommentaren           rasan« (ISPK) konnte seit dem Abzug der
                 zur Berichterstattung über die Taliban wer-      Nato aus dem Land am Hindukusch seine
                 den deren Rechtsvorstellungen vielfach           Aktivitäten erheblich ausweiten und hat,
                 positiv bewertet. Dies ist deshalb bemer-        anders als die Taliban, auch Afghanistans
                 kenswert, weil die staatliche Führung eine       zentralasiatische Nachbarn im Visier. Der
                 konfrontative Haltung gegenüber den Tali-        ISPK versucht insbesondere usbekische Jiha-
                 ban einnimmt, die von den gleichgeschalte-       disten an sich zu binden, indem er die
                 ten Medien des Landes folgsam vertreten          Gegnerschaft zwischen den Taliban und der
                 und verbreitet wird. In den staatlichen und      IBU, die sich 2015 dem IS angeschlossen
                 staatsnahen Kommunikationsorganen wer-           hat, propagandistisch ausschlachtet. Die
                 den die paschtunischen Gotteskrieger             Zusammenarbeit zwischen den Taliban und
                 stereotyp als Feinde der Tadschiken be-          dem säkularen Regime in Taschkent, das in
                 schrieben, gegenüber denen maximale              der Vergangenheit eine repressive Religions-
                 Wachsamkeit vonnöten sei. Dem stimmt             politik verfolgt hat, dient dem ISPK dabei
                 eine Mehrheit der Kommentatorinnen und           als zusätzliches Argument, um Usbeken für
                 Kommentatoren in den sozialen Medien –           den Kampf gegen die Taliban zu gewinnen.
                 sei es aus Überzeugung, sei es aus Oppor-           Der Propaganda radikaler Gruppen ver-
                 tunismus – zu.                                   suchen die staatlichen Behörden in Zentral-
                     Viele von ihnen kritisieren jedoch auch      asien durch den Einsatz militärischer, poli-
                 die »Islamfeindlichkeit« des Regimes von         zeilicher und pädagogischer Mittel vor-
                 Präsident Rahmon und die negative Bericht-       zubeugen. Mit der Stärkung militärischer
                 erstattung über die Taliban, die als Propa-      Abwehrbereitschaft und durch die Siche-
                 ganda der »Ungläubigen« gewertet wird. Dies      rung der Landesgrenzen will man verhin-
                 lässt sich mindestens als Distanzierung vom      dern, dass Islamisten aus Afghanistan in die
                 staatlichen Narrativ deuten und den vorsich-     nördlichen Nachbarländer einreisen. Die
                 tigen Schluss zu, dass die Zahl derer, die mit   restriktive Flüchtlingspolitik der Afghanis-
                 dem Islamismus sympathisieren, erheblich         tan-Anrainer ist nicht zuletzt auf solche
                 größer ist als die analysierten Kommentare       Befürchtungen zurückzuführen. Auch die
                 in sozialen Medien vermuten lassen.              Kontrolle der religiösen Szene in den Staa-
                                                                  ten Zentralasiens selbst ist seit der Macht-
                                                                  übernahme der Taliban rigider geworden.
                 Wider die »Talibanisierung«                      So wurde seit August 2021 vermehrt von
                                                                  Razzien und Verhaftungen im islamisti-
                 Der staatlich gelenkte Diskurs in Tadschikis-    schen Milieu berichtet – vor allem in Kir-
                 tan zielt erkennbar darauf ab, durch Kon-        gistan und Usbekistan. Dort arbeitet man
                 trolle und strikte Zensur, durch vehemente       zudem an einem Aktionsplan zur Extremis-

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mus- und Terrorismusbekämpfung, der zu-
nächst für den Zeitraum 2022–2026 gelten
soll.
   Vor allem aber durch pädagogische Ini-
tiativen versuchen die zentralasiatischen
Regierungen, einer »Talibanisierung« im
eigenen Land vorzubeugen. Staatliche und
religiöse Institutionen und Akteure sind
gehalten, ihre Ressourcen zu bündeln, etwa
indem sie Bildungsmaßnahmen durch-
führen, die dazu beitragen sollen, die Bevöl-                                              © Stiftung Wissenschaft
kerung gegen extremistisches Gedankengut                                                   und Politik, 2022
zu immunisieren. Imame werden angewie-                                                     Alle Rechte vorbehalten
sen, Aufklärungsgespräche mit Moschee-
                                                                                           Das Aktuell gibt die Auf-
besuchern zu führen und die Gläubigen vor
                                                                                           fassung der Autorin wieder.
den Gefahren zu warnen, die von Extremis-
mus und Terrorismus ausgehen. In Usbekis-                                                  In der Online-Version dieser
tan werden die Imame dabei durch zusätz-                                                   Publikation sind Verweise
liches Personal aus der geistlichen Verwal-                                                auf SWP-Schriften und
                                                                                           wichtige Quellen anklickbar.
tung unterstützt. Unter dem Motto »Auf-
klärung wider die Unwissenheit« sollen                                                     SWP-Aktuells werden intern
diese geschulten Kräfte den Menschen den                                                   einem Begutachtungsverfah-
»wahren Islam« nahebringen und sie gegen                                                   ren, einem Faktencheck und
die Bedrohung durch extremistische In-                                                     einem Lektorat unterzogen.
doktrination schützen.                                                                     Weitere Informationen
                                                                                           zur Qualitätssicherung der
   Die Anhänger radikaler Überzeugungen
                                                                                           SWP finden Sie auf der SWP-
werden sich durch solche pädagogischen                                                     Website unter https://www.
Maßnahmen freilich nicht umstimmen                                                         swp-berlin.org/ueber-uns/
lassen – zumal die Extrempositionen, die                                                   qualitaetssicherung/
der Staat bekämpfen will, von der religiösen
                                                                                           SWP
Elite zumindest toleriert, teils sogar offen
                                                                                           Stiftung Wissenschaft und
propagiert werden. Nützlich sind die Dia-                                                  Politik
log- und Bildungsinitiativen trotzdem, denn                                                Deutsches Institut für
mit ihrer Hilfe lässt sich die Szene immer-                                                Internationale Politik und
hin im Blick behalten. Dies dürfte sich für                                                Sicherheit
die Prävention von islamistisch inspirierter
                                                                                           Ludwigkirchplatz 3–4
Gewalt langfristig als wirksamer erweisen
                                                                                           10719 Berlin
als scharfe Zensur und Repression, die                                                     Telefon +49 30 880 07-0
keinen Raum für Grauzonen lässt und auch                                                   Fax +49 30 880 07-100
Angehörige des gemäßigten Spektrums in                                                     www.swp-berlin.org
den Untergrund treibt. Die Sympathien für                                                  swp@swp-berlin.org
die Taliban, die in den sozialen Medien zum
                                                                                           ISSN (Print) 1611-6364
Ausdruck kommen, offenbaren einen Trend                                                    ISSN (Online) 2747-5018
hin zu islamistisch inspirierten Identitäts-                                               doi: 10.18449/2022A15
bildungen in Zentralasien, der nicht jedem
gefallen mag. Eine repressive Religionspoli-
tik wird diesen Trend aber kaum aufhalten,
sondern lediglich unsichtbar machen.

Dr. Andrea Schmitz ist Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien.
Für die Datenerhebung in den sozialen Medien danke ich Shokirjon Shokirov, M.A.

                                                                                                  SWP-Aktuell 15
                                                                                                   Februar 2022

                                                                                                               5
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