Corona-Pandemie und wirtschaftliche Effekte - Anhörverfahren der EK17/2 "Corona-Pandemie" des Landtages Rheinland-Pfalz - rlp.de
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Corona-Pandemie und wirtschaftliche Effekte Anhörverfahren der EK17/2 "Corona-Pandemie“ des Landtages Rheinland-Pfalz 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös
Agenda 1 Befunde zu Wirtschaft und Arbeitsmarkt 2 Einschätzung der Bekämpfungsmaßnahmen 3 Fazit 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 2
Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts Preisbereinigt, in % Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 2020 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 3
Verwendungsaggregate des BIP Saison-, arbeitstäglich und preisbereinigte Bruttowertschöpfung, Index: 4. Quartal 2019 = 100 105 102 100 101 96 95 Ausrüstungsinvestitionen 92 90 Exporte Importe 88 87 85 Privater Konsum BIP 82 80 Binnennachfrage Sonstige Anlagen 77 75 Bauinvestitionen 74 Staatskonsum 70 I 19 II III IV I 20 II Quellen: Statistisches Bundesamt; Institut der deutschen Wirtschaft 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 4
Branchenentwicklung im Vergleich Saison-, arbeitstäglich und preisbereinigte Bruttowertschöpfung, Index: 4. Quartal 2019 = 100 105 100 100 95 95 Sonstige Dienste Verarbeitendes Gewerbe 90 Unternehmens-Dienste 90 Handel/Verkehr/Gastgewerbe Öffentliche Dienste 86 85 IK-Dienste 84 Wohnungswesen Finanzen 80 80 I 19 II III IV I 20 II Quellen: Statistisches Bundesamt; Institut der deutschen Wirtschaft 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 5
Industrieentwicklung im Zyklenvergleich Saison- und preisbereinigte Werte für die Industrie; Veränderung gegen Vormonat in Prozent Finanzmarktkrise 2008/2009 Corona-Krise 2020 30 30 Inlandsaufträge Auslandsaufträge Produktion 20 20 10 10 0 0 -10 -10 -20 -20 -30 Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul -30 08 08 08 08 09 09 09 09 09 09 09 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20 Quellen: Deutsche Bundesbank, Institut der deutschen Wirtschaft 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 6
Corona-Effekt auf die Arbeitslosigkeit August 2020 › Aufgrund der Corona-Krise Arbeitslosigkeit bis August 2020 um 637.000 höher › Einerseits mehr Zugänge in Arbeitslosigkeit, andererseits konnten weniger Arbeitslose eine neue Stelle antreten › Durch Kontaktbeschränkungen weniger arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, daher mehr als arbeitslos Registrierte › Arbeitslosenversicherung stärker betroffen als Grundsicherung, da Belastungen aus dem Beschäftigungssystem Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 7
Coronabedingte Veränderungen bei Arbeitslosigkeit TOP 6-Branchen, Vorjahresvergleich 2020/2019 April bis August, absolut und in Prozent Zugänge Abgänge › Insgesamt 157.000 mehr Menschen aus einer Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt oder aus Ausbildung heraus arbeitslos › Ein knappes Viertel des Anstiegs entfällt auf Gastgewerbe zurück; 15 bzw. 12 Prozent auf Handel bzw. Verarbeitendes Gewerbe zusammen, insbesondere Metall/Elektro/Stahl › Insgesamt ein Viertel weniger Arbeitslose als 2019 in neuer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung (- 134.000), größter Anteil davon Zeitarbeit und das Gastgewerbe Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 8
Arbeitslosenquoten nach Ländern und Corona-Effekt August 2020 › Effekt für den Bund: 1,4 Prozentpunkte; ohne diesen Effekt ALQ bei 5,0 Prozent › Stärkster Einfluss in Berlin, geringster in Baden-Württemberg › Rheinland-Pfalz: unterdurchschnittliches Niveau, unterdurchschnittlicher Corona- Effekt › Auf Kreisebene reicht das Ausmaß der Folgen der Corona-Krise von 0,2 Prozentpunkten im bayerischen Tirschenreuth bis zu 3,4 Prozentpunkten in Wilhelmshaven › Anfangs deutliche Effekte in touristisch geprägten Regionen an Nord- und Ostseeküste sowie im Süden Bayerns Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 9
Arbeitslosenquote nach Personengruppen und Corona-Effekt August 2020 › Corona-Effekt auf Arbeitslosenquote bei Männern höher als bei Frauen, da höheres Gewicht gesunkener Beschäftigungschancen › Ältere weniger stark von den Auswirkungen der Corona-Pandemie bzw. den Maßnahmen zu deren Eindämmung betroffen als Jüngere › Deutlich stärkerer Anstieg der Arbeitslosenquote von Ausländern als bei Deutschen › Deutlichster Corona-Effekt Anstieg bei Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung; 4,8 Prozentpunkte der Quote von 22,6 Prozent gehen auf Corona zurück Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 10
Stellenzugänge nach Wirtschaftszweigen April bis August 2020 und Veränderung zum Vorjahreszeitraum, in Prozent › Rückgang der Arbeitskräftenachfrage schlägt auf Ausbleiben von Stellenneumeldungen durch › Weniger Menschen wechseln ihren Arbeitsplatz › Niedrigere Fluktuation und geringerer Bedarf an zusätzlichem Personal ursächlich für verringerte Stellenbesetzungen › Corona-Effekt: Von April bis August 335.000 oder 37 Prozent weniger Stellenmeldungen als vor einem Jahr › Minus gut zur Hälfte bei Zeitarbeit und Handel › Hoffnungssignal: 134.000 Stellen im August neu gemeldet, 2.000 mehr als im Juli Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 11
Gemeldete Ausbildungsstellen nach Berufen Gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen, Oktober 19 bis August 20 nach Berufsgruppen*, Vorjahresvergleich › Gleichermaßen spürbare Rückgänge bei gemeldeten Ausbildungsstellen und bei gemeldeten Bewerbern › Unveränderte rechnerischen Chancen auf eine Ausbildungsstelle gegenüber dem Vorjahr › Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen weiter höher als Bewerberzahlen › Verlangsamter Ausgleich auf dem Ausbildungsmarkt durch Corona, deutliche Verzögerung gegenüber „normalen“ Jahren › Bei Ausbildungsaufnahmen von Bewerbern bis August ein coronabedingter Rückgang von rund 12.000 (7 Prozent) auf Corona, bei unversorgten Bewerbern ein Anstieg von 14.000 (+14 Prozent) Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 12
Fiskalmaßnahmen gegen Corona, ausgewählte Länder in Prozent des 2019-BIP Unmittelbarer Fiskalimpuls Stundungen Bürgschaften/Garantien Impulsäquivalent Belgien 1.4 4.8 21.9 28,1 Dänemark 5.5 7.2 4.1 16,8 Deutschland 8.3 7.3 24.3 39,9 Frankreich 4.4 8.7 14.2 27,3 Griechenland 3.1 1.2 2.1 6,4 Italien 3.4 13.2 32.1 48,7 Niederlande 3.7 7.9 3.4 15,0 Portugal 2.5 11.1 5.5 19,1 Spanien 3.7 0.8 9.2 13,7 Ungarn 0.4 8.3 0.0 8,7 UK 8.0 2.3 15.4 25,7 Vereinigte Staaten 9.1 2.6 2.6 14,3 Quelle: Bruegel.org; *Stand: 15. Juni, teilweise unterschiedliche Aktualisierungsstände von 25. März bis 4. August 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 13
Nachtragshaushalte 2020 und größte Corona-Ausgabeposten Bundeshaushalt Quelle: Bundesrechnungshof / Regierungsentwurf der Bundesregierung zum 2. Nachtragshaushalt 2020. 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 14
Corona-Hilfen für Unternehmen Bewilligungen in Milliarden Euro, Stand: 01.09.2020 › Corona-Hilfen für gewerbliche und freiberufliche Unternehmen: größtes Hilfspaket jemals › Bewilligung bisher: 68,3 Mrd. Euro › Größtes Einzelprogramm KfW- Sonderprogramm (43,6 Mrd. Euro) › Kürzlich gestartet: Überbrückungshilfeprogramm für kleine und mittelständische Unternehmen; ca. 51.500 Anträge im Volumen von rd. 863 Mio. Euro gestellt und rd. 443 Mio. Euro bewilligt Quelle: BMWi, BMF, KfW, Verband Deutscher Bürgschaftsbanken 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 15
Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket I ●●●: abgeschlossen | ●●○: im politischen Prozess | ●○○: noch nicht begonnen Maßnahme Inkrafttreten Status Volumen in Mrd. €, 2020 Senkung der Mehrwertsteuer 01.07.2020 ●●● 20 Sozialgarantie 2021 01.07.2020 ●●○ 5,3 Verschiebung der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer 01.07.2020 ●●● 5 Erweiterung steuerliche Verlustrücktrag 01.07.2020 ●●● 2 Degressive Abschreibung 01.07.2020 ●●● 6 Modernisierung Körperschaftssteuerrecht offen ●○○ 0,3 Mitarbeiterbeteiligung (insb. Startups) offen ●●○ 0,1 Investitionen (des Bundes) vorziehen offen ●●○ 10 Regelung Kurzarbeitergeld ab Pandemiebeginn, ●●● > 30 Weiterführung bis Ende 2021 Programm für Überbrückungshilfen Anträge ab 10.07. möglich ●●● 25 Quelle: Bundesregierung; BMWI, BDI 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 16
Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket II ●●●: abgeschlossen | ●●○: im politischen Prozess | ●○○: noch nicht begonnen Maßnahme Inkrafttreten Status Volumen in Mrd. €, 2020 Übernahme Kosten der Unterkunft offen ●●○ 5,9 Gewerbesteuereinnahmen offen ●●○ Kinderbonus 01.07.2020 ●●● 4,3 Ausbaumaßnahmen Kindergärten, Kitas Nach Gesetzesverkündung ●●● 1 (Beschluss BR am 03.07.) Ausbau Ganztagsschulen, offen ●●○ 2 Ganztagsbetreuung Anhebung Erstattungsbetrag 01.07.2020 ●●● 0,75 Alleinerziehende Ausbildungsprämien Planung: erste Maßnahmen ●●○ 0,5 ab 01.08. Quelle: BDI 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 17
Zusammenfassung I Wirtschaftliche Lage und Ausblick BMWi (1. September 2020): › Die deutsche Volkswirtschaft hat wegen der Corona-Pandemie ihren stärksten Einbruch in der Nachkriegszeit erlebt. Die Bundesregierung rechnet aufgrund des starken Einbruchs in der ersten Jahreshälfte für das Jahr 2020 preisbereinigt mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5,8 %. Allein im zweiten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt um 9,7 % gegenüber dem Vorquartal zurückgegangen. › Der Tiefpunkt der Rezession wurde bereits im Mai durchschritten. Die Monatsindikatoren zeigen seitdem deutliche Erholungstendenzen. › Für das kommende Jahr wird angesichts des sich abzeichnenden Aufholprozesses ein Plus von 4,4 % erwartet. Das Vorkrisenniveau des Bruttoinlandsprodukts dürfte allerdings erst zu Beginn des Jahres 2022 wieder erreicht werden. Bundesagentur für Arbeit (August 2020): › Im Juni 2020 bezogen Unternehmen für 5,4 Millionen Menschen Kurzarbeitergeld aus konjunkturellen Gründen, im Mai für 5,8 Millionen. Bezogen auf die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten lag die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld über alle Branchen hinweg im Juni bei 16 Prozent. Die Anzeigen zur konjunkturellen Kurzarbeit haben im August erneut abgenommen, sind aber immer noch sehr hoch. › Bezogen auf die Erwerbspersonen ist die Arbeitslosigkeit vor allem in den Stadtstaaten stark betroffen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Maßnahmen zu ihrer Eindämmung betreffen insbesondere Personen ohne Berufsausbildung oder mit ausländischem Pass. Mit Selbständigen und abhängig Beschäftigten in Kurzarbeit sind coronabedingt rund 164.500 zusätzliche Personen in die Betreuung durch die Jobcenter gekommen. › Die Nachfrage nach Arbeitskräften erholt sich nach dem Einbruch vom April im August. Durch die Corona-Pandemie dürften die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung um knapp 490.000 und die geringfügig entlohnte Beschäftigung um knapp 450.000 geringer ausgefallen sein. Am stärksten betroffen war durch die weitgehenden Schließungen von Hotels und Gastronomie in den ersten Monaten das Gastgewerbe. Die Corona-Pandemie hat den Ausgleich auf dem Ausbildungsmarkt deutlich verlangsam Quelle: IW-Zusammenstellung 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 18
Zusammenfassung II Einschätzung der bisherigen Maßnahmen › Die schnelle Reaktion der Geld- und Fiskalpolitik im Frühjahr hat geholfen, sich selbst verstärkende Abwärtsprozesse zu verhindern. Die Bereitstellung von Liquidität seitens der EZB sorgt für günstige Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, Haushalte und Staaten. Daneben sorgen Kreditgarantien, direkte Beteiligungen oder etwa Regelungen zum steuerlichen Verlustausgleich dafür, dass Unternehmen die Umsatzausfälle während der Corona-Krise besser überbrücken können. › Das Konjunkturpaket vom Juni ist vom Grundsatz her „temporary, timely und targeted“. Deutschlands Fiskalstimulus ist im internationalen Vergleich weit überdurchschnittlich hoch. Das veranschlagte Finanzvolumen ist aber nicht gleichzusetzen mit dem Fiskalimpuls, der von diesen Maßnahmen ausgehen dürfte. Es gibt Umsetzungsschwierigkeiten, die zu einem bisher teilweise geringen Mittelabruf führen. › Der BIP-Rückgang dürfte durch die Maßnahmen des Konjunkturpakets in diesem Jahr um etwa 1 Prozentpunkt geringer ausfallen. Es könnte zu einem BIP-Anstieg zwischen 0,8 % und 1,4 % im Jahr 2020 und zwischen 0,4 % und 1,7 % im Jahr 2021 führen. › Maßnahmen, die zu einer Verschiebung zwischen den Ebenen der Gebietskörperschaften führen, stellen den horizontalen und vertikalen Finanzausgleich vor Herausforderungen. Beim Vorziehen geplanter Investitionen ist unklar, in welchem Umfang diese tatsächlich zeitnah realisiert werden können. Das Zukunftspaket des Konjunkturpakets wirkt eher langfristig und ist nicht konjunkturell angelegt. › Von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie gehen erhebliche Belastungen für die öffentlichen Haushalte aus. Die vom Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket zu erwartenden Belastungen der öffentlichen Haushalte sollten sich mehrheitlich auf das Jahr 2020 konzentrieren. „Der Bundesrechnungshof empfiehlt, dass die Bundesregierung in Fortführung und Ausweitung des Maßgabebeschlusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom 25. März 2020 diesem regelmäßig über den Stand der Inanspruchnahme der Haushaltsmittel zur Bekämpfung der Corona-Krise berichtet. […]. Mit der fortwährenden Information hierüber wird der Haushaltsausschuss in die Lage versetzt, rechtzeitig eine Entscheidung zu treffen, ob z. B. weitere Maßnahmen als Reaktion auf die Krise notwendig werden“ (BRH, 2020). › Die gute Ausgangslage am Arbeitsmarkt vor der Corona-Pandemie sowie die Möglichkeit der Kurzarbeit haben den deutschen Arbeitsmarkt gestützt. Das Kurzarbeitergeld stabilisiert Einkommen und verhindert einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit. Das Sicherungsniveau durch Kurzarbeit ist durch die beschlossene Verlängerung der Bezugsdauer und die hohen Lohnersatzraten inzwischen überdurchschnittlich hoch. Quelle: IW-Zusammenstellung 11. September 2020 / Dr. Hans-Peter Klös 19
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