COVID-19 - die erste Pandemie des neuen Jahrtausends

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COVID-19 - die erste Pandemie des neuen Jahrtausends
CORONA-PANDEMIE

 COVID-19 – die erste Pandemie des
 neuen Jahrtausends
 Th. Grünewald1, D. Teichmann2,                   zu verzeichnen. Während die SARS-            Viren (ICTV) legte am 11. Februar 2020
     R. Schaumann1, L. Jatzwauk 3                 Epidemie 2003 zum Stillstand kam und         als Name für das auslösende Virus
                                                  der Erreger in der menschlichen Popu­       „severe acute respiratory syndrome
                                                  lation seitdem nicht mehr nachgewie­         coronavirus 2 (SARS-CoV-2)” fest. Die­
     Einleitung                                   sen werden konnte, gibt es bei MERS          ser Name deutet die enge genetische
 Coronaviren sind behüllte RNA-Viren              bis heute einzelne Erkrankungen und          Verwandtschaft zum das schwere
 mit mehr als 100 unterschiedlichen               kleine epidemische Cluster vor allem im      akute respiratorische Syndrom (SARS)
 Spezies. Erkrankungen sind bei einer             Königreich Saudi-Arabien.                    auslösende SARS-Coronavirus (SARS-
 Vielzahl von Säugetierspezies nach­              Das Wesen eines pandemischen Erre­           CoV) an. Damit entfällt die seit Anfang
 weisbar. Ein wichtiges Reservoir für             gers ist die hohe Suszeptibilität in wei­    Januar nach Erregeridentifizierung ge­­
 Coronaviren sind Fledermäuse, die in             ten Teilen der betroffenen Bevölkerung       wählte, vorläufige Bezeichnung 2019-
 der Epidemiologie und Verbreitung von            und die permanente lokale Transmis­          nCoV.
 Coronaviren eine wichtige Rolle zu               sion auf allen Kontinenten. Diese trifft
 spielen scheinen. Der Spillover zum              für das SARS-CoV-2 zu, sodass es sich    Im Dezember 2019 kam es in Wuhan,
 Menschen kann entweder direkt oder               bei dem globalen Ausbruchsgeschehen      einer Stadt in China mit circa elf Millio­
 über Zwischenwirte erfolgen. Coronavi­           tatsächlich um die erste Pandemie des    nen Einwohnern, gelegen in der Provinz
 ren der Genera Alpha- und Betacorona­            21. Jahrhunderts beziehungsweise des     Hubei, zu einem Ausbruch durch dieses
 virus sind seit längerem als Erreger von         3. Jahrtausends handelt. Die Verfol­     bis dahin unbekannte Coronavirus 2
 – meist milden – Infektionen des Respi­          gung der pandemischen Ausbreitung        (SARS-CoV-2). Erste Fälle traten in
 rationstrakts beim Menschen bekannt              ist mit den verfügbaren Technologien     Hubei/Wuhan wohl bereits Anfang bis
 (Übersicht siehe Tab. 1). Ähnlich den            online möglich, die Maßnahmen zur        Mitte Dezember 2019 auf. Als Ursprung
 Influenza-Viren findet sich oftmals eine         Bekämpfung der Pandemie jedoch           werden Tier zu Mensch Übertragungen
 Saisonalität mit Peaks in der kalten             haben sich seit den Zeiten der Influ­    auf einem Geflügel- und Fleischmarkt
 Jahreszeit. 2002 und 2012 kam es zum             enza-Pandemie 1917 bis 1919 („Spani­     verantwortlich gemacht, welcher am
 Auftreten von zwei neuen Spezies                 sche Grippe“) leider nicht in gleichem   1. Januar 2020 von den chinesischen
 (SARS-CoV und MERS-CoV), die sich                Maße weiterentwickelt.                   Behörden geschlossen wurde. Tags
 epidemisch in Asien (SARS-CoV) und               Es soll hier ein kurzer Abriss des Ge­­  zuvor wurde die WHO über die Häufung
 auf der arabischen Halbinsel (MERS-CoV)          schehens gegeben werden.                 von Fällen von SARS Erkrankten unbe­
 ausbreiteten und sich im Gegensatz zu                                                     kannten Ursprungs informiert. Am 7.
 den bisherigen bekannten Krankheits­             Epidemiologie                            Januar wurde der Erreger identifiziert,
 bildern durch schwere Pneumonien                 Die COVID-19-Epidemie und deren nach­ vorläufig als 2019-nCoV bezeichnet und
 und systemische Manifestationen                  folgende Pandemie (umgangssprach­ die viralen Sequenzen online weltweit
 kenn­zeichneten. Schon hierbei war eine          lich auch Coronavirus-Pandemie, Corona-­ zur Verfügung gestellt.
 hohe Sterblichkeit (SARS-CoV: circa              Pandemie, Coronavirus-Krise oder
 neun Prozent, MERS-CoV: 34 Prozent)              Corona-Krise) ist ein Ausbruch der neu­ Eine genetische Verwandtschaft von
                                                  artigen Atemwegserkrankung COVID-19 SARS-CoV-2 besteht zu Coronaviren
                                                  (oder „Covid-19“, für Englisch corona aus Fledermäusen.
 1
         Klinikum Chemnitz gGmbH, Klinik für      virus disease 2019). Diese Bezeichnung Gegen Mitte Januar 2020 konnte die
         Infektions- und Tropenmedizin am         wurde am 12. Februar 2020 durch die Virusübertragung von Mensch zu
         Zentrum Innere Medizin II                Weltgesundheitsorganisation (WHO) Mensch bestätigt werden. Der Haupt-
     2
         Städtisches Klinikum Dresden, Zentrum    festgelegt, die die durch ein neuartiges übertragungsweg in der Bevölkerung
         für Infektions-, Reise- und Tropen­      Coronavirus verursachte Krankheit scheint die Tröpfcheninfektion zu sein.
         medizin – Gelbfieberimpfstelle           offiziell Coronavirus Disease 2019 Theoretisch sind auch Schmierinfekti-
     3
         Universitätsklinikum Carl Gustav Carus   (COVID-19) benannte. Das Internatio­ onen/Infektionen durch kontaminierte
         an der Technischen Universität Dresden   nale Komitee für die Taxonomie von Oberflächen und eine Ansteckung über

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Tab. 1: Humanpathogene Coronaviren
 Spezies                                 Kurzform       Genus (Subgenus)       Ausbreitung      Krankheits-          Letalität*
                                                                                                schwere
 human Coronavirus 229E                  hCoV 229E      Alphacoronaviridae     global           mild
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     von Amerika, Deutschland, dem Iran     ausreichend. Je nach Erkrankungssta­       tisierter Verfahren, zur Verfügung. Auf­
     und Frankreich.                        dium gelingt zum Beispiel in einer         grund der jetzigen Pandemie kann es
                                            Stuhlprobe ein Virusnachweis, während      allerdings zu Lieferengpässen bei den
 In Deutschland wurden bisher circa         hingegen die Untersuchung von Mate­        notwendigen Materialien kommen.
 23.000 Infektionen erfasst. In Sachsen     rial der Atemwege gleichzeitig negativ     Ein negatives PCR-Ergebnis schließt
 liegt die Zahl der Infizierten bei über    ausfallen kann.                            die Möglichkeit einer Infektion mit
 600 Fällen mit einer aktuellen Ver-        Bei der Probenentnahme aus den             SARS-CoV-2 nicht vollständig aus.
 dopplungszeit der Fälle von etwa zwei      Atemwegen ist darauf zu achten, dass       Ebenso kann es auch zu falsch positi­
 bis drei Tagen.                            bei Abstrichen für den Virusnachweis       ven Ergebnissen kommen. Insgesamt
                                            geeignete Tupfer (inklusive eines geeig­   sind Sensitivität und Spezifität der
 Weltweit sind mittlerweile nahezu alle     neten Transportmediums) benutzt            Testsysteme jedoch, soweit es sich
 Staaten in unterschiedlichem Ausmaß        werden. Hinweise hierzu finden sich bei    zum jetzigen Zeitpunkt sagen lässt,
 betroffen. In einer großen Zahl von        der WHO unter den Topics:                  sehr hoch.
 Staaten hat die Pandemie zu teils mas­     • „Laboratory testing for 2019 novel       Bei negativem Ergebnis und weiterbe­
 siven Einschnitten in das öffentliche         coronavirus (2019-nCoV) in              stehendem klinischen Verdacht sollte
 Leben der Gesellschaft und in das Pri­       suspected human cases“                   eine Zweituntersuchung durchgeführt
 vatleben ihrer Bürger geführt. Reise-      • „Laboratory biosafety guidance           werden. Ebenso sollten die Untersu­
 und Bewegungsbeschränkungen, Ver­            related to coronavirus disease 2019      chungsmaterialien asserviert werden,
 sammlungsverbote, die Schließung von          (COVID-19)“.                            um im Zweifelsfall, zum Beispiel auch
 Freizeitangeboten und Geschäften oder                                                 bei möglicherweise falsch positivem
 gar komplette Ausgangssperren in bis­      Für den indirekten Nachweis kann           Ergebnis, weiterführende Untersuchun­
 her nie da gewesenem Ausmaß sollen         Serum eingesandt werden.                   gen zu ermöglichen.
 zur Verlangsamung und Eindämmung           Vor Probennahme und Einsendung an          Bei den verfügbaren PCR-Systemen für
 der Infektionswelle beitragen.             das Laboratorium sollte insbesondere       SARS-CoV-2 werden Sequenzen aus
                                            beim direkten Erregernachweis mit          zwei oder auch drei Genen des Virus
     Diagnostik bei Verdacht                dem jeweiligen Labor Rücksprache           nachgewiesen, wobei entweder die
     auf eine Infektion mit                 gehalten werde; Proben für den direk­      drei Gensequenzen in einem Untersu­
     SARS-CoV-2/COVID-19-Erkrankung         ten Erregernachweis sollten möglichst      chungszyklus nachgewiesen werden
 Für den Nachweis einer Infektion mit       schnell an das Laboratorium einge­         oder ein abgestuftes Verfahren zur
 SARS-CoV-2 stehen der direkte Erre­        sandt und dort untersucht werden. Die      Anwendung kommt. Bei dem abgestuf­
 gernachweis mittels (RT-) PCR und der      Proben sind als „Biologischer Gefahr­      ten Verfahren wird zunächst nur ein
 indirekte Erregernachweis mittels          stoff, Kategorie B“ der UN-Nr. 3373        Gen/eine Gensequenz detektiert und
 Nachweises von Antikörpern zur Ver­        zugeordnet und entsprechend der Ver­       nur dann, wenn diese Untersuchung
 fügung.                                    packungsanweisung P650 zu verpa­           positiv ausfällt, folgt eine weitere
 Entsprechend der klinischen Sympto­        cken. Die Proben sollten, insbesondere     Untersuchung auf weitere Gensequen­
 matik sollten für den direkten Erreger­    bei Proben für den direkten Erreger­       zen. Es handelt sich hierbei um Se­    ­
 nachweis Proben aus dem oberen und/        nachweis, möglichst gekühlt versandt       quenzen aus folgenden Genen:
 oder dem tiefen Respirationstrakt ent­     werden.                                    1) RdRP � kodiert eine RNA-abhän-
 nommen werden (zum Beispiel Abstri­        Bei der Untersuchung im Labor sind die         		 gige RNA-Polymerase,
 che, Trachealsekret oder BAL).             entsprechenden (Arbeits-)Schutzmaß­        2) E       � kodiert eine Hüllprotein
 Die Frage, inwieweit auch andere           nahmen einzuhalten. Es sind die ent­           		(„envelope“),
 Körpersekrete/-flüssigkeiten, zum Bei­     sprechenden Hinweise des ABAS und          3) N       � kodiert eine
 spiel Blut oder auch Stuhl geeignete       der Biostoffverordnung zu beachten. Je     			Nukleocapsidprotein.
 Untersuchungsmaterialien sind und          nach Untersuchungsablauf gelten hier
 auch untersucht werden sollten, kann       die Schutzstufen 2 oder 3.                 Für den indirekten Erregernachweis
 zurzeit noch nicht abschließend beant­     Für den direkten Erreger-/Virusnach­       sind erste Methoden für einen Anti­
 wortet werden. Allerdings ist die allei­   weis stehen verschiedene PCR-/RT-          körpernachweis beschrieben. Insofern
 nige Untersuchung von Probenmaterial       PCR-Nachweissysteme, von In-House          sollte von Patienten mit Verdacht auf
 aus dem Respirationstrakt für den          bis hin zu kommerziell erhältlichen        COVID-19-Erkrankung möglichst früh
 Ausschluss einer Infektion nicht immer     Systemen, einschließlich (voll-)automa­    im akuten Krankheitsstadium und

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Tab. 2: COVID-19 Schweregradeinteilung (adaptiert nach China CDC)

 Schweregrad           Klinik                               Oxygenierung                   Radiologie          VL
 mild                  geringe Beschwerden, keine Luftnot   S02 oder paO2 im Normbereich keine pneumoni­ CT >30
                                                            unter Raumluft               schen Infiltrate
 regulär               Fieber, Luftnot bei mäßiger          S02 oder paO2 im Normbereich pneumonischen         CT >20
                       Belastung                            unter Raumluft               Infiltrate
 schwer

 - Erwachsene          AF ≥30/min                      S02 ≤93% oder Horowitz              pneumonische        jeder CT-Wert
                                                       ≤300 mmHg unter Raumluft            Infiltrate im
 - Kinder              mühsames Atmen (Stöhnen, Weiten S0 ≤92%                             ­Verlauf um >50%
                                                         2
                       der Nasenlöcher beim Einatmen,                                       zunehmend
                       Hoover-Zeichen), Zyanose,
                       zeitweilige Atemstillstände
                       < 2 Monate: AF ≥60/min;
                       2-12 Monate: AF ≥50/min;
                       1-5 Jahre: AF ≥40/min;
                       > 5 Jahre: AF ≥30/min;
                       Lethargie und Krämpfe
                       Essstörung/Fütterungsprobleme,
                       Dehydration
 kritisch              ARF mit MV oder Schock oder MOF                                                         jeder CT-Wert

dann im weiteren Verlauf Serum asser­     (>70 Prozent), Myalgien (>60 Prozent) und    Erkrankung eine klare Altersabhängig­
viert werden, um so Informationen über    trockener Husten sowie katarrhalische        keit: Erkrankte über 75 Jahre (in ande­
eine mögliche Serokonversion und den      Beschwerden (jeweils >50 Prozent) im         ren Studien über 80 Jahre) haben signi­
Titerverlauf zu gewinnen. Ebenso kön­     Vordergrund stehen. Daneben können           fikant häufiger schwerere Verläufe und
nen dadurch Untersuchungen hinsicht­      Rhinorrhoe, aber auch gastroenteriti­        eine deutlich höhere Letalität (soge­
lich möglicher serologischer Kreuzreak­   sche Beschwerden (je nach Studie 70 Pro­ sich sowohl bei den Verläufen als auch          Aussagen zur Gesamtsterblichkeit (CFR
zent der Erkrankten), Schwäche/Fatigue dann bei der Prognose der gesamten              über alle Patienten) sind in der aktu­

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                                                                                                              Während         Röntgen-Thorax-Befunde
                                                                                                              initial unspektakulär und ohne klar
                                                                                                              ­
                                                                                                              abgrenzbare Infiltrationen sein können,
                                                                                                              finden sich in der Computertomografie
                                                                                                              (CT) des Thorax bei 80 bis 100 Prozent
                                                                                                              der Patienten Infiltrate. Diese sind vor
                                                                                                              allem bilateral peripher multisegmen­
                                                                                                              tal, zum Teil konfluierend/kompaktie­
                                                                                                              rend, zum Teil milchglasartig imponie­
                                                                                                              rend. Ein Bronchopneumogramm findet
                                                                                                              sich hier häufig. Weitere Befunde kön­
                                                                                                              nen lokale Bullae, teils retikuläre inter­
                                                                                                              stitielle Infiltrate sein. Ein Befall von
     Grafik 1: Vergleich der altersabhängigen Sterblichkeiten Italien und China (Onder G et al., JAMA 2020;   mehr als zehn Segmenten und ein Pro­
     doi:10.1001/jama.2020.4683)
                                                                                                              gress der radiologischen Veränderun­
                                                                                                              gen um mehr als 50 Prozent der Aus­
 ellen, sehr dynamischen Situation des Verlaufs eine Leukopenie (schwere                                      gangsbefunde sind indikativ für einen
 schwierig zu treffen. Nach modellierten Fälle bis >60 Prozent). Korrelierend zu                              schweren Verlauf. In großen Big Data-
 Berechnungen kann von einer CFR zwi­ den Lungenveränderungen finden sich                                     Analysen von mehr als 300 Compute­
 schen zwei und vier Prozent ausgegan­ Erhöhungen der LDH, zudem in einem                                     tomografien chinesischer Patienten
 gen werden. Die immer wieder disku­ Drittel der Fälle die Aktivierung der                                    konn­­te gezeigt werden, dass ein KI-
 tierten Unterschiede zwischen einzel­ leberspezifischen Transaminasen und                                    gestützter Lernalgorithmus die Sensi­
 nen Ländern beruhen auf der unter­ eine CK-Erhöhung. Das C-reaktive Pro­                                     tivität für die Detektion eines COVID-19
 schiedlichen Altersstruktur der betrof­ tein ist meist nur mild erhöht, das Pro­                             Erkrankten durch die CT erheblich ver­
 fenen Populationen sowie auf unter­ calcitonin ist nicht indikativ bei der                                   bessern kann.
 schiedlichen Meldesystemen. So wird COVID-19-Erkrankung.                                                     Exemplarisch sind in den Abb. 1 bis 3
 in Italien jeder Todesfall mit dem Nach­                                                                     typische Befunde dargestellt.
 weis von SARS-CoV-2 als COVID-19-­ Insgesamt passen die Laborverände­                                        Für den erfahrenen Radiologen stellt
 Todesfall registriert. Hierbei spielt es rungen zu viralen Allgemeininfektionen,                             sich bei COVID-19 eine recht typische
 keine Rolle, ob der Patient an der Infek­ ohne das neben der Lymphopenie                                     Radiomorphe dar, die die Detektion
 tion verstorben ist oder an einer ande­ wesentliche Befundmuster hervorste­                                  entsprechender Erkrankter erleichtern
 ren Erkrankung und lediglich mit SARS- chen. Erweitert man die Diagnostik                                    kann.
 CoV-2 infiziert war. Eine kürzlich veröf­ entsprechend, lassen sich abhängig
 fentliche Untersuchung italienischer von der Schwere der Erkrankung Zei­                                     Therapie
 Kollegen zeigt dann auch im Vergleich chen einer deutlichen Hyperinflamma­                                   Die Therapie der Erkrankten ist bislang
 mit Daten aus China interessante tion (Erhöhung der proinflammatori­                                         für die Mehrzahl der Fälle rein suppor­
 Aspekte auf: die CFR bei den Erkrank­ schen Zytokine und Chemokine, wie                                      tiv. Insbesondere bei schwer und kritisch
 ten
CORONA-PANDEMIE

                                                                                                                tanzen sowie auch die passive Immun­
                                                                                                                therapie sind in der klinischen Überprü­
                                                                                                                fung. Monoklonale Antikörper, die aus
                                                                                                                der Therapie von SARS und MERS
                                                                                                                stammen, sind bei COVID-19 nicht
                                                                                                                wirksam. Ebenso hat sich die Hoffnung
                                                                                                                auf einen erfolgreichen Einsatz von
                                                                                                                antiretroviralen Protease-Hemmern
                                                                                                                nicht erfüllt. Weitere Medikamente wie
                                                                                                                Remdesivir, Galidesivir, Hydroxychloro­
                                                                                                                quin und weitere werden derzeit in gro­
                                                                                                                ßen klinischen Studien geprüft.
Abb. 1a: Röntgen des Thorax mit typischen              Abb. 1b: Korrespondierendes CT des Thorax
Veränderungen einer Coronavirus-Infektion              (koronare Schnittführung) mit erheblich
(6. Krankheitstag).                                    ausgedehnteren Infiltrationen und sekundären             Prävention der Krankheitsüber­
                                                       Veränderungen wie Kompaktierung und
                                                       kleine Bullae (7. Krankheitstag).
                                                                                                                tragung/Hygienemaßnahmen
                                                                                                                Nach derzeitigem Kenntnisstand er­      ­
                                                                                                                folgt die Übertragung der Infektion
                                                                                                                auch in Gesundheitseinrichtungen über
                                                                                                                respiratorische Sekrete, vor allem durch
                                                                                                                beim Husten und Niesen entstehende
                                                                                                                Tröpfchen sowie bei mit Aerosolbildung
                                                                                                                einhergehenden Prozeduren (zum Bei­
                                                                                                                spiel der Bronchoskopie oder Intuba­
                                                                                                                tion). Die respiratorischen Sekrete kön­
                                                                                                                nen natürlich auch direkt (Handkon­
                                                                                                                takt) oder indirekt (Handkontakt mit
                                                                                                                kontaminierten Oberflächen) übertra­
Abb. 2a: Röntgen des Thorax mit nur diskreten,         Abb. 2b: Korrespondierendes CT des Thorax                gen werden. Daher hat die Beachtung
nicht spezifischen Veränderungen                       (koronare Schnittführung) mit typischen Infiltrationen
(4. Krankheitstag).                                    einer Coronavirus-Infektion (4. Krankheitstag).          der Händehygiene oberste Priorität.
                                                                                                                Diese gehört zur Basishygiene und ist
                                                                                                                bei allen Patienten insbesondere zu
                                                                                                                realisieren durch:
                                                                                                                • den Verzicht auf die Begrüßung oder
                                                                                                                  Verabschiedung aller Patienten
                                                                                                                  mit Handschlag,
                                                                                                                • die Benutzung von Schutzhand­
                                                                                                                  schuhen bei potenziellem Kontakt
                                                                                                                  mit respiratorischen Sekreten,
                                                                                                                • die Händedesinfektion vor und nach
                                                                                                                  jeder Untersuchung oder Pflege des
                                                                                                                  Patienten, unabhängig vom Tragen
                                                                                                                  der Schutzhandschuhe.

                                                                                                                 Alle in den Listen des VAH (Verbund für
                                                                                                                 Angewandte Hygiene e. V.) oder des
                                                                                                                 RKI zur Händedesinfektion angegebe­
                                                                                                                 nen Händedesinfektionsmittel sind
                                                                                                                 wirksam (Angaben: „begrenzt viruzid“,
                                                                                                                „be­­grenzt viruzid plus“ oder „viruzid“),
Abb. 3: CT des Thorax (axiale Schnittführung) mit dem Vollbild eines ARDS.                                       ebenso die von vielen Apotheken auf

Ärzteblatt Sachsen 4|2020                                                                                                                                    19
CORONA-PANDEMIE

     Tab. 3: Empfehlungen zur Verwendung von Atemschutzmasken beziehungsweise Mund-Nasen-Schutz (MNS) bei pandemischer,
     nicht impfpräventabler Influenza oder COVID-19

      Tätigkeit                                                                      MNS                      FFP1-Atemschutz          FFP2-/FFP3-
                                                                                                              oder mehrlagiger MNS     Atemschutz
      Ambulante Versorgung und Pflege von Verdachtsfällen Patient                                             medizinisches Personal   -----
                                                          (wenn zumutbar)
      Transport im Krankenhaus                                                       Patient                  Transportpersonal        -----
                                                                                     (wenn zumutbar)
      Tätigkeiten im Patientenzimmer ohne direkten                                   Patient                  medizinisches Personal   -----
      ­Patientenkontakt                                                              (wenn zumutbar)
      direkte Tätigkeiten am Patienten, bei denen                                    Patient                  -----                    medizinisches
      ­Beschäftigte Hustenstößen ausgesetzt sein können                              (wenn zumutbar)                                   Personal
      Tätigkeiten mit Aerosolbildung zum Beispiel Bronchos- -----                                             -----                    medizinisches
      kopie, Intubieren, offenes Absaugen resp. Sekrete                                                                                Personal

          Risikostratifizierung vor Endoskopien im Kontext COVID-19                                               Grundlage der Allgemeinverfügung der
                                                                                                                  Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
          (adaptiert an: Repici et al., GI Endoscopy 2020, doi: https://doi.org/10.1016/j.gie.2020.03.019.)
                                                                                                                  Arbeitsmedizin nach WHO-Rezepturen
           telefonische Kontaktaufnahme zu ambulanten Patienten                                                  selbst hergestellten Händedesinfekti­
          einen Tag vor der geplanten Endoskopie
           Kontaktaufnahme mit der zuweisenden Abteilung/Krankenhaus                                             onsmittel auf der Basis von Ethanol
                                                                                                                  oder Isopropanol.
          Abfrage:
           Symptome? (Fieber > 37.5 °C, Halsschmerzen, Husten, respiratorische Probleme)
           Kontakte mit Personen mit Verdacht oder Nachweis einer CoV-2-Infektion?                               Personalschutzmaßnahmen
           Rückkehr aus Risikogebieten?
                                                                                                                  Grundsätzlich sollte nur geschultes
           Ankunft in der Endoskopie:                                                                            Personal für die Versorgung von COVID-
           Fiebermessung
                                                                                                                  19-Patienten eingesetzt werden. Vor
           kein Zutritt für Begleitpersonen (Ausnahmen: spezifische Unterstützung oder Dolmetschen               jedem Kontakt mit COVID-19-Patienten
          erforderlich).
                                                                                                                  ist persönliche Schutzausrüstung, be­­
           Klassifizierung der Patienten in Risikogruppen                                                        stehend aus Schutzkittel, Einweghand­
           Klassifizierung des potenziellen SARS-CoV-2 Infektionsrisikos für Patienten vor                        schuhen und dicht anliegender Ge­    ­
           endoskopischen Untersuchungen                                                                          sichtsmaske, anzulegen. Bei ausge­
           niedriges Risiko         keine Symptome (Husten, Fieber, Luftnot, Diarrhoe)
                                    keine Kontakte mit SARS-CoV-2 positiv getesteten Personen
                                                                                                                  prägter Exposition gegenüber Aeroso­
                                    keine Rückkehr aus Risikogebieten                                            len (zum Beispiel bei Bronchoskopie)
           intermediäres            Symptome, aber kein stattgehabter Kontakt mit SARS-CoV-2 positiv             oder Gefahr des direkten Anhustens
           Risiko                    getesteten Personen und keine Rückkehr aus Risikogebieten
                                    keine Symptome, aber stattgehabter Kontakt mit SARS-CoV-2                    sind an Stelle des chirurgischen Mund-
                                     positiv getesteten Personen oder Rückkehr aus Risikogebieten                 Nasen-Schutzes eine Atemschutz­
           hohes Risiko             alle Notfallendoskopien ohne adäquate Anamnese
                                    mindestens ein Symptom und eines der folgenden Kriterien:                    maske (FFP2 beziehungsweise FFP3)
                                     - Kontakt mit einer SARS-CoV-2 positiv getesteten Person                     und zusätzlich eine Schutzbrille anzu­
                                     - Rückkehr aus einem Risikogebiet
                                                                                                                  legen. Auf der Basis des Beschlusses
           persönliche Schutzausrüstung zur Endoskopie in Abhängigkeit von der Risikoklassifikation              609 des Ausschusses für Biologische
          des Patienten:
                                                                                                                  Arbeitsstoffe (ABAS) der Berufsgenos­
           niedriges Risiko                 intermediäres Risiko             hohes Risiko                         senschaften kann folgende Empfeh­
           chirurgische Maske               obere GIT-Endoskopie:            FFP2- oder FFP3-Maske
           Kopfhaube                        hohes Risiko                     Kopfhaube                            lung zur Anwendung kommen (Tab. 3).
           Schutzbrille                                                      Schutzbrille oder –schild
           Einmalkittel                                                      langärmeliger, wasserfester
           Handschuhe                                                        Einmalkittel                         Spezielle Maßnahmen
                                                                             2 Paar Handschuhe                    Patienten mit Nachweis von SARS-
                                            untere GIT-Endoskopie:
                                            niedriges Risiko                                                      CoV-2 sollten nur dann stationär be­­
                                                                                                                  handelt werden, wenn es die klinische
     Abb. 4: Risikostratifizierung von ambulanten COVID-19-Patienten vor Endoskopien                              Symptomatik erfordert. Dann sind

20                                                                                                                                     Ärzteblatt Sachsen 4|2020
CORONA-PANDEMIE

diese Patienten in Einzelzimmern mit       Behältnis zur Spülmaschine transpor­        COVID-19-Verdacht ist das Schema
eigener Nasszelle zu isolieren. Eine       tiert und wie üblich gereinigt werden.      (Abb. 4) einsetzbar. 
gemeinsame Isolierung (Kohortierung)       Wäsche und andere Textilien werden
mehrerer infizierter Patienten ist gege­   wie üblich einem desinfizierenden                              Literatur bei den Autoren

benenfalls möglich. Besuche durch          Waschverfahren gemäß RKI-Liste zu­­                           Korrespondierender Autor
Angehörige sollten unterbleiben. Eine      geführt. Als Taschentücher sollen Ein­                      Dr. med. Thomas Grünewald
                                                                                                        Klinikum Chemnitz gGmbH
Abschaltung von raumlufttechnischen        wegtücher Verwendung finden. Die
                                                                                                 Flemmingstraße 2, 09116 Chemnitz
Anlagen (Klimaanlagen) muss vor Ort        Entsorgung von Abfällen, die mit Sekre­                    E-Mail: t.gruenewald@skc.de
bewertet werden (Konsultation Kran­        ten oder Exkreten kontaminiert sind,
kenhaushygiene). Flächen im Patien­        erfolgt mit Ausnahme der Abfälle defi­
tenzimmer, die Patient und/oder Per­       nierter „Isolierstationen der Kranken­      In Zeiten von Corona ergeben sich auch
sonal mit den Händen berühren, sind        häuser“ wie üblicher krankenhausspe­        viele Fragen zum Thema Strahlen­
mindestens täglich durch Wischdesin­       zifischer Abfall (ASN 18 01 04), in ambu­   schutz für Strahlentherapeuten und
fektion (Wirkungsspektrum s.o.) zu         lanten Praxen als Hausabfall. Nach          Nuklear­mediziner.
reinigen und zu desinfizieren. Instru­
­                                          Entlassung/Verlegung der stationären        Das Sächsische Staatsministerium für
mente und sonstige Medizinprodukte         COVID-19-Patienten erfolgt eine Schluss­    Energie, Klimaschutz, Umwelt und Land­
mit direktem Kontakt zum Patienten         desinfektion (Wischdesinfektion) des        wirtschaft hat unter
(zum Beispiel EKG-Elektroden, Stetho­      Zimmers mit „begrenzt viru­ziden“ Des­      www.strahlenschutz.sachsen.de/
skope, et cetera) sind patientenbezo­      infektionsmitteln.                          30642.html
gen zu verwenden und müssen nach                                                       aktuelle Informationen dazu eingestellt.
Gebrauch aufbereitet werden. Die rou­      Risikostratifizierung bei
tinemäßig eingesetzten Verfahren sind      ambulanten Behandlungen
auch gegen SARS-CoV-2 wirksam. Ge­­        Als Beispiel einer Risikostratifizierung
schirr kann in einem geschlossenen         bei der Endoskopie von Patienten mit

                                                                                 CORONA-MESSAGE TO GO
    Jede Hausarztpraxis wird in den nächsten Wochen            Täglich ist daher zu klären:
    Patienten mit CoViD-19 betreuen müssen, denn SARS-         • Temperatur über 38,5 °C ? Seit wann? Wie gemessen?
    CoV-2-positive Patienten mit milden Erkältungssymp­        • Besteht das Gefühl, schlecht Luft zu bekommen
    tomen, wie zum Beispiel Husten, Schnupfen, Fieber und        („Wie oft atmen Sie in der Minute, wenn Sie ruhig
    Gliederschmerzen, werden ambulant betreut. Dies trifft       ­liegen [>22/Min.]? Haben Sie das Gefühl, immer
    auf circa 80 Prozent der Erkrankten zu.                       wieder tief Luft holen zu müssen?“ Falls der Patient
                                                                  ein 02-Sättigungsmessgerät zu Hause hat, darf die
    Besondere Risikofaktoren sind:
                                                                  ­Sättigung nicht unter 93 Prozent sinken)
    • Herz-Kreislauferkrankungen (Hypertonie, KHK,
                                                               • Puls >99/Min.; RR
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