COVID-19: Unsichere Datenlage und unversicherbare Risiken - I.VW-HSG Webinar zur Corona-Krise, 21. April 2020 Prof. Dr. Hato Schmeiser Prof. Dr ...
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COVID-19: Unsichere Datenlage und unversicherbare Risiken I.VW-HSG Webinar zur Corona-Krise, 21. April 2020 Prof. Dr. Hato Schmeiser Prof. Dr. Alexander Braun
Ausgangslage Die massiven Effekte von Covid-19 waren nicht leicht voraussehbar Die Risikomanagementmassnahmen gegen die Verbreitung von Covid-19 üben erhebliche Wirkung z. B. auf die Tätigkeit von Wirtschaftsunternehmen, aber auch die Freiheitsrechte der Bevölkerung aus Ziel: Herstellung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems durch die Reduzierung der Ausbreitungsgeschwindigkeit. Zudem erhofft man sich, durch einen Zeitgewinn Behandlungsmethoden und Präventionsmassnahmen verbessern zu können Corona-Krise │ 21. April 2020
Was wissen wir wirklich? NZZ vom 14 April 2020: • «Bisher sind in der Schweiz seit Ausbruch der Krise 25 768 Personen mit dem Coronavirus infiziert worden, 1139 Personen sind daran verstorben. Zwar infizieren sich die Menschen weiter, die Rate ist aber leicht rückläufig» 3 Sätze, 3 substantielle Fehler … und nun die Verbesserung von gestern Corona-Krise │ 21. April 2020 3
Was wissen wir wirklich? 3 Sätze, nur noch 2 substantielle Fehler … es geht aufwärts Corona-Krise │ 21. April 2020 4
Risikomanagement und COVID-19 Für die Entscheidung für oder gegen eine Risikomanagementmassnahme ist die Datenlage zentral Die eingeleiteten Risikomanagementmassnahmen sind keineswegs nur ein Austausch von Menschenleben versus wirtschaftlichen / gesellschaftlichen Interessen Produktions- und Lieferketten beginnen in der sogenannten Dritten Welt: Ein «Lockdown» kann dort tödliche Konsequenzen mit sich bringen Corona-Krise │ 21. April 2020 5
Datenlage Die öffentlich publizierten Informationen zur Anzahl Infizierter bilden grundsätzlich nur die positiv getesteten Fälle kumulativ ab Die Zahl der tatsächlich Infizierten und die zeitliche Entwicklung ist damit nicht abschätzbar Es liegt eine klassische Stichprobenverzerrung vor Um etwas über den tatsächlichen Verlauf der Infektion sagen zu können, braucht es regelmässige Zufallsstichproben Diese nicht forciert zu haben ist m. E. ein grosses Defizit Corona-Krise │ 21. April 2020 6
Wie viele sind infiziert? Diese Zahl ist faktisch unbekannt Es werden Spannbreiten genannt, z. B. der Anzahl der Infizierten sei 5 bis 20 mal so gross wir die Anzahl der positiv getesteten Personen Konsequenz: Wenn man zur Verdeutlichung einmal annehmen möchte, dass sich von der in der Schweiz bestätigten Zahl der Infizierten (27’630 am 20. April) auf knapp 500'000 tatsächlich mit dem Virus befallene Personen schliessen lässt, versterben aus dieser Gruppe im Erwartungswert bereits rund 400 Personen pro Monat – nicht wegen des SARS-CoV2- Erregers, sondern mit Corona-Krise │ 21. April 2020 7
Unbekannte Kausalität Der Zusammenhang zwischen Covid-19 und Todesfall lässt sich nicht immer leicht herstellen und ist zudem – insbesondere durch i. d. R. vorliegende Vorerkrankungen – fliessend Corona-Todesfall = Todesfall einer Person, bei der eine Corona-Infektion nachgewiesen wurde Berücksichtigt man, dass die Zahl der Infizierten in der Schweiz im Wesentlichen unbekannt ist, lässt sich auch nicht der Prozentsatz Infizierter ermitteln, die intensivmedizinisch betreut werden müssen - Zentrale Anschlussfragen? - Konsequenzen? Corona-Krise │ 21. April 2020 8
Lassen uns die Versicherer im Stich? Ist der Pandemie-Ausschluss eine Spitzfindigkeit oder gibt es fundamentale Gründe dafür? Corona-Krise │ 21. April 2020 10
Poll zur Rolle der Assekuranz in der Corona-Krise Wie nehmen Sie die Versicherungswirtschaft in der COVID-19-Krise wahr? 1) Die Versicherer stehlen sich über den Pandemie-Ausschluss aus der Verantwortung 2) Der Ausschluss derartiger Extremereignisse ist nachvollziehbar 3) Der Ausschluss derartiger Extremereignisse ist zwingend geboten Wie sollte sich der Staat in dieser Situation verhalten? 1) Der Staat sollte die Versicherer dazu zwingen, Betriebsunterbruchschäden zu bezahlen 2) Der Staat sollte sich heraushalten 3) Der Staat sollte zusammen mit den Versicherern an Lösungen arbeiten Corona-Krise │ 21. April 2020 11
Wie arbeitet eine Versicherung? Versicherer Prob. 10% Das Prinzip Versicherung funktioniert gut, wenn viele unabhängige Einzelrisiken vorhanden sind Corona-Krise │ 21. April 2020 12
Bei Extremereignissen ist die Unabhängigkeit der Risiken nicht mehr gegeben Aus diesem Grund sind Naturkatastrophen lokal unversicherbar… Corona-Krise │ 21. April 2020 13
Bis zu einem gewissen Grad kann aber weltweit diversifiziert werden Rückversicherer Auf diese Weise werden geographisch begrenzte Katastrophen global versicherbar Corona-Krise │ 21. April 2020 14
Die COVID-19 Pandemie jedoch ist ein Kataklysmus SARS-CoV-2 Pandemie 2019-2020 Die American Property Casualty Insurance Association schätzt, dass allein KMUs in den USA durch den Lockdown bis zu 430 Mrd. Dollar pro Monat verlieren (Quelle: Bloomberg) Bei derart hochgradiger Korrelation der Risiken bricht das Versicherungsmodell zusammen Corona-Krise │ 21. April 2020 15
Eine Insolvenz des Versicherers ginge zulasten derer mit versicherbaren Risiken Der Ausschluss von unversicherbaren Ereignissen schützt das Kollektiv! Corona-Krise │ 21. April 2020 16
Trotzdem nimmt die Branche ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst 10 bis 15 Prozent der in den BU-Policen vereinbarten Tagessätze Für Gewerbetreibende empfiehlt es sich daher den Dialog mit ihren Versicherern zu suchen Corona-Krise │ 21. April 2020 17
Wie können wir unser Risikomanagement künftig verbessern? Schäden Tier 3: Staatlicher Backstop • Steuerzahler als „Last Resort“ (Cummins, 2006) risikoadäquate Bewertung (Braun, 2016) • Hilfspakete für unversicherte Unternehmen? – Moral Hazard… Tier 2: Öffentlicher Risikopool mit privater Partizipation • Sichert Verfügbarkeit von Deckungen (Ibragimov et al., 2008) 3-stufiger PPP-Ansatz • Kann bestimmte „Layer“ privat rückversichern / verbriefen Rückgriff auf Erfahrungen aus dem Tier 1: Privater Versicherungsmarkt Risikomanagement • Policen werden über die Versicherungsbranche vertrieben anderer Extremereignisse • Durch PPP können Mega-Katastrophen eingeschlossen werden Einbezug des privaten Marktes wo immer möglich – Staat übernimmt Koordinationsrolle Quelle: Alexander Braun, Benjamin Collier, Carolyn Kousky, Howard Kunreuther (Wharton Risk Center + I.VW-HSG) Corona-Krise │ 21. April 2020 18
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Prof. Dr. Hato Schmeiser Prof. Dr. Alexander Braun Institute of Insurance Economics University of St.Gallen Tannenstrasse 19 9000 St.Gallen Switzerland alexander.braun@unisg.ch
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