Da ist doch etwas gewesen. Es nennt sich die Stavanger-Erklärung - WKO

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Da ist doch etwas gewesen. Es nennt sich die Stavanger-Erklärung - WKO
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                                            Lange „Merktexte“ bedingen das Buch. Wird sich diese Lesegewohnheit jemals ändern?

                                            Da ist doch etwas gewesen.
                                            Es nennt sich die Stavanger-Erklärung
                                            Einiges klingt quer durch Europa gleich. Das Ende der Kreidezeit tönt allerorten, und von alternativ-
                                            losen Szenarien in Bezug auf die Digitalisierung ist die Rede. Dazu kommt: Die Vereinheitlichung von
                                            Lehr- und Lernprozessen blockiert die zukunftsorientierte Individualisierung.
                                            Text: Ernst Wachernig

                                            Man darf sich vieles mit der Brille des                8-Punkte-Plan determiniert. Darin geht         kommen weitere „echte Hämmer“, wie
                                            Oberflächlichen ansehen, zweifelsfrei. In              es um diverse Ingredienzien für die digi-      man das umgangssprachlich zum Aus-
                                            liberalen Demokratien wäre es ja noch                  tale Schule, darunter z. B. die einschlägige   druck bringt. Einer davon ist die schlep-
                                            schöner, gäbe es diesbezüglich eine Ein-               Fortbildung der Lehrenden, vor allem aber      pende Ausbildung von Pädagoginnen
                                            schränkung. Doch stellt sich schon die Frage,          geht es darum, digitale Endgeräte zum          und Pädagogen im Online-Unterrichten.
                                            wie sinnstiftend dieser Zugang ist, zumal,             Nonplusultra zu stilisieren. Und die sich      Weitere sind nach wie vor die Ausstattung
                                            wenn es sich um das Thema Schulbildung                 ergebenden Problemstellungen daraus            mit technischem Equipment bei den
                                            handelt. Und damit um das Lesen und in                 sind relevant für die nächsten Jahrzehnte,     Lehrenden und den Lernenden. Und
                                            der logischen Folge um das Lernen. Und                 für die kommenden Generationen, die es         das im dritten Schuljahr, das im Zuge
                                            damit einhergehend um das Bildungsniveau               auszubilden gilt.                              der Pandemie vor wenigen Wochen
                                            der kommenden Generationen.                                                                           eingeläutet worden ist. Aller guten Dinge
                                                                                                   Apropos Problemstellungen. Selbst die          sind drei? In diesem Kontext wohl kaum ...
                                            Was ist gemeint? Die Bildungspolitik hat               geringste davon ist eine relevante: An
                                            im Zuge zahlreicher Adaptierungen wäh-                 Österreichs Schulen mangelt es guten Teils     Hat die digitale Euphorie ein Ziel?
                                            rend der nach wie vor grassierenden Pan-               an entsprechenden Anbindungen an das           Scheinbar, also angeblich, will man die
                                            demie auch die digitale Schultransforma-               World Wide Web mangels ausreichend             Auszubildenden mit der digitalen Schul-
bezahlte Einschaltung

                                            tion eingeläutet, in Österreich in einem               leistungsfähiger Datenleitungen. Dazu          transformation für die Zukunft rüsten. >

                                            sortimenterbrief 10/20                                                                                                                       31
Da ist doch etwas gewesen. Es nennt sich die Stavanger-Erklärung - WKO
Denn die Welt wird digital, genauer: noch         aus rund 30 europäischen Ländern an
viel digitaler, als sie es derzeit bereits ist.   der Stavanger-Erklärung. Darin geht es
Nun gut, dem zu widersprechen wäre                um den Umbau der Lesewelten von Print
ziemlich vertrottelt. Dennoch bleibt zu           auf Digital. In der Tiefe dieser komplexen
hinterfragen, ob dies vor allem anderen           Metastudie, an der 170.000 Personen teil-

                                                                                                 © Wirtschaftskammer Steiermark
der Grund dafür ist, die Digitalisierung          genommen haben, wird das Röntgen auf
der Schulen und der Bildungsmedien vor-           eine überaus relevante Frage gerichtet.
anzutreiben. Devices als das Nonplusultra         Nämlich diese: Warum nehmen Leserin-
der Wissensbeschaffung, möglicherweise            nen und Leser aller Altersstufen Texte auf
auch noch gekoppelt mit Open-Source-              Bildschirmen weniger ernst als gedruckte
Lösungen anstelle der die Lehrpläne unter-        Texte? Alleine aus dieser einen Frage lässt                                     Komm.-Rat Friedrich Hinterschweiger,
                                                                                                                                  Obmann des Fachverbandes der Buch- und
stützenden, approbierten Bildungsme-              sich sinnfällig ableiten, dass Bildschirme                                      Medienwirtschaft
dien. Hat die aktuelle digitale Euphorie          und bedrucktes Papier als Lesemedien
von Österreichs Bildungsmachern dieses            nicht gleichwertig sind. Müßig hinzuzu-
                                                                                                                                  „Niemand ist so verbohrt, die
Ziel? Wenn ja, dann sollte ein Blick in           fügen, aber sei’s drum: Dem „papierenen“                                        weitere Digitalisierung des
Befragungen, vor allem aber in relevante          Lesen folgt das Lernen, diesem wiederum                                         Unterrichts infrage zu stel-
Forschungsergebnisse hilfreich sein.              das Merken. Dem digitalen Lesen folgt das                                       len. Doch sollte ein Schritt
                                                  Überfliegen, das unkonzentrierte Lesen.                                         nach dem anderen gesetzt
Lernen, üben und merken                           Durchaus mit Ausnahmen, etwa bei tech-                                          werden.“
Auszubildende, deren Eltern und Lehren-           nischen Texten, bei „Anweisungen“, bei
de sind in den Jahren 2017 und 2018 quer          Formeln.
durch Österreich befragt worden, wie sich                                                       in der Studie, man wolle einen „be-
denn ihr „Masterplan zur Entwicklung              Ein weiteres Zitat zur Metastudie aus der     dachtsamen Umbau der Lesewelten im
von Bildungsmedien“ gestalte. Eine Auf-           FAZ: Die Forschung zeigt, dass Papier         digitalen Zeitalter“. Keine Rede davon, dass
tragsarbeit des Fachverbandes der Buch-           weiterhin das bevorzugte Lesemedium für       digitale Technologien beim Lesen lernen
und Medienwirtschaft Österreichs, zu-             einzelne längere Texte bleiben wird, vor      außen vor bleiben sollen. Die Stavanger-
gegeben. Wesentlich dabei: eine Umfrage           allem, wenn es um ein tieferes Verständnis    Erklärung ist vielmehr ein wohltuend
ohne Suggestivfragen, durchgeführt von            der Texte und um das Behalten geht.           klug eingestellter Blick in die Zukunft, die
einem unabhängigen Institut. Das Ergeb-           Außerdem ist Papier der beste Träger für      selbst auf individuelle Zugänge einzelner
nis, kompakt zusammengefasst: Für den             das Lesen langer informativer Texte. Das      junger Menschen feinfühlig eingeht.
Unterricht wünscht man sich – man sind            Lesen langer Texte ist von unschätzbarem      Wobei man selbst dabei nicht nur in eine
Auszubildende, Lehrende und Eltern – ein          Wert für eine Reihe kognitiver                Richtung blickt und die Frage stellt, warum
Doppelmedium aus Print und Digital. Je-           Leistungen wie Konzentration, Aufbau          junge Menschen weniger motiviert sind,
nes hybride System, approbiert überdies,          eines Wortschatzes und Gedächtnis.            längere Texte zu lesen, z. B. Bücher. Denn
das in Österreich seit vielen Jahren ent-         Daher ist es wichtig, dass wir das Lesen      daraus könnte langfristig ein manifestes
wickelt wird und das international Beach-         solcher Texte als eine unter mehreren         gesellschaftliches Problem erwachsen.
tung findet. Exakt in dieser hybriden Welt        Leseformen bewahren und fördern. Da           Klar, wenn die Samen des Vorlesens nicht
des Lesens und Lernens und Merkens, drei          das Bildschirmlesen weiter zunehmen           mehr gesät werden, wird es die Triebe und
wesentlichen Zutaten der Bildung, gilt es         wird, müssen wir dringend Möglichkeiten       Blüten des Selberlesens alsbald nicht mehr
herauszufinden, so reflektiert die Frank-         finden, das tiefe Lesen langer Texte in       geben. Was indirekt auch eine Pisa-Studie
furter Allgemeine Zeitung (FAZ) das Sta-          Bildschirmumgebungen zu erleichtern.          bestätigt: Diese stellt bei Schülerinnen und
vanger-Papier, wie die jeweiligen Vorteile                                                      Schülern eine Abnahme der Leseleistung
der Studie und der digitalen Technologien         Befunde aus Stavanger und Pisa                im Allgemeinen und jene des Lesens in
in unterschiedlichen Altersgruppen und            Quasi nebenbei haben digitale Euphoriker      der Freizeit fest.
mit unterschiedlichen Zielsetzungen am            den 130 Forscherinnen und Forschern, die
besten zu nutzen sein werden.                     die Stavanger-Erklärung formuliert und        Schwammige Zielsetzungen
                                                  unterzeichnet haben, vorgeworfen, sie         Corona hat im Bereich der Bildung spon-
Lesen und merken                                  würden den unvermeidlichen Fortschritt        tane Entwicklungen befeuert. Lockdowns
Im Zeitraum ab 2015, öffentlich gemacht           aufhalten wollen. Dass nichts von dem der     und Schulschließungen sind (möglicher-
wird sie 2019, arbeiten 130 Leseforscher          Fall ist, belegt alleine die Formulierung     weise) dem Virus geschuldet gewesen. Als >

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Folge davon hat sich Distance Learning                Wem nützt sie also, die digitale Euphorie?      Nagel in die Uhr zu schlagen“, wie es Mag.
entwickelt. Wobei hier der Name auch Pro-             Nun, es wird Hardware angekauft für             Karl Herzberger, der Geschäftsführer
gramm zu sein scheint. Denn Distanzen                 Lehrende und Auszubildende. Das ist             des Fachverbandes, formuliert. Denn
wurden auf mehreren Ebenen ungewollt                  gut, eigentlich überfällig. Und Lehrende        jedermann sei bewusst, dass die digitalen
aufgebaut. So hat man sich sozial vonein-             werden ausgebildet, um im Zuge der Di-          Helferleins unseren Alltag maßgeblich
ander entfernt. Es gibt dazu ausreichend              gitalisierung die Lehrinhalte mittelfristig     erleichtern. Vor diesem Hintergrund ver-
Belege aus der Soziologie, der Psychologie            adäquat vermitteln zu können. Auch gut,         folgt die Buch- und Medienwirtschaft seit
und der Psychiatrie, wie sehr sich Men-               wenngleich überfällig. Parallel dazu wird       rund zwei Jahrzehnten den hybriden Weg.
schen und deren Sozietät verändert haben.             eine Vereinheitlichung von Lehr- und            Schulbuch-Extra, Cyberhomeworks und
                                                      Lernprozessen angestrebt, wiewohl in of-        DIGI4SCHOOL sind die entsprechenden
Entwickelt hat sich zudem die Distanz                 fiziellen Stellungnahmen, z. B. gegenüber       Codes dazu.
beim Lesen und Lernen. Wenn selbst                    der Presse, eine Individualisierung der-
Schülerinnen und Schüler, Studentinnen                selben kommuniziert wird. Ein Wider-            Und der Fachverband der Buch- und Me-
und Studenten händeringend die Öffnung                spruch, den es alsbald aufzuklären gilt.        dienwirtschaft tut überdies das Folgende:
von     Bildungsstätten   herbeisehnen,                                                               Er empfiehlt einige Publikationen, deren
so ist das wohl Zeichen genug, was es                 Die Interessen der Buchbranche                  Autorinnen und Autoren sich mit der
geschlagen hat. Just die Digital Natives              Schließlich: Ja, die heimische Buchbranche      Digitalisierung aus verschiedenen Blick-
sehnen sich nach Menschen und deren                   produziert Bildungsmedien für Schulen           winkeln beschäftigen. Eine qualitätvolle
Geschick, erklärend zu Wissen zu führen.              und Universitäten in Österreich. Doch sie       Auswahl – insgesamt sechs Rezensionen
Noch vor der Pandemie hätte man dies als              entwickelt auch digitale Medien. So ist es      – soll den Einstieg in eine objektive
Anachronismus eingeordnet.                            nicht im Interesse dieser Branche, „einen       Auseinandersetzung erleichtern. •

Rezensionen
                                                                                                    Die Katastrophe der
                                                                                                    Digitalen Bildung
                             Digitaler Stress                                                       Warum Tablets Schüler nicht
                             Wie er uns kaputt macht und                                            klüger machen – und Menschen
                             was wir dagegen tun können                                             die besseren Lehrer sind
                                                                               © Redline

                             Autor: Prof. Dr. René Riedl                                            Autor: Ingo Leipner
   © Linde

                             Verlag: Linde                                                          Verlag: Redline

       Der Autor ist Professor für Digital Business und Innovation an          Ingo Leipner ist Diplom-Volkswirt und Wirtschaftsjournalist, ge-
       der FH Oberösterreich. Er gilt als einer der weltweit führenden         fragter Referent und betreibt seine eigene Textagentur EcoWords.
       Wissenschaftler in der Erforschung der neuropsychologischen
       Wirkungen der menschlichen Interaktion mit digitalen Tech-              Im flüssigen Stil zeigt der Autor auf, dass digitaler Unterricht
       nologien, berät Unternehmen in Fragestellungen der Digitali-            nicht funktioniert und warum. Wir erfahren über das klägliche
       sierung und ist gefragter Referent bei Wissenschaft und Praxis.         Scheitern des Maurice de Hond mit seinen gehypten Steve-Jobs-
                                                                               Schulen in Holland. Aus Japan berichtet er über das Phänomen
       Ob App am Smartphone, E-Mail am Laptop, Arbeit im Home Of-              der Hikikomori: Menschen, die jahrelang ihr Zimmer nicht ver-
       fice und Co – der digitale Stress ist ein real existierendes Phänomen   lassen. Anhand von wissenschaftlichen Studien wird sichtbar
       im deutschsprachigen Raum, wie seine aktuelle Studie beweist.           gemacht, warum Schüler am besten mit Büchern lernen.

       „Die Studie zeigt zudem, dass digitaler Stress verschiedene ne-         Dass diese Erkenntnis durchaus im Praxisalltag der Eltern im
       gative Konsequenzen mit sich bringt: Emotionale Erschöpfung,            Silicon Valley angewandt wird, ist erstaunlich, denn die Kinder
       weniger Zufriedenheit mit dem Job, genereller Job-Stress, re-           der milliardenschweren Computergurus wie Steve Jobs, Tim
       duzierte Benutzerzufriedenheit, geschwächte mentale Gesund-             Cook oder Bill Gates werden bewusst von den digitalen Medien
       heit und depressive Symptome werden von den Befragten in                ferngehalten und nicht an den Computer herangelassen. •
       der ein oder anderen Form beschrieben“, so Riedl. •

sortimenterbrief 10/21                                                                                                                            33
Rezensionen

                           Autonom und mündig                                                Digitale Revolution
                           am Touchscreen                                                    und Bildung
                           Für eine konstruktive                                             Für eine zukunftsfähige
                           Medienarbeit in der Schule                                        Medienkompetenz
                           Autor: Ralf Lankau                                                Autor: Roberto Simanowski

                                                                        © Beltz
   © Beltz

                           Verlag: Beltz                                                     Verlag: Beltz

       Digitale Medien im Unterricht sind alltäglich geworden. Die       Roberto Simanowski ist promovierter Literatur- und habilitier-
       inhaltliche Diskussion darüber ist primär eine pädagogische       ter Medienwissenschaftler. Sein Forschungsgebiet sind die kul-
       und nur sekundär eine technische. Um Lehr- und Lernprozesse       turellen und politischen Folgen der Digitalisierung.
       anzustoßen, geht es aber auch um das Begreifen, um das Ge-
       spräch und den Diskurs. Lernen ist ein individueller und sozi-    Der Virus ist die Hefe der Digitalisierung. Die Offensive Digi-
       aler Prozess, der nicht digital kompensiert werden kann, wenn     tale Schultransformation in Deutschland, die im Wesentlichen
       Verstehen und nicht nur Repetition das Ziel ist. Medien und       mit dem österreichischen 8-Punkte-Plan korreliert, ist bemer-
       Medientechnik können Lernprozesse unterstützen, aber wir          kenswert. Die digitale Revolution beendet die Kreidezeit und
       lernen im Miteinander.                                            ist ein Aufbruch! Wohin? Ist es ein Konjunkturprogramm für
                                                                         die Computerindustrie? Die Bedingungslosigkeit, mit der Po-
       Dieses Buch betrachtet die beabsichtigte digitale Transforma-     litik gemacht wird, schreitet voran. Die Folgen sind vielfältig.
       tion von Schule und Unterricht aus pädagogischer wie philo-       Beispiele: Pluralisierung wird durch Digitalisierung ersetzt.
       sophischer, aus bildungstheoretischer wie kognitionswissen-       Die ausgewogene Argumentation wird durch zugespitzten,
       schaftlicher Perspektive.                                         konfrontativen Schlagabtausch verdrängt.

       Mit Beiträgen von: Christine Bär, Gottfried Böhme, Burkard        Die Herausforderungen: sich den Technologien stellen, Auswir-
       Chwalek, Sigrid Hartong, Edwin Hübner, Jochen Krautz, Axel        kungen beachten, die Beurteilungskompetenz beim Menschen
       Bernd Kunze, Ralf Lankau, Ingo Leipner, Sandra Reuse, Ange-       belassen und nicht der künstlichen Intelligenz übergeben. •
       lika Supper und Gertraud Teuchert-Nooth. •

                           Die Smartphone-                                                    Zum Frühstück
                           Epidemie                                                           gibt`s Apps
                           Gefahren für Gesundheit,                                           Mehr Durchblick in der
                           Bildung und Gesellschaft                                           digitalen Welt
 © Klett-Cotta

                                                                        © Springer

                           Autor: Manfred Spitzer                                             Autoren: Gerald Lembke, Ingo Leipner
                           Verlag: Klett-Cotta                                                Verlag: Springer

       Smartphones schädigen Kinder und Jugendliche, reduzieren          Professor Gerald Lembke und Dipl.-Volkswirt Ingo Leipner un-
       Lernergebnisse, schaden der Gesellschaft, so die Analyse des      terrichten an der „Dualen Hochschule Baden-Württemberg“ in
       Psychiaters und Neurowissenschaftlers. Einmal mehr warnt          Mannheim.
       Spitzer vor den Nebenwirkungen digitaler Geräte und widmet
       sich speziell der Smartphone-Nutzung junger Menschen.             Das Buch verleitet zu Jubel: Informationen überall und jederzeit,
                                                                         neue Kontakte rund um den Globus ... Das Buch lehrt das Fürch-
       Die Aspekte der Augenmedizin, der fallenden Intelligenzquo-       ten: E-Mail-Terror, Smartphones im Dauereinsatz, die Herr-
       tienten, der nachlassenden sozialen Fähigkeiten und fehlenden     schaft des Beliebigen, Geheimdienste und Konzerne, die alle
       Willensbildung sind einige dieser belegten Nebenwirkungen.        Daten absaugen. Vor allem bei der Erziehung von Kindern ist es
       Eine bestärkende Lektüre für Eltern, sich mit Kindern ausein-     wichtig, Medienkompetenz zu entwickeln und dabei die sozialen
       anderzusetzen. •                                                  Kontakte außerhalb von Facebook nicht zu vernachlässigen. •

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Soll bleiben: 5 % Umsatzsteuer weiter
                 als Marktchance für den Buchhandel
                 Erst ein Blick nach Europa: Deutschland
                 versteuert Bücher mit 7 %, Italien (und

                                                                                                                                                 © Wirtschaftskammer Steiermark
                 damit auch Südtirol) mit 4 %, Luxemburg
                 mit 3 % und die Schweiz mit 2,5 %. Alleine
                 vor diesem Hintergrund wäre eine Rückkehr
                 in Österreich zur Umsatzsteuer auf Bücher
                 von derzeit 5 % auf 10 % eine krasse
                                                                        © Shutterstock

                 Wettbewerbsverzerrung für heimische                                                                                                                              Komm.-Rat Friedrich Hinterschweiger,
                                                                                                                                                                                  Obmann des Fachverbandes der Buch- und
                 Buchhändlerinnen und Buchhändler.                                                                                                                                Medienwirtschaft
                                                                                         Bücher sind wesentliches Lebenselixier für Klein und
                                                                                         Groß. Erst wird vorgelesen, später selbst gelesen.
                 Im Zuge der Pandemie ist besagter
                                                                                                                                                                                  „Die reduzierte Umsatzsteuer
                 Steuersatz von 10 auf 5 % reduziert worden,                             Medienwirtschaft, hinken die Umsätze                                                     ist ein Hoffnungsschimmer
                 um damit die einbrechenden Umsätze ein                                  hinterher. Die erhöhten Kosten durch                                                     für das Überleben der Bran-
                 wenig zu kompensieren. Doch bis dato                                    den Versand aus den Online-Umsätzen                                                      che und den Erhalt der Buch-
                 haben sich die Buchkäufe nicht auf das                                  sind darin noch nicht berücksichtigt.                                                    handlungen quer durch das
                 Vor-Corona-Niveau begeben. Zwischen                                     Insgesamt ist festzustellen, dass die Zahl                                               Land. Wir werden alles tun,
                 2 und 12 %, „je nach Lage, Schwerpunkt                                  der Buchhandlungen weiterhin sinkt –                                                     um die 5 % zu erhalten.“
                 und Vertriebskonzept“, so ein Sprecher                                  jährlich um durchschnittlich etwa 2 % in
                 des Fachverbandes der Buch- und                                         Stadt und Land. •

                 Reform der Vernunft bei Buchpreisbindung
                 zeichnet sich auch in Österreich ab
                                                                                         Welchen Zweck hat die Buchpreisbindung                 macht. Und: Die Buchpreisbindung sichert
                                                                                         seit jeher? Sie ist eine der großen Kultur-            den Erhalt von Buchhandlungen auch auf
                                                                                         Förderinitiativen der Republik Österreich!             dem flachen Land. Das Buch als Kulturgut
                                                                                         Denn klare Preise in den Buchhandlungen                wird, so eine Studie der Universität Inns-
                                                                                         verhindern Preisdumping in der Art von                 bruck, dort mehr nachgefragt, wo es statio-
                                                                                         Diskontern und ermöglichen in der Folge                nären Buchhandel gibt! Insofern haben die
                                                                                         eine Verlagsvielfalt, die auch kleine Auf-             Buchpreisbindung und ein damit verbun-
                                                                                         lagen und deren Vertrieb für weniger be-               dener Mindest-Brutto-Preis Sinn für Krea-
                                                                                         kannte Autorinnen und Autoren möglich                  tive, für Leser und für den Handel. •

                                                                                                                             „Von Verlagen wie von Importeuren ist der Brutto-
                                                                                                                             Mindestpreis bekanntzugeben – die deutsche
                                                                                                                             Regelung zeigt es vor, dass ein Brutto-Fixpreis
© Shutterstock

                                                                                                                             festzusetzen ist.“
                                                                                           © Wilke

                 Die Buchpreisbindung ist das Lebenselixier für junge                                Komm.-Rat Georg Glöckler, G&G Verlag
                 Autorinnen und Autoren und kleine Verlage – sonst
                 werden bald nur mehr Bestseller verkauft.

                 sortimenterbrief 10/21                                                                                                                                                                                    35
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