PLAYOFFS Das Basketball-Magazin - Süddeutsche
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PLAYOFFS Das Basketball-Magazin Anne Panther Auf diese Frau hören auch die großen Männer Uli Hoeneß Der FC-Bayern-Präsident erzählt, was einen Fußballer am Basketball fasziniert Henning Harnisch Der ehemalige Europameister geht noch einmal in die Grundschule – Mai 2018 –
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INHALT 5 EDITORIAL 36 PROFIS IN DIE KITA Der ehemalige Europameister Henning Harnisch will 6 POLIEREN UND OPTIMIEREN schon die Jüngsten zum Spielen bewegen Von den BBL- in die NBA-Playoffs: Die Bundesliga hat sich 38 zum Sprungbrett für höchste Aufgaben entwickelt 10 LETZTER WURF ENTSCHEIDET ENN DIE LATERNE ERST W Was hat es eigentlich mit diesen Playoffs auf sich? Eine MAL BRENNT ... Erklärung anhand von sieben Beispielen Die Frau, nach deren Pfeife die Männer spielen: Anne 14 AUS LIEBE ZUM GRÜNKOHL Foto: Foto2press/Imago Panther hat sich als Schieds- Im schnelllebigen Basketball-Geschäft findet man nur richterin nicht nur in der selten so eine treue Seele wie Rickey Paulding. Der BBL durchgesetzt Amerikaner spielt seit elf Jahren in Oldenburg 18 AUS DEM NICHTS VON NACOGDOCHES Spätzünder, Sprungwunder, Rückkehrer – die auffälligs- ten und wertvollsten Akteure dieser Saison 41 IN MÜHSAMER KLEINARBEIT So viele BBL-Klubs aus den neuen Bundesländern gab es 20 noch nie. Jena, Gotha und Weißenfels zeigen: Der Osten holt auf „WIR MÜSSEN IN DER EUROLEAGUE SPIELEN“ 44 EIN BLICK AUF GUTE TISCHMANIEREN FC-Bayern-Präsident Uli Mit bescheidenem Budget und kreativen Mitteln holen die Hoeneß über die Faszina- Trainer John Patrick und Raoul Korner mehr aus ihren Foto: Sven Simon/Imago tion des Basketballs, seine Mannschaften heraus, als in ihnen zu stecken scheint Lieblingsspieler und die tollste Arena der Welt 46 AUSGEZEICHNETE ERFAHRUNG Die Trainer der übrigen 16 Bundesliga-Klubs haben ihr Handwerk zum Teil in exotischen Ländern gelernt wie Finnland, Belgien und Österreich – eine Typologie 26 48 STEINE STATT BEINE Eine größere Halle ist nicht das Allheilmittel – aber die Voraussetzung für sportlichen Erfolg „WENN MAN BASKET- BALL NICHT ATTRAKTIV 28 DIE STANDORTE DER BBL-KLUBS DARSTELLT, SCHAUT Von Bremerhaven bis München: Die Heimstätten mit allen NIEMAND ZU“ Daten Bambergs Aufsichtsrats- chef Michael Stoschek Foto: Zink/Imago 32 NACHWUCHS FÜR DIE NATIONALMANNSCHAFT über die Fernsehpräsenz in Bei den Fraport Skyliners in Frankfurt werden Talente so Deutschland, Gastspiele in konsequent an das Bundesliga-Niveau herangeführt wie China und Partien mit 60 sonst nirgends Millionen Zuschauern –4–
EDITORIAL Konkurrenz belebt das Geschäft – es mag nicht sofort ein- leuchten, warum dieser Leitsatz aus dem Einmaleins der Betriebswirtschaft hier ausgerechnet in Zusammenhang mit dem FC Bayern München Erwähnung findet. Kon- kurrenz? Geht es um Fußball, schaut Uli Hoeneß mit dem Fernglas in die Republik und kann doch keine entdecken. Geht es aber um Basketball, wird er schon im Freistaat fündig, an den Brose Baskets aus Bamberg kamen die Münchner seit ihrem Meistertitel 2014 nicht mehr vorbei. In dieser Saison war es bislang anders, da steht der FC Bayern nach der Hauptrunde weit oben und der fränki- sche Serienmeister weiter unten im Tableau. Im Fußball wäre jetzt für Bamberg nichts mehr zu holen, da ist so eine Tabelle nach Hin- und Rückrunde eingefroren – beim Basketball geht es jetzt erst richtig los. Playoff heißt das Zauberwort, und jedes Kind weiß inzwischen, was die- ser Anglizismus bedeutet: Alles, was zuvor in der Saison geschah, zählt nicht mehr viel, alles kommt noch einmal in den Cocktailshaker und wird kräftig durchgeschüttelt. Der erste Platz nach der Hauptrunde ist ein Versprechen, aber in den Playoffs für nichts eine Garantie. Nicht nur Uli Hoeneß ist in diesem Sportland inzwischen eine Art emotionales Zwitterwesen: Im Fußball findet der Präsi- dent des FC Bayern München nur die klassische Tabelle als Maßstab gut; im Basketball jedoch sorgt erst die Do- or-die-Zuspitzung der Playoffs für die finale Gänsehaut. Seit 2011 sind die Münchner zurück im Spiel, da stiegen sie in die Basketball-Bundesliga (BBL) auf. Hoch finanziert zwar, aber nicht als neureich einzustufen, schon 1954 und 1955 hatte der FC Bayern die ersten seiner drei deutschen Grafik: Pixabay Meisterschaften gewonnen. Nun trafen zwei Aufsteiger- Geschichten zusammen: Die BBL befand sich auf Expan- sionskurs, die Münchner gesellten sich als Herausforderer hinzu. Ob eher regional gegen Bamberg oder Bayreuth, in Braunschweig oder Bremerhaven, Bonn oder Berlin, neue, zum Teil hitzige Rivalitäten entwickelten sich. Es entstand eine vitale Konkurrenz, von der heute alle profitierten. Und so hat die BBL ein kräftiges Sportpaket geschnürt, um im Dirk-Nowitzki-Boom zu wachsen. Aber auch, um hier- zulande mit Handball oder Eishockey ins rivalisierende Werben um Talente, Sponsoren und die Publikumsgunst zu ziehen. Es ist wieder Playoff-Time! Der Cocktail ist gemixt. Jetzt wird gerührt und geschüttelt. Klaus Hoeltzenbein –5–
POLIEREN UND OPTIMIEREN Von den BBL- in die NBA-Playoffs: Die Bundesliga hat sich zum Sprungbrett für höchste Aufgaben entwickelt B ei den New Orleans Pelicans haben „Genau das brauchen wir von ihm“, sagte sie schnell gemerkt, dass das ein damals sein Teamkollege Anthony Davis, anderer Darius Miller war, den sie 25, der von vielen Experten als nächster zurückbekommen haben, als der Superstar der Liga gehandelt wird. „Als Darius Miller, den sie einst weggeschickt Darius zum ersten Mal bei uns war, hat hatten, weil er doch nicht ihre Erwartun- er immer nur angetäuscht, angetäuscht gen erfüllte. Es war noch früh in dieser Sai- und dann doch bloß gepasst“, erinnerte son der National Basketball Association sich der 2,11 Meter große Center, der mit (NBA), der nordamerikanischen Profiliga, Miller schon zu Collegezeiten in Kentucky als Miller demonstrierte, was er kann. zusammen gespielt hatte und gemeinsam Herausragend schon in der ersten Saison: Daniel Theis mit ihm 2012 von New Orleans verpflich- (Nr. 27) hat sich beim NBA-Rekordmeister Boston Celtics etabliert. Foto: Icon Sportswire/Imago Die Pelicans taten sich sehr schwer gegen tet worden war. „Er war längst nicht so die Atlanta Hawks an diesem Abend im aggressiv, hat sich bei weitem nicht so viel November 2017, ehe Miller zu großer Form zugetraut“, fuhr Davis fort: „Aber er hat Brose Bamberg verbracht, dem Meister der auflief: In den letzten zwei Minuten ver- sich in den letzten Jahren in Deutschland Basketball-Bundesliga (BBL). Von Bam- wandelte der Flügelspieler drei Drei-Punk- den Hintern aufgerissen. Und jetzt ist er berg aus hat sich auch Daniel Theis im vori- te-Würfe und damit einen 97:101-Rück- so weit, dass er uns helfen kann.“ Erstmals gen Jahr auf den Weg in die NBA gemacht, stand in einen 106:105-Erfolg. Allein im nach drei Jahren erreichten die Pelicans zum dortigen Rekord-Champion Boston letzten Viertel hatte Miller 14 Punkte zur wieder die Playoffs in der NBA. Celtics. Auch der Flügelspieler Theis hat Aufholjagd beigetragen, insgesamt war er sich auf Anhieb etabliert, und hätte er sich auf 21 gekommen in dieser Partie – eine Die letzten Jahre in Deutschland, zweiein- im Frühjahr nicht so schwer verletzt, dass neue persönliche Bestleistung in der NBA. halb waren es genau, hat Darius Miller bei die Saison für ihn beendet war, gäbe es nun zwei Profis, die den direkten Sprung von den BBL- in die NBA-Playoffs geschafft haben – ein Novum. Ein weiteres Novum ist, dass in einem Som- mer gleich drei Basketballer aus Deutsch- land in die USA gewechselt sind: Maxi Kleber ging vom FC Bayern München zu den Dallas Mavericks, dem Klub seines Landsmanns Dirk Nowitzki. Die Ma- vericks qualifizierten sich freilich ebenso wenig für die K.-o.-Runde wie die Atlanta Hawks von Dennis Schröder oder die Chi- cago Bulls von Paul Zipser. Trotzdem ist auch das bemerkenswert: Fünf Deutsche gleichzeitig in der besten Liga der Welt, das hatte es auch noch nie gegeben. Darius Miller (links) greift wieder für die New Orleans Pe- licans ins Spielgeschehen ein. Den Feinschliff für die NBA hatte er sich in Bamberg geholt.Foto: Mike Brown/Imago –6–
Gemeinsam Meister in Bamberg: Nach dem Titelgewinn 2017 trennten sich die Wege von Darius Miller und Daniel Theis (rechts). Foto: Zink/Imago Früher waren es eher Einzelfälle, wenn je- ten sich für diese Saison den Letten Jānis lin tätig ist, sind in der BBL die einzigen mand den Sprung von der Bundesliga aus Strēlnieks und den Franzosen Fabien Cau- Coaches, die exklusiv Individualtraining in die NBA schaffte: Ausnahmetalente wie seur aus Oberfranken geholt. Bambergs anbieten. „Das ist eine sehr gute Konstel- der Würzburger Nowitzki oder der Braun- Aderlass im vorigen Sommer war derart lation, aber auch Luxus“, hat Weissenböck schweiger Schröder, deren Können nicht zu enorm, dass der Klub in dieser Saison der Fachzeitschrift FIVE erzählt: „In ande- übersehen war. In den vergangenen fünf, schwer zu kämpfen hatte, um überhaupt ren BBL-Klubs machen das ganz normale sechs Jahren hat der Export freilich auf- die nationale K.-o.-Runde zu erreichen. Assistenztrainer, die aber trotzdem sehr fallend zugenommen, nicht nur von ein- gute individuelle Arbeit leisten, wie zum heimischen Spielern: Auch einige Ameri- Beispiel Klaus Perwas in Frankfurt.“ Un- Bei zwei Klubs kaner brachten hierzulande ihre Karriere ter dessen Anleitung ist der Center Johan- in Schwung und holten sich das Rüstzeug nes Voigtmann derart gereift, dass ihn der für höhere Aufgaben in der Heimat – Profis spanische Klub Baskonia Vitoria Gasteiz wie P.J. Tucker, Brian Roberts oder zuletzt Darius Miller. Der Begriff „Basketball- gibt es Coaches verpflichtet hat – auch das ein Playoff- Teilnehmer in der Euroleague. exklusiv fürs Entwicklungsland“, mit dem Deutschland lange behaftet war, hat inzwischen eine Beim FC Bayern München wiederum macht neue Bedeutung: Hier muss nicht mehr vor allem die medizinische Abteilung die der Sport an sich entwickelt werden, hier werden nun die Sportler entwickelt. Einzeltraining Profis fit. Sie stellte die verletzungsanfälli- gen Paul Zipser und Maxi Kleber wieder derart stabil auf die Beine, dass beide nun Dafür spricht auch, dass viele Akteure in die Belastungen einer NBA-Saison mit ih- der BBL das Interesse europäischer Spit- Es ist kein Zufall, dass viele Profis bei ren 82 Spielen durchstehen können. zenklubs geweckt haben und nun zumin- ihrem internationalen Aufstieg eine Zwi- dest in den Euroleague-Playoffs aktiv wa- schenstation in Bamberg eingelegt haben. In Bamberg arbeitet Weissenböck im ren, in der zweitstärksten Liga der Welt. Dort wirkt der Österreicher Stefan Weis- Grunde zweigleisig, einmal während der Der Titelverteidiger Fenerbahçe Istanbul senböck seit Langem als Assistenztrainer, Saison für die Angestellten seines Klubs, hatte sich beispielsweise mit den ehema- seit drei Jahren ist er ausschließlich für die einmal in der Sommerpause in einem pri- ligen Bambergern Brad Wanamaker und individuelle Förderung der Spieler zustän- vaten Camp, zu dem dann alle möglichen Nicoló Melli verstärkt, die Herausforderer dig. Weissenböck und der Spanier Carlos Profis kommen, auch aus der NBA. Bei Olympiakos Piräus und Real Madrid hat- Frade, der seit dieser Saison bei Alba Ber- diesem Intensivkurs hat sich Theis auf das –7–
vorbereiten lassen, was ihn auf der ande- NBA verwendete Spielgerät wird noch aus darauf eingestellt hatten, dass er Links- ren Seite des Atlantiks erwartet, auch die echtem Leder gefertigt, „es dauert lange, händer ist – sie versuchten zunehmend, Münchner Kleber und Zipser waren schon bis es griffig ist“, sagt Weissenböck. Daran ihn nach rechts zu drücken, so dass er mit da, Weissenböcks Landsmann Jakob Pöltl müssten sich europäische Profis gewöh- seiner starken Hand quasi gegen die Bewe- von den Toronto Raptors oder der Tsche- nen, die sonst Kunstleder-Bälle in Händen gungsrichtung des Körpers hätte werfen che Tomáš Satoranský von den Washing- halten, die sich weniger abnutzen und im- müssen. „Da haben wir ein, zwei Opti- ton Wizards ebenfalls. mer ähnlich zu greifen sind. onen gefunden, wo er nach rechts gehen und doch mit der linken Hand abschließen Bambergs Verantwortliche haben Stefan Im laufenden Saisonbetrieb bereitet Weis- konnte“, erklärt Weissenböck. Das zahlte Weissenböck bereits zweimal losgeschickt, senböck seine Klienten nicht speziell auf sich im vorigen Jahr in den BBL-Playoffs damit er bei NBA-Klubs hospitiert. Dort die Anforderungen in den USA vor. „Aber aus, in denen der Franzose nicht mehr zu hat sich der Österreicher abgeschaut, wie die Stärken, die sie sich hier erarbeiten, stoppen war und zum besten Spieler der die Amerikaner das Einzeltraining orga- stehen ihnen in der NBA nicht im Weg“, Finalserie gekürt wurde. nisieren und in einen knapp bemessenen sagt er. Aus P.J. Tucker hat er einst einen si- Tagesablauf integrieren. Die Amerikaner cheren Distanzschützen gemacht, indem er Im Fall von Darius Miller „sehe ich kei- wiederum haben gesehen, was Weissen- ihn einfach einbremste. „Der hat alles mit ne großartige Leistung meinerseits“, sagt böck so drauf hat. Für diesen Sommer Energie und Kraft gemacht“, erinnert sich Stefan Weissenböck. Der 28-Jährige habe wollen ihn einige Klubs einladen. „Mich Weissenböck, „wir haben zehn Prozent Dy- vieles gekonnt, bei ihm sei es mehr „ums als Spezialisten einfliegen zu lassen, wäre namik rausgenommen und in Genauigkeit Polieren und Optimieren“ von Details ge- schon ein Traum“, gibt er zu. investiert, in mehr Kontrolle beim Wurf. gangen, um ein wenig mehr Raumgewinn Seine Dynamik hat immer noch gereicht, für einen stabileren Wurf zum Beispiel. Dabei sind es bisweilen bloß Kleinigkei- um an jedem Gegner vorbeizukommen.“ „Oft hilft es aber viel mehr, jemandem das ten, an denen er mit den Profis arbeitet. Gefühl zu geben, dass er was kann“, sagt „Der Ball ist eine große Umstellung für Bei Fabien Causeur wiederum sei es so Weissenböck. Das ist ihm ganz offensicht- manche“, hat er beobachtet: Das in der gewesen, dass die gegnerischen Teams sich lich gelungen. Joachim Mölter Von der BBL direkt in die NBA DEUTSCHE SPIELER Dirk Nowitzki 1999 von der DJK Würzburg zu den Dallas Mavericks Dennis Schröder 2013 von den New Yorker Phantoms Braunschweig zu den Atlanta Hawks Paul Zipser 2016 vom FC Bayern München zu den Chicago Bulls Daniel Theis 2017 von Brose Bamberg zu den Boston Celtics Maxi Kleber 2017 vom FC Bayern München zu den Dallas Ma- vericks AUSLÄNDISCHE SPIELER Marcin Gortat (Polen) 2007 von RheinEnergie Köln zu Orlando Magic Anthony Tolliver (USA) 2008 von den Eisbären Bremerhaven zu den San An- tonio Spurs P.J. Tucker (USA) 2012 von Brose Baskets Bamberg zu den Phoenix Suns Brian Roberts (USA) 2012 von Brose Baskets Bamberg zu den New Orleans Pelicans Darius Miller (USA) 2017 von Brose Bamberg zu den New Orleans Pelicans Gemeinsam mit Daniel Theis in der NBA (von links oben, im Uhrzeigersinn): Die Würzburger Dirk Nowitzki und Maxi Kleber sind für die Dallas Mavericks aktiv, Dennis Schrö- der hat sich bei den Atlanta Hawks zum Stammspieler entwickelt, Paul Zipser kämpft bei den Chicago Bulls um seinen endgültigen Durchbruch. Fünf Deutsche gleichzei- tig in der stärksten Liga der Welt - auch das spricht für die Arbeit in der Bundesliga. Fotos: Zuma Press (3), George Frey/Imago –8–
Was hat es eigentlich mit gab mit dem letzten Wurf die Chance zum Sieg – Verlängerung! Heißer, emotionaler, diesen Playoffs auf sich? intensiver ging es selten zu in der BBL. Am Eine Erklärung anhand von Ende siegten die Münchner (100:96), den sieben Beispielen Titel verteidigten sie aber nicht. Körper- lich und mental geschlaucht, mussten sie sich im Finale ausgeruhten Bambergern beugen. 2. HEIMVORTEIL Die erste Runde 2010 I m Fußball ist eine Bundesliga-Saison Natürlich bringt es etwas, wenn man nach nach 34 Spieltagen vorbei – die Span- 34 Spieltagen in der Tabelle vorne ist: ver- nung mitunter aber schon lange vorher meintlich leichtere Gegner. Im Viertelfi- futsch, so wie in diesem Jahr. Der Titel nale empfängt der Tabellenerste den Ach- ist seit Wochen vergeben (an den FC Bay- ten, der Zweite den Siebten, der Dritte ern München, wen sonst?), die Absteiger den Sechsten, der Vierte den Fünften. Die stehen auch seit Längerem so gut wie fest. höher platzierten Klubs bekommen einen Am Ende geht es nur noch um Trostpreise Heimvorteil: Das erste, dritte und – falls in Form von internationalen Startplätzen. nötig – fünfte Spiel tragen sie daheim aus, sie dürfen die Serie also zu Hause anfangen Im Basketball hat eine Bundesliga-Saison und können sie dort auch beenden. Das Da macht sich einer kleiner als er ist: Der 1,68-Meter-Mann ebenfalls 34 Spieltage, aber vorbei ist sie hilft oft, aber nicht immer. Im Jahr 2010 Bo Dukes führte Bayreuth zum einzigen Titel. Später trieb er in Ulm die Mannschaft an. Foto: Oliver Behrendt/Imago dann nicht: Der Kampf um die Meister- schieden zum einzigen Mal in der BBL- schaft geht danach erst richtig los – in den Geschichte die ersten Vier der Hauptrun- Playoffs. Die ersten acht Teams treten in de kollektiv in der ersten Playoff-Runde dem Parkett. An der Seitenlinie komman- K.-o.-Runden gegeneinander an, im Mo- aus: der Tabellenerste und Titelverteidiger dierte der NBA-erfahrene Trainer Les Ha- dus „Best of five“: Wer dreimal gewinnt, Oldenburg, der Zweite Berlin, der Dritte begger, ein Schinder vor dem Herrn. „Von ist weiter, es gibt also pro Duell und Runde Göttingen sowie der Vierte Bonn (siehe Trainingslehre hatte er aus heutiger Sicht maximal fünf Partien. Am Ende ist nicht unten stehenden Playoff-Baum). Den Titel nicht so viel Ahnung“, erzählte Ralf Koch zwingend jene Mannschaft Meister, die schnappten sich die vom fünften Rang aus ein Vierteljahrhundert später, „aber der nach dem 34. Spieltag Erster war. In den gestarteten Bamberger; kein Meister ist Erfolg hat ihm in diesen Jahren Recht ge- Playoffs ist viel möglich – ein paar Bei- nach der Hauptrunde schlechter platziert geben.“ Habegger bevorzugte ein schnelles spiele. gewesen. Bamberg leitete damit seine beste Spiel, er ließ seine Profis rennen, rennen, Zeit ein: Der Klub gewann dreimal nach- rennen. „Das Training war so hart“, erin- einander das Double aus Titel und Pokal, nerte sich Nationalspieler Uwe Sauer, „da 1. SHOWDOWN das ist keinem anderen gelungen. waren die Spiele fast langweilig.“ Trotz- AN DER SPREE VIERTELFINALE HALBFINALE dem lagen die Bayreuther in der Finalserie gegen Bayer Leverkusen 0:2 zurück. Die Die Halbfinalserie von 2015 1 Oldenburg 1 8 Braunschweig 0 Wende kam, als sie vor dem dritten Spiel 8 Braunschweig 3 5 Bamberg 3 erfuhren, dass ihre Gäste bereits eine Meis- Altmeister gegen Emporkömmling, offi- terfeier organisiert hatten. Das motivierte zielle Hauptstadt gegen heimliche Haupt- 4 Bonn 0 FINALE den kleinen Dukes und seine Nebenmän- stadt, Basketball-Marke Nummer eins 5 Bamberg 3 5 Bamberg 3 ner derart, dass sie die Serie noch drehten gegen Sportmarke schlechthin. Zwischen 7 Frankfurt 2 und den Titel holten. In den seit 1988 im 2 Berlin 1 Alba Berlin und Bayern München herrsch- Best-of-five-Modus ausgetragenen Finals 7 Frankfurt 3 HALBFINALE te für eine Weile die größtmögliche Riva- war es das einzige Mal, dass ein Klub nach lität. Die Bayern hatten fleißig ehemaliges 3 Göttingen 2 7 Frankfurt 3 einem 0:2-Rückstand noch Meister wurde. Alba-Personal rekrutiert und sich in Berlin 6 Bremerhaven 3 6 Bremerhaven 2 sogar den Titel geholt, im Finale 2014. Ein Jahr später trafen die Teams erneut auf- 4. KLARE SACHE. ODER? einander, diesmal bereits im Halbfinale. 3. DREHMOMENT Die Endspiele von 2013 Jeder Klub gewann seine Heimspiele, der fünfte Vergleich entschied, es kam zum Das Wendejahr 1989 Ein 3:0 gilt im Fußball als eindeutiges Er- Showdown an der Spree. Zur größtmögli- Mit 1,68 Meter war Bo Dukes einer der gebnis, im Basketball ist die Sache nicht Foto: Camera 4/Imago chen Rivalität gesellte sich größtmögliche kleinsten Profis, die je in der Bundesliga immer so klar, wie sie erscheint. In der Dramatik: Bayern-Coach Svetislav Pešić, aufgelaufen sind; für die Fans in Bayreuth Meisterliste des Basketballs ist Brose Albas ehemaliger Meistermacher, flog aus wird er einer der Größten bleiben. Bo Bamberg für das Jahr 2013 beispielsweise der Halle; Berlins überragender Jamel Mc- Dukes war 1989 der Anführer ihrer ein- mit einem 3:0-Erfolg über die EWE Bas- Lean (links im Bild, im gelben Trikot ) ver- zigen Meistermannschaft, zumindest auf kets Oldenburg vermerkt, der ebenso als – 11 –
0:3-Niederlage in die Statistikbücher hätte denkbar knapp. Bereits 2007 hatten sich eingehen können. Viel hat jedenfalls nicht die Artland Dragons aus Quakenbrück gefehlt dazu, sieben Punkte, um genau zu gegen den Vorjahresfinalisten Alba Berlin sein. 65:63, 63:61 und 91:88 nach Verlänge- durchgesetzt, sogar glatt mit 3:0 Erfolgen. rung lauteten die Resultate von Bambergs Trainer im 12.000-Einwohner-Ort Qua- drei Siegen, was bedeutet: Oldenburg hätte kenbrück war damals Chris Fleming, der jedes einzelne Spiel mit dem letzten Wurf sich mit diesem Coup für größere Aufga- gewinnen können – und damit letztlich ben empfahl. Der Amerikaner wurde im die ganze Serie. Knapper kann es kaum weiteren Verlauf seiner Karriere zum Meis- zugehen. tercoach in Bamberg sowie zum Bundes- trainer befördert. Inzwischen arbeitet er im Trainerstab des NBA-Klubs Brooklyn 5. DURCHGESTARTET Nets in der Neun-Millionen-Einwohner- Bonns Aufstieg 1996/97 Metropole New York. In der Saison 1997/98 sind die Fußballer des 1. FC Kaiserslautern als Aufsteiger in 7. DIE GLORREICHE SIEBEN die Bundesliga Meister geworden – ein bis Ulms Lauf von 2016 heute einzigartiges Kunststück im deut- schen Teamsport. Den Profis von Telekom Ach, was war das für ein verkorkster Sai- Baskets Bonn wäre das beinahe schon ein sonstart, den Ratiopharm Ulm im Herbst Jahr eher gelungen. 1995 als Zusammen- 2015 hinlegte: sieben der ersten zehn Spie- schluss mehrerer Basketball-Abteilungen le verloren, Verletzungen, Entlassungen, verschiedener Klubs gegründet, gelang den Neuverpflichtungen – es dauerte, bis Bonnern auf Anhieb der Aufstieg in die Trainer Thorsten Leibenath eine funkti- erste Liga und dort sogar der Vorstoß in onierende Gruppe beisammen hatte. In Von Quakenbrück bis nach New York: Mit einem Coup bei die Playoffs. Der Trainer Bruno Socé hatte den Artland Dragons empfahl sich der junge Chris Fleming so einem Fall ist im Fußball nichts mehr dem 2,21 Meter großen und 35 Jahre alten für eine große Trainerkarriere. Foto: Wolter/Imago zu retten, im Basketball rettete sich Ulm Europameister Gunther Behn- als Tabellensiebter immerhin ke die flinken Guards Eric Tay- Die Finalserien in der BBL seit Einführung noch in die Playoffs. Mit einer lor, Klaus Perwas und Sebastian des Best-of-five-Formats kleinen Rotation, meist nur sie- Machowski zur Seite gestellt. In (in Klammern die Platzierung nach der Hauptrunde) ben Mann, und einer einfachen den K.-o.-Runden schaltete die- 2016/17 Brose Bamberg (2.) – EWE Oldenburg (5.) 3:0 Idee rollten die Ulmer das Feld se Combo erst den Lokalrivalen 2015/16 Brose Bamberg (1.) – Ratiopharm Ulm (7.) 3:0 von hinten auf. Ihr Plan: Alle Rhöndorf aus, dann Bamberg 2014/15 Brose Bamberg (1.) – FC Bayern München (3.) 3:2 Energie ins erste Auswärtsspiel – erst im Finale wurde sie von 2013/14 FC Bayern München (1.) – Alba Berlin (3.) 3:1 stecken, dieses gewinnen und Alba Berlin gestoppt. Für das 2012/13 Brose Bamberg (1.) – EWE Oldenburg (2.) 3:0 den Gegner somit unter Druck Team aus der neuen Bundes- 2011/12 Brose Bamberg (1.) – Ratiopharm Ulm (2.) 3:0 setzen. Das klappte prima im hauptstadt war es der erste von 2010/11 Brose Bamberg (1.) – Alba Berlin (3.) 3:2 Viertel- und im Halbfinale ge- acht deutschen Meistertiteln, 2009/10 Brose Bamberg (5.) – DB Skyliners Frankfurt (7.) 3:2 gen Oldenburg und Frankfurt, für die Repräsentanten der al- 2008/09 EWE Oldenburg (2.) – Telekom Bonn (4.) 3:2 die jeweils 3:1 bezwungen wur- ten Republik die erste von vie- 2007/08 Alba Berlin (1.) – Telekom Bonn (7.) 3:1 den von den glorreichen Sieben, len, vielen Finalniederlagen in 2006/07 Brose Bamberg (3.) – Artland Dragons (8.) 3:1 wie die Ulmer Rumpftruppe der Liga und im Pokal. 2005/06 RheinEnergie Köln (3.) – Alba Berlin (1.) 3:1 bald genannt wurde. Es klapp- 2004/05 GHP Bamberg (2.) – Opel Skyliners Frankfurt (4.) 3:2 te dann aber nicht mehr in der Finalserie gegen Bamberg. Der 6. ÜBERRASCHUNG, 2003/04 Opel Skyliners Frankfurt (3.) – GHP Bamberg (5.) 3:2 2002/03 Alba Berlin (2.) – TTL universa Bamberg (5.) 3:0 Meister verteidigte Heimvor- ÜBERRASCHUNG 2001/02 2000/01 Alba Berlin (5.) – RheinEnergy Cologne (3.) Alba Berlin (1.) – Telekom Bonn (3.) 3:0 3:0 teil und Titel. Die Ulmer trös- teten sich damit, dass sie schon Die Favoritenstürze von 1999/2000 Alba Berlin (1.) – Bayer Leverkusen (2.) 3:0 zum zweiten Mal von Platz 2007 und 2010 1998/99 Alba Berlin (1.) – Telekom Bonn (2.) 3:2 sieben aus ins Finale gekom- 1997/98 Alba Berlin (1.) – SSV Ratiopharm Ulm (7.) 3:0 men waren; 1998 war ihnen das Dass sich in einem Playoff-For- 1996/97 Alba Berlin (1.) – Telekom Bonn (7.) 3:1 ebenfalls gelungen. Die inzwi- mat der Achte der Hauptrunde 1995/96 Bayer Leverkusen (1.) – Alba Berlin (2.) 3:1 schen freiwillig abgestiegenen gegen den Ersten durchsetzt, 1994/95 Bayer Leverkusen (1.) – Alba Berlin (2.) 3:0 Artland Dragons schafften es kommt selten vor; in der Bun- 1993/94 Bayer Leverkusen (1.) – Brandt Hagen (2.) 3:0 sogar einmal vom achten Platz desliga geschah das erst zwei- 1992/93 Bayer Leverkusen (1. Gr. Nord) – TTL Bamberg (1. Gr. Süd) 3:1 aus in die Endspiele, im bereits mal. 2010 warf Braunschweig 1991/92 Bayer Leverkusen (1.) – Alba Berlin (2.) 3:0 erwähnten Jahr 2007. Aber dass den erstplatzierten Titelvertei- 1990/91 Bayer Leverkusen (1.) – BG Charlottenburg (2.) 3:2 der Achtplatzierte nach der diger Oldenburg mit 3:1 Siegen 1989/90 Bayer Leverkusen (2.) – Steiner Bayreuth (1.) 3:1 Hauptrunde Meister wird, das aus dem Wettbewerb; das ent- 1988/89 Steiner Bayreuth (1.) – Bayer Leverkusen (3.) 3:2 fehlt noch in der Geschichte der scheidende Spiel endete 78:76, 1987/88 BSC Saturn Köln (3.) – Bayer Leverkusen (1.) 3:1 BBL-Playoffs. Joachim Mölter – 12 –
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AUS LIEBE ZUM GRÜNKOHL Im schnelllebigen Basketball- Geschäft findet man nur selten so eine treue Seele wie Rickey Paulding. Der Amerikaner spielt seit elf Jahren in Oldenburg S elbst in Kansas City kennen sie mittlerweile das Wappen der Stadt Oldenburg. Zumindest diejenigen, die im US-Bundesstaat Missouri in der Nachbarschaft von Rickey Paulding leben. Der amerikanische Basketballprofi der EWE Baskets Oldenburg hisst jedes Mal die Flagge seiner deutschen Lieblings- stadt im Garten, wenn er in den Som- mermonaten mit seiner Frau und den drei Kindern in die Staaten zurückkommt. Auf dem Oldenburger Wappen ist die mar- kante rote Zinnenmauer zu sehen, bekrönt von drei blau bedachten Spitztürmen mit goldenen Kugeln, der mittlere breiter und höher; darin ein schwarzes Tor, innen da- ran angelehnt das goldene Schild mit zwei roten Balken. „Die Fahne ist mein Liebes- beweis an die Stadt“, sagt Paulding. Bei ihm ist das nicht einfach so dahinge- sagt, nicht aufgesetzt. Bei ihm klingt das so zärtlich, als würde er ein Gedicht rezitie- ren. Paulding, 35 Jahre alt, lebt und spielt seit elf Jahren in der niedersächsischen Stadt an der Hunte. Er ist eine Ausnah- meerscheinung im Profi-Basketball, wo manche Sportler Arbeitspapiere für acht Wochen unterschreiben und der Wechsel beständiger ist als das Bleiben. Spieler wie Paulding sind selten, nicht nur in der Bas- ketball-Bundesliga (BBL). „Vor allem für Ausländer ist es nicht normal, so lange für denselben Klub zu spielen“, gibt Paulding zu, dessen Vertrag im Sommer 2019 endet. In Frankfurt ist noch ein Profi ähnlich ver- wurzelt, dort läuft Pauldings Landsmann Quantez Robertson, 33, seit fast einem – 14 –
Jahrzehnt für die Fraport Skyliners auf. es am Ende hart auf hart kommt, ist auf nicht aus, aber er dramatisiert es auch Der aus Cincinnati stammende Guard war Rickey immer Verlass“, lobt Oldenburgs nicht. „Ich fühle mich körperlich großar- nach seiner Collegezeit für keinen anderen Trainer Mladen Drijenčić seinen Kapitän. tig“, versichert er. Und er erkennt sogar ei- Profiklub aktiv. Derart treue Seelen findet Paulding hat schon aus schier unmöglichen nen Vorteil: Mit zunehmendem Alter ver- man sonst kaum im schnelllebigen Bas- Distanzen Spiele mit dem letzten Wurf ent- stehe er sich mit seinem Körper viel besser. ketball. schieden, aber er ist nicht nur ein exzel- „Ich weiß inzwischen, was ich brauche, um lenter Dreipunktewerfer: Er vermag dank gut zu spielen“, erklärt er. Als junger Profi Der „ewige Rickey“, wie er in Oldenburg seiner Athletik so schnell zum Korb zu habe er sich häufig zu sehr unter Druck genannt wird, ist der Liebling der Anhän- gesetzt, das hat ihn gehemmt. „Mittler- ger, ein Idol, ein uneitler und bescheidener weile habe ich verstanden, dass gute und Sympathieträger, der dem Klub zu einer Meisterschaft (2009) und einem Pokalsieg „Ich fühle mich schlechte Spiele einfach dazugehören“, sagt Paulding. körperlich (2015) verholfen hat. Warum er schon so lange das Oldenburger Jersey überstreift, Wer sich mit ihm unterhält, lernt einen beantwortet Paulding mit einem Lächeln: Menschen kennen, der leise spricht, zu- „Weil ich Grünkohl so liebe.“ großartig“, sagt rückhaltend auftritt und sich nicht allzu wichtig nimmt. Erst auf dem Parkett, wenn der 35-Jährige Das Wort „Grünkohl“ sagt er auf Deutsch, er sich ein Trikot angezogen hat, verwan- er beherrscht die Sprache fließend, aber delt er sich in einen Sportler, der aus sich wenn er über sich erzählt, macht er das herausgeht, laut sein kann und seine Mit- lieber auf Englisch. Der Grünkohl ist aber spieler leidenschaftlich führt. Er hat diese nur die halbe Wahrheit. Es liegt vor allem ziehen und Angriffe mit einem Korbleger Hauptrolle gerne inne, weil er den Wettbe- an seiner Familie, dass er sich im Norden oder einem Dunking abzuschließen, als werb liebt, die Playoffs. Das Niveau in der Deutschlands so wohlfühlt. „Es ist das würde er eine Abkürzung dorthin kennen. Bundesliga sei in den vergangenen Jahren Wichtigste für mich, dass ich meine Liebs- rasant gestiegen, sagt Paulding. „Das In- ten ständig um mich herum habe“, erzählt Dass er mit 35 Jahren langsam in eine teresse, der Zuspruch der Fans ist überall Paulding. Er ist ohne Vater aufgewachsen, Phase kommt, in der andere über das En- in Deutschland größer geworden und hat das hat ihn geprägt; als er wusste, dass er de der sportlichen Karriere nachdenken, dazu geführt, dass mehr Geld in den Bas- mit Basketball Geld verdienen kann, hat weil schon morgens beim Aufstehen die ketball investiert wird und sich die Klubs er sich geschworen: „Ich werde nirgendwo Muskeln und Gelenke schmerzen oder die auf diese Weise viel bessere Spieler leisten ohne meine Familie spielen.“ Sprungkraft nachlässt, blendet Paulding können.“ Paulding begann seine Profikarriere 2004 bei Hapoel Jerusalem, danach war er zwei Jahre in Frankreich aktiv, erst für Asvel Lyon-Villeurbanne, dann für BCM Gra- velines. Als er im Sommer 2007 mit seiner Frau nach Oldenburg übersiedelte, hatten sie noch keine Kinder. „Aber wir haben schnell gemerkt, dass wir hier bleiben wol- len“, erzählt er, „weil das ein hervorra- gender Ort ist, um Kinder großzuziehen.“ Mittlerweile haben sie zwei Jungen und ein Mädchen. Die älteren Buben, zehn und sieben Jahre alt, gehen in Oldenburg zur Schule, sie spielen Basketball und Fußball. „Sie haben viele Freunde und genießen es, hier zu sein“, sagt Paulding stolz. Natürlich kommen sie auch zu den Heim- spielen ihres Vaters in die Halle. Sie haben früh gelernt, dass ihr Vater ein besonderer Spieler ist, einer, der attraktiv und zugleich sehr effizient Basketball spielt. Paulding ist das, was man einen kompletten Profi nennt: Er verteidigt zwar auch sehr gut, aber in der Offensive entfaltet der Flügel- spieler seine Vielseitigkeit am besten. Rickey Paulding, 1,96 Meter groß, ist ein Spieler, den sich ein Trainer wünscht: flei- Irgendwann bekommt Rickey Paulding sein eigenes Denkmal in Oldenburg, Motive liefert er ja genug (großes Bild links). ßig, gewissenhaft, unwiderstehlich. „Wenn Ins goldene Buch der Stadt hat sich der Amerikaner schon eingetragen (oben). Fotos: Camera 4, Nordphoto/Imago – 15 –
Paulding motiviert das alles, der verschärf- te Konkurrenzkampf holt das Beste aus ihm heraus. In der vergangenen Spielzeit hat er seine Mannschaft mit denkwürdi- gen und bemerkenswerten Darbietungen ins Playoff-Finale gegen Brose Bamberg gebracht, das die Oldenburger dann klar verloren. Eine ähnliche Überraschung traut Paulding seiner Mannschaft auch in dieser Meisterrunde zu. Nach anfängli- chen Verletzungssorgen hat sie zum Ende der Hauptrunde hin – auch mit einem Sieg über den Titelfavoriten FC Bayern – an- gedeutet, zu welchen Leistungen sie fähig ist. „Wir können wieder weit kommen“, glaubt er, „auch ins Endspiel.“ „Wir können uns vorstellen, in Oldenburg zu bleiben.“ Nach den Playoffs werden er und seine Familie wieder nach Kansas City zurück- kehren und im Garten die Oldenburger Flagge hissen. Ob er nach seiner Karriere ganz in sein Haus in Missouri ziehen wird, ist noch nicht abzusehen. „Wir können uns auch vorstellen, in Oldenburg zu bleiben“, sagt Paulding. Er habe schon Ideen für die Karriere nach der Karriere; er könnte beispielsweise als Trainer arbeiten oder Basketballcamps für Kinder organisieren. „Ich muss herausfinden, was das Beste für mich ist“, erzählt er, „aber ich würde gerne später etwas mit Basketball machen.“ Das Ende seiner aktiven Karriere will er freilich so lange wie möglich hinauszö- gern. Er könne sich auch gut vorstellen, so lange wie Dirk Nowitzki zu spielen, fügt er hinzu. Der deutsche Basketballer wird im Juni 40 und läuft seit zwanzig Jahren für die Dallas Mavericks in der US-Profiliga NBA auf. Rickey Paulding wird noch viel Grünkohl essen und ein paar Verträge in Oldenburg unterschreiben müssen, um mit ihm gleichzuziehen. Matthias Schmid Abkürzung zum Korb: Rickey Paulding kann auch verteidi- gen, aber in der Offensive entfaltet der Flügelspieler seine Fähigkeiten am besten. Foto: Andreas Burmann/Imago – 16 –
ANZEIGE Der Höchstleistung verpflichtet Jeden Tag alles zu geben, um den eigenen Ansprüchen und den Erwartungen der Fans gerecht zu werden, ist Verpflichtung und Motivation zugleich. Jeden Tag zu trainieren, in jedem Spiel das Beste zu geben und Reserven zu mobilisieren, ist das Geheimnis des Erfolgs. Brose als weltweiter Marktführer im Bereich mechatronischer Antriebe und Systeme und Nummer vier unter den Familienunternehmen in der Automobilindustrie ist stolz darauf, Brose Bamberg, ein Spitzenteam des nationalen und internationalen Basketballs, zu unterstützen. brose.com Excellence in Mechatronics
Spätzünder, Sprungwunder, Rückkehrer – die auffälligsten und wertvollsten Akteure dieser Saison AUS DEM NICHTS LUKE SIKMA Power Forward, Alba Berlin In seiner Jugend wurde Luke Sikma oft mit seinem Vater Jack verglichen – immerhin siebenmaliger NBA-Allstar und mit den Seattle SuperSonics 1979 NBA-Meister. Dessen Trikot mit der Num- mer 43 wurde von den Sonics nie wieder an einen anderen Profi vergeben. Die Bürde seines Nach- namens hat Luke Sikma, 28, hinter sich gelassen. Vorbei sind die Zeiten, in denen der Spätzünder an der Highschool und am College zunächst physisch reifen musste, um die Erwartungen von außen zu erfüllen. Als Sohn einer NBA-Legende aufzuwachsen, sei in erster Linie ein Privileg gewesen, sagt der Amerikaner heute. Er sei einfach nur der stolze Sohn von Jack Sikma. Aber Luke Sikma ist inzwischen mehr: Als Profi arbeitete er sich über die zweite spanische Liga zum Erstligisten Valencia hoch. Mit dem Außenseiter gewann er 2017 die Meisterschaft gegen Real Madrid und erreichte sowohl das Po- kal- als auch das Eurocup-Finale, bevor er nach Berlin wechselte. In der Basketball-Bundesliga (BBL) überzeugt er als einer der vielseitigsten und intelligentesten Akteure, eine Art zweiter Spielmacher auf der Position vier. Uneigennützig gibt er seiner Mannschaft, was sie braucht. In der Offensive glänzt er – für einen Power Forward außergewöhnlich – als Vorlagengeber, in der Defensive als drittbester Rebounder der Liga. Beim Auswärtssieg über den FC Bayern legte er im März fast ein Triple-Double Das Runde muss in diesem Fall ins Runde: Luke Sikma ist Vorlagengeber, Vollstrecker und Beschützer des Rings in einem. Fotos: Eibner (2), König, auf: 14 Punkte, neun Rebounds, neun Assists. An seinen Vater erinnert bei Schepp, Zink, Masterpress, Schreyer, Burmann, Huebner/Imago solchen Auftritten einzig noch Luke Sikmas Trikotnummer: 43. JOHN BRYANT ROBIN BENZING THOMAS WALKUP Center, Gießen 46ers Forward, s.Oliver Würzburg Guard, MHP Riesen Ludwigsburg Acht Monate war Die Lebensläufe Von Nacogdoches John Bryant ver- von Robin Benzing nach Ludwigs- einslos, er dach- und John Bryant burg, aus der te- te ans Aufhören. lesen sich ähnlich, xanischen Provinz Rückblickend be- bezogen auf die ins Schwabenland: zeichnet der zwei- vergangenen Jah- Thomas Walkup malige MVP – der re. Auch Benzing kam quasi aus beste Spieler der etablierte sich auf dem Nichts. Der Liga – die Pause als Segen. Beim FC Bayern den Stationen Ulm und München in der 25-Jährige ist bis auf seinen roten Rausche- hatte er unter dem strengen Trainer Sve- Bundesliga. Auch er wechselte nach Spa- bart unauffällig und bedient damit Kli- tislav Pešić die Freude am Spiel verloren, nien, weil es ihm beim FC Bayern keinen schees. Zum einen das des typischen John- in Valencia wurde er wegen Übergewichts Spaß mehr machte. Was die ehemaligen Patrick-Spielers: Ludwigsburgs Coach aussortiert, sein Gastspiel in Monaco war Teamkollegen unterscheidet: Der Kapi- hat schon häufig Profis entdeckt und groß ebenfalls nur kurz. Neue Angebote blieben tän der Nationalmannschaft sammelte in herausgebracht. Zum anderen das des int- aus, erst kurz vor der Saison fragte Gießen zwei Jahren in Saragossa Selbstvertrauen. rovertierten Holzfällers: Walkups College- an. Dort nähert sich der wuchtige Center Durchschnittlich zwölf Punkte erzielte der Team an der Stephen F. Austin State Uni- mit dem feinen Händchen seiner früheren 29-Jährige in der europäischen Top-Liga, versity heißt „Lumberjacks“ – Holzfäller. Form an, er erzielt im Schnitt rund 17 bevor er zurückkehrte. In dieser Saison Denn die Universität unterhält ein land- Punkte und zehn Rebounds. Seine Karriere kommen seine Qualitäten in Würzburg zur wirtschaftliches Forschungszentrum und sei noch nicht vorbei, sagt der 30-Jährige Geltung. Bis zu seiner Sprunggelenksver- einen Lehrforst. Als Spieler ist Walkup mit Selbstironie: Die Athletik, die er nie letzung Ende März war er mit 18,5 Punkten vielseitig und macht auf dem Parkett alles, gehabt habe, könne er ja nicht verlieren. pro Spiel bester deutscher Werfer der BBL. nur eines so gut wie nie: Fehler. – 18 –
VON N ACOGDOCHES JARED CUNNINGHAM Die Spieler des Jahres in der BBL werden seit 1994 ausgezeichnet. Die bisher Geehrten: Shooting Guard, FC Bayern München SAISON SPIELER NATIONALITÄT KLUB Der 26-Jährige hat etwas gebraucht, um sich an 2016/17 Raymar Morgan USA Ratiopharm Ulm die europäische Spielweise zu gewöhnen. Doch 2015/16 Brad Wanamaker USA Brose Baskets Bamberg dass seine neue Rolle sich von der beim chine- 2014/15 Jamel McLean USA Alba Berlin sischen Klub Jiangsu Tongxi Monkey Kings in 2013/14 Malcolm Delaney USA FC Bayern München Nanjing unterscheiden würde, wusste Jared Cun- 2012/13 John Bryant USA Ratiopharm Ulm ningham, als er beim FC Bayern unterschrieb. Auf 2011/12 John Bryant USA Ratiopharm Ulm 74 Punkte, wie er sie einmal in China erzielte, wird 2010/11 DaShaun Wood USA DB Skyliners Frankfurt er in der BBL nicht kommen. In München wurde 2009/10 Julius Jenkins USA Alba Berlin der Amerikaner auch nicht als reiner Scorer verpflichtet, sondern um 2008/09 Jason Gardner USA EWE Baskets Oldenburg Verantwortung zu übernehmen. Am Pokalsieg des FC Bayern im Februar 2007/08 Julius Jenkins USA Alba Berlin war er als bester Punktesammler im Halbfinale und Finale maßgeblich be- 2006/07 Jerry Green USA EnBW Ludwigsburg teiligt. Cunningham ist der wohl spektakulärste Akteur der Liga, er stellt 2005/06 Jovo Stanojević SRB Alba Berlin seine Athletik und Sprungkraft regelmäßig zur Schau. Seine Spezialität: 2004/05 Chuck Eidson USA Gießen 46ers Alley-oops, bei denen er die Grundlinie entlang läuft und das hohe Zuspiel 2003/04 Pascal Roller GER DB Skyliners Frankfurt eines Teamkollegen im Flug durch den Ring donnert. München, das sagt 2002/03 Mithat Demirel GER Alba Berlin der Guard mit dem Einjahresvertrag offen, soll nur Zwischenstation sein 2001/02 Wendell Alexis USA Alba Berlin auf dem Weg zurück in die NBA. Dort begann seine Profikarriere 2012, 2000/01 Mark Miller USA Baskets Bonn als ihn die Cleveland Cavaliers verpflichteten. In der besten Liga der Welt 1999/2000 Wendell Alexis USA Alba Berlin konnte sich Cunningham aber nicht etablieren, 2016 wagte er den Schritt 1998/99 Dirk Nowitzki GER DJK Würzburg nach Fernost, wo er durchschnittlich 34 Punkte machte. Das Punktesam- 1997/98 Wendell Alexis USA Alba Berlin meln im großen Stil hat Jared Cunningham nun eingetauscht gegen eine 1996/97 Wendell Alexis USA Alba Berlin Vielseitigkeit, mit der er die Münchner zum zweiten BBL-Titel führen 1995/96 Henrik Rödl GER Alba Berlin könnte. Ein Sammler bleibt er trotzdem: Zu seiner 1800 Paar umfassenden 1994/95 Michael Koch GER Bayer Leverkusen Sportschuh-Kollektion könnten rote Meister-Schuhe hinzukommen. 1993/94 Teoman Alibegović SLO Alba Berlin RAŠID MAHALBAŠIĆ PHILIP SCRUBB SCOTT EATHERTON Center, EWE Baskets Oldenburg Guard, Fraport Skyliners Center, Löwen Braunschweig Gäbe es Jakob Mit seiner Ge- Man könnte Scott Pöltl nicht, der in schichte wäre der Eatherton als den der NBA bei den kanadische Nati- Anti-Cunning- Toronto Raptors onalspieler in den ham der Liga be- spielt, wäre Ras- einschlägigen US- zeichnen, oder den hid Mahalba- Ligen Anwärter Luke Sikma der sic, 27, der beste auf den Titel des unteren Tabellen- ö s t e r re i ch i s ch e „Comeback Player hälfte. Der Ame- Center der Geschichte. Er ist ja einer der of the Year“ – des Spielers, der sich nach rikaner ist weder besonders groß, noch wenigen Österreicher, die im Ausland mit längerer Absenz am eindrucksvollsten besonders breit, nicht besonders sprung- Basketball Geld verdienen. Geboren im zurückgekämpft hat. Philip Scrubb, 25, stark, auch nicht spektakulär. Und doch ehemaligen Jugoslawien, kam Mahalba- verpasste die Saison 2016/17 wegen eines ist der Center einer der wertvollsten Spieler sic als Kind nach Österreich, wo er für Knorpelschadens im Knie. So fiel das Duell der Liga. Eatherton erkennt die Situatio- die Wörthersee Piraten aus Klagenfurt in mit seinem Bruder Thomas aus, der in der nen, in denen er gebraucht wird, er über- der höchsten Spielklasse debütierte. Zwar vorigen Saison für Gießen spielte. In der zeugt mit Spielintelligenz, positioniert sich konnte er sich anschließend weder beim laufenden Spielzeit punktet Scrubb, als sei geschickt, punktet, rebounded und blockt. Euroleague-Champion Fenerbahçe Istan- er nie fort gewesen; sogar besser: Er hat Heraus kommt in jedem zweiten Spiel ein bul, noch in der NBA-Summer-League seinen Punkteschnitt aus der Premieren- Double-Double. Der 26-Jährige kam aus durchsetzen. Aber in Oldenburg hat es der saison in Frankfurt fast verdoppelt. Der Göttingen, seinetwegen hat Braunschweig österreichische Nationalspieler in kurzer Combo-Guard verteilt den Ball, sucht aber in dieser Saison mit dem Abstieg nichts zu Zeit geschafft, seinen populären Vorgän- auch selbst den Korb – und ist mit fast 20 tun. Mittlerweile hat er seinen Vertrag um ger Brian Qvale vergessen zu machen. Punkten pro Partie der Topscorer der Liga. ein Jahr verlängert. Maximilian Länge – 19 –
„WIR MÜSSEN IN DER E UROLEAGUE SPIELEN“ ehrlich ist, stimmt das sogar: An den Uni- Damals war ich als Olympia-Kämpfer FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß versitäten wurde früher tatsächlich mehr auch ein-, zweimal als Zuschauer beim über die Faszination von Bas- Basketball gespielt als Fußball. Ob diese Basketball, ja. Aber man muss wissen, ketball, seine Lieblingsspieler neuen Zuschauer dann die Regeln in der dass die Spiele 1972 durch das Attentat Bundesliga kennen, ist eine andere Sache. schlagartig völlig verändert worden sind. und die tollste Arena der Welt Aber das Interesse ist da. Die Stimmung war am Anfang fantastisch, Herr Hoeneß, wie überredet der Präsident auch im Olympischen Dorf, aber danach des FC Bayern München seine Geschäfts- War das bei Ihnen ähnlich? war keinem mehr nach Fröhlichkeit zumu- partner, nicht ins Fußball-Stadion zu gehen, Am Gymnasium in Ulm stand Basketball te. Das war sehr schade: Olympia lebt ja sondern ihn stattdessen zum Basketball zu jede Woche auf dem Plan, Fußball selten. davon, dass man sich viel anschauen kann, begleiten? Das musste ich im Verein machen. und zum Basketball wäre ich sicher noch Da ist keine Überredung nötig. Damit sehr viel häufiger gegangen. würde man dem Basketball nicht gerecht. Sie waren 1972 in der deutschen Olympia- Es mag Bedenken in der Vergangenheit Auswahl der Fußballer. Haben Sie damals Sie mussten dann erst 55 Jahre alt werden, gegeben haben, aber keiner, den ich je mit- auch beim olympischen Basketball-Turnier ehe Sie Ihr Basketball-Erweckungserlebnis genommen habe zu einem Spiel, hat nach- vorbeigeschaut? Spielstätte in München hatten. Warum hat es so lange gedauert? her gesagt: Da fahre ich nicht mehr hin, war ja damals – wie heute für die FC-Bayern- Zunächst habe ich ja in der Schulmann- das fand ich langweilig. Viele, die nie ein Basketballer – die Rudi-Sedlmayer-Halle, schaft gespielt. Dann hat mich, viele Jahre Basketballspiel gesehen hatten, kommen die jetzt Audi Dome heißt. später beim FC Bayern, unser ehemaliger heute bei jeder Gelegenheit, ich denke an Vizepräsident Bernd Rauch jede Woche Martin Winterkorn, den ehemaligen Vor- mit dem Thema drangsaliert. Solange ich standsvorsitzenden von VW. Das Interesse Vorstand der Fußball-AG war, konnte ich hat sich gewaltig entwickelt, das sieht man nichts unternehmen. Die Beschlusslage auch an unseren Zuschauerzahlen: Unsere war: Die AG subventioniert keine andere Dauerkartenverkäufe steigen deutlich. Sportart. Wir haben zu Beginn eine hal- be Million Euro zur Verfügung gestellt, War das zu erwarten? München ist ja tra- aber das war’s auch. Und es war niemand ditionell eine Fußballstadt. da, der die Sponsoren daherbringt. Als ich Ja, aber es hat sich gezeigt, dass Basket- dann Präsident wurde, und Bernd Rauch ball hinter dem Fußball – weit hinter dem wieder kam, gab’s keine Ausrede mehr: Ich Fußball natürlich – eine zweite Größe in habe mein Netzwerk eingebracht. Und die München sein kann. Die Entscheidung, Einnahmen aus Sponsoring und Marke- Basketball als zweite Sportart zu pushen, ting sind sehr schnell erheblich gestiegen. war sicherlich richtig. Schon Mitte der 1990er-Jahre hat Sie auch Wie viel Anschub war nötig? Basketball ist Alba Berlins Manager Marco Baldi für die vergleichsweise kompliziert. Es gibt wis- BBL gewinnen wollen. Mit dem Argument, senschaftliche Studien, die besagen, Bas- dass etliche europäische Fußballklubs er- ketball sei verwirrend für Erstzuschauer: folgreiche Basketball-Teams unterhalten: Deshalb gebe es keine „schnellen Anste- Real Madrid, der FC Barcelona, Olympiakos ckungseffekte“. Piräus. Hat der FC Bayern Jahre verschenkt? Das mag sein. Aber es fällt auf, dass viele Die Faszination des Fußballers für Basketball: In der Na, wir haben schon tüchtige Leute, die Leute, die in die Halle kommen, einen aka- Schule hat FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß (66, oben) in Sieben-Meilen-Stiefeln hinter ihnen her demischen Hintergrund haben. Sie sagen, den Ball mehr mit der Hand gespiel als mit den Füßen marschiert sind. Wir haben das im schnel- getreten. Fußball-Weltmeister Mats Hummels (großes sie hätten das an der Schule, an der Hoch- Foto rechts) kann ebenfalls mit dem großen Ball dribbeln, len Durchlaufverfahren gemacht: Wir sind schule schon ausprobiert. Und wenn man wie er demonstriert. Fotos: Oryk Haist, MIS/Imago ja erst in der siebten BBL-Saison. – 20 –
Beim FC Bayern fällt auf, wie viele Fußball- Und wer ist der Lieblingsspieler in Ihrer ei- profis bei Basketballspielen auf der Tribüne genen Mannschaft? sitzen: Am Anfang Bastian Schweinsteiger, Ich finde, wir haben einen sehr ausgegli- seit Neuestem Arjen Robben, Thomas Mül- chenen Kader. Natürlich ist Jared Cun- ler, Javi Martinez. Fordern Sie das? ningham außergewöhnlich. Auch Braydon Nein, das muss jeder selbst wissen. Aber Hobbs: Der hat uns quasi allein besiegt, als das ist ja immer noch mein Traum: Ich er noch in Ulm war. Bei uns ist die Dreier- sehe den FC Bayern als ganze Familie und Quote ausbaufähig. Ich habe mal gehört, möchte, dass die Fußballer zum Basket- dass Dirk Nowitzki zwischen sechs und ball kommen und die Basketballer zum acht Stunden in der Halle ist und Hunderte Fußball. Das werden wir hoffentlich künf- von Würfen macht. So etwas hatte ich bei tig noch ein bisschen verstärken. uns zuletzt, ehrlich gesagt, vermisst. Zieht es Sie selbst auch in andere Hallen, Ist das der Grund, warum Sie sich sehr spät etwa in der NBA? in der Saison von Trainer Alexandar Djordje- Wenn ich in den USA war, habe ich jede Ge- vic trennten – trotz des Pokalsiegs? legenheit genutzt: Mit meiner Frau war ich Zunächst war das eine Entscheidung der einmal in Houston, da habe ich die Rockets Geschäftsführung des FC Bayern Basket- angeschaut. Dann waren wir in New York ball und des Sportdirektors, Daniele Baie- bei den Knicks. Bewundert habe ich früher si, die das Präsidium mitgetragen hat. Sie natürlich Michael Jordan – aber mein Fa- kamen nach intensiver Diskussion zum Er- vorit war Scottie Pippen. Neulich, als wir in gebnis, dass die Maßnahme unausweich- „Eine wunderbare Geschichte“: Jared Cunningham Sevilla waren (im Viertelfinale der Fußball- lich sei, um den Erfolg dieser Saison nicht stemmt den erstmals nach einem halben Jahrhundert wiedergewonnenen Pokal in die Höhe. Foto: Eibner/Imago Champions-League, Anm.), habe ich mir zu gefährden. Es fiel auf, dass wir viele bei Real TV das Euroleague-Spiel gegen Spiele bis zur Halbzeit gut gestaltet und Malaga angesehen. Real hat gewonnen – teilweise am Schluss dramatisch verloren Ist Ihnen das schon mal passiert, dass Sie und mein Lieblingsspieler Fabien Causeur haben. In Istanbul (im Eurocup-Halbfinale einen Trainer so kurz vor der Meisterschafts- hat in den letzten zwanzig Sekunden fünf gegen Darussafaka, Anm.) haben wir mit entscheidung ausgetauscht haben? Punkte gemacht: erst einen Dreier, dann 17 Punkten geführt und das Spiel noch aus Der Zeitpunkt spielt gar keine Rolle. Das einen Zweier. Unnachahmlich! der Hand gegeben. Entscheidende ist Folgendes: Auf die Dau- er kann man in einem Klub nur Erfolg haben, wenn die wesentlichen Personen gut zusammenarbeiten. Das habe ich im Fußball auch im Fall Carlo Ancelotti ge- spürt. Das hat es hier im Basketball seit langer Zeit nicht mehr gegeben. Es war nur ein Nebeneinander, kein Miteinander. Ein- mal waren ja alle an einem Tisch, aber es hat trotzdem nicht funktioniert. Und dann kann es in einem Verein nur eine Lösung geben: Dann muss der Trainer gehen. Man hat nicht mit-, sondern übereinander ge- sprochen. Das konnte auf die Dauer nicht gut gehen. Diese Zusammenarbeit der wesentlichen Personen ... ...ist beim FC Bayern für alle Zeiten das oberste Gebot! Man muss darauf achten, dass man nicht den Superstar als Trainer hat, sondern jemanden, der sich in die Gruppe integriert. Ich nehme jetzt ein Bei- spiel aus dem Fußball: José Mourinho bei Manchester United ist ein Superstar. Aber er hat den Klub kein Stück weiter gebracht. Alles konzentriert sich immer nur auf ihn. Kultfigur: Auch Uli Hoeneß gehört zu den Bewunderern von Michael Jordan (links), dem sechsmaligen NBA-Meis- ter mit den Chicago Bulls und herausragenden Basket baller der Neunzigerjahre. Foto: Zuma Press/Imago – 22 –
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