Das Ende der Saisonjobs - AFI-IPL
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Tiratura: 15.000 | Diffusione: 203.000 Data: 07/07/2021 | Pagina: 1 | Autore: von Silke Hinterwaldner Categoria: Si Parla di Noi AFI IPL– Paper Locale Das Ende der Saisonjobs Südtirols Hotellerie muss dem Personal SEITEN 6-7 mehr Garantien geben, um welches zu bekommen. Saisonale Arbeitsverhältnisse sind bereits jetzt ein Auslaufmodell. Pagina 1/3
Tiratura: 15.000 | Diffusione: 203.000 Data: 07/07/2021 | Pagina: 1 | Autore: von Silke Hinterwaldner Categoria: Si Parla di Noi AFI IPL– Paper Locale von Silke Hinterwaldner V on der Pandemie ist bei- nahe nichts mehr zu spü- ren, die Gäste strömen ins Land, Hotels sind gut gebucht, die Die Saison geht Menschen gehen gern wieder aus: Um alle gut bewirten und versor- gen zu können, braucht es Perso- nal, sehr viel Personal. Die Jobs im zu Ende Gastgewerbe und ganz allgemein Corona hin oder her: Hotels, Restaurants und Bars tun sich im Tourismus reichen von der Kell- zunehmend schwer Mitarbeiter zu finden. Was läuft da falsch? nerin, zum Koch, der Rezeptionis- tin zum Zimmermädchen, dem Fit- Ob es an der Bezahlung liegt, am Wunsch nach der Fünf-Tage-Woche nesstrainer zum Barmann. und geregelten Arbeitszeiten, an mangelnder Wertschätzung oder Noch vor wenigen Wochen schien es daran, dass die saisonalen Arbeitsverhältnisse ein schier unmöglich, Mitarbeiter in ausreichender Zahl zu finden, um Auslaufmodell sind. alle Betriebe im Land in die Saison starten lassen zu können. Die Lage hat sich beruhigt, die meisten Be- triebe arbeiten gut. Eines aber bleibt: die Frage, wie es gelingen kann, gute Mitarbeiter zu finden, sie langfristig zu binden und den Tou- rismus im Allgemeinen zu einem be- gehrten Arbeitgeber zu machen. Martin Huber ist nicht nur selbst Hotelier in Reischach, sondern auch Präsident im Tourismusver- ein Kronplatz, er kennt die Bran- che, ihre Stärken und ihre Schwä- chen. Ihn ärgert es ganz beson- ders, dass viele junge Leute aus den Hotelfachschulen zwar ihre künften für das Personal gespart. Was lässt sich positiv hervorhe- dell. Die Frage ist nun, wie es Abschlüsse machen, dann aber in Aber kaum jemand will ein kleines ben – und was ist weniger gut? überwunden werden kann. Der- andere Sparten wechseln. „Oft“, Zimmer mit einem Kollegen teilen. Man arbeitet mit Menschen, die zeit sind von 30.000 Arbeitsver- sagt er, „liegt das daran, dass sie Für einen Sommerjob während im Urlaub und deshalb meist gut hältnissen jährlich 20.000 befris- bei ihren Praktika in den Betrie- des Studiums sind viele zu Kom- aufgelegt sind. Man muss aber tet. Saisonarbeit bedeutet norma- ben nichts machen dürfen außer promissen bereit, insofern die Be- auch Emotionen verbergen kön- lerweise, dass man vier Monate Kartoffeln schälen, sie werden zahlung und die Wertschätzung nen, wenn es einmal nicht so gut arbeitet und zwei Monate in Ar- manchmal gar nicht bezahlt und stimmen. Aber spätestens, sobald läuft. Die Arbeit bietet spannende beitslose geht, das Ganze zwei Mal zudem schlecht behandelt. Das die Arbeit mehr als eine Über- Inhalte, Kontakt zu internationa- im Jahr. Das aber verursacht darf nicht sein. Damit verlieren gangslösung wird, müssen auch lem Publikum, gute Karriere- volkswirtschaftliche Kosten auf diese jungen Leute die Freude am die Bedingungen verbessert wer- chancen. Diese Berufe eigenen dem Rücken der Steuerzahler. Tourismus.“ Und genau diese Mit- den. Stefan Perini ist Direktor im sich bestens für junge Menschen, Außerdem führt dieses Modell we- arbeiter fehlen dann. Arbeitsförderungsinstitut Afi und die vielleicht vier Monate lang voll gen der geringen Rentenbeiträge Zufriedene Mitarbeiter sind wich- damit ebenfalls von Berufs wegen durcharbeiten, dann aber auch zur Altersarmut. Um überhaupt tig im Betrieb: Das sagt sich leicht- damit befasst, was in den Betrie- Freizeit haben wollen. in Rente gehen zu können, benö- hin, ist in Wahrheit aber zu oft ben abläuft. Welche sind die Schattenseiten? tigt man 1.820 Beitragswochen, nicht gegeben. „Man muss ein biss- Die Arbeitsintensität ist grund- das entspricht 36 Arbeitsjahren. chen auf seine Leute schauen“, Tageszeitung: Herr Perini, warum sätzlich hoch, man macht viele Das schaffen viele Saisonarbeiter sagt Huber, „die Arbeit muss at- ist es so schwer Mitarbeiter im Stunden, hat Stress. Es gibt wenig nicht. Und: Wenn jemand einen traktiv sein, das bedeutet auch, Tourismus zu finden? Ruhepausen, manchmal werden Bankkredit für das Eigenheim be- dass eine Fünf-Tage-Woche oder Stefan Perini: Nur jammern nützt die Ruhetage auch nicht eingehal- nötigt, sind diese instabilen Ar- zumindest eine Fünfeinhalb-Tage- wenig, man muss den Mitarbeitern Woche angeboten werden muss.“ schon auch etwas bieten können. Freizeit sei heutzutage oft wichti- Die Arbeitgeber stehen im Wettbe- „Man muss ein bisschen auf seine Leute schauen. ger als das Geld. Die Saisonkräfte werb, da ist es nur logisch, dass je- Die Arbeit muss attraktiv sein, das bedeutet auch, dass eine klagen grundsätzlich nicht über ner sich die besten Kräfte unter Fünf-Tage-Woche oder zumindest eine Fünfeinhalb-Tage-Woche schlechte Bezahlung. Das Gehalt den Nagel reißt, der etwas zu bie- stimmt in den meisten Betrieben, ten hat. angeboten werden muss.“ zwischen den Saisonen gibt es au- Werden die Jobs zu schlecht be- Martin Huber ßerdem Arbeitslose und auch einen zahlt, sind die Arbeitszeiten zu 13. und einen 14. gibt es. Oft ist lang oder die Arbeitgeber zu we- auch das Trinkgeld nicht zu ver- nig freundlich? ten. Die Vereinbarkeit von Familie beitsverhältnisse auch schlecht. nachlässigen. Fangen wir von vorne an: Das Ho- und Beruf fällt schwer, auch weil Die Bank will Sicherheiten. Dazu Für einen Ganzjahresbetrieb ist es tel- und Gastgewerbe macht 15 man an Wochenenden und an muss man noch sagen: Die Saison- grundsätzlich leichter Mitarbeiter Prozent vom Bruttoinlandprodukt Abenden arbeiten muss. Negativ arbeit ist bei uns relativ gut über zu finden, sie können ihnen ein fes- aus, es ist außerdem ein wichtiger ist die Vertragsinstabilität, auch im Landeszusatzverträge geregelt. tes Angestelltenverhältnis und da- Auftraggeber für andere Bran- Hinblick auf die Rentenabsiche- Arbeitskräfte fehlen: Wie kann mit mehr Sicherheit bieten. Die chen. Es ist ein recht junger Sek- rung. Die saisonale Arbeit trägt man die Attraktivität im Touris- größeren unter ihnen können auch tor: 32 Prozent der Belegschaft ist auch zur Prekarisierung des Südti- mus steigern? die Arbeitszeiten flexibler gestal- jünger als 30 Jahre alt. Das Spek- roler Arbeitsmarktes bei, die Fluk- Es braucht eine bessere Personal- ten. Ein Problem für manche Mit- trum an unterschiedlichen Beru- tuation am Arbeitsmarkt ist we- bindung und eine bessere Work- arbeiter und Arbeitgeber sind si- fen in diesem Bereich ist groß: Kü- sentlich vom Tourismus bestimmt. Life-Balance. Man muss Arbeits- cherlich die Mitarbeiterunterkünf- che, Service, Rezeption, Wellness. Wie funktioniert das Modell Sai- zeiten und Ruhezeiten einhalten, te. In manchen Hotels wird zwar Aber die Arbeitsbedingungen sind sonarbeit in Zukunft? die Fünf-Tage-Woche anbieten, viel umgebaut, aber bei den Unter- nicht immer optimal. Ich sage: Das ist ein Auslaufmo- manche wollen manchmal am Wo- Pagina 2/3
Tiratura: 15.000 | Diffusione: 203.000 Data: 07/07/2021 | Pagina: 1 | Autore: von Silke Hinterwaldner Categoria: Si Parla di Noi AFI IPL– Paper Locale Foto: Symbolfoto (© 123RF.com) An der Rezeption: chenende frei. Die Höhe des Ge- Mitarbeiter gesucht halts ist freilich auch wichtig, aber das allein reicht längst nicht mehr saisonal: im Winter skifahren, aus. Die Jobs im Tourismus sind im Sommer wandern. Was sollen recht attraktiv, solange man jung sie im November oder im April ist, Single und nicht an eine Fami- ihren Gästen bieten? lie gebunden. Spätestens mit Kin- Überall wird der Ganzjahresstou- dern wird es schwierig. rismus nicht funktionieren, das ist Wie schaut der Ausweg aus? wahr. Aber auch in einem Saison- Wenn Südtirol sich als Ganzjahres- betrieb muss man den Mitarbei- destination etablieren will, muss tern etwas bieten: Was kann man man von den Saisonverträgen weg- tun, um ein attraktiver Arbeitge- kommen. Hier könnte man überle- ber zu sein? In den vergangenen 20 Martin Huber Stefan Perini gen ähnlich der Bauarbeiterkasse Jahren hat man sich gern im osteu- eine Übergangslösung zu schaffen, ropäischen Raum nach Mitarbeite- um die arbeitsfreien Monate zu rinnen umgeschaut. Mittlerweile überwinden, ohne die Kosten zu haben aber auch die Länder dort sozialisieren. Die Frage ist natür- einen gewissen Wohlstand er- lich auch: Wollen wir einen Touris- reicht. Mitarbeiter aus dem Aus- mus, der ständig wächst oder sollte land sind nicht mehr so leicht zu man besser auf mehr Qualität und haben. Man muss wieder in Kon- einen Ganzjahrestourismus set- kurrenz zu den anderen Arbeitge- zen? Wenn man diesen Wunsch bern im eigenen Umfeld gehen. ernst meint, muss man Maßnah- Der Arbeitnehmer sucht nach dem men setzen, um diesen Weg gehen besten Kosten-Nutzen-Verhältnis. zu können. Nur wenn man bessere Arbeitsbe- Viele mittelgroße Betriebe in dingungen schafft, wird man auch Südtiroler arbeiten momentan für Mitarbeiter interessant. Pagina 3/3 Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)
Sie können auch lesen