Das ganz große Ding? Big Data / Predictive Analytics - Oktober 2015
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Inhalt 03 – Editorial Claas Lübbert / marktforschung.de 05 - Schwarzenegger, Sensoren und Simulation Interview Dr. Matthias Hagen / Universität Weimar 11 - Ich sehe was, was Du nicht siehst? Predictive Analysis! Hans-Werner Klein / Twenty54Labs 15 - Wie kann das Amazon-Prinzip auf die Finanzdienstleistungsbranche übertragen werden Torben Tietz und Dr. Stephan Groll / MSR Insights 23 - Big Data oder Intuition Claudia Knod / B2B International 26 - Echtzeit ist das Zauberwort Interview mit Sven Gábor Jánszky / 2b AHEAD ThinkTank 33 - Von Daten-Lust und Daten-Frust Oliver Tabino / Q | Agentur für Forschung 37 - Trotz Kunden-Daten sind Menschen keine Daten-Kunden Tim Franke / cx/omni Marketing Software GmbH 41 - Digital Online Analytics am POI Eckhard Georgi / infas360 43 - The Times they are A-Changin‘ for the Questionnaire Carlos Ochoa / Netquest 47 - Von "Data Experience" als Vision und nachhaltigen Veränderungen der Marktforschung Interview mit Dr. Friedemann Weber / Corporate Director GIM 50 - Hyperpersonale Angebote durch Predictive Analytics Janine Seitz / Zukunftsinstitut marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 2
Editorial Das ganz große Ding? Big Data / Predictive Analytics Von Claas Lübbert, marktforschung.de Ein paar Jahre ist es schon her, dass ich technischer Prozess stecken könnte, der mich zum ersten Mal digital observiert mir damals naivem Internetnutzer meine fühlte. Ich hatte in einem Online-Shop vermeintlichen Produktvorlieben noch erfolgreich nach dem Buch einer einmal in anderem Kontext ins Gedächtnis befreundeten Doktorandin gesucht und rufen wollte. surfte anschließend über die Seiten eines großen Nachrichtenmagazins. Und Nun sind diese oder ähnliche Verfahren ja wunderte mich plötzlich, denn: ich sah dort längst gängige Praxis und keinesfalls mehr einen Werbebanner, in dem eben jenes eine Sensation. Das eigentlich simple Buch beworben wurde. "Unfassbar", Beispiel vermag aber vielleicht ganz gut zu dachte ich, "dafür wird in großem Stile illustrieren, wie durch Internetnutzung gewoben?" entstehende Daten verwendet werden können für – ja was eigentlich? Erfassung Um nicht missverstanden zu werden: in der des Nutzerverhaltens, Analyse der Verwunderung darüber liegt keinesfalls persönlichen Vorlieben und ein darauf eine Herabschätzung der Publikation. Nur basierendes "passendes" Angebot – und ist das Werk einem derart exotischen alles ohne Medienbruch. Hätte ich jetzt Thema gewidmet, dass ich mir keinesfalls auch noch direkt auf das Banner geklickt vorstellen konnte, die reichweitenstarke und das Buch bestellt, wäre ich zum Traum Bewerbung außerhalb der speziellen jedes E-Marketeers geworden. Zielgruppe könne sich irgendwie lohnen. Bin ich aber nicht. Ich kenne die Autorin ja Aber bevor ich zum Hörer griff, um die schließlich persönlich. Autorin über die sensationelle Marketing- So vereinfacht ich das hier darstelle, so Aktion des Verlags zu informieren, komplex ist aber doch das damit im Großen dämmerte mir, dass dahinter ein zusammenhängende Oberthema, dem wir marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 3
uns in dieser Ausgabe des marktforschung.dossier widmen: Big Data und Predictive Analytics. Was man mit Daten so alles anstellen kann, wissen längst nicht mehr nur die Marktforscher, und nicht nur deshalb tangiert es unsere Branche in erheblichem Maße. Gleichwohl ist das Thema im wahrsten Wortsinne viel zu groß, um hier vollumfänglich behandelt werden zu können. Wir möchten Ihnen aber gern einige interessante Facetten präsentieren – kritische Betrachtungen, neue Forschungsansätze, konkrete Fallbeispiele und die Perspektive der Wissenschaft. Und Sie wissen ja: Sie hinterlassen ohnehin Spuren im Netz. Lesen Sie also ruhig alle Beiträge. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 4
Interview Schwarzenegger, Sensoren und Simulation Seit anderthalb Jahren hat Dr. Matthias Hagen eine Juniorprofessur im Bereich Big Data Analytics an der Bauhaus-Universität Weimar inne. marktforschung.de sprach mit ihm über die Chancen von Big Data, die Auswirkungen des Datenschutzes und warum sich ausgerechnet Arnold Schwarzenegger mit rhetorischen Figuren auskennt. marktforschung.de: Mit Ihrer Matthias Hagen: Nein, dass der Hype Juniorprofessur im Bereich Big Data schnell verfliegt, glaube ich nicht, aber Analytics an der Bauhaus-Universität vielleicht nennt man es irgendwann anders. Weimar sind Sie sozusagen ein Big Data hat aber den Status des Next Big Paradiesvogel in der Hochschullandschaft. Thing schon hinter sich gelassen, es Wie verliefen die ersten anderthalb Jahre? existiert ja schon. Allerdings weiß wahrscheinlich noch nicht jeder, was der Matthias Hagen: Ich bin mir nicht ganz Begriff genau bedeutet. Früher nannte man sicher, was Paradiesvogel in dem es zum Beispiel Datenanalyse, heute Zusammenhang heißen soll … aber ich verwendet man synonym auch oft den erhielt schon recht viel Aufmerksamkeit, da Begriff Data Science. Wie lange der Hype wir in Weimar deutschlandweit als erste anhält, weiß ich zwar nicht, aber dass man den Begriff Big Data in der Bezeichnung immer mehr Daten analysieren und auch einer Juniorprofessur verwendeten. Wir speichern kann, ist nicht mehr haben seitdem zwar nicht doppelt so viele wegzudiskutieren und das werden auch Studierende, aber es gibt immer wieder immer mehr Unternehmen und einige, die deshalb hierhin kommen. Ob Wissenschaftler nutzen, davon bin ich das aber über die kommenden zehn Jahre überzeugt. ein bestimmender Trend bleiben wird, weiß ich nicht. marktforschung.de: Wie ist denn das Thema Big Data generell im marktforschung.de: Sie gehen aber sicher Hochschulkontext aufgehängt? nicht davon aus, dass der Hype um Big Data schon bald vorbei ist, denn momentan ist Matthias Hagen: Mittlerweile gibt es in es ja für viele das Next Big Thing. Wie ist Deutschland zwei "Big Data"- Ihre Einschätzung? Kompetenzzentren, die vom BMBF marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 5
gefördert werden. Das eine ist in Berlin, das marktforschung.de: Wie sind Sie andere in Dresden/Leipzig, beide sind mit persönlich zu dem Thema gekommen? Universitäten verbunden. Sie sind natürlich viel größer als wir, aber die Zielsetzungen Matthias Hagen: Ich habe selbst in einem ergänzen sich sicher ganz gut. Ansonsten eher theoretischen Bereich der Informatik hat sich an den Universitäten nicht viel promoviert, bin aber froh, mich nun auch verändert, die Wissenschaftler, die vorher mit praktischeren Dingen beschäftigen zu etwa im Bereich der Informationssysteme können. Schon vor dem Start der oder Datenbanken gearbeitet haben, Juniorprofessur habe ich mich mit meiner machen das jetzt genauso – das gilt ja auch Arbeitsgruppe intensiv mit dem Web für mich. beschäftigt, das ja eben auch eine sehr große Ansammlung von Daten ist. Hier ging Big Data in der Bundespolitik es nicht nur darum, was Menschen im Netz suchen, sondern auch was Menschen über marktforschung.de: Inwiefern gibt es denn sich preisgeben. Interessant ist in dem eine Bereitschaft auf Bundesebene, sich Zusammenhang etwa der Aspekt, wie uns nachhaltig in dem Bereich zu engagieren? das als Gesellschaft und auch persönlich verändern wird. Matthias Hagen: Wir sind mit meiner Arbeitsgruppe Teil des "InnoProfile marktforschung.de: Welche Resonanz aus Transfer"-Programms des BMBF, das Wirtschaft und Politik erhalten Sie auf Ihre speziell Forschungseinrichtungen in den Forschungsarbeit? neuen Bundesländern fördert und Wert auf eine Vernetzung mit der regionalen Matthias Hagen: Mit den sieben Industrie legt. Schon zuvor gehörten wir Stifterunternehmen der Professur arbeiten mit der Arbeitsgruppe "Intelligentes wir sehr eng zusammen. Das sind zum Lernen" hierzu. großen Teil kleine und mittelständische Unternehmen aus dem Raum Thüringen. Alle Arbeitsgruppen konnten, wenn sie eine Hier entstehen auch Projektideen für Stiftungsprofessur eingeworben haben, weitere Drittmittelprojekte. Insgesamt ist noch einmal eine Förderung über fünf das Interesse dank unseres Namens schon Jahre für fünf Mitarbeiter beantragen, sehr groß. Auf der politischen Ebene steht inklusive sehr großzügiger Ausstattung, das Thema ebenfalls auf der Agenda: Reisemittel etc. Fünf Jahre sind bei solchen Anfang des Jahres war ich im Drittmittelprojekten ein komfortabel langer Bundeskanzleramt zu einem Zeitraum. Darüber hinaus gab es in den Meinungsaustausch bezüglich Big Data. vergangenen zwei Jahren auch Auch die Politik interessiert sich dafür, Ausschreibungen vom BMBF und dem welche Entwicklungen es in naher Zukunft BMWi im Bereich Big Data und Smart Data, auf dem Gebiet gibt und wie man, etwa im die speziell Verbundprojekte fördern, in Hinblick auf die Schulpolitik, Unterstützung denen Forschung und Industrie geben könnte. zusammenarbeiten. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 6
marktforschung.de: Wie ist denn aus Ihrer Matthias Hagen: Ich kann Ihnen ein Sicht der Status der Schulbildung? aktuelles Beispiel geben: Wir arbeiten mit einem Hersteller von Maschinen, die Matthias Hagen: Hier fehlt es sicher noch Wellpappe produzieren, zusammen. Solche an der einen oder anderen Stelle. Ein Wellpappeproduktionsanlagen können größerer Fokus auf Statistik im schnell 100 Meter und länger sein. Darin Mathematikunterricht wäre sicher nicht messen dann unzählige Sensoren, mit wie verkehrt. Ich weiß aber nicht, ob jeder viel Druck und Hitze Papier erwärmt oder programmieren können muss. zusammengepresst wird, wie schnell welche Motoren laufen und wie das Informatikunterricht in der Schule in Endprodukt Wellpappe aussieht. Wenn Richtung Problemlösekompetenz ist man aus diesen Sensordaten Rückschlüsse dagegen sicher nicht verkehrt. Man liest ja zieht, weiß man, wie gut das Produkt ist, oft mit einem negativen Unterton den kann herausfinden, was man hätte besser Begriff des Algorithmus, nach dem Motto: machen können oder was man anders Die bösen Algorithmen regieren die Welt. einstellen sollte und man kann vor allem Aber Algorithmen sind ja nicht gut oder erkennen, dass in der kommenden Woche böse – höchstens schnell oder langsam. ein Lager ausgewechselt werden sollte oder in drei Monaten ein Motor. Das ist Hier fehlt häufig das Wissen, dass ganz klassisches Big Data im Bereich Informatiker im Grunde daran interessiert Industrie 4.0. sind, Probleme durch automatisierte Abläufe zu lösen – und zwar erstmal völlig Ansonsten beschäftige ich mich viel damit, wertfrei. Beispiele sind das Sortieren vieler was im Web passiert: Sentiment oder Zahlen aber eben auch was man mit Opinion Mining, die so genannte großen Datenmengen tatsächlich machen Stimmungsanalyse, spielt hier etwa eine kann und wie schnell entsprechende Rolle. Wir haben dieses Jahr an einem Analysen dann durchführbar sind bzw. wie Wettbewerb teilgenommen, bei dem es die Daten verwaltet werden müssen. Für darum ging, zu erkennen, ob die Stimmung einen flächendeckenden Unterricht der eines Tweets positiv oder negativ ist. solche grundlegenden Letztendlich haben wir den Wettbewerb Informatikbegrifflichkeiten aufgreift, fehlen sogar gewonnen, obwohl das eigentlich wahrscheinlich aktuell viele Lehrer. Aber nicht unser Kerngebiet ist. Ideal wäre es dass es Handlungsbedarf gibt, ist den natürlich, Stimmungen zu erkennen, bevor Gremien sicher bewusst; die Gesellschaft die Auswirkungen etwa für Unternehmen für Informatik engagiert sich hier zum allzu negativ sind. Beispiel auch sehr. Schon zuvor habe ich mich ausgiebig mit Big Data und Industrie 4.0 Text und Sprache auseinandergesetzt: Wie suchen Menschen im Web, wie schreiben marktforschung.de: Zurück zu Ihnen – was sie Texte und wie recherchieren sie? Die sind die inhaltlichen Schwerpunkte Ihrer Simulation dieses Such- und Forschungsarbeit? Anfrageverhaltens ist aktuell ein wichtiger marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 7
Komplex meiner Arbeit. Und ich bin daran Füllwörter zu finden und gegebenenfalls interessiert, einen von einem Menschen auch zu entfernen oder die Satzstellung zu formulierten Text zu verbessern oder ändern, ist das machbar. Man wendet bestimmte Eigenschaften in einem Text zu diverse Textoperationen auf den erzielen, zum Beispiel eine bessere Ausgangstext an. Dadurch ergibt sich ein Lesbarkeit zu erreichen. Suchraum, der die zahllosen entstehenden unterschiedlichen Varianten des Textes In dem Zusammenhang sind wir dank abbildet. Arnold Schwarzenegger auch auf das Akrostichon aufmerksam geworden. Das ist In diesem riesigen Raum sucht man einen ein Stilmittel, bei dem die Zeilen- oder Weg von dem Ausgangstext zu einem Text Wortanfänge eines Textes oder Gedichts im Suchraum, der die vorgegebene von oben nach unten gelesen ein Wort oder Eigenschaft erfüllt, also zum Beispiel ein einen Satz bilden. Als Arnold bestimmtes Akrostichon zu enthalten oder Schwarzenegger Gouverneur in Kalifornien 50 Wörter kürzer zu sein und trotzdem noch war, legte er im Oktober 2009 ein Veto denselben Sinn zu haben. Dazu gibt es gegen einen Gesetzesvorschlag des Technologien aus dem Bereich der Demokraten Tom Ammiano ein. Künstlichen Intelligenz, sogenannte heuristische Suchverfahren. Diese In dem Text heißt es sinngemäß, dass durchwandern den Suchraum nicht Schwarzeneggers Ideen ständig abgelehnt komplett, weil das ewig dauern würde, aber würden und nun wäre er auch einmal gegen sie gehen die vielversprechendsten einen Vorschlag. Diesem Veto sah man auf nächsten Schritte. den ersten Blick nichts Ungewöhnliches an, am nächsten Tag fand allerdings ein So haben wir zum Beispiel bei Wikipedia- Journalist heraus, dass das Schreiben ein Artikeln den Titel des Artikels als Akrostichon enthielt: die sieben Zeilen in Akrostichon in den Anfang des Textes Schwarzeneggers Veto begannen mit den eingeflochten, was so in ungefähr jedem Buchstaben "F u c k y o vierten oder fünften Fall gut funktioniert. u". Schwarzeneggers Sprecher berief sich Mit diesen Methoden ist es dann auch da interessanterweise auf einen Zufall ... möglich von zwei vorgegebenen Texten, bei denen einer verdächtigt wird, Abschnitte Im ersten Teil des Interviews beschrieb Prof. des anderen zu enthalten, also ein Plagiat Dr. Matthias Hagen, warum er dank Arnold zu sein, herauszufinden, wie schwierig es Schwarzenegger auf das Akrostichon war, den einen Text aus dem anderen zu aufmerksam wurde, nun geht es um die bilden. Man erkennt die Schöpfungshöhe weitere Verwendung dieser Akrosticha. und kann so vielleicht einen menschlichen Matthias Hagen: Wir haben uns überlegt, Plagiatserkenner unterstützen. Oder eben Akrosticha in vorgegebenen Texten von auch Texte lesbarer oder leichter Computern erzeugen zu lassen – quasi als verständlich machen. Technologiedemonstration. Mithilfe verschiedener Textoperationen, zum Interaktionen im Netz und der Datenschutz Beispiel der Möglichkeit Synonyme oder marktforschung.de: In welchen Bereichen marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 8
gibt es aus Ihrer Sicht weiteren dann sind sie natürlich vorher informiert, Forschungsbedarf? dass wir das für Wissenschaft und Forschung untersuchen. Matthias Hagen: Vielversprechend sind Wenn ich also noch einmal zurückkomme Simulationen von menschlichem Verhalten. zu den angesprochenen Interaktionen bei Möchte man Verhalten im Web Suchmaschinen, die wir eben nicht analysieren, gibt es allerdings ein kleines abfragen dürfen, ist es schon so, dass wir Problem, denn nur die großen eigentlich Suchmaschinen entwickeln amerikanischen Firmen, wie zum Beispiel möchten, die Menschen bei der Recherche Google, wissen, was Menschen im Netz unterstützen. Dafür wäre eine genauere machen. Wir als Forscher bekommen aus Untersuchung dieser Interaktionen an sich verständlichen Gründen keinen Einblick in schon interessant. die Interaktionen. Wenn ich wüsste, welche Suchanfragen Sie in den letzten drei Aber wir entwickeln auch so neue Wochen gestellt haben, würde ich ein Suchverfahren: Im Moment sind wir etwa ziemlich gutes Persönlichkeitsprofil von im Kontakt mit "Der Spiegel". Große Ihnen erhalten und wüsste wofür Sie sich Verlage verschlagworten ihre Dokumente interessieren. Das geht bis zu mithilfe einer sogenannten Taxonomie, Krankheitsbildern oder finanziellen sodass man Dokumente, die sich ergänzen Verhältnissen. An solche Daten kommen auch gleich gemeinsam findet. Hier wir also zu Recht nicht. möchten wir noch einen Schritt weitergehen und sogenannte marktforschung.de: Sie sprechen damit Schlüsselanfragen simulieren, es geht also den wichtigen Aspekt des Datenschutzes nicht mehr um Schlüsselwörter sondern an, inwieweit tangiert Sie der Datenschutz komplette Anfragen. Wir überlegen, bei ansonsten bei Ihrer Arbeit? welcher Anfrage welche Texte gefunden würden. Die kompletten Ergebnisse Matthias Hagen: Wenn man das Sammeln wandern in die Taxonomie und werden von Daten unter juristischen Aspekten unter einer Anfrage verschlagwortet. Eine betrachtet, stellt sich die entscheidende so funktionierende Systematik würde auch Frage: Wem gehören überhaupt alle diese verhindern, dass bei der Daten? Um auf das Beispiel mit den Schlagwortvergabe einzelne Dokumente Wellpappemaschinen zurückzukommen: nicht zuzuordnen sind und dann wie häufig Gehören die Daten eher dem Hersteller der üblich wenig aussagekräftig unter Maschine oder demjenigen, der sie „Sonstiges“ landen. einsetzt? Uns berührt der Datenschutzaspekt aktuell eher nur in der marktforschung.de: Hat sich dieses bereits geschilderten Fragestellung der Verfahren schon bewährt? Analyse von etwa menschlichem Suchverhalten. Meiner Forschungsarbeit Matthias Hagen: Wir haben eine hat der Datenschutzaspekt bisher noch Nutzerstudie mit Wissenschaftlern nicht entgegengestanden. Wenn ich zum gemacht, die unser Verfahren mit Google Beispiel Menschen Texte schreiben lasse, Scholar, einer ganz guten akademischen marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 9
Suchmaschine, vergleichen sollten. Bei Simulation würde darüber hinaus den Google Scholar gibt es ein Feature, das spannenden Blick in die Zukunft Related Articles heißt. Vor den Augen der ermöglichen. Für die Suche im Web gibt es Wissenschaftler konnten wir ganz gut zum Beispiel schon ganz gute bestehen, sie waren mit unseren Simulationsverfahren: Wenn ich weiß, Suchergebnissen ebenso zufrieden wie mit welche Anfragen Menschen potenziell denen von Google. An dieser Stelle würde stellen und welche Treffer sie erzielen sich auch eine Simulation des menschlichen könnten, kann ich menschliches Verhalten Verhaltens anbieten, sodass man für eine insofern simulieren, dass ich genauso viel Evaluation des Verfahrens gar keine Wissen aus meinen automatisch Menschen rekrutieren und womöglich auch generierten Klicks gewinnen könnte wie der bezahlen müsste. Mensch. Stimmungen analysieren Aber ich kann auch genauso gut den idealen Nutzer simulieren, der dann ungefähr marktforschung.de: Welche Szenarien in doppelt so gut ist im Umgang mit der der Marktforschung könnten Sie sich Suchmaschine wie ein Mensch, er erhält darüber hinaus vorstellen? also doppelt so viel Wissen in derselben Zeit. Das könnte man sicher auch gut Matthias Hagen: Vorhin sprachen wir über verwenden, um zum Beispiel Interfaces Stimmungsanalyse, die schon vielfach miteinander zu vergleichen und erfolgreich durchgeführt wird. Was aber herauszufinden, welches beim Menschen noch in den Kinderschuhen steckt: Man besser ankommt. Dann könnte man das kann einem Post zwar relativ gut ansehen, Verhalten simulieren und schauen, wie weit ob er insgesamt positiv oder negativ ist, weg vom idealen Verhalten der aber wichtiger ist ja die Erkenntnis, in Durchschnittsnutzer eigentlich ist. Wenn welchem Kontext der Tweet zu demjenigen der Durchschnittsnutzer bei System A steht, der ihn geschrieben hat. Wenn zum weiter vom idealen Verhalten entfernt ist, Beispiel die VW-Aktie um 20 Prozent obwohl das ideale Verhalten für System A gefallen ist und ich schreibe das in einem eigentlich besser ist als für System B, weil er Tweet, hängt meine Sicht auf die Dinge ja zum Beispiel länger braucht, um davon ab, ob ich die Aktie habe oder verschiedene Dinge anzuklicken, ist System vielleicht Wettbewerber von VW bin – im A womöglich trotzdem nicht ersten Fall ist meine Stimmung vielleicht empfehlenswert. Der Durchschnittsnutzer sehr negativ, im zweiten vielleicht gar nicht. wäre ja evtl. schlechter. Das wäre für die Für die Marktforschung kann ich mir auch Marktforschung sicher ein spannender vorstellen, dass es interessant wäre, Bereich – und bei weitem nicht das einzige, größere Populationen von Menschen zu was uns demnächst noch beschäftigen wird. simulieren und zu schauen, wie sie sich verhalten oder wie sich Stimmungen marktforschung.de: Herr Prof. Hagen, wir entwickeln könnten. Man kann so etwas danken Ihnen für das informative Gespräch! zwar schon beobachten, aber eine marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 10
Ich sehe was, was Du nicht siehst? Predictive Analytics! Hans-Werner Klein ist CIO und Partner von Twenty54Labs. Predictive Analytics von einem gleichnamigen Werk [1]. Untertitel: "Wie Marktforscher durchleuchten lassen, das Big Data uns und unser Leben vorhersehbar hat schon was. "Predictive" waren die macht". Wenn Big Data und Vorhersehung meisten Produkt-Marktforschungen schon genannt werden, darf die Marktforschung immer, gerade deshalb wurden sie nicht fehlen. Oder doch? Wir werden schließlich gemacht: Unternehmen umsatteln müssen in Data Scientists, Data erstellen schließlich Geschäftspläne auf Journalists, Data Designer, oder Datatainer. Basis von datenbasierten Prognosen. Erhalten aber damit auch den Status den "most sexy Job" unseres Jahrzehnts Soziologische Analysen hatten auch auszuüben. Deal? zumeist die Idee, dass man Verhalten von Gruppen analysieren und vielleicht auch Predictive Analytics wird aus drei großen vorhersagen kann. Mit den größten Wert Quellen gespeist, die auch die Auktionen auf "Predictive Analytics" legen politische der Vermarktung von Daten in Zukunft Parteien – und schauen sich ganz genau an, bestimmen werden: wie welche Themen in der Bevölkerung zu einem Erfolg der Partei am Wahltag führen Zum ersten die Ausweitung des Marktes für können. Vielleicht kann ich diesen Beitrag solche Prognosen. Wir sind, ohne es zu für das marktforschung.dossier mal anders ahnen, umzingelt von uns betreffenden angehen. Vielleicht aus der Ecke Literatur, Prognosen: TV-Gewohnheiten, Sahne zum Film, Kunst oder literarisch-philosophisch? Kuchen, Unfallprognosen, Fahrverhalten, Kreditwürdigkeit – sogar kriminelle Was ist der neue Aspekt in diesem Aktivitäten mit Wochentag und Uhrzeit in Thema? unserem Wohnviertel können vorhergesagt werden. Das alles betrifft uns direkt. Da ist "Das Ende des Zufalls" proklamiert Rudi kein Flyer, kein Banner oder ein Mailing Klausnitzer in seinem 2013 erschienenen zwischengeschaltet. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 11
Zum zweiten die Ausweitung des Marktes nicht auch eine literarisch-philosophische für Werkzeuge, um diese Prognosen Deutung versprochen? Oder ist es eine zu erstellen zu können. Als ältere quantitative "steile These", dass technologische und Marktforscher sind Ihnen SAS und SPSS ein Marktentwicklungen auch von Literatur und Begriff. Geballtes Fachwissen auf den Kunst getrieben werden? Das 1996er Feldern Statistik und Empirie, Kenntnisse Klapphandy von Motorola war ein Klon des des Marktes, der Kunden und Auftraggeber Communicators aus Star Trek, stimmt’s? lassen diese Tools zu Zauberkästen der Und hieß dann auch noch werbewirksam Experten werden. Aber braucht man die StarTAC. wirklich noch? Ausweitung des Marktes bedeutet zurzeit häufig, Werkzeuge zu Das Thema "Predictive Analytics" als bauen, die auf dem iPad Ergebnisse "Precrime-Detection" wurde uns 2002 in visualisieren können ohne Kenntnisse der dem Film "Minority Report" näher gebracht. Statistik. Automatisierung und propagierte Der Film basiert auf einer Erzählung des Einfachheit durch Deprofessionalisierung Autors Philip Kindred Dick aus 1956. Der gaukeln Verständnis und Erklären können Plot: In Washington des Jahres 2054, auch komplexer Sachverhalte vor. werden drei Frauen mit der Fähigkeit der Hellseherei, sogenannte Precogs, benutzt, Zum dritten die Ausweitung des Marktes für um Verbrechen vorherzusehen. Die noch- Daten, um die Werkzeuge zu füttern, um nicht-Kriminellen können vor dem diese Prognosen sicherer und individueller Verbrechen von den Precops verhaftet zu machen. Dass Daten der Rohstoff des 21. werden. In einen Dämmerzustand versetzt, Jahrhunderts sind, ist inzwischen Techno- können sie weder morden noch Folklore von Kaffeekränzchen. Aber wo betrügen. Philosophisch-moralisch ein kommen diese Daten so plötzlich her? harter Brocken. Auch technologisch nicht ganz einfach umzusetzen, wenn man Quellen sind alle unsere Aktionen, die mit auf Menschen statt Maschinen als Quellen unseren "Credentials" wie Kreditkarte, der Predictive Analytics setzen würde. bestellte Waren, Newsletter, aufgerufene Seiten, gebuchte Urlaubsreisen, Einsatz von Aber inzwischen sind wir noch nicht im Jahr Bonus-Karten "bezahlt" werden. Oder auch 2054 aber weiter als 1956 oder 2002. vom Kaffeekränzchen, wenn Smartphones Vielleicht haben Sie die eine oder andere genutzt werden, die eine umfangreiche Meldung zum Thema "Precops" gesehen. Sensorik an Bord haben. Es ist schon Auch die Bayrische Polizei setzt solche verflixt: Wir können immer mehr wissen, Analyse- und Prognoseprogramme ein. Und dank Google & Co. Und bezahlen mit meldete am 23. Juni 2015 [2]: "In den unseren Daten an Google & Co. Und als Prognosegebieten hatten wir weniger Marktforscher lassen wir uns von diesen Wohnungseinbrüche und mehr Databrokern die Butter vom Brot klauen. Täterfestnahmen". Rückgänge der Einbrüche von 17,5 bis 42 Prozent [3] Predictive Analytics im Film führen zu der Prognose des Bayrischen Innenministers: "Deshalb werden wir Ein Moment des Innehaltens: Hatte ich Precobs oder eine vergleichbare marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 12
Prognosesoftware dauerhaft für die unterschiedliches Profil auf derselben Bayerische Polizei anschaffe". Diese Website, haben einen anderen Beispiele zeigen die ganz neuen kommerziellen Wert oder bevorzugen Möglichkeiten von individualisierter andere Produkte. Das Erstellen der Profile Prognostik auf. und Ermitteln des Wertes passiert sozusagen in Echtzeit, während sich die Verraten und verkauft [4] Seite aufbaut und der Nutzer auf dieser Website noch nicht mal seinen ersten Click Wie sieht es mit dem Informationsgold aus, gemacht hat. Dazu wird die Surf- und das unsere Branche generieren sollte? Wir Suchhistorie ausgewertet. Marktforscher sind die ersten gewesen, die Daten "monetarisiert" haben. Der nächste Hier wird der bedeutende Unterschied zur logische Schritt einer Kommerzialisierung Marktforschung deutlich: Das über den von Daten wird allerdings von anderen potenziellen Kunden generierte Wissen gegangen: Kommerzielle Anbieter haben steht zwar sofort verwertbar zur Angebote im Portfolio, die wie Verfügung, aber verfällt wieder Zukunftsvisionen klingen, aber schon unter unmittelbar. Es werden keine Modelle über dem Begriff "Demand Side Platform" (DSP) Zielgruppen generiert, die erst mit genutzt werden. Expertenwissen in Kommunikation umgesetzt werden müssen. Die von Google & Co. mit Informationen versorgte Branche der Vermarkter von Und das Verhalten des Kunden wird mit Anzeigenplätzen hat "Bietermodule" jedem Schritt ausgewertet: Eine entwickelt: In Echtzeit wird einem Rückkopplungsschleife verfeinert die dreistufigen Verfahren zuerst der "Wert" Parameter der Kundenorientierung. Jeder eines Kunden auf Grund seiner Surfhistorie weitere Click, jede "Conversion" (Kauf, (Suchanfragen, besuchte Seiten, online Nutzung von Services) optimiert die Käufe) ermittelt. Diese Kundenwert- Auswahl von Interessenten und passender Profile werden dann im zweiten Schritt auf Kampagne "on the fly". Das treibt den Preis einer Plattform in Echtzeit interessierten für den Kunden auf der Bieterplattform in Unternehmen angeboten und schließlich die Höhe. Steht ein Interessent unmittelbar an den Meistbietenden versteigert. vor einem Online-Kauf, ist der Preis am höchsten. Hier könnten immer noch (sehr Das alles entspricht dem Datenschutz, der teuer ersteigerte) Angebote des Bieter erwirbt keine Informationen, Wettbewerbs ihn weg locken. sondern nur den direkten temporären Zugang zu einem potenziellen Kunden. Der Nebenbei – das ist nicht nur eine Surfer, also Nutzer einer Website, bekommt Bedrohung der Marktforschung, sondern von dem im Hintergrund laufenden Prozess auch der Werbewirtschaft. In einem nichts mit. Was er bemerken könnte, wäre, Blogartikel beschreibt Dominik Grollmann dass er andere Angebote als seine Freundin 2014 dies mit der provokanten Überschrift oder der Nachbar als Nutzer der Website "Kauf, Du Sau" [5]. bekommt. Diese haben ein marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 13
Mein Fazit Vertriebsautomaten überrollt zu werden und sichert sich die Chance, diese Daten im Während man die Berichte und Artikel über Interesse des Auftraggebers angemessen zu Precops und andere Ergebnisse prädiktiver nutzen. Und eröffnet sowohl den Analyse als schlichtes Infotainment abtun Marktforschern wie den Instituten eine könnte, ist unsere Profession bedroht. arbeitsreiche und erfolgversprechende Zukunft. Denn theorielose Automaten generieren Wissen, das ad hoc genutzt und sogleich [1] Rudi Klausnitzer "Das Ende des Zufalls: wieder vergessen wird. Diese Automaten Wie Big Data uns und unser Leben werden verwendet, um zum Beispiel Absatz vorhersagbar macht", Ecowin März 2015 im Web zu optimieren. Prozesse im Web bestimmen auch zunehmend unser [2] Quelle abgerufen 1.10.15, 12:49 Verhalten offline – und so haben diese www.stmi.bayern.de/med/pressemitteilung Automaten Einfluss in unsere Welt aus Stein en/pressearchiv/2015/204/index.php und Mörtel. [3] Anmerkung HWK: Unklare Datenlage - Marktforschung dient oft auch der Lösung u.a. keine Angaben zum Vergleichszeitraum strategischer Fragestellungen: Predictive in den Dokumenten zu finden Analytics. Diese benötigen eine angemessene Wahl von Methoden und [4] Dieser Abschnitt ist ein gekürzter und Menschen. Genauso fundamental und nicht überarbeiteter Text aus "Zukunft der ersetzbar sind auf das Erkenntnisinteresse Marktforschung" Springer Gabler 2015 des Auftraggebers kritisch zugeschnittene Analysen und deren Interpretation und [5] www.ibusiness.de/marketing/db/499304 Bewertungen. grollmann.html (abgerufen am 24.08.2014, Hinweis: Zugriff nur nach Anmeldung) Bei allen Möglichkeiten einer Prozessoptimierung in der Datengewinnung – der wichtigste Benefit der Marktforschung macht die Beratung aus, die Fähigkeit, einen Auftraggeber im Dialog nahtlos bei der Gewinnung und Nutzung der Ergebnisse zu begleiten. Diese Beratung sollte extern durchgeführt werden – in Instituten, die nicht als Anhängsel von Marketingmaschinen wie Google & Co. funktionieren. So entgeht man der Gefahr, von Google & Co. als reinen Datenlieferanten und marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 14
CRM der Zukunft Wie kann das Amazon-Prinzip auf die Finanzdienstleistungsbranche übertragen werden wwerdennicht? Torben Tietz (rechts) ist Partner bei MSR Insights und Dr. Stephan Groll ist als Senior Consultant bei MSR Insights tätig. Die Differenzierung von Versicherungen, die Präferenzen der Verkaufsförderungsmaßnahmen und Kunden zu ermitteln, da in der Regel mehr Kundenservice nimmt Daten zum einzelnen Kunden vorliegen. branchenübergreifend zu und wird auch Zum einen gibt es aufgrund höherer von Kunden immer stärker verlangt. Kauffrequenzen mehr Daten zu getätigten Besonderer Vorreiter ist hier der Online- Käufen auf individueller Ebene, zum Einzelhandel. anderen sind auch die Daten zum Verhalten ohne Kauf vorhanden, zum Beispiel Das Amazon-Prinzip angesehene Artikel, Suchbegriffe, Bewertungen und weitere Daten zum Wer kennt es nicht? Sie shoppen gerade im Verhalten im Rahmen der Websitenutzung. Internet, beispielsweise bei Amazon oder Für einen Versicherer sieht die Welt etwas Zalando. Aufgrund Ihrer bisherigen Käufe anders aus. Transaktionen sind selten und und des Surfverhaltens ermittelt ein Kontakte zum Betreuer bzw. zum Algorithmus im Hintergrund, welche Unternehmen sind in der Regel schlecht Produkte Ihnen noch gefallen könnten. dokumentiert. Ob sich ein Kunde in der Kann dieses Prinzip auch auf Vergangenheit schon über ein bestimmtes Finanzdienstleister übertragen werden? Produkt informiert hat, ist unklar. Der Für einen Online-Händler ist es einfacher Produktbesitz beim Wettbewerb ist als für Finanzdienstleister wie üblicherweise nicht bekannt. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 15
Auf der anderen Seite liegt auf Basis der bestimmen, da viele Daten auf Ebene des abgeschlossenen Versicherungsverträge Kollektivs vorliegen. eine Reihe von Informationen zum Kunden Das funktioniert auch bei vor, wie zum Beispiel Alter, Fahrzeugbesitz, Finanzdienstleistern. Hier wird auf Basis Größe der Wohnung etc. von Abschlussverhalten, Produktbesitz und weiteren Merkmalen ein Score ermittelt, Aber selbst wenn zu einem individuellen der zum Beispiel die Cross-Selling- Kunden vergleichsweise wenige Daten Bereitschaft für ein bestimmtes Produkt vorliegen, funktioniert es in der Regel gut, ermittelt. Solche Scores sind weit über Algorithmen verbreitet und die Wirksamkeit ist intensiv Abschlusswahrscheinlichkeiten zu getestet. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 16
Mit Hilfe dieser Scores werden Sie optimieren daraufhin die Struktur ihres Vertriebsaktionen optimiert. Bis zur Shops, das Informationsangebot und den vollständigen Umsetzung des Amazon- Kaufprozess. Da diese Daten bei Prinzips „Kunden in Ihrer Situation haben Finanzdienstleistern nur selten vorliegen, auch folgende Verträge abgeschlossen“ kann Marktforschung eingesetzt werden, gehen Versicherer in der Regel nicht. Es um das Kaufverhalten besser zu verstehen wäre jedoch denkbar. und entsprechend Verkaufsprozesse kundenorientiert zu gestalten. Vorhersage von Verhalten durch Im Rahmen von Befragungen kann die Marktforschung Customer Journey des Kunden abgebildet werden, um Ansatzpunkte zur Wie oben erläutert, können Online- Vertriebsoptimierung zu identifizieren. So Anbieter zusätzlich Informationen über das ist beispielsweise ein Schadenfall ein Kundenverhalten auf ihrer Website sowie wichtiger Moment der Kundenbeziehung. weitere Daten wie Bewertungen nutzen, Aus vielen Befragungen ist bekannt, dass um das Kaufverhalten von Kunden zu Schadenkunden, deren Schaden schnell verstehen. und vollständig reguliert wurde, hoch zufrieden sind und die Versicherung häufiger weiterempfehlen. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 17
Diese erhöhte Bereitschaft, die Grundanforderung ist, dass jedem Kunden Versicherung weiterzuempfehlen, kann ein Kundenwert zugeordnet werden kann. man nutzen, indem man jeden Kunden mit Der Kundenwert soll sowohl den heutigen unkritischem Schadenfall in eine als auch den zukünftigen Wert eines Weiterempfehlungsaktion aufnimmt. Kunden für das Unternehmen ausdrücken. Es muss auch eine Kategorie für Kunden Der Kundenwertgedanke geben, für die noch nicht genügend Daten vorliegen, um einen Wert sinnvoll zu Insbesondere bei Versicherern muss neben berechnen – dies ist in der Regel bei einer reinen Abschluss- oder Neukunden der Fall. Eine Berechnungslogik Empfehlungswahrscheinlichkeit ein sollte sich also an den vorhandenen weiterer Aspekt berücksichtigt werden: Die internen Daten orientieren und dabei Rentabilität des Neugeschäfts. In der sowohl einen Bestandswert als auch einen Versicherungswirtschaft hat nicht jeder Potenzialwert berücksichtigen. Ein solches Kunde die gleiche Rentabilität, da Modell ist in der nächsten Abbildung individuelle Schadenverläufe dazu führen dargestellt. können, dass einzelne Kunden oder auch einzelne Gruppen von Kunden einen Für die Entwicklung eines Modells ist es deutlich negativen Deckungsbeitrag notwendig, die Datengrundlage und die erwirtschaften. Vor diesem Hintergrund ist Branchenmechanismen gut zu verstehen. es bei Finanzdienstleistern also sinnvoll, In der Abbildung sind beispielhaft neben der reinen Abschluss- oder Inputgrößen für ein solches Modell in der Empfehlungswahrscheinlichkeit auch eine Versicherungswirtschaft dargestellt. Wertbetrachtung in die Entscheidung, ob Bei der Wahl der zugrundeliegenden Daten eine vertriebliche Aktion bei dem Kunden ist zu beachten, dass nicht alle durchgeführt wird, einzubeziehen. vorliegenden Daten gleich gut interpretierbar sind. Hier ein Beispiel: Für Wertsegmentierung als Grundlage für den Abschluss einer Hausratversicherung Aktionen und strategische Steuerung erhebt der Versicherer in der Regel die Wohnfläche als tarifierungsrelevantes Der Wert des Kunden soll also als Merkmal. Die Wohnfläche kann als Entscheidungskriterium berücksichtigt Indikator für finanzielles Potenzial genutzt werden. Er ist ausschlaggebend für die werden. In der Kfz-Versicherung wird Frage, ob eine Cross-Selling- oder beispielsweise auch abgefragt, ob eine Weiterempfehlungsaktion ausgelöst oder mehrere Garagen vorhanden sind. Da werden soll. Er kann jedoch ebenso zur das Vorhandensein einer oder mehrerer strategischen Steuerung und Bewertung Garagen zu einem günstigeren Kfz-Tarif der Erfolge der Unternehmensaktivitäten führen kann, gibt es Kunden, die auf die genutzt werden. Bevor dies näher erläutert entsprechende Frage nicht ehrlich wird, wäre zunächst die Frage zu klären, reagieren. Fazit: Wohnfläche ist ein guter wie eine Kundenwertbestimmung Indikator für Potenzial, die Garage nicht. funktioniert. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 18
Liegt ein solches Modell erst einmal vor, Der Kundenwert ist auch als sind viele Anwendungsfelder lohnend. Steuerungsgröße für eine neue, Hier einige Beispiele: einheitliche, siloübergreifende Strategie geeignet. Im Rahmen von Messungen zur • Strategische Positionierung Kundenzufriedenheit liefert er eine • Steuerung vertrieblicher differenziertere Sicht auf die Ergebnisse Kundenkontaktprogramme (siehe nächste Abbildung). Auch die • Kulanzentscheidungen bei unklaren Definition von Servicezielen kann mit Hilfe Sachverhalten des Kundenwerts differenzierter erfolgen. • Empfehlungsansprachen Neben den naheliegenden vertrieblichen Anwendungen ist der Kundenwert auch geeignet zur Bewertung strategischer Optionen wie beispielsweise der Entscheidung, welche Vertriebswege man bedienen möchte. Wenn ein Vertriebsweg nur Kunden mit geringem Kundenwert generiert, muss das Vorgehen überdacht werden. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 19
Wie finde ich attraktive Kunden am der auf Basis der internen Daten vorliegt, Markt? ebenfalls zu Bedürfnissen sowie Informations- und Abschlussverhalten Der Kundenwertansatz ist per Definition befragt. Es liegen nun einheitliche erst einmal auf den Kundenbestand Bedürfnissegmentierungen für den Markt beschränkt. Für viele Unternehmen stellt und für die attraktiven sich jedoch die Frage, wie Nicht-Kunden Kundenwertsegmente vor. mit einem potenziell hohen Wert für das Unternehmen im Markt gefunden und Aus dem Abgleich von Wert und Größe der gezielt angesprochen werden können. Der Segmente im Markt kann eine Kundenwertansatz kann in Kombination Neukundenstrategie entwickelt werden. mit Marktforschung auch dafür genutzt Diese Strategie berücksichtigt das Ziel, sich werden, attraktive Zielgruppen im Markt zu auf Kundensegmente auszurichten, die identifizieren. mittelfristig für das Unternehmen einen hohen Wert haben werden. Das Vorgehen Im Kontext einer Marktanalyse ist es ist in der nächsten Abbildung dargestellt. möglich, eine Bedürfnissegmentierung des Die Marktforschungserkenntnisse können Gesamtmarktes vorzunehmen. Neben den einerseits zur Definition der Zielgruppe, Bedürfnissen wird das Informations- und aber auch zur Ansprache (Botschaften und Abschlussverhalten ermittelt. Ergänzend Kanäle genutzt werden. werden Kunden mit hohem Kundenwert, marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 20
Ein Blick in die Zukunft Darüber hinaus werden sich in Zukunft Die Finanzdienstleister werden immer „Direct Customer Feedback“-Systeme (wie mehr Daten über den Kunden und die zum Beispiel flächendeckende NPS- Kundeninteraktionen verfügbar haben. Erhebungen) weiter durchsetzen. Auch Aktuell arbeiten viele Anbieter an durch diese flächendeckende direkte Beratungssoftware und Online-Portalen für Bewertung der jeweiligen Interaktion ihre Kunden, über die sie weitere Daten entstehen weitere Informationen über die generieren werden. So bieten einige Kundeninteraktionen. Dabei wird es wichtig Versicherer im Rahmen des eigenen sein, dem Kunden transparent zu machen, Online-Portals auch Möglichkeiten, welcher Nutzen ihm durch die Verträge von fremden Bereitstellung von Informationen entsteht. Versicherungsunternehmen aufzunehmen. Auch neue Tarife, bei denen Kunden dem Fazit Versicherer Zugriff auf Gesundheitsinformationen oder Der Trend, noch mehr Daten über die Fahrverhalte gewähren, kommen in den Kunden aus unterschiedlichen Quellen zu Markt und geben den Unternehmen die generieren, wird sich in Zukunft fortsetzen. Möglichkeit, daraus Daten zu generieren. Aus diesen Daten nützliche Informationen marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 21
zu machen, ist eine Herausforderung. Die Marktforschung wird dabei eine wichtige Rolle spielen, denn sie baut die Brücke zwischen Verhalten und Verstehen. Sie muss jedoch auch kritisch hinterfragen, an welchen Stellen die Beobachtung von Verhalten bessere Prognosen liefert als die Befragung. Ihre Rolle wird weiterhin darin bestehen, Daten in Erkenntnisse zu überführen und diese in Strategien und konkrete Maßnahmen für Unternehmen zu übersetzen. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 22
Big Data oder Intuition: Worauf verlassen Sie sich? Claudia Knod ist General Manager Germany bei B2B International. Marketingverantwortliche sind eher des Endkunden zu hören und zu erahnen skeptisch gegenüber Big Data und verlassen (und wenn, dann aus Zufall), muss auf sich lieber auf ihre Intuition, so las ich es einem Marktforschungs-Forum sicherlich kürzlich in einem Fachartikel. Als nicht näher erläutert werden. Wie aber Marktforscher steht man wie immer steht es um den Big Data Hype? fassungslos vor solchen "Erkenntnissen". Als gäbe es zwischen Bauchgefühl auf der Messen und Verstehen einen und Big Data auf der anderen Seite keinen anderen Weg zur Unbestritten ist für mich, dass bei Erkenntnisgewinnung. Es geht schließlich bestimmten Messungen in der um Erkenntnisse und Insights, die Marktforschung Big Data mit betrachtet zukunftsweisende, strategische werden muss, da sonst das Bild Entscheidungen untermauern sollen. Da unvollständig bleibt. Im Rahmen von kann ich nur allen Unternehmern ans Herz Tracking-Studien und auch bei Ad-hoc- legen, sich weder ausschließlich auf die Messungen bestimmter Leistungswerte Intuition, noch ausschließlich auf Big Data wäre es sträflich die Datenspuren im Netz zu verlassen. Es steht zu viel auf dem Spiel. zu vernachlässigen. Dennoch ist dies in Keine Frage wo mein Herz schlägt: die erster Linie eine quantitative Aufgabe. klassische Marktforschung ist genau der Gestalten kann man damit eher nicht. dritte Weg, der gegenüber beiden Erstgenannten zahlreiche Stärken Marktforschung ist eben nicht nur Messen, aufzubieten hat. sondern auch Verstehen. Und hier mangelt es meiner Meinung nach (noch) an Besser nicht (alleine) auf die Intuition Grundlagen und Theorien. Stattdessen gibt verlassen es Algorithmen. Algorithmen sollen nun die Welt vermessen – begreifen können sie sie Marktforschung verschafft dem Kunden, ob nicht. Das merke ich unter anderem an den Konsument oder B2B-Kunde, eine Stimme. aus meiner Sicht seltsamen Vorschlägen, Die Einsicht, dass das Bauchgefühl des die mir Amazon macht ("andere Kunden Marketingleiters oder des Vorstands nicht kauften auch …"). Das konnte man zum geeignet ist, das Herz und die Bedürfnisse Beispiel auch an der Empörung der marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 23
australischen Bevölkerung im vergangenen wie der "Meeting Mediator" zeichnen auf, Winter merken: während des Geiseldramas wer in Konferenzen wie viel sagt und das in Sydney im Dezember 2014 erhöhte der Meeting dominiert. "Sentiment Analytics" Taxidienst Uber kurzfristig seine Preise messen emotionale Schwingungen im aufgrund gestiegener Nachfrage. Der Uber- Laufe des Arbeitstages. Der Algorithmus hatte die Nachfragekurve Computerwissenschaftler Alex Pentland gemessen, er begriff aber nicht den Grund nennt diese neue Gattung soziometrischer dafür. Und deshalb gab er eine Daten "Sozialphysik" [1]. Spätestens hier unangemessene Handlungsempfehlung. muss wirklich die ethische Frage gestellt Das sollte einem Marktforscher nicht werden und auch gefragt werden, ob passieren. Marktforschung das alles auswerten darf. Sie würde damit zum Handlanger der Kausalität und Kontext zunehmenden Quantifizierung des Lebens und dadurch die (ökonomische) Es gibt noch viel zu wenig Erfahrung, Optimierung unseres Lebens noch weiter geschweige denn Grundlagenstudien vorantreiben. Es überrascht nicht, dass darüber, wie Big Data zu interpretieren manche von einem "digitalen Taylorismus" ist. Mit anderen Worten: wir können den sprechen [2]. "Schwarm" beobachten, seine Richtung Wie eingangs erwähnt, ist es die Aufgabe und seine Kapriolen. Aber um zu der Marktforschung, dem Kunden eine verstehen, was genau da vor sich geht, Stimme zu verschaffen. Ein Algorithmus vielleicht sogar "warum" dieses oder jenes kann das nicht. Er kann die passiert, kommen wir nicht umhin uns auch "sozialphysikalischen" Daten messen und mit dem einzelnen Fisch zu befassen. damit eine ökonomische Optimierung Ein Marktforscher, der versucht Big Data zu errechnen. Der Marktforscher sollte aber interpretieren, unterliegt der Gefahr, etwas mehr können: nicht nur zuhören (und zu bewerten, ohne es wirklich verstanden erfassen), sondern auch intelligente Fragen zu haben. Denn es fehlt die Kausalität (jede stellen, aber auch fühlen und mitfühlen. Erkenntnis muss direkt auf eine Natürlich soll die Marktforschung helfen, Beobachtung oder Erfahrung das Geschäft ihrer Auftraggeber zu zurückzuführen sein) und es fehlt der verbessern und ihnen zu Wachstum zu Kontext (in welchem Kontext wurde die verhelfen. Aber immer auf Augenhöhe mit Aussage getroffen?). dem Verbraucher oder dem B2B-Kunden und unter Berücksichtigung ethischer und Die Quantifizierung des Lebens moralischer Aspekte. Was Menschen im Netz hinterlassen, geht Zusammenfassend würde ich mir zweierlei heute weit über Textbotschaften und wünschen: Wareneinkäufe hinaus. Immer mehr wird das Netz zur Selbstoptimierung genutzt, 1. "Mehr Wissenschaft" für Big Data – dabei hinterlassen wir Leistungsdaten von Grundlagenstudien und damit uns selbst. Apps können den Blutdruck, die Hilfestellungen, die es ermöglichen, Leistung und den Schlaf kontrollieren. valide Schlüsse aus den Daten zu Sogenannte soziometrische Applikationen ziehen. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 24
2. Eine Diskussion ethischer Aspekte, insbesondere des Umgangs mit sozialphysikalischen Daten. [1] Alex Pentland, Social Physics, Penguin Press 2014 [2] u.a. Frank Schirrmacher, Payback, Karl Blessing Verlag, 2010 marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 25
Big Data Echtzeit ist das Zauberwort Interview mit Sven Gábor Jánszky, Trendforscher und Direktor des 2b AHEAD ThinkTanks Warum wir nicht alle zu Sven Gábor Jánszky: Big Data beschreibt Datenschutzexperten werden müssen und aus meiner Sicht das Erheben, Sammeln, trotzdem souverän mit den eigenen Daten Auswerten und Löschen einer Vielzahl von umgehen können und warum sich die Daten aus einer Vielzahl von Quellen, die Marktforschungsbranche warm anziehen wir heute noch nicht alle kennen und wenn muss, erfuhr marktforschung.de im wir in die Zukunft schauen auch mit einem Interview mit dem Trendforscher Sven Ergebnis, das wir heute noch nicht kennen. Gábor Jánszky. Auch wenn heute schon viele Unternehmen behaupten, Big Data im marktforschung.de: Inwiefern spielt Big Angebot zu haben, seien es IT- Data für Sie als Trend- und Zukunftsforscher Unternehmen, die Server bereitstellen oder eine Rolle? Beratungsunternehmen, die Analysen oder ähnliches anbieten, ist für mich Big Data Sven Gábor Jánszky: Big Data ist natürlich immer noch eine offene Zukunftsfrage. Es ein wichtiges Thema, wobei ich den Begriff bedeutet für mich, dass wir im Jahr 2020 vermeide, weil er immer alles und nichts geschätzt 50 Mrd. vernetzte Geräte auf der bedeutet und viele schon wissend nicken, Welt haben und fünf Jahre später das obwohl sie nicht wirklich eine Ahnung Doppelte, nämlich 100 Mrd. Geräte. haben, was gemeint ist. Wir reden da All diese Geräte tragen Sensoren in sich, häufig von sehr unterschiedlichen Dingen die Daten erheben. Teilweise sind das und deshalb versuche ich den Begriff Sensoren, die wir heute schon kennen, eigentlich zu vermeiden. teilweise allerdings Sensoren, die man sich heute noch gar nicht vorstellen kann. Ein marktforschung.de: Wenn ich Sie trotzdem Beispiel hierfür: Mit großer Sicherheit bitten dürfte, uns zu erläutern, was Sie werden Geräte in den nächsten fünf Jahren unter Big Data verstehen? marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 26
menschliche Emotionen erkennen können, marktforschung.de: Inwiefern spielt Big sei es dadurch, dass sie Gesichtsausdrücke Data dann unter dieser Definition eine beobachten und in menschliche Rolle für Sie? Emotionszustände übersetzen oder sei es, dass sie Hautwiderstände oder die Sven Gábor Jánszky: Ich muss an dieser Herzfrequenz messen. Außerdem werden Stelle zwischen meinem Privatleben und Geräte Hirnstrommuster erkennen und dem Beruf trennen. Privat spielt das eine auch wiedererkennen können. Und als ganz große Rolle, ich nutze jede intelligente drittes Beispiel: Geräte werden anhand von App, jeden sinnvollen, intelligenten gesprochenen Worten erkennen können, Assistenten, den es gibt und zwar egal, ob ob wir lügen oder die Wahrheit sagen. Ob der mir mein Mobilitätsverhalten wir in uns ruhen oder eben nicht. erleichtert oder mich bezüglich Bis hierhin habe ich nur den Schnittpunkt Gesundheit, Wellness oder Sport zwischen Mensch und Maschine unterstützt. Für meine Arbeit, die beschrieben, natürlich gibt es aber auch Zukunftsforschung, also qualitative sehr viele Maschine-zu-Maschine- Sozialforschung, die ja weniger mit Zählen Schnittstellen. Zum Beispiel ein Auto, das und Messen zu tun hat, sondern mehr mit einem anderen Auto oder mit der damit lange Interviews zu führen und Ampel, dem Bordstein oder einem Menschen zu zuhören, spielt Big Data Straßenschild kommuniziert, hier gibt es momentan überhaupt keine Rolle. Wobei sehr viele Möglichkeiten. Und hierzu gehört das nicht heißt, dass sich das nicht ändern eine Vielzahl von Daten, die erst einmal könnte und auch sollte. anfallen, die man erheben kann, die man auswerten muss und zwar in Echtzeit und marktforschung.de: Welche Entwicklung nicht erst im Nachgang und die man dann gerade bezüglich der Marktforschung aber auch wieder intelligent loswerden könnten Sie sich hier vorstellen? muss. Denn nicht all diese erhobenen Daten sind wertvoll, mein jetziger Sven Gábor Jánszky: Lassen sie mich Emotionszustand etwa spielt übermorgen unterscheiden zwischen dem Weg, den ich keine Rolle mehr. mir nicht vorstellen kann und einem, den ich bevorzugen würde. Kollegen in meinem Ich denke, dass nur rund 15 Prozent der Umfeld und auch einige Marktforscher Daten interessant sind. Hierzu muss man haben sich ja durchaus an Datenanalyse aber die restlichen 85 Prozent erkennen versucht. Hier wird zum Beispiel geschaut, und dann muss das alles noch zu sinnvollen wie häufig Keywords in Blogs vorkommen Lösungen führen. Es muss zum Beispiel und daraus werden Trends abgeleitet. Ich dazu führen, dass sich Autos ohne Fahrer glaube, dass diese Methoden Antworten und unfallfrei auf der Straße bewegen. Das geben können auf Fragen im Hier und Jetzt alles verstehe ich unter Big Data, aber ich und vielleicht auch in der Vergangenheit, würde sagen, wir kennen den Weg, aber aber dass es sehr schwer und eher dem wir wissen noch nicht wohin das führt und Zufall geschuldet ist, daraus Big Data ist für mich nicht etwas, das man Zukunftsprognosen abzuleiten. Insofern bin heute irgendwo schon kaufen kann. ich ein bisschen skeptisch, dass Big Data hier einen großen Einfluss haben wird. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 27
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