PANORAMA_ - Das PTA Magazin
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Das Zipperleinskraut Giersch-- Eine Wildpflanze, die wirklich jeden Flecken erobert, der einigermaßen genug Nährstoffe bietet, ist der Giersch. Ausrotten kann man das wildwüchsige Kraut nicht, bestenfalls aber aufessen. TEXT: PETRA SCHICKETANZ H eutige Bücher über Phytotherapie vernachlässigen den Giersch, Aego- kerung vorbehalten war, galt die Gicht als „Krankheit der Könige“. Doch schon Serie Heilpflanzen podium podagraria, gern. Vielleicht die Römer sollen Giersch angebaut ha- Weitere Folgen der Serie gibt es auch keine schulmedizinisch halt- ben, um sich gegen die schmerzhaften Ausgabe baren Wirksamkeitsnachweise. Immer- Folgen ihrer Fressgelage zu wappnen. 02/2019 Vogelmiere l. S. © PhotoSG / stock.adobe.com | [M] © Zoonar GmbH / Alamy / mauritius images | r. S. © JRG / stock.adobe.com hin wirkt das Kraut einer Übersäuerung Gegen akute Gichtbeschwerden legte 03/2019 Echte Schlüsselblume entgegen, was letztendlich auch zu einer man übrigens einen Brei aus den zer- 04/2019 Giersch Verminderung der Harnsäurekristalli- stampften Blättern auf. 05/2019 Echte Kamille sierung nach sich zieht, dem Auslöser Wenigstens hatten die Betroffenen in 09/2019 Lein schmerzhafter Gichtattacken. späteren Zeiten einen Schutzpatron, den 10/2019 Melisse 11/2019 Hafer sie um Erlösung von den anfallsartigen 12/2019 Klee GEGEN DIE GICHT Schmerzattacken anflehen konnten: den Alle bereits erschienenen Artikel finden Sie Spätestens seit den Werken von Wolf- Heiligen Gerhard. So finden wir den unter www.das-pta-magazin.de/heftarchiv. Dieter Storl ist die Anwendung des Giersch als Herba Sancti Gerhardi als Giersch als Zipperleinskraut wieder in Synonym zu Herba Podagraria in älteren aller Munde. Ein Gichtkraut also, denn Kräuterbüchern. Ein anderer Name der wegen der kurzen, „zippelnden“ Schritte Gicht, nämlich Geißfuß, leitet sich nicht heißt die Gicht nämlich auch „Zipper- von der gichtigen Fußgeißel ab, sondern lein“ oder Podagra. Letzteres bedeutet vielmehr von der Geiß, also Ziege. An de- auf Griechisch in etwa „Fußfessel“ und ren Hufe erinnern nämlich die nicht voll- beschreibt die Folgen der entzündlichen ständig geteilten Blattansätze Zerstörung der Gelenke am Fuß. Heute sehen wir die Erkrankung eher als Wohl- Unterirdische Ausbreitung standskrankheit, die häufig auf den über- Wenn man die Blätter an ihren markant mäßigen Konsum von Fleisch, Fisch und dreieckigen Stielen aus dem Boden zieht, Alkohol zurückgeht. In Zeiten, als dieser offenbart sich bei diesem Vorgang die Genuss eher der wohlhabenden Bevöl- Ursache für die schier überbordende > DAS PTA MAGAZIN - - - Ausgabe 04-2019 < 85
PANORAMA__ Abb. 1 Abb. 2 Abb. 1 In einer Wildkräutersuppe lässt sich Giersch gut mit Knoblauch- rauke, Schafgarbe und anderen heimischen Kräutern kombinieren. Abb. 2 Wildkräuter wie der Giersch sind ein gesundes Hühnerfutter, welches sich das Federvieh gerne munden lässt. Abb. 3 Im Veggie-Burger ersetzt Giersch das obligatorische Salatblatt und schmeckt gut zu Radieschen, Gurken und Gundermannblüten. Abb. 3 Vermehrungsfähigkeit der Pflanze. Der Abmähen – oder noch besser Aufessen! – das Immunsystem profitieren von dieser Giersch wartet nämlich gar nicht erst ab, ist die einzige Chance, um eine uner- Pflanze. bis seine Samen die nächste Generation wünschte Besiedlung einzudämmen. verbreiten. Seine Wurzelausläufer ha- Denn wer beim Versuch Giersch auszu- Eine Mischung aus allem ben bis dahin längst das Terrain gesichert graben, auch nur ein Wurzelstück über- Giersch gehört zur Familie der Dolden- und erobern im Nu auch nachbarschaft- sieht, kann die Sache gleich vergessen. blütler (Apiaceae). Darauf geben die wei- liche Gefilde. Krup-dör-de-Tuun Denn aus jedem Wurzelstück kann eine ßen Blüten, die sich in Doppeldolden der (Kriech durch den Zaun) nennt man ihn neue Pflanze austreiben mit der Fähig- Sonne entgegenstrecken, einen unver- © Hetizia / stock.adobe.com | © Frank Hecker / Alamy / mauritius images | © Madeleine_Steinbach / Getty Images / iStock daher auf Plattdeutsch. Regelmäßiges keit, sich ungebremst pro Jahr drei Qua- kennbaren Hinweis. Sie sind essbar und dratmeter Boden zu erobern. Immerhin schmecken im Vergleich zur restlichen lockert der Giersch dabei den Boden auf. Pflanze süßlich. Mit ihnen kann man Das macht ihn im Garten zu einem guten Kräuterlimonaden oder selbstgemach- ZUSAMMENGEFASST Begleiter von Obststräuchern wie Him- ten Kräuteressigen eine besondere Note beeren, Stachel-, Johannis- oder Josta- verleihen. Die Samen dagegen können y Giersch gehört zur Familie der Dolden- beeren. Da lohnt sich die Ernte gleich getrocknet und kleingerieben als pikan- doppelt. tes Gewürz verwendet werden. blütler (Apiaceae) und ist extrem ausbrei- Vor allem die jungen Triebe erinnern an tungsfreudig. LE C K E R U N D G E S U N D eine Mischung aus Sellerie, Möhre und Seine ungebremste Lebenskraft be- Petersilie, das ist sozusagen die nähere y Blätter, Stiele und Blüten können roh ver- schränkt die Pflanze nicht auf sich selbst, Verwandtschaft aus der Doldenblütler- zehrt werden, beispielsweise in Salaten sondern ist mit seinen Vitaminen und familie. Man kann die knackigen Blatt- oder Smoothies. Mineralstoffen eine echte Bereicherung stiele in der Pfanne anbraten. Die Blätter für den menschlichen Speiseplan. In 100 werden am besten jung gepflückt und y In 100 g Blättern sind 200 mg Vitamin C, Gramm Pflanzenmaterial sind durch- können roh einen Smoothie oder einen 400 µg Vitamin B1, 1600 µg Vitamin B2, schnittlich 200 Milligramm Vitamin C, Salat bereichern. Zusammen mit Zwie- 230 mg Calcium, 67 mg Magnesium 400 Mikrogramm Vitamin B1 und 1600 beln, Knoblauch, Pfeffer, Salz, Muskat und 7 g Eiweiß enthalten. Mikrogramm Vitamin B2 enthalten. und etwas Sahne lässt sich das Blattgrün Hinzu kommen 230 Milligramm Calci- gleich in größeren Mengen als Wild- y In der Volksmedizin ist Giersch ein be- um und 67 Milligramm Magnesium so- kräuterspinat zubereiten. Das ist ver- liebtes Heilkraut gegen Gicht und wirkt wie sieben Gramm pflanzliches Eiweiß. mutlich auch die effektivste Möglichkeit, zudem einer Übersäuerung entgegen. Davon haben alle Organe etwas: Kno- um größeren Gierschbeständen auf chen, Muskeln, Haut, Gehirn und sogar sinnvolle Weise zu Leibe zu rücken. 86 > DAS PTA MAGAZIN - - - Ausgabe 04-2019
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