Der Arbeitsmarkt erholt sich von der Corona-Krise regional sehr unterschiedlich - Doku.iab .

Die Seite wird erstellt Verena Geier
 
WEITER LESEN
Der Arbeitsmarkt erholt sich von der Corona-Krise regional sehr unterschiedlich - Doku.iab .
IAB-KURZBERICHT
Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung                                         20|2020

  In aller Kürze                           Regionale Arbeitsmarktprognosen 2020/2021

  yy Im laufenden Jahr geht die sozi-
  alversicherungspflichtige Beschäf-       Der Arbeitsmarkt erholt sich
                                           von der Corona-Krise regional
  tigung vor allem in einigen ostdeut-
  schen Bundesländern zurück. Für
  2021 wird ein flächendeckender Be-
  schäftigungsaufbau erwartet. Dabei
  fällt das relative Beschäftigungs­plus
  wie schon vor der Corona-Krise für
                                           sehr unterschiedlich
  Berlin am höchsten aus.                  von Anja Rossen, Duncan Roth, Rüdiger Wapler und Antje Weyh
  yy Die Arbeitslosigkeit steigt 2020 im
  Vergleich zu 2019 besonders stark
  in Baden-Württemberg und Bayern.
  Für 2021 erwarten wir in allen Bun-
  desländern außer in Bayern einen         In einigen Bundesländern wird für das       zent und einem Anstieg um 3,2 Prozent
  geringeren Jahresdurchschnitt als
                                           Jahr 2020 trotz der Covid-19-Pandemie       im Jahr 2021.
  in diesem Jahr. In einigen ostdeut-
  schen Bundesländern wird die Zahl        ein Anstieg der Beschäftigung erwartet.      Angesichts dieses gravierenden Ein-
  der Arbeitslosen voraussichtlich so-     Für 2021 gehen wir davon aus, dass es in    bruchs verlief die Arbeitsmarktentwick-
  gar niedriger sein als vor der Krise.    allen Bundesländern zu einem Beschäf-       lung nicht zuletzt durch umfangreiche
  yy Im Vergleich zur Entwicklung vor      tigungsaufbau kommt. Gleichzeitig sinkt     Stabilisierungsmaßnahmen – wie bei-
  der Covid-19-Pandemie fällt das          im nächsten Jahr die Zahl der Arbeits-      spielsweise Liquiditätshilfen für Unter-
  prognostizierte Beschäftigungs-
                                           losen nahezu flächendeckend. Dieser         nehmen, eine deutliche Ausweitung der
  wachstum niedriger aus. In den
  meisten ostdeutschen Flächenlän-         Rückgang findet mit Ausnahme einiger        Kurzarbeit und weitere konjunkturpoli-
  dern werden höhere Rückgänge             westdeutscher Bundesländer überwie-         tische Maßnahmen – bislang vergleichs-
  der Arbeitslosigkeit prognostiziert      gend im Rechtskreis SGB III statt.          weise moderat (Bauer et al. 2020). Den-
  als vor der Corona-Krise.
                                                                                       noch erwartet das IAB für das Gesamtjahr
  yy Während einer Rezession steigt        Die Eindämmungsmaßnahmen infol-             2020 bundesweit einen Anstieg der Ar-
  üblicherweise die Zahl der Arbeits-
                                           ge der Covid-19-Pandemie führten in         beitslosigkeit um 19,7 Prozent gegenüber
  losen im Rechtskreis des SGB III
  stärker an als im SGB II. Umgekehrt      der ersten Jahreshälfte 2020 zu einem       dem Vorjahr und einen Rückgang der Er-
  wird in einer Aufschwungphase die        gravierenden Einbruch der Wirtschafts-      werbstätigkeit um 0,9 Prozent. Die Zahl
  SGB-III-Arbeitslosigkeit schneller       leistung. Mittlerweile geht es zwar wie-    sozialversicherungspflichtig Beschäftig-
  abgebaut. Dieser Zusammenhang
                                           der deutlich bergauf (Bauer et al. 2020),   ter ging zwar während des Shutdowns
  gilt den Prognosen zufolge im Jahr
  2021 für einige westdeutsche Bun-        dennoch wird erwartet, dass das Vorkri-     von Februar bis Mai um rund 400.000
  desländer nicht.                         senniveau bis Ende 2021 in Deutschland      zurück, aufgrund des hohen Wertes zu
                                           noch nicht wieder erreicht wird. Das IAB    Beginn des Jahres 2020 ergibt sich im
                                           rechnet für 2020 mit einem Rückgang         Jahresdurchschnitt dennoch ein leichtes
                                           des Bruttoinlandsprodukts um 5,2 Pro-       Plus von 53.000. Für 2021 geht das IAB
Der Arbeitsmarkt erholt sich von der Corona-Krise regional sehr unterschiedlich - Doku.iab .
davon aus, dass der langfristige Trend rückläufi-                              Der vorliegende Kurzbericht stellt die Ergebnisse
                                      ger Arbeitslosigkeit und steigender Beschäftigung                              der regionalen Prognosen des IAB für die Arbeits-
                                      wieder einsetzen dürfte. Die Zahl der Arbeitslosen                             losigkeit und die sozialversicherungspflichtige
                                      sinkt voraussichtlich um 2,0 Prozent und die so-                               Beschäftigung vor (zur Methodik vgl. Infobox 1
                                      zialversicherungspflichtige Beschäftigung steigt                               auf Seite 6). Zusätzliche Informationen zu den
                                      um 0,9 Prozent. Abhängig von der Entwicklung                                   Prognoseintervallen, zur Prognose der Zahl der
                                      des außenwirtschaftlichen Umfeldes, des weite-                                 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sowie zur
                                      ren Infektionsgeschehens und der Zulassung von                                 prognostizierten Entwicklung auf Agenturbezirks­
                                      Impfstoffen sowie möglicher Insolvenzen kann die                               ebene finden sich in Rossen et al. (2020).
                                      Konjunktur auch mehr oder weniger stark anzie-
                                      hen (Bauer et al. 2020). Die Trends bei Beschäfti-
                                                                                                                     Beschäftigung steigt voraussichtlich in
                                      gung und Arbeitslosigkeit könnten sich verstärken
                                                                                                                     allen Bundesländern
                                      oder ins Gegenteil umschlagen.
                                        Auf regionaler Ebene ist zu beachten, dass die                               Bislang hat die Corona-Krise nicht dazu geführt,
                                      Eindämmungsmaßnahmen infolge der Covid-                                        dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig
                                      19-Pandemie – unter anderem abhängig von der                                   Beschäftigten deutschlandweit zurückgegangen
                                      Wirtschaftsstruktur – auch unterschiedlich starke                              ist. Gerade in konjunkturell schwachen Phasen
                                      Auswirkungen auf die jeweilige Arbeitsmarktent-                                hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass Unter-
                                      wicklung haben. So zeigen Böhme et al. (2020),                                 nehmen versuchen, ihre Beschäftigten zu halten
                                      dass der durch die Pandemie bedingte Anstieg der                               (Klinger/Weber 2020). Im laufenden Jahr hat vor
                                      Arbeitslosigkeit in Mecklenburg-Vorpommern und                                 allem die Kurzarbeit einem Einbruch der sozial-
                                      den Stadtstaaten Berlin und Hamburg sowie wei-                                 versicherungspflichtigen Beschäftigung entgegen-
                                      teren Großstädten besonders hoch war, während                                  gewirkt (Bauer et al. 2020; Bellmann et al. 2020).
                                      der mittlere und nördliche Teil Bayerns sowie der                              Für das Jahr 2020 werden dennoch unter anderem
                                      westliche Teil Niedersachsens nur geringe Anstie-                              im Saarland, in Thüringen und in Sachsen-Anhalt
                                      ge der Arbeitslosigkeit verzeichneten.                                         leichte Rückgänge erwartet. Diese werden aber in
                                                                                                                     der Summe von voraussichtlichen Beschäftigungs-
                                                                                                        A1
                                                                                                                     gewinnen in anderen Bundesländern kompensiert,
Prognose über die Entwicklung der Beschäftigung von 2020 auf 2021
                                                                                                                     sodass in Deutschland insgesamt ein leichter An-
Veränderung in Prozent
                                                                                                                     stieg erwartet wird.
                               +1,1                                                Sozialversicherungspflichtig        Im kommenden Jahr steigt die Zahl der sozialver-
                                                                                                  Beschäftigte,      sicherungspflichtig Beschäftigten den Prognosen
                                Schleswig-Holstein         +0,7                         Veränderung in Prozent
                                      +0,9                                             [Zahl der Bundesländer]       zufolge bundesweit (vgl. Abbildung A1). Dabei wird
                                                Mecklenburg-Vorpommern
                         +0,7     Hamburg                                                   0,2 bis unter 0,5 [2]    ein etwa gleich starker Anstieg in West- und Ost-
                        Bremen          +1,3                      +1,7                      0,5 bis unter 0,8 [5]    deutschland erwartet. Auf Ebene der Bundesländer
                                                                                            0,8 bis unter 1,1 [5]
                            Niedersachsen                                                                            verzeichnet Berlin – wie schon in den letzten Jah-
                                                  +0,2            Berlin +0,8               1,1 bis unter 1,4 [3]
                                                                                            1,4 bis unter 1,8 [1]    ren – den relativ stärksten Beschäftigungsaufbau
                 +0,7                         Sachsen-Anhalt         Brandenburg
                                                                                                                     (+1,7 %). In Westdeutschland werden vor allem
       Nordrhein-Westfalen
                                                             +0,6
                                               +0,7                                                                  in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bayern
                          +0,8                              Sachsen                                                  überdurchschnittliche Beschäftigungsgewinne er-
                                             Thüringen                                Deutschland gesamt: 0,9
          +1,0                                                                          Westdeutschland: 1,0
                          Hessen
                                                                                          Ostdeutschland: 0,9        wartet. Aufgrund der hohen Unsicherheit bezüglich
    Rheinland-Pfalz
                                                                                                                     der weiteren Entwicklung der Covid-19-Pandemie
         +0,4
                                                  +1,1
                                                                                                                     und ihrer Folgen für den Arbeitsmarkt sollten aber
        Saarland
                                                                                                                     auch die jeweiligen Untergrenzen der Prognosein-
                                                  Bayern                           Stand: September 2020.
                        +1,0                                                       Grundlage für die Darstellung:    tervalle nicht außer Acht gelassen werden (Rossen
                                                                                   GeoBasis-DE/Bundesamt für
                   Baden-Württemberg                                               Kartogrphie und Geodäsie 2020.    et al. 2020). Demnach sind mit Ausnahme von Ber-
                                                                                   Quelle: Statistik der Bundes-     lin, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Rhein-
                                                                                   agentur für Arbeit 2020; eigene
                                                                                   Berechnungen. © IAB               land-Pfalz auch Beschäftigungsverluste möglich.

2       IAB-Kurzbericht 20|2020
Der Arbeitsmarkt erholt sich von der Corona-Krise regional sehr unterschiedlich - Doku.iab .
Beschäftigungswachstum schwächer als in der                                                                                                                                  A2
jüngeren Vergangenheit                                Bisherige und prognostizierte Veränderungsrate der Beschäftigung
Wie lassen sich die Prognosen im Kontext der Be-      in Prozent, nach Bundesländern

schäftigungsentwicklung vor der Covid-19-Pande-                                                4
                                                                                                   Ostdeutsche Bundesländer
mie einordnen? Dafür stellen wir in Abbildung A2                                                   Westdeutsche Bundesländer
die für das Jahr 2021 prognostizierte Veränderungs-                                                jeweiliger Bundesdurchschnitt

                                                       Prognostizierte Veränderungsrate 2021
                                                                                               3
rate der Beschäftigung dem durchschnittlichen
jährlichen Beschäftigungswachstum der Jahre
2016 bis 2019 und damit der Vorkrisenzeit gegen-                                               2
über. Dieser Vergleich liefert drei Erkenntnisse:                                                                                                                           BE

yy Erstens   weisen Bundesländer, die in der Ver-                                                                                     NI
                                                                                                                                          SH       BY
gangenheit ein höheres Beschäftigungswachstum                                                  1                               RP      BW
                                                                                                                          BB                    HH
                                                                                                     TH              MV      HB        NW     HE
realisieren konnten, im Durchschnitt auch eine                                                                          SN
höhere prognostizierte Veränderungsrate für das                                                           ST
Jahr 2021 auf (der Korrelationskoeffizient zwi-                                                0                 1                      2                      3                  4
                                                                                                          Durchschnittliche Veränderungsrate der Jahre 2016 bis 2019
schen den beiden Größen beträgt 0,9). Dies ist im
                                                      Lesebeispiel: Der blaue Punkt für Hessen zeigt, dass das jährliche Beschäftigungswachstum im Durchschnitt der
Fall von Berlin deutlich zu erkennen: Dort war das    Jahre 2016–2019 bei 2,3 Prozent lag und für das Jahr 2021 eine Wachstumsrate von 0,8 Prozent prognostiziert
                                                      wird. Dass Letztere unter dem Durchschnitt der Jahre 2016–2019 liegt, lässt sich grafisch daran erkennen, dass
durchschnittliche Wachstum in der Vergangen-          der Punkt unterhalb der durchgezogenen schwarzen Linie liegt.

heit mit Abstand am höchsten und für das Jahr         Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2020; eigene Berechnungen. © IAB

2021 wird mit 1,7 Prozent dort auch das stärkste
Beschäftigungswachstum prognostiziert. Das nied-      wicklung der letzten Jahre nicht in allen Bundes-
rigste Beschäftigungswachstum erwarten wir in         ländern gleich ist: Sie liegt in Berlin bei –2,2 Pro-
Sachsen-Anhalt und im Saarland, wo es auch im         zentpunkten, während sie in Thüringen nahezu
Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 nur zu einem     null beträgt. Grundsätzlich gilt, dass die Abwei-
unterdurchschnittlichen Beschäftigungsaufbau          chung vom Beschäftigungswachstum der Jahre
gekommen ist.                                         2016 bis 2019 in denjenigen Bundesländern im
yy Ein   zweiter Befund ist, dass mit Ausnahme        Durchschnitt höher ist, in denen die Beschäftigung
Thüringens das prognostizierte Beschäftigungs-        in der Vergangenheit stärker gewachsen ist. Da mit
wachstum in allen Bundesländern niedriger ist als     Ausnahme Berlins insbesondere die ostdeutschen
im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. In Abbil-    Bundesländer in den letzten Jahren ein langsame-
dung A2 lässt sich das daran erkennen, dass die       res Beschäftigungswachstum realisiert haben, be-
Punkte unterhalb der durchgezogenen schwarzen         trifft die Abschwächung des Beschäftigungswachs-
Linie liegen. Für jedes Bundesland zeigt zudem        tums vor allem die westdeutschen Bundesländer
der vertikale Abstand zwischen dieser Linie und       und Berlin.
dem Punkt, um wie viele Prozentpunkte die pro-
gnostizierte Veränderung für das Jahr 2021 vom
                                                      Nach coronabedingtem Anstieg im Jahr
Durchschnitt der letzten Jahre abweicht. Über alle
                                                      2020 nimmt die Arbeitslosigkeit 2021
Bundesländer fällt die prognostizierte Verände-
                                                      wieder ab
rungsrate um einen Prozentpunkt geringer aus als
das realisierte Beschäftigungswachstum der jünge-     Die Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 ist im Vergleich
ren Vergangenheit. Das auf Bundesebene bereits        zu 2019 in allen Bundesländern deutlich gestiegen.
beschriebene Phänomen einer sich verlangsamen-        So wird beispielsweise in Baden-Württemberg und
den Beschäftigungsentwicklung (Bauer et al. 2019)     Bayern ein Anstieg von 34 Prozent im Jahresdurch-
findet sich somit auch auf regionaler Ebene in na-    schnitt prognostiziert. Allerdings kann dieser An-
hezu allen Bundesländern.                             stieg nicht allein mit der Corona-Krise begründet
yy Drittens zeigt sich, dass die Abweichung der für   werden. Wie Fuchs et al. (2020) zeigen, waren stei-
das Jahr 2021 prognostizierten Veränderungsrate       gende Arbeitslosenzahlen auch ohne Covid 19 zu
von der durchschnittlichen Beschäftigungsent-         erwarten. Für das kommende Jahr gehen wir im

                                                                                                                                                        IAB-Kurzbericht 20|2020       3
Der Arbeitsmarkt erholt sich von der Corona-Krise regional sehr unterschiedlich - Doku.iab .
A3
                                                                                                                                                                                             Rahmen der wirtschaftlichen Erholung von einem
Prognose über die Entwicklung der Arbeitslosigkeit von 2020 auf 2021                                                                                                                         Abbau der jahresdurchschnittlichen Arbeitslosig-
Veränderung in Prozent
                                                                                                                                                                                             keit in allen Bundesländern mit Ausnahme Bay-
                                                                                         – 2,9                                                                                               erns aus (vgl. Abbildung A3). Mit Ausnahme von
                                                                                                                                                                Arbeitslose insgesamt
                                                                                        Schleswig-Holstein                  – 11,4
                                                                                                                                                               Veränderung in Prozent        Bremen, Sachsen und Sachsen-Anhalt liegen die
                                                                                                                                                              [Zahl der Bundesländer]
                                                                                                 – 3,4                                                                                       Prognoseintervalle der Veränderungsrate der Ar-
                                                                                                                      Mecklenburg-
                                                                                  – 8,1                               Vorpommern                                    2,5 bis über -2,6 [5]    beitslosigkeit so, dass sowohl Anstiege als auch
                                                                                              Hamburg
                                                                                                                                                                   -2,6 bis über -5,3 [4]
                                                                                 Bremen                                               – 1,1                                                  Rückgänge der Arbeitslosigkeit möglich sind (Ros-
                                                                                                                                                                   -5,3 bis über -8,1 [1]
                                                                                                 – 1,0                       Berlin
                                                                                                                                              – 9,5               -8,1 bis über -11,4 [3]    sen et al. 2020).
                                                                                                                   – 13,6
                                                                                         Niedersachsen                                                           -11,4 bis über -13,7 [3]      Allerdings kann ein Vergleich der Jahresdurch-
                                                                                                                                   Brandenburg
                                                                         – 5,3
                                                                                                              Sachsen-Anhalt                                                                 schnitte ein unvollständiges Bild liefern, wenn am
                                                               Nordrhein-Westfalen
                                                                                                                                 – 12,9                                                      Ende eines Jahres der Wert deutlich über (statisti-
                                                                                                         – 10,5
                                                                                      – 1,3                                       Sachsen
                                                                                                                                                             Deutschland gesamt: -3,8        scher Überhang) beziehungsweise unter (statisti-
                                                                 – 2,7                               Thüringen
                                                                                                                                                               Westdeutschland: -2,5         scher Unterhang) dem Jahresdurchschnitt liegt. Das
                                                                                  Hessen
                                                      Rheinland-Pfalz
                                                                                                                                                                 Ostdeutschland: -8,5
                                                                                                                                                                                             ist in vielen Bundesländern zu erwarten. Beispiels-
                                                                – 2,6
                                                                                                                                                                                             weise wird in Bayern Ende des Jahres 2020 ein Wert
                                                                   Saarland                                        +2,5
                                                                                                                                                                                             erreicht, der voraussichtlich 13 Prozent über dem
                                                                                                                   Bayern                                  Stand: September 2020.
                                                                                 – 0,9                                                                     Grundlage für die Darstellung:
                                                                                                                                                                                             Jahresdurchschnitt 2020 liegt. In Ländern mit einem
                                                                                                                                                           GeoBasis-DE/Bundesamt für
                                                                          Baden-Württemberg
                                                                                                                                                                                             solchen statistischen Überhang ist im Jahr 2021 ein
                                                                                                                                                           Kartogrphie und Geodäsie 2020.
                                                                                                                                                           Quelle: Statistik der Bundes-     verhältnismäßig starker Abbau notwendig, um den
                                                                                                                                                           agentur für Arbeit 2020; eigene
                                                                                                                                                           Berechnungen. © IAB               Jahresdurchschnitt von 2020 wieder zu erreichen
                                                                                                                                                                                             beziehungsweise dann zu untertreffen. Generell be-
                                                                                                                                                                                             obachten wir in den westdeutschen Bundesländern
                                                                                                                                                                                             eher statistische Überhänge und in den östlichen
                                                                                                                                                                                 A4          Ländern – mit Ausnahme von Berlin und Mecklen-
Veränderung der Arbeitslosigkeit zwischen 2019 und 2020                                                                                                                                      burg-Vorpommern – statistische Unterhänge.
sowie zwischen 2020 und 2021, jeweils zum Jahresende
                                                                                                                                                                                               Um zu sehen, in welchen Bundesländern in 2021
in Prozent, nach Bundesländern
                                                                                                                                                                                             ein relativ starker Abbau der Arbeitslosigkeit statt-
                                                                                       Prognostizierte Veränderungsrate Jahresende 2019 zu 2020
                                                                                                                                                                                             findet, berechnen wir die Veränderungsrate zwi-
                                                                   0                  10                      20                  30                  40            50              60
                                                                                                                                                                                             schen den prognostizierten Jahresendwerten 2020
                                                                                                                                                                                             und 2021. In Abbildung A4 vergleichen wir diese
                                                                                                                                                                                             Größe mit der entsprechenden Veränderungsrate
    Prognostizierte Veränderungsrate Jahresende 2020 zu 2021

                                                                 -5                                                                                                                          von 2019 auf 2020. In den meisten ostdeutschen
                                                                                                                                                                                             Flächenländern ist der erwartete Anstieg der Ar-

                                                                                                         NW                                                                                  beitslosigkeit im Jahr 2020 geringer und der erwar-
                                                                -10              BB                                    SH                                                                    tete Rückgang 2021 stärker als in den westdeut-
                                                                                                                            SL                BE
                                                                                                         HB                                                                 BY               schen Bundesländern und Berlin.
                                                                                                                                      NI                   BW
                                                                                                                                               RP                                              Dies verdeutlicht, dass in der Summe in Abbil-
                                                                -15                                                                                 HH                                       dung A3 (Vergleich der Jahresdurchschnitte) zwei
                                                                                                                                               HE
                                                                                                                                                                                             Effekte in die gleiche Richtung wirken: Erstens
                                                                                         TH
                                                                                                                                                                                             führt der geringere Anstieg im Jahr 2020 in den ost-
                                                                -20                           MV                                                                                             deutschen Flächenländern dazu, dass diese eher
                                                                                 ST
                                                                                      SN                                                           Ostdeutsche Bundesländer                  mit einem statistischen Unterhang in das Jahr 2021
                                                                                                                                                   Westdeutsche Bundesländer
                                                                                                                                                                                             starten. Zweitens wird dort im kommenden Jahr
                                                                -25                                                                                                                          ein stärkerer Rückgang erwartet. Beides führt dazu,

Lesebeispiel: In Bayern liegt der Jahresendwert der Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 54 Prozent höher als Ende
                                                                                                                                                                                             dass die Jahresdurchschnitte 2021 im Vergleich zu
2019. Für den Jahresendwert 2021 wird erwartet, dass die Arbeitslosigkeit in Bayern etwa 12 Prozent geringer                                                                                 den westdeutschen Ländern deutlich stärker zu-
sein wird als Ende 2020.
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2020; eigene Berechnungen. © IAB                                                                                                              rückgehen.

4                                                               IAB-Kurzbericht 20|2020
Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland               Vor allem in Ostdeutschland zeigt sich im kom-
bei den Rückgängen der Arbeitslosigkeit im Ver-                 menden Jahr ein deutlicher Rückgang der SGB-II-
gleich zur Situation vor der Covid-19-Pandemie              Arbeitslosigkeit (vgl. Abbildung A6). Am stärksten
                                                               dürften die Arbeitslosenzahlen in diesem Rechts-
Wie im Fall der Beschäftigung vergleichen wir die              kreis in Mecklenburg-Vorpommern (–9,0 %) und
prognostizierte Veränderungsrate der Arbeitslo-
                                                                                                                                                                                                   A5
sigkeit mit der durchschnittlichen jährlichen Ver-
änderungsrate der Jahre 2016 bis 2019 (vgl. Abbil-          Bisherige und prognostizierte Veränderungsrate der Arbeitslosigkeit
                                                            in Prozent, nach Bundesländern
dung A5). Zwischen den beiden Größen besteht
                                                                                                 5
auch hier ein starker Zusammenhang (der Korre-                                                                Ostdeutsche Bundesländer
lationskoeffizient beträgt 0,7). Für Bundesländer,                                                            Westdeutsche Bundesländer                      BY

                                                        Prognostizierte Veränderungsrate 2021
                                                                                                              jeweiliger Bundesdurchschnitt
in denen die Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren
                                                                                                 0
stärker zurückgegangen ist, werden auch für das                                                                                           BE                                BW
                                                                                                                                                            HE NI             SL
Jahr 2021 im Durchschnitt höhere Rückgänge der                                                                                                      SH          RP
                                                                                                                                                                            HH
Arbeitslosigkeit vorhergesagt. Dies zeigt sich beson-                                            -5                                                                    NW
ders deutlich bei den ostdeutschen Flächenländern.
                                                                                                                                                                                            HB
  Abbildung A5 zeigt ferner, dass die erwarteten                                                      BB
                                                                                                -10           TH
Veränderungsraten in den meisten westdeutschen
                                                                                                         MV
Bundesländern sowie in Berlin über der durch-
                                                                                                     SN       ST
gezogenen schwarzen Linie liegen. Das bedeutet,                                                 -15
                                                                                                   -10                -8                   -6                     -4                   -2                 0
dass die prognostizierte Entwicklung der Arbeits-                                                                   Durchschnittliche Veränderungsrate der Jahre 2016 bis 2019
losenzahl weniger günstig ist als während der Jah-
                                                           Lesebeispiel: In Berlin ist die Arbeitslosigkeit im Zeitraum 2016–2019 durchschnittlich um 5,9 Prozent gesunken.
re 2016 bis 2019. Im Gegensatz dazu befinden sich          Für das Jahr 2021 wird dort ein Rückgang um 1,2 Prozent prognostiziert. Dass dieser Rückgang größer ist als die
                                                           durchschnittliche Veränderungsrate der Jahre 2016–2019, lässt sich grafisch daran erkennen, dass der Punkt
mit Ausnahme Brandenburgs alle ostdeutschen                über der durchgezogenen schwarzen Linie liegt. Bei einem Vergleich von zwei negativen Veränderungsraten steht
                                                           die mathematisch kleinere in diesem Fall für einen größeren Rückgang der Arbeitslosigkeit.
Flächenländer unterhalb der durchgezogenen                 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2020; eigene Berechnungen. © IAB

Linie. Hier ist der prognostizierte Abbau der Ar-
beitslosigkeit somit noch höher als in der jüngeren                                                                                                                                                A6

Vergangenheit.                                                    Prognose über die Entwicklung der Arbeitslosigkeit
                                                                  im Rechtskreis SGB II von 2020 auf 2021
                                                                  Veränderung in Prozent
Rückgang der Arbeitslosigkeit in beiden
Rechtskreisen in den ostdeutschen Bundes­                                                                               – 2,7

                                                                                                                                                    – 9,0
                                                                                                                                                                                       Arbeitslose im SGB II
ländern stärker                                                                                                         Schleswig-                                                  Veränderung in Prozent
                                                                                                                        Holstein (59,2)                                            [Zahl der Bundesländer]
                                                                                                                                                Mecklenburg-
Wir erwarten, dass die Arbeitslosigkeit sowohl im                                                                               – 1,7           Vorpommern
                                                                                                                                                   (63,7)                              -0,7 bis über -2,0 [2]
Rechtskreis SGB II als auch im SGB III im Progno-                                                                   – 3,7    Hamburg                                                   -2,0 bis über -3,3 [5]
                                                                                                                              (59,8)
sezeitraum zurückgehen wird. In letzterem befin-                                                                   Bremen                                – 0,7                         -3,3 bis über -7,9 [4]
                                                                                                                    (76,7)      – 2,7               Berlin                             -7,9 bis über -8,7 [1]
den sich überwiegend Personen, die ihre Beschäf-                                                                                                    (66,4)    – 8,8
                                                                                                                                           – 9,0                                -8,7 bis über -9,1 [4]
                                                                                                                         Niedersachsen
tigung erst vor Kurzem verloren haben und meist                                                            – 2,0             (58,1)                   Brandenburg
                                                                                                                                       Sachsen–Anhalt         (63,3)        ( ) Anteile der SGB-II-
bessere Chancen haben, schnell wieder einen Job                                                                                            (68,8)      – 8,7                   Arbeitslosen 2021 an
                                                                                                  Nordrhein-Westfalen
zu finden. Daher reagiert die SGB-III-Arbeitslo-                                                          (68,5)                    – 7,9                                   allen Arbeitslosen 2021
                                                                                                                     – 2,4                          Sachsen                               in Prozent
sigkeit üblicherweise stärker auf Konjunkturent-                                                      – 3,0                      Thüringen
                                                                                                                                                       (64,6)
                                                                                                                    Hessen          (58,2)
wicklungen als der SGB-II-Bereich, in dem sich ein                                               Rheinland-Pfalz     (56,4)                                          Deutschland gesamt: -3,4 (58,2)
                                                                                                     (52,1)                                                            Westdeutschland: -2,6 (56,4)
Großteil des verfestigten Kerns der Arbeitslosigkeit                                                                                                                          Ostdeutschland: -6,0 (64,9)
                                                                                                      – 3,3
befindet. Momentan kommt hinzu, dass während                                                                                              – 3,7
der Krise viele arbeitsmarktpolitische Maßnahmen                                                 Saarland
                                                                                                  (61,0)                                  Bayern                             Stand: September 2020.
                                                                                                                    – 3,7
eingestellt wurden. Wenn diese im kommenden                                                                                                (34,6)                            Grundlage für die Darstellung:
                                                                                                                                                                             GeoBasis-DE/Bundesamt für
Jahr wieder hochgefahren werden, sinkt dadurch                                                                Baden-Württemberg                                              Kartogrphie und Geodäsie 2020.
                                                                                                                    (43,2)
                                                                                                                                                                             Quelle: Statistik der Bundes-
auch die Zahl der Arbeitslosen in beiden Rechts-
                                                                                                                                                                             agentur für Arbeit 2020; eigene
kreisen wieder (Bauer et al. 2020).                                                                                                                                          Berechnungen. © IAB

                                                                                                                                                                       IAB-Kurzbericht 20|2020             5
Sachsen-Anhalt (–9,0 %) sinken. Ein wesentlich                          den Bundesländern mit den geringsten Rückgän-
                                           geringerer Rückgang wird für die Stadtstaaten                           gen (Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen)
                                          Hamburg (–1,7 %) und Berlin (–0,7 %) erwartet. In                        war der Anstieg der SGB-II-Arbeitslosigkeit in den
                                                                                                                   Monaten März bis August besonders hoch. Das
                                                                                                       A7          Vorkrisenniveau wird dort im Prognosezeitraum
Prognostizierte Arbeitslosenquote 2021 auf Bundeslandebene                                                         folglich nur minimal wieder unterschritten. In den
in Prozent                                                                                                         übrigen Bundesländern war der Anstieg im selben
                                    6,3                                                                            Zeitraum im Rechtskreis SGB II weniger deutlich,
                                                                                       Arbeitslosenquote1)
                                Schleswig-                       7,4                            in Prozent         sodass sich der bereits vor der Krise bestehende
                                Holstein (– 0,2)                                   [Zahl der Bundesländer]
                                                            Mecklenburg-                                           Trend weiter fortsetzt.
                                           8,3              Vorpommern
                                                               (– 0,9)
                                                                                           4,2 bis unter 4,6 [2]       Die Unterschiede zwischen den einzelnen Bun-
                            11,2
                                      Hamburg                                              4,6 bis unter 6,0 [4]
                                       (– 0,4)                                                                     desländern fallen im Bereich des SGB III, relativ
                         Bremen
                                                                       10,9                6,0 bis unter 6,4 [3]
                          (– 1,0)         6,3             Berlin                           6,4 bis unter 8,4 [5]   betrachtet, größer aus als im SGB II. Während
                                                          (– 0,3)
                                                                        6,1
                                  Niedersachsen 7,1                                       8,4 bis unter 11,3 [2]   zum Beispiel für die süddeutschen Bundesländer
                                      (– 0,1)                   Brandenburg
                   7,7                        Sachsen-Anhalt       (– 0,6)          ( )     Veränderung der        Bayern (6,1 %) und Baden-Württemberg (1,4 %)
                                                  (– 1,0)                                  Arbeitslosenquote
        Nordrhein-Westfalen                                            5,7
              (–0,5)                              5,7                                         zum Vorjahr in       im Jahresdurchschnitt 2021 ein Anstieg der SGB-
                                                                                             Prozentpunkten
                              5,9                                  Sachsen                                         III-Arbeitslosigkeit im Vergleich zu 2020 prognos-
                 5,7                            Thüringen           (– 0,8)
                            Hessen                (– 0,6)                     Deutschland gesamt: 6,2 (-0,3)       tiziert wird, sinkt sie in Sachsen-Anhalt (–22,1 %),
       Rheinland-Pfalz       (– 0,1)                                            Westdeutschland: 6,0 (-0,2)
            (– 0,2)                                                               Ostdeutschland: 7,3 (-0,7)       Bremen (–20,2 %) und Sachsen (–19,6 %) am stärks-
           7,8                                                                                                     ten. Dabei spielt der demografisch bedingte Rück-
                                                         4,2
                                                                                                                   gang der Erwerbsbevölkerung vor allem in den
        Saarland
                                                        Bayern                  Stand: September 2020.
         (– 0,2)            4,5                         (+0,1)                                                     ostdeutschen Regionen eine Rolle. Dort gingen die
                                                                                Grundlage für die Darstellung:
                    Baden-Württemberg
                                                                                GeoBasis-DE/Bundesamt für          Arbeitslosenzahlen bereits vor der Corona-Krise re-
                                                                                Kartogrphie und Geodäsie 2020.
                          (– 0,1)
                                                                                Quelle: Statistik der Bundes-      lativ stark zurück. Während der Krise haben nicht
                                                                                agentur für Arbeit 2020; eigene
                                                                                Berechnungen. © IAB                nur Helfer, sondern auch Fachkräfte, Spezialisten
1)
     Bezogen auf abhängig zivile Erwerbspersonen; geschätzt unter der Annahme, dass die Zahlen der Beamten
                                                                                                                   und Experten ihren Job verloren. Diese befinden
     und ausschließlich geringfügig Beschäftigten von 2020 auf 2021 konstant bleibt.
                                                                                                                   sich eher im Rechtskreis SGB III und finden im
                                                                                                                   Zuge der Konjunkturerholung wahrscheinlich
                                                                                                        1
                                                                                                                   leichter eine neue Beschäftigung. In den Bundes-
       Methodische Hinweise
                                                                                                                   ländern mit positiven Veränderungsraten ist die
      Für die regionalen Arbeitsmarktprognosen finden verschiedene ökonometrische Model-                           Zahl der Arbeitslosen im SGB III während der Kri-
      le Anwendung, die sowohl vergangene Werte als auch Komponenten wie das Niveau,
      den Trend, die Saison und den Konjunkturzyklus berücksichtigen. Bei relativ kleinen
                                                                                                                   se besonders stark gestiegen.
      regionalen Einheiten ist zudem davon auszugehen, dass die Entwicklung in räumlich
      nahen Regionen auch stark von den Entwicklungen in den Nachbarregionen beeinflusst                           Niedrigste Arbeitslosenquote voraussichtlich
      wird. Solche räumlichen Abhängigkeiten werden in weiteren Modellen berücksichtigt.
                                                                                                                   weiterhin in Bayern
      Zusätzlich werden die Bestandszahlen anhand der Zu- und Abgänge prognostiziert.
       Um die Vor- und Nachteile dieser Vielzahl an Modellen auszugleichen, wird für die Pro-                      Die prognostizierte Arbeitslosenquote fällt in den
       gnose anschließend ein Durchschnitt über die verschiedenen Modelle gebildet. Bei                            süddeutschen Bundesländern Baden-Württemberg
       diesem sogenannten Pooling fließen für jede Gebietseinheit nur solche Modelle in die
       endgültige Prognose ein, deren Entwicklung eine möglichst geringe Abweichung von der
                                                                                                                   und Bayern mit 4,5 beziehungsweise 4,2 Prozent
       Prognose für Gesamtdeutschland aufweist. Gleichzeitig gehen die Werte der nationalen                        am niedrigsten aus (vgl. Abbildung A7).1 Am höchs-
       Prognosen – in denen wiederum nationale und internationale Einflüsse berücksichtigt                         ten ist sie in den Stadtstaaten Bremen (11,2 %) und
       werden – als weitere Erklärungsgröße in das Gesamtmodell für jede regionale Einheit
       ein. Darüber hinaus berücksichtigen wir Informationen aus den zehn regionalen Ein-                          Berlin (10,9 %). Mit Ausnahme von Bayern wird die
       heiten des IAB zu erwarteten regionalen Sonderereignissen, die die Entwicklung von                          Arbeitslosenquote voraussichtlich in allen Bun-
       Arbeitslosigkeit und Beschäftigung betreffen können, wodurch auch das Vor-Ort-Wissen
                                                                                                                   desländern sinken. Die Veränderung reicht von
       regionaler Expertinnen und Experten Beachtung findet.
       Prognosen sind per Definition mit Unsicherheit behaftet. Aus diesem Grund werden so-                        1
                                                                                                                     Die offizielle Arbeitslosenquote bezieht sich üblicherweise auf
       wohl Unter- als auch Obergrenzen der Prognosen berechnet. Diese sind so ermittelt, dass                     alle zivilen Erwerbspersonen. Bei den hier vorliegenden Berech-
       mit einer Wahrscheinlichkeit von circa 66 Prozent der später tatsächlich realisierte Wert                   nungen enthält die Bezugsgröße nur die abhängig zivilen Er-
       innerhalb dieser Grenzen liegt. Für eine ausführliche Erklärung der Methodik siehe den                      werbspersonen. Diese Größe ist kleiner und somit fallen die hier
                                                                                                                   ausgewiesenen Arbeitslosenquoten höher aus als in der offiziellen
       Beitrag von Hans-Uwe Bach et al. (2009).                                                                    Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Darüber hinaus handelt es
                                                                                                                   sich hier um einen prognostizierten Wert der Bezugsgröße.

6         IAB-Kurzbericht 20|2020
–1,0 Prozentpunkt in Bremen und Sachsen-Anhalt                                                                                                          A8

bis +0,1 Prozentpunkte in Bayern.                      Prognostizierte Arbeitslosenquoten 2021 auf Ebene der Arbeitsagenturen
  Infolge der Corona-Krise ist die Differenz zwi-      Arbeitslosenquote1) in Prozent
                                                       [Zahl der Agenturen]
schen den Bundesländern hinsichtlich der Ar-
                                                             3,2 bis unter 4,5 [30]
beitslosenquote im Jahr 2020 gestiegen. 2019 wies            4,5 bis unter 5,8 [44]
Bayern mit 3,2 Prozent die niedrigste Arbeitslosen-          5,8 bis unter 7,6 [53]
                                                             7,6 bis unter 9,6 [20]
quote auf und Bremen mit 10,9 Prozent (jeweils be-           9,6 bis unter 13,7 [7]
zogen auf abhängige zivile Erwerbspersonen) die
höchste. Laut Prognose haben 2020 Bayern und
Bremen zwar immer noch die niedrigste bezie-
hungsweise höchste Arbeitslosenquote, die Diffe-
renz zwischen ihnen ist allerdings gestiegen und
beträgt 8,0 Prozentpunkte. Für das kommende Jahr
erwarten wir eine geringere Spannweite nicht nur
als 2020, sondern auch als vor der Krise.
  Für die prognostizierte Arbeitslosenquote zeigt
sich auf Ebene der Bundesländer ein deutliches re-
gionales Muster mit relativ hohen Quoten in Nord-
und Ostdeutschland sowie dem Saarland, einem
Bereich mit durchschnittlichen Quoten, der sich
von Rheinland-Pfalz im Westen bis Sachsen im
Osten erstreckt, sowie unterdurchschnittlichen
Arbeitslosenquoten in Bayern und Baden-Würt-
temberg. Abbildung A8 zeigt jedoch für die Bezirke
der Agenturen für Arbeit, dass es auch innerhalb
der Bundesländer erhebliche Unterschiede in der
prognostizierten Arbeitslosenquote gibt.
  Innerhalb Bayerns wird unter anderem für den
Agenturbezirk Nürnberg eine höhere Arbeitslosen-
quote prognostiziert. Ebenso werden für Mann-
heim sowie die meisten westlichen und nördlichen
Agenturbezirke Baden-Württembergs vergleichs-          1)
                                                            Bezogen auf abhängig zivile Erwerbspersonen; geschätzt unter der Annahme, dass die Zahlen der Beamten
                                                            und ausschließlich geringfügig Beschäftigten von 2020 auf 2021 konstant bleibt.
weise hohe Quoten erwartet. In Niedersachsen
                                                       Anmerkung: Die Arbeitslosenquoten für die einzelnen Arbeitsagenturen und weitere Informationen auf Ebene
sind die prognostizierten Arbeitslosenquoten in        der Agenturbezirke finden Sie unter https://www.iab.de/regionalprognosen2020-1 (Rossen et al. 2020).
                                                       Stand: September 2020.
den nördlichen und östlichen Agenturbezirken hö-       Grundlage für die Darstellung: GeoBasis-DE/Bundesamt für Kartogrphie und Geodäsie 2020.
her als im Rest des Bundeslandes. Innerhalb Ost-       Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2020; eigene Berechnungen. © IAB

deutschlands fallen die Prognosen für Berlin sowie
in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns und Sach-            beitslosenzahl mit einer hohen Arbeitslosenquote
sen-Anhalts höher aus als in Potsdam sowie vie-        einhergeht, während für manche Agenturbezirke
len Regionen Sachsens. Unter den westdeutschen         in Sachsen hohe Rückgänge der Arbeitslosenzahl
Agenturbezirken werden vor allem im Ruhrgebiet,        und eine relativ niedrige Arbeitslosenquote erwar-
in Bremen sowie im Agenturbezirk Emden-Leer            tet werden. In Teilen des Ruhrgebiets bleibt die er-
besonders hohe Arbeitslosenquoten prognostiziert.      wartete Arbeitslosenquote vergleichsweise hoch,
  Obwohl in vielen ostdeutschen Agenturbezirken        obwohl die Arbeitslosenzahl stark zurückgeht.
die Zahl der Arbeitslosen laut Prognose stark zu-      In einigen Agenturbezirken Bayerns und Baden-
rückgeht (Rossen et al. 2020), bleibt das Niveau der   Württembergs geht hingegen ein prognostizierter
Arbeitslosenquoten relativ hoch. Anders verhält es     Anstieg der Arbeitslosigkeit mit einer relativ nied-
sich in Berlin, wo ein erwarteter Anstieg der Ar-      rigen Arbeitslosenquote einher.

                                                                                                                              IAB-Kurzbericht 20|2020          7
Fazit                                                                  nächsten Jahr die Insolvenzantragspflicht wieder
                                                                                                       eingeführt wird. Ohne solche Ereignisse und wenn
                                Die Eindämmungsmaßnahmen infolge der Covid-                            zum Beispiel die Konjunktur die stärkere Dynamik
                                19-Pandemie hatten in nahezu allen Wirtschafts-                        behält (Bauer et al. 2020) sowie effektive Impfstoffe
                                bereichen Auswirkungen. Der Arbeitsmarkt re-                           zeitnah zur Verfügung stehen, könnte die Beschäf-
                                agierte trotz umfassender Maßnahmen überall mit                        tigung in vielen Regionen stärker steigen und die
       Dr. Anja Rossen
                                steigenden Arbeitslosenzahlen. Unter anderem                           Arbeitslosigkeit deutlicher zurückgehen als hier
    ist Mitarbeiterin im
Regionalen Forschungsnetz       abhängig von der Wirtschaftsstruktur fiel der An-                      prognostiziert.
        IAB Bayern.             stieg der Arbeitslosigkeit jedoch regional recht un-
     anja.rossen4@iab.de
                                terschiedlich aus (Böhme et al. 2020). Ebenso wird                     Literatur
                                auch die künftige Arbeitsmarkterholung von dieser                      Bach, Hans-Uwe; Feil, Michael; Fuchs, Johann; Gartner,
                                                                                                         Hermann; Klinger, Sabine; Otto, Anne; Rhein, Thomas;
                                Krise regional unterschiedlich erfolgen.
                                                                                                         Rothe, Thomas; Schanne, Norbert; Schnur, Peter; Spitz-
                                   In Anlehnung an die Annahmen in dem kürz-                             nagel, Eugen; Sproß, Cornelia; Wapler, Rüdiger; Weyh,
                                lich veröffentlichten IAB-Kurzbericht von Bauer et                       Antje; Zika, Gerd (2009): Der deutsche Arbeitsmarkt –
                                                                                                         Entwicklungen und Perspektiven. In: Institut für Ar-
                                al. (2020) wird für den Jahresdurchschnitt 2021 ein                      beitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg (Hrsg.),
                                Beschäftigungswachstum in allen Bundesländern                            Handbuch Arbeitsmarkt 2009. IAB-Bibliothek 314. Biele-
                                                                                                         feld: Bertelsmann, S. 64–78.
                                erwartet. Ein besonders starkes Beschäftigungs-
      Dr. Duncan Roth                                                                                  Bauer, Anja; Fuchs, Johann; Hummel, Markus; Hutter,
                                wachstum erfährt, wie schon in der Vergangenheit,                        Christian; Klinger, Sabine; Wanger, Susanne; Weber,
ist Mitarbeiter im Regionalen
                                voraussichtlich Berlin. Generell fällt das Beschäf-                      Enzo; Zika, Gerd (2019): IAB-Prognose 2019/2020: Kon-
       Forschungsnetz
                                                                                                         junktureller Gegenwind für den Arbeitsmarkt. IAB-Kurz-
  IAB Nordrhein-Westfalen.      tigungswachstum aber geringer aus als im Durch-
                                                                                                         bericht Nr. 18.
     duncan.roth@iab.de         schnitt der Jahre vor der Covid-19-Pandemie. Dies                      Bauer, Anja; Fuchs, Johann; Gartner, Hermann; Hummel,
                                ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass zu-                        Markus; Hutter, Christian; Wanger, Susanne; Weber,
                                                                                                         Enzo; Zika, Gerd (2020): IAB-Prognose 2020/2021: Ar-
                                nächst Kurzarbeit abgebaut wird und zumindest in                         beitsmarkt auf schwierigem Erfolgskurs. IAB-Kurzbe-
                                der nahen Zukunft die Zahl der Neueinstellungen                          richt Nr. 19.
                                eher gering sein dürfte.                                               Bellmann, Lutz; Kagerl, Christian; Koch, Theresa; König,
                                                                                                         Corinna; Leber, Ute; Schierholz, Malte; Stegmaier, Jens;
                                   Mit Ausnahme von Bayern erwarten wir in allen                         Aminian, Armin (2020): Kurzarbeit ist nicht alles: Was
                                Bundesländern einen Rückgang der Arbeitslosig-                           Betriebe tun, um Entlassungen in der Krise zu vermei-
                                                                                                         den. In: IAB-Forum, 25.9.2020.
                                keit im Jahresdurchschnitt 2021 gegenüber dem
     Dr. Rüdiger Wapler
                                                                                                       Böhme, Stefan; Burkert, Carola; Carstensen, Jeanette; Ei-
                                Vorjahr. Allerdings fällt der Rückgang regional                          genhüller, Lutz; Hamann, Silke; Niebuhr, Annekatrin;
ist Mitarbeiter im Regionalen
                                sehr unterschiedlich aus. In Teilen Ostdeutsch-                          Roth, Duncan; Sieglen, Georg; Wiethölter, Doris (2020):
       Forschungsnetz
                                                                                                         Warum der coronabedingte Anstieg der Arbeitslosigkeit
  IAB Baden-Württemberg.        lands könnte dieser sogar so stark sein, dass das
                                                                                                         in manchen Regionen deutlich höher ausfällt als in an-
  ruediger.wapler@iab.de        Vorkrisenniveau unterschritten wird. Mit Ausnah-                         deren. In: IAB-Forum, 4.9.2020.
                                men einiger westdeutscher Bundesländer findet,                         Fuchs, Stefan; Rossen, Anja; Roth, Duncan; Wapler, Rü-
                                                                                                         diger; Weyh, Antje (2020): Regionale Arbeitsmarktvor­
                                relativ betrachtet, der Abbau der Arbeitslosigkeit
                                                                                                         ausschau (Stand: Mai 2020). In: IAB-Forum, 29.5.2020.
                                vorwiegend im Rechtskreis des SGB III statt.                           Klinger, Sabine; Weber, Enzo (2020): GDP-employment de-
                                   Im Jahr 2021 wird von besonderer Bedeutung                            coupling in Germany. Structural Change and Economic
                                                                                                         Dynamics, Ökonomenstimme 52, S. 82–98.
                                sein, inwiefern steigende Infektionszahlen in ei-
                                                                                                       Rossen, Anja; Roth, Duncan; Wapler, Rüdiger; Weyh, Antje
                                nigen Regionen zu räumlich begrenzten Maßnah-                            (2020): Regionale Arbeitsmarktprognosen 1/2020. Aktu-
                                men führen, die möglicherweise erneut negative                           elle Daten und Indikatoren.
       Dr. Antje Weyh           Arbeitsmarktwirkungen nach sich ziehen. Ent-
    ist Mitarbeiterin im        scheidend wird ferner sein, in welchem Umfang
Regionalen Forschungsnetz
        IAB Sachsen.            es zu Insolvenzen und damit einhergehenden Ar-
     antje.weyh@iab.de          beitsplatzverlusten kommen wird, wenn ab dem

                                Impressum | IAB-Kurzbericht Nr. 20, 9.10.2020 | Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für
                                Arbeit, 90327 Nürn­berg | Redaktion: Elfriede Sonntag | Graphik & Gestaltung: Nicola Brendel | Foto: Wolfram Murr, Fotofabrik Nürnberg,
                                Jutta Palm-Nowak und privat | Druck: MKL Druck GmbH & Co. KG, Ostbevern | Rechte: Nach­druck – auch auszugsweise – nur mit Genehmi-
                                gung des IAB | Bezug: IAB-Bestellservice, c/o wbv Media GmbH & Co. KG, Auf dem Esch 4, 33619 Biele­feld; Tel. 0911-179-9229 (es gelten die
                                regulären Festnetzpreise, Mobilfunkpreise können abweichen); Fax: 0911-179-9227; E-Mail: iab-bestellservice@wbv.de | IAB im Internet:
                                www.iab.de. Dort finden Sie unter anderem diesen Kurzbericht zum kostenlosen Download | Anfragen: iab.anfragen@iab.de oder Tel.
                                0911-179-5942 | ISSN 0942-167X

 8       IAB-Kurzbericht 20|2020
Sie können auch lesen