Der Berner Sennenhund - ursprünglich und bodenständig - Schweizer Hunde Magazin
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Der Berner Sennenhund - ursprünglich und bodenständig von Anita Schneider Wenn in seinem Ursprungsland Schweiz liebevoll vom «Bäri» gesprochen wird, ist damit der dreifarbige, langhaarige Berner Sennenhund gemeint. Er hat eine lange Tradition, gehört zur Schweiz wie Schokolade, Käse und das Matterhorn und ist als lebendiges Kulturerbe weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Mit seiner schönen Zeichnung, seiner sprichwört- lichen Gutmütigkeit und seiner freundlichen Ausstrahlung steht dieser liebenswerte Bär auf der Beliebtheitsskala der Hunderassen ganz weit oben und ist heute fast in der ganzen Welt anzutreffen.
Rasseporträt Trotz seines tollpatschigen Charmes und ei- Bern am 11. Mai 1902 durchgeführt wurde, nem Aussehen, das oft an einen grossen erstmals vier Dürrbachhunde gezeigt wur- Teddybären erinnert, ist der Berner Sennen- den. Allerdings waren diese vier Hunde noch hund ein absolut ernst zu nehmender kräftiger nicht als Rasse vertreten, sondern wurden als Hund, der Erziehung braucht, beschäftigt «nicht klassifizierte Rasse» in einer so ge- werden will und in sein Menschenrudel inte- nannten «Versuchsklasse» eingeteilt. griert werden muss. Ausgeschlossen vom all- täglichen Leben und auf die Seite gestellt, ver- Eigentliche Geburtsstunde der Dürrbachhun- kümmert er und kann seine wunderbaren Ei- de in der Kynologie war jedoch erst, als der genschaften, die in ihm schlummern, nicht Kynologische Verein Berna am 13. – 15. Au- entfalten. Er eignet sich weder als Statussym- gust 1904 seine erste dreitägige «internatio- bol noch als Renommierobjekt oder als De- nale Ausstellung von Hunden aller Rassen» koration eines schönen Gartens, sondern soll auf der Schützenmatte in Bern durchführte. das sein können, was er schon immer war, Dort wurden sechs Dürrbächler gezeigt, von nämlich Kamerad, Helfer und Freund. Oder denen vier prämiert und erstmals als «Dürr- anders ausgedrückt: Einen Berner kann man bacher Sennenhunde» ins Schweizerische sich nicht einfach halten – mit einem Berner Hundestammbuch eingetragen wurden. Es muss man zusammenleben! waren die Rüden Phylax, Prinz, Ringgi und als einzige Hündin Belline, die spätere Be- gründerin und Stammmutter unserer heutigen Ursprünglich und bodenständig Berner Sennenhunde. Wie lange es den Berner Sennenhund schon den Weiler Dürrbach anzutreffen waren, wo Diese Ausstellung bedeutete den eigentlichen gibt, ist nicht genau bekannt. Man ist heute je- sie unter anderem auch von Handwerksleu- Durchbruch, denn er brachte dem «Dürr- doch davon überzeugt, dass er auf heimi- ten aus städtischen Gebieten als Zughunde bächler» den Status eines Rassehundes. Dass schem Boden entstanden ist und sich zusam- gekauft wurden, waren sie auch schon dieser bodenständige, schöne und charak- men mit der bäuerlichen Kultur und Lebens- bald unter dem Namen Dürrbachhunde be- tervolle Hund immer mehr an Ansehen ge- form entwickelt hat. Sicher ist, dass die kannt. wann und in der Beliebtheitsskala nach oben unmittelbaren Vorfahren der Berner- und rückte, ist vor allem das Verdienst von Profes- Grossen Schweizer Sennenhunde die Bau- sor Albert Heim, der weit über die Landes- ern- und Küherhunde des Bernischen Mittel- Der Bauernhund wird salonfähig grenzen hinaus als Neufundländerzüchter landes, der Voralpengebiete des Emmentals und Ausstellungsrichter bekannt und ge- und des Schwarzenburgerlandes waren. Für die Kynologie entdeckt wurden sie von schätzt war. Er hatte an dieser Ausstellung Dort, in den ländlichen Gebieten mit den weit Fritz Probst (1867–1945), einem besonde- erstmals die Dürrbachhunde gesehen und auseinanderliegenden, abgelegenen Bau- ren Kenner und Liebhaber dieser Hunde. Er war sofort von ihnen begeistert. «Er scheint ernhöfen hatten sich diese grossen, kräftigen hatte sie nicht nur bei seinen Streifzügen als mir durch seine Normalität schön. Nichts ist und robusten Hunde als Viehtreiber, Wach- Jäger durch das Gurnigelgebiet auf den ab- einseitig übertrieben, alles ist harmonisch, hunde und Gehilfen für die Landwirtschaft gelegenen Gehöften kennen gelernt, er traf nichts ist sonderbar, alles ist an seinem natür- entwickelt und lebten über Jahrhunderte hin- sie auch recht häufig in der Stadt, wo sie als lichen Platz», schrieb er 1914 in seiner weg in einer friedlichen Symbiose mit der vor- Zughunde ihren Dienst versahen. Es war Schrift über die Schweizer Sennenhunderas- wiegend bäuerlichen Bevölkerung zusam- wohl seine Idee, sie an Ausstellungen zu zei- sen. Ihm ist es vor allem zu verdanken, dass men. Sie waren Nutztiere, die eine Aufgabe gen, um sie so zur Rasse zu erheben, und sein der Berner Sennenhund zu dem geworden zu erfüllen hatten, und dementsprechend wur- Verdienst, dass an der ersten Schweizeri- ist, was er heute noch ist. Denn er nahm sich den sie auch ausgewählt. Ihr Ursprung lässt schen Hundeausstellung, dieser Rasse ganz besonders sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen, welche von der Ky- an, förderte die Rein- denn dieser grosse Bauernhund fand schon nologischen zucht und strebte damals in der Schweizer Literatur oft Beach- Gesellschaft tung. Vor allem der berühmte Schriftsteller und Pfarrer in Lützelflüh, Jeremias Gotthelf (1797–1854), der ein grosser Darsteller und Kenner des damaligen Bauernlebens war, schilderte immer wieder Episoden aus dem Le- ben dieser dreifarbigen, ursprünglichen Hun- de aus dem Emmental. Sie hatten noch keine Rassenamen und waren ganz einfach als Bauernhunde bekannt. Je nach Kopfzeichnung und Breite ihrer Blässe wurden sie Ring- gi, Bäri oder Bläss genannt, aber auch Gelbbäckler oder wegen ih- rer braunen Flecken über den Augen Vieräugler. Da sie am häufigsten in der Gegend um
Rasseporträt einen einheitlichen Standard an. Er wollte, dass der Berner Sennehund in seiner Ur- sprünglichkeit belassen werden und nicht um- gezüchtet werden sollte. Denn ihm gefiel er so, wie er war, es galt höchstens noch, ihn et- was zu «veredeln», wie er es nannte. Oder, um ihn nochmals zu zitieren: «Es gilt hier, längst vorhandenes, vortreffliches, eigenes Material, Ureigentum des Landes zu zeigen und zur Geltung zu bringen.» Professor Heim ermutigte die ersten Züchter, die «Herren von Burgdorf» auch, einen Klub «zur Zucht und Pflege der vorzüglichen Ras- se zu schaffen». Und so wurde am 15. No- vember 1907 der «Dürrbach-Klub, Verein für Züchtung rassereiner Dürrbachhunde» mit 16 mehr Dürrbachhunde vorhanden waren als wellte Haarkleid ist lang und glänzend, mit ei- Mitgliedern gegründet. Als Präsident wurde ursprünglich angenommen, veranstaltete der ner tiefschwarzen Grundfarbe und sattem, Gottfried Mumenthaler gewählt, welcher dem Klub am 24. April 1910 in Burgdorf eine braunrotem Brand an den Backen, über den Klub 20 Jahre lang vorstand. Im Jahre 1912 grosse «Heerschau» für alle Dürrbachhunde, Augen, an allen vier Läufen, auf der Brust und wurde auf Anraten von Professor Heim der die alle Erwartungen übertraf, denn es wur- weissen Abzeichen an Kopf und Brust. Weis- «Dürrbächler» in „Berner Sennenhund» und den 107 Hunde vorgeführt, von welchen se Pfoten und weisse Rutenspitze sind er- der Klub in «Berner-Sennenhunde-Klub, vor- nicht weniger als drei Viertel als gute, zur wünscht. mals Schweizerischer Dürrbach-Club» umbe- Zucht zu empfehlende Vertreter ihrer Rasse nannt. Heute heisst er offiziell «Schweizeri- bezeichnet werden konnten. Deshalb wurde scher Klub für Berner Sennenhunde (KBS)». der bereits bestehende Rassestandard an- Schön, aufmerksam, gutmütig, Wie stark sich der Name jedoch eingebürgert schliessend an diese «Standort-Bestimmung» selbstsicher und friedlich hatte, beweist die Tatsache, dass der Berner nur noch geringfügig abgeändert und blieb Sennenhund auch 100 Jahre nach der Grün- im Wesentlichen als Grundlage für die Zucht «Mir scheint, der gute Berner-Sennenhund ist dung des Klubs oft noch als Dürrbächler be- von Berner Sennenhunden bis in die heutige durch sein Ebenmass in jeder Richtung und zeichnet wird. Der Name ist der Rasse erhal- Zeit bestehen. Einzig die Grösse, die im seine herrliche Farbe und Farbzeichnung ei- ten geblieben, denn im international aner- 1910 noch eine Spannweite von 12 cm be- gentlich wohl der schönste Hund, den es kannten Rassestandard heisst unser Bäri trug, nämlich bei Rüden von 58–70 cm und gibt», schrieb schon Albert Heim, machte je- offiziell Berner Sennenhund (Dürrbächler). bei Hündinnen 53–65 cm, wurde 1951 an- doch gleichzeitig auch darauf aufmerksam, Womit auch die heute noch oft gestellte Fra- gepasst. dass «früher nicht zum Nachteil der Rasse auf ge: «Ist das jetzt ein Dürrbächler oder ein Ber- Gebrauchstüchtigkeit und Charakter gezüch- ner Sennenhund?» beantwortet wäre. Diese Widerristhöhe von 64–70 cm für Rüden tet wurde» und erst mit der Anerkennung als und 58–66 cm für Hündinnen ist bis heute so Rasse die Zuchtwahl nach der Schönheit da- geblieben und auch im aktuellen FCI-Rasse- zugekommen sei. Sein Wunsch war, dass Rassekennzeichen standard Nr. 45 vom 5. Mai 2003 für den Gebrauchstüchtigkeit und Charakter nicht hin- Berner Sennenhund (Dürrbächler) so festge- ter der Schönheit zurückstehen sollten. Wie Kurz nach der Gründung arbeitete der Dürr- legt. Es handelt sich dabei um einen sehr aus- recht er hatte! Natürlich ist ein schöner Berner bach-Club verbindliche Rassekennzeichen führlichen und detaillierten Rassebeschrieb, Sennenhund eine Augenweide und manch aus, die bereits 1908 in den kynologischen der kurz zusammengefasst die folgenden Ex- bewundernder Blick streift ihn, wenn er vorü- Fachschriften veröffentlicht wurden. Da je- terieur-Merkmale fordert: bergeht. Aber es ist ebenso eine Tatsache, doch vermutet wurde, dass noch viel dass Schönheit allein nicht ausreicht, wenn sie Langhaariger, dreifarbiger, übermittel- nicht mit dem liebenswerten, typischen Ber- grosser, kräftiger und beweglicher nerwesen kombiniert ist. Oder, wie es der Re- Gebrauchshund mit stämmigen daktor der Blässipost (der offiziellen Zeitschrift Gliedmassen, harmonisch und aus- des KBS) bereits 1949 schrieb: «Nicht nur die gewogen, eher kompakt als lang Schönheit unser Hunde soll für uns zählen, gestreckt. Der Kopf ist kräftig, noch mehr Wert legen wir auf den Charakter. harmonisch zur Gesamter- Seine schönen Farben, sein glänzendes Fell, scheinung und nicht zu wuch- seine treuen Augen, seine harmonischen Pro- tig, die Lefzen anliegend, die portionen, alles das erfreut unsere Augen, Augen dunkelbraun und man- was aber unser Herz erfreut, ist sein Wesen.» delförmig mit gut anliegenden Li- Aus diesem Grund führte der KBS bereits in dern. Der Knochenbau ist kräf- den 50ger Jahren des letzten Jahrhunderts ei- tig mit geraden und parallel ste- ne freiwillige Zuchtmusterung mit einer Min- henden Gliedmassen. In allen destanforderung nicht nur im Exterieur, son- Gangarten wird ein raumgrei- dern auch im Wesen ein. Diese Begutachtun- fender, gleichmässiger Bewe- gen zeigten so positive Auswirkungen, dass gungsablauf gewünscht. sie kurze Zeit später als obligatorisch erklärt Das schlicht oder leicht ge- wurden. Und so ist seit 1973 im Rassestan- Foto: S. Adami
Rasseporträt wünschten Eigenschaften des erwachsenen Berner Sennenhundes ausgestattet kaufen kann, ist grundfalsch und kann sehr schnell zu einer Riesenenttäuschung werden. Denn das Wesen des Hundes ist ja nichts anderes als das Ergebnis vieler Faktoren, die es zuerst in der Aufzucht des Welpen und Junghundes, aber auch später in seiner Haltung und Be- schäftigung immer wieder zu berücksichtigen gilt. Der KBS legt deshalb bei der Zucht nicht nur grossen Wert auf gesunde, schöne und we- sensfeste Elterntiere, sondern auch auf eine verantwortungsvolle und den neusten Er- kenntnissen angepasste Aufzucht der Wel- dard auch das Verhalten als wichtiger Be- bezogen sein und sich weder durch optische pen. standteil dieses schönen Hundes enthalten. noch akustische Einflüsse beeindrucken las- Heute sind solche Zuchttauglichkeitsprüfun- sen, damit er zur Zucht anerkannt wird. Bereits seit dem Jahre 1971 besteht im KBS gen (Ankörungen) für jedes zukünftige Zucht- für zukünftige Zuchttiere ein Röntgenobliga- tier sowohl für das Exterieur als auch für das Gerade in der heutigen Zeit der vermehrten torium für Hüftdysplasie (HD) und Ellbogen- Wesen (Verhalten) aus dem Zuchtgeschehen Angst vor grossen Hunden ist es auch enorm erkrankungen (ED). Seit einigen Jahren wird nicht mehr wegzudenken. wichtig, dass ein Berner Sennenhund sozial- auch eine Zuchtwertschätzung für diese bei- verträglich und gut erzogen ist. Wer mit ihm den Merkmale geführt. Das heisst, dass bei «Sicher, aufmerksam, wachsam und furchtlos unterwegs ist, merkt, wie viel Sympathie un- der Berechnung der Anfälligkeit für HD und in Alltagssituationen; gutmütig und anhänglich ser Bäri eigentlich geniesst. Er ist inzwischen ED nicht nur das einzelne Tier, sondern auch im Umgang mit vertrauten Personen, selbst- so populär geworden, dass er vielerorts fast dessen Geschwister, Eltern und Nachkommen sicher und friedlich gegenüber Fremden; mitt- zum Modehund geworden ist. Das ist zwar ei- mitberücksichtigt werden. Dank dieser Selek- leres Temperament, gute Führigkeit», so for- ne erfreuliche Tatsache, birgt aber auch eine tion gehört der Berner Sennenhund heute dert es der Standard. Und genauso sollte ein gewisse Gefahr in sich. Je mehr die Nach- nicht mehr zu den Rassen, die besonders HD- echter Berner sein und ist es auch meistens. frage nach dieser Rasse steigt, umso mehr gefährdet sind. Normalerweise steht Bäri auch sinnbildlich steigt auch die Möglichkeit der unkontrollier- mit seinen vier dicken Pfoten fest auf dem Bo- ten Vermehrung in dubiosen Zuchten, die sich Richtige Berner-typische Krankheiten gibt es den, verkörpert Gelassenheit und Gutmütig- weder einem Klub angeschlossen haben, eigentlich keine. Die meisten Erkrankungen, keit und lässt sich auch nicht so schnell aus der noch sich um irgendwelche Anforderungen von denen der Berner betroffen ist, kommen Ruhe bringen. Sicher gibt es diese Verhal- an Gesundheit und Wesen der Zuchttiere auch bei anderen Rassen vor. Einzig die Tu- tensweisen in einer grossen Variationsbreite. oder um eine zeitgemässe Aufzucht der Wel- moranfälligkeit ist bei den Berner Sennen- Ein unsicheres, ängstliches oder gar aggres- pen kümmern. Das leider oft noch verbreitete hunden momentan gross. Der KBS hat jedoch sives Verhalten ist jedoch absolut nicht typisch Klischee des herzigen Wuschelwelpen, den 1999 einen Gesundheitsfonds gegründet, für einen Bernersenn. Die Ursachen dafür lie- man irgendwo auf einem möglichst abgele- der es unter anderem ermöglicht, häufig vor- gen nicht selten in einer ungenügenden, un- genen Bauernhof fixfertig mit all den er- kommende Krankheiten erforschen zu lassen sorgfältigen oder mangelnden Sozialisierung in den ersten Lebensmonaten sowie einer am- bivalenten Bindung an seine Bezugsperson. Berner Sennenhunde sind auch keine Kläffer, wenn sie ihrer Art entsprechend gehalten wer- den. Sie warnen zwar, es fehlt ihnen jedoch jegliche Aggressivität oder Angriffslust und ihr Bellen ist tief und wohlklingend. Zuchtanforderungen Dem Namen nach ist Bäri zwar immer noch ein Sennenhund, sein Aufgabenbereich hat sich jedoch im Wandel der Zeit grundlegend geändert. Das heisst, ihm ist gar kein eigent- licher Gebrauchszweck mehr zugeordnet, er gehört in die Gruppe der Hunde «ohne Arbeitsprüfung» und muss für eine Zuchtzu- lassung nicht mehr auf seine Gebrauchstüch- tigkeit für einen besonderen Zweck geprüft werden. Dafür umso mehr auf sein Verhalten in alltäglichen Situationen. Er muss menschen- © Schweizer Hunde Magazin 3/07 9
Rasseporträt und so auch präventiv Krankheiten, die eine genetische Disposition als Grundlage haben könnten, entgegenwirken zu können. Die Lebenserwartung eines gesunden Berners kann ungefähr zehn Jahre betragen. Einige werden älter, andere wiederum sterben früher. Wie bei jeder grossen Hunderasse ist auch beim Berner jeder Tag, den er nach sei- nem zehnten Geburtstag bei uns verbringen darf, ein geschenkter Tag. Zu wem passt diese Rasse? Kurz gesagt: zu allen, die bereit sind, mit dem Berner zusammenzuleben, ihn zu be- schäftigen und ins Alltagsleben zu integrie- ren. Wer einen Berner Sennenhund hat, muss licher. Nicht die Qualität der Wohnsituation, nicht gerade zu den schwer erziehbaren Hun- allerdings in grossen Dimensionen denken. Es sondern die Art der Beziehung, die Einstel- derassen gehört, so ist er doch ein kräftiger, ist ein Riesenunterschied, ob man mit einem lung der Hundehalter und ihre Kompromiss- in seiner Jugend oft ungestümer und tempe- Zwerghund oder einem Berner zusammen- bereitschaft machen es aus, ob sich dieser ramentvoller Hund, der klare Richtlinien lebt. Dreht er sich um die eigene Achse, kräftige, grosse Hund wohl fühlt oder eben braucht. Weder ein sicheres Verhalten noch braucht er einen grossen Radius und wedelt nicht. soziale Verträglichkeit sind angeborene Ei- er mit seiner buschigen Rute – und ein Berner genschaften des Berners, auch wenn die ver- wedelt fast immer –, so kann in einer kleinen Wer sich entschliesst, sein Leben mit einem erbten Veranlagungen dafür in ihm schlum- Wohnung schon mal etwas durch die Ge- Berner Sennenhund zu teilen, tut auf alle Fäl- mern. Natürlich spielt die genetische Kom- gend fliegen. Aber der Berner ist nicht nur in le gut daran, sich zuerst erwachsene Bäris an- ponente, die durch eine gute Zuchtauswahl in seiner äusseren Erscheinung gross, sondern zuschauen, um sich über deren Grösse, Kraft, die richtige Richtung gelenkt werden kann, auch in seiner Art. Für einen zufriedenen Ber- Bedürfnisse und Eigenschaften ein Bild zu ma- auch eine grosse Rolle. Aber damit sich die- ner ist sein Menschenrudel schlichtweg Le- chen. Denn inmitten einer drolligen, wusche- se grundlegenden Eigenschaften überhaupt bensinhalt. Er braucht weder Bauernhof noch ligen Welpenschar schlägt das Herz leicht entfalten und vervollständigen können, müs- Villa mit Park, damit er glücklich ist. Sicher ist Purzelbäume und lässt einen noch unent- sen sie zuerst geweckt, gefördert und gelebt es schön, wenn Bäri einen grossen Garten zur schlossenen Sympathisanten leicht vergessen, werden. Was dieser äusserst menschenbe- Verfügung hat. Aber nur dann, wenn es kei- dass sich dieser kleine Fellhaufen in nur we- zogene Hund unbedingt braucht, ist eine si- ne Tragik bedeutet, wenn er auch einmal ein nigen Monaten zu einem ungestümen Kraft- chere, vertrauensvolle Beziehung zu seinen Loch buddelt, einen Busch anknabbert oder paket entwickeln kann. Menschen. Am glücklichsten ist Bäri sowieso, einen Strauch «begiesst». Und vor allem nur wenn er überall mit dabei sein darf. Wer dann, wenn er deswegen nicht auf seine Spa- Ein Bäribesitzer darf auch kein Sauberkeits- ganztags auswärts arbeitet und den Hund ziergänge verzichten muss und auch ins Haus fanatiker sein. Das lange Haar braucht zwar nicht mitnehmen kann, sollte deshalb genau- darf. Muss er hingegen allein in seinem gros- nicht viel Pflege, muss aber trotzdem ein- bis so auf einen Berner (und auf einen Hund sen, schönen Garten sein Leben verbringen, zweimal pro Woche gebürstet werden. Und überhaupt) verzichten wie alle, die ihre Frei- so wäre er möglicherweise sogar in einer wenn der pelzige Freund sein Fell wechselt, zeit lieber mit Hobbys ohne Hund verbringen. Wohnung ohne direkten Auslauf, aber mit verliert er büschelweise Haare. Dazu kommt, Die meisten Berner erfüllen heute als richtige vielen erlebnisreichen Spaziergängen glück- dass in seinem Pelz vieles hängen bleibt, das Allrounder die schöne Aufgabe eines Famili- er ins Haus schleppt, und seine Riesenpfoten enhundes und sind Kameraden, Freunde und auch mal ihre Abdrücke auf dem Fussboden Begleiter. In vielen Fällen jedoch ist Bäri unter- hinterlassen. Nicht zu vergessen, dass ein fordert und sein genetisches Potenzial kann Berner gerne auf Tuchfühlung mit seinem sich nicht voll entfalten. Dieser Tatsache muss Menschen ist. Auf den Füssen seines sich bewusst sein, wer einen Berner Sennen- Zweibeiners zu sitzen und sich an ihn hund in seine Familie aufnehmen möchte. Es zu lehnen, gehört nun mal zu Bäris wäre schade, wenn dieser herrliche, beweg- Lieblingsbeschäftigungen, ob er nun liche und intelligente Hund degenerieren wür- frisch gebürstet oder soeben mit de, nur weil seine Eigenschaften und seine schmutzigen Pfoten von einem Spa- grundlegenden Bedürfnisse verkannt oder ziergang zurückgekehrt ist. nicht ernst genommen werden. Es gibt so viele Möglichkeiten, einen Berner Was braucht ein Berner seinen Fähigkeiten entsprechend sinnvoll zu Sennenhund, damit er so wird, beschäftigen. Dabei spielt es eigentlich keine wie man ihn sich vorstellt? grosse Rolle, welche Tätigkeit gerade auf dem Programm steht. Hauptsache, es macht Wie jeder andere Hund, braucht auch beiden Spass. Bereits ausgedehnte Spazier- der Berner Sennenhund eine liebevolle, gänge bieten viele neue Erlebnismöglichkei- konsequente Erziehung. Auch wenn er ten und fördern die Beziehung. Aber auch im
Rasseporträt nun auf einem nostalgischen Markt, an Jod- ler-, Trachten-, Musik- oder sonstigen traditio- nellen Volksfesten, sind unsere Bäris immer wieder als Schweizer Kulturgut vertreten. Dank ihrer menschenbezogenen und freund- lichen Art meistern sie – falls von klein auf an Jubel, Trubel, Heiterkeit gewöhnt – auch sol- che Anlässe mit Bravour und oft fliegen ihnen die Herzen der Zuschauer gleich scharen- weise zu. Dann wird es wieder einmal deut- lich: Bäri gehört einfach dazu! Herzlichen Glückwunsch! Hundert Jahre sind es her, seit sich die ersten Freunde des Berner Sennenhundes zu einem Klub zusammengeschlossen haben. Sicher würde Prof. Heim dem Klub für Berner Sen- nenhunde auch zum hundertsten Geburtstag im Jahre 2007 das wünschen, was er am Schluss seiner Festschrift von 1914 schrieb, nämlich: «Dem Berner-Sennenhund-Klub und Hundesport ist der Berner in fast allen Spar- Bäri als Kulturgut den aus ihm hervorgegangenen trefflichen ten etabliert und erfolgreich, sei dies nun im Züchtern wünschen wir weiter guten Erfolg Bereich Begleithund, Sanitätshund, IPO (In- Da Bäri auch ein Stück Schweizer Geschich- und Einigkeit und Frieden zur gedeihlichen ternational) VPG (Vielseitigkeitsprüfung, te verkörpert, ist er natürlich sehr oft an Fol- Weiterarbeit auf dem so erfolgreich betrete- früher Schutzdienst), im Obedience, Mobili- klore-Anlässen zu sehen. Zwar sind die Zei- nen Wege.» ty und vereinzelt – mit leichten, sportlichen ten, als «Bäri der Hofhund» mit seinem Milch- Hunden – sogar im Agility. Daneben gibt es karren unterwegs war, um die Milch zur Sie sind herzlich eingeladen, sich an den Ju- noch viele Plauschsportarten, Familienbe- Käserei zu bringen, an den meisten Orten be- biläums-Anlässen des KBS selbst ein Bild über gleithunde-Gruppen und andere Möglichkei- reits Nostalgie. Geblieben jedoch sind der diese Rasse zu machen. Denn: einen Berner ten, gemeinsam mit Gleichgesinnten etwas Arbeitseifer der Hunde und die Freude der Sennenhund kann man nicht einfach be- zu unternehmen und einzuüben. In letzter Zeit Menschen, ihren Hund einzuspannen. So schreiben, einen Berner Sennenhund muss werden Berner Sennenhunde auch vermehrt wird das Wagenziehen vielerorts als Traditi- man erleben. zu Therapiehunden ausgebildet, wo sie zu- on gepflegt. An Festumzügen im ganzen Land sammen mit ihren Besitzern viel Freude ins Le- sind die schön geschmückten «Wägeli» mit ben derjenigen Menschen bringen können, den Sennenhunden ein herrlicher Anblick und die etwas abseits unserer Gesellschaft ste- erfreuen sich jeweils grosser Beliebtheit. Auch Sondermarke hen. an anderen Folklore-Darbietungen, sei dies zum Jubiläum Bezugsquelle: Veranstaltungen zum 100-Jahr-Jubiläum Die Marke ist seit 27. Siehe auch unter: www.bernersennenhund.ch Februar 2007 an den Postschaltern sowie in den Philateliestellen Von Mitte April bis Mitte Oktober wird im Freilichtmuseum Bal- (Bern, Basel, Zürich, St. Gallen, Lausanne lenberg eine Ausstellung über den Berner Sennenhund zu sehen und Lugano) erhältlich. Zudem gibt es die sein, begleitet von verschiedenen speziellen Anlässen mit Berner schönen Hundemarken und das ganze Sor- Sennenhunden am 29. April, 27. Mai, 24. Juni, 22. Juli, 9. Sep- timent wie: tember und 14. Oktober 2007. Maximumkarte, Briefumschlag, Ersttags- couvert usw. auch online unter: Höhepunkt des Jubiläumsjahres ist das KBS-Fest auf der Schützenmatte in Burgdorf mit: www.post.ch/philashop • Internationalem Symposium am 10. August • CAC-Klubschau am 11. und 12. August und ein • reichhaltiges Rahmenprogramm mit verschiedenen sportlichen Aktivitäten für Hunde- Literatur unserer Autoren sportler und Familienhunde • Neuerscheinung: «Berner Sennenhund – • Gala-Abend am 11. Dezember für in- und ausländische Freunde des Berner das grosse Rassehandbuch», von Anita Sennenhundes. Schneider, Müller Rüschlikon Verlag, ISBN 3275015966, Fr. 52.20 Bäri im Schweizer Fernsehen • «Berner Sennenhund» von Bernd Günter, Am 5. Mai wird auf SF1 in der Sendung «Hopp de Bäse» der Berner Sennenhund vorge- Kynos-Verlag, 5. Auflage, 2004, ISBN stellt. Dazu werden Louis Menar das Berner Sennenhunde-Lied und Peter Reber seinen Hit 3924008922, Fr. 24.50 sowie «The Ber- «Üse Bäri» singen. nese Mountain Dog – A Dog of Destiny. Doral, 2004. © Schweizer Hunde Magazin 3/07 11
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