Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei

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Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei
Der Bund
kurz erklärt

                 2022

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                 CH info
Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei
Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei
Vorwort

«Gefährlich wird es               Liebe Leserinnen und Leser

dann, wenn nur                    Wir leben in unsicheren Zeiten. Die letzten Jahre haben
                                  gezeigt: Auch die Demokratie ist nicht selbstverständlich,
noch wahr sein darf,              selbst dort nicht, wo sie schon eine Weile besteht. Sie
                                  ist darauf angewiesen, dass die Bürgerinnen und Bürger
was alle hören                    die freie Meinungsbildung achten und schützen, dass
                                  sie einfache Parolen hinterfragen und überprüfbare Fak-
wollen.»                          ten ernst nehmen. Sie bedarf einer unabhängigen,
                                  umsichtigen Justiz sowie einer effizienten und zugäng-
Walter Thurnherr, Bundeskanzler
                                  lichen Verwaltung. Und sie braucht Politikerinnen und
                                  Politiker, die längerfristige Interessen verfolgen und dafür
                                  immer wieder neue Mehrheiten schaffen.

                                  Gefährlich wird es dann, wenn nur noch wahr sein darf,
                                  was alle hören wollen. Die Demokratie stützt ab auf
                                  eine Reihe wichtiger Voraussetzungen. Es genügt, dass
                                  ein einziges wesentliches Element ins Rutschen gerät,
                                  um das ganze Gebäude ins Wanken zu bringen.

                                  Von Carl Spitteler stammt der Ausspruch, die Demokratie
                                  sei «eine periodische Aufregung darüber, ob der Franz
                                  oder der Fritz gewählt wird». Einmal abgesehen davon,
                                  dass auch eine Franziska gewählt werden könnte:
                                  Die Demokratie ist weit mehr als das. Und sie muss immer
                                  wieder neu errungen, vermittelt und verteidigt werden.
                                  «Der Bund kurz erklärt» leistet einen Beitrag dazu.

                                  Bundeskanzler Walter Thurnherr

                                                                                                 3
Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei
Inhaltsverzeichnis

                                           Fakten                          Fundament
                                           Die Schweiz                    Direkte Demokratie
                                           6                               16

                                           Geschichte der Schweiz
                                           •                          10   Gewaltenteilung
                                                                           •                        20

                                           Föderalismus
                                           •                          12   Abstimmungen
                                                                           •                        22

                                           • bkommen und
                                           A                               Wahlen
                                                                           •                        24
                                           Mitgliedschaften           14
                                                                           • arteien im Bundesrat
                                                                           P
                                                                           und im Parlament         26

              Zusatzangebote zur Broschüre «Der Bund kurz erklärt»:
              • App «CH info» für Smartphones und Tablets
              • Website www.ch-info.swiss
              • didaktische Unterlagen für Lehrerinnen und Lehrer
              • barrierefreie PDF für sehbehinderte Personen

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Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei
Legislative                         Exekutive                            Judikative
Das Parlament                      Die Regierung                       Die Gerichte

                                                                                                                 Schweiz
28                                  46                                   72

•Aufgaben des Parlaments       32   Der Bundesrat
                                    •                               50   Das Bundesgericht
                                                                         •                              76

                                                                                                                 Demokratie
•Organisation des Parlaments   34   Aufgaben des Bundesrats
                                    •                               52   Das Bundesstrafgericht
                                                                         •                              78

• esonderheiten
B                                   Die Bundesverwaltung
                                    •                               54   Das Bundesverwaltungsgericht
                                                                         •                              79
des Parlaments                 40
                                    Bundeskanzlei BK
                                    •                               56   Das Bundespatentgericht
                                                                         •                              80
•Weg zu einem neuen Gesetz     42

                                                                                                                 Parlament
                                    • idgenössisches
                                    E                                    • rteile der eidgenössischen
                                                                         U
•Parlamentsdienste             45   Departement für auswärtige           Gerichte                       81
                                    Angelegenheiten EDA             58

                                    • idgenössisches
                                    E
                                    Departement des Innern EDI      60

                                    • idgenössisches Justiz-
                                    E

                                                                                                                 Regierung
                                    und Polizeidepartement EJPD     62

                                    • idgenössisches
                                    E
                                    Departement für Verteidigung,
                                    Bevölkerungsschutz
                                    und Sport VBS                   64
                                                                                                                 Gerichte

                                    • idgenössisches
                                    E
                                    Finanzdepartement EFD           66

                                    • idgenössisches
                                    E
                                    Departement für Wirtschaft,
                                    Bildung und Forschung WBF       68

                                    • idgenössisches
                                    E
                                    Departement für Umwelt,
                                    Verkehr, Energie und
                                    Kommunikation UVEK              70

                                                                                                             5
Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei
Die Schweiz
Zwar gibt es in der Schweiz keine Grossstadt, in   85 % der Bevölkerung sind in der Stadt oder der
der mehr als eine Million Menschen wohnen.         Agglomeration zu Hause. Die Hälfte davon lebt in
Trotzdem: Die Schweizer Bevölkerung ist mehr-      einer der fünf grössten Ballungszentren: Zürich,
heitlich städtisch.                                Genf, Basel, Bern oder Lausanne (im Bild: Zug).
Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei
Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei
Die Schweiz
              Die Schweiz ist ein kleines Land mit einer Bevölkerung von
              8,7 Millionen Menschen. Sie besteht aus vier unterschiedlich
              grossen Sprachregionen. Sie ist ein Bundesstaat mit 26 Kantonen,
              die weitgehend eigenständig sind und aus zahlreichen Gemein-
              den bestehen. Die Mehrsprachigkeit und der Föderalismus haben
              ihre Wurzeln in der Vergangenheit und sind prägende Merk-
              male der Schweiz. Ihre Neutralität ist von allen Staaten der Welt
              anerkannt.
Schweiz

              26 Kantone
                                                                                SH

                                                     BS                                          Thurgau

                                                            BL    Aargau         Zürich
                                            Jura                                                           AR
                                                       SO                                                       AI

                                                                                                    St. Gallen
                                                                                Zug
                                                                 Luzern
                               Neuen-                                             Schwyz
                               burg
                               burg                                                               Glarus
                                                                           NW
                                                     Bern
                                                                    OW
                                                                                  Uri
                                                                                                                 Graubünden
                                        Freiburg
                     Waadt

                                                                                        Tessin

              Genf                                 Wallis

                                                                           AI   Appenzell Innerrhoden                NW   Nidwalden
                                                                           AR   Appenzell Ausserrhoden               OW   Obwalden
                                                                           BL   Basel-Landschaft                     SH   Schaffhausen
                     www.statistik.ch                                      BS   Basel-Stadt                          SO   Solothurn

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Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei
8,7 Millionen Menschen                                        Vier Landessprachen
In der Schweiz leben 8,7 Millionen Menschen, ein Viertel      Die Schweiz ist ein vielsprachiges Land. Die offiziellen
davon ohne Schweizer Pass. Mehr als die Hälfte der            Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch
Ausländerinnen und Ausländer ist entweder in der Schweiz      und Rätoromanisch. 62 % der Bevölkerung sprechen
geboren oder lebt seit mindestens zehn Jahren hier.           hauptsächlich (Schweizer-)Deutsch, 23 % Französisch,
Die Mehrheit der ausländischen Bevölkerung kommt aus          8 % Italienisch und 0,5 % Rätoromanisch. 25 % der
einem EU-Land. Den grössten Anteil machen Personen            Bevölkerung haben (noch) eine andere Hauptsprache.
aus Italien (15 % der Ausländer), Deutschland (14 %) und      Viele geben zwei Sprachen als Hauptsprachen an: Sie
Portugal (12 %) aus.                                          sind zweisprachig.

                                                                                              62 % Deutsch

                                                              23 % Französisch

                                                                                                                                Schweiz
                                                                                                      0.5 % Rätoromanisch

                                                                                         8 % Italienisch
    6 459 500 mit Schweizer Staatsbürgerschaft
    2 210 800 ohne Schweizer Staatsbürgerschaft

Christlich geprägt                                            Hohe Lebenserwartung
Die Schweiz ist ein christlich geprägtes Land: Zwei Drittel   Die Menschen in der Schweiz werden immer älter und
der Bevölkerung sind entweder katholisch oder refor-          haben weniger Kinder als früher. Die durchschnittliche
miert oder gehören einer anderen christlichen Gemein-         Lebenserwartung ist eine der höchsten der Welt: Sie be­
schaft an. Die Religionsfreiheit ermöglicht es auch           trägt 81 Jahre für Männer und 85 Jahre für Frauen. Die
anderen Glaubensgemeinschaften, ihre Religion zu prak-        Frauen haben im Schnitt 1,5 Kinder. Der Anteil der über
tizieren. Seit Jahren nimmt der Anteil jener zu, die keiner   64-Jährigen in der Bevölkerung hat zugenommen, jener
Konfession angehören – vor allem in den Städten.              der unter 20-Jährigen und der 20- bis 64-Jährigen ist zu-
                                                              rückgegangen.

römisch-katholisch

                         konfessionslos

evangelisch-reformiert           andere
                                 christliche                  1950     1960    1970    1980    1990    2000   2010   2020
                                 Gemeinschaften
        islamische                                                   Unter 20-Jährige
        Gemeinschaften                        übrige/                        64-Jährige
                                                                     20- bis 64-Jährige
                                              unbekannt              65-Jährige und ältere

                                                                                                                            9
Der Bund kurz erklärt 2022 - Bundeskanzlei
Geschichte der Schweiz
                              Die Schweiz entwickelte sich über Jahrhunderte aus einem Geflecht
Geschichte der Schweiz

                              verschiedener Bündnisse zu einem Staatenbund und weiter bis
                              zum heutigen Bundesstaat. Landesgrenzen und Neutralität wurden
                              1815 international festgelegt und anerkannt. Das politische System
                              geht auf die Bundesverfassung von 1848 zurück. Seither haben
                              die Kompetenzen des Bundes, die Volksrechte und die politische
                              Vielfalt zugenommen.
Schweiz

                              1847 – 1848                    1848                             1874, 1891                        1914 – 1918
                              Sonderbundskrieg:              Bundesverfassung:                Ausbau                            Erster Weltkrieg,
                              Liberale gegen                 Demokratischer                   der Demokratie:                   Generalstreik:
                              Konservative                   Bundesstaat                      Initiative,                       Sozialistische Ideen
                                                                                              Referendum
                              Bei der Frage nach der Aus-    Die Bundesverfassung ge-                                           Armut und Arbeitslosigkeit
                              gestaltung des Bundes          währt den meisten Bürgern –      Die revidierte Bundesverfas-      während des ersten Weltkriegs
                              kommt es zu einem Bürger-      Männern – verschiedene           sung überträgt dem Bund           sowie die sozialistischen
                              krieg zwischen liberalen und   Rechte und Freiheiten, u. a.     mehr Aufgaben und weitet die      Ideen der Russischen Revolu-
                              katholisch-konservativen       das Stimm- und Wahlrecht.        demokratischen Rechte auf         tion gipfeln 1918 im landes-
                              Kantonen. Der Sonderbunds-     Auf Bundesebene wird das         Bundesebene aus. 1874             weiten Generalstreik.
                              krieg endet mit dem Sieg       Zweikammersystem einge-          wird das Referendum einge-
                              der liberalen Kräfte.          führt, mit einem National- und   führt, 1891 die Volksinitiative
                                                             einem Ständerat, welche den      (➝ S. 22).
                                                             Bundesrat wählen. Einige
                                                             Bereiche werden zentralisiert.
                                                             Die Schweiz entwickelt sich
                                                             zum einheitlichen Rechts- und
                                                             Wirtschaftsraum.

                         10
Geschichte der Schweiz
                                                                                                                                        Schweiz
1291                            1798 – 1802                      1803 – 1814                      1815
Alte Eidgenossen­               Helvetik:                        Mediation:                       Bundesvertrag:
schaft:                         Einheitsstaat unter              Gelockerte                       Neutralität
Bündnispartner­                 fremder Herrschaft               Fremdherrschaft                  und Staatenbund
schaften
                                Nach dem Einmarsch franzö-       Nach Bürgerkriegen zwischen      Nach dem Sturz Napoleons
Wechselnde Bündnisse            sischer Truppen wird die         Föderalisten und Anhängern       anerkennen die europäischen
zwischen Städten und Land-      Eidgenossenschaft zur Hel­       der Helvetischen Republik gibt   Grossmächte die Neutralität
schaften bezwecken die          vetischen Republik umgestal-     Napoleon der Schweiz eine        der Schweiz und die heute
Sicherung der politischen       tet: zu einem Einheitsstaat      Mediationsverfassung. Sie gibt   gültigen Landesgrenzen wer-
Ordnung gegen innen und der     unter Pariser Kontrolle.         den Kantonen eine gewisse        den fixiert. Der Bundesvertrag
Unabhängigkeit gegen aus-                                        Eigenständigkeit zurück und      von 1815 fasst die verschie-
sen. 1291 schliessen Uri,                                        legt die meisten Kantonsgren-    denen eidgenössischen
Schwyz und Unterwalden das                                       zen fest.                        Bündnisse zu einem einzigen
erste dokumentierte Bündnis                                                                       Staatenbund zusammen.
ab. Im Lauf der Jahrhunderte
wächst die Eidgenossen-
schaft durch weitere Bündnis-
se und durch Gebietserobe-
rungen heran.

1919, 1929                      1939 – 1945                      1971                             2000
Proporz:                        Zweiter Weltkrieg:               Gleichberechtigung:              Dritte Bundes­
Weiter Richtung                 Einbindung                       Stimmrecht                       verfassung:
Konsensdemokratie               der Linken                       für Frauen                       Bewahrung
                                                                                                  und Offenheit
1919 wird der Nationalrat zum   Vor dem Hintergrund des          Im Februar 1971 nehmen die
ersten Mal im Proporzver­       Zweiten Weltkriegs rücken die    Stimmbürger das eidgenös­        Die totalrevidierte Bundes­
fahren gewählt, und im Bun-     politischen Kräfte von links     sische Stimm- und Wahlrecht      verfassung regelt die Aufga-
desrat sitzen nun auch zwei     bis rechts zusammen: 1943        für Frauen mit 66 % Ja-          benteilung zwischen Bund
katholisch-konservative         wählt das Parlament einen        Stimmen an. Die meisten Kan-     und Kantonen. Das Schweizer
Mitglieder (heute Die Mitte/    Sozialdemokraten in die          tone und Gemeinden führen        Volk stimmt den bilateralen
CVP). Ab 1929 ist auch          Regierung, 1951 einen zwei-      das Frauenstimmrecht nun         Verträgen zwischen der
ein Mitglied der Bauern-,       ten. Seit 1959 setzt sich        auch auf kantonaler und kom-     Schweiz und der Europäischen
Gewerbe- und Bürgerpartei       der Bundesrat aus vier Partei-   munaler Ebene ein.               Union (EU) zu. Zwei Jahre
im Bundesrat vertreten (heute   en zusammen («Zauberfor-                                          später (2002) entscheidet es
SVP).                           mel», S. 51).                                                     sich für den Beitritt zur UNO
                                                                                                  (➝ S. 14/15).

                                                                                                                                   11
Föderalismus
                    Die Schweiz ist ein föderalistischer Staat: Die Macht ist zwischen
                    Bund, Kantonen und Gemeinden aufgeteilt. Kantone und Gemeinden
                    haben grosse Spielräume, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Der Födera­
                    lismus macht es möglich, dass die Schweiz als Einheit bestehen
Föderalismus

                    kann – trotz vier Sprachkulturen und unterschiedlicher regionaler
                    Eigenheiten.
Schweiz

                    1                                                             26
                    Seit 1848 ist die Schweiz ein Bundesstaat,                    Der Bund besteht aus 26 Kantonen, auch
                    bezeichnet auch als «Eidgenossenschaft»                       «Stände» genannt.
                    oder als «Bund».

                    Bund                                                          Kantone
                    Die Bundes­verfassung legt die Aufgaben des Bundes            Jeder Kanton hat ein eigenes Parlament, eine eigene
                    fest. Dazu gehören u. a. die Beziehungen zum Ausland,         Regierung, eigene Gerichte und eine eigene Verfassung.
                    die Landesverteidigung, das Nationalstrassennetz und          Diese darf der Bundesverfassung nicht widersprechen.
                    die Kernenergie. National- und Ständerat bilden das           Die Kantone setzen die Vorgaben des Bundes um, gestal-
                    eidgenössische Parlament, die Landesregierung besteht         ten ihre Tätigkeit aber nach eigenen Bedürfnissen.
                    aus sieben Bundesräten, das Bundesgericht stellt die          Grossen Gestaltungsspielraum haben sie z. B. im Schul-
                    nationale Recht­sprechung sicher. Zu seiner Finanzierung      und Spitalwesen, im Bereich Kultur sowie bei der
                    erhebt der Bund u. a. die direkte Bundessteuer.               Polizei. Jeder Kanton erhebt zu seiner Finanzierung
                                                                                  kantonale Steuern.

                    11 Prozent der Schweizerin-    Die Einnahmen aus der direk-   4 Kantone sind offiziell mehr-   In den Kantonen Appenzell
                    nen und Schweizer leben im     ten Bundessteuer machen        sprachig: Bern, Freiburg und     Innerrhoden und Glarus
                    Ausland (Auslandschweizer).    rund 34 Prozent der Einnah-    Wallis haben 2 Amtssprachen,     finden noch Landsgemein-
                                                   men des Bundes aus.            Graubünden sogar 3.              den statt.

               12
Jeder Kanton hat eine andere
                                                                                    Ausgangslage, um seine
                                                                                    Aufgaben zu erfüllen: Es gibt
                               Ein wichtiges Instrument für den Zusammenhalt        grosse, kleine, städtische,
                                                                                    ländliche und bergige Kanto-
                               der Schweiz ist der Nationale Finanzausgleich. Er    ne. Der Nationale Finanzaus-
                               entspricht dem Willen zur Solidarität: Die wirt-     gleich soll die wirtschaftlichen
                               schaftlich starken Kantone und der Bund helfen       Unterschiede zwischen den
                               den finanziell schwächeren Kantonen.                 Kantonen verkleinern.

                                                                                    Der Bund und 7 Kantone
                                                                                    zahlen in den Finanzausgleich
                                                                                    ein: ZG, SZ, NW, GE, BS,
                                                                                    ZH, OW.

                                                                                                                            Föderalismus
                                                                                    Die 19 restlichen Kantone
                                                                                    erhalten daraus Ausgleichs-
                                                                                    zahlungen.

                                                                                                                            Schweiz
2148                                                                                   Geberkantone (7)
                                                                                       Nehmerkantone (19)

Die 26 Kantone sind in 2148 Gemeinden
gegliedert.
                                                                                    5.3 Mia. Fr. flossen 2020 in
                                                                                    den Finanzausgleich: 3.5 Mia.
                                                                                    vom Bund, 1.8 Mia. von den
                                                                                    Kantonen.

                                                                                    Beispiele Jura und Zug
                                                                                    Der ressourcenschwache Kan-
                                                                                    ton Jura erhält aus dem
                                                                                    Finanzausgleich 167 Mio. Fr.,
                                                                                    also 2297 Fr. pro Einwohner/in.
                                                                                    Der ressourcenstarke Kanton
Gemeinden                                                                           Zug zahlt 330 Mio. Fr. in den
Jeder Kanton regelt die Aufgabenteilung zwischen sich                               Finanzausgleich ein, 2685 Fr.
                                                                                    pro Einwohner/in.
und seinen Gemeinden selbst. Zu den Aufgaben von
Gemeinden gehören z. B. die Ortsplanung, der Schul­
betrieb, das Fürsorgewesen und die Feuerwehr. Grössere
Gemeinden und Städte haben Parlamente und Volks­                                        Details zum
abstimmungen. In kleineren Gemeinden entscheiden die                                Finanzausgleich
Bürgerinnen und Bürger an Gemeindeversammlungen
über politische Vorlagen. Jede Gemeinde zieht Gemeinde­
steuern ein.

In der kleinsten Gemeinde      Jedes Jahr gibt es wegen
(Kammersrohr, SO) leben        Fusionen im Durchschnitt
32 Menschen, in der grössten   rund 38 Gemeinden weniger.
rund 420 000 (Stadt Zürich).

                                                                                   Film Föderalismus

                                                                                                                       13
Abkommen und Mitgliedschaften
Abkommen und Mitgliedschaften

                                     Europa
Schweiz

                                     Abkommen mit der                                             Mitgliedschaften
                                     Europäischen Union EU                                        EFTA
                                                                                                  Die Europäische Freihandelsassoziation fördert den
                                     Die Schweiz ist nicht Mitglied der EU, hat aber enge Be-
                                                                                                  freien Handel zwischen ihren Mitgliedern Schweiz, Liech-
                                     ziehungen zu ihr. Grundlage dafür sind über 100 Abkom-
                                                                                                  tenstein, Island und Norwegen. Zusammen mit den
                                     men, darunter die bilateralen Abkommen I und II:
                                                                                                  EU-Ländern bilden die EFTA-Länder – ohne die Schweiz –
                                                                                                  den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Eine Mit­
                                     Die Bilateralen I regeln vor allem wirtschaftliche Fragen.
                                                                                                  gliedschaft beim EWR hatte das Schweizer Stimmvolk
                                     Hauptziel ist ein erleichterter Marktzugang für beide Sei-
                                                                                                  1992 abgelehnt.
                                     ten (Waren, Dienstleistungen, Arbeitskräfte). Im Jahr 2000
                                     hat das Schweizer Stimmvolk die Bilateralen I mit 67 %       4 Mitgliedstaaten
                                     angenommen. Sie bestehen aus 7 Abkommen. Wird ei­nes         Sitz in Genf
                                     dieser Abkommen von der Schweiz oder der EU gekün-           1960 gegründet, u. a. von der Schweiz
                                     digt, treten die anderen 6 Abkommen automatisch aus-
                                     ser Kraft («Guillotine-Klausel»).                            Europarat
                                                                                                  Der Europarat widmet sich dem Schutz der Menschen-
                                     Die Bilateralen II regeln weitere wirtschaftliche Fragen,    rechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie. Sein
                                     aber auch die Zusammenarbeit in den Bereichen Asyl,          wichtigstes Abkommen ist die Europäische Menschen-
                                     Sicherheit, Umwelt und Kultur. Sie umfassen 9 Abkom-         rechtskonvention. Menschenrechtsverletzungen können
                                     men, u. a. das Schengen-Dublin-Abkommen: Das                 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in
                                     Schweizer Stimmvolk hat es 2005 mit 55 % angenommen.         Strassburg eingeklagt werden.
                                     Schengen ermöglicht u. a. die grenzüberschreitende
                                     Mobilität und eine Zusammenarbeit von Justiz und Polizei.    47 Mitgliedstaaten
                                                                                                  Sitz in Strassburg
                                     Dublin ermöglicht u. a. eine Koordination der Asyl-
                                                                                                  1949 gegründet, die Schweiz ist seit 1963 Mitglied
                                     ver­fahren.

                                     27 Mitgliedstaaten
                                     Sitz in Brüssel
                                     Seit 1951 (damals EGKS, EWG)

                                     Internationales Genf
                                     42 internationale Organisatio-                               Neutralität
                                     nen und 420 Nichtregierungs-
                                     organisationen (NGO) haben
                                                                                                  Die Schweiz ist ein neutraler Staat: Sie darf sich
                                     ihren Sitz in Genf. Mehr als                                 nicht an bewaffneten Konflikten beteiligen und
                                     32 000 internationale Funktio-                               keine militärischen Bündnisse eingehen. Die Neu­
                                     näre arbeiten dort. Fast stän-
                                                                                                  tralität der Schweiz ist weltweit anerkannt. Bei
                                     dig finden internationale
                                     Konferenzen und Treffen statt.                               Konflikten wird die Schweiz deshalb immer wieder
                                                                                                  als Vermittlerin oder Schutzmacht eingesetzt.

                                14
Die Schweiz ist ein neutraler Staat und weltweit vernetzt:
Mit der Europäischen Union EU ist sie verbunden durch bilaterale
Abkommen. Bei den Vereinten Nationen UNO und anderen

                                                                                                                                 Abkommen und Mitgliedschaften
internationalen Organisationen ist sie Mitglied. In Genf treffen sich
Expertinnen und Politiker aus dem In- und Ausland zur inter­
nationalen Zusammenarbeit.

Welt

                                                                                                                                 Schweiz
Mitgliedschaften
Vereinte Nationen UNO                                          WTO
Der UNO gehören 193 Staaten der Welt an. Sie setzt sich        Die Welthandelsorganisation regelt und fördert die welt-
ein für Frieden und internationale Sicherheit, für die         weiten Handelsbeziehungen. Ziel der WTO-Abkommen ist
weltweite Zusammenarbeit bei der Lösung internationaler        ein funktionierender, transparenter und diskriminierungs-
Probleme und die Achtung der Menschenrechte. Die               freier Handel. Die WTO-Mitglieder verpflichteten sich zur
Grundsätze der UNO sind festgehalten in der Charta der         Einhaltung bestimmter Grundregeln bei der Ausgestal-
Vereinten Nationen. Die Schweiz ist seit 2002 Mitglied         tung ihrer Handelsbeziehungen.
der UNO: In einer Volksabstimmung wurde der Beitritt mit
55 % angenommen.                                               164 Mitgliedstaaten
                                                               Sitz in Genf
                                                               1995 gegründet, u. a. von der Schweiz
193 Mitgliedstaaten
Hauptsitz in New York, europäische Sitze in Genf und Wien
1945 gegründet, die Schweiz ist seit 2002 Mitglied             OECD
                                                               Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
OSZE                                                           Entwicklung dient dem Austausch von Wissen in den
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit             verschiedensten Bereichen. Ihr Ziel ist die Förderung von
in Europa ist mit ihren Teilnehmerstaaten in Nordamerika,      Wohlstand, Lebensqualität und Chancengleichheit.
Europa und Asien die weltweit grösste regionale Sicher-        Die OECD erarbeitet internationale Standards und veröf-
heitsorganisation. Als politisches Dialogforum behandelt       fentlicht regelmässig internationale Statistiken und
sie ein breites Spektrum von Sicherheitsfragen, zur För­       Studien, u. a. die PISA-Studien.
derung des Friedens und zur Lösung von Konflikten. Sie
vermittelt zwischen Konfliktparteien und unterstützt die       38 Mitgliedstaaten
                                                               Sitz in Paris
Demokratisierung und Medienfreiheit.
                                                               1961 gegründet, u. a. von der Schweiz

57 Teilnehmerstaaten
Sitz in Wien
1975 gegründet, u. a. von der Schweiz
                                                               Partnerschaft
UNESCO
Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung,         NATO Partnerschaft für den Frieden
Wissenschaft und Kultur, auch tätig im Bereich Kommuni-        Die Schweiz ist nicht Mitglied der NATO, arbeitet aber mit
kation, ist ein Forum für internationale Zusammenarbeit        ihr zusammen im Rahmen der Partnerschaft für den
und die Entwicklung globaler Standards. Ihr Ziel ist es, die   Frieden und des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrats.
Solidarität der Menschen untereinander zu fördern und          Die NATO ist ein politisches und militärisches Verteidi-
damit zu Frieden, Sicherheit und nachhaltiger Entwicklung      gungsbündnis von 30 europäischen und nordamerikani-
beizutragen.                                                   schen Staaten. Gemeinsam mit Partnerländern setzt
                                                               sie sich ein für Sicherheit und Frieden.
193 Mitgliedstaaten
Sitz in Paris                                                  30 Mitgliedstaaten
1945 gegründet, die Schweiz ist seit 1949 Mitglied             Sitz in Brüssel
                                                               1949 gegründet

                                                                                                                            15
Direkte Demokratie
     Wer volljährig ist, darf auch wählen und abstim-   1991 wurde das Stimmrechtsalter von 20 auf 18
     men. Viele Gemeinden laden ihre 18-jährigen        Jahre gesenkt: An einer Volksabstimmung
     Bürgerinnen und Bürger deshalb zu einer «Jung-     war der entsprechende Verfassungsartikel mit
     bürgerfeier» oder «Volljährigkeitsfeier» ein.      73 % Ja-Stimmen angenommen worden.

16
17
Direkte
                  Demokratie
                  In kaum einem anderen Land hat das Volk so viele Mitbestimmungs-
                  rechte wie in der Schweiz. Drei- bis viermal pro Jahr finden
                  Volksabstimmungen statt. Alle vier Jahre werden Parlamentswahlen
                  durchgeführt. Die Gewaltenteilung sorgt dafür, dass sich die
                  Macht nicht bei einer Person oder einer Partei konzentriert: Sie ist
                  ein Grundprinzip der Demokratie.
Demokratie

                                                      Beteiligung an Abstimmungen und Wahlen
                                                      Bei den eidgenössischen Abstimmungen geben jeweils
                                                      etwa 46 % der Stimmberechtigten ihre Stimme ab.
                                                      Je nach Thema der Abstimmungsvorlage ist die Stimm-
                                                      beteiligung höher oder tiefer. Bei den Wahlen sieht
                                                      es ähnlich aus: Knapp jede zweite Schweizerin und jeder
                                                      zweite Schweizer nimmt an den eidgenössischen
                                                      Wahlen teil.

                                                      Abgabe des Stimm- und Wahlzettels
                                                      Die Stimm- und Wahlberechtigten haben mehrere Mög-
                                                      lichkeiten, um abzustimmen und zu wählen:

                                                      • Brieflich: Stimm-/Wahlzettel im amtlichen Kuvert
                                                        per Post schicken oder in den Briefkasten der Wohn-
                                                        gemeinde werfen.
                                                      • An der Urne: Die Stimm-/Wahlzettel können im
                                                        Stimm-/Wahllokal der Wohngemeinde in die Urne
                                                        gelegt werden.

                                                      E-Voting                         Landsgemeinden
                                                      Bund und Kantone sammeln         In den Kantonen Glarus und
                                                      seit mehr als 15 Jahren Erfah-   Appenzell Innerrhoden ver-
                                                      rungen mit E-Voting. Derzeit     sammeln sich einmal pro Jahr
                                                      wird E-Voting nicht angeboten.   einige Tausend Stimmbe­
                                                      Für die nächste Versuchs­        rechtigte unter freiem Himmel
                                                      phase werden die Grundlagen      zur Landsgemeinde: Sie ent­
                                                      überarbeitet, damit ein sta­     scheiden über Wahlen und
                                                      biler Betrieb mit vollständig    Sachgeschäfte ihres Kantons.
                                                      verifizierbaren Systemen         Die Landsgemeinde ist eine
                                                      eta­bliert werden kann.          Urform der schweizerischen
                       www.ch.ch/demokratie                                            Demokratie.

             18
Gewaltenteilung                                         Stimm- und Wahlrecht
Die Macht ist auf die drei Staatsgewalten Legislative   Schweizerinnen und Schweizer, die mindestens 18-jährig
(Parlament), Exekutive (Bundesrat) und Judikative       sind, dürfen wählen und abstimmen. Und sie dürfen für
(Gerichte) verteilt.                                    ein politisches Amt kandidieren. Rund 5,5 Millionen Per-
                                                        sonen sind stimm- und wahlberechtigt.
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                                               ve
                     Macht

                        Judikative

                                                                                                                        Demokratie
Volksabstimmungen                                       Parteienvielfalt
Schweizerinnen und Schweizer sind Weltmeister im        Die Parteienlandschaft der Schweiz besteht aus vielen
Abstimmen: Über jede Verfassungsänderung wird abge-     Parteien, von denen auf Bundesebene keine die Mehrheit
stimmt. Mit Initiativen und Referenden können Stimm­    hat – weder im Parlament noch im Bundesrat.
berechtige verlangen, dass über ein politisches Thema
abgestimmt wird.

                                                                   FDP                              EVP

                                                                      GLP

                                                         Grüne                         SP
                                                              Die Mitte

                                                            übrige
                                                                     SVP
                                                                                                                   19
Gewaltenteilung

                       Das Schweizer Volk
Gewaltenteilung

                                            Das Schweizer Volk
                                            wählt das Parlament
                                            (Legislative):
                                            die 200 Mitglieder des Natio-
                                            nalrats und die 46 Mitglieder
                                            des Ständerats.
Demokratie

                                                                       Nationalrat
                        = 10 000 Menschen

                                                                       Ständerat

                                            Legislative
                                            Das Parlament
                                            Gesetze beschliessen
                                            Das Parlament entscheidet über Gesetze und hat die
                                            Oberaufsicht über den Bundesrat und die Bundesverwal­
                                            tung sowie über die eidgenössischen Gerichte und die
                                            Bundesanwaltschaft. Es besteht aus zwei Kammern: Der
                                            Nationalrat repräsentiert die Bevölkerung, der Ständerat
                                            vertritt die 26 Kantone. Die beiden Räte sind gleichberech­
                                            tigt. Zusammen bilden sie die Vereinigte Bundesver­
                                            sammlung (➝ S. 30ff.).

                  20
Gewaltenteilung verhindert die Konzentration von Macht bei einzel-
nen Personen oder Institutionen. Sie ist ein Grundprinzip der
Demokratie: Die Macht ist auf die drei Staatsgewalten Legislative,
Exekutive und Judikative verteilt. Eine Person darf gleichzeitig
nur einer der drei Staatsgewalten angehören.

                                                                                                                                   Gewaltenteilung
                                                                                            Das Parlament wählt zudem
                                                                                            den Bundesanwalt: Er leitet die
Das Parlament wählt                                        Das Parlament wählt              Bundesanwaltschaft. Diese
die Regierung (Exekutive):                                 die Gerichte (Judikative):       verfolgt Delikte im Zusammen-
die sieben Mitglieder                                      die Bundesgerichtspräsidentin    hang mit Sprengstoff und
des Bundesrats und                                         sowie die Richterinnen und       Spionage sowie Amtsdelikte
die Bundeskanzlerin oder                                   Richter der vier Gerichte auf    von Bundesangestellten.
den Bundeskanzler.                                         Bundesebene.                     www.bundesanwaltschaft.ch

                                                                                                                                   Demokratie
                   UVEK
            EJPD

                                                  WBF
                                EDA
                          VBS

                                            EFD
                                      EDI

Exekutive                                                  Judikative
Die Regierung                                              Die Gerichte
Gesetze umsetzen                                           Recht sprechen
Der Bundesrat ist die Regierung der Schweiz: Er bereitet   Es gibt vier eidgenössische Gerichte. Oberstes Gericht ist
Gesetze vor und sorgt dafür, dass die Entscheide           das Bundesgericht: Es prüft die Urteile der anderen
des Parlaments umgesetzt werden. Er besteht aus sieben     Gerichte und urteilt meistens in letzter Instanz, also end­
gleichberechtigten Mitgliedern; sie entscheiden gemein­    gültig. Das Bundesstrafgericht, das Bundesverwaltungs­
sam. Jede Bundesrätin und jeder Bundesrat steht einem      gericht und das Bundespatentgericht sind die erst­
Departement vor. Zusammen mit der Bundeskanzlei            instanzlichen Gerichte des Bundes. Die meisten ihrer
bilden die sieben Departemente die Bundesverwaltung        Entscheide können an das Bundesgericht weitergezogen
(➝ S. 48ff.).                                              werden (➝ 74ff.).

                                                                                                                              21
Abstimmungen
                    Bis zu viermal pro Jahr entscheiden die Stimmberechtigten über
                    politische Sachfragen. Abgestimmt wird über Volksinitiativen
                    und gewisse Beschlüsse des Parlaments. Meistens geht es dabei
                    um Verfassungs- oder Gesetzesänderungen.

                    Die Verfassung ändern                                              Ein Gesetz stoppen
Abstimmungen

                    Über jede Änderung der Verfassung wird in der Schweiz              Gegen Gesetze oder gewisse Staatsverträge, die das
                    abgestimmt (obligatorisches Referendum): Egal, ob die              Parlament beschlossen hat, können die Stimmberechtig­
                    Änderung vom Parlament beschlossen wurde oder von                  ten ein Referendum ergreifen (fakultatives Referen-
                    einer Volksinitiative gefordert wird.                              dum).
                    Der neue Verfassungsartikel tritt nur in Kraft, wenn die           Kommt ein Referendum zustande, wird über das betref­
                    Mehrheit der Stimmenden (Volksmehr) und der Kantone                fende Gesetz bzw. über den Vertrag abgestimmt. Das
Demokratie

                    (Ständemehr) dafür ist (doppeltes Mehr).                           Gesetz oder der Staatsvertrag ist angenommen, wenn die
                    Auch über den Beitritt der Schweiz zu einer Organisation           Mehrheit der Stimmenden Ja dazu sagt (einfaches
                    für kollektive Sicherheit oder zu su­pranationalen Gemein­         Mehr).
                    schaften (z. B. UNO, EU) findet «obligatorisch» eine
                    Volksabstimmung statt. Nur bei einem doppelten Mehr                Abstimmungstermine 2022         Informationen
                    von Volk und Ständen tritt die Schweiz bei.                        2022 sind folgende Sonntage     • Abstimmungserläute­
                                                                                       für Abstimmungen reserviert:       rungen, die den Stimm­
                                                                                                                          berechtigten nach
                    An eidgenössischen Abstimmungen teilnehmen dürfen                  13. Februar, 15. Mai,              Hause geschickt werden
                    Schweizerinnen und Schweizer, die mindestens 18 Jahre              25. September                   • App «VoteInfo»
                                                                                       und 27. November                • www.admin.ch
                    alt sind: Sie sind stimmberechtigt.
                                                                                                                       • www.ch.ch/demokratie
                                                                                                                       • Erklärvideos

                    Instrumente der direkten Demokratie
                    Volksinitiative                                                    Fakultatives Referendum
                    Stimmbürgerinnen und Stimmbürger können eine Volks­                Stimmberechtigte können mit einem Referendum ver­
                    initiative unterzeichnen oder selber lancieren und damit           langen, dass über bestimmte Entscheide des Parlaments
                    eine Änderung der Verfassung verlangen. 100 000 gültige            abgestimmt wird (z. B. über ein neues Gesetz). Damit
                    Unterschriften braucht es, damit eine Volksinitiative              das Referendum zustande kommt, sind 50 000 gültige
                    zustande kommt. Diese müssen innerhalb von 18 Monaten              Unterschriften nötig. Innerhalb von 100 Tagen müssen
                    gesammelt werden.                                                  diese gesammelt werden. Eine Abstimmung findet auch
                                                                                       statt, wenn acht Kantone diese verlangen (sog. Kan­
                    Volksinitiativen gibt es auf      Am 31.12.2021 waren 10 Initia-   tonsreferendum).
                    Bundesebene seit 1891.            tiven im Sammelstadium,
                    226 kamen seither zur Ab-         8 beim Bundesrat oder Parla-
                                                                                       1874 wurde das fakultative      Am 31.12.2021 lief für 38
                    stimmung, 24 wurden ange-         ment hängig und 2 waren
                                                                                       Referendum eingeführt.          Bundesgesetze und
                    nommen.                           abstimmungsreif.
                                                                                       203 kamen seither zustande,     -beschlüsse die Referen-
                                                                                       84 Vorlagen wurden damit        dumsfrist. Gegen 5 Vorlagen
                                                                                       vom Volk gestoppt.              wurden Unterschriften
                                                                                                                       gesammelt.

                                YouTube –                                                         App «VoteInfo»: Informationen
                                Videos zu den                                                     zu eidgenössischen und
                                Abstimmungsvorlagen                                               kantonalen Abstimmungen

               22
Politisch mitbestimmende Personen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung
                                                                                      Abstimmungen
                                                                                      2021
                                                                                      7. März
  8 700 000                                                                           Volksinitiative «Ja zum Verhül-
                                                                                      lungsverbot»
                                                                                      Ja 51,2 %

  wohnen in der Schweiz                                                               Bundesgesetz über elektro­
                                                                                      nische Identifizierungsdienste
                                                                                      (E-ID-Gesetz)
                                                                                      Nein 64,4 %

    5 500 000                                                                         Wirtschaftspartnerschafts­
                                                                                      abkommen mit Indonesien
                                                                                      Ja 51,7 %

  sind stimmberechtigt (sind mind.18-jährig und haben den Schweizer Pass)
                                                                                      13. Juni
                                                                                      Volksinitiative «Für sauberes
                                                                                      Trinkwasser und gesunde

                                                                                                                              Abstimmungen
                                                                                      Nahrung»
  2 2500
      500000
          000                                                                         Nein 60,7 %

                                                                                      Volksinitiative «Für eine
                                                                                      Schweiz ohne synthetische
  nehmen durchschnittlich an Abstimmungen teil (rund 46 % der Stimmberechtigten)      Pestizide»
                                                                                      Nein 60,6 %

                                                                                      Bundesgesetz über die

                                                                                                                              Demokratie
                                                                                      gesetzlichen Grundlagen für
    100 000                                                                           Verordnungen des Bundes-
                                                                                      rats zur Covid-19-Epidemie
                                                                                      (Covid-19-Gesetz)
                                                                                      Ja 60,2 %
  lösen mit einer Initiative eine Volksabstimmung über eine Verfassungsänderung aus
                                                                                      Bundesgesetz über die Ver-
                                                                                      minderung von Treibhausgas-
                                                                                      emissionen (CO 2-Gesetz)

    50 000                                                                            Nein 51,6 %

                                                                                      Bundesgesetz über polizei-
                                                                                      liche Massnahmen zur
                                                                                      Bekämpfung von Terrorismus
  lösen mit einem Referendum eine Volksabstimmung über ein neues Gesetz aus
                                                                                      Ja 56,6 %

                                                                                      26. September
                                                                                      Volksinitiative «Löhne entlas-
                                                                                      ten, Kapital gerecht besteu-
                                                                                      ern» (99 %-Initiative)
                                                                                      Nein 64,9 %

Wirkung von Initiativen und Referenden
                                                                                      Änderung Schweizerisches
Auch wenn die meisten Initiativen nicht angenommen und                                Zivilgesetzbuch (Ehe für alle)
nur die wenigsten Gesetze durch ein Referendum ge­                                    Ja 64,1 %
stoppt werden: Sie haben trotzdem eine grosse Wirkung:
                                                                                      28. November
• Sie führen zu öffentlichen Diskussionen über ein be­                                Volksinitiative «Für eine starke
  stimmtes Thema.                                                                     Pflege»
                                                                                      Ja 61 %

• Sie beeinflussen die Gesetzgebung – die Anliegen                                    Volksinitiative «Bestimmung
  referendumsfähiger Gruppen werden beim Erarbeiten                                   der Bundesrichterinnen
  neuer Gesetze berücksichtigt (➝ S. 42/43).                                          und Bundesrichter im Los­
                                                                                      verfahren» (Justiz-Initiative)
                                                                                      Nein 68,1 %
• Manchmal machen Bundesrat und Parlament zu einer
  Initiative einen Gegenvorschlag, der das Anliegen der                               Änderung des Bundesgeset-
  Initiative aufgreift.                                                               zes über die gesetzlichen
                                                                                      Grundlagen für Verordnungen
                                                                                      des Bundesrats zur Covid-
                                                                                      19-Epidemie
                                                                                      (Covid-19-Gesetz)
                                                                                      Ja 62 %

                                                                                                                         23
Wahlen
                  Alle vier Jahre finden Wahlen ins eidgenössische Parlament statt.
                  Die Wahlberechtigten können jene 246 Parlamentarierinnen und
                  Parlamentarier wählen, die ihre Ansichten am besten vertreten. Zur
                  Auswahl stehen jeweils zahlreiche Kandidatinnen und Kandidaten
                  von ganz unterschiedlichen Parteien.

                  Nationalratswahlen                                             Ständeratswahlen
                  Nationalratswahlen sind eidgenössische Wahlen. Die             Bei den Ständeratswahlen gilt das kantonale Recht:
Wahlen

                  Regeln des Bundesgesetzes über die politischen Rechte          Jeder Kanton bestimmt selber über die Wahlberechtigung,
                  gelten in allen Kantonen.                                      den Termin der Wahlen, das Wahlverfahren und die Re­
                                                                                 geln zum Ausfüllen der Wahlzettel. Folgendes ist in allen
                  Aktives und passives Wahlrecht                                 26 Kantonen gleich: Ständeratswahlen finden alle vier
                  Wahlberechtigt sind Schweizerinnen und Schweizer,              Jahre statt und man muss mindestens 18 Jahre alt sein und
Demokratie

                  die mindestens 18-jährig sind: Sie können einerseits die       das Schweizer Bürgerrecht haben, um für den Ständerat
                  Mitglieder des Nationalrats wählen (aktives Wahlrecht)         zu kandidieren.
                  und andererseits selbst für den Nationalrat kandidieren
                  (pas­sives Wahlrecht).                                         Mehrheitswahlen
                                                                                 Ständeratswahlen sind in fast allen Kantonen Mehrheits­
                  Verhältniswahlen                                               wahlen (Majorz): Gewählt ist, wer am meisten Stimmen
                  Nationalratswahlen sind in den meisten Kantonen Ver­           erhält.
                  hältniswahlen (Proporz): Die Sitze werden im Verhältnis zu
                  den erzielten Stimmen auf die Parteien (Listen) verteilt.      • Absolutes Mehr: Gewählt ist, wer mindestens die
                                                                                   Hälfte aller Stimmen plus eine Stimme erhält.
                  Wahlanleitung
                  Wie man die amtlichen Wahlzettel in Kantonen mit               • Relatives Mehr: Gewählt ist, wer die höchste Stimmen­
                  mehr als einem Nationalratssitz korrekt ausfüllt und abgibt,     zahl im Vergleich mit den anderen Kandidatinnen und
                  erklärt die Wahlanleitung, welche jeweils an die Stimm-          Kandidaten erhält.
                  berechtigten verschickt wird und online zur Verfügung
                  steht.                                                         Beispiele für kantonale Unterschiede
                                                                                 Im Kanton Glarus können bei den Ständeratswahlen
                  Termine                                                        schon 16- und 17-jährige Schweizerinnen und Schweizer
                  Die letzten eidgenössischen                                    mitbestimmen. Über 65-Jährige dürfen nicht Mitglieder
                  Wahlen fanden am 20. Ok­
                  tober 2019 statt. Die nächsten
                                                                                 des Ständerats sein. In Appenzell Innerrhoden wählen die
                  Wahlen für den Nationalrat                                     Stimmberechtigen ihr Ständeratsmitglied an einer Ver­
                  und (in den meisten Kantonen)                                  sammlung unter freiem Himmel («Landsgemeinde»), jeweils
                  für den Ständerat werden
                                                                                 im April vor den Nationalratswahlen. In den Kantonen
                  durchgeführt am
                  22. Oktober 2023                                               Jura und Neuenburg wird das Proporzverfahren, in den
                                                                                 anderen Kantonen das Majorzverfahren angewandt.
                                                                                 Auslandschweizerinnen und -schweizer sind nicht in allen
                                                                                 Kantonen stimmberechtigt.

                              www.ch.ch –                                                                                 www.ch.ch –
                              Stimm- und Wahl-               YouTube –                     Wahlanleitung                  Abstimmungen
                              recht                          Wie wählen?                   Nationalratswahlen             und Wahlen

             24
Parteien von links bis rechts
                                                               Bei den Wahlen ins eidgenössische Parlament stehen
                                                               jeweils mehrere und unterschiedliche Parteien zur Auswahl.
                                                               Sie unterscheiden sich voneinander durch ihre Auffas­
                                                               sungen von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft.

                                                               Linke Parteien (SP, Grüne) befürworten einen ausgebau­
                                                               ten Sozialstaat, Parteien rechts der Mitte (FDP, SVP) setzen
                                                               vor allem auf eine liberale Wirtschaftspolitik und auf die
Wahlen sind entscheidend
                                                               Verantwortung jedes Einzelnen. Neben der Links-rechts-
Auch in der Schweiz werden die meisten Sach-
                                                               Frage gibt es die Umweltfrage, die Frage der Öffnung
fragen durch das Parlament oder die Regierung
                                                               der Schweiz gegenüber Europa und internationalen Orga­
entschieden. Zwischen den Wahlen 2015 und 2019
                                                               nisationen und die Frage der liberalen Werte (z. B. gleich­
konnten die Stimmberechtigten über 33 Vorlagen
                                                               geschlechtliche Partnerschaft). Mitteparteien (Die Mitte,
abstimmen. In derselben Zeit hat das Parlament
                                                               vorher CVP) arbeiten je nach Thema mit linken oder mit
464 Erlasse verabschiedet, u. a. 134 Bundesgesetze
                                                               rechten Parteien zusammen.
und 94 Bundesbeschlüsse. Ausserdem wählte es
die Regierung, die Mitglieder der eidgenössischen
                                                               Parteien tragen zur politischen Meinungsbildung bei, stel­
Gerichte sowie den Bundesanwalt.
                                                               len Kandidierende für öffentliche Ämter und ergreifen

                                                                                                                                         Wahlen
                                                               Initiativen oder Referenden. Bei Abstimmungen geben
                                                               sie Empfehlungen ab zu den Abstimmungsvorlagen.

                                                               Was heisst «links»?                Was heisst «rechts»?
                                                               • Ein starker Sozialstaat, der     • Freiheit und Selbstverant-
                                                                 die sozialen Unterschiede          wortung, Staat greift nur zur

                                                                                                                                         Demokratie
                                                                 ausgleicht                         Not ein
                                                               • Interessen der Arbeit­           • Interessen der Arbeitgeber
                                                                 nehmerinnen und Arbeit-            im Vordergrund
                                                                 nehmer im Vordergrund            • Freies Unternehmertum,
                                                               • Preiskontrollen, Service           ökonomische Anreize
                                                                 public                           • Starke Landesverteidigung
                                                               • Mehr Friedenspolitik,
                                                                 weniger Armee

Parteistärken (Wähleranteile Nationalratswahlen 2019)

32 %

28 %

24 %

20 %

16 %

12 %

 8%

 4%

 0%

       1991            1995             1999            2003           2007                2011          2015               2019

              FDP                kleine Mitteparteien          kleine linke und                      kleine Rechtsparteien
              CVP                (LDU, EVP, CSP)               grün-alternative Parteien             (Lega, MCR, EDU usw.)
                                                               (PdA, EàG usw.)
              SP                 GLP
              SVP                BDP                           Grüne                                 übrige

                                                                                                                                    25
Parteien im Bundesrat
                                              und im Parlament
Parteien im Bundesrat und im Parlament

                                              Die Parteienlandschaft der Schweiz besteht aus vielen Parteien, von
                                              denen auf Bundesebene keine die Mehrheit hat. In der Legislatur
                                              2019 – 2023 setzt sich der Nationalrat aus über 10 Parteien zusammen.
                                              5 davon sind auch im Ständerat vertreten, 4 im Bundesrat.

                                              Bei den Nationalratswahlen 2019 konnten die beiden                                 Im Parlament haben sich
                                                                                                                                 die gleichgesinnten Parteien
                                              öko­logischen Parteien am meisten zulegen: Die Grünen
                                                                                                                                 zu Fraktionen zusammen
                                              gewannen 17 Sitze dazu, die Grünliberalen 9 Sitze.                                 geschlossen (➝ S. 36).
                                              Grosse Verliererin war die SVP: Sie verlor 12 Sitze, bleibt
                                              aber in der Volkskammer die stärkste Partei. Auch die
                                              anderen Bundesratsparteien büssten Sitze ein: Die SP und
                                              die FDP verloren je 4 Sitze, die CVP musste 2 Sitze ab­
Demokratie

                                              geben.

                                              SVP –                                          SP –                                FDP –                              Die Mitte**
                                              Schweizerische                                 Sozialdemokratische                 FDP.Die Liberalen
                                              Volkspartei                                    Partei

                                              Parteipräsident                                Co-Präsidium                        Parteipräsident                    Parteipräsident
                                              Marco Chiesa                                   Mattea Meyer                        Thierry Burkart                    Gerhard Pfister
                                                                                             Cédric Wermuth

                                              Wähleranteil *            25,6 %              Wähleranteil *            16,8 %   Wähleranteil *      15,1 %        Wähleranteil *    13,8 %**

                                              Bundesrat                          2          Bundesrat                     2    Bundesrat                     2   Bundesrat              1
                                              Nationalrat                      53           Nationalrat                  39    Nationalrat              29       Nationalrat          28**
                                              Ständerat                          6          Ständerat                     9    Ständerat                12       Ständerat             13

                                              www.svp.ch                                     www.sp.ch                           www.fdp.ch                         www.die-mitte.ch

                                              * Wähleranteil bei den Nationalratswahlen 2019 («Parteistärke» ➝ S. 25)

                                         26
Grüne –                                       GLP –                                          EVP –                             EDU – Eidgenössisch-
Grüne Partei der                              Grünliberale Partei                            Evangelische                      Demokratische Union
Schweiz                                       Schweiz                                        Volkspartei

                                                                                                                                                                             Parteien im Bundesrat und im Parlament
Parteipräsident                               Parteipräsident                                Parteipräsidentin                 Parteipräsident
Balthasar Glättli                             Jürg Grossen                                   Lilian Studer                     Daniel Frischknecht

Wähleranteil *           13,2 %              Wähleranteil *               7,8 %            Wähleranteil *           2,1 %   Wähleranteil *                 1,0 %

Bundesrat                          0         Bundesrat                           0         Bundesrat                   0    Bundesrat                           0
Nationalrat                      28          Nationalrat                       16          Nationalrat                 3    Nationalrat                         1
Ständerat                          5         Ständerat                           0         Ständerat                   0    Ständerat                           0

                                                                                                                                                                             Demokratie
www.gruene.ch                                 www.gruenliberale.ch                           www.evppev.ch                     www.edu-schweiz.ch
                 I
LE

 G
               ES

     A
         DEI TICIN

LdT –                                         PdA –                                          EàG –
Lega dei Ticinesi                             Partei der Arbeit                              Ensemble à Gauche

                                                                                                                               ** Seit der Fusion der CVP mit der
                                                                                                                               BDP heisst die Partei «Die Mitte»
                                                                                                                               (ab 1.1.2021).
Parteipräsident/in                            Parteipräsident                                Parteipräsident
vakant                                        Gavriel Pinson                                 Pierre Vanek                      Die beiden Parteien erzielten
                                                                                                                               bei den Nationalratswahlen 2019
                                                                                                                               folgende Resultate:
                                                                                                                               Wähleranteile
Wähleranteil *             0,8 %             Wähleranteil *              0,8 %             Wähleranteil *           0,3 %   CVP              11,4 %
                                                                                                                               BDP               2,4 %
                                                                                                                               Nationalratssitze
                                                                                                                               CVP              25
                                                                                                                               BDP               3
Bundesrat                          0         Bundesrat                           0         Bundesrat                   0
Nationalrat                        1         Nationalrat                         1         Nationalrat                 1
Ständerat                          0         Ständerat                           0         Ständerat                   0

www.lega-dei-ticinesi.ch                      www.pda.ch                                     www.eag-ge.ch

Ein Mitglied des Ständerats gehört keiner Partei an. Deshalb ergibt die Summe beim Ständerat 45 statt 46 Mitglieder.

                                                                                                                                                                        27
Legislative Das Parlament                          Nach engagierter Debatte überreichten sie ihre
1200 Frauen aus der ganzen Schweiz hatten sich     Forderungen dem Parlament und dem Bundes-
darum beworben, an der Frauensession 2021          rat. Die Frauensession fand anlässlich der
teilzunehmen. 246 durften am 29. und 30. Oktober   Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts
im Nationalratssaal Platz nehmen.                  vor 50 Jahren statt.
Legislative
                   Das Parlament
                   Das Parlament beschliesst Gesetze und wählt die Mitglieder der
                   Regierung und der eidgenössischen Gerichte. Es entscheidet
                   über den Staatshaushalt und übt die Oberaufsicht über die Bundes­
                   verwaltung aus. Das Parlament wird vom Volk gewählt. Es be­steht
                   aus zwei Kammern: dem Nationalrat und dem Ständerat. Der
                   Na­tio­nalrat vertritt die Bevölkerung der Schweiz, der Ständerat
                   re­präsentiert die 26 Kantone. Beide Räte sind gleichberechtigt und
                   haben die gleichen Aufgaben. Zusammen bilden sie die Verei­nigte
                   Bundesversammlung.
                   www.parlament.ch
Legislative
Parlament

                                                      Der Ort der Schweizer Politik
                                                      Das Schweizer Parlament tagt in Bern im Parlaments­
                                                      gebäude. Dieses wurde von 1894 bis 1902 nach den
                                                      Plänen des Architekten Hans Wilhelm Auer erbaut und am
                                                      1. April 1902 von der Vereinigten Bundesversammlung
                                                      feierlich eingeweiht.

                                                      Der Architekt verfolgte das Ziel, ein nationales Baudenk­
                                                      mal zu schaffen. Die verwendeten Materialien stammen zu
                                                      95 Prozent aus der Schweiz, 173 Schweizer Firmen
                                                      erhielten Aufträge und 38 Schweizer Kunstschaffende
                                                      durften sich mit ihren Werken im Parlamentsgebäude
                                                      verewigen. Selbstverständlich berücksichtigte Auer bei
                                                      der Vergabe der Aufträge auch alle Kantone.

                                                      Das ganze Gebäude soll daran erinnern, dass die Schweiz
                                                      eine Willensnation ist, zu der sich verschiedene Kulturen,
                                                      verschiedene Sprachgebiete und verschiedene geografi­
                          YouTube –                   sche Gegenden aus eigenem Willen zusammengefunden
                          Erklär mir das Parlament    haben, um eine politische, nationale Einheit zu bilden.

              30
Mitglieder im National-                 Stärke der Fraktionen
und Ständerat                           im Parlament

                                                                       Mitte-Fraktion
                                                           GLP
                                                                                             FDP-Liberale
                                                                           31
                                                 SP

                                                                                                          SVP

                                        Grüne

200 Nationalrätinnen und Nationalräte                                   Nationalrat

                                                                       Mitte-Fraktion
                                                                                        FDP-Liberale
                                                             SP          13
                                                                                               SVP
                                                     Grüne

46 Ständerätinnen und Ständeräte                                        Ständerat

                                                                                                                     Legislative
Altersverteilung in der                 Frauen und Männer

                                                                                                                     Parlament
Schweizer Bevölkerung und               im Parlament
im Parlament

                                                 1972              1988               2004            2022

70+

60 – 69

50 – 59

40 – 49

30 – 39

18 – 29

                                                SR    NR          SR      NR     SR      NR          SR   NR

                                                                                      Frauen          Männer

                                                                                                                31
Aufgaben des Parlaments
                               Das Parlament ist zuständig für die Gesetzgebung, die Festlegung
                               des Budgets, die Wahl der Mitglieder der obersten Bundesbehörden
                               sowie für die Oberaufsicht über den Bundesrat, die Bundesver­
                               waltung und die eidgenössischen Gerichte.
Aufgaben des Parlaments

                               Gesetzgebung                                                       Wahl von Bundesbehörden
                               Das Parlament erlässt rechtsetzende Bestimmungen in                Für Wahlen treten National- und Ständerat zur Vereinigten
                               Form von Bundesgesetzen oder Verordnungen. Änderun­                Bundesversammlung zusammen. Diese wählt die
                               gen der Bundesverfassung muss es Volk und Ständen                  Regierung, besetzt die eidgenössischen Gerichte und
                               zur Abstimmung vorlegen.                                           bestimmt im Kriegsfall einen General oder eine Generalin.
                                                                                                  In der Wintersession bestellt sie jeweils für ein Jahr
Parlament

                               Die Bundesverfassung              Verordnungen                     das Bundespräsidium: Ein Mitglied des Bundesrats wird
                               bildet die rechtliche Grundord­   ergänzen die Gesetze. Die        Bundespräsident oder -präsidentin, ein zweites Vize.
                               nung der Schweizerischen          meisten Verordnungen werden
                               Eidgenossenschaft. Was in der     vom Bundesrat und den
                                                                                                  Die Vereinigte Bundesversammlung wählt auch den Stabs-
                               Verfassung steht, entschei­       Departementen erlassen. Sie      chef des Bundesrats, den Bundeskanzler und den
                               den das Volk und die Kantone.     entstehen ohne Mitwirkung        Bundesanwalt oder die Bundesanwältin.
                               Das Parlament kann Ände­          des Parlaments. Bei wichti­gen
                               rungen der Bundesverfassung       Verordnungen kann die zu­
                               ausarbeiten, muss sie aber        ständige parlamentarische        Bundesratswahlen 2019
                               Volk und Ständen zur Abstim­      Kommission verlangen, ihr den    Bei den letzten Bundesratswahlen im Dezember 2019 hat
                               mung unterbreiten (➝ obliga­      Entwurf zur Konsultation zu      das Parlament – als Vereinigte Bundesversammlung – alle
                               torisches Referendum, S. 22).     un­t erbreiten. Verordnungen
                                                                                                  Mitglieder des Bundesrats wiedergewählt. Weil die
                               Mit einer Volksinitiative kann    unterstehen nicht dem Refe­
                               das Volk eine Änderung der        rendum.                          Grünen bei den Parlamentswahlen im Oktober 2019 erst­
                               Verfassung verlangen (➝ S. 22).                                    mals eine Wählerstärke von über 10 % erreicht hatten,
                                                                                                  stellten sie eine eigene Kandidatin auf: Die Grünen traten
                               Bundesgesetze
                               konkretisieren die Verfas­
                                                                                                  gegen die FDP an. FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter
                               sung. Sie werden vom Parla­                                        und FDP-Bundesrat Ignazio Cassis konnten ihren Bundes­
                               ment erlassen, unterstehen                                         ratssitz aber verteidigen und wurden mit absolutem
                               aber dem fakultativen Referen­                                     Mehr gewählt. Der neue Bundesrat blieb also ganz der
                               dum (➝ S. 22): Verlangen
                               50 000 Stimmberechtigte oder
                                                                                                  alte (➝ S. 50).
                               acht Kantone eine Abstim­
                               mung, wird das Gesetz dem
                               Volk vorgelegt. Das Gesetz
                               tritt nur in Kraft, wenn es von
                               der Mehrheit der Abstim­
                               menden angenommen wurde.

                          32
In der 50. Legislatur
                                                             (2015 – 2019) hat das Parlament
                                                             464 Erlasse verabschiedet:
Der Fachbegriff für das Schweizer Parlament
ist «Bundesversammlung». So steht z. B. in                   134 Bundesgesetze
Artikel 148 der Bundesverfassung: «Die Bundes­
versammlung übt unter Vorbehalt der Rechte
von Volk und Ständen die oberste Gewalt
im Bund aus.»

                                                             94 Bundesbeschlüsse

                                                                                                    Aufgaben des Parlaments
Budgetkontrolle                                              226 einfache
und Oberaufsicht                                             Bundesbeschlüsse

Die Hoheit über die Bundesfinanzen liegt beim Parlament:
Es legt den Voranschlag für das nächste Jahr fest, nimmt
Kenntnis vom Finanzplan des Bundesrats und nimmt die
Staatsrechnung des Vorjahres ab. Über das Budget

                                                                                                    Parlament
entscheidet das Parlament in der Wintersession. Das Ge­
schäft geht in schnellem Wechsel von einer Kammer
zur anderen. Können National- und Ständerat sich bei einer
Position nicht einigen, so gilt der tiefere Betrag. Die
Oberaufsicht wird durch die Finanz- und durch die Ge­
schäftsprüfungskommissionen sowie deren Delegationen
wahrgenommen. Sie überprüfen die Arbeit von Bundes­
rat, Bundesverwaltung und Bundesgerichten.

Einnahmen und Ausgaben des Bundes ➝ S. 48/49

                                                             10 Verordnungen

                                                             Rechtsetzende Bestimmun­
                                                             gen werden in Form von
                                                             Bundesgesetzen und Verord­
                                                             nungen erlassen.
                                                             Die übrigen Erlasse sind
                                                             «Bundesbeschlüsse».
                                                             Nur gegen die wenigsten Bun­
                                                             desgesetze wird das Refe­
                                                             rendum ergriffen. Einfache
                                                             Bundesbeschlüsse und Verord­
                                                             nungen können nicht mit
          YouTube – Die Aufgaben                             einem Referendum gestoppt
          der Bundesversammlung                              werden.

                                                                                               33
Organisation des Parlaments
                                   Das Schweizer Parlament besteht aus zwei Kammern: dem National-
                                   rat und dem Ständerat. Der Nationalrat vertritt die Bevölkerung
                                   der Schweiz. Der Ständerat repräsentiert die 26 Kantone. Die zwei
                                   Räte sind einander gleichgestellt: Alle Geschäfte werden sowohl
                                   vom Nationalrat als auch vom Ständerat behandelt. Ihre Beschlüsse
                                   müssen übereinstimmen, damit sie in Kraft treten.
Organisation des Parlaments

                                   Grosse Kammer: Nationalrat                                      Kleine Kammer: Ständerat
                                   Der Nationalrat vertritt die Bevölkerung der Schweiz. Er        Der Ständerat hat 46 Mitglieder und vertritt die Kantone,
                                   hat 200 Sitze. Je grösser ein Kanton bevölkerungsmässig         auch «Stände» genannt. Zwanzig Kantone haben zwei
                                   ist, desto mehr Sitze stehen ihm zu. Jeder Kanton hat           Sitze, sechs Kantone je einen Sitz. Nur einen Sitz haben
                                   Anspruch auf mindestens einen Sitz. Im Schnitt vertritt je­     jene sechs Kantone, die die Bundesverfassung bis
                                   des Nationalratsmitglied rund 42 000 Einwohnerinnen             1999 als «Halbkantone» bezeichnete: Ob- und Nidwalden,
Parlament

                                   und Einwohner. Der Nationalrat wird auch als «grosse            Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden,
                                   Kammer» oder als «Volkskammer» bezeichnet.                      Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Im Ständerat ist die
                                                                                                   Bevölkerungsstärke eines Kantons nicht von Belang.
                                   Nationalratspräsidentin 2022                                    Der einwohnermässig kleine Kanton Uri hat ebenso zwei
                                   Der Nationalrat wird jedes Jahr von einem anderen Rats-         Sitze wie der grosse Kanton Zürich. Dieses System
                                   mit­glied präsidiert. Nationalratspräsidentin 2022 ist          schafft ein Gegengewicht zur Stimmkraft, die die bevölke­
                                   Irène Kälin (Grüne). Sie plant und leitet die Verhandlungen     rungsreichen Kantone im Nationalrat haben. Der Stän­
                                   des Na­tionalrats, führt das Ratsbüro und vertritt den          derat wird oft auch «kleine Kammer» oder «Kantonskam­
                                   Nationalrat nach aussen.                                        mer» genannt.

                                   Proporzwahlen                                                   Ständeratspräsident 2022
                                   Nationalratswahlen finden alle vier Jahre statt, in den meis­   Der Ständerat wird jedes Jahr von einem anderen Rats­
                                   ten Kantonen nach dem Verhältniswahlrecht (Proporz).            mitglied präsidiert. Ständeratspräsident 2022 ist Thomas
                                   Proporzwahl bedeutet: Die Sitze eines Kantons werden            Hefti (FDP.Die Liberalen). Er plant und leitet die Ver­
                                   entsprechend der Stimmenstärke auf die verschiedenen            handlungen des Rats, führt das Ratsbüro und vertritt
                                   Parteien verteilt. Auf diese Weise sind in der Volkskammer      den Rat nach aussen.
                                   auch kleinere politische Kräfte vertreten.
                                                                                                   Majorzwahlen
                                                                                                   Ständeratswahlen finden alle vier Jahre statt, in den
                                   Termin Nationalratswahlen                                       meisten Kantonen zeitgleich mit den Nationalratswahlen.
                                   Die nächsten Wahlen finden                                      Ständeratswahlen sind fast überall Majorzwahlen:
                                   statt am 22. Oktober 2023.
                                                                                                   Gewählt ist, wer am meisten Stimmen erhält. Die Kantone
                                                                                                   entscheiden selbst, wann und wie sie ihre Vertretung
                                                                                                   in den Ständerat bestimmen.

                                                                                                   Termin Ständeratswahlen
                                                                                                   Die nächsten Wahlen
                                              YouTube –                                            werden durchgeführt im
                                              Die wichtigsten Organe                               April oder Oktober 2023.
                                              der Bundesversammlung

                              34
Nationalratspräsidentin
                                                                                                   2022
                                                                                                   Irène Kälin, Aargau
                                                                                                   Grüne Partei der Schweiz

                                                               Warum sind Sie in die Politik eingestiegen?
                                                               Ich war immer ein politischer Mensch. Vor allem Ungerech-
                                                               tigkeiten bewegen mich seit jeher sehr. Dass ich in die
                                                               Politik eingestiegen bin, hat aber auch mit Zufall zu tun. Ich
                                                               war sicherlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Schliess-
                                                               lich ist man als Politikerin oder Politiker auch immer
                                                               abhängig von der eigenen Partei und der Frage, wie beliebt
                                                               diese bei den Wählerinnen und Wählern ist.

                                                               Welchen Schwerpunkt setzen Sie in Ihrem Präsidial­
                                                               jahr?
                                                               Mein Schwerpunkt ist die Vereinbarkeit. Einerseits bezogen

                                                                                                                                     Organisation des Parlaments
                                                               auf die klassische Vereinbarkeit zwischen Beruf, Familie
                                                               und Politik, die vom Parlament noch stärker gefördert wer-
                                                               den sollte. Daneben möchte ich mich auch für die Verein­
                                                               barkeit verschiedener Meinungen im Parlament einsetzen.
                                                               Gerade in Krisenzeiten sind wir verpflichtet, uns zu Kom-
                                                               promissen zusammenzuraufen und der Bevölkerung
Vereinigte Bundesversammlung                                   Lösungen zu präsentieren, die von dieser auch mitgetragen
                                                               werden.
Bei bestimmten Geschäften treten Nationalrat und Stände­
rat als «Vereinigte Bundesversammlung» zusammen.
Die Vereinigte Bundesversammlung wählt die Mitglieder
der Regierung und der Bundesgerichte, den Bundes­
kanzler und den Bundesanwalt. Ausserdem tritt sie zusam­

                                                                                                                                     Parlament
men, um Erklärungen des Bundesrats entgegenzu­
nehmen und über Zuständigkeitskonflikte zu entscheiden.

                                                                                                   Ständeratspräsident
                                                                                                   2022
                                                                                                   Thomas Hefti, Glarus
Sessionen
                                                                                                   FDP.Die Liberalen
Im Frühling, Sommer, Herbst und Winter finden Sessionen
statt, die je drei Wochen dauern: In dieser Zeit treten        Warum sind Sie in die Politik eingestiegen?
National- und Ständerat zusammen, um Geschäfte zu dis­         Das ist grösstenteils Familienerbe. Schon meine Urgrossväter
kutieren und zu beschliessen. Die beiden Kammern               waren politisch sehr interessiert und engagiert. Auch die
tagen getrennt, aber unter demselben Dach: im Parla­           weiblichen Familienmitglieder haben jeweils am Familien-
ments­g ebäude in Bern. Zwischen den Sessionen finden          tisch eifrig mitdiskutiert. Neben meinem familiären Umfeld
Büro-, Fraktions- und Kommissionssitzungen statt.              hat mich die Landsgemeinde im Kanton Glarus stark
                                                               beeinflusst. Schon als junger Knabe war ich mitten im
                                                               Geschehen und sehr fasziniert davon.
Sessions-Termine 2022         Wahl Präsident/in des Natio­
Frühlingssession:             nalrats und des Ständerats:
28. Februar – 18. März        28. November                     Wie bringen Sie Beruf und Politik unter einen Hut?
Sommersession:                                                 Das war nicht immer ganz einfach. Ich bin Anwalt und Notar
30. Mai – 17. Juni            Wahl Bundespräsident/in          und habe eine eigene Praxis. Als ich in die Politik eingestie-
Herbstsession:                und Vizepräsident/in
                              des Bundesrats:
                                                               gen bin, habe ich erkannt, dass ich einen Mittelweg zwi-
12. – 30. September
Wintersession:                7. Dezember                      schen politischer und beruflicher Tätigkeit finden muss. Da
28. November – 16. Dezember                                    ich selbstständig bin, habe ich meine Mandate reduziert
                              Die Sitzungen sind öffentlich.   und meiner Frau Arbeiten in der Kanzlei übergeben.
Sondersession (bei Bedarf):   Die Debatten werden auf
9. – 13. Mai                  der Webseite des Parlaments
                              live übertragen und nach
                              rund einer Stunde als Wort­
                              pro­tokoll mit Video im
                              Amtlichen Bulletin publiziert:
                              www.parlament.ch

                                                                                                                                35
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