Deutschland 2019: Hitlergruß im Klassenzimmer straffrei, "Antifa"-Sticker verboten - Volksverpetzer

Die Seite wird erstellt Jannis Döring
 
WEITER LESEN
Deutschland 2019: Hitlergruß im Klassenzimmer straffrei, "Antifa"-Sticker verboten - Volksverpetzer
Deutschland 2019: Hitlergruß
im Klassenzimmer straffrei,
„Antifa“-Sticker verboten

Deutschland 2019?
Es sind beides Meldungen, die beide einzeln, und erst recht
zusammen, eine sehr beunruhigende Botschaft sprechen. So
berichten zuerst verschiedene Zeitungen wie die „MoPo“:
„Unterricht in der „Antifa Area“ Streit um linksradikale
Gruppe an Hamburger Schule“ (Quelle). Die BILD spricht gar von
„Antifa in Altona Linke Gewalt-Propaganda an Hamburger
Schule“. Das Duo, das zuletzt gemeinsam die Falschmeldung in
die Welt setzte, dass eine Kita „Indianer“-Kostüme zu Fasching
verboten hätte (Quelle), bringt wieder einmal großspurige
Schlagzeilen.

Was ist passiert? Naja, an einer Pinnwand in einer Hamburger
Schule hingen ein paar Sticker mit Aufschriften wie
„Antifaschistische Aktion“, „Jugend gegen rechte Hetze“ oder
„Antifa Altona Ost“ und ähnliche. Was das mit „Gewalt“ zu tun
haben soll, müsste mir allerdings noch erklärt werden. Nach
Hinweisen ausgerechnet über das Hamburger AfD Petz-Portal
(Mehr dazu) sprach die AfD gar von einem „linksextremen
Netzwerk“ an der Schule – wegen ein paar Anti-Nazi-Stickern.
Doch das ist gar nicht einmal das Schlimme.
Deutschland 2019: Hitlergruß im Klassenzimmer straffrei, "Antifa"-Sticker verboten - Volksverpetzer
Die Schulaufsicht hat sich nämlich sogleich zum Helfershelfer
der teilweise vom Verfassungsschutz zum Verdachtsfall
eingestuften Partei gemacht und die Sticker sofort entfernen
lassen. Das muss man sich einmal vor Augen halten. Auf
Beschwerde     einer   rechtsextremen,      teilweise     vom
Verfassungsschutz beobachteten Partei (!), die ein
datenschutzrechtlich bedenkliches Petz-Portal unterhält,
werden Sticker gegen Hetze und Faschismus entfernt. Und
darüber hinaus als „extremistisch“ und sogar „gewalttätig“
dargestellt.

Das Grundgesetz ist Antifaschistisch
Man mag sich darüber streiten, ob ein „FCKAFD“-Sticker zu weit
geht oder nicht. Aber „gegen rechte Hetze“ oder „Rechtem Spuk
entgegentreten“ sind nicht nur vollkommen vom Grundgesetz
gedeckt, sondern ein wichtiger demokratischer Konsens. Das
Grundgesetz ist „Antifa“. Wer nicht „Antifa“ ist, der gehört
vom Verfassungsschutz beobachtet. Und ratet mal, welche Partei
deshalb gerade überprüft wird? Richtig.

Die „Antifa Altona Ost“, deren Sticker an der Wand hingen,
meldete sich heute auch auf Facebook zum Vorfall.

 „Antifaschismus sollte, gerade in Deutschland, eine
 Selbstverständlichkeit sein. Es ist für uns völlig
 unverständlich, wie man den Kampf gegen ein totalitäres und
 menschenfeindliches Weltbild kriminalisieren und in einen
 Generalverdacht der Gewaltbereitschaft stellen kann. Wir
 setzen uns gegen Faschismus und für eine solidarische Welt
 ein. Darüber, inwiefern unsere Sticker und Plakate, mit
 denen wir diese Meinungen kundtun, „Gewaltpropaganda“
 darstellen, bleiben uns diverse Medienvertreter eine
 Erklärung schuldig.“
Deutschland 2019: Hitlergruß im Klassenzimmer straffrei, "Antifa"-Sticker verboten - Volksverpetzer
Mit Gewalt habe die Gruppe auch nichts am Hut, dazu zitiert
sie auch eine schriftliche Anfrage der AfD (Quelle) zu ihrer
Gruppe. Die AfD wollte wissen, ob Gewalttaten der „Antifa
Altona Ost“ bekannt seien. Die Antwort lautete: „Dem LfV
Hamburg liegen bislang keine konkreten Informationen im Sinne
der Fragestellung vor“. Ja, die Schulen sollten neutral sein.
Das heißt nicht, das sie unkritisch sein sollen. Und wenn
einige Schüler*innen ein paar Sticker an der Wand kleben
haben, die nichts (!) mit Gewalt zu tun haben und mit dem
Grundgesetz im Einklang sind, sollte das kein Skandal sein.

Extrem sieht anders aus
Diese Meldung wäre allein stehend schon schlimm genug. Doch
gleichzeitig wurde ein anderer Fall aus Halle bekannt, der den
Vorfall aus Hamburg noch unverständlicher erscheinen lässt.
Laut der Aussage eines Lehrers und dessen Rektors an einer
Schule in Halle, habe dieser gegen einen Schüler Anzeige wegen
Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
erstattet (Mehr dazu). Dieser Schüler habe in einem
Klassenzimmer „Heil Hitler“ gerufen und den Hitlergruß
gezeigt. Der Lehrer bekam später diesen Brief der
Staatsanwaltschaft:

 Mag ja juristisch so in Ordnung sein, ist aber moralisch und
 sozialethisch betrachtet ein sehr beschämendes Armutszeugnis
 für die Justiz, bzw. die wohl "rechtsäugig arg blinde"
 Staatsanwaltschaft in #Halle …     #NoNazis #NazisRaus #NOH8
 #FCKNZS pic.twitter.com/iOf8qZPX1A

 — Michael E. Pilarczyk (@MEPilarczyk) March 20, 2019

Laut Staatsanwaltschaft sei das nicht strafbar, weil das
Klassenzimmer kein „öffentlicher Raum“ sei und weniger als 24
Schüler*innen anwesend waren. „Ein Schlag ins Gesicht. Ich bin
geschockt. Mein Schulleiter auch“, kommentierte der Lehrer,
der sein Profil auf Twitter inzwischen gelöscht hat.
Deutschland 2019: Hitlergruß im Klassenzimmer straffrei, "Antifa"-Sticker verboten - Volksverpetzer
Äpfel und Birnen, oder…?
Man kann in allen diesen Fällen streiten, was die richtige
Reaktion war. Vielleicht sind „FCKAFD“- Sticker im Klassenraum
zu viel, von mir aus. Aber friedlicher Antifaschismus?
Sicherlich ist das Ausbleiben juristischer Konsequenzen für
den Schüler, der die Tat inzwischen auch bedauert (Quelle)
korrekt und wäre vielleicht auch etwas viel. Aber ist das
Entfernen der Sticker nicht auch etwas viel? Erst recht in
Anbetracht solcher Mist-Schlagzeilen wie „Linke Gewalt-
Propaganda“. Man muss nicht links sein, um Nazis Scheiße zu
finden. Das ist eine Selbstverständlichkeit, die hier gerade
aufgeweicht wird.

Auf der einen Seite sind Anti-Nazi-Sticker in einer Schule ein
Skandal, auf der anderen Seite sind Symbole genau dieser Nazis
in einer Schule nicht so schlimm? Ich weiß, ich weiß. Der
Hitlergruß war eine einmalige Angelegenheit, die Sticker
kleben da den ganzen Tag. Aber die Sticker sind auch nicht
verfassungswidrig, der Gruß schon. Die Sticker rufen auch
nicht zu Gewalt auf. Der Gruß schon! Dass die AfD, eine offen
völkisch-nationalistische Partei, die teilweise bereits vom
Verfassungsschutz beobachtet wird, sich hier ins Fäustchen
lacht, sollte uns allen bewusst sein.

Wir dürfen es nicht zulassen, dass ihre Verknüpfung von
„Antifaschismus“ – also gegen Faschismus! – zu einem
Schimpfwort wird, nur mit „Linken“ assoziiert wird und erst
Recht mit Gewalt. Denn sobald die „Antifa“ genau so verpöhnt
ist, wie die „Fa“ – also die Faschisten -, dann haben sie
gewonnen. Wenn der Verfassungsschutz am Ende die AfD
beobachtet, weil sie verfassungswidrig sei, ist der dann auch
„Antifa“ und böse? Natürlich nicht. Diese Entwicklung darf
nicht vollzogen werden. Und Zeitungen wie MoPo und BILD
sollten weniger auf Klickzahlen achten, als auf seriöse
Berichterstattung. Aber vielleicht erwarte ich auch zu viel
von einem Land, in dem „Nazis Raus!“ zu einer
Deutschland 2019: Hitlergruß im Klassenzimmer straffrei, "Antifa"-Sticker verboten - Volksverpetzer
gesellschaftlichen Debatte führt.

 „Nazis rein/Nazis raus“ ist die dümmste Debatte des Jahres
 bisher

Artikelbild: pixabay.com, CC0

Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr
Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen
Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen
Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere
Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst
du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen
oder     Artikelwünsche?       Dann    schreib     uns     auf
redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter

„Indianer“-Kostüm:   Warum
anscheinend  niemand  mehr
Deutschland 2019: Hitlergruß im Klassenzimmer straffrei, "Antifa"-Sticker verboten - Volksverpetzer
rational diskutieren kann

Ein Nachtrag
Gestern habe ich versucht, einen kurzen, sachlichen Überblick
zu einem eigentlich doch seltsamen Diskussionsthema zu geben.
In diesem Artikel (Hier) habe ich versucht, zwischen Fakt und
Fake bei der „Indianer-Kostüm-Debatte“ zu unterscheiden. Ich
habe es mit voller Absicht „Pseudo-Debatte“ genannt, weil
allein die Tatsache, dass Teile der Öffentlichkeit so vehement
darüber streiten, wie sich Kinder an Fasching anziehen dürfen
oder nicht, schon seltsam ist.

Nochmal kurz zusammengefasst: Trotz gegenteiliger (Falsch-
)Meldungen verschiedener Zeitungen wie BILD und Hamburger
Morgenpost hat keine Kita das Verkleiden als „Indianer“
verboten. In zwei Kitas von über 900 in Hamburg gab es ein
internes (!) Schreiben, das auf die Problematik hinter dem
historisch und klischeehaft aufgeladenen Stereotyp hinwies und
darum bat (!), sich vielleicht eine andere Kostüm-Idee zu
suchen.

Ich habe kritisiert, dass anstatt die Debatte an dieser
differenzierten Darstellung anzusetzen und darüber zu
diskutieren, inwiefern so ein Kostüm problematisch sein kann,
angeheizt durch die (Sozialen) Medien über ein Verbot
diskutiert wird, das niemand gefordert hatte. Aber irgendwie
führte das zu genau diesen Diskussionen unter meinem Artikel.
Warum? Weil es in diesen Diskussionen eigentlich gar nicht um
die Fakten geht.
Deutschland 2019: Hitlergruß im Klassenzimmer straffrei, "Antifa"-Sticker verboten - Volksverpetzer
Der „Die übertreiben total“-Reflex
Es geht überhaupt nicht um dieses Kostüm oder irgendwelche
Verbote. Das sind nur Platzhalter, die alle paar Tage wieder
ausgetauscht werden. Davor war es der Inter*Sex-Personen Witz
der CDU-Vorsitzenden Kramp-Karrenbauer (Mehr dazu), dazwischen
Schulstreiks, dann wieder Fahrverbote, Veggie-Day und so
weiter. Am Ende geht es doch immer um „Das wird man doch wohl
noch sagen/machen dürfen!“

Es sind Symptome einer sich verändernden Welt. Und der
Unwillen einiger Teile davon, damit klar zu kommen und
gleichzeitig der Versuch anderer Teile, sich daran anzupassen.
Egal, ob man zu denjenigen gehört, die nicht verstehen können,
warum Dinge, die sie für völlig normal erachten, plötzlich
falsch sein sollen, oder zu denjenigen, die sich verändern
wollen, um „das Richtige“ zu tun, wir alle ringen mit der
Welt. Und verteidigen unser Weltbild, unabhängig davon, ob die
Realität zu unseren Argumenten passt oder nicht.

Ich gebe zu, ich gehöre eher zur zweiten Gruppe. Aber wir alle
nutzen Empörung. Die einen empören sich, wie „bescheuert“ es
ist, dass man glaubt, dass einige ein Verbot von „Indianer“-
Kostümen fordern, und die anderen empören sich, dass jetzt
Leute mit Absicht genau solche Kostüme anziehen werden. Als ob
sie dadurch irgendwas beweisen müssten. Als ob der freiwillige
Verzicht auf eine (und seien wir mal ehrlich – völlig
ausgelutschte -) Kostümidee einen so großen Freiheitsverlust
darstellen würde.

Alle argumentieren für die Freiheit
Wir diskutieren eigentlich immer nur über die individuelle
Freiheit. Dass manche auf ihr vermeintliches Recht pochen, 240
km/h zu fahren oder einmal in 10 Jahren ein „Indianer“-Kostüm
zu Fasching anzuziehen… weird flex, but ok. Andere würden
argumentieren, dass Rücksicht auf historisch einem Völkermord
zum Opfer gefallenen Ethnien niemandem weh tut und dass
Deutschland 2019: Hitlergruß im Klassenzimmer straffrei, "Antifa"-Sticker verboten - Volksverpetzer
langsameres Fahren sicherer und spritsparender sei und damit
doch im Interesse von allen.

Der Reflex ist die jeweilige Einstellung, was man denn als
wichtiger erachtet. Ich persönlich denke, bevor ich Menschen
mit indigener Abstammung verletze, zieh ich halt lieber was
anderes an. Schadet mir ja nicht. Aber dann wiederum lebe ich
in keiner (digitalen) Welt, in der ich von Influencern von
BILD bis zum Nazi-Blog erzählt bekomme, dass es die
„Linksgrünen“ auf mich abgesehen haben und mir alles wegnehmen
wollen, was mir lieb ist. Wegen dem Islam oder irgendwie so.

In den Kommentaren zu meinem Artikel las ich häufig etwas wie.
„Ja, selbst wenn kein Verbot gefordert wurde, das ist doch
trotzdem noch völlig übertrieben von der Kita!“ Und ich meine,
ich will nicht sagen, dass der Standpunkt der Kita über jede
Kritik erhaben ist. Aber hey, es war nur eine interne Bitte um
Rücksicht und ein Versuch der Sensibilisierung für das Thema.
Es war nicht dazu gedacht, als „Indianer“ verkleidete Kinder
auszuschließen, und auch nicht, dass es an die Öffentlichkeit
geleakt wird. „Übertrieben“ sieht für mich anders aus.

Können wir uns einfach alle einfach mal
Zeit nehmen, um den anderen ernst zu
nehmen?
Ich weiß, es ist der Reflex, dass man das Gefühl hat, man wird
angegriffen. Man war als Kind als „Indianer“ verkleidet und
allein die vage Unterstellung, dass darin ein Problem liegt,
greift das persönliche Verständnis von einem Selbst an. Und
bedroht das eigene Weltbild. Ich versteh das. Andersrum
funktioniert das auch so. Ich habe letzten Monat fast schon
widerwillig darauf hinweisen müssen, dass Jens Spahn in einem
Tweet (ausnahmsweise mal) auch was Sinnvolles gesagt hat.
Obwohl meine Filterblase ihn fast schon aus Gewohnheit
kritisierte (Mehr dazu).
Deutschland 2019: Hitlergruß im Klassenzimmer straffrei, "Antifa"-Sticker verboten - Volksverpetzer
Das Grundproblem liegt meiner Meinung nach darin, dass wir
unsere vorgefertigten Meinungen über Personen oder
vermeintlich dahinterstehende Ideologien der sachlichen
Einschätzung zuvorkommen lassen. Das Kostüm ist entweder
absolut unschuldig oder ein „politisch inkorrekter“ Affront.
Kein Platz für eine ganze Wissenschaft, die dazwischen passt.
Manchmal sollten wir vielleicht unsere ganzen Vorurteile
ablegen, auch wenn es sehr schwer fällt. Dazu fand ich diesen
Kommentar zu meinem Artikel sehr schön.
Screenshot facebook.com, Danke für den Kommentar!

Es ist kompliziert. Wie gesagt, ich würde Erwachsenen
empfehlen, lieber aus Rücksicht auf so ein Kostüm zu
verzichten. Kostet ja nichts. Wenn man Kindern die Möglichkeit
gibt, sich differenziert mit dem Thema auseinanderzusetzen und
das vielleicht als Lehrstunde in Geschichte zu nehmen, ist das
sicherlich auch ein positiver Beitrag. Rassistisch tradierte
und historisch falsche Klischees unkritisch an Kinder
weiterzugeben ist daher wiederum problematisch. Und nein, das
trifft nicht im gleichen Maße auf „den Cowboy“ zu. Aber von
einem Verbot hat trotzdem keiner gesprochen.

Nur von Rücksicht. Und ist es wirklich schon „zu viel“, ist
das diese böse „politische Korrektheit“, auf andere Rücksicht
zu nehmen? Ja, früher war manches anders. Noch früher noch
mehr. Wir sind mit dem vertraut, womit wir aufgewachsen sind.
Egal, ob das Aufwachsen vor 15 oder 45 Jahren war. Der
Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis ist Respekt und
Rücksicht. Vielleicht versteht ihr die „Linksgrünen“ besser,
wenn ihr einmal ihr Kostüm anprobiert.

Artikelbild: S.Borisov, shutterstock.com

Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr
Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen
Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen
Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere
Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst
du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen
oder     Artikelwünsche?       Dann     schreib     uns    auf
redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter
„Schummelsoftware“:   Medien
verharmlosen den Diskurs um
Dieselbetrug durch Framing

„Schummelsoftware“
Autohersteller bauen eine illegale Technik in Autos ein, die
Millionen von Kunden betrügt sowie Klima und Gesundheit
schädigt (Mehr dazu). Sowas nennt sich ja eigentlich
„Kriminalität“. Nicht aber in Deutschland. Hier nennt sich das
„Schummelsoftware.“ Seit wie vielen Jahren gibt es jetzt den
Dieselskandal? Warum ist dann immer noch von der Schummel-
Software die Rede?

Ein Schummler ist ein kleiner Gauner, der sein Glück versucht
hat und dabei aufgeflogen ist. Ein Schulkind, das beim
Nachbarn abschreibt. Aber Autohersteller? Die Kategorie des
Schummlers aktiviert einen Schutzframe. Denn einem Schummler
kann man kaum wirklich böse sein. Einen Schummler behandeln
wir anders als einen Betrüger oder Kriminellen.

Wenn wir wissen wollen, warum in der Sache politisch so wenig
passiert, warum Hersteller nicht angemessen bestraft und
Kunden nicht angemessen entschädigt werden, dann müssen wir
uns nur nach diesem Wort umschauen. Und wir stellen fest: Der
herrschende Diskurs ist in Deutschland von genau dieser
verharmlosenden Sichtweise geprägt.

Glaubt ihr            nicht?    Kleine       Medienschau
gefällig?
Aktuelle Meldungen zum Thema sehen so aus:

Screenshot zdf.de (Link)

blog.wiwo.de (Link)
tagesschau.de (Link)

In fast allen Fällen werden Wörter wie „Schummelsoftware“ oder
„Abgas-Schummelei“, ohne erkenntliche Distanzierung z.B. durch
Anführungszeichen, gebraucht. Es handelt sich also um
akzeptierten Sprachgebrauch. Und damit um akzeptierte
Einstellungen. Und die Politik? Politik springt vielleicht mal
auf einen fahrenden Zug. Aber Politik verändert nicht aus
eigener Motivation die herrschende öffentliche Meinung. Sie
bildet sie ab. Na, dann macht unser Verkehrsminister ja alles
richtig.

So macht man es übrigens richtig.
Durch die Anwendung von Anführungsstrichen. Mit wenig Aufwand
könnten sich Medien übrigens von der mit dem Wort
„Schummelsoftware“ implizierten Einstellung distanzieren: Es
reichen bereits schnöde Anführungszeichen, wie in den
folgenden Beispielen.
Screenshot schwaebische.de (Link)

Screenshot swr.de (Link)

Artikelbild: pixabay.com, CC0, Screenshots

Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr
Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen
Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen
Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere
Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst
du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen
oder     Artikelwünsche?       Dann     schreib     uns    auf
redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter
Rache der ARD? Das Netz
feiert gerade diese Tatort-
Szene

„FCKAFD“-Graffiti im Tatort
Im aktuellen Tatort geht es um einen ermordeten
Lottomillionär, aber den Jackpot hat wohl eine auf den ersten
Blick harmlose Szene geknackt: Für wenige Sekunden ist im
Hintergrund ein Graffiti zu sehen, das auf einen Stromkasten
gesprüht wurde. „FCKAFD“ steht dort. Wer sich nichts dabei
denkt, hat die letzten Eklats des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks vergessen.

Im November gab es schon einmal so etwas ähnliches: Im
Polizeiruf 110 hat eine linke Kommissarin unter anderem einen
„FCKAFD“-Sticker im Hintergrund an ihrer Wand kleben gehabt,
der einige Sekunden lang zu sehen gewesen war. Das führte zur
Empörung bei der AfD und sogar zu einem Rausretuschieren des
Stickers.
Lächerlich, warum die AfD wegen dieser „Polizeiruf 110“-Szene
 eskaliert

„Tatort 1:0 AfD“
Auch war im ZDF im Januar ein Kameramann mit einer Jacke mit
einem Motiv der linken Band „Slime“ zu sehen, was ebenfalls
Kritik von rechts nach sich zog und in die Kerbe der
„Lügenpresse“-Verschwörung schlug  (Quelle). Diesmal
„entdeckten“ das Graffiti jedoch nicht die AfD, sondern ihre
Kritiker. Das Graffiti wird als ganz subtiles Statement der
ARD, oder zumindest der Tatort-Macher gegen die AfD gelesen.

Das Retuschieren und die Entschuldigungen wurden von vielen
als Eingriffe in die Kunstfreiheit gesehen, da einzelne
fiktive Figuren ja eine Meinung zur Charakterisierung haben
dürfen, ohne dass dies ein Statement der ganzen Sendung oder
gar des Senders sein müsse. Das ist der Grund, warum das Netz
derzeit diesen Screenshot so feiert. Es wird als „Rache“ des
Senders interpretiert.

 Tatort                    1:0                    AfDQuelle:
 https://www.daserste.de/unterhaltung/krimi/tatort/videos/boro
 wski-und-das-glueck-der-anderen-video-102.html#FCKAFD

 Gepostet von Hooligans Gegen Satzbau am Sonntag, 3. März 2019

Vorfreude auf die Empörung von rechts
Die Kommentieren freuen sich regelrecht auf die erwartbare
Empörung und Opferhaltung der AfD und wollen sie gleich durch
Parodie vorwegnehmen.
Warum findet man das lustig? Weil die Empörung der AfD in
diesen Dingen als übertrieben und künstlich wahrgenommen wird.
Die Opferhaltung von Rechten, die von den berüchtigten
„Kantholz“-Lügen um Magnitz bis hin zu absurden, selbst
inszenierten   Rauswürfen   reicht,   wird   nicht   mehr   ernst
genommen.

 Was für „Opfer“: „Identitäre Bewegung“ inszeniert eigenen
 „Rauswurf“

Auch das Einknicken des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks vor
dieser als übertrieben wahrgenommenen Kritik wird kritisch
gesehen. Man hält es für einen Eingriff in die Meinungs- und
Kunstfreiheit. Erst Recht vor dem Hintergrund, dass die AfD
sich nicht abschließend davon befriedigt zeigt, sondern weiter
„Lügenpresse“-Verschwörungstheorien      verbreitet.    Dieses
Empfinden führte zu vielen Parodien.

Ob diese kleine Szene des letzten Tatorts tatsächlich zu
Kritik führen wird, bleibt jedoch noch abzuwarten. Die
Hooligans Gegen Satzbau legten auf jeden Fall noch einmal
nach:

 Unglaublich!Wir haben uns die fragwürdige Szene des Kieler
 Tatorts von gestern noch mal in Ultra-Mega-Hyper-Slowmotion…

 Gepostet von Hooligans Gegen Satzbau am Sonntag, 3. März 2019

Update 05.03.: Rechte entdecken die Szene
– und ein Shitstorm bricht los
 „FCKAFD“-Graffiti entdeckt: So reagieren Rechte auf die
 Tatort-Szene

Artikelbild: Screenshot ARD (Bildzitat) Link zum Tatort, Danke
an Hooligans Gegen Satzbau

Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr
Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen
Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen
Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere
Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst
du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen
oder     Artikelwünsche?       Dann    schreib     uns     auf
redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter

Wegen          Chemnitz:               Gewaltsame
Angriffe auf                      Journalisten
haben    sich                      mehr    als
verdreifacht

Lügenpresse rufe schaden
Die „Lügenpresse“-Rufe der AfD und Pegida sind nicht einfach
nur ein Ausdruck von Medienkritik, welche ja durchaus
gerechtfertigt sein kann. Wie eine Studie des Europäischen
Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) jetzt zeigt,
führt die ständige Hetze gegen JournalistInnen und Medien auch
direkt zu körperlichen Angriffen (Quelle).

Von den 26 gewaltsamen Angriffen auf MedienvertreterInnen im
letzten Jahr hatten allein 22 einen politisch rechten
Hintergrund. In einem Fall wurde ein Journalist von einem
Umweltaktivisten im Hambacher Forst angegriffen. Der Höhepunkt
der Attacken waren die rechtsextremen Ausschreitungen in
Chemnitz Ende August. Damals fanden allein 9 Angriffe an einem
Tag statt.

Gefährliche entwicklung
Das ECPMF sammelt die Daten seit 2015, damals registrierte man
43 Angriffe, im Jahr darauf 19. Die Macher der Studie gehen
aber davon aus, dass der Rückgang trog. Es gab einfach weniger
Gelegenheiten, in welchen die Presse-Hasser auf erkennbare
JournalistInnen gestoßen sind. Die Hetze gegen die Presse aus
dem rechten Spektrum manifestiert sich weiterhin in einer
direkten körperlichen Bedrohung, insbesondere in Sachsen. Die
Macher der Studie stellen fest:
„Die mit dem Erstarken von Pegida und der AfD seit Ende 2014
 lautstark propagierten „Lügenpresse“-Verleumdungen verfangen
 bei einer Minderheit der Deutschen. Sie senken – das legt der
 sozialwissenschaftliche Forschungsstand nahe − die
 Hemmschwelle zur Gewalt gegen Journalisten auch bei Menschen,
 die zuvor nicht als Extremisten aufgefallen sind.“ (Quelle)

 Faktencheck:    Hetzjagd   und   Nazi-Mob   in   Chemnitz?   –
 Beweisvideos

Artikelbild: volksverpetzer.de

Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr
Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen
Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen
Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere
Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst
du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen
oder     Artikelwünsche?       Dann     schreib     uns   auf
redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter
BlasebalgLeaks:  Rechte   &
FOCUS Online auf Fake-Story
hereingefallen

Hereingefallen!
Dass bestimmte journalistische Kreise sofort auf bestimmte
Trigger reagieren, wurde heute wieder einmal durch die
Redaktion der TITANIC bewiesen. Die Redakteure der Satire-
Zeitung lancierten die Story, dass „Linksextreme“
angeblich   Feinstaub-Messstationen    manipulieren,    um
Dieselfahrverbote zu erzwingen. Wie sie berichten, drehten sie
kleine Videos und machten Fotos und veröffentlichten diese
unter anderem auf Indymedia (Mehr dazu).

Focus Online (Hier), aber auch rechte und rechtsextreme
Personen und Seiten wie „Achse des Guten“ (Hier) griffen die
Story begierig auf, ohne eingehend deren Wahrheitsgehalt zu
recherchieren. Entspricht sie doch allem, was in die eigene
Agenda passt. Nicht erst seit den 100 Lungenärzten, deren
Behauptungen nicht auf Expertise und auf Rechenfehlern beruht
(Mehr dazu), wird ideologisch versucht, Grenzwerte und
Emissionen anzugreifen, die für saubere Luft und unsere
Gesundheit sorgen sollen.

Focus Online fällt auf satire herein
Die Titanic-Redakteure machten mit Sturmhauben verkleidet ein
kleines Video und meldeten sich dann unter Pseudonym bei Focus
Online. Die brachten die Story prompt mit dem Titel „Autonome
verbreiten Anleitung zur Manipulation von Feinstaub-
Messstationen“. Auch Spiegel-Autor Jan Fleischhauer glaubte
die Geschichte. WELT-Chef Poschardt teilte den Tweet
ebenfalls.

 "Konservativer Journalismus" und dessen Qualität und Güte
 kurz erklärt #BlasebalgLeaks pic.twitter.com/F3xma80Pi6

 — Robert Fietzke (@robert_fietzke) February 18, 2019

Was zeigt uns das? Dass es in Deutschland Medien mit einer
eindeutigen Agenda gibt. Und diese reicht von rechtsextremen
Hetzblogs bis hinein zu WELT und Kolumnisten beim SPIEGEL. Die
Geschichte ist absurd, so hat Focus Online das anfangs auch in
ihrem Teaser geschrieben. („Was auf den ersten Blick nach
einem schlechten Scherz aussieht, scheinen die Macher des
Videos offenbar ernst gemeint zu haben.„).

 "Focus online" fällt auf TITANIC herein #BlasebalgLeaks

 Wie aus diesem Video eine tausendfach geteilte "Focus"-Story
 über autohassende Autonome und perfide Feinstaubmanipulation
 wurde:https://t.co/q8ck50DT3p pic.twitter.com/2Cbo6wtg9D

 — TITANIC (@titanic) February 18, 2019

Die neue Links/Rechts-Debatte formiert sich derzeit entlang
Grenzwerten, Feinstaub und Tempolimit, wo jeder dem anderen
Ideologie und Naivität unterstellt. Doch gravierende
Rechenfehler bei Köhler und seinen 100 Lungenärzten, sowie die
neueste Titanic-Aktion scheinen dafür zu sprechen, dass
zumindest diese Seite der Debatte gerne zu gefühlten
Wahrheiten greift.

Artikelbild: Screenshot titanic-magazin.de

Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr
Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen
Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen
Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere
Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst
du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen
oder     Artikelwünsche?       Dann     schreib     uns    auf
redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter

Patzelt: Medien fallen wieder
auf rechtes Opfer-Framing
herein

Hintergrund
Rechte Medien und Blogs schreiben es derzeit überall:
Professor Patzelt muss wegen seiner „politischen Tätigkeit
„gehen. Er werde „politisch abgestraft“. Aber auch seriöse
Medien machen es nicht besser. So „trenne“ sich die TU Dresden
von ihm (Hier), man würde ihm eine Seniorprofessur
„verweigern“ (Quelle) oder er bekäme eine „Absage“ (Hier).
Seine Beschwerden werden weit verbreitet. Auf Facebook
argumentiert der Politprofessor, dass „Kritik […] anscheinend
unerwünscht“ sei (Quelle). Viele Medien verbreiteten diese
Darstellung, ohne die Reaktion der TU Dresden einzuholen.

Eine Beschwerde, dass Kritik unerwünscht sei? Wer sich da an
Gerede von „Meinungsdiktatur“ und „Gesinnungsterror“ erinnert
fühlt, liegt nicht ganz falsch. Professor Patzelt war in
seiner Karriere umstritten. Nach seinem Buch „PEGIDA:
Warnsignale aus Dresden“ wurde er als „Pegida-Versteher“
gesehen. Der auch als Wahlhelfer der sächsischen CDU tätige
Patzelt ist seit 2015 auch mehrfach als Berater der
rechtsextremen AfD aufgetreten (Quelle).

Auch wissenschaftlich ist er umstritten, so soll er bei seinen
Pegida Studien auf nicht repräsentative Zahlen zurückgegriffen
haben (Quelle), aber auch Fehldeutungen und Relativierungen
rechter Gewalt betrieben haben. In seinem Namen ist eine
Petition mit Goebbels-Zitat veröffentlicht worden (Quelle).

Was ist wirklich passiert? Gar nichts
Kein Wunder, dass sich Patzelt einerseits der bewährten
Opferrolle der Rechtsextremen bedient, andererseits die
rechten Medien auf den Zug aufspringen. Da sie einen weiteren
Beleg für ihre unsinnige „linksgrüne Meinungsdiktatur“-These
wittern. Doch daran, dass so viele Medien dieses Framing der
„Trennung“ oder „Absage“ unkritisch übernehmen – oder weil es
bessere Auflage bringt – zeigt, dass das Gegenteil der Fall
ist. Denn was ist wirklich passiert?

Eigentlich gar nichts. Wirklich. Patzelt geht im März 2019
erst einmal einfach planmäßig in den Ruhestand. Seit dem
Wintersemester 2009/10 gibt es jedoch an der TU Dresden eine
„Seniorprofessur“. Sie ist nicht vergütet, und nicht mit
Ressourcen ausgestattet. Einige wenige (!) scheidende
Professoren bekommen diese ausschließlich auf Empfehlung des
Dekans und durch Zustimmung der jeweiligen Fakultät. Laut
Wikipedia gibt es insgesamt nur drei Seniorprofessoren der TU
Dresden (Quelle).

Der Dekan begründet seine Entscheidung üblicherweise damit,
dass die betreffende Person herausragende Bedeutung für die
Forschung und Lehre erlangt oder andere Verdienste für die
Universität erreicht hat. Also: Einige wenige Professoren
kriegen an der TU Dresden quasi einen Ehrentitel, wenn der
Dekan meint, dass er oder sie sich diesen verdient hat. Einen
Anspruch gibt es explizit nicht. (In anderen Universitäten
läuft das manchmal anders oder gibt es diesen Titel nicht).
(Quelle)

Patzelt wollte sich selbst                      für    eine
Seniorprofessur „bewerben“
Prof. Patzelt scheidet also ganz gewöhnlich altersbedingt aus
seiner Professur aus und der Dekan sah keinen besonderen
Anlass, ihm eine Seniorprofessur zu verleihen. Das war es
eigentlich auch schon. Doch Patzelt hatte sich selbstständig
jedoch an die TU Dresden gewendet und um eine Seniorprofessur
gebeten. Doch weder ist das ein üblicher Vorgang, noch wollte
die TU diesem Antrag nachgehen und hat dies Patzelt dann eben
mitgeteilt.

Er ist damit nicht von der Uni verbannt und immer noch ein
Angehöriger, sie hat keine Verbindungen zu ihm gekappt oder
sonstiges. Er kann selbstverständlich immer noch
Lehrveranstaltungen anbieten, wenn er das möchte. Doch durch
seine irreguläre Anfrage und seine anschließende Inszenierung
einer öffentlichen Beschwerde über die Absage wirkt es so, als
würde man ihm die Professur „verweigern“.

Die TU Dresden sieht seine Personen auch kritisch an, in einer
Stellungnahme, zu welcher sie jetzt gezwungen wurde, schreibt
sie, dass er mit seiner Arbeit Politik und Wissenschaft
„derart vermischt habe, dass dem Ruf der TUD und der Fakultät
dadurch geschadet wurde“ oder dass er der Uni
nichtzutreffenderweise        vorgeworfen      habe,    eine
Bundesfinanzierung verhindert zu haben, neben anderem
(Quelle).

Opferrolle & Medienversagen
Wie man sehen kann, wenn man sich die Fakten ansieht, ist
eigentlich gar nichts passiert. Hier wird eine journalistische
Story und ein politischer Skandal aus einer Banalität
konstruiert. Nach Kantholz und Co. sieht man immer deutlicher,
dass immer mehr Personen sich des rechtsextremen Opfer-
Narrativs bedienen, um mediale Aufmerksamkeit zu bekommen. Und
es funktioniert

Dass immer mehr Medien auf der Suche nach Aufmerksamkeit oder
aus Faulheit diese falschen Darstellungen übernehmen, darf so
nicht weitergehen. Dabei verbreiten sie gleichzeitig
paradoxerweise die Opferdarstellungen, während sie sie dadurch
offensichtlich widerlegen. Anstatt es rechten Blogs gleich zu
tun und das Framing zu übernehmen, hätte man auch die TU
Dresden kontaktieren können. Aber dann hätte es wohl einfach
nichts gegeben, worüber man hätte berichten können.

Artikelbild: Metropolico.org, CC-BY-SA-2.0

Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr
Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen
Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen
Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere
Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst
du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen
oder     Artikelwünsche?       Dann     schreib     uns    auf
redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter
Durch diese 5 Tricks & Fehler
werden die Medien von der AfD
manipuliert

Liebe Pressevertreter*Innen!
Die AfD attackiert das Grundrecht auf Pressefreiheit. Über
Parolen und den Ausschluss von JournalistInnen von
Veranstaltungen bis hin zu direkten Übergriffen (Quelle,
Quelle). Die AfD schließt als einzige Partei regelmäßig
JournalistInnen von ihren Veranstaltungen aus. AnhängerInnen
wie Parteifunktionäre benutzen gerne die Parole “Lügenpresse”,
wenn       Journalisten         dann      doch       anwesend
sind. Dieser Begriff hatte auch bei der NSDAP Tradition.

Dennoch braucht die AfD die freie Presse. Noch. Während sie
mit unzähligen „alternativen“ Blogs und Medien und geheimen
Facebookgruppen erst noch eine tatsächliche, rechte
„Lügenpresse“ aufbaut (Mehr dazu) ist sie derzeit für die
weitere Verbreitung ihrer Narrative von den so verhassten
„Mainstreammedien“ abhängig. Tatsächlich wird von vielen den
Medien eine Schlüsselrolle im Erfolg der Rechtsextremen
zugeschrieben.

Entgegen dem Narrativ der AfD, dass „die Medien“ sie
systematisch verschweigen und diskriminieren würden, ist oft
genau das Gegenteil der Fall. Wie jüngst der Fall Magnitz
zeigte, schlucken JournalistInnen allzu oft die Köder der
Partei und werden so unfreiwillig zum Helfershelfer der
Rechtsextremen. Wir haben einige Tricks und Fehler
herausgearbeitet, mit denen viele Medien im Sinne der AfD
manipuliert werden.

1. Framing und Narrative
Ich habe den Begriff „Narrativ“ bereits verwendet. Damit meine
ich auch buchstäblich „Geschichten“, die erzählt werden.
Narrative werden von allen verwendet, immer. Dabei handelt es
sich um die Art und Weise, wie die Welt präsentiert wird. Und
jede Meldung und jede Aussage fügt sich in ein Narrativ ein.
Ein von der AfD verwendetes Narrativ wäre das der
„Lügenpresse“: Alle Medien haben sich gegen die AfD
verschworen und versuchen mit unfairen Mitteln, sie zu
behindern.

Kommunikation, die sich an Narrativen orientiert, passt die
Fakten und Darstellungen an die Geschichte an, statt
umgekehrt. Dabei lügt insbesondere die AfD über Dinge, die
ihren Narrativen widersprechen, oder lässt sie weg oder
überspitzt sie. Durch dieses „Framing“ wird versucht,
bestimmte Sachverhalte oder Ereignisse so darzustellen, dass
sie zum gewünschten Narrativ passen. Durch Framing kann man
z.B. Flüchtlinge negativ darstellen, wie der Wortgucker hier
erklärt:
Wie wir dazu gebracht werden, uns über Flüchtlinge und
 Hartz-4-Empfänger aufzuregen

Zu Framing gehören bestimmte Begriffe und Formulierungen. Ein
„Asyltourist“ weckt ganz andere Konnotationen als ein
„Schutzsuchender“.      Deshalb    ist   es   wichtig,    dass
JournalistInnen aufpassen, nicht Begriffe mit rechtsextremen
Narrativen zu verwenden. Und bei Zitaten dringend solche
Begriffe     einordnen.     Ironische      Verwendung     oder
Anführungszeichen helfen nicht und legitimieren diese Begriffe
und die Narrative, die dahinter stecken. Siehe auch hier:

 Was wirklich hinter dem Begriff „Willkommensklatscher“ steckt

2. False Balance
Viele JournalistInnen und Medienhäuser fallen auf einen
häufigen Fehler herein: Im Versuch, „neutral“ zu berichten,
behandeln sie beide Seiten einer Debatte oder beide Argumente
gleich. Das ist jedoch ein Fehlschluss (Quelle).
Gegendemonstranten zu einer rechten Demo sind nicht „linke
Demonstranten“. „Beide Seiten“ gleich zu behandeln kann
menschenfeindliche Einstellungen zu legitimen Positionen
aufwerten. Und den Eindruck erwecken, dass eine Position
dazwischen die richtige sei („die Mitte“). Auch ein
Fehlschluss (Quelle).

 Liebe Berichterstatter in #Chemnitz: Menschen auf der
 Gegendemo sind nicht (zwangsläufig) "links". Sich gegen
 Rechtsextreme und Fremdenfeindlichkeit stellen ist keine
 "linke" Position, sondern sollte den Normalzustand in unserer
 Demokratie darstellen.#c2708 #Sachsen

 — Volksverpetzer (@Volksverpetzer) August 27, 2018
Ich verstehe, dass die ständigen „Lügenpresse“-Vorwürfe bei
JournalistInnen Wirkung zeigen. Man will eben nicht parteiisch
sein und ausgeglichen berichten. Doch man muss den Mut haben,
Menschen- und Verfassungsfeindlichkeit beim Namen zu nennen.
Wer Rechtsextremen immer weiter entgegen kommt, in der
Hoffnung, irgendwann nicht mehr kritisiert zu werden, ist
naiv. Die Vorwürfe werden immer kommen, und erst aufhören,
wenn man genau das schreibt, was die AfD lesen will. Denn die
Toleranz anderer Standpunkte ist eben keine ihrer Positionen.

3. Priming
Durch sog. „Priming“ stellt man einen Leser auf eine erwartete
Reaktion ein. Es sind aufmerksamkeitsheischende Begriffe und
Bilder. Genau deswegen ließ Frank Magnitz ein besonders
dramatisches Bild seiner Verletzung machen und mit der
Pressemitteilung verbreiten. Ziel war es, Aufmerksamkeit zu
erzielen, wie er selbst laut geleakter Medienstrategie zugibt
(Quelle). Und den Empfänger schon beim Bild eine Geschichte
vermuten. Medien, die das Foto verwendeten, stellten ihre
LeserInnen so unfreiwillig auf eine besonders brutale Attacke
ein. Dabei stammte die Verletzung letztlich vom Sturz, nicht
vom Schlag.

4. Agenda Setting
Wenn der mediale Diskurs ein Narrativ bedient, das der AfD
nicht passt, macht sie eines von zwei Dingen: Entweder sie
selbst schweigt darüber. Die AfD berichtet pausenlos über
echte oder erfundene Straftaten, aber nur, wenn sie von
politischen Gegnern oder Migranten begangen werden. Der
absolute Großteil aller Straftaten wird verschwiegen, um das
Narrativ nicht zu beschädigen. Wird jedoch zum Beispiel über
den fremdenfeindlichen Anschlag aus Essen und Bottrop
berichtet, fällt es Rechtsextremen schwer, das Framing für
sich zu nutzen.

Die zweite Strategie ist demnach, durch spektakuläre Taten
oder Aussagen die öffentliche Diskussion wieder auf Themen zu
lenken, die wieder in die eigenen Narrative passen. Wenn eine
Journalistin für den selbstverständlichen Spruch „Nazis raus“
Opfer eines Shitstorms, Beleidigungen und Morddrohungen wird,
versucht man, über „linke Meinungsverbote“ zu sprechen,
anstatt über den offensichtlichen Versuch, demokratische
Meinungen zu unterdrücken.

 Wer ein Problem mit „Nazis raus!“ hat, hat in unserem
 Deutschland nichts verloren

5. Strukturelle Verharmlosung
Sascha Lobo erwähnte diesen journalistischen Fehler in seiner
aktuellen Kolumne (Quelle). Aus der zuvor beschriebenen Angst,
nicht „neutral“ zu berichten, versucht man manchmal, die AfD
positiver und harmloser darzustellen, als sie es verdient hat.
Dahinter steckt der Irrglaube, dass „extremere“ Darstellungen
automatisch weniger richtig sind. Lobos Beispiele sind sehr
passend: So werden aus Rechtsextremisten lediglich
„Rechtspopulisten“ oder aus Antisemiten „Israel-Kritiker“.

Vielleicht ist es auch Faulheit, die eine intensivere
Auseinandersetzung verhindert und damit die Feststellung, ob
ein „härterer“ Begriff angemessen ist. Man geht lieber „auf
Nummer sicher“ und nimmt einen harmloseren Begriff. Doch damit
macht man menschen- und verfassungsfeindliche Positionen
unfreiwillig zugänglicher und harmloser. Einige Positionen und
Personen sind nicht „umstritten“. Sie werden und sollten
universell kritisiert werden (Mehr zum Thema).

Wir müssen kollektiv mehr aufpassen
Ich schließe mich Lobos Schlussfolgerung an: „Rechte brauchen
keine Fake News mehr, wenn echte News so aussehen.“ Aus
Bequemlichkeit, Angst und Naivität übernehmen viele
PressevertreterInnen Begriffe, Aussagen und Narrative von
Rechtsextremen und tragen sie somit in die gesellschaftlichen
Diskurse. Und verhelfen somit versehentlich dabei, die
freiheitlich-demokratische Grundordnung zu untergraben. Und am
Ende auch die Freiheit der Presse.

Medienhäuser richten sich nach den Themen, die sich gut
verkaufen, und Rechtsextreme sorgen dafür, dass es sich dabei
um ihre Themen handelt. Medienhäuser berichten das, was
spektakulär ist und Rechtsextreme sorgen stets für
spektakuläre Meldungen. Und es gibt viele Dinge, über die man
nicht nicht berichten kann. Aber man muss aufpassen, dass man
nicht Frames und Narrative von Rechtsextremen transportiert.

Ansonsten endet es wie bei dem Desaster zu Magnitz. Die
meisten Menschen in Deutschland, die sich nur halb mit dem
Thema auseinandergesetzt haben, halten das für einen
„Mordanschlag“ von Linken. Die Verbreitung der „Kantholz“-
Lügen der AfD und die öffentliche Verurteilung der Tat haben
dazu beigetragen. Dabei wurde Frank Magnitz am Ende nur von
Unbekannten aus unbekannten Motiven heraus getreten und
stürzte unglücklich.

Doch der erste Eindruck zählt. Und wenn sich niemand in einer
Situation wie in Ungarn wiederfinden will, in welcher Orbán
derzeit alle ungarischen Medien unter seine Kontrolle bringt,
um ungestört seine rechtsextreme Propaganda zu verbreiten und
tatsächlich eine „Lügenpresse“ zu installieren (Mehr dazu),
der sollte jetzt aufpassen, sich nicht manipulieren zu lassen.

Artikelbild: pathdoc, shutterstock.com

Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr
Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen
Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen
Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere
Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst
du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen
oder     Artikelwünsche?       Dann    schreib     uns     auf
redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter

So menschenverachtend feiern
Rechte den Bottrop-Attentäter
– Euer Ernst?!

Ihr Terrorklatscher!
Sie beweinen, dass Deutschland plötzlich „so unsicher“ sei.
Sie beklagen, dass man sich „nicht mehr auf die Straßen traue“
– Obwohl die Kriminalität auf dem niedrigsten Stand seit 1992
ist. Doch es geht gar nicht um Fakten. Es geht auch gar nicht
um Mitleid oder Trauer um Diebstähle, Körperverletzungen oder
Tote. Die Zahlen beeindrucken keinen Rechten. Logik oder
gleiches Bewerten von Straftaten auch nicht. Das Märchen von
der „Einwanderung, die Deutschland unsicher macht“ will
geglaubt werden. Es ist ekelhaft.

Glaubt keinem Rechten, wenn er Unsicherheit beklagt. Er will
einfach nur seinen Rassismus rechtfertigen. Und verlässt damit
jede Logik und Menschlichkeit. Ich will damit nicht sagen,
dass jeder, der Angst hat, rechts ist. Ich meine diejenigen,
die uns Angst machen wollen. Und den Medien, die als
vermeintlich neutraler Mittelsmann auf den Zug aufspringen und
Geld damit verdienen.

Die heuchelei der rechten
Ich habe gestern bereits darüber geschrieben, dass vier
betrunkene, nicht-deutsche Jugendliche, die durch Amberg
prügelten, (zum wiederholten mal) eine nationale Debatte über
Asylrecht und Sicherheit auslösten, der Innenminister gar das
Asylrecht verschärfen wollte, um die Täter abschieben zu
können. Während gleichzeitig eine Gruppe von bis zu 20
vermummten Deutschen, die zwei Tage später 3 Menschen
krankenhausreif prügelten, kaum Beachtung fand. (Hier)

Oder hat zum Beispiel jemand davon gehört, dass am Donnerstag
ein Mann von vier anderern Männern in Blankenburg getötet
wurde? Nein? Die Täter waren ja auch Deutsche. (Quelle) Diese
ganzen Schicksale sind schrecklich und traurig, keine Frage.
Aber eben leider auch alltäglich. Und damit quasi
uninteressant. Es sei denn, die Rechten können sie für ihre
Hetze instrumentalisieren.

Hier wird schlicht und ergreifend aus Fremdenfeindlichkeit mit
zweierlei Maß gemessen. In Bottrop wurden bei einer Amokfahrt
8 Menschen verletzt. Der deutsche Täter wollte „Anschlägen
durch syrische und afghanische Flüchtlinge zuvorkommen“, indem
er wahllos „Ausländer töte“. (Quelle) Natürlich wird der
Vorfall medial nicht verschwiegen. Aber die WELT
beispielsweise kann sich trotzdem nicht rassistisches Framing
verkneifen:

 Täter: Andreas N., Deutscher ohne Migrationshintergrund,
Motiv: Ausländer töten. Und die WELT nimmt als Vorschaubild
 das Foto eines "nicht-deutsch aussehenden" Zeugen. Um jeden
 Preis das Feindbild aufrecht erhalten, egal zu welchen
 billigen     Tricks    man   greifen     muss.    #bottrop
 pic.twitter.com/VpT4HbRVnp

 — Volksverpetzer (@Volksverpetzer) January 5, 2019

So menschenverachtend feiern Rechte den
Bottrop-Attentäter
Doch in rechten Kreisen wird die Tat, politisch motiviert,
nicht ausgeschlachtet, wie andere Attentate, die teilweise in
anderen Ländern stattfinden und von Einheimischen begangen
wurden. Weil diese einen Migrationshintergrund besitzen. Nein,
das passt nicht in ihr fremdenfeindliches Märchen.
Im Gegenteil, wenn jemand – noch dazu vielleicht aufgrund
seiner psychischen Erkrankung auf eben jenes Narrativ der
Rechten herein fällt und Migration mit einer nicht vorhandenen
Unsicherheit vermischt – das Feindbild selbst und mit Gewalt
angreift, wird derjenige gefeiert.
Und das sind teilweise nicht einmal Kommentare aus geheimen
rechten Gruppen, der Nährboden des Hasses im Netz. Das sind
Kommentare unter einem öffentlichen BILD-Artikel zu Bottrop.
Sogar Topkommentare. Rechte interessieren sich nicht für
Opfer. Nicht für Opfer von Tätern ohne Migrationshintergrund,
nicht für alle anderen. Sie möchten ihren Rassismus
rechtfertigen. Das ist alles ein mediales Spiel. Mit tödlichen
Folgen.

Es ist der Versuch, in der Realität herausgepickte Beispiele
zu finden, um ihre Behauptungen realistisch erscheinen zu
lassen. Und das Traurige: Die Medien machen mit. Dabei müsste
bereits jedem klar sein, dass das alles geheuchelte Empörung
und Trauer ist. Das ist purer Hass. Und das muss endlich ein
Ende haben. Wir dürfen den Terrorklatschern nicht die Oberhand
lassen. Denn sie wünschen sich den Terror, egal durch wen.

Artikelbild: Mix and Match Studio, shutterstock.com

Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr
Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen
Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen
Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere
Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst
du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen
oder     Artikelwünsche?       Dann     schreib     uns    auf
redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter

Darüber schweigen die Medien:
4 Angriffe auf Flüchtlinge
PRO TAG
Im Schnitt 4 Angriffe täglich
Wer unseren Seite regelmäßig verfolgt oder unsere Kollegen bei
Mimikama, der weiß, dass wahrscheinlich keine Woche vergeht,
ohne dass eine Straftat erfunden oder überspitzt wird, dass
man bei unbekannten Tätern einfach passende Täter erfindet
oder dass alte Artikel immer wieder herausgeholt werden. Und
wenn man dann mal ausnahmsweise eine echte Meldung findet –
nicht ungewöhnlich, schließlich passieren jeden Tag
zehntausende Straftaten in ganz Deutschland – dann wirkt es
für diejenigen, die von der rechten Lügenpresse indoktriniert
werden erst Recht dramatisch. Erst diese Woche wurde eine
Straftat von „Migranten“ frei erfunden. (Hier)

Man betrachte zum Beispiel einmal die Fälle für
„Messermigration“, die die AfD auf ihrer eigenen Seite
auflistet. Bei ganzen 80% (!) der Fälle, 563 insgesamt, ist
der TÄTER schlicht UNBEKANNT. Es ist absolut unseriös, dass
die AfD sich erdreistet, hier einfach selbstherrlich
Ausländern die Schuld zuzuschieben. In insgesamt 391 der Fälle
war es übrigens auch entgegen der Behauptung keine
Messerstecherei. Somit sind satte 88% der Fälle falsch. Die
AfD findet in einem Zeitraum von über einem Jahr also gerade
mal 85 Fälle für ihre Propaganda. Und davon waren meistens
andere Migranten Opfer.

 UPDATE: So dreist belügt die AfD uns über angebliche
 Messerangriffe

Die jüngste Angriffe auf Flüchtlinge
Am 29. August brechen drei Täter einem Syrer das Nasenbein
(Quelle), am 1. September verprügeln zwei Männer ein Mitglied
des Integrationsrates und seinen Begleiter, einen Geflüchteten
aus Afghanistan (Quelle). Am 5. September schlägt ein 20-
jähriger einem syrischen Schüler eine Bierflasche auf den Kopf
(Quelle). Am 23. September schlägt ein Mann auf zwei Frauen
aus Somalia und Äthiopien ein (Quelle).

Ich hatte von keinem der Fälle zuvor gehört. Aber wenn die
Rollen vertauscht gewesen wären? Mindestens die rechte
Lügenpresse wäre eskaliert. Studien zeigen, dass tatsächlich
auch seriöse Medien überproportional oft über Straftaten von
Nicht-Deutschen berichten (Quelle). Und es ist ja auch klar:
Es bringt mehr Auflage. Die rechten Wutbürger werden jede
Meldung     über    Kriminalität     von    Menschen     mit
Migrationshintergrund erfreut anklicken, teilen und
kommentieren: Er bestätigt schließlich ihr Weltbild.

Von dieser perversen Symbiose profitiert der Journalismus:
Nicht bringt mehr Auflage als emotionale Themen. Bei allem
Hass, den die rechten der angeblichen „Lügenpresse“
entgegenbringen: Wenn sie von Straftaten ihres Feindbildes
berichten, ist alles vergessen. Im Gegenteil, man denkt: Wenn
selbst die darüber berichten, muss es besonders schlimm sein!
Die klassischen Medienhäuser erhalten Klicks und
Werbeeinnahmen,   die   Rechtsextremen   ihr   Feindbild.   Alle
glücklich?

Hass ENTLÄDT sich gegen Flüchtlinge
Wenn es nur bei Hass, Fake News, Gewaltphantasien und
Vergewaltigungswünschen im Netz bleiben würde, könnte man es
vielleicht noch harmlos abtun. Aber dieser Hass und diese
verzerrte Realitätswahrnehmung führt nicht nur dazu, dass
rechtsextreme PolitikerInnen und Parteien ungeniert Lügen
können und politische Maßnahmen fordern, die nichts mit der
echten Welt zu tun haben:

 Die 11 lächerlichsten Lügen von Beatrix von Storch (AfD)
Diese falsche Darstellung, die Hass und Sozialneid gegen alle,
die „anders“ aussehen schürt, führt in direkter Konsequenz zu
mehr Gewalt. Eine Studie zeigt sogar, dass Hetz-Posts der AfD
direkt zu mehr Angriffen auf Flüchtlinge führen. Im ersten
Halbjahr wurden 704 Angriffe auf Flüchtlinge oder
Flüchtlingsunterkünfte gezählt (Quelle). Das sind im Schnitt 4
pro Tag. Jedoch bis auf einzelne Ereignisse wie in Chemnitz
hört man so gut wie nie davon. Und diese Ereignisse werden von
Rechten auf Schärfste mit Lügen und Begriffsdebatten
geleugnet:

 Unglaublich, wie dreist die AfD zu Chemnitz lügt

93 Angriffe allein nach Chemnitz
Der Verband der Opferberatungsstellen für rechte Gewalt (VBRG)
sah in den Ereignissen in Chemnitz einen Katalysator für
rechte Gewalt: Allein in den ersten vier Wochen danach wurden
93 Angriffe und Bedrohungen gezählt. Auch die Amadeu-Antonio-
Stiftung bemerkte einen Anstieg der Gewalt. Seit sich eine
Partei im Bundestag und Teile der seriösen Presse auf die
Seite der Rassisten und Neonazis gestellt haben, fühlen sich
diese bestätigt und ermutigt.

Zwar sind die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im Vergleich
zu den Vorjahren wieder zurückgegangen, was aber vor allem
damit zusammenhängt, dass viele Schutzsuchende dezentraler
untergebracht worden sind. Sie haben inzwischen eigene
Wohnungen oder arbeiten, wie 320.000 anerkannte Flüchtlinge
auch. Einzelne Wohnungen sind jetzt weniger schwer
auszumachen.

80% der Gewalttaten im Osten
Traurig ist auch, das 80% der Gewalttaten in den neuen
Bundesländern stattfanden, dort wo auch die rechtsextreme AfD
am meisten Zustimmung genießt. Und das, obwohl dort nur ein
Sechstel der Bevölkerung lebt. Im Vorjahr sah es genau so aus.
(Quelle)

Niemand sagt, dass es keine Straftaten von Flüchtlingen gibt.
Aber über 90% aller Schutzsuchenden haben sich nichts
vorwerfen zu lassen, arbeiten, zahlen Steuern, einige retten
sogar Menschen leben (Hier eine Liste). Wenn die AfD wirklich
Recht hätte, warum muss sie dann so viel Lügen oder
übertreiben? Warum hat sie dann so viel Angst vor der
Realität? Und wenn es wirklich nicht Rassismus ist, warum
greift man dann Unschuldige Menschen an?

Artikelbild: Master1305, Shutterstock.com, danke an Helena
Ott, Süddeutsche Zeitung

Da du diesen Artikel zu Ende gelesen hast: Möchtest du mehr
Recherchen und Analysen zu den Hintergründen von politischen
Mythen und Fake News? Oder auch Kommentare zu politischen
Forderungen und aktuellen Ereignissen? Dann unterstütze unsere
Arbeit mit einer kleinen Spende für einen Kaffee, dazu kannst
du einfach hier entlangschauen. Vielleicht hast du auch Fragen
oder     Artikelwünsche?       Dann    schreib     uns     auf
redaktion@volksverpetzer oder auf Facebook oder Twitter
Sie können auch lesen