AK-BILDUNGSMONITOR 2020 - Soziale Auslese und früher Bildungsabbruch in Österreich - Arbeiterkammer Oberösterreich
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AK-BILDUNGSMONITOR 2020 Soziale Auslese und früher Bildungsabbruch in Österreich Ein Überblick anhand ausgewählter Indizes Stand: August 2020 mit zahlreichen Befunden für Oberösterreich ooe.arbeiterkammer.at
Dr. Josef Moser, MBA Dr. Johann Kalliauer AK-DIREKTOR AK-PRÄSIDENT CORONA-KRISE WIRD DIE SCHERE DER BILDUNGSUNGLEICHHEIT WEITER ÖFFNEN Formale Bildung wird in Österreich – stärker als in anderen Ländern – schichtspezifisch vererbt. Dazu kommt als zweites Problem, dass eine relativ große Zahl von Jugendlichen vorzeitig – das heißt ohne Abschluss der begonnenen Ausbildung – aus einer Schule bzw. einer Lehrausbildung ausscheidet oder beides erst gar nicht begonnen hat. Dadurch verfestigen sich gesellschaftliche Schieflagen. Ziel dieser neuen Auflage des AK-Bildungs- monitor ist es, diese Schieflagen und ihre bildungspolitischen Wurzeln aufzuzeigen. Die bildungspolitischen Signale der letzten Jahre, wie etwa die Separierung von Zuwanderer- kindern in Deutschklassen oder die Wiedereinführung von Leistungsgruppen in der Neuen Mittelschule, werden kaum geeignet sein, sozial vererbten Bildungsbiografien und der sozialen Selektion im Bildungssystem entgegenzuwirken – im Gegenteil. Massiv verschärft wurden und werden die sozialen Herkunftseffekte mit den bildungspoliti- schen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Der School-Lock-Down samt durch- gängiger Umstellung auf Home-Schooling trifft Familien mit geringerer Kapitalausstattung, niedrigem Bildungsniveau der Eltern sowie knappem Wohnraum besonders hart. Somit wird die Corona-Krise die Schere der Bildungsungleichheit noch weiter öffnen. Damit entfernen wir uns noch ein Stück weiter vom prioritären Ziel eines durchlässigen und unabhängig von der sozialen Herkunft funktionierenden Bildungssystems. Dr. Josef Moser, MBA Dr. Johann Kalliauer AK-Direktor AK-Präsident 2
INHALT Selektion und Mobilitätsschranken im österreichischen Bildungssystem – ein Überblick anhand ausgewählter Indizes . . ............................................................. 4 Schulbildung als Zuweisung von sozialer Funktion und Status................................ 4 Ausgewählte Kennzahlen zur Vererbung von Bildung in Österreich ....................... 6 Früher Schulabgang bzw. Ausbildungsabbruch ...................................................... 17 Zusammenhänge zwischen Bildungs- und Erwerbsarbeit. . ...................................... 21 Ausblick: Fördern versus Auslesen ............................................................................. 25 Bildungspolitik: Rückkehr zu Ausgrenzung und Auslese ....................................... 25 Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Bildungsungleichheit . . ................... 26 Sozialer Auslese und frühem Bildungsabbruch entgegenwirken: Vorschläge der AK Oberösterreich ............................................................................. 28 Abkürzungen und Fachbegriffe.................................................................................. 31 Impressum ................................................................................................................... 32 3
SELEKTION UND MOBILITÄTSSCHRANKEN IM ÖSTERREICHISCHEN BILDUNGSSYSTEM – EIN ÜBERBLICK ANHAND AUSGEWÄHLTER INDIZES Auslese durch das Bildungssystem ist in ar- Auch die internationalen und nationalen beitsteiligen Gesellschaften grundsätzlich funk- Schulleistungsvergleiche werden oftmals auf tionell und somit soziale Norm. Problema- kurz aufflackernde Rankingdebatten redu- tisch bzw. ungerecht wird dies allerdings dann, ziert, obwohl anhaltend hohe Anteile von wenn Bildungszugang und Abschlüsse mehr Schülern/-innen unter ein Bildungsminimum oder weniger direkt fallen, das kaum eine erfolgreiche Einbindung in die Arbeits- und Lebenswelt erwarten lässt vom materiellen Wohlstand der Bildungs- (deshalb die Bezeichnung Risikogruppen). teilnehmer/-innen, Wenn es nicht gelingt, diese bereits früh von diskriminierenden Faktoren (z.B. Eth- messbare Kompetenzarmut (gemessen an nie, Hautfarbe, Geschlecht, Wohnort, Reli- minimalen Grundkompetenzen) durch ein gionszugehörigkeit) umfassendes Förderprogramm einzudäm- oder von der sozialen Herkunft (soziales men, mündet sie letztlich oft in Zertifikats- bzw. familiäres Umfeld, das die Entwick- armut. lung von Individuen nicht nur materiell, sondern auch über Habitus oder Sozial- Junge Menschen mit geringem Bildungs- und Kulturkapital prägt) niveau finden oft nur erschwert Zugang zum Arbeitsmarkt. Doch die Beziehungen abhängen. Ist das der Fall, spricht man von un- zwischen Bildungs- und Erwerbsarmut ver- gleichen Bildungschancen bzw. von Bildungs- laufen nicht immer geradlinig: Selbst hohe ungerechtigkeit. Wenn Bildungssysteme so- formale Bildungsabschlüsse schützen nicht ziale Herkunftseffekte nicht oder zu wenig zwangsläufig vor negativen Berufskarrieren. ausgleichen oder sogar noch verstärken, ist von Umgekehrt können kompetenz- bzw. zeug- (sozialer) Vererbung von Bildung die Rede. nisarme Jugendliche manchmal durchaus Beschäftigung finden. Langfristig zeigt sich Leider wirkt auch in Österreich die soziale aber, dass nur ein relativ geringer Anteil frü- Herkunft deutlich auf (Bildungs-)Karriere- her Bildungsaussteiger/-innen ins (formale) verläufe ein, sichtbar etwa an Bildungswahl Bildungssystem zurückkehrt, während ein und Bildungserfolg. Dies gilt gleichermaßen großer Teil von anhaltender Erwerbslosig- für Kinder von Einheimischen wie von Zuge- keit betroffen ist. wanderten. SCHULBILDUNG ALS ZUWEISUNG VON SOZIALER FUNKTION UND STATUS Schule und berufliche Erstausbildung spielen lischer Formalbildung in der Gruppe der bei der Zuweisung von Funktion und Status 25- bis 34-Jährigen: Während Führungskräfte in unserer Gesellschaft eine grundlegende überwiegend höhere bzw. akademische Ab- Rolle. Nachfolgende Grafik illustriert das am schlüsse aufweisen, verfügen Hilfskräfte häu- Zusammenhang zwischen ausgeübtem Beruf fig über keinen über die Pflichtschule hinaus- (hier: Berufsgruppen nach Charakteristik der gehenden oder einen mittleren Abschluss Tätigkeit) und höchster abgeschlossener schu- (Lehre, Fachschule). 4
BERUFSGRUPPEN NACH HÖCHSTEM FORMALEM BILDUNGSABSCHLUSS (25- BIS 34-JÄHRIGE) Techniker/-innen und gleichrangige Handwerks- und verwandte Berufe Akademische sowie vergleichbare Bedienung Anlagen, Maschinen; Forstwirtschaft, Fischerei nichttechnische Berufe und Verkäufer/-innen Fachkräfte in Land- und verwandte Berufe Dienstleistungsberufe Hilfsarbeitskräfte Montageberufe Führungskräfte Bürokräfte und Berufe Pflichtschule Lehre BMS AHS BHS, Kolleg Uni, FH, hochschul- verwandt AK Grafik Anmerkung: ISCO-Berufshauptgruppen; große Diagrammflächen = hohe Häufigkeiten, Diagrammbreiten = Verteilung der Berufsgruppen Quelle: Statistik Austria (MZ 2017), Peter Schlögl, P. et al. in: NBB 2018, Bd. 2, S. 274, Wien 2019 5
Nicht nur die Stellung im Erwerbsleben, son- und ein höheres Arbeitslosigkeitsrisiko. Damit dern auch der Zugang zum Arbeitsmarkt steht verknüpft sind auch geringere Chancen auf in enger Verbindung zum Ausbildungsniveau. gesellschaftliche Teilhabe und Wohlstand. Personen mit geringer Bildung haben in der Nachstehende Tabelle zeigt regionale wie Regel schlechtere Karten auf dem Arbeitsmarkt auch geschlechtsspezifische Unterschiede auf. ARBEITSLOSENQUOTEN IN ÖSTERREICH (STAND: DEZEMBER 2019) NACH HÖCHSTER ABGESCHLOSSENER AUSBILDUNG UND GESCHLECHT (IN PROZENT) Land gesamt APS Lehre BMS AHS BHS Uni, FH, PH, Ak. Ö 10,0 28,7 8,1 4,9 8,4 5,6 4,5 w 10,3 28,8 9,4 4,9 8,6 5,9 4,7 m 9,8 28,8 7,3 5,1 8,3 5,4 4,2 OÖ 6,4 20,2 5,0 3,2 3,3 2,8 2,4 AK Grafik Quelle: AMS 06/2020 AUSGEWÄHLTE KENNZAHLEN ZUR VERERBUNG VON BILDUNG IN ÖSTERREICH Die frühe Selektion der Schüler/-innen nach ab. Die Übertrittsraten variieren nach sozio- der vierten Klasse Volksschule verlangt be- demografischen Merkmalen wie Geschlecht, reits 9-Jährigen (bzw. deren Eltern) eine Umgangssprache, Wohnort bzw. Herkunfts- Schulwahlentscheidung mit Langzeitwirkung region. ÜBERTRITTSRATEN VON DER PRIMARSTUFE IN DIE AHS-UNTERSTUFE Werte Geschlecht Umgangssprache in % m w Deutsch nicht Deutsch Ö 34,5 38,1 39,4 28,9 OÖ 27,8 32,0 32,8 21,2 AK Grafik Quelle: Statistik Austria (2020), Bildung in Zahlen, Tabellenband, S. 211 Aber auch die soziale Herkunft der Schüler/ schlaggebend für die Schultypwahl, auch -innen spielt eine Rolle. Während das Gymna- soziale, geografische und wirtschaftliche As- sium für Leistungsstärkere konzipiert wurde, pekte zeigen Wirkung: Kinder aus höheren galten vormals die Hauptschule und nunmehr Bildungsschichten erwägen eher einen Gym- die (Neue) Mittelschule als Schultyp für unter- nasialbesuch, während das selbst bei leis- schiedliche Leistungsniveaus. Nicht immer tungsstarken Kindern aus weniger hohen Bil- ist allerdings die tatsächliche Leistung aus- dungsschichten weitaus seltener der Fall ist. 6
ÜBERTRITTSQUOTEN IN DIE AHS-UNTERSTUFE NACH BILDUNG DER ELTERN UND LESEVERSTÄNDNIS 100 Österreichschnitt: 523 Punkte 90 78 % 80 % 80 76 % 73 % 70 % 70 Übertrittsquote in AHS (in %) 65 % 60 % 61 % 58 % 60 53 % 55 % 51 % 50 47 % 43 % 40 37 % 34 % 28 % 28 % 30 34 % 24 % 30 % 18 % 27 % 20 16 % 23 % 12 % 20 % 8 % 10 % 10 5% 6% 14 % 17 % 10 % 12 % 0 350 400 450 500 550 600 650 700 Kompetenz der Schüler/-innen im Leseverständnis Übertrittsquote für Kinder von Eltern mit: maximal Pflichtschule Matura Berufsbildung (Lehre, BMS) tertiärem Bildungsabschluss (Uni, FH, Akad.) AK Grafik Quelle, Berechnung, Darstellung: BIFIE (BIST-Ü-D4 2015) – zit. n. NBB 2019, Bd. 1, S. 147; o.a. Übertrittsquoten ohne Extremwerte Nur rund ein Viertel der Schüler/-innen von Unterstufe übertreten. Bei Kindern von Eltern Eltern mit niedrigem bzw. mittlerem Bil- mit höheren Bildungsabschlüssen steigt die dungsabschluss wollen trotz gutem Lesever- Wahrscheinlichkeit eines Wechsels ins Gym- ständnis nach der Volksschule in die AHS- nasium deutlich an. 7
Info-Box 1: Bildungsstandards (BIST) Seit mehreren Jahren werden in Österreich parallel zur schulischen Leistungsbeurteilung in periodischen Ab- ständen extern organisierte Messungen der Grundkompetenzen (D=Deutsch, M=Mathematik, E=Englisch) von Schülern/-innen der vierten und achten Schulstufen durchgeführt. Getestet wird bei diesen aus den je- weiligen Lehrplänen abgeleiteten Bildungsstandsüberprüfungen (BIST) der gesamte Altersjahrgang. Neben den Leistungen werden auch soziodemografische Daten (z.B. Geschlecht, Migrationshintergrund, Bildungs- stand und beruflicher Status der Eltern) anonymisiert erhoben, wodurch unter anderem viele Aufschlüsse über Stärken und Schwächen des Bildungssystems möglich sind. Damit können System- und Strukturschwächen als Mitursache für schwache schulische Leistungen erkannt werden. Die gemessenen Bildungsstände werden in vier Kompetenzstufen dargestellt, die das Ausmaß des Erreichens eines absoluten Bildungsminimums anzeigen: BIST nicht erreicht/teilweise erreicht/erreicht/übertroffen. Erfüllen viele Schüler/-innen die Standards nicht, sollten Bildungspolitik und Schulgovernance systematische Ursachenforschung vor allem auch auf Basis der durch die Standards gewonnenen Erkenntnisse betreiben und auf allen Ebenen Maßnahmen zur Verbesserung überlegen. Abkürzungen: M8 bezeichnet z.B. die BIST in Mathematik in der 8. Schulstufe Nachstehende Grafik veranschaulicht den Ein- bar bereits früh vererbt, und andererseits, wie fluss demografischer Faktoren am Beispiel der sehr Migration in dieser Hinsicht doppelt dis- Mathematikleistungen 9- bis 10-Jähriger: Man kriminiert. sieht einerseits, wie stark sich Bildung offen- BIST M4 (2018) – KOMPETENZSTUFEN NACH VERSCHIEDENEN MERKMALEN Kinder mit Migrationshintergrund Kinder ohne Migrationshintergrund Mädchen (49) 17 17 62 3 (49) 4 8 70 17 Geschlecht Buben (51) 11 17 66 6 (51) 3 6 66 24 Bundesland OÖ max. Pflichtschule (24) 20 21 56 2 (3) 17 18 61 4 Höchster Bildungs- Berufsausbildung (39) 15 18 65 3 (49) 5 10 72 12 abschluss Matura (24) 10 13 71 6 (20) 2 5 66 27 der Eltern universitär o.ä. (14) 10 13 66 12 (28) 13 64 32 Kinder mit Migrationshintergrund Kinder ohne Migrationshintergrund Mädchen (49) 18 18 59 5 (49) 6 9 69 15 Geschlecht Buben (51) 13 16 64 8 (51) 4 7 66 23 Österreich max. Pflichtschule (21) 23 22 52 2 (3) 20 20 56 4 Höchster Bildungs- Berufsausbildung (39) 17 19 60 3 (49) 7 12 70 10 abschluss Matura (25) 12 16 66 6 (21) 3 6 69 21 der Eltern universitär o.ä. (21) 7 10 67 16 (32) 24 64 30 0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 80 100 Verteilung der Schüler/-innen (in %) Verteilung der Schüler/-innen (in %) BIST nicht erreicht teilweise erreicht erreicht übertroffen AK Grafik Klammerwerte: Anteile an der jeweiligen Schülerteilpopulation, Rundungsdifferenzen Quelle: BIFIE 2019, BIST-Ü M4 (2018)/Landesergebnisbericht Oberösterreich, S. 22 8
Ähnlich verhält es sich bei den Lesekompeten- werden: Jeder dritte Schüler/jede dritte zen der 9- bis 10-Jährigen: Kinder von Eltern Schülerin mit gering gebildeten Eltern ver- mit geringer Bildung bzw. mit niedrigem fügt über unzureichende Lesekompetenzen, sozioökonomischem Status haben ein erhöh- gleichzeitig haben nur 17 Prozent der lese- tes Risiko, die Bildungsstandards zu verfeh- schwachen Kinder geringgebildete Eltern len, während Kinder von Eltern mit höherer (BIST D4, 2015). Ähnlich verhält es sich bei bzw. akademischer Bildung und ohne Migra- anderen Unterscheidungsmerkmalen: Ob- tionshintergrund mit erhöhter Wahrschein- wohl etwa die Wahrscheinlichkeit, die Mathe- lichkeit die Bildungsstandards übertreffen. matik-Bildungsstandards zu verfehlen, für Zuwandererkinder weitaus höher ist als für Neben den unterschiedlichen gruppenspezi- Kinder ohne Migrationshintergrund, sind fischen Bildungschancen müssen zugleich mehr als die Hälfte der Kinder mit sehr ge- die Anteile der einzelnen Gruppen in den ringen Mathematikkompetenzen inländisch verschiedenen Kompetenzstufen betrachtet (siehe Grafik unten). BIST M4 (2018) – OBERÖSTERREICHERGEBNISSE IM SOZIODEMOGRAFISCHEN KONTEXT 6 9 67 18 Verteilung des jeweiligen Verteilung des jeweiligen Verteilung des jeweiligen Merkmales IM BUNDESLAND Merkmals in der Schülergruppe, Merkmals in der Schülergruppe, MERKMAL (Schülerpopulation) die die Bildungsstandards die die Bildungsstandards LEGENDE NICHT ERREICHT ÜBERTRIFFT weiblich Geschlecht 51 49 44 56 60 40 männlich 20 5 Migrations- ohne Migr. 80 48 52 95 hintergrund mit Migr. 7 9 1 max. Pflichtschule Höchster 25 13 23 29 Berufsausbildung Bildungs- 43 Matura abschluss der Eltern 21 47 universitäre o.ä. Ausbildung 55 27 4 4 1. Quartil 22 25 12 (niedrigster Sozialst.) 18 Sozialstatus 44 2. Quartil 57 26 27 26 3. Quartil 32 4. Quartil (höchster Sozialst.) der österreich- z-standardisiert weiten Verteilung (zum Vergleich des Sozialstatus mit 2013): Mittelwert = 0,0 Mittelwert = -0,8 Mittelwert = 0,6 AK Grafik Quelle: BIFIE 2019, BIST-Ü M4 (2018)/Landesergebnisbericht Oberösterreich, S. 25, Angaben in Prozent 9
Die frühe Trennung der Schüler/-innen in der verkehrt verhält es sich bei den Pflichtschü- Mittelstufe bildet sich in schultypspezifischen lern/-innen, von denen mehr als die Hälfte Kompetenzentwicklungen ab: Nur wenige eines Altersjahrgangs die Bildungsstandards Gymnasiasten/-innen erreichen in der 8. Schul- nicht oder nur teilweise erfüllen und nur sehr stufe die Bildungsstandards nicht, während wenige sie übertreffen. sie vergleichsweise viele übertreffen. Spiegel- LESE- UND MATHEMATIKKOMPETENZSTUFEN 8. SCHULSTUFE NACH SCHULTYP (WERTE IN PROZENT) Bildungsstandards: nicht erreicht, teilweise erreicht, erreicht, übertroffen BIST AHS-U APS nicht err. teilw.err. erreicht übertr. nicht err. teilw.err. erreicht übertr. D8 2016 2 15 68 15 24 35 39 2 M8 2017 2 14 71 13 21 34 42 2 AK Grafik Quelle: BIFIE (BIST-Ü-D8 2016, BIST-Ü-M8 2017) – zit. n. NBB 2019, Bd. 1, S. 233, 239 Dass Bildung oft familiär in Form von Sozial- bitus wirkt oft prägend auf Bildungsentschei- und vor allem Kulturkapital vererbt wird, ist dungen, aber eben auch auf Leistungen – etwa eine empirisch überprüfbare Erkenntnis des in Form von Selbstvertrauen, Statusdenken Soziologen Pierre Bourdieu. Der soziale Ha- oder auch außerschulischem Vorwissen. 10
Nachfolgende Grafik zeigt die unterschied- grafischem Kontext (Geschlecht, Bildungs- liche Verteilung der Kompetenzstufen in niveau und sozioökonomischer Status der Mathematik und Deutsch je nach soziodemo- Eltern) in der 8. Schulstufe. LESE- UND MATHEMATIKKOMPETENZSTUFEN 8. SCHULSTUFE NACH SOZIODEMOGRAFISCHEN MERKMALEN (ÖSTERREICH) Lesen 8. Schulstufe (2016) weiblich 50 12 26 53 9 Geschl. männlich 50 21 30 44 5 max. Pflichtsch. 9 36 36 26 2 schlossene Bildung höchste abge- der Eltern Lehre / BMS 39 19 33 44 3 Matura 25 14 27 53 6 tertiär (Uni, FH) 28 9 19 59 14 unteres Quintil 24 27 35 36 2 Sozioökonomischer 2. Quintil 20 22 34 41 3 Status der Familie 3. Quintil 18 13 28 54 6 4. Quintil 18 11 25 56 8 oberes Quintil 20 7 17 61 15 0 25 50 100 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Mathematik 8. Schulstufe (2017) weiblich 49 15 28 52 5 Geschl. männlich 51 15 26 52 7 max. Pflichtsch. 8 34 37 28 1 schlossene Bildung höchste abge- der Eltern Lehre / BMS 38 18 32 47 3 Matura 25 12 26 56 6 tertiär (Uni, FH) 29 8 18 62 12 unteres Quintil 24 25 35 39 2 Sozioökonomischer 2. Quintil 18 20 33 44 3 Status der Familie 3. Quintil 18 12 27 56 6 4. Quintil 19 9 23 59 8 oberes Quintil 20 5 16 65 14 0 25 50 100 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 BIST nicht erreicht teilweise erreicht erreicht übertroffen AK Grafik Quelle, Berechnung, Darstellung: BIFIE (BIST-Ü-D8 2016, BIST-Ü-M8 2017) – zit. n. NBB 2019, Bd. 1, S. 233, 253 11
Die nächste Grafik weist aus, welche Anteile starke Kinder zu rund 95 Prozent inländische die einzelnen Subgruppen jeweils bei den Eltern, bei den Leistungsschwachen ist dies Leistungsschwachen und bei den Leistungs- aber auch bei knapp 60 Prozent der Fall. starken einnehmen. So haben etwa leistungs- LESE - UND MATHEMATIKKOMPETENZEN 8. SCHULSTUFE NACH SOZIODEMOGRAFISCHEN MERKMALEN (ÖSTERREICH) Bildungsstandards nicht erreicht Bildungsstandards übertroffen N = 12.713 N = 5.110 Geschlecht 38 62 64 36 Bildungsherkunft 20 45 21 14 20 22 57 Lesen (2016) Sozioökonomischer Status 40 26 14 12 8 7 9 16 23 45 Migrationsstatus 58 25 18 95 Erstsprache 46 11 42 88 8 4 N = 11.307 N = 4.733 Geschlecht 50 50 42 58 Mathematik (2017) Bildungsherkunft 19 46 21 15 18 25 56 Sozioökonomischer Status 41 25 14 12 7 8 8 16 24 44 Migrationsstatus 58 27 15 94 Erstsprache 45 15 40 89 7 4 0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 80 100 Anteil der Schüler/-innen, welche die BIST nicht erreicht bzw. übertroffen haben Geschlecht weiblich männlich Bildungsherkunft max. Pflichtschule Lehre / BMS Schule mit Matura tertiäre Bildung (Uni / FH) Sozioökonomischer Status unteres Quintil 2. Quintil 3. Quintil 4. Quintil oberes Quintil Migrationsstatus einheimisch Migrant/-in 2. Generation Migrant/-in 1. Generation Erstsprache nur Deutsch Deutsch und andere Sprache(n) nur andere Sprache(n) AK Grafik Quelle, Berechnung, Darstellung: BIFIE (BIST-Ü-D8 2016, BIST-Ü-M8 2017) – zit. n. NBB 2019, Bd. 1, S. 233, 253 12
Vergleicht man die Übertrittsraten nach der Unterschiede. Diese sind zusätzlich von wei- 8. Schulstufe in die Oberstufe, zeigen sich – je teren Faktoren (wie etwa Geschlecht, Migra- nachdem, ob zuvor eine AHS-Unterstufe oder tionshintergrund, Herkunftsregion) beein- eine Pflichtschule besucht wurde – erhebliche flusst. ÜBETRITTSRATEN IN DIE SEK II NACH ZUVOR BESUCHTEM SCHULTYP NACH AUSGEWÄHLTEN INDIZES a) Geschlechtervergleich (Österreich) 8. Schulstufe Übertritt in eine … in einer … PTS / BS BMS BHS AHS-O Ausstieg* m 30,0 16,1 29,2 5,5 7,1 NMS / HS w 18,6 18,1 38,7 12,4 5,5 z 24,6 17,0 33,7 8,8 6,3 m 0,7 1,7 36,0 55,4 1,1 AHS / U w 0,3 1,4 28,3 65,9 0,7 z 0,4 1,6 31,9 61,0 0,9 * Ausstieg = ohne weitere Ausbildung bzw. unbekannt Quelle: Statistik Austria (2020), Bildung in Zahlen, Tabellenband, S. 212, Tabellenwerte in % b) Betrachtung nach gesprochener Umgangssprache (Österreich) 8. Schulstufe Übertritt in eine … in einer … PTS / BS BMS BHS AHS-O Ausstieg* D 23,9 17,9 37,3 9,5 3,5 NMS / HS nD 26,1 15,1 25,7 7,2 12,6 z 24,6 17,0 33,7 8,8 6,3 D 0,5 1,6 33,0 61,1 0,5 AHS / U nD 0,4 1,5 27,0 60,5 2,6 z 0,4 1,6 31,9 61,0 0,9 * Ausstieg = ohne weitere Ausbildung bzw. unbekannt – Legende: D = Deutsch; nD = nicht Deutsch Quelle: Statistik Austria (2020), Bildung in Zahlen, Tabellenband, S. 213, Tabellenwerte in % c) Oberösterreich im Vergleich zum Bundesschnitt 8. Schulstufe Übertritt in eine … in einer … PTS / BS BMS BHS AHS-O Ausstieg* OÖ 26,5 14,5 34,8 7,1 5,2 NMS / HS Ö 24,6 17,0 33,7 8,8 6,3 OÖ 0,5 1,0 35,6 59,1 0,5 AHS / U Ö 0,4 1,6 31,9 61,0 0,9 * Ausstieg = ohne weitere Ausbildung bzw. unbekannt Quelle: Statistik Austria (2020), Bildung in Zahlen, Tabellenband, S. 214ff, # Werte lt. ebd., S. 212; Tabellenwerte in % AK Grafik Quelle: Statistik Austria 13
Wer die 8. Schulstufe in einer AHS-Unterstufe über dem Bundesschnitt), die Übertrittsrate absolviert hat, schlägt mit hoher Wahrschein- in die AHS-Oberstufe liegt hingegen unter lichkeit einen höheren weiterführenden Bil- dem Bundesschnitt. dungsweg (AHS, BHS) ein. Nicht einmal halb so hoch ist diese Übertrittsrate nach Abschluss In städtischen Gebieten ist der Zustrom zu einer HS bzw. NMS, wo verstärkt auch mitt- höherer Bildung (oftmals angebotsbedingt) lere Bildungsgänge besucht werden. Ebenso deutlich höher als in ländlichen Gebieten, liegt die Ausstiegsrate höher als am Ende der wo eher die Lehrlingsausbildung über- AHS-Unterstufe. durchschnittlich Zulauf erfährt (NBB 2018, Graz 2019, S. 137). Diese schultypspezifischen Übertrittsraten dif- ferieren zudem stark nach weiteren Faktoren: Im Regelfall endet die 9-jährige Schulpflicht in Österreich mit der 9. Schulstufe. Nicht alle Mädchen steigen deutlich häufiger in eine Schüler/-innen, die zunächst eine weiterfüh- höhere Bildung ein als Burschen. rende Schule begonnen haben, schließen diese auch ab. Ein Teil steigt bereits nach einem Jugendliche mit Migrationshintergrund Schuljahr zum Beispiel in eine Lehrlingsaus- weisen dann geringere Übertrittsraten in bildung ein. Auch hinsichtlich dem Weiter- eine höhere Schule auf, wenn sie zuvor eine verbleib in einer maturaführenden Schule NMS oder HS besucht haben. Nach Absol- von der 9. auf die 10. Schulstufe zeigen sich vierung einer AHS-U hingegen zeigen sich merkliche Unterschiede je nach dem in der beim Zugang zu höheren Bildungsgängen Mittelstufe besuchten Schultyp: Wer zuvor weitaus geringere Unterschiede zwischen eine AHS-U absolviert hat, erreicht mit hoher Kindern von Einheimischen und Zuwan- Wahrscheinlichkeit (rund 88 Prozent) die derern. 10. Schulstufe einer maturaführenden Schule. Bei den Absolventen/-innen einer NMS liegt In Oberösterreich ist die höhere berufliche die Verbleibsquote um ca. 16 Prozentpunkte Bildung stark ausgeprägt (Übertrittsrate niedriger. MATURANTEN/-INNEN NACH ART DES IN DER SEK I BESUCHTEN SCHULTYPS IN PROZENT Matura an einer… Sek I in… Oberösterreich Österreich alle AHS BA f alle AHS BA f ORG HTL HAK HLW LF ORG HTL HAK HLW LF MF lang EP MF lang EP AHS-U 48 97 35 36 23 23 18 30 54 96 40 43 32 29 23 35 NMS / HS 51 3 62 63 77 76 82 69 43 3 55 55 66 69 77 64 AK Grafik Jahrgang 2018; auf Einerstellen gerundet; Rest auf 100 % = unbekannt bzw. anderer Schultyp sowie Rundungsdifferenzen Quelle: Statistik Austria (2020), Bildung in Zahlen, Tabellenband, S. 313ff In Oberösterreich ist die schulische Vorbildung hoch sind die Anteile der Maturanten/-innen der Maturanten/-innen quer über alle matura- mit HS-/NMS-Hintergrund in Oberösterreich führenden Schulen im Hinblick auf den in in HAK, HLW (ca. drei Viertel) bzw. in LF der Sek I besuchten Schultyp wesentlich aus- (gut vier Fünftel), während sie in HTL und geglichener als im Bundesschnitt. Besonders ORG bei knapp zwei Drittel veranschlagen. 14
Info-Box 2: Wie bereits für die Primarstufe (Volksschule) bzw. für den Eintritt in die Sek I veranschaulicht, spielt neben den schon erwähnten demografischen Faktoren (Geschlecht, regionale Herkunft, Migrationshintergrund) auch im Übergang in die Oberstufe (Sek II) die soziale Herkunft der Schüler/-innen eine bedeutende Rolle. Dies lässt sich zudem am weiteren Bildungserfolg belegen, der eng mit Bildungsniveau und sozio-ökono- mischem Status der Eltern korrespondiert. Dies strahlt folglich entsprechend stark in den tertiären Bildungs- sektor (Studium) hinein. Auf Basis der höchsten Schulbildung der El- als auch in der Oberstufe. Hingegen ist die tern widerspiegelt sich das schichtspezifische Bildungsherkunft der Eltern bei BHS-Schü- Übertrittsverhalten in erhöhten Anteilen von lern/-innen relativ ausgeglichen. Auf Basis Kindern mit Eltern mit höherer bzw. akade- solcher Belege kann die BHS in Summe als mischer Bildung sowohl in der AHS-Unter- soziale Aufstiegschance bezeichnet werden. ÜBERTRITTE IN SCHULFORMEN DER SEK I UND II NACH BILDUNG DER ELTERN Kind wird nach der VS wechseln in … AHS-U 3 26 25 46 höchste Schulbildung NMS 9 57 20 14 der Eltern: Jugendlicher wird nach der max. Pflichtschule 8. Stufe wechseln in … Berufsausbildung Polytechnische Schule 15 57 19 9 (Lehre, BMS) Matura Berufsschule 13 55 19 12 universitärer BMS 11 55 21 13 Bildungsabschluss BHS 7 38 30 25 (Uni / FH / Akad.) AHS-0 4 20 25 52 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % AK Grafik Angaben zur Schulwahl lt. Schüler-/Elternangaben am Ende der 4./8. Schulstufe Quelle: BIFIE (BIST-Ü-D4 2015, BIST-Ü-M8 2017), zit. n. NBB 2018, Wien 2019, S. 145 15
Der Weg Richtung Matura wird stark begüns- deren Eltern nicht erwerbstätig sind bzw. tigt von einem höherem Bildungsabschluss Hilfstätigkeiten ausüben. Ähnliches gilt für der Eltern und höherer Qualifikation der be- den Zugang zu Universitäten und Fachhoch- ruflichen Tätigkeit. Wenig Chancen auf einen schulen. Weg zur Matura haben Zuwandererkinder, SOZIALE HERKUNFT INLÄNDISCHER STUDIENANFÄNGER/-INNEN (ÖSTERREICH) Väter / Männer Mütter / Frauen 50 40 Eltern / Bevölkerung (in %) 30 48 20 32 30 30 30 25 26 22 23 10 19 19 20 21 20 20 22 20 21 16 17 16 14 14 14 13 13 10 7 9 9 0 Pflicht- Lehre BMS / AHS / Hoch- Pflicht- Lehre BMS / AHS / Hoch- schule Meister BHS* schule schule Meister BHS* schule Eltern der inländischen Studienanfänger/-innen an öffentlichen Universitäten Eltern der inländischen Studienanfänger/-innen an Fachhochschulen 40- bis 64-jährige inländische Bevölkerung (Elterngeneration) AK Grafik Messgröße ist der Bildungsabschluss der Eltern, *inkl. Kollegs Quelle: Statistik Austria (Hochschulstatistik WS 2016/17, Abgestimmte Erwerbsstatistik); Berechnung/Darstellung: BIFIE 2019. In: NBB 2018, S. 217 16
FRÜHER SCHULABGANG BZW. AUSBILDUNGSABBRUCH Jahr für Jahr fallen in Oberösterreich hunderte Auf Basis des Altersjahrgangs blieben in Jugendliche ohne Abschluss aus dem Ausbil- Oberösterreich 4,8 Prozent der 14-Jährigen dungssystem. Die individuellen Ausbildungs- am Ende der Schulpflicht zunächst ohne verläufe jugendlicher Bildungsaussteiger/-in- weitere Ausbildung. Burschen bzw. Migran- nen können sehr unterschiedlich sein: Einige tenkinder sind überdurchschnittlich vom verlassen das Bildungssystem bereits nach Er- frühen Schulausstieg betroffen. (Quelle: Statistik füllung der Schulpflicht, manche haben nach Austria, Bildung in Zahlen, Tabellenband Wien 2020, S. dem neunten Schuljahr nicht einmal die achte 204ff, 215ff, 220ff) Schulstufe positiv absolviert. Andere begin- nen zwar eine weiterführende Schule oder Lehre, die sie aber im Verlauf der Ausbildung Abbruch einer weiterführenden Schule vorzeitig abbrechen bzw. ohne positiven Ab- in Oberösterreich schluss beenden. Ein Preis für eine frühe berufliche Spezialisie- rung in der Schule sind hohe Um- und Aus- Früher Schulausstieg stiegsraten, die zusammen – gemessen an den in Oberösterreich Einstiegsjahrgängen – bei ca. 35 Prozent lie- gen. Ein erheblicher Teil bricht bereits un- Frühe Schulaussteiger/-innen beenden ihren mittelbar nach dem Einstiegsjahr ab: 16,1 Bildungsweg unmittelbar nach Erfüllung der Prozent wechseln, weitere 2,4 Prozent blei- Schulpflicht zumindest vorläufig. Im Schul- ben überhaupt ohne Ausbildung. Die Um- jahr 2017/18 stiegen 578 Jugendliche unmit- und Ausstiegsquoten variieren stark je nach telbar nach der 8. Schulstufe und weitere 718 Schultyp. Am höchsten sind sie in den unmittelbar nach der 9. Schulstufe (443 da- Fachschulen. von aus dem PTS, 143 aus BMS, 82 aus BHS und 50 aus AHS) aus, das ergibt zusammen knapp 1.300 Personen. UM- UND AUSSTIEGE AN WEITERFÜHRENDEN SCHULEN IN OÖ IN PROZENT UNMITTELBAR NACH DER 9. SOWIE NACH DER LETZTEN* SCHULSTUFE Schultyp Umstieg = U Ausstieg = A U + A zusammen gleich nach insgesamt* gleich nach insgesamt* gleich nach insgesamt* 9. Schulstufe 9. Schulstufe 9. Schulstufe AHS-O 8,1 17,0 1,6 5,2 9,7 22,2 BMS 22,8 31,6 6,0 12,8 28,8 44,4 BHS 18,2 34,1 1,4 5,1 19,6 39,2 LHS** 5,5 10,6 0,9 2,9 6,4 13,5 alle Schultypen 16,1 28,1 2,4 6,6 18,5 34,7 gesamt AK Grafik Basis = Einstiegsjahrgänge Schuljahr 2013/14 = 100 Prozent *per Ausbildungsende; **BA f EP Quelle: Statistik Austria, BiZ, Schuljahr 2018/19, Sonderauswertung, Wien 2020 17
In Oberösterreich bricht jede dritte Einstei- Prozent der Schüler/-innen der Einstiegsklas- gerin/jeder dritte Einsteiger die begonnene sen der beschriebenen Schultypen. 275 stiegen weiterführende Schulausbildung (BMHS, unmittelbar nach dem ersten Ausbildungs- AHS-O) vorzeitig ab, mehr als die Hälfte da- jahr und weitere 495 Schüler/-innen zwischen von bereits nach dem ersten Ausbildungsjahr. der 10. und letzten Schulstufe aus, ohne vor- Das Gros der Abbrüche machen Umstiege erst eine andere Ausbildung zu beginnen. Be- aus, wenn Auszubildende von einer in eine sonders hoch sind die Ausstiegsraten an den andere Ausbildung wechseln, zum Beispiel mittleren Schulen, insbesondere an den Han- von einer höheren Schule in eine Fachschule delsschulen (26 Prozent!). Abbrüche in wei- oder Lehre. terführenden Schulen können oft durch den Umstieg in eine Lehrlingsausbildung aufge- 770 junge Menschen sind in Oberösterreich fangen werden. Zum Teil erfolgen diese Wech- komplett aus dem Bildungssystem ausgestie- sel bereits unmittelbar nach den Einstiegs- gen (= ersatzloser Abbruch des Bildungswegs jahrgängen, etwa wenn dort nur das letzte = keine Schule, keine Lehre) – das sind 6,6 Jahr der Schulpflicht absolviert wurde. UM- UND AUSSTIEGE AN WEITERFÜHRENDEN SCHULEN BIS ZUM ENDE DER AUSBILDUNG (OÖ) Umstieg in … Schultyp Ausstieg BHS / AHS BMS Lehre Sonstiges gesamt AHS-O 7,3 1,2 7,8 0,7 17,0 5,2 BMS 3,1 1,6 25,5 1,4 31,6 12,8 BHS 4,0 8,7 20,6 0,8 34,1 5,1 LHS 2,6 0,9 5,3 1,8 10,6 2,9 alle Schultypen 4,7 4,9 17,6 0,9 28,1 6,6 gesamt AK Grafik Tabellenwerte in % — Basis = Einstiegsjahrgänge Schuljahr 2013/14 = 100 % Quelle: Statistik Austria, BiZ, Schuljahr 2018/19, Sonderauswertung, Wien 2020 Den hohen Ausstiegsraten unmittelbar nach der Schulen bei knapp unter 500 Schülern/ der 9. Schulstufe entsprechend liegt die Ge- -innen. Ein schwaches Viertel davon betrifft samtzahl der frühen Schulausstiege zwischen AHS-Ausstiege. der 10. und letzten Schulstufe weiterführen- AUSSTIEG AUS DEM BILDUNGSSYSTEM – WEITERFÜHRENDE SCHULEN (OÖ)* zuletzt besuchter Schultyp Ausstieg nach … BMS (3 + 4-jährig) BHS (inkl. LHS) AHS-O gesamt Schulstufen 10 - 13 160 219 116 495 Schulstufen 9 - 13 303 301 166 770 AK Grafik *abgeleitet vom Referenzjahrgang (= Eintrittsstufen in o.a. Schultypen), Schuljahr 2013/14 Quelle: Statistik Austria, BiZ, Schuljahr 2018/19, Sonderauswertung, Wien 2020 18
Ausbildungsende ohne erfolgreichen brachen vorzeitig ab, 7,4 Prozent schlossen Lehrabschluss im Dualen System in die Lehrabschlussprüfung negativ ab bzw. Oberösterreich traten gar nicht an. Die Drop-Out-Raten streuen branchen- bzw. berufsmäßig sehr 1.362 Lehrlinge beendeten 2018 ihre Ausbil- stark, was auch mit Ausbildungs- und Ar- dung ohne erfolgreichen Lehrabschluss – das beitsbedingungen in bestimmten Branchen sind 20,3 Prozent der Lehranfänger/-innen in bzw. Betrieben zu tun hat. der gewerblichen Wirtschaft: 12,9 Prozent LEHRLINGE OHNE ERFOLGREICHEN LEHRABSCHLUSS (ÖSTERREICH) IN PROZENT – AUSGEWÄHLTE LEHRBERUFE Untergliederung nach Art des Drop-Out Drop-Out- vorzeitiger negative nicht zur LAP Lehrberuf Rate Abbruch LAP angetreten Betriebslogistikkaufmann/-frau 24,8 16,5 4,5 3,8 Bürokaufmann/-frau 12,6 9,6 1,4 1,5 Einzelhandel — allgemein 19,1 15,0 1,4 2,6 Einzelhandel — Einrichtungsberatung 21,2 16,2 1,5 3,5 Einzelhandel — Lebensmittel 26,6 20,6 2,8 3,3 Einzelhandel — Textilhandel 17,5 14,2 1,5 1,6 Friseur/-in, Perückenmacher/-in 39,5 27,2 6,2 6,2 Gastronomiefachmann/-frau 32,3 22,0 4,6 5,7 Großhandelskaufmann/-frau 16,0 11,5 2,1 2,4 Hotel-/Gastgewerbeassistent/-in 28,0 21,2 4,3 2,5 Karosseriebautechnik 20,9 11,6 4,9 4,3 Koch/Köchin 37,1 29,2 4,3 3,6 Konditor/-in 21,5 14,8 3,7 3,1 Maler/-in, Anstreicher/-in — Schwerpunkt Funktionsbeschichtungen 38,6 24,4 7,8 6,4 Maurer/-in 20,4 14,3 3,3 2,7 Mechatronik 5,4 1,3 2,8 1,4 Pharmazeutisch-kaufm. Assistenz 16,6 11,6 3,4 1,7 Restaurantfachmann/-frau 44,6 34,8 4,4 5,5 Tischlerei 26,0 13,4 5,8 6,8 Verwaltungsassistent/-in 10,3 7,8 0,6 1,8 Zimmerei 15,5 8,1 3,6 3,9 Gesamt 23,9 16,8 3,6 3,7 AK Grafik Basis: Lehrlinge, welche die Lehre beendeten (ohne überbetriebliche Lehrausbildung), Mittelwerte 2016-2018, Rundungsdifferenzen Quelle: WKO, Daten zum QML, Österreich Gesamt 2018, Wien 2020 Zusammenfassung früher Schulausstieg und Lehrlings-Drop-Out für Oberösterreich 578 Jugendliche stiegen unmittelbar nach der 8. Schulstufe aus. 718 Jugendliche stiegen unmittelbar nach der 9. Schulstufe aus (davon 443 aus dem PTS). 495 Jugendliche stiegen nach der 10. Schulstufe einer weiterführenden Schule aus. 1.362 Jugendliche, die eine Lehre begonnen haben, erreichten keinen positiven Abschluss. Das macht zusammen 3.153 Jugendliche jährlich aus! 19
Anteile junger (Aus-)Bildungs- nahme. Dies berücksichtigt die Quote der abbrecher/-innen an den Gleichaltrigen frühen Ausbildungsabbrecher/-innen, die in Oberösterreich aktuell bei 9,1 Prozent (Vor- Beinahe ein Fünftel der 20- bis 24-Jährigen jahr: 7,7 Prozent) der 15- bis 19-Jährigen verfügt maximal über einen Pflichtschulab- bzw. 14 Prozent (Vorjahr: 13,9 Prozent) der schluss (OÖ: 17,4 Prozent). Ein Teil davon be- 20- bis 24-Jährigen liegt. Nicht-österreichische findet sich aber noch oder wieder in (Aus-) Staatsbürger/-innen brechen in deutlich höhe- Bildung bzw. in einer AMS-Schulungsmaß- rem Ausmaß den Bildungsweg früher ab. QUOTE DER FRÜHEN AUSBILDUNGSABBRECHER/-INNEN* OÖ Ö Altersgruppe nach Staatsbürgerschaft m w gesamt m w gesamt 15- bis 19-Jährige — gesamt 10,6 7,5 9,1 12,8 9,2 11,0 15- bis 19-Jährige — StB österr. 6,2 5,4 5,8 7,8 6,7 7,3 15- bis 19-Jährige — StB nicht österr. 37,4 24,5 31,9 35,6 24,2 30,8 20- bis 24-Jährige — gesamt 15,5 12,3 14,0 15,6 12,2 13,9 20- bis 24-Jährige — StB österr. 10,9 7,9 9,4 11,6 8,2 10,1 20- bis 24-Jährige — StB nicht österr. 39,9 38,5 39,3 30,7 27,7 29,3 AK Grafik * in Prozent der gleichaltrigen Wohnbevölkerung per 31.10.2016: maximal APS-Abschluss, nicht in Ausbildung/AMS-Schulung Quelle: Statistik Austria (Sonderauswertung 01/2020), BibEr, RZ 2016 Info-Box 3: Frühe Ausbildungsabbrecher/-innen (FABA) …sind Personen, die über maximal einen Pflichtschulabschluss verfügen und aktuell an keiner (formalen) Bil- dung teilnehmen. Ihren Anteil an der Gesamtheit einer bestimmten Altersgruppe (meist der gleichaltrigen Wohnbevölkerung) nennt man kurz FABA-Quote. Diese umfasst: frühe Schulabgänge (zum Teil ohne Pflichtschulabschluss), die nach Ende der Schulpflicht zumindest vor- läufig keine Lehrlingsausbildung oder weiterführende Schule absolvieren. Schulabbrüche ohne Abschluss der begonnenen Ausbildung = Personen, die aus einer weiterführenden Schule aussteigen, ohne eine neue Ausbildung zu beginnen. Lehrlinge, die ihre Ausbildung vorzeitig abbrechen (und vorläufig keine andere Ausbildung beginnen) bzw. nach Ende der Lehrzeit nicht erfolgreich abschließen. Die FABA können in zweierlei Hinsicht betrachtet werden: zum einen als Momentaufnahme, zum anderen als kumulierte Bestandsgröße, die sich im Zeitverlauf verändert. Dank der Daten des bildungsbezogenen Erwerbs- karrierenmonitoring können arbeitsmarktbiografische Entwicklungen früher Schulabbrecher/-innen beschrie- ben werden. 20
ZUSAMMENHÄNGE ZWISCHEN BILDUNGS- UND ERWERBSARBEIT Personen mit frühen Ausbildungsabbrüchen Gründen arbeitslos – umgekehrt finden auch bzw. mit geringen Grundfähigkeiten haben (formal) gering gebildete Personen durchaus häufig ein erhöhtes Arbeitsmarktrisiko. Je Zugang zu bestimmten Bereichen des Arbeits- niedriger das formale (Berufs-)Bildungsniveau, markts, wie die Auswertungen auf Basis des umso höher das Risiko, arbeitslos zu werden. Bildungsbezogenen Erwerbskarrierenmonito- Dennoch werden auch Jugendliche mit ho- rings zeigen. hen Bildungsabschlüssen aus verschiedenen Info-Box 4: Bildungsbezogenes Erwerbskarrierenmonitoring (BibEr) der Statistik Austria Dieses Monitoring zeigt, wie sich Erwerbskarrieren 18 Monate nach Abschluss/Abbruch einer bestimmten formalen Ausbildung entwickeln. BibEr belichtet den Übergang vom (Aus)Bildungs- ins Berufsleben. Hierzu werden im Sinn einer Vollerhebung Verwaltungsdaten zu Bildung und Arbeitsmarkt strukturiert aufbereitet. Erklärungen zu den (überschneidungsfreien) Kategorien des Arbeitsmarktstatus: in Ausbildung = formale Ausbildungen (Schule, Lehre, Uni/Hochschule) sowie Trainingsmaßnahmen (AMS-Schulung) erwerbstätig = mehr als geringfügig beschäftigt AMS-Vormerkung = vorgemerkt, aber nicht in einer Schulungsmaßnahme sonstig = nicht aktiv, Präsenz- bzw. Zivildienst, Karenz, geringfügig erwerbstätig Wenn bei Personen, die gleichzeitig in Ausbildung und erwerbstätig oder beim AMS gemeldet sind, nicht be- kannt ist, welches dieser Merkmale überwiegt, gilt der Grundsatz „Ausbildung VOR Beschäftigung“ (z.B. sind berufstätige Studierende in Ausbildung, Lehrlinge ebenfalls). Geringfügige Beschäftigung sowie temporäre Abwesenheiten (wie z.B. Elternkarenz) zählen in diesem Projekt nicht zur Erwerbstätigkeit. ERWERBSTÄTIGE FABA* (PROZENTANTEILE AN DEN GLEICHALTRIGEN ERWERBSTÄTIGEN) OÖ Ö Altersgruppe nach Staatsbürgerschaft m w gesamt m w gesamt 15- bis 19-Jährige — gesamt 6,6 7,3 6,8 7,2 8,1 7,5 15- bis 19-Jährige — StB österr. 5,5 6,0 5,7 6,0 6,7 6,3 15- bis 19-Jährige — StB nicht österr. 17,5 18,8 18,0 17,4 19,1 18,1 20- bis 24-Jährige — gesamt 13,2 8,8 11,2 13,0 8,6 10,9 20- bis 24-Jährige — StB österr. 9,1 5,8 7,5 9,3 6,0 7,7 20- bis 24-Jährige — StB nicht österr. 42,0 34,9 38,9 35,5 26,2 31,3 AK Grafik * FABA per 31.10.2016: maximal APS-Abschluss, nicht in Ausbildung/AMS-Schulung; Quelle: Statistik Austria, BibEr (Sonderauswertung 01/2020) 21
6,8 Prozent der 15- bis 19-jährigen bzw. 11,2 Auffallend sind einerseits deutliche Ge- Prozent der 20- bis 24-jährigen Beschäftigten schlechtsspezifika (diese nehmen mit dem Al- in Oberösterreich verfügten 1,5 Jahre nach ter zu bzw. drehen sich um), andererseits die Stichtag maximal über einen Pflichtschulab- weitaus höheren FABA-Erwerbsquoten bei schluss und befanden sich in keiner Ausbil- Zuwandererjugendlichen. dung (Indiz für Einfach- bzw. Hilfsarbeit). ARBEITSMARKTSTATUS VON FABA, 18 MONATE NACH STICHTAG* IN PROZENT (OBERÖSTERREICH) 15- bis 19-Jährige 20- bis 24-Jährige Arbeitsmarktstatus m w gesamt m w gesamt in Ausbildung 16 17 16 3 2 3 erwerbstätig 26 30 28 60 39 51 AMS-vorgemerkt 11 12 12 10 12 11 sonstig 47 40 44 26 47 35 Summe 100 100 100 100 100 100 AK Grafik * FABA per 31.10.2016: maximal APS-Abschluss, nicht in Ausbildung/AMS-Schulung, Hauptwohnsitz in Oberösterreich Quelle: Statistik Austria, BibEr (Sonderauswertung 01/2020), Prozentwerte mit Rundungsdifferenzen Betrachtet man die Altersgruppe der 15- bis Interessant erscheint weiters die zuletzt be- 19-jährigen FABA mit den 20- bis 24-Jährigen, suchte Ausbildung der FABA im Kontext mit zeigen sich 1,5 Jahre nach dem Stichtag recht dem aktuellen Arbeitsmarktstatus (1,5 Jahre unterschiedliche Bilder: Jüngere FABA sind nach Stichtag): Lehrabbrecher/-innen kehren deutlich häufiger „in Ausbildung“ (16 Pro- seltener in die formale Ausbildungsschiene zent), ältere kaum. Demgegenüber ist nicht zurück als FABA mit anderem Bildungs- einmal jede/r dritte FABA unter 19 erwerbstä- hintergrund. Gleichsam gestalten sich die tig, bei den Älteren hingegen jede/-r Zweite. Erwerbsquoten von Lehrabbrechern/-innen Die AMS-Vormerkquote liegt jeweils bei etwas gleich nach den BHS-Aussteiger/-innen am über zehn Prozent. Mit dem Alter nimmt der relativ höchsten. FABA ohne Berufsausbil- Umfang der FABA, die weder erwerbstätig, er- dung sind am wenigsten in den Arbeitsmarkt werbssuchend oder wieder in Ausbildung sind, integriert und auch sehr stark in der Kate- ab und macht in Summe ein Drittel der Al- gorie „sonstig“ anzutreffen. tersgruppe aus. In diese Kategorie fallen u.a. auch Präsenz-/Zivildiener, Karenzierte sowie geringfügig Beschäftigte. Info-Box 5: NEET (Not in Employment, Education & Training) beziffert die Anzahl bzw. Anteile junger Menschen, die aktuell weder in Beschäftigung, Ausbildung oder in Schulung sind. Leider schmälert es die Messschärfe von NEET, dass alle Jugendlichen, die mehr als eine Stunde pro Woche beschäftigt sind (Laborforce-Konzept), aus diesem Indikator herausfallen. Nur ein Teil der NEET- Jugendlichen ist tatsächlich – in unterschiedlichem Ausmaß – bildungsarm im Sinne fehlender Schul- und Berufsabschlüsse bzw. mangelnder Grundfähigkeiten. Auch Personen mit (höheren) Abschlüssen und Kom- petenzen können sich aktuell im NEET-Status befinden, wenn sie nicht beschäftigt bzw. in Ausbildung/ Training sind. Darunter fallen z.B. Karenzierte oder Maturanten/-innen, die sich vor Beginn eines Studiums eine Auszeit gönnen. Umgekehrt scheint ein Teil bildungsarmer Jugendlicher gar nicht unter NEET auf, wie etwa FABA, die vorübergehend beschäftigt bzw. kursmäßig trainiert werden. 22
Laut einer OECD-Stichprobenerhebung be- erhebung im Bundesschnitt auf eine Quote lief sich 2018 die NEET-Quote bei den 20- bis von knapp 17 Prozent (OÖ: 13,7 Prozent). 24-Jährigen in Österreich auf 12,5 Prozent. Die Statistik Austria kommt in dieser Alters- Auch die NEET-Quote variiert stark mit dem gruppe auf Basis einer (viel genaueren) Voll- Migrationshintergrund: NEET-JUGENDLICHE NACH GESCHLECHT IN OÖ UND ÖSTERREICH (IN PROZENT DER GLEICHALTRIGEN) OÖ Ö Altersgruppe nach Staatsbürgerschaft m w gesamt m w gesamt 15- bis 19-Jährige — gesamt 9,5 7,7 8,6 12,6 10,0 11,3 15- bis 19-Jährige — StB österr. 4,9 5,7 5,3 7,0 7,6 7,3 15- bis 19-Jährige — StB nicht österr. 37,5 23,2 31,4 38,3 24,7 32,6 20- bis 24-Jährige — gesamt 12,8 14,7 13,7 16,7 16,9 16,8 20- bis 24-Jährige — StB österr. 8,8 10,7 9,7 11,7 12,7 12,2 20- bis 24-Jährige — StB nicht österr. 37,1 38,7 36,2 35,7 34,7 35,2 AK Grafik Quelle: Statistik Austria, BibEr, RZ 2016 (Sonderauswertung 01/2020) 1,5 Jahre nach Ausbildungsabbruch befinden der jüngeren bzw. knapp ein Drittel der älteren sich 20 Prozent der 15- bis 19-jährigen NEET- NEET-Jugendlichen. Weder beschäftigt noch Jugendlichen, aber nur sechs Prozent der 20- in Ausbildung/Schulung waren 61 Prozent der bis 24-Jährigen wieder in Ausbildung. Mehr 15- bis 19-jährigen bzw. knapp zwei Drittel als geringfügig erwerbstätig ist ca. ein Fünftel der 20- bis 24-jährigen NEET-Jugendlichen. ARBEITSMARKTSTATUS VON NEET-JUGENDLICHEN, 18 MONATE NACH STICHTAG IN PROZENT (OÖ) 15- bis 19-Jährige 20- bis 24-Jährige Arbeitsmarktstatus m w gesamt m w gesamt in Ausbildung 19 22 20 7 5 6 erwerbstätig 17 22 19 32 28 30 AMS-vorgemerkt 10 11 11 12 11 12 sonstig 54 44 50 49 56 53 AK Grafik FABA per 31.10.2016: maximal APS-Abschluss, nicht in Ausbildung/AMS-Schulung, Hauptwohnsitz in Oberösterreich Quelle: Statistik Austria, BibEr (Sonderauswertung 01/2020); Prozentwerte mit Rundungsdifferenzen 23
Über 40 Prozent der bundesweit mehr als Zehntel über einen BMS- bzw. BHS-Ab- 90.000 NEET-Jugendlichen im Alter von schluss. Bundesweit besitzt ca. jede/-r zehnte 20 bis 24 Jahren haben maximal die Pflicht- NEET-Jugendliche dieser Altersgruppe die schule abgeschlossen, mehr als ein Viertel ver- AHS-Matura, knapp vier Prozent sind Aka- fügt über einen Lehrabschluss, je fast ein demiker/-innen. 20- BIS 24-JÄHRIGE NEET-JUGENDLICHE NACH HÖCHSTER ABGESCHLOSSENER VORBILDUNG* 20- bis 24-jährige NEET-Jugendliche verteilt nach Vorbildung Region APS Lehre BMS BHS AHS** Uni** OÖ 5.291 3.554 1.155 1.154 — — Ö 37.613 24.376 9.204 8.735 9.301 3.498 AK Grafik höchste abgeschlossene Ausbildung; APS = max. Pflichtschulabschluss, Uni = Hochschule, Akademie ** keine OÖ-Daten aufgrund geringer „Fallgrößen“ Quelle: Statistik Austria, BibEr (Sonderauswertung 01/2020), Zellenwerte in Absolutzahlen 24
AUSBLICK: FÖRDERN VERSUS AUSLESEN Soziale Vererbung von Bildung ist in Öster- Auch die zuletzt veröffentlichten Ergebnisse reich nach wie vor evident, ebenso wie frühe der Bildungsstandards (Englisch, 8. Schul- Zeugnis- und Kompetenzarmut. Gleichzei- stufe) setzten diesen Aufwärtstrend fort. tig zeigte sich ein gewisser Aufwärtstrend, wie z.B. jüngst bei den BIST-Überprüfungen Trotz dieser positiven Entwicklung beste- in Mathematik am Ende der Volksschule: hen weiterhin deutliche Kompetenzdiffe- Gegenüber der letzten Erhebung im Jahr renzen im Hinblick auf Geschlecht, Migrati- 2013 gingen die Anteile der 10-Jährigen, onshintergrund und die soziale Herkunft welche die Standards nicht erreichten, bun- der Schüler/-innen. Ebenso ist zu hinter- desweit von elf auf acht Prozent zurück. fragen, warum sich die Aufwärtstendenzen 2010 hatten noch 19 Prozent die Standards bei der Kompetenzentwicklung bisweilen verfehlt. noch nicht in verringerten Abbruchsquoten abgebildet haben. BILDUNGSPOLITIK: RÜCKKEHR ZU AUSGRENZUNG UND AUSLESE? Die österreichische Bildungspolitik hatte in standardisierten Rückmeldungen sollten eine den vergangenen 10 bis 15 Jahren mehrere evaluationsbasierte, reflektierte Lern- und Schritte zum Abbau früher Bildungsarmut Unterrichtskultur begünstigen. gesetzt. Es kamen dabei nicht ausschließlich arbeitsmarktpolitische Projekte und Ange- Seit dem Regierungswechsel im Herbst 2017 bote zum Nachholen von Abschlüssen zum zeichnet sich jedoch auch ein bildungspo- Einsatz, die bereits erfolgte Bildungsausstiege litischer Kurswechsel ab: Es wird offenbar kompensieren sollten. Erstmals wurde ver- wieder mehr Wert auf eine Bildungskultur der stärkt auch auf möglichst frühe Vorbeugung Auslese, auch mit den Folgen von Ausgren- negativer Schulkarrieren sowie auf unterstüt- zung, gelegt. Die Einführung abgesonderter zende „Eingriffe“ VOR Abbruch und Aus- Deutschklassen, die Wiedereinführung von stieg gesetzt. Dazu zählten Maßnahmen im Ziffernnoten in der Volksschule und Leis- Bereich der frühen Förderung (wie z.B. die tungsgruppen in der Hauptschule weisen in Einführung eines verpflichtenden Kinder- diese Richtung. Zudem soll – so deuten es gartenjahres), der Start der Ausbauoffensive zumindest die neuen Regierungsprogramme für ganztägige Schulformen, der Ausbau des an – ab dem Kindergarten in allen Über- nationalen Bildungsmonitorings, die Ent- gangssituationen (von der Volkschule in die wicklung diverser Support- und Coaching- Mittelstufe, von der Mittelstufe in die Ober- instrumente (Jugend-, Lehrlingscoaching, stufe etc.) „objektiv“ getestet werden, um die Berufsassistenz, Lernbegleitung in der Ober- Kinder „richtig“ zu sortieren und auszulesen. stufe). Auch die Einführung der verpflich- Offenbar erhält Elitenbildung in der Schule tenden Ausbildung bis 18 entsprang der wieder mehr Gewicht gegenüber sozial ge- Absicht, frühem Bildungsabbruch und dessen rechter Breitenförderung. negativen Langzeitfolgen entgegenzuwir- ken. Auf Basis des ausgebauten nationalen Ab Herbst 2020 werden Kompetenzmessun- Bildungsmonitoring entwickelte sich eine gen in den 3. und 4. sowie in den 7. und 8. Testkultur, deren Hauptziel letztlich die Ver- Schulstufen eingeführt, welche die bisherigen besserung der systemischen und schulischen Bildungsstandards ersetzen sollen. Im Vorder- Rahmenbedingungen für die bestmögliche grund soll die individuelle Förderung stehen. Förderung der Schüler/-innen war. Diese Wichtig ist, dass diese Testungen wie das Vor- 25
gängermodell dem individuellen und syste- Wenngleich sich dort durchaus auch posi- mischen Fördercharakter dienen und nicht tive Ansätze finden, insbesondere im Bereich formelle oder quasi-formelle Grundlage für der Elementarpädagogik und betreffend Bildungswegentscheidungen werden. Ob in Zusatzmittel für Schulen mit besonderen diesem Kontext zusätzliche Selektionshürden Herausforderungen, ist zu befürchten, dass zu erwarten sind, ist nach Lektüre des Regie- die „neue“ Bildungspolitik wenig zum Ab- rungsprogramms der neuen Bundesregierung bau von Bildungsvererbung und zur Ver- (Stand Jänner 2020) zumindest nicht auszu- ringerung des frühen Schulabbruchs bei- schließen. tragen wird. AUSWIRKUNGEN DER COVID-19-PANDEMIE AUF DIE BILDUNGSUNGLEICHHEIT Mit dem rasanten Übergreifen der Covid-19- Die bisher angekündigten bzw. beschlosse- Pandemie auf Österreich kam es ab Mitte nen Maßnahmen der Bundesregierung bzw. März bundesweit zu einem Lock-Down des Bildungsministeriums, nachhaltigen Bil- der Bildungseinrichtungen. Der Schulbe- dungsbenachteiligungen im Sog von Corona trieb musste auf Home-Schooling umgestellt entgegenzuwirken, fallen äußerst beschei- werden. Entgegen der Beschwichtigungen den aus und werden ein weiteres Öffnen aus dem Bildungsministerium und den der Bildungsschere kaum verhindern. Die nachgeordneten Schulbehörden war abseh- „Summerschool“ stellt de facto einen auf bar,dassKinderausFamilienmitgeringerKapital- freiwilliger Teilnahme beruhenden zwei- ausstattung und knappem Wohnraum beim wöchigen Ferien-Deutschkurs für Pflicht- Fernlernen potentiell zusätzliche Nachteile schüler/-innen mit Sprachbarrieren dar. Die erfahren. Die Gefahr, dass soziale Herkunfts- Ausstattung der Schüler/-innen im Rahmen unterschiede im Gefolge der Corona-Krise des Portals „Digitale Schule“ mit digitalen die bestehenden Bildungsunterschiede ver- Endgeräten (beginnend mit den 5. Schul- schärfen, belegen zwischenzeitlich mehrere stufen) wurde erst für das Schuljahr 2021/22 Zwischenergebnisse von laufenden For- angekündigt. Angedacht ist dabei eine Kosten- schungsprojekten (vgl. z.B. Steiner M. et al. beteiligung der Eltern, konkretere Umset- 2020; Schober B. et al. 2020; IBE 2020; Bacher zungsdetails fehlen vorerst noch. J./Tamesberger D. 2020). 26
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SOZIALER AUSLESE UND FRÜHEM BILDUNGSABBRUCH ENTGEGENWIRKEN: VORSCHLÄGE DER AK OBERÖSTERREICH Die Arbeiterkammer Oberösterreich fordert bildung bis 18 könnte am Übergang von von der Bundesregierung konkrete und nach- der Schule zu einem gelingenden Berufs- haltige bildungspolitische Maßnahmen zur eintritt durch umfassende Bildungs- und Bekämpfung von früher Zeugnis- und Kom- Sozialarbeit für einen notwendigen Aus- petenzarmut vor allem auch schon während gleich sorgen. der Ausbildung. Zugleich muss drohenden Negativeffekten des Lernens unter Corona- Ob eine gut entwickelte systemübergrei- Bedingungen massiv gegengesteuert werden. fende Ausbildung bis 18 zusätzlich noch Ziel muss sein, dass soziale Herkunft kein eine – wie im Regierungsprogramm ange- Hemmnis für erfolgreiche Bildungskarrieren kündigt – rein schulbezogene Bildungs- darstellt. Daraus leitet die Arbeiterkammer pflicht benötigt, ist dringend vorab zu klä- nachstehende Handlungsvorschläge ab: ren. Es muss gleichzeitig an mehreren Lösungssträngen gezogen werden: Früh und kindgerecht fördern: Im Regie- rungsprogramm 2020-2024 wird der Aus- • Die schulische Oberstufe braucht ange- bau qualitätsvoller Elementarpädagogik sichts der hohen Differenzierung ver- angekündigt. Was jedoch fehlt, sind kon- besserte Um- und Wiedereinstiegswege krete Zeit-, Mengen- und Finanzziele für (weiterer Ausbau des vorbeugenden eine Qualitätsoffensive. Das zweite ver- Coachings, Rückkehrschleifen nach Aus- pflichtende Kindergartenjahr soll rasch stiegen, schultypenübergreifender Aus- und für alle kommen. bau gegenseitiger Anrechnung von Teil- prüfungen), auch in verstärkter Koope- Frühe Förderung statt früher Selektion: ration zwischen Schule und außerschu- Ein gutes Schulsystem braucht keine Aus- lischen Auffangnetzen. Aussonderung sortiertests vom Kindergarten an. Vielmehr durch Drop-Out und das redundante sollen Kompetenzmessungen als Ausgangs- Nachholen auch bereits erlernter Bil- basis für eine systematische Evaluation von dungsinhalte bieten keine Zukunftslö- Bildungsergebnissen und für maßgeschnei- sung: nicht für die Jugendlichen, nicht derte individuelle Förderung dienen. Exper- für die Wirtschaft, nicht für die öffent- tisen empfehlen ein Mehr an lernunter- liche Hand. stützender Leistungsbeurteilung, beruhend auf Förderelementen wie Coaching, Diag- • Gerade in Corona-Zeiten müssen infolge nostik mit Feedbackschleifen auf Lern- des verstärkten Verdrängungswettbe- und Unterrichtsebene sowie die Forcie- werbs engmaschige Netze gerade für die rung intrinsischer Lernanreize. Jugendlichen am unteren Bildungsrand geknüpft werden. Angesichts knapper Solange Prävention, Intervention sowie in- Mittel muss primär in niederschwellige dividuelles Fördern während der Schule Auffangnetzangebote (Produktionsschu- nicht breitenwirksam gegen Bildungsar- len, überbetriebliche Ausbildungsplätze mut und Bildungsvererbung wirken, dür- mit existenzsichernden Beihilfen für die fen Kompensationsmaßnahmen wie z.B. Jugendlichen) investiert werden. Produktionsschulen nicht sukzessive aus- gehungert werden. Es darf zu keiner Be- nachteiligung der Breiten- gegenüber der Elitenförderung kommen. Der Ausbau und die qualitative Weiterentwicklung der Aus- 28
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