Maischberger: genial zerstört Nico Semsrott in 30 Sekunden Polit-Talkshows - Volksverpetzer

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Maischberger: genial zerstört Nico Semsrott in 30 Sekunden Polit-Talkshows - Volksverpetzer
Maischberger:     So   genial
zerstört Nico Semsrott in 30
Sekunden Polit-Talkshows

die partei in einer talkshow
Nico Semsrott, frisch gebackener EU-Parlamentarier von der
Partei die PARTEI war in der Sendung von Sandra Maischberger
zu Gast. Und er zerlegte in etwas mehr als 30 Sekunden die
politische Parteien- und gleich noch die TV-Landschaft.

 lol     @nicosemsrott      #maischberger            zerstört
 pic.twitter.com/pIPm06RhGH

 — MdB des Grauens   (@MdBdesGrauens) May 29, 2019

Anstatt nun aber verstehen zu wollen, warum vor allem
Erstwähler und junge Menschen eine Satire-Partei wählen,
starrte Maischberger den Politneuling an wie ein seltenes
Insekt. Semsrott weist darauf hin, dass die Politiker im
Schnitt älter werden und die jüngeren Generationen nicht
mitreißen können. Dennoch versteifen sich die Moderatorin und
der ebenfalls eingeladene Welt-Journalist Robin Alexander
darauf, den Satiriker nicht ernst zu nehmen.
Maischberger: genial zerstört Nico Semsrott in 30 Sekunden Polit-Talkshows - Volksverpetzer
Man müsste Maischberger den Zweck von
Satire erklären
Eventuell muss man den beiden die Aufgabe von Satire noch
einmal erklären. Nico Semsrott bekennt auf stichelnde
Nachfrage zurecht, dass er mit seiner 2,4%-Partei und seinem
Kollegen Martin Sonneborn zwar natürlich politisch nichts
bewirken kann. Allerdings tragen sie zu etwas bei, was die im
wahrsten Sinne des Wortes „Alt-Parteien“ jahrelang nicht
geschafft haben. Junge Menschen interessieren sich für
Politik. Und sind wir mal ehrlich: Wüssten wir ohne die Videos
von Martin Sonneborns Reden, ohne seine Tweets und nicht
zuletzt ohne sein Buch („Herr Sonneborn geht nach Brüssel“)
überhaupt, was da in Brüssel passiert?

Ein letzter Gedanke: Die Überheblichkeit, mit der Nico
Semsrott von Maischberger und Alexander behandelt wurde, hat
mich geärgert und trotzig gemacht: „Jetzt würde ich die erst
recht wählen“, dachte ich mir. Und dann habe ich mir
vorgestellt, wie überheblich AfD-Politiker behandelt werden,
und dann dachte ich: „Ok, das könnte auch ein Grund sein,
warum Menschen die AfD wählen.“ Dieser Perspektivwechsel war
spannend und zeigt mir, dass wir auch im Umgang mit der AfD
doch noch viel lernen müssen oder aber: Die AfD hat eine Lücke
besetzt, die nicht bedient wurde. Mal schauen, ob wir sie da
rausbekommen.

Artikelbild: Screenshot ARD.de

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Rechtsextreme
Schuldzuweisungen         an
Böhmermann   und   Co:   Nur
Strache allein hat Schuld!

Verantwortung abwälzen
Es gibt Neuwahlen in Österreich. Und daran ist nur eine
einzige Person Schuld: Heinz-Christian Strache (nachfolgend
schlicht: HC). Niemand sonst. Er hat die Regierung gesprengt.
Niemand sonst. Auch wenn nun sowohl in rechtsextremen Gruppen
als   auch    in   den   Kommentarspalten      verschiedene
Argumentationsmuster vorgeschlagen werden, die das Geschehene
anderweitig framen sollen.

 Whataboutismen, Ablenkungen & Schweigen: So reagieren AfD und
 Co auf das Strache Video
Maischberger: genial zerstört Nico Semsrott in 30 Sekunden Polit-Talkshows - Volksverpetzer
Wir brechen das zunächst mal auf den Inhalt des Videos
herunter, das bereits im Juli 2017 auf der Partyinsel Ibiza
aufgenommen wurde. Übrigens drei Monate vor der
Nationalratswahl. Es ist nur eine Spekulation, aber eventuell
hätte eine damalige Veröffentlichung einen Vizekanzler HC
Strache verhindert. Eventuell sogar die ganze Koalition. Aber
wer weiß: Vielleicht wurde das Video auch zurückgehalten, um
mal abzuwarten, wie sich das Ganze so entwickelt.

Strache und der Rechtsextremismus
Dass HC nach der Wahl mit dem äußersten rechten Rand
gekuschelt hat, wollte er nie zugeben. Mal hat er nur drei
Bier bestellt und hat eben nicht den sogenannten Kühnen-Gruß
gezeigt, eine „abgeschwächte“ Variante des Hitler-Grußes. Mal
wusste er nicht, dass die jungen Burschen an seinem Tisch
Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegung waren.
Soweit eine kurze Einordnung von HC.

Was sehen wir auf dem Video? Wir sehen einen locker
angezogenen, auf einer Couch lümmelnden HC, einen weiteren
jungen Mann (Johann Gudenus) und eine Blondine, die eine russische
Oligarchin sein soll. Denken jedenfalls HC und J. Gudenus.

Das Video ist über 6 Stunden lang. Bekannt sind bisher nur
einige Ausschnitte, und nein, die können nicht so zusammen
geschnitten worden sein, dass HC da blöd wegkommt. Er sagt es
selbst und unmissverständlich: Die russische Oligarchin
schießt Geld für die Wahlkampfhilfe zu, im Gegenzug erhält sie
Aufträge. Sie müsste nur noch ein Unternehmen in Österreich
gründen. Die Wahlkampfhilfe erhält natürlich nicht die Partei
des HC, die FPÖ, sondern das Geld geht am Rechnungshof vorbei
an einen gemeinnützigen Verein.
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Warum ist Strache kein „Volksverräter“?
Halten wir fest: HC gibt Aufträge gegen Schwarzgeld an den
Russen. Aufträge, die auch an Österreicher gehen könnten, an
„sein Volk“. Frage: Ist hier der Begriff „Volksverräter“
angebracht?

Zweite Kernaussage des Videos: Die vermeintliche Oligarchen-
Nichte beteiligt sich an der größten Boulevard-Zeitung
Österreichs. Der Kronen-Zeitung. Das Ziel: Unliebsame
Journalisten entfernen. Wenn ein Staat dermaßen in die
Freiheit der Presse eingreift, nennt sich das Gleichschaltung.
Man liest es in den Kommentaren häufig, aber: Nein, nur weil
Medien gegen die AfD oder FPÖ schreiben bzw. berichten, sind
sie nicht staatlich gleichgeschaltet. Zumal ich an Kiosken
alle Spektren finde, von ganz links bis ganz rechts.

In der Pressekonferenz von HC gibt es zwei wesentliche Punkte:
Zunächst einmal ist der Alkohol Schuld an diesem „dummen
Fehler“ gewesen. Diese Argumentationshilfe wird in vielen
rechten Gruppen angeboten. Es wird betont, dass er ja auch
viel Gutes getan habe, und man so einen Fehler mal verzeihen
soll. Verglichen wird auch mit Schwarzgeldkassen von Helmut
Kohl oder ergaunerten Doktortiteln. Wenn schon mit
Parteispendenaffären verglichen wird, dann bitte mit denen von
Meuthen und Weidel. Das, was derzeit in Österreich passiert,
ist ein anderes Kaliber!

Cui Bono? Interessant, aber irrelevant
Der zweite Aspekt, der aus der Pressekonferenz nun aber immer
mehr in den Fokus rückt: Wer hat denn diese Aufnahmen gemacht?
Man hört immer den Namen von Jan Böhmermann, der bereits im
April entsprechende Andeutungen gemacht hatte, als er bei der
Verleihung des österreichischen TV-Preises Romy die Übernahme
der Kronen-Zeitung und auch eine „russische Oligarchenvilla“
auf Ibiza erwähnte. Fraglich ist, ob Böhmermann bereits 2017
daran interessiert war, HC zu Fall zu bringen bzw. ob er
überhaupt die Möglichkeiten zur Umsetzung gehabt hätte. Das
Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) kommt da laut jüngsten
Berichten schon eher in Betracht:

Aber: Es ist natürlich interessant, wer denn nun konkret
dahintersteckt, und es wird auch Stück für Stück aufbereitet
werden, zum Beispiel hier beim Spiegel.

Interessanter sind und bleiben allerdings die Aussagen aus dem
Video! Dass nun Politiker wie der AfD-Thüringen-Chef Bernd
Höcke (und weitere) den Skandal darin sehen, DASS ein Video
gemacht wurde, in dem einer aus ihren Reihen die
Gleichschaltung einer Zeitung und ein derart staatsfeindliches
und korruptes Handeln plant, ist absurd. Die Schuld soll nun
bei anderen gesucht werden, wie immer. Bei Böhmermann, dem
ZDF, dem ZPS und wer weiß noch wem. Das führt soweit, dass
DIESE Akteure nun bedroht werden. Aber wo ist denn eigentlich
der „Mut zur Wahrheit“?

Morddrohungen und Täter-Opfer-Umkehr
Screenshot #DieInsider / Das Aufdecken der Wahrheit ist
„zehnmal so widerlich“? Absurd!

Screenshots #DieInsider / Morddrohungen gegen Jan Böhmermann –
Weil er von der Korruption eines Politikers wusste (und nichts
damit getan hat?)

Die Beobachtungen, die #dieinsider seit Monaten machen, werden
hier nur bestätigt: Wenn Rechtspopulisten und Rechtsextreme
Macht bekommen, dann schrecken sie vor nichts zurück, um ihr
Weltbild durchzusetzen. Höcke selbst stellt klar, dass „wir
leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach
oder nicht willens sind“ (S. 257, „Nie zweimal in denselben
Fluss“, 2018) Mehr dazu hier.

Weder Jan Böhmermann, noch das ZPS tragen die Schuld an dem,
was derzeit in Österreich passiert. Es ist HC Strache selbst.
Diese Opfer-Täter-Umkehr ist wahnwitzig und wird sich nicht
durchsetzen.

Artikelbild: Alexandros Michailidis, shutterstock.com

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Gebührenfinanzierter   Hass?
ZDF       Heute        lässt
Gewaltfantasien unmoderiert

Hallo, liebes ZDF heute,
ich bekomme jedes Quartal eine Rechnung über ca. 53,00 Euro.

Zahlungsempfänger    sind   die   öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten. Ich vermute, das Geld dient dazu, eine
unabhängige    und  hochwertige    Berichterstattung   zu
gewährleisten.

Gerade auf Facebook erkennen wir eine zunehmende Enthemmung
der Kommentare. Das ist nun wirklich nichts Neues. Der
rechtsextreme Terrorist in Christchurch nutzte Facebook
zumindest dafür, seiner Tat eine globale Reichweite zu
ermöglichen. Wer weiß aber schon, ob er sich da nicht auch in
geheimen oder geschlossenen Gruppen zum Teil radikalisiert
hat.

Und nun lese ich folgende Kommentare
unter einem eurer Artikel

Screenshots facebook.com/zdfheute

Der Artikel handelt davon (Hier), dass Irak anbietet, IS-
Anhänger*innen aus Europa (darunter 56 Deutsche), die in
Syrien gefangen genommen wurden, den Prozess zu machen:

 „Bei vielen Irakern stößt die Idee, IS-Angehörige
 zurückzuholen und anzuklagen, auf Unterstützung. Deutschland
 sei viel zu liberal, sagen die Betroffenen des IS-Terrors. In
 der einst von IS-Kämpfern terrorisierten Provinz Ramadi
 erwarten viele Menschen die Höchststrafe für angeklagte
Dschihadisten. „Die haben sich hier nicht wie Menschen
 aufgeführt“, sagt etwa Ahmed El Djiburi. „Die einzige Lösung
 für die kann nur der Tod sein.“

 Etwa 800 IS-Angehörige aus Europa sollen derzeit in Syrien
 gefangen sein, darunter mindestens 56 Deutsche. Der Irak will
 sie übernehmen und verurteilen, erwartet dafür aber Hilfen.

 Gepostet von ZDF heute am Samstag, 30. März 2019

Ich bin sehr für freie Meinungsäußerung.

Ich möchte aber bitte nicht Gewaltphantasien mit meinen
Gebühren mitfinanzieren.

Danke.

Artikelbild: pixabay.com, CC0

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Kramp-Karrenbauers „Witz“ ist
kein      Witz,      sondern
Diskriminierung

Das ist einfach nicht lustig
Eines vorab: Ich liebe schwarzen Humor. Ich bin begeistert von
Monty Python. Von Loriot. Ich liebe auch die Eskapaden eines
Frank Drebin, Spezialeinheit.

Mir ist auch klar, dass Humor Geschmacksache ist. Was die
einen witzig finden, langweilt die anderen. Was die einen als
tiefgründig erachten, verstehen die anderen schulterzuckend
nicht.

Ich hatte mit Karneval oder Fasching nie was am Hut. Ok, im
Kindergarten war ich ein Cowboy oder ein „Indianer“, keine
Ahnung. Spaß auf Knopfdruck kann ich nicht so richtig
einordnen, aber das muss ich auch nicht. Wenn andere ihren
Spaß daran haben und das dabei eine ganze Region lahm legt,
dann ist es so. Solange sie sich nicht über Schüler und
Schülerinnen aufregen, die für das Klima streiken.
Humor, der nach unten tritt
Aus meiner Beobachtung ging es beim Karneval immer auch darum,
den Mächtigen mächtig eins auszuwischen. Über sie zu lachen.
Und weil es Karneval ist, lachen die Mächtigen verkniffen mit.

Die, möglicherweise zukünftige Kanzlerkandidatin Annegret
Kramp-Karrenbauer dreht den Spieß nun einfach um. Zitat:

 „Guckt euch doch mal die Männer von heute an. Wer war denn
 von euch vor kurzem mal in Berlin, da seht ihr doch die
 Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte
 Geschlecht einführen. Das ist für die Männer, die noch nicht
 wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon
 sitzen müssen. Dafür – dazwischen – ist diese Toilette.“

Das ist schon gelesen nicht lustig. Aber das Video dazu ist
tatsächlich noch schlimmer.

 Frau mit Doppelnamen beweist, dass es noch ein
 Karnevalsniveau unter Doppelnamen-Witzen gibt. Tädää!
 Tädää!#AKK       #Steltergate           via       @queer_de
 pic.twitter.com/BPB88maJLE

 — extra3 (@extra3) March 2, 2019

Halten wir kurz fest: Eine möglicherweise zukünftige
Bundeskanzlerin macht einen Witz über Menschen, die in anderen
Staaten verfolgt werden. Wie um alles in der Welt sollen nun
Betroffene Vertrauen in die Politik gewinnen, wenn sie so
vergackeiert werden? Wenn sie ganz offensichtlich nicht ernst
genommen oder verstanden werden?

Verstehen wir einfach keinen Spaß?
In den Kommentarspalten liest man nun, dass es Karneval oder
Fasching sei und man sich „nicht so haben“ soll. Mh ja, ok.
Kann man so sehen. Wenn man nicht drüber nachdenkt, was da
passiert ist.

Man kann sich aber auch vor Augen führen, wer sich da über wen
lustig macht. Mit welcher Intention überhaupt? Annegret Kramp-
Karrenbauer und ihre Partei können sich nicht „unschuldig“
über eine Minderheit lustig machen, die sie im besten Fall
durch Nichtbeachtung diskriminieren und allein lassen. Wenn
sich Kramp-Karrenbauer – Miss Homophobia 2018 wohlgemerkt
(Quelle) – über Trans*personen lustig macht, dann ist das kein
harmloser Scherz, sondern kommt von Verachtung und
Missverständnis. Das ist nicht lustig.

Mir wurde heute oft gesagt, ich verstehe keinen Spaß. Hallo?
Ich lache mich über das „Ministry of silly walks“ scheckig.
Über die „Silly Olympics“. „Mein Name ist Lohse, ich kaufe
hier ein!“ „Tell Tod, äh, toll Ted“. Ich verstehe sehr wohl
Spaß, aber das war kein Spaß. Das ist ein Beispiel für
tägliche, reale Diskriminierung für zehntausende Menschen.
Also bitte.

Nee, nee. Wenn das vollkommen in Ordnung ist und als legitimer
Humor durchgeht, was Frau AKK da gemacht hat, dann machen wir
keine Gesellschaft besser. Das war nix.

Artikelbild: Foto-berlin.net, shutterstock.com

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#ichbinhier:          Online-
Redaktionen sind Werkzeug von
populistischer Propaganda

Offener Brief von #ichbinhier
Der Verein #ichbinhier hat sich in einem offenen Brief an die
Online-Redakteure der reichweitenstärksten Facebookseiten
gewandt:

 „Eure Kommentarspalten werden mit Desinformationen, Aufrufen
 zu Gewalt, aufhetzenden Kommentaren, Lügen und
 Verdrehungen geflutet. Es fehlen Klarstellungen! Vor allem
 aber fehlen Aufforderungen zur Unterlassung und das
 Sanktionieren von Beleidigungen und Beschimpfungen. Was soll
 denn das?“

Seit Jahren beobachtet die Anti-Hatespeech-Gruppe, dass nur
wenige Personen durch mehrfache Accounts in den
Kommentarspalten den Eindruck einer Mehrheit erzeugen wollen.
Große Facebookseiten, die schlecht oder gar nicht moderiert
sind, sind gefundenes Fressen für sie. Online-Wahlkampfhelfer
verabreden sich auf genau solchen Medien-Seiten, auf denen sie
ungestört schreiben, was sie wollen und ihre Botschaften
verbreiten können.

Durch Einschüchterung, Trollen, Lügen, Verdrehungen und (Mord-
)Drohungen mobben sie so lange die Kommentarspalten, bis ihre
Propaganda unwidersprochen an prominentester Stelle platziert
ist. Und ein unbedachter Leser findet unter gewöhnlichen
Berichten plötzlich verschiedenste Verschwörungstheorien, Fake
News oder Verdrehungen der Tatsachen.

 Ein besonderes Beispiel ist die Facebook-Seite von ZDF heute:
 Wir alle bezahlen die Rundfunkgebühr und damit auch den
 Facebook-Auftritt, die Redakteure und die Aufbereitung des
 Social-Media-Contents. Und ich sehe es wirklich nicht ein,
 dass mich Trolle, Fake-Profile und Sockenpuppen von den
 Seiten einer durch die        Allgemeinheit    finanzierten
 Medienanstalt verjagen.

6 Dinge, die man dagegen tun kann
Alex Urban von #Ichbinhier stellt im Brief fest: „Natürlich
möchte ich nicht, dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt
wird. Probleme müssen selbstverständlich aufgezeigt werden,
aber bitte mit Augenmaß. Es geht nicht um „Meinungsdiktatur“.
Schon das Wort ist Unfug. Die Meinungsfreiheit wird vielmehr
von denen gefährdet, die mit ihren Kampagnen Eure
Kommentarspalten dominieren. Ihr überlasst ihnen willig das
Feld.“ Deshalb wünscht sich der Verein von den Redaktionen:
1. Weniger Triggerthemen!
Stellt Euch bei der Themenauswahl breiter auf und bedient
nicht die Erregungsspirale, die von einer kleinen, lauten
Minderheit stetig in Gang gehalten wird, indem Ihr weit
überproportional über Zuwanderung, „Ausländerkriminalität“ pp.
schreibt.

2. Fakten statt Spekulation!
Berichtet, wenn Fakten da sind, ansonsten beruft Euch auf die
Veröffentlichungen der Polizei. Wer über ein aktuelles
Ereignis wenig Informationen hat, sollte zurückhaltend
berichten und nicht wenige Teilinformationen zu einer großen
Geschichte aufblasen. Wir alle müssen uns darum bemühen,
Ungewissheit auszuhalten. Das gilt für die Journalisten wie
für die Leser gleichermaßen.

3. Verzichtet auf Clickbaiting.                   Seriöser
Journalismus kommt ohne aus.
Bitte kein Clickbaiting durch reißerische und teils
irreführende   Überschriften  und  das  Provozieren
heftiger Emotionen!

4. Geht verantwortungsbewusst mit Eurer Reichweite
um!
Und so oder so: Wer die sozialen Medien für Reichweite nutzt,
ist auch dafür verantwortlich, was unter den Beiträgen in der
Kommentarspalte los ist. Die ersten Kommentare beeinflussen
den Deutungsrahmen zu den Inhalten. Eine aufmerksame
Moderation ist unerlässlich!

5. Macht Eure Kommentarspalten zum Wohlfühlort für
Demokraten!
Eure Leser sollen sich auch in den Kommentarspalten
wohlfühlen. Setzt daher Eure Netiquette durch! Macht die
Kommentarspalten zu einem Ort, an dem Menschen sich
austauschen können, ohne Angst haben zu müssen, beleidigt und
angegangen zu werden. Wenn Ihr gut moderiert, schafft ihr Euch
eine Community auf, die aus echten Menschen besteht und Euch
langfristig unterstützt. Profile, die andere
Nutzer persönlich angreifen, und solche, die sich
menschenfeindlich äußern, gehören gesperrt.

6. Steht für journalistische Qualität ein!
Erklärt Eure Standards, immer und immer wieder. Nicht nur,
weil wir für gute Debatten auch eine gute Faktenbasis
brauchen, sondern damit wir und die Mitglieder Eurer
Communities in der Fülle an Informationen die guten von den
schlechten trennen können und diesen Maßstab woanders
einfordern können.

Das Schlusswort:
 Denkt bitte darüber nach, ob Ihr Euch zum Werkzeug von Leuten
 machen lassen wollt, die unseren Staat kaputt machen wollen.
 Mit dem immer fortwährenden Schüren von Ängsten und dem
 Anzweifeln des Rechtsstaats. Und ob Ihr populistische
 Propaganda bis hin zu Verschwörungstheorien, massiven
 Desinformationen und Verharmlosungen der Nazizeit auf Euren
 Seiten haben möchtet.

Artikelbild: Aaron Amat, shutterstock.com

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Robert Habeck, lassen Sie uns
nicht mit der Account-Armee
im Internet alleine!

Lieber Robert Habeck,
ich kann Ihren Rückzug aus den sozialen Medien Twitter und
Facebook total nachvollziehen. Wenn ich mich nicht täglich
dort gegen die Vergiftung unserer Gesellschaft einsetzen
würde,    hätte    ich   meinen    Account   schon    längst
gelöscht. Facebook verkommt immer mehr zu einer
Propagandamaschine, deren Plattform die Facebook-Seiten der
reichweitenstarken Medien wie BILD oder sogar das ZDF ist.

Desinformationen, Aufrufe zu Gewalt, aufhetzende Kommentare.
All das steht dort in großen Teilen unreguliert. Damit meine
ich nicht die Einschränkung der freien Meinung, um Gottes
Willen. Mir persönlich fehlen aber die Klarstellungen der
Lügen und der Verdrehungen. Das Rückführen zum Thema, die
Aufforderung zur Unterlassung und das Sanktionieren von
Beleidigungen und Beschimpfungen. Das sollte eine Aufgabe der
Social-Media Redaktionen sein. Eigentlich.

Uns fehlt der Widerstand gegen Rechts in
Social Media
Aber auch das Gegengewicht fehlt mir immer öfter.
Kommentatoren ziehen sich zurück, weil sie keine Lust mehr
haben, sich von Mehrfach- und Fake-Profilen auslachen oder
beschimpfen lassen zu müssen. Der Holocaust wird immer öfter
relativiert, die Pogrome klein geredet. Die Sprache ändert
sich in einer Form, die ich nie für möglich gehalten hätte.
All das wird mitten in die Gesellschaft getragen.
Der Kampf gegen diese Windmühlen scheint angesichts der
Account-Armeen aussichtslos zu sein.

Eine Politik, die Haltung zeigt, ist selten geworden. Ich
glaube, ein Erfolgsfaktor, der Sie zu einem neuen
Hoffnungsträger in allen Teilen der Gesellschaft macht und
gleichzeitig den Rechtspopulisten den Schweiß auf die Stirn
treibt, ist Ihre Bodenhaftung. Und dass Sie sich nicht von
Parolen und dem Ausloten der sprachlichen Grenzen treiben
lassen. Außer zweimal. Da ist es mit Ihnen durchgegangen.

Es ist daher einerseits nur konsequent, dass sie Facebook und
Twitter verlassen.

Sie begingen Fehler, aus denen Sie Ihre
Schlussfolgerungen ableiten.
Anderseits: Sie werden nun nicht mehr miterleben, wogegen es
in den nächsten Monaten anzutreten gilt, wenn die
Landtagswahlen     näher   rücken.    Die   Narrative    und
Desinformationen stehen bereit. Und das haben Sie eventuell
schon bei den angewandten Frames von Amberg und Bottrop
registriert.

Was aber viel schlimmer ist: Sie lassen diejenigen alleine,
die sich tagtäglich gegen die Vergiftung der Gesellschaft
engagieren und die sich an Menschen wie Ihnen orientieren. Ich
finde, Haltung wahren heißt auch, für Fehler einzustehen, sich
zu entschuldigen, dem Gegenüber die Hand reichen und
weiterzumachen.

Sie sind großer Handball-Fan. Das weiß ich. Handball, so
schrieb Sophie Passmann, mache charakterstark, ist
„maximalbrutale Direktdemokratie, fordert dafür aber von den
Schwachen Fleiß und von den Starken Bescheidenheit. Das, was
Handball einem beibringen kann, ist also heute so wichtig wie
nie. […] die Einsicht, dass jeder in jeder Sekunde
unerlässlich für das Funktionieren des großen Ganzen ist.“
(Quelle)

Wenn Sie nun das Spielfeld verlassen, wird das große Facebook-
Ganze ein wenig aus den Fugen geraten. Schade.

Herzliche Grüße, Alex Urban.

Artikelbild: Raimond Spekking, CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia
Commons)

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SOHO Minden, Amberg, Bottrop:
So   extrem    sind   rechte
Verdrehungen                &
Verharmlosungen

Das Facebook-Jahr hörte auf, wie
das   neue     nun beginnt:   Mit
Verdrehungen und breit angelegter
Verharmlosung.
Drei Beispiele innerhalb von einer Woche.

1. Beispiel: Das SOHO Minden postet am 24.12. ein Foto. Auf
dem Foto ist eine Tafel zu sehen, auf der steht: „Wenn Sie AfD
wählen, dann trinken Sie Ihr Bier bitte woanders. Sie fühlen
sich diskriminiert? Dann wissen Sie endlich mal wie das ist.“

Das SOHO Minden erlebt daraufhin einen Shitstorm, der
mittlerweile fast 3.000 Hass-Kommentare enthält. Der Post
wurde über 3.300 Mal geteilt. Darunter in sehr vielen rechten
Facebook-Gruppen.

Natürlich kann man darüber diskutieren, ob die Idee gut ist,
Menschen auf Grund Ihrer politischen Einstellung, die man rein
äußerlich eh nicht überprüfen kann, auszuschließen. Meiner
Meinung nach wollte der Wirt ein Zeichen gegen die häufig
diskriminierenden und rassistischen Kommentare einiger AfD-
Politiker oder ihrer Facebook-Anhänger setzen. Wie gesagt,
kann man diskutieren.

Was man nicht diskutieren kann, sind die Kommentare unter dem
Post. Häufigster Tenor: Der AfDler ist der neue Jude. Es wird
ernsthaft gefragt, wie lange es noch dauert, bis Menschen in
Anlehnung an den Judenstern einen blauen Stern tragen sollen.
Das ist nicht nur ein hanebüchener Vergleich, er ist auch an
Widerwärtigkeit nicht zu übertreffen. Die Juden wurden auf
Grund ihrer Religion enteignet, gejagt und systematisch und
zudem staatlich gefördert industriell ermordet. Allein die
Gleichsetzung des einen mit dem anderen ist eine nicht zu
akzeptierende   Verharmlosung   der   Novemberpogrome   und   des
Holocausts.

Warum machen Menschen so etwas?
Sehen die „Verteidiger der christlichen Werte“ nicht die
Ironie, wenn sie ausgerechnet an Weihnachten Heinrich Bedford-
Strohm für seine Kritik an den Kommentaren auf AfD-Facebook-
Seiten, auf denen „ein Ausmaß von Menschenverachtung und
sozialer, aber auch menschlicher Kälte zum Ausdruck [kommt],
das schon Sorgen macht.“ Bedford-Strohm und auch der Papst
warben für Nächstenliebe und Barmherzigkeit, für Frieden und
Brüderlichkeit. Dafür werden sie angegangen?

Das zweite und das dritte Beispiel können wir zusammenfassend
darstellen, weil sich beide Ereignisse zeitlich überschneiden.

Am 29.12. verprügeln vier junge angetrunkene Asylbewerber aus
Afghanistan, Syrien und dem Iran im Amberg wahllos Passanten.
Die 17- bis 19-jährigen verletzten dabei 12 Menschen. Während
man in den Facebook-Kommentaren zu Chemnitz tagelang stritt,
ob nun „Hetzjagden“ stattfanden, beurteilen sowohl Herr Wendt
und als auch viele Accounts die Situation in Amberg recht
zügig und sind sich sicher, dass sich nun wirklich um eine
„Hetzjagd“ handelte. Rainer Wendt kannte auch schon die
Motivation der vier: „Es ist eine tiefe Verachtung für unseren
Staat und für die Menschen, die bei uns leben.“ Bitte was?

Am 31.12. fuhr ein 50-jähriger Deutscher mit seinem Auto in
Bottrop eine Menschengruppe, offenbar mit dem Ziel, Ausländer
zu töten. Menschen aus Syrien und Afghanistan wurden zum Teil
schwer verletzt. Eine Frau schwebte in Lebensgefahr. Er
agierte ohne Netzwerk, sei psychisch krank. Laut NRW-
Innenminister Herbert Reul mache der Mann „Ausländer für alles
verantwortlich“. Man stelle sich nur die Reaktionen in den
sozialen Medien vor, wenn das ein islamistischer Anschlag
gewesen wäre.

Stattdessen: „Aber Amberg…“
Oder gar: „Wird auch mal Zeit, dass der Spieß umgedreht wird.“
(Gesehen bei der Bild, die das unkommentiert stehen lässt.)

Screenshot facebook.com

Es ist nur zu vermuten, dass sich der Mann aus seiner
Echokammer dazu berufen fühlte, zu handeln. Irgendwo muss er
ja die Erkenntnis gewonnen haben, dass „Ausländer für alles
verantwortlich“ seien. Am „interessantesten“ äußert sich Herr
Meuthen dazu: Im Grunde konnte der Mann aus Bottrop gar nicht
anders handeln, da die Bundesregierung Täter wie die aus
Amberg ins Land gelassen hat.

So redet man einen Anschlag                        klein.
Vermutlich aus Gründen.
Die Süddeutsche schreibt dazu: „Diese Entpolitisierung rechter
Gewalt – und die Amokfahrt des Mannes aus Bottrop war eine
politisch motivierte Tat – ist aber alles andere als ein
Einzelfall. Die Bundesregierung selber teilte im Juni mit,
seit dem 3. Oktober 1990 seien 76 Menschen durch rechte
Gewalttäter ums Leben gekommen, andere Berechnungen gehen von
mehr als 150 aus.“

 Und weiter: „Und selbst, wenn die rechtsextremen Motive der
 Gewalt offenbar sind, erscheint sie in der Öffentlichkeit in
 eigentümlicher Weise in ihrer Unausrottbarkeit vertraut. Die
 Gewalt der Fremden dagegen bricht brutal ins Vertraute ein;
 sie besetzt die Angsträume des Landes. Es hätte sich ja auch
 die Amberger Tat entpolitisieren lassen: Junge Männer im Suff
 benehmen sich am Neujahrstag krass daneben. Zu Recht ist das
 nicht passiert. Zu Recht verbindet sich mit den
 Prügelattacken die Frage, wie der Staat, die Gemeinschaft mit
 Asylsuchenden umzugehen hat, die gewalttätig werden – wobei
 die Abschieberegelungen mittlerweile scharf sind wie nie und
 sich kaum ein Gewalttäter von ihnen abschrecken
 lässt.“ (Quelle)

Man darf gespannt sein, wie die rechte Blase reagiert, wenn
vier deutsche angetrunkene Jugendliche wahllos Menschen
verprügeln, während ein Islamist ein Auto in eine
Menschengruppe steuert.
Artikelbild: Master1305, Shutterstock.com

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Fake-Terror-Karte:        So
übernehmen die Rechten die
Angstmache für Islamisten

Fake-Karte
Nach dem abscheulichen, mutmaßlich terroristischen Anschlag in
Strasbourg drehen die sozialen Netzwerke wieder hohl. Wir
lesen das übliche Geblubber: „Die Willkommensklatscher sind
schuld!“, „Bedankt euch bei der Regierung!“, „Er soll doch in
Deutschland Asyl beantragen!“, „Vor 2015 gab es sowas nicht!“,
„Die Terroristen tragen in naher Zukunft ein Schild, wo drauf
steht #wirsindmehr!“, „Importierte Gewalt!“, und es wird
sowieso immer schlimmer werden. Der UN-Migrationspakt und so.
Angeblich kommen über 190.000.000 Menschen nach Deutschland.
Alles horrender Unsinn.

Man könnte meinen, die Menschen wissen nicht, wohin mit ihrer
Wut und brauchen das alles als Ventil. Kann ich verstehen. Ich
befürchte aber, das ist zu einfach. Denn viele glauben
tatsächlich, dass die Bundesregierung oder Angela Merkel oder
George Soros oder alle zusammen den Untergang von Deutschland
bzw. Europa planen. „Alles so gewollt“, liest man dann oft.

Angebliche        „Terror-Karte           des    IS“     ist
Quatsch
Die Recherchegruppe #dieinsider stieß in den letzten Tagen
immer wieder auf eine angebliche „Terror-Karte des IS“ aus dem
Jahr 2009 (!), die schon 2015 von Mimikama als „Altpapier des
Kopp-Verlages“ enttarnt wurde.

 Die Terror-Karte des IS für Deutschland – Altpapier des Kopp-
 Verlages

Allerdings wird sie immer noch in verschiedenen Facebook-
Gruppen mit der Behauptung geteilt, der US-Geheimdienst CIA
warne vor einem bevorstehenden Bürgerkrieg. Laut den
Recherchen von CORRECTIV liegen jedenfalls keine Warnungen der
CIA vor. Stand August 2018. Wer weiß schon, ob das heute noch
gilt. Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Ironie off.

 Deutschen Sicherheitsbehörden ist keine CIA-Warnung vor
Bürgerkrieg bekannt

Eine Frage, die mir irgendwie noch niemand beantworten konnte,
der von einem gewollten Bürgerkrieg schwadronierte, lautet:

Wozu einen „Bürgerkrieg“ überhaupt?
Nur, weil Frau Merkel keine Kinder hat und nach Südamerika
abhaut, wird sie doch nicht wollen, dass Europa in Flammen
steht? Da würde ihr und dem ganzen Rest der Elite auch keine
Villa Schutz bieten. Liest man ja auch immer wieder. Aber im
Ernst: Bei all dem, was sich zur Zeit abspielt, dürfen wir
aber eines nicht vergessen, und das teile ich bei jeder
Gelegenheit:

 „Die sechste Phase, beginnend 2016, sieht die „totale
 Konfrontation“ vor, schließt Hussein aus dem, was ihm
 zugetragen wurde. Unmittelbar nach Ausrufung des Kalifats
 werde die „islamische Armee“ die von Osama Bin Laden oft
 vorhergesagte „Schlacht zwischen Glauben und Unglauben“
 anzetteln.“

Ich zitiere da aus einem Spiegel-Artikel über den jordanischen
Journalisten Fuad Hussein, der Vordenker und Strategen der
Islamisten nach ihrer langfristigen Planung befragt hat.
(Hier)

Rechte   helfen    fleißig                     bei       der
Radikalisierungs-Spirale
Der Artikel ist aus 2005! Und ich erinnere mich, als ich den
damals las, schüttelte ich lächelnd den Kopf und dachte: „Ts,
Spinner!“

Ich habe mich     geirrt. Nadelstichartige und gezielte
Terroranschläge   (Nizza, Brüssel, Paris, Berlin, London,
mutmaßlich Strasbourg) säen Zwietracht und Misstrauen.
Rechtspopulisten, -radikale und -extreme und Neo-Nazis
springen dankbar auf den Zug auf, verstärken Zwietracht und
Misstrauen. Die folgende Ausgrenzung hilft den extremistisch
motivierten Rattenfängern. Und junge Menschen radikalisieren
sich. Ein Teufelskreis, den die Brüder im Geiste wechselseitig
befeuern. Das Dramatische ist, dass mittlerweile selbst einige
Teile aus der Mitte unserer Gesellschaft dazu beitragen.

Wie kommen wir da raus? Any ideas?

Artikelbild: Alex E. Proimos, Flickr,    (CC BY 2.0), changes
were made, Screenshot facebook.com

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„Mitten      ins      Gesicht
schlagen“: Offener Brief von
#ichbinhier an Anabel Schunke

Sehr geehrte Frau Schunke,
ich antworte Ihnen mal auf diesem Wege, da ich auf Ihrer
Facebook-Seite seit Monaten blockiert bin, obwohl ich dort
noch nie kommentiert oder irgendetwas gelikt habe.

Screenshot

Das muss man sich mal vorstellen: Sie wollen „irgendwann […]
so einem aus der #ichbinhier-Fraktion mitten ins Gesicht“
schlagen und beklagen einen kurzen Absatz später, dass „die
Priorität dieser Leute“ sei, „den Hass nicht gewinnen“ zu
lassen. Und entlassen Ihre Follower damit in den Abend, ihnen
mitzuteilen, wie wütend Sie seien. Das greifen Ihre Follower
auf, die dann auch wütend sind.

Von Ihnen unkommentiert träumen dann einige davon, wieder
züchtigen zu dürfen, konsequenter zu werden (was immer das
auch heißt) oder im Wilden Westen zu leben (was immer daraus
nun wieder folgen soll). Andere wünschen einen Emoji mit
„durchgeladener Pumpgun“ oder bescheinigen den fast 46.000
Mitgliedern von #ichbinhier „krank zu sein“.

„Ich hasse [sic!] jede Art von Gewalt, dennoch [sic!] wünsche
[sic!] ich mir immer öfters [sic!], dass diese Leute die
Nächsten sind!“

Frau Schunke, mal ehrlich: Was sollen
denn solche Kommentare?
Sie meinen, dass ein #ichbinhier-Kommentar, wie der oben
zitierte, „Jaja, […] den Familien, die um ihre Angehörigen
trauern, sicher helfen“ wird. Sie implizieren damit, zu
wissen, was Angehörige fühlen oder wie deren Haltung ist. Was
sagen Sie dann dazu:

Screenshot sz.de

oder zu diesem Statement:

Screenshot www.badische-zeitung.de

Sie haben nicht das alleinige Recht
darauf gepachtet, berechtigt Kritik zu
üben
Ich möchte einmal höflich darauf hinweisen: Sie haben nicht
das alleinige Recht darauf gepachtet, berechtigt Kritik zu
üben. Auch viele Mitglieder von #ichbinhier kritisieren. Und
alle Mitglieder trauern um die Opfer, verabscheuen solche
Taten und sind schockiert. Berechtigte Kritik ist aber
differenziert und nicht einseitig.

Nicht „der Islam“ ist Schuld an den Verbrechen, sondern die
Typen, die solche Verbrechen begehen. Ich bin mir nicht
sicher, ob Ihnen bewusst ist, was eine Vorverurteilung und
Pauschalisierung für Folgen haben kann. Ich sehe aber Tag für
Tag diese Folgen in den Facebook-Kommentarspalten. Stereotype,
Sippenhaft und rassistische Bewertungen. Und ich sehe auch,
was solche Posts wie Ihrer bewirken. Einige Beispiele habe ich
ja oben angeführt.

Wenn ich Ihren Post mal im Umkehrschluss betrachte:

Hass soll also gewinnen können. Was folgt
daraus?
Und wie hilft das den Familien?

Wir können echt über Vieles reden und diskutieren: Asylrecht,
Strafrecht, die Integration, politische Strömungen innerhalb
des Islam, Religionen im Allgemeinen, kulturelle Identität.
Aber erstens müsste ich dann nicht mehr blockiert sein,
zweitens müssten Sie Ihren Followern den Schaum vom Mund
wischen und drittens auch mal einen anderen Standpunkt
zulassen. Wozu führt denn der Hass gegen und die Ausgrenzung
von z.B. Muslimen?

Vermutlich zu einer gesteigerten Gefahr der Radikalisierung.
Wie kann man dem vorbeugen? Nicht ausgrenzen. Zumindest kann
man das Risiko minimieren. Mir ist klar, dass Sie die Meinung
vertreten, dass diese Menschen aus dem anderen Kulturbereich
nicht willig seien, sich zu integrieren. Millionen
Gegenbeispiele. Allein in Deutschland.

Aber um auf das Thema zurückzukommen: Nein, #ichbinhier wird
nicht von Frau Merkel zum Essen eingeladen, nicht von der
Regierung unterstützt (das bestätigt sogar eine kleine Anfrage
der AfD).
Es werden intern auch keinerlei inhaltliche Vorgaben gemacht.
Wenn das so wäre, gäbe es längst entlarvende Screenshots
unserer Maulwürfe.

Alle Menschen haben Angst vor Terror
Eventuell sollten Sie mal ein Schritt zurücktreten, mal eine
andere Perspektive einnehmen, um zu erkennen, dass ALLE
Menschen Angst vor Terror haben, dass alle Menschen Täter
verabscheuen und der Opfer gedenken.

Sie sind doch immer auf der Suche nach der Wahrheit bzw. Sie
und Ihre Follower werfen anderen vor, die Realität nicht zu
kennen. Ich weiß jetzt nicht, was Sie so von Gandhi halten,
aber:

 „Bei der Anwendung von Gewaltfreiheit entdeckte ich schon
 sehr früh, dass die Wahrheitssuche es nicht erlaubt, dem
 Gegner Gewalt anzutun. Er muss vielmehr durch Geduld und
 Mitgefühl von seinem Irrtum abgebracht werden.“

In diesem Sinne, beste Grüße,

Alex Urban von #ichbinhier

Artikelbild: Screenshot facebook.com

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„Ja zu weißen Männern“: So
genial    wird   der    AfD-
Adventskalender parodiert

Es ist Weihnachtszeit
…und damit niemand das Fest der Liebe verpasst, wurde der
Adventskalender eingeführt. Die AfD nutzt die Gelegenheit und
weist auf eine „grassierende Diskriminierung“ hin. Das Opfer:
Der weiße Mann. Der Berliner AfD-Funktionär Georg Pazderski
erkennt „Forderungen, die auf eine bewusste Benachteiligung
von weißen Männern im Wettbewerb um Arbeitsplätze,
Karrierechancen, öffentliche Auftritte oder staatliche
Zuwendungen hinauslaufen“.

Der Hashtag „JaZuWeißenMännern“ begleitet nun also die
Vorstellung von 24 weißen Männern. Die „unser Land, unsere
Zivilisation und die Entwicklung der Welt entscheidend geprägt
haben“. Dass da ein Mann mit einem syrischen Vater (Steve
Jobs) zu den „weißen Männern“ gezählt wird, war sicher nur ein
Recherchefehler. Ob Bertolt Brecht und die vielen anderen in
dem Kalender hofierten Männer diese Initiative unterstützen
würden, bleibt fraglich. Leider können sie sich nicht mehr
wehren. Einzig Sarrazin dürfte dem Anliegen bedingungslos
zustimmen.

 Antifaschist   &  Migrantensohn:        Den   peinlichsten
 Adventskalender hat die AfD

Die andere Seite der weißen Männer
Nun gibt es aber noch andere weiße Männer, und da hat die Stay
behind Foundation mal 24 Süßigkeiten hinter die Türchen
gesetzt. Darunter Politiker der AfD, Rechtsextreme und (Neo-
)Nazis.

 JA ZU WEISSEN MÄNNERN!So schallt es aus der besinnlichen
 Weihnachtsstube der AfD-Fraktion Abgeordnetenhaus Berlin. "…

 Gepostet von Stay Behind Foundation am Sonntag, 9. Dezember
 2018

Die 24 Herren stehen nicht in der Gefahr, diskriminiert zu
werden. Wenn man sich ihre kurzen Biografien bzw.
Beschreibungen mal durchliest, könnte durchaus der Eindruck
entstehen, dass sie selbst ganz gerne andere Menschen und/oder
Menschengruppen auf Grund von Hautfarbe, Religion oder
Herkunft diskriminieren würden.

Auch, wenn ihre Anhänger es bestreiten oder als
„Ethnopluralismus“ oder ähnliche Umschreibungen abtun: Es ist
Rassismus. Und ganz offen wird auch der Bürgerkrieg nicht
unbedingt als Mittel der Wahl ausgeschlossen. Im Gegenteil.
Fraglich bleibt, wer den Zündlern zuerst auf den Leim geht und
aus „Notwehr“ irgendeine Initiative ergreift.

Die meisten dieser weißen Männer haben tausende Follower. Ob
das nun alles echte Menschen oder Mehrfach-Accounts sind,
lässt sich nicht sagen. Es ist aber eine Tatsache, dass sich
Menschen gruppendynamisch nicht immer kontrollieren lassen.
Dieses Aufhetzen geht irgendwann schief. Gründlich. Viel
„Spaß“ mit dem Kalender.

Artikelbild: Screenshot hogesatzbau.de

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