DFP: Depression bei Männern: Eine Einführung - www.kup.at/ - Krause und ...

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Journal für

 Neurologie, Neurochirurgie
 und Psychiatrie
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 JNeurolNeurochirPsychiatr   Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems

DFP: Depression bei Männern: Eine
                                                                               Homepage:
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Möller-Leimkühler AM                                             JNeurolNeurochirPsychiatr

Journal für Neurologie                                                 Online-Datenbank
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Neurochirurgie und Psychiatrie
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2010; 11 (3), 11-20

                                                                                            Indexed in
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 Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz
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DFP                                                 Depression bei Männern

                  Depression bei Männern: Eine Einführung
                                                                     A.-M. Möller-Leimkühler

 Kurzfassung: Frauen erkranken etwa 2–3×                  („männliche Depression“). Neben der Darstel-         These pathways are characterized by a lack of
 häufiger an einer Major Depression als Männer.           lung des aktuellen Forschungsstandes werden          helpseeking, externalizing stress response pat-
 Haben Männer folglich ein geringeres Depres-             Fragen der Spezifität „männlicher Depression“        terns typical for men, and by a gender bias in
 sionsrisiko als Frauen oder sind Depressionen            und der geschlechterspezifischen Depressions-        depression diagnostics resulting in a systematic
 bei Männern unterdiagnostiziert? Das ist die             therapie angesprochen sowie Implikationen für        underdiagnosis of depression in men and prob-
 zentrale Frage dieses einführenden Beitrags, der         die psychiatrische Praxis abgeleitet.                ably in a promotion of misdiagnoses in terms of
 – ausgehend von den pathogenen Aspekten tra-                Die bisherige Befundlage zur Depression be-       alcohol dependence or antisocial personality
 ditioneller Maskulinität – Pfade der Depressi-           stätigt, wie wichtig eine geschlechtersensible       disorder.
 onsentwicklung über männliche Stressvulnera-             Perspektive in Forschung und Praxis ist, insbe-         Differences of depression in men refer both to
 bilität und -verarbeitung bis zum Suizid aufzeigt.       sondere bei Erkrankungen, die als geschlechts-       risk factors, mainly concerning loss of social sta-
 Diese Pfade sind charakterisiert durch eine man-         typisch gelten.                                      tus or stressors threatening social status, and
 gelnde Hilfesuche von Männern, durch externa-                                                                 symptoms which may differ from prototypical
 lisierende Stressverarbeitungsmuster, die ty-            Schlüsselwörter: Depression, Männer, Geschlech-      depressive symptoms shown by women (“male
 pisch sind für Männer, und durch einen Gender-           terrolle, Stressvulnerabilität, Stressverarbeitung   depression”). Actual evidence of research on
 Bias in der Depressionsdiagnostik, der zu einer                                                               “male depression” is summarized, aspects of
 systematischen Unterdiagnostizierung der De-                                                                  the specifity of male depression and gender-re-
 pression von Männern führt, aber auch Fehldiag-          Abstract: Depression in Men: An Introduc-            lated depression therapy are discussed, and im-
 nosen wie Alkoholabhängigkeit oder antisoziale           tion. The lifetime prevalence of major depres-       plications for clinical practice are derived.
 Persönlichkeitsstörung begünstigt.                       sion in women is 2–3 times higher than in men.          Current analyses in depression point to the
    Besonderheiten der Depression bei Männern             Does that mean that men have a lower risk for        relevance of the gender approach in research
 betreffen sowohl die Risikofaktoren, die insbe-          depression or that depression is underdiag-          and practice, especially in the case of disorders
 sondere auf Bedrohungen des sozialen Status              nosed in men? This is the central question of the    which are held to be gender-typical. J Neurol
 oder auf Statusverlust zurückgeführt werden              present introduction which demonstrates path-        Neurochir Psychiatr 2010; 11 (3): 11–20.
 können, als auch die Symptomatik, die sich               ways to depression from male stress vulnerabil-
 deutlich von der prototypischen Depressions-             ity and stress response to suicide – basing on Key words: depression, men, gender role, stress
 symptomatik der Frauen unterscheiden kann                pathogenic aspects of traditional masculinity. vulnerability, coping with stress

„ Geschlechtsrolle als Gesundheitsrisiko                                             Funktion für die Identität und das Selbstkonzept des Einzel-
                                                                                     nen, sondern strukturiert als „soziale Kategorie“ gleichzeitig
Körperliche und psychische Erkrankungen werden nicht nur                             den Zugang zu personalen, sozialen und materiellen Ressour-
durch die biologische Geschlechtszugehörigkeit über geneti-                          cen, und zwar unterschiedlich für Männer und Frauen.
sche und hormonelle Faktoren beeinflusst, sondern auch durch                         Insofern sind Geschlechterrollen verbunden mit jeweils ge-
die soziale Geschlechterrolle über gesellschaftliche Kon-                            schlechtsspezifischen Einstellungen und Gesundheitskonzep-
struktionen von Weiblichkeit und Männlichkeit („gender“).                            ten, Erkrankungsrisiken und Krankheitsentwicklungen. Ob-
Die traditionell bipolaren Rollenzuschreibungen an Männer                            wohl sich die Geschlechterrollen infolge des gesellschaftli-
und Frauen machen sich zwar an der biologischen Geschlechts-                         chen Wandels deutlich verändert haben – die Frauenrolle sehr
zugehörigkeit („sex“) fest, gehen aber weit darüber hinaus,                          viel stärker als die Männerrolle – sind die traditionellen Ge-
indem sie spezifische Werte und Normen vorgeben, die fest-                           schlechterstereotype weiterhin existent und insbesondere für
legen, welche Fähigkeiten, Persönlichkeitseigenschaften,                             Männer handlungsleitend [1]. Einer der Gründe dafür sind
Einstellungen und Verhaltensweisen für eine Frau und für                             sicherlich die Präferenzen von Frauen bei der Partnerwahl:
einen Mann typisch, angemessen und sozial erwünscht sind.                            Trotz eigener ökonomischer Unabhängigkeit bevorzugen
So wird das weibliche Rollenstereotyp z. B. durch expressive                         Frauen nach wie vor Männer mit hohem Status, Dominanz
Eigenschaften (wie angepasst, passiv, nachgiebig, vorsichtig,                        und Macht, was sich soziobiologisch und evolutionspsycho-
ängstlich, konfliktvermeidend, abhängig, emotional, wenig                            logisch gut erklären lässt und ebenso gut empirisch abgesi-
selbstsicher), das männliche Rollenstereotyp durch instru-                           chert ist.
mentelle Eigenschaften (wie aktiv, aggressiv, rational, ehrgei-
zig, zielorientiert, durchsetzungsfähig, unabhängig, selbst-                         Es ist bekannt, dass das weibliche Geschlechterstereotyp ein
sicher, abenteuer- und entscheidungsfreudig) gekennzeich-                            pathologischer Faktor sein kann. Weniger bekannt ist, dass
net. Damit hat das soziale Geschlecht nicht nur eine zentrale                        auch das männliche Geschlechterstereotyp aufgrund seiner
                                                                                     Eindimensionalität Risiken für die körperliche und psychi-
                                                                                     sche Gesundheit birgt. Das Ideal einer „hegemonialen Männ-
Eingelangt am 16. April 2010; angenommen nach Revision am 28. Juni 2010              lichkeit“ [2] als Ausdruck von Macht, Prestige und Überle-
Aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität    genheit ist nur für eine Minderheit von Männern realisierbar,
München, Deutschland
Korrespondenzadresse: PD Dr. rer. soc. Anne-Maria Möller-Leimkühler, Klinik
                                                                                     während sich die Mehrheit mit vergleichsweise niedrigeren
für Psychiatrie und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität München,          sozialen Positionen arrangieren muss. Dennoch fungiert die
D-80336 München, Nußbaumstraße 7;                                                    hegemoniale Männlichkeit als handlungsleitende Ideologie,
E-Mail: anne-maria.moeller-leimkuehler@med.uni-muenchen.de                           an der sich Männer selbst messen und von anderen gemessen

                                                                                                               J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)        11
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Depression bei Männern

werden. Mögliche Folgen dieses „dramatischen Kontrasts            höhere Depressionsrate bei Frauen auf eine Überdiagnostizie-
zwischen kollektiver Privilegiertheit und persönlicher Unsi-      rung hinweisen.
cherheit“ [2], aber auch der krisenhaften Dekonstruktion der
klassischen Männerrolle, sind Rollenkonflikte, die über rol-      Depressionsstudien der vergangenen 20 Jahre haben jedoch
lenkonformes externalisiertes Verhalten wie Alkoholmiss-          belegt, dass die hohen Depressionsraten der Frauen am ehes-
brauch, Aggressivität oder extreme Risikofreudigkeit abge-        ten durch psychosoziale Faktoren erklärt werden können,
wehrt werden können. Abgesehen von der gegenwärtigen              die mit ihrer Lebenslage und mit typisch weiblichen
Diskriminierung des Mannes in den Medien als unzeitgemä-          Rollenbelastungen zusammenhängen, aber auch mit einer
ßer Trottel, als genetische Minusvariante, Auslauf- und Defi-     spezifischen Vulnerabilität für soziale Stressoren sowie ei-
zitmodell, das eines Tages ausgestorben sein wird, sind zu-       nem internalisierenden emotionszentrierten Bewältigungs-
nehmend Daten verfügbar, die das männliche Geschlecht als         stil [8].
stärksten demographischen Risikofaktor ausweisen, und zwar
nicht nur in Bezug auf die Dominanz bei bestimmten psychi-        Da sich traditionelle Männlichkeitsnormen in Opposition zu
schen und somatischen Erkrankungen, sondern auch in Bezug         den o. g. „weiblichen“ Attributen definieren (über Macht, Er-
auf vorzeitige Sterblichkeit durch Suizid und Homizid, Ver-       folg, Stärke, Selbstsicherheit, Unabhängigkeit etc.), erscheint
kehrsunfälle sowie kardiovaskuläre und bestimmte Krebs-           es zunächst plausibel, dass Männer nur halb so häufig depres-
erkrankungen (Lunge, Bronchien). Dies ist vermutlich weni-        siv sind wie Frauen. Damit ist es nicht verwunderlich, dass zur
ger auf biologische Besonderheiten zurückzuführen als viel-       „Frauenkrankheit“ Depression eine Fülle von Studien vor-
mehr auf spezifische männliche Lebenslagen, (Berufs-) Rol-        liegt, dagegen die Männer erst in den vergangenen Jahren sys-
lenbelastungen und riskante Verhaltensstile. Differenziert        tematisch ins Blickfeld gekommen sind. Lässt sich aus diesen
man Männlichkeit z. B. nach dem Grad der Orientierung an          Befunden schließen, dass Männer tatsächlich ein geringeres
normativer Maskulinität, so zeigt sich: Je stärker diese Orien-   Depressionsrisiko haben? Die folgenden Fakten würden diese
tierung, desto seltener gehen Männer zu Vorsorgeuntersu-          Hypothese auf den ersten Blick stützen:
chungen [3], desto schlechter ist die psychische Gesundheit       • Der positive Zusammenhang zwischen Berufsrolle, tradi-
von Männern [4], desto ausgeprägter sind externalisierende           tionell zur Normalbiographie von Männern gehörend, und
Symptome bei Depressionen [5] und desto wahrscheinlicher             psychischer Gesundheit [9].
ist ein Suizidversuch [6].                                        • Keine vergleichbare Doppelbelastung durch Berufs- und
                                                                     Familienarbeit bei Männern.
In der Medizin gewinnt die Erkenntnis, neben den biologi-         • Die biologische Differenz: kein weiblicher Zyklus.
schen auch die sozialpsychologischen Aspekte des Ge-              • Das geringere Körperbewusstsein und die höhere Symp-
schlechts („gender“) in Forschung, Diagnostik, Therapie und          tomtoleranz von Männern [10].
Rehabilitation zu berücksichtigen, zunehmend an Bedeutung,        • Die geringere Selbstaufmerksamkeit von Männern [11].
um eine bedarfsgerechte und effizientere Versorgung zu            • Die geringere Medikalisierung des männlichen Körpers
fördern: Dies bedeutet auf medizinischer Seite, dass häufig          [12].
nachgewiesene systematische Verzerrungen bei Diagnose             • Die geringere Psychologisierung männlicher Beschwerden
und Therapie infolge impliziter stereotyper Vorstellungen            [13].
von „weiblich“ und „männlich“ vermieden werden müssen.            • Der externale Attributionsstil und selbstwertsteigernde
Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die so genannten               Copingstrategien von Männern [14].
geschlechtstypischen bzw. geschlechtsuntypischen Erkran-          • Der geringere Neurotizismus von Männern [15].
kungen gerichtet werden, z. B. auf kardiovaskuläre Erkran-        • Die negative Korrelation zwischen Maskulinität und Ängst-
kungen bei Frauen oder unipolare Depression bei Männern.             lichkeit sowie Depressivität [16].
Im Zusammenhang mit der sich gegenwärtig etablierenden            • Die positiven Effekte der Ehe, die bei Männern stärker aus-
Männergesundheitsforschung, die u. a. den Einfluss traditio-         geprägt sind als bei Frauen [17].
neller Maskulinität auf Gesundheit und Lebensqualität von
Männern untersucht, kommt den psychischen Erkrankungen            Diese Liste kollektiver „Privilegiertheiten“ wirkt auf den
bei Männern – bisher ein stark vernachlässigter Bereich – zu-     zweiten Blick wenig überzeugend, wenn die im Vergleich zu
nehmende Bedeutung zu.                                            Frauen mehrfach erhöhten Alkoholismus- und Suizidraten
                                                                  von Männern berücksichtigt werden. Ferner müssen kultur-
                                                                  spezifische Befunde zur Kenntnis genommen werden, die auf
„ Haben Männer ein geringeres Depressions-                        den Einfluss männlichen Rollen- und Abwehrverhaltens ver-
  risiko als Frauen?                                              weisen: Die Depressionsrate unterscheidet sich dann nicht
                                                                  von den Frauen, wenn Alkohol und Suizid gesellschaftlich
Zahlreiche internationale Daten belegen, dass Frauen im Ver-      tabuisiert sind, wie in jüdisch-orthodoxen Gemeinden [18],
gleich zu Männern ein 2–3-fach höheres Risiko haben, im           und/oder die Geschlechtsrollennormen streng egalitär ausge-
Laufe ihres Lebens an einer unipolaren Depression zu er-          richtet sind wie bei den Amish People [19]. Umgekehrt heißt
kranken.                                                          dies, dass die Mehrzahl der bisher vorliegenden epidemiolo-
                                                                  gischen Daten möglicherweise eher auf Artefakte des männli-
Geht man von der klassischen Verknüpfung von Weiblichkeit         chen Berichtsverhaltens (bzw. der Symptomerfassung, s. u.)
und Depression über die Zuschreibung rollenkonformer Attri-       als auf einen substanziellen Unterschied im Depressionsrisiko
bute wie Passivität, Angst, Schwäche, Traurigkeit, Introver-      zurückgeführt werden können. In der Tat verweisen interna-
tiertheit oder Selbstunsicherheit aus, so könnte die 2–3-fach     tionale Bevölkerungsstudien auf eine systematische und stär-

12   J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)
Depression bei Männern

kere Unterdiagnostizierung
und -behandlung von De-
pression bei Männern als bei
Frauen [20, 21].

Darüber hinaus ist der oben
erwähnte Zusammenhang zwi-
schen Berufstätigkeit und
psychischer Gesundheit bei
Männern vor dem Hinter-
grund eines sich wandelnden
globalisierten Arbeitsmarkts
und des Brüchigwerdens der
normalen Erwerbsbiographie
von Männern keine Selbst-
verständlichkeit mehr. Neben
steigender Arbeitslosigkeit
haben Arbeitsplatzstressoren
wie Arbeitsmenge, Leistungs-
und Zeitdruck oder Arbeits-      Abbildung 1: Abnahme bzw. Zunahme von Krankheitstagen bei DAK-versicherten Männern 2007 gegenüber 2000 in Abhängigkeit
platzunsicherheit in den ver-    von Diagnosegruppen. Aus [23].
gangenen 20 Jahren deutlich
zugenommen [22] und das
Risiko für psychische Er-
krankungen erhöht. So beob-
achtet auch der letzte Ge-
sundheitsreport der Deutschen
Angestellten Krankenkasse
(DAK), der dem Thema
„Männer und Gesundheit“ ge-
widmet war [23], dass Arbeits-
unfähigkeitstage aufgrund psy-
chischer Erkrankungen bei
Männern innerhalb der ver-
gangenen 7 Jahre um 18,4 %
angestiegen sind, wobei ins-
besondere Depressionen eine
Rolle spielen (Abb. 1).

Dieser starke Anstieg ist um-
so bemerkenswerter, als das
Krankenstandsniveau insge-
samt im untersuchten Zeit- Abbildung 2: Suizide in Deutschland nach Alter und Geschlecht im Jahr 2008. Aus [24].
raum um 10 % zurückging.
Bei Frauen zeigte sich die Zunahme der Arbeitsunfähig- Geht man davon aus, dass > 90 % aller Suizide unmittelbare
keit wegen psychischer Erkrankungen mit 26,8 % noch deut- Folge einer psychischen Erkrankung sind (affektive Störung,
licher.                                                             Substanzmissbrauch, Schizophrenie [25]) und räumt ein, dass
                                                                    nicht jeder Suizid mit Depression einhergehen muss, so unter-
                                                                    stützt dies die Annahme, dass Depressionen bei Männern häu-
„ Geschlechterparadoxon bei Depression                              fig unerkannt bleiben und nicht behandelt werden.
   und Suizid
                                                                         Welche Gründe sind für die nachweisliche Unterdiagnostizie-
Die landläufige Annahme, dass Männer ein geringeres De-                  rung und -behandlung depressiver Männer entscheidend? Aus
pressionsrisiko haben als Frauen, sei dies biologisch oder ge-           soziologischer Perspektive erscheinen 3 Faktoren wesentlich:
sellschaftlich bedingt, wird durch keine substanziellen empi-            (1) eine mangelnde Hilfesuche, (2) dysfunktionale Stress-
rischen Befunde belegt. Das wichtigste Argument für ein ver-             verarbeitungsmuster und (3) ein Gender-Bias in der Depres-
gleichbares Depressionsrisiko von Männern ist das Parado-                sionsdiagnostik. Der gemeinsame Nenner dieser Faktoren ist
xon einer hohen Suizidrate bei niedriger Depressionsrate. Die            das historisch-gesellschaftliche Konstrukt der traditionellen
Suizidrate der Männer ist 3–10× höher als die der Frauen                 Maskulinität. Es schließt bei Männern die Erkrankung an ei-
(Abb. 2), obwohl bei Männern nur halb so häufig eine Depres-             ner Depression normativ aus und fördert ihre Maskierung
sion diagnostiziert wird.                                                durch männertypisches externalisierendes Verhalten.

                                                                                                   J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)       13
Depression bei Männern

„ Männliche Stressvulnerabilität und                                              sie insbesondere von jungen Männern mit exzessiv ausagie-
  Stressverarbeitung                                                              rendem „männlichen“ Verhalten wie Aggressivität, Ärger,
                                                                                  Alkoholmissbrauch, Feindseligkeit, riskantem und antisozia-
Ausgehend von der Handlungsrelevanz hegemonialer Männ-                            lem Verhalten und Gewalt (über-) kompensiert, gefolgt von
lichkeitsideologie lassen sich Pfade der Depressionsentwick-                      hohen psychischen, körperlichen und materiellen Kosten.
lung über männliche Stressvulnerabilität und -verarbeitung
bis zum Suizid aufzeigen. Im Unterschied zu Frauen, die                           Hilfe zu suchen ist im Männlichkeitsstereotyp nicht vorgese-
aufgrund ihrer interpersonellen Orientierung bedeutend anfäl-                     hen, da das Eingeständnis von Hilflosigkeit und Hilfsbedürf-
liger sind für Beziehungsstress, sind Männer – evolutions-                        tigkeit einem Status- und Identitätsverlust gleichkäme. In der
biologisch und sozialisationsbedingt – an sozialem Status ori-                    Tat weisen Männer in allen Altersgruppen die geringeren
entiert [26] und weisen stärkere psychobiologische Stress-                        Inanspruchnahmeraten professioneller Hilfe auf (M:F = 1:2)
reaktionen bei leistungsbezogenen Stressoren auf, die ihren                       [30]. Psychische oder emotionale Probleme sind selten ein
sozialen Status bedrohen. Dies erklärt ihre besondere Vulne-                      Konsultationsgrund und werden bei einem Arztkontakt ent-
rabilität gegenüber sozioökonomischen Belastungen [27].                           sprechend selten angesprochen.

Männer reagieren auf Stress mit dem typischen „Fight-or-                          Nach dem Prinzip „Frauen suchen Hilfe – Männer sterben“
flight“-Muster und setzen mit einem hohen Risiko der Selbst-                      [31] erscheint der Suizid als letztes Mittel, den männlichen
und Fremdschädigung externalisierende Strategien ein, deren                       Selbstwert zu retten und die Illusion von Selbstbestimmung
Extreme Suizid und Homizid sind. Diese hauptsächlich bei                          und Handlungsautonomie aufrechtzuerhalten – was nur ge-
Männern beobachtbaren Stressreaktionen sind nicht nur er-                         lingt, wenn der Suizidversuch gewaltsam ist und tödlich endet
lerntes Rollenverhalten, sondern auch biologisch bedingt                          (vgl. [32]). Eine depressive Erkrankung geht bei Männern of-
durch ein höheres Aggressionspotenzial und das männliche                          fenbar mit einem höheren Suizidrisiko einher als bei Frauen.
Geschlechtshormon Testosteron, dessen Spiegel insbeson-                           Entsprechende Angaben belaufen sich für Jugendliche < 25
dere in Konfrontationssituationen ansteigt, in denen es um                        Jahre auf 10:1 und für Erwachsene auf 6:1 [33]. Möglicher-
den Erhalt oder Erwerb von Macht und Dominanz geht. Wäh-                          weise spielen biologische Faktoren bei der männlichen Suizi-
rend Aggression im traditionellen Weiblichkeitsstereotyp als                      dalität eine größere Rolle als bei der weiblichen, und zwar im
Verlust der Selbstkontrolle bewertet wird, erlauben soziokul-                     Sinne einer suizidalen Prädisposition: Diskutiert wird der Zu-
turelle Normen traditioneller Maskulinität die Instrumenta-                       sammenhang zwischen Aggression, mangelnder serotonerger
lität von männlicher Aggressivität zur Herstellung sozialer                       Aktivität und mangelnder Impulskontrolle, wobei relativ ge-
Hierarchie (Abb. 3).                                                              sichert von einer reduzierten Konzentration des Serotonin-
                                                                                  Metaboliten 5-Hydroxyindolessigsäure im Liquor ausgegan-
Macht und Dominanz, Kontrolle, Mut, Leistungs- und Wett-                          gen werden kann [34] (Abb. 4).
bewerbsorientierung, Unabhängigkeit, Autonomie, Rationali-
tät, Aktivität und Unverletzlichkeit sind Wertvorstellungen                       Eine biologische Disposition für Aggressivität und Impulsivi-
und Handlungsleitlinien traditioneller hegemonialer Maskuli-                      tät ist jedoch nicht spezifisch für suizidale Männer, ähnliche
nität, von deren Erreichung die Selbstwerteinschätzung ab-                        Befunde finden sich auch bei Gewalttätern und psychiatri-
hängig gemacht wird [2]. Die Erreichung dieser Idealnormen                        schen Patienten ohne Suizidversuch [37–39].
ist nur auf Kosten der Kontrolle von als weiblich definierten
Emotionen wie Angst, Unsicherheit, Schwäche, Traurigkeit
und Hilflosigkeit möglich. Bereits diese emotionale Kontrolle                     „ Risikofaktoren für Depression bei Männern
kann auf Dauer gesundheitsschädigend sein [29], häufig wird
                                                                                  Hinsichtlich der bisher identifizierten Risikofaktoren für De-
                                                                                  pression zeigen sich – bis auf den niedrigen sozioökonomi-
                                                                                  schen Status, der für beide Geschlechter depressionsfördernd
                                                                                  ist – deutliche Unterschiede bei Frauen und Männern, die auf

Abbildung 3: Soziale Unterordnung macht Männer krank – auch männliche Paviane.    Abbildung 4: Modell des Zusammenhangs zwischen Aggression und Suizid bei
Aus: Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. Creative Commons-Lizenz: Rechteinhaber:   Männern. Mod. nach [35–37].
André Karwath.

14     J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)
Depression bei Männern

 Tabelle 1: Psychosoziale Risikofaktoren für Depression bei            Tabelle 2: Mögliche diagnostische Kriterien der männlichen
 Frauen und Männern.                                                   Depression. Nach [48].
 Risikofaktoren für Frauen          Risikofaktoren für Männer          • Vermehrter sozialer Rückzug, der oft verneint wird
                                                                       • Burn-out: Berufliches Überengagement, das mit Klagen über
 Niedriger sozioökonomischer        Niedriger sozioökonomischer          Stress maskiert wird
 Status                             Status
                                                                       • Abstreiten von Kummer und Traurigkeit
 Niedriges Bildungsniveau           Alleinlebend
                                                                       • Zunehmend rigide Forderungen nach Autonomie (in Ruhe gelas-
 Hausfrau                           Scheidung/Trennung                   sen werden)
 Ehefrau                            Arbeitslosigkeit                   • Hilfe von anderen nicht annehmen: Das „Ich kann das schon
 Mutter                             Berufliche Gratifikationskrisen      allein“-Syndrom
 Alleinerziehende Mutter            Pensionierung                      • Ab- oder zunehmendes sexuelles Interesse
 Geringe soziale Unterstützung      Chronische Erkrankungen            • Zunehmende Intensität oder Häufigkeit von Ärgerattacken
 Versorgung pflegebedürftiger       Homosexualität                     • Impulsivität
 Angehöriger                                                           • Vermehrter bis exzessiver Alkohol- und/oder Nikotinkonsum
 Sexueller Missbrauch in Kindheit                                        (süchtig nach TV, Sport etc.)
                                                                       • Ausgeprägte Selbstkritik, bezogen auf vermeintliches Versagen
                                                                       • Versagensangst
typische Rollenbelastungen bzw. Bewältigungsdefizite ver-
                                                                       • Andere für eigene Probleme verantwortlich machen
weisen (Tab. 1).
                                                                       • Verdeckte oder offene Feindseligkeit
                                                                       • Unruhe und Agitiertheit
Während Frauen mit multiplen Stressquellen konfrontiert                • Konzentrations-, Schlaf- und Gewichtsprobleme
sind, erscheint bei Männern die Berufsrolle als die dominie-
rende Stressquelle, zumindest ist diese bei Männern am bes-
ten untersucht. Männer haben nicht nur die gefährlicheren             hinaus wurden in einigen Studien erhöhte Feindseligkeit [45],
Berufe, sie sind stärker von der zunehmenden Arbeitsplatz-            erhöhter Alkoholkonsum [44] sowie erhöhte Agitiertheit bei
unsicherheit betroffen, sind stärker durch Arbeitslosigkeit be-       Männern gefunden [46].
lastet und haben ein höheres psychisches Erkrankungsrisiko
infolge ungünstiger psychosozialer Arbeitsbedingungen, so             Das Konzept der „männlichen Depression“ wurde erstmals im
genannten Gratifikationskrisen, die durch eine Kombination            Rahmen eines Suizidpräventionsprogramms auf der schwedi-
von hohen Anforderungen und geringer Kontrollmöglichkeit              schen Insel Gotland formuliert [47]. Nach einem systematisch
einerseits und hoher Verausgabung und geringer Belohnung              durchgeführten Fortbildungstraining der dort ansässigen Ärz-
andererseits zustande kommen [40, 41]. Insgesamt bestätigen           teschaft in Bezug auf Depressionsdiagnostik und -behandlung
diese Ergebnisse die spezifische männliche Vulnerabilität ge-         zeigte sich, dass die Suizidrate bei Frauen um etwa 90 % redu-
genüber statusrelevanten Stressfaktoren. Schließlich erweist          ziert werden konnte, die der Männer aber unverändert blieb.
sich auch die erfolgreiche Emanzipation der Frauen als ein            Psychologische Autopsien der männlichen Suizidopfer erga-
bedeutender Stressfaktor für Männer: Dies betrifft nicht nur          ben, dass diese zwar häufig depressiv und/oder alkoholab-
die Erwerbstätigkeit der Frauen, sondern auch ihre Tren-              hängig waren, aber weniger den dortigen Ärzten als vielmehr
nungsbereitschaft.                                                    der Polizei und den Ordnungsbehörden bekannt waren. Neben
                                                                      den üblichen depressiven Symptomen waren Symptome wie
Im Unterschied zu Frauen, die eine Trennung/Scheidung erle-           Gereiztheit, Irritabilität, Aggressivität, Ärgerattacken oder
ben, steigt das Depressions- und Suizidrisiko bei Männern um          antisoziales Verhalten häufiger bei den männlichen als bei
das Mehrfache [42, 43]. Auch diese Tatsache bestätigt erneut,         den weiblichen Suizidopfern zu finden. Erst als diese männer-
dass die Ehe für Männer deutlich mehr gesundheitsprotektive           spezifische Symptomatik in Diagnostik und Therapie berück-
Effekte hat als für Frauen.                                           sichtigt wurde, konnte auch hier eine Reduktion der Suizid-
                                                                      rate erreicht werden. Erfahrungen aus der psychotherapeuti-
„ Gibt es eine „männliche Depression“?                                schen Praxis vervollständigen das Symptomprofil einer
                                                                      männlichen Depression (Tab. 2).
 „When women are depressed, they either eat or go shop-
 ping. Men invade another country“.
                               Comedian Elayne Boosler
                                                                       „ Ein Fallbeispiel
                                                                       Charakteristisch für den Patienten, einen 43-jährigen Soft-
Die bisherigen Ausführungen machen plausibel, dass sich                wareingenieur, ist das Nebeneinander von depressiven
Depressionen bei Männern anders als mit den klassischen                Standardsymptomen und depressionsuntypischen Sympto-
Depressionssymptomen äußern können, und zwar mit män-                  men wie Aggressivität, Reizbarkeit, exzessivem Sporttrei-
nertypischen Abwehrstrategien zum Schutz einer „starken“               ben, Alexithymie, Unruhe, Burn-out und mangelnder Krank-
Fassade. Bisherige Studien zur geschlechtsspezifischen Psy-            heitseinsicht. Trotz zunehmender Beschwerden sucht er
chopathologie der Depression kommen zu dem Ergebnis, dass              keinen Arzt auf. Von den ersten Symptomen bis zum Arzt-
– zumindest bei klinischen Depressionen – sich die Kern-               kontakt vergehen 7 Jahre. Seine Bewältigungsversuche
symptome nicht unterscheiden, dass Männer allerdings kon-              zielen darauf, auch unter chronisch belastenden Bedingun-
sistent weniger depressive Symptome berichten als Frauen,              gen zu funktionieren und leistungsfähig zu bleiben, bis ihm
z. B. Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, Müdigkeit,              dies nicht mehr gelingt.
Schuldgefühle oder Konzentrationsprobleme [44]. Darüber

                                                                                           J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)   15
Depression bei Männern

 Er könne nicht sagen, wann die Depression begonnen habe,         Er selber sei nicht auf die Idee gekommen, zu einem Psy-
 sie habe sich schleichend über Jahre entwickelt, rückbli-        chiater zu gehen, weil für ihn die Schlafstörungen die Ursa-
 ckend seien es etwa 10 Jahre. Die Depression sehe er heute       che seines schlechten Befindens gewesen seien. Schließ-
 als Produkt der Summe vieler Belastungen.                        lich habe ihn seine Frau zu einem Therapeuten geschickt.
                                                                  Er sei auch 2× in einer psychosomatischen Klinik gewesen
 Er habe großen beruflichen Stress gehabt und seine Frau          (Diagnose: reaktive Depression). Er habe lange abgestrit-
 sei schwer an Krebs erkrankt. Er habe sich zunehmend             ten, krank zu sein, weil er nie in seinem Leben krank gewe-
 überfordert gefühlt und gemerkt, dass er nicht mehr die          sen sei, nie einen Arzt gebraucht hätte und stolz darauf ge-
 Geduld gehabt hätte, obwohl er von Haus aus ein geduldi-         wesen sei. Es sei sehr schwer für ihn gewesen, zuzugeste-
 ger und ruhiger Mensch sei. Er habe Schlafstörungen be-          hen, eine psychische Erkrankung zu haben.
 kommen und sei häufig gereizt und aggressiv gewesen.
 Seine Gereiztheit und Aggressivität habe er auf die Schlaf-
                                                                 Aus den Erfahrungen der „Gotland-Studie“ wurde ein Screen-
 störungen zurückgeführt. Er habe keine Kritik mehr vertra-
                                                                 inginstrument entwickelt, die „Gotland Scale for Male De-
 gen können und das Gefühl gehabt, dass alle etwas gegen
                                                                 pression“ [49], die seit einigen Jahren in internationalen Stu-
 ihn gehabt hätten. Da er ein emotionaler Mensch sei, sei er
                                                                 dien eingesetzt wird. Die wenigen, bisher vorliegenden Studi-
 auch manchmal in Tränen ausgebrochen und habe sich
                                                                 en zur männlichen Depression, klinische wie Bevölkerungs-
 langsam im Laufe der Jahre sozial isoliert. Seinen Freun-
                                                                 studien, bestätigen weitgehend die klinischen Erfahrungen.
 den habe er anfangs zu vermitteln versucht, wie er sich
                                                                 So wurde in qualitativen Studien anhand der subjektiven Er-
 fühlt, doch hätten sie ihn nicht verstehen können, sie hätten
                                                                 fahrungen depressiver Männer der enge Zusammenhang zwi-
 nur gesagt: „Mach dir ein schönes Wochenende, geh mal
                                                                 schen Männlichkeitsideologie und dem Erleben von Depres-
 schön essen, dann wirds wieder“.
                                                                 sion dargelegt [50–52]. Wurden in einer Stichprobe von
 Er habe sich traurig und hoffnungslos gefühlt, habe sich in     alkoholabhängigen Patienten neben den klassischen Depres-
 sich selbst zurückgezogen und keine Freude mehr an ein-         sionssymptomen auch die untypischen, aber für Männer typi-
 fachen Dingen empfunden, außerdem habe er seine körper-         schen Abwehrmuster erfasst, konnte ein deutlich höherer Pro-
 liche Hygiene vernachlässigt. Seinen Alkoholkonsum habe         zentsatz von depressiv erkrankten Männern identifiziert wer-
 er jedoch nicht gesteigert.                                     den [53]. In Bezug auf stationär behandelte depressive Patien-
                                                                 ten fanden Winkler et al. [54] eine erhöhte Prävalenz von
 Wegen seiner Schlafstörungen habe er verschiedene Ärzte         Ärgerattacken bei Männern im Vergleich zu Frauen so-
 konsultiert, sei bei einem Internisten gewesen, auch bei        wie eine stärker ausgeprägte affektive Rigidität [55]. In einer
 einem Kardiologen wegen seines Bluthochdrucks. Es sei           eigenen Studie der Autorin an ebenfalls stationär behandelten
 aber kein somatischer Befund festgestellt worden. Von sei-      depressiven Patienten [56] ließen sich keine Unterschiede in
 nen psychischen Problemen habe er nicht gesprochen, und         der Häufigkeit und Ausprägung der männlichen Symptome
 die Ärzte hätten ihn auch nicht danach gefragt.                 finden, jedoch faktorenanalytisch ein geschlechtsspezifisches
                                                                 Symptommuster aufdecken (Tab. 3).
 Er habe versucht, sich in einem Urlaub zu Hause zu erho-
 len, das habe jedoch nicht funktioniert, auch über das          Rihmer et al. [57] fanden eine signifikant höhere Rate männli-
 Wochenende habe er sich nicht erholen können. Seine Frau        cher Depression bei männlichen Suizidopfern (100 %) als bei
 – mittlerweile am Sauerstoffgerät – sei nur noch bedingt        weiblichen (83 %), wobei die Gesamtrate erstaunlich hoch lag.
 handlungsfähig gewesen, weshalb sie oft in der Klinik ge-
 wesen sei. Er habe sie trotz seines beruflichen Stresses fast   Eine dänische Bevölkerungsstudie von Bech et al. [58] ver-
 täglich besucht, außerdem habe er sich um das große Haus        weist auf geschlechtsspezifische Entwicklungspfade der De-
 und die Tiere kümmern müssen. Sein Arbeitsplatz sei             pression: Unter den Bedingungen reduzierten Wohlbefindens
 2 Autostunden von seinem Haus entfernt gewesen. Diese           entwickelten Frauen direkt eine Major Depression, während
 Belastungskonstellation hätte über Jahre so bestanden. Er       bei Männern der Umweg über Stress, Aggression und Alko-
 habe alles gegeben, solange es eben gegangen sei, habe          holmissbrauch zu beobachten war.
 versucht zu verdrängen, nicht wahrzunehmen, zu funktio-
 nieren, „bis es mir die Beine weggezogen hat.“                   Tabelle 3: Geschlechtsspezifische Symptommuster bei sta-
                                                                  tionär behandelten depressiven Patienten (656 M, 1755 F).
 Seinen Stress habe er mit Sport zu kompensieren versucht:        Aus [56].
 So sei er 200–300 km an einem Stück mit dem Rad gefah-
                                                                                     Männer                   Frauen
 ren und habe außerdem mit dem Marathonlaufen angefan-
 gen. „Ich wusste nicht, wohin mit mir.“ Der Sport sei ein        Faktor 1           Schlafstörungen          Müdigkeit
 Ventil für ihn gewesen, sich zu beweisen trotz allem noch                           Substanzmissbrauch       Antriebslosigkeit
                                                                                                              Schlafstörungen
 leistungsfähig zu sein. Er habe durch den exzessiven Sport
                                                                                                              Substanzmissbrauch
 jedoch keine Entspannung und Befriedigung erfahren, son-         erklärte Varianz   15,70 %                  15,20 %
 dern sei weiterhin unzufrieden gewesen mit seiner sportli-
 chen Leistung und habe sich jedes Mal vorgenommen,               Faktor 2           Irritabilität            Unruhe
                                                                                     Aggressivität            Depressive Verstimmung
 beim nächsten Mal eine noch längere Strecke zu bewäl-
                                                                                     Antisoziales Verhalten   Klagsamkeit
 tigen.                                                           erklärte Varianz   10,48 %                  8,45 %

16   J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)
Depression bei Männern

 Tabelle 4: Prävalenz prototypischer und „männlicher“           nehmend wird aggressives Verhalten bei Frauen gesellschaft-
 Depressionssymptome in einer Studentenstichprobe (> 1)         lich akzeptiert [63] und nimmt tatsächlich auch bei Mädchen
 – „Gotland Scale for Male Depression“ (0–3). Aus [62].         und jungen Frauen zu [64].
 Symptome                      Männer     Frauen       p
                                                                „ Gender-Bias in der Depressionsdiagnostik
 Stress                          28,1      37,6      0,000
 Aggressivität                   13,3      24,4      0,000      Die Unterdiagnostizierung von Depression bei Männern kann
 Leere                           28,0      22,7       n. s.     nicht nur auf mangelnde Hilfesuche der Betroffenen zurück-
 Müdigkeit                       27,4      33,2       n. s.     geführt werden, sondern auch auf einen Gender-Bias in der
 Irritabilität                   17,6      21,3      0,045      Depressionsdiagnostik. Bei den genannten männlichen Symp-
 Entscheidungsprobleme            9,8      11,0       n. s.     tomen bzw. Abwehrstrategien handelt es sich um „untypi-
 Schlafprobleme                  20,7      34,4      0,032      sche“ Verhaltensmuster, die nicht in den führenden Depres-
 Morgentief                       6,7      11,2      0,012      sionsinventarien enthalten sind. Die üblichen Beurteilungs-
 Alkohol/Hyperaktivität          16,8      14,6       n. s.     verfahren zur Erfassung von Depression gehen vom Prototyp
 Antisoziales Verhalten           4,9       6,8       n. s.     der weiblichen Depression aus und enthalten überwiegend
 Hoffnungslosigkeit              10,4       9,6       n. s.     Symptome und Copingstrategien, die üblicherweise von
 Selbstmitleid                    8,3      10,0      0,006      Frauen berichtet werden (z. B. Antriebslosigkeit, depressive
 Positive Familiengeschichte     11,8      10,2       n. s.     Verstimmung, Grübeln, Selbstvorwürfe). Die typisch männli-
 n. s.: nicht sifnigikant                                       chen depressionsabwehrenden Strategien wie Aggressivität,
                                                                Ärgerattacken, Feindseligkeit, Irritabilität, Aktivismus oder
                                                                exzessiver Alkoholkonsum werden nicht erfasst. Dies führt
Magovcecic und Addis [5] konnten an einer nicht-klinischen      nicht nur dazu, dass Depressionen bei einem Teil der betroffe-
Stichprobe von 102 Männern, die in den vergangenen 3 Mo-        nen Männer nicht erkannt werden, sondern begünstigt tenden-
naten ein kritisches Lebensereignis bewältigen mussten, bele-   ziell auch Fehldiagnosen in Richtung Alkoholabhängigkeit
gen, dass externalisierende Symptome mit einer ausgeprägten     und antisozialer Persönlichkeitsstörung – Diagnosen, die mit
Orientierung an Normen traditioneller Maskulinität einher-      dem männlichen Stereotyp zusammenhängen und bei Män-
gingen. Konsistent mit diesen Befunden sind die Ergebnisse      nern im Vergleich zu Frauen überrepräsentiert sind. Unabhän-
einer australischen Bevölkerungsstudie, wonach externalisie-    gig von der Diskussion um „männliche Depression“ weisen
rendes Verhalten signifikant häufiger von Männern angege-       einige Autoren darauf hin, dass Depressionsskalen hoch
ben wurde als von Frauen [59].                                  selektiv sind und eher ihren historischen Hintergrund spiegeln
                                                                als individuelle Muster von Depressionserfahrungen und
In einer eigenen Untersuchung an einer Bevölkerungsstich-       -symptomen abfragen [65]. Darüber hinaus würde durch die
probe von 18-jährigen Männern ergaben sich ein 22%iges          Fokussierung auf depressive Verstimmung und Ängstlichkeit
Risiko einer „männlichen Depression“ und Hinweise darauf,       die Bedeutung externalisierender Symptome bei der unipola-
dass sich mit steigender Depressionsgefährdung die männli-      ren Depression unterschätzt, obwohl diese nicht nur bei der
chen Symptome verstärken, während die prototypischen de-        bipolaren, sondern auch bei der unipolaren Depression häufig
pressiven Symptome unverändert blieben bzw. dissimuliert        zu beobachten seien [66–68].
wurden [60]. Diese ersten Befunde zur männlichen Depres-
sion verweisen darauf, dass geschlechtsspezifische Unter-       „ Wissenschaftliche Evidenz
schiede in der Symptomatik insbesondere in den frühen Sta-
dien der Erkrankung beobachtet werden können, und zwar als      Obwohl das Konzept der männlichen Depression klinisch evi-
Folge geschlechtsspezifischer Copingstrategien [61]. Mögli-     dent erscheint und zunehmend von Presse und Gesundheits-
cherweise befinden sich aber auch diese Copingstrategien in     institutionen rezipiert wird (Abb. 5), muss es wissenschaftlich
einem Veränderungsprozess aufgrund des Geschlechtsrollen-       weiter abgesichert werden.
wandels, zumindest bei jungen Frauen. Das lassen u. a. eigene
Ergebnisse der Autorin vermuten, die an einer Studenten-        Offene Fragen betreffen die Geschlechts- und Altersspezifik
stichprobe (mit je 500 männlichen und weiblichen Studieren-     der männlichen Depression sowie ihre Prävalenz in der Allge-
den) gewonnen wurden [62]: Entgegen den Erwartungen wie-        meinbevölkerung in Abhängigkeit von verschiedenen sozia-
sen die Studentinnen ein signifikant höheres Risiko einer       len Kontexten. Darüber hinaus ist die Frage nicht geklärt, wie
„männlichen Depression“ auf als die Studenten (28,9 % vs.       spezifisch die männliche Depression ist, d. h. ob das männer-
22,4 %; p < 0,05), wobei sowohl die prototypischen als auch     typische Syndrom von Aggressivität, Irritabilität sowie Risi-
die externalisierenden Symptome häufiger angegeben wur-         ko- und Suchtverhalten einen neuen Subtypus von Depression
den, insbesondere Aggressivität und Irritabilität (Tab. 4).     rechtfertigt oder nicht vielmehr ein unspezifisches Syndrom
                                                                männertypischen Stressverhaltens darstellt. Dies ist eine
Als Erklärung dieses zunächst überraschenden Befundes ist       basale Frage, die auch von Addis [70] im Zusammenhang mit
denkbar, dass junge Frauen heutzutage auf Stress nicht nur      der kritischen Aufarbeitung verschiedener Konzepte zum
mit den klassisch weiblichen internalisierenden Copingstrate-   Verständnis von Depression bei Männern als „gendered res-
gien antworten, sondern inzwischen auch über „männliche“        ponding framework“ diskutiert wird. Weiterhin ergeben sich
Verhaltensmuster verfügen, die ihnen mehr Aggressionen er-      Abgrenzungsprobleme zum klassischen Konzept der Depres-
lauben, ohne dass sie dafür Sanktionen befürchten müssen        sion-Spektrum-Diagnose, in der unipolare Depression, Alko-
(ebenso steigender Alkohol- und Nikotinkonsum). Denn zu-        holismus und antisoziale Persönlichkeitsstörung zu einem

                                                                                     J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)   17
Depression bei Männern

                                                                               Auch bei einem (metaanalytischen) Vergleich von Monoamino-
                                                                               oxidase- (MAO-) Hemmern und Trizyklika schnitten letztere bei
                                                                               den Männern besser ab als bei den Frauen [75]. Die derzeitige
                                                                               Praxis der Antidepressivabehandlung ist weniger geschlechts-
                                                                               als symptomorientiert, allerdings wird bisher auch kein Bedarf
                                                                               für ein männerspezifisches Antidepressivum gesehen. Pasquini
                                                                               et al. [76] empfehlen auf Basis einer offenen Studie die Kombi-
                                                                               nation eines SSRIs mit einem Antikonvulsivum, um auf diese
                                                                               Weise Symptome wie Aggression, Irritabilität, Ärger und Feind-
                              Abbildung                                        seligkeit mitzubehandeln.
                                siehe
                             Printversion                                      Ähnlich spärlich sieht die Datenlage bezüglich geschlechts-
                                                                               spezifischer Wirkungen psychotherapeutischer Methoden in der
                                                                               Depressionsbehandlung aus, wenn sich auch hier ein ein-
                                                                               heitlicherer Trend andeutet. Hinsichtlich der insgesamt am bes-
                                                                               ten untersuchten Methoden der kognitiven und der interper-
                                                                               sonellen Verhaltenstherapie konnten keine Wirkungsunterschie-
                                                                               de bei Männern und Frauen nachgewiesen werden [77, 78]. Auch
                                                                               die Kombination mit antidepressiver Medikation war in diesen
                                                                               Studien vergleichbar effektiv für beide Geschlechter. Diese Er-
                                                                               gebnisse sind auf den ersten Blick erstaunlich, da man annehmen
                                                                               könnte, dass das Prinzip „Psychotherapie“ eher auf Frauen als auf
                                                                               Männer zugeschnitten ist: Offen über eigene Gefühle und Kon-
Abbildung 5: Public-Health-Kampagne „Real Men – Real Depression“ des „Natio-
nal Institute of Mental Health“. Aus [69].                                     flikte zu sprechen fällt den meisten Frauen nicht schwer, für die
                                                                               Mehrzahl der Männer dagegen ist dies ein „echtes Auswärts-
Phänotyp zusammengefasst werden [71] sowie zum Konzept                         spiel“ [79]. Dies gilt aber wohl eher für biographisch und insbe-
des bipolaren Spektrums mit den Hauptsymptomen Irritabili-                     sondere psychodynamisch orientierte Therapieverfahren. Die
tät, abweichendes soziales Verhalten und Suizidalität [72].                    eben erwähnten Ergebnisse kommen aber aus dem Bereich der
Nicht zuletzt müssten differenziertere Instrumente zur Erfas-                  kognitiven bzw. interpersonellen Verhaltenstherapie, für die die-
sung männlicher Depression für epidemiologische Zwecke                         se Annahme möglicherweise nicht zutrifft. Offensichtlich profi-
entwickelt werden. Ein weiteres Desiderat wäre die differen-                   tieren Männer, die an Depressionen erkrankt sind und die eine
zierte Erfassung von Aggressivität bei depressiven Männern                     kognitive oder interpersonelle Psychotherapie akzeptieren kön-
und Frauen, da Motivation, Ausdruck und Funktionen von                         nen, von dieser Therapie genauso wie Frauen. Die Herausforde-
Aggression geschlechtsspezifisch geprägt sein können.                          rung für den behandelnden Arzt besteht jedoch darin, betroffene
                                                                               Männer für eine Psychotherapie zu motivieren. Eine weitere He-
Abgesehen von der noch nicht ausreichenden wissenschaftli-                     rausforderung besteht darin, geschlechtsspezifische Aspekte der
chen Evidenz des Konzepts männlicher Depression sprechen                       Lebenswelt stärker in psychotherapeutische Inhalte zu inte-
jedoch geschlechtersensible klinische Erfahrungen sowie eine                   grieren.
Fülle von Ergebnissen aus der Gewalt- und Sozialforschung
                                                                               Die Autorin verneint Interessenkonflikte.
dafür, Stresserleben und -verarbeitung von Männern in der
Praxis sehr viel stärker zu beachten und eine Sensibilität für
männliche Depression zu entwickeln. Eine bessere Depres-                        „ Zusammenfassung und Relevanz für
sionsdiagnostik bei Männern, aber möglicherweise auch bei                         die Praxis
Frauen, setzt voraus, die klassischen Depressionskriterien um
externalisierende Stresssymptome zu erweitern. Damit könnte                     1. Die Gender-Perspektive gewinnt zunehmend auch in
ein wesentlicher Beitrag zur Suizidprävention geleistet werden.                    der Psychiatrie an Bedeutung, da traditionelle Geschlech-
                                                                                   terrollen aufgrund ihrer Eindimensionalität Risiken für
                                                                                   die psychische Gesundheit beinhalten und Einfluss neh-
„ Gibt es eine spezifische Therapie männli-                                        men auf Krankheitsverhalten und -verlauf sowie Diag-
  cher Depression?                                                                 nostik und Therapie.
Bisher liegen keine Studien zur Therapie der männlichen Depres-                 2. Das Geschlechterparadoxon bei Depression und Suizid
sion vor. Auch die allgemeine Datenlage zur geschlechts-                           verweist darauf, dass die niedrige Depressionsrate bei
spezifischen Wirksamkeit von Antidepressiva und verschiede-                        Männern weniger durch ein geringeres Depressions-
nen psychotherapeutischen Verfahren ist zurzeit noch sehr be-                      risiko als vielmehr durch eine Unterdiagnostizierung
scheiden. Daher verwundert es nicht, dass die Befunde wenig                        der Depression bedingt ist.
konsistent sind. So wurde in einigen Studien kein Unterschied                   3. Die Unterdiagnostizierung und -behandlung von depres-
zwischen den Geschlechtern hinsichtlich des Ansprechens auf                        siv erkrankten Männern kann auf mangelnde Hilfesu-
selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder tri-                          che, männertypische Depressionssymptome (externali-
zyklische Antidepressiva gefunden [73], in anderen zeigte sich                     sierende Stresssymptome) und eine einseitige, die männ-
dagegen eine schlechtere Wirksamkeit von SSRI und eine besse-                      liche Depression nicht ausreichend berücksichtigende
re von Trizyklika bei Männern im Vergleich zu Frauen [74].                         Depressionsdiagnostik zurückgeführt werden.

18     J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)
Depression bei Männern

                                                                                                   27. Möller-Leimkühler AM. The gender gap           47. Rutz W, von Knorring L, Pihlgren H, Rihmer
  4. Risikofaktoren für Depression sind mit der sozialen Ge-                                       in suicide and premature death or: why are         Z, Walinder J. Prevention of male suicides:
                                                                                                   men so vulnerable? Eur Arch Psychiatry Clin        lessons from Gotland Study. Lancet 1995;
     schlechtsrolle assoziiert und unterscheiden sich für                                          Neurosci 2003; 253: 1–8.                           345: 524.
     Männer und Frauen. Männer sind besonders anfällig für                                         28. Sapolsky RM, Mott GE. Social subordi-          48. Pollack W. Mourning, melancholia, and
     Stressoren, die ihren sozialen Status bedrohen.                                               nance in wild baboons is associated with           masculinity: recognizing and treating depres-
                                                                                                   suppressed high density lipoprotein-cholers-       sion in men. In: Pollack W, Levant R (eds). A
  5. Der typisch männlichen Stressverarbeitung über Ag-                                            terol concentrations: the possible role of         New Psychotherapy for Men. Wiley, New
     gressivität, antisoziales sowie Risiko- und Suchtverhal-                                      chronic social stress. Endocrinology 1987;         York, 1998; 147–66.
                                                                                                   121: 1605–10.                                      49. Walinder J, Rutz W. Male depression and
     ten liegt das biologisch wie sozialkulturell geprägte                                                                                            suicide. Int Clin Psychopharmacol 2001; 16
                                                                                                   29. Traue HC. Emotion und Gesundheit. Die
     Responsemuster des „fight or flight“ zugrunde.                                                psychobiologische Regulation durch Hem-            (Suppl 2): 21–4.
  6. Die Depressionsdiagnostik bei Männern kann dadurch                                            mungen. Spektrum Heidelberg-Berlin, Akade-         50. Rochlen AB, Paterniti DA, Epstein RM,
                                                                                                   mischer Verlag, 1998.                              Duberstein P, Willeford L, Kravitz RL. Barriers
     erschwert werden, dass Männer häufiger externalisie-                                          30. Möller-Leimkühler AM. Barriers to help-        in diagnosing and treating men with depres-
     rende Stresssymptome als prototypische Depressions-                                           seeking by men: A review of socio-cultural         sion: a focus group report. Am J Mens Health
                                                                                                   and clinical literature with particular refer-     2010; 4: 167–75.
     symptome angeben, die nicht als depressionstypisch                                            ence to depression. J Affect Disord 2002; 1–       51. Emslie C, Ridge D, Ziebland S, Hunt K.
     gelten und nicht in den üblichen Depressionsinventarien                                       3: 1–9.                                            Men’s account of depression: reconstructing
     enthalten sind.                                                                               31. Angst J, Ernst C. Geschlechtsunterschie-       or resisting hegemonic masculinity? Soc Sci
                                                                                                   de in der Psychiatrie. In: Weibliche Identität     Med 2006; 62: 2246–57.
  7. Die Depressionsdiagnostik kann verbessert werden, in-                                         im Wandel. Studium Generale 1989/1990.             52. Oliffe JL, Robertson S, Kelly MT, Roy P,
     dem die klassischen Depressionskriterien um männer-                                           Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; 69–84.      Ogrodniczuk JS. Connecting masculinity and
                                                                                                                                                      depression among international male univer-
     typische Stresssymptome bzw. Copingstrategien erwei-                                          32. Wolfersdorf M. Männersuizid: Anmerkun-
                                                                                                                                                      sity students. Qual Health Res 2010; 20: 987–
                                                                                                   gen zur Psychodynamik bei öffentlich bekann-
     tert werden.                                                                                  ten Männern. J Neurol Neurochir Psychiatr
                                                                                                                                                      98.
  8. Eine umfassende Depressionsdiagnostik bei Männern                                             2010; 11 (3): 36–41.                               53. Zierau F, Bille A, Rutz W, Bech P. The
                                                                                                                                                      Gotland Male Depression Scale: A validity
     impliziert, dass die Komorbidität, insbesondere hinsicht-                                     33. Blair-West GW, Cantor CH, Mellsop GW,          study in patients with alcohol use disorders.
                                                                                                   Eyeson-Annan ML. Lifetime suicide risk in          Nord J Psychiatry 2002; 56: 265–71.
     lich Alkoholabhängigkeit und Persönlichkeitsstörun-                                           major depression: sex and age determinants.
                                                                                                                                                      54. Winkler D, Pjrek E, Kasper S. Anger at-
     gen, abgeklärt wird.                                                                          J Affect Disord 1999; 55: 171–8.
                                                                                                                                                      tacks in depression – evidence for a male de-
  9. Eine geschlechtersensible Depressionsdiagnostik und                                           34. Mann JJ. Neurobiology of suicidal behav-       pressive syndrome. Psychother Psychosom
                                                                                                   iour. Nature 2003; 4: 819–28.                      2005; 74: 303–7.
     -therapie ist ein wichtiger Schritt zur Reduktion männli-                                     35. Turecki G. Dissecting the suicide pheno-       55. Winkler D, Pjrek E, Heiden A, Wiesegger
     cher Suizidalität.                                                                            type: the role of aggressive-impulsive behav-      G, Klein N, Konstantinidis A, Kasper S. Gen-
                                                                                                   iours. J Psychiatry Neurosci 2005; 30: 398–        der differences in the psychopathology of de-
                                                                                                   408.                                               pressed patients. Eur Arch Psychiatry Clin
                                                                                                   36. McGirr A, Séguin M, Renaud J, Benkelfat        Neurosci 2004; 254: 209–14.
                                                                                                   C, Alda M, Turecki G. Gender and risk factors      56. Möller-Leimkühler AM, Bottlender R,
Literatur:                                       13. Conen D, Kuster M. Geschlechts- und           for suicide: evidence for heterogeneity in pre-    Strauss A, Rutz W. Is there evidence for a
                                                 symptomspezifisches Verhalten junger Assis-       disposing mechanisms in a psychological au-        male depressive syndrome in patients with
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                                                                                                   Franke L. Suicidality, impulsivity and aggres-
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