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Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems DFP: Depression bei Männern: Eine Homepage: Einführung www.kup.at/ Möller-Leimkühler AM JNeurolNeurochirPsychiatr Journal für Neurologie Online-Datenbank mit Autoren- Neurochirurgie und Psychiatrie und Stichwortsuche 2010; 11 (3), 11-20 Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031117M, Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21 Preis : EUR 10,–
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DFP Depression bei Männern Depression bei Männern: Eine Einführung A.-M. Möller-Leimkühler Kurzfassung: Frauen erkranken etwa 2–3× („männliche Depression“). Neben der Darstel- These pathways are characterized by a lack of häufiger an einer Major Depression als Männer. lung des aktuellen Forschungsstandes werden helpseeking, externalizing stress response pat- Haben Männer folglich ein geringeres Depres- Fragen der Spezifität „männlicher Depression“ terns typical for men, and by a gender bias in sionsrisiko als Frauen oder sind Depressionen und der geschlechterspezifischen Depressions- depression diagnostics resulting in a systematic bei Männern unterdiagnostiziert? Das ist die therapie angesprochen sowie Implikationen für underdiagnosis of depression in men and prob- zentrale Frage dieses einführenden Beitrags, der die psychiatrische Praxis abgeleitet. ably in a promotion of misdiagnoses in terms of – ausgehend von den pathogenen Aspekten tra- Die bisherige Befundlage zur Depression be- alcohol dependence or antisocial personality ditioneller Maskulinität – Pfade der Depressi- stätigt, wie wichtig eine geschlechtersensible disorder. onsentwicklung über männliche Stressvulnera- Perspektive in Forschung und Praxis ist, insbe- Differences of depression in men refer both to bilität und -verarbeitung bis zum Suizid aufzeigt. sondere bei Erkrankungen, die als geschlechts- risk factors, mainly concerning loss of social sta- Diese Pfade sind charakterisiert durch eine man- typisch gelten. tus or stressors threatening social status, and gelnde Hilfesuche von Männern, durch externa- symptoms which may differ from prototypical lisierende Stressverarbeitungsmuster, die ty- Schlüsselwörter: Depression, Männer, Geschlech- depressive symptoms shown by women (“male pisch sind für Männer, und durch einen Gender- terrolle, Stressvulnerabilität, Stressverarbeitung depression”). Actual evidence of research on Bias in der Depressionsdiagnostik, der zu einer “male depression” is summarized, aspects of systematischen Unterdiagnostizierung der De- the specifity of male depression and gender-re- pression von Männern führt, aber auch Fehldiag- Abstract: Depression in Men: An Introduc- lated depression therapy are discussed, and im- nosen wie Alkoholabhängigkeit oder antisoziale tion. The lifetime prevalence of major depres- plications for clinical practice are derived. Persönlichkeitsstörung begünstigt. sion in women is 2–3 times higher than in men. Current analyses in depression point to the Besonderheiten der Depression bei Männern Does that mean that men have a lower risk for relevance of the gender approach in research betreffen sowohl die Risikofaktoren, die insbe- depression or that depression is underdiag- and practice, especially in the case of disorders sondere auf Bedrohungen des sozialen Status nosed in men? This is the central question of the which are held to be gender-typical. J Neurol oder auf Statusverlust zurückgeführt werden present introduction which demonstrates path- Neurochir Psychiatr 2010; 11 (3): 11–20. können, als auch die Symptomatik, die sich ways to depression from male stress vulnerabil- deutlich von der prototypischen Depressions- ity and stress response to suicide – basing on Key words: depression, men, gender role, stress symptomatik der Frauen unterscheiden kann pathogenic aspects of traditional masculinity. vulnerability, coping with stress Geschlechtsrolle als Gesundheitsrisiko Funktion für die Identität und das Selbstkonzept des Einzel- nen, sondern strukturiert als „soziale Kategorie“ gleichzeitig Körperliche und psychische Erkrankungen werden nicht nur den Zugang zu personalen, sozialen und materiellen Ressour- durch die biologische Geschlechtszugehörigkeit über geneti- cen, und zwar unterschiedlich für Männer und Frauen. sche und hormonelle Faktoren beeinflusst, sondern auch durch Insofern sind Geschlechterrollen verbunden mit jeweils ge- die soziale Geschlechterrolle über gesellschaftliche Kon- schlechtsspezifischen Einstellungen und Gesundheitskonzep- struktionen von Weiblichkeit und Männlichkeit („gender“). ten, Erkrankungsrisiken und Krankheitsentwicklungen. Ob- Die traditionell bipolaren Rollenzuschreibungen an Männer wohl sich die Geschlechterrollen infolge des gesellschaftli- und Frauen machen sich zwar an der biologischen Geschlechts- chen Wandels deutlich verändert haben – die Frauenrolle sehr zugehörigkeit („sex“) fest, gehen aber weit darüber hinaus, viel stärker als die Männerrolle – sind die traditionellen Ge- indem sie spezifische Werte und Normen vorgeben, die fest- schlechterstereotype weiterhin existent und insbesondere für legen, welche Fähigkeiten, Persönlichkeitseigenschaften, Männer handlungsleitend [1]. Einer der Gründe dafür sind Einstellungen und Verhaltensweisen für eine Frau und für sicherlich die Präferenzen von Frauen bei der Partnerwahl: einen Mann typisch, angemessen und sozial erwünscht sind. Trotz eigener ökonomischer Unabhängigkeit bevorzugen So wird das weibliche Rollenstereotyp z. B. durch expressive Frauen nach wie vor Männer mit hohem Status, Dominanz Eigenschaften (wie angepasst, passiv, nachgiebig, vorsichtig, und Macht, was sich soziobiologisch und evolutionspsycho- ängstlich, konfliktvermeidend, abhängig, emotional, wenig logisch gut erklären lässt und ebenso gut empirisch abgesi- selbstsicher), das männliche Rollenstereotyp durch instru- chert ist. mentelle Eigenschaften (wie aktiv, aggressiv, rational, ehrgei- zig, zielorientiert, durchsetzungsfähig, unabhängig, selbst- Es ist bekannt, dass das weibliche Geschlechterstereotyp ein sicher, abenteuer- und entscheidungsfreudig) gekennzeich- pathologischer Faktor sein kann. Weniger bekannt ist, dass net. Damit hat das soziale Geschlecht nicht nur eine zentrale auch das männliche Geschlechterstereotyp aufgrund seiner Eindimensionalität Risiken für die körperliche und psychi- sche Gesundheit birgt. Das Ideal einer „hegemonialen Männ- Eingelangt am 16. April 2010; angenommen nach Revision am 28. Juni 2010 lichkeit“ [2] als Ausdruck von Macht, Prestige und Überle- Aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität genheit ist nur für eine Minderheit von Männern realisierbar, München, Deutschland Korrespondenzadresse: PD Dr. rer. soc. Anne-Maria Möller-Leimkühler, Klinik während sich die Mehrheit mit vergleichsweise niedrigeren für Psychiatrie und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität München, sozialen Positionen arrangieren muss. Dennoch fungiert die D-80336 München, Nußbaumstraße 7; hegemoniale Männlichkeit als handlungsleitende Ideologie, E-Mail: anne-maria.moeller-leimkuehler@med.uni-muenchen.de an der sich Männer selbst messen und von anderen gemessen J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3) 11 For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
Depression bei Männern werden. Mögliche Folgen dieses „dramatischen Kontrasts höhere Depressionsrate bei Frauen auf eine Überdiagnostizie- zwischen kollektiver Privilegiertheit und persönlicher Unsi- rung hinweisen. cherheit“ [2], aber auch der krisenhaften Dekonstruktion der klassischen Männerrolle, sind Rollenkonflikte, die über rol- Depressionsstudien der vergangenen 20 Jahre haben jedoch lenkonformes externalisiertes Verhalten wie Alkoholmiss- belegt, dass die hohen Depressionsraten der Frauen am ehes- brauch, Aggressivität oder extreme Risikofreudigkeit abge- ten durch psychosoziale Faktoren erklärt werden können, wehrt werden können. Abgesehen von der gegenwärtigen die mit ihrer Lebenslage und mit typisch weiblichen Diskriminierung des Mannes in den Medien als unzeitgemä- Rollenbelastungen zusammenhängen, aber auch mit einer ßer Trottel, als genetische Minusvariante, Auslauf- und Defi- spezifischen Vulnerabilität für soziale Stressoren sowie ei- zitmodell, das eines Tages ausgestorben sein wird, sind zu- nem internalisierenden emotionszentrierten Bewältigungs- nehmend Daten verfügbar, die das männliche Geschlecht als stil [8]. stärksten demographischen Risikofaktor ausweisen, und zwar nicht nur in Bezug auf die Dominanz bei bestimmten psychi- Da sich traditionelle Männlichkeitsnormen in Opposition zu schen und somatischen Erkrankungen, sondern auch in Bezug den o. g. „weiblichen“ Attributen definieren (über Macht, Er- auf vorzeitige Sterblichkeit durch Suizid und Homizid, Ver- folg, Stärke, Selbstsicherheit, Unabhängigkeit etc.), erscheint kehrsunfälle sowie kardiovaskuläre und bestimmte Krebs- es zunächst plausibel, dass Männer nur halb so häufig depres- erkrankungen (Lunge, Bronchien). Dies ist vermutlich weni- siv sind wie Frauen. Damit ist es nicht verwunderlich, dass zur ger auf biologische Besonderheiten zurückzuführen als viel- „Frauenkrankheit“ Depression eine Fülle von Studien vor- mehr auf spezifische männliche Lebenslagen, (Berufs-) Rol- liegt, dagegen die Männer erst in den vergangenen Jahren sys- lenbelastungen und riskante Verhaltensstile. Differenziert tematisch ins Blickfeld gekommen sind. Lässt sich aus diesen man Männlichkeit z. B. nach dem Grad der Orientierung an Befunden schließen, dass Männer tatsächlich ein geringeres normativer Maskulinität, so zeigt sich: Je stärker diese Orien- Depressionsrisiko haben? Die folgenden Fakten würden diese tierung, desto seltener gehen Männer zu Vorsorgeuntersu- Hypothese auf den ersten Blick stützen: chungen [3], desto schlechter ist die psychische Gesundheit • Der positive Zusammenhang zwischen Berufsrolle, tradi- von Männern [4], desto ausgeprägter sind externalisierende tionell zur Normalbiographie von Männern gehörend, und Symptome bei Depressionen [5] und desto wahrscheinlicher psychischer Gesundheit [9]. ist ein Suizidversuch [6]. • Keine vergleichbare Doppelbelastung durch Berufs- und Familienarbeit bei Männern. In der Medizin gewinnt die Erkenntnis, neben den biologi- • Die biologische Differenz: kein weiblicher Zyklus. schen auch die sozialpsychologischen Aspekte des Ge- • Das geringere Körperbewusstsein und die höhere Symp- schlechts („gender“) in Forschung, Diagnostik, Therapie und tomtoleranz von Männern [10]. Rehabilitation zu berücksichtigen, zunehmend an Bedeutung, • Die geringere Selbstaufmerksamkeit von Männern [11]. um eine bedarfsgerechte und effizientere Versorgung zu • Die geringere Medikalisierung des männlichen Körpers fördern: Dies bedeutet auf medizinischer Seite, dass häufig [12]. nachgewiesene systematische Verzerrungen bei Diagnose • Die geringere Psychologisierung männlicher Beschwerden und Therapie infolge impliziter stereotyper Vorstellungen [13]. von „weiblich“ und „männlich“ vermieden werden müssen. • Der externale Attributionsstil und selbstwertsteigernde Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die so genannten Copingstrategien von Männern [14]. geschlechtstypischen bzw. geschlechtsuntypischen Erkran- • Der geringere Neurotizismus von Männern [15]. kungen gerichtet werden, z. B. auf kardiovaskuläre Erkran- • Die negative Korrelation zwischen Maskulinität und Ängst- kungen bei Frauen oder unipolare Depression bei Männern. lichkeit sowie Depressivität [16]. Im Zusammenhang mit der sich gegenwärtig etablierenden • Die positiven Effekte der Ehe, die bei Männern stärker aus- Männergesundheitsforschung, die u. a. den Einfluss traditio- geprägt sind als bei Frauen [17]. neller Maskulinität auf Gesundheit und Lebensqualität von Männern untersucht, kommt den psychischen Erkrankungen Diese Liste kollektiver „Privilegiertheiten“ wirkt auf den bei Männern – bisher ein stark vernachlässigter Bereich – zu- zweiten Blick wenig überzeugend, wenn die im Vergleich zu nehmende Bedeutung zu. Frauen mehrfach erhöhten Alkoholismus- und Suizidraten von Männern berücksichtigt werden. Ferner müssen kultur- spezifische Befunde zur Kenntnis genommen werden, die auf Haben Männer ein geringeres Depressions- den Einfluss männlichen Rollen- und Abwehrverhaltens ver- risiko als Frauen? weisen: Die Depressionsrate unterscheidet sich dann nicht von den Frauen, wenn Alkohol und Suizid gesellschaftlich Zahlreiche internationale Daten belegen, dass Frauen im Ver- tabuisiert sind, wie in jüdisch-orthodoxen Gemeinden [18], gleich zu Männern ein 2–3-fach höheres Risiko haben, im und/oder die Geschlechtsrollennormen streng egalitär ausge- Laufe ihres Lebens an einer unipolaren Depression zu er- richtet sind wie bei den Amish People [19]. Umgekehrt heißt kranken. dies, dass die Mehrzahl der bisher vorliegenden epidemiolo- gischen Daten möglicherweise eher auf Artefakte des männli- Geht man von der klassischen Verknüpfung von Weiblichkeit chen Berichtsverhaltens (bzw. der Symptomerfassung, s. u.) und Depression über die Zuschreibung rollenkonformer Attri- als auf einen substanziellen Unterschied im Depressionsrisiko bute wie Passivität, Angst, Schwäche, Traurigkeit, Introver- zurückgeführt werden können. In der Tat verweisen interna- tiertheit oder Selbstunsicherheit aus, so könnte die 2–3-fach tionale Bevölkerungsstudien auf eine systematische und stär- 12 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)
Depression bei Männern kere Unterdiagnostizierung und -behandlung von De- pression bei Männern als bei Frauen [20, 21]. Darüber hinaus ist der oben erwähnte Zusammenhang zwi- schen Berufstätigkeit und psychischer Gesundheit bei Männern vor dem Hinter- grund eines sich wandelnden globalisierten Arbeitsmarkts und des Brüchigwerdens der normalen Erwerbsbiographie von Männern keine Selbst- verständlichkeit mehr. Neben steigender Arbeitslosigkeit haben Arbeitsplatzstressoren wie Arbeitsmenge, Leistungs- und Zeitdruck oder Arbeits- Abbildung 1: Abnahme bzw. Zunahme von Krankheitstagen bei DAK-versicherten Männern 2007 gegenüber 2000 in Abhängigkeit platzunsicherheit in den ver- von Diagnosegruppen. Aus [23]. gangenen 20 Jahren deutlich zugenommen [22] und das Risiko für psychische Er- krankungen erhöht. So beob- achtet auch der letzte Ge- sundheitsreport der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK), der dem Thema „Männer und Gesundheit“ ge- widmet war [23], dass Arbeits- unfähigkeitstage aufgrund psy- chischer Erkrankungen bei Männern innerhalb der ver- gangenen 7 Jahre um 18,4 % angestiegen sind, wobei ins- besondere Depressionen eine Rolle spielen (Abb. 1). Dieser starke Anstieg ist um- so bemerkenswerter, als das Krankenstandsniveau insge- samt im untersuchten Zeit- Abbildung 2: Suizide in Deutschland nach Alter und Geschlecht im Jahr 2008. Aus [24]. raum um 10 % zurückging. Bei Frauen zeigte sich die Zunahme der Arbeitsunfähig- Geht man davon aus, dass > 90 % aller Suizide unmittelbare keit wegen psychischer Erkrankungen mit 26,8 % noch deut- Folge einer psychischen Erkrankung sind (affektive Störung, licher. Substanzmissbrauch, Schizophrenie [25]) und räumt ein, dass nicht jeder Suizid mit Depression einhergehen muss, so unter- stützt dies die Annahme, dass Depressionen bei Männern häu- Geschlechterparadoxon bei Depression fig unerkannt bleiben und nicht behandelt werden. und Suizid Welche Gründe sind für die nachweisliche Unterdiagnostizie- Die landläufige Annahme, dass Männer ein geringeres De- rung und -behandlung depressiver Männer entscheidend? Aus pressionsrisiko haben als Frauen, sei dies biologisch oder ge- soziologischer Perspektive erscheinen 3 Faktoren wesentlich: sellschaftlich bedingt, wird durch keine substanziellen empi- (1) eine mangelnde Hilfesuche, (2) dysfunktionale Stress- rischen Befunde belegt. Das wichtigste Argument für ein ver- verarbeitungsmuster und (3) ein Gender-Bias in der Depres- gleichbares Depressionsrisiko von Männern ist das Parado- sionsdiagnostik. Der gemeinsame Nenner dieser Faktoren ist xon einer hohen Suizidrate bei niedriger Depressionsrate. Die das historisch-gesellschaftliche Konstrukt der traditionellen Suizidrate der Männer ist 3–10× höher als die der Frauen Maskulinität. Es schließt bei Männern die Erkrankung an ei- (Abb. 2), obwohl bei Männern nur halb so häufig eine Depres- ner Depression normativ aus und fördert ihre Maskierung sion diagnostiziert wird. durch männertypisches externalisierendes Verhalten. J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3) 13
Depression bei Männern Männliche Stressvulnerabilität und sie insbesondere von jungen Männern mit exzessiv ausagie- Stressverarbeitung rendem „männlichen“ Verhalten wie Aggressivität, Ärger, Alkoholmissbrauch, Feindseligkeit, riskantem und antisozia- Ausgehend von der Handlungsrelevanz hegemonialer Männ- lem Verhalten und Gewalt (über-) kompensiert, gefolgt von lichkeitsideologie lassen sich Pfade der Depressionsentwick- hohen psychischen, körperlichen und materiellen Kosten. lung über männliche Stressvulnerabilität und -verarbeitung bis zum Suizid aufzeigen. Im Unterschied zu Frauen, die Hilfe zu suchen ist im Männlichkeitsstereotyp nicht vorgese- aufgrund ihrer interpersonellen Orientierung bedeutend anfäl- hen, da das Eingeständnis von Hilflosigkeit und Hilfsbedürf- liger sind für Beziehungsstress, sind Männer – evolutions- tigkeit einem Status- und Identitätsverlust gleichkäme. In der biologisch und sozialisationsbedingt – an sozialem Status ori- Tat weisen Männer in allen Altersgruppen die geringeren entiert [26] und weisen stärkere psychobiologische Stress- Inanspruchnahmeraten professioneller Hilfe auf (M:F = 1:2) reaktionen bei leistungsbezogenen Stressoren auf, die ihren [30]. Psychische oder emotionale Probleme sind selten ein sozialen Status bedrohen. Dies erklärt ihre besondere Vulne- Konsultationsgrund und werden bei einem Arztkontakt ent- rabilität gegenüber sozioökonomischen Belastungen [27]. sprechend selten angesprochen. Männer reagieren auf Stress mit dem typischen „Fight-or- Nach dem Prinzip „Frauen suchen Hilfe – Männer sterben“ flight“-Muster und setzen mit einem hohen Risiko der Selbst- [31] erscheint der Suizid als letztes Mittel, den männlichen und Fremdschädigung externalisierende Strategien ein, deren Selbstwert zu retten und die Illusion von Selbstbestimmung Extreme Suizid und Homizid sind. Diese hauptsächlich bei und Handlungsautonomie aufrechtzuerhalten – was nur ge- Männern beobachtbaren Stressreaktionen sind nicht nur er- lingt, wenn der Suizidversuch gewaltsam ist und tödlich endet lerntes Rollenverhalten, sondern auch biologisch bedingt (vgl. [32]). Eine depressive Erkrankung geht bei Männern of- durch ein höheres Aggressionspotenzial und das männliche fenbar mit einem höheren Suizidrisiko einher als bei Frauen. Geschlechtshormon Testosteron, dessen Spiegel insbeson- Entsprechende Angaben belaufen sich für Jugendliche < 25 dere in Konfrontationssituationen ansteigt, in denen es um Jahre auf 10:1 und für Erwachsene auf 6:1 [33]. Möglicher- den Erhalt oder Erwerb von Macht und Dominanz geht. Wäh- weise spielen biologische Faktoren bei der männlichen Suizi- rend Aggression im traditionellen Weiblichkeitsstereotyp als dalität eine größere Rolle als bei der weiblichen, und zwar im Verlust der Selbstkontrolle bewertet wird, erlauben soziokul- Sinne einer suizidalen Prädisposition: Diskutiert wird der Zu- turelle Normen traditioneller Maskulinität die Instrumenta- sammenhang zwischen Aggression, mangelnder serotonerger lität von männlicher Aggressivität zur Herstellung sozialer Aktivität und mangelnder Impulskontrolle, wobei relativ ge- Hierarchie (Abb. 3). sichert von einer reduzierten Konzentration des Serotonin- Metaboliten 5-Hydroxyindolessigsäure im Liquor ausgegan- Macht und Dominanz, Kontrolle, Mut, Leistungs- und Wett- gen werden kann [34] (Abb. 4). bewerbsorientierung, Unabhängigkeit, Autonomie, Rationali- tät, Aktivität und Unverletzlichkeit sind Wertvorstellungen Eine biologische Disposition für Aggressivität und Impulsivi- und Handlungsleitlinien traditioneller hegemonialer Maskuli- tät ist jedoch nicht spezifisch für suizidale Männer, ähnliche nität, von deren Erreichung die Selbstwerteinschätzung ab- Befunde finden sich auch bei Gewalttätern und psychiatri- hängig gemacht wird [2]. Die Erreichung dieser Idealnormen schen Patienten ohne Suizidversuch [37–39]. ist nur auf Kosten der Kontrolle von als weiblich definierten Emotionen wie Angst, Unsicherheit, Schwäche, Traurigkeit und Hilflosigkeit möglich. Bereits diese emotionale Kontrolle Risikofaktoren für Depression bei Männern kann auf Dauer gesundheitsschädigend sein [29], häufig wird Hinsichtlich der bisher identifizierten Risikofaktoren für De- pression zeigen sich – bis auf den niedrigen sozioökonomi- schen Status, der für beide Geschlechter depressionsfördernd ist – deutliche Unterschiede bei Frauen und Männern, die auf Abbildung 3: Soziale Unterordnung macht Männer krank – auch männliche Paviane. Abbildung 4: Modell des Zusammenhangs zwischen Aggression und Suizid bei Aus: Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. Creative Commons-Lizenz: Rechteinhaber: Männern. Mod. nach [35–37]. André Karwath. 14 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)
Depression bei Männern Tabelle 1: Psychosoziale Risikofaktoren für Depression bei Tabelle 2: Mögliche diagnostische Kriterien der männlichen Frauen und Männern. Depression. Nach [48]. Risikofaktoren für Frauen Risikofaktoren für Männer • Vermehrter sozialer Rückzug, der oft verneint wird • Burn-out: Berufliches Überengagement, das mit Klagen über Niedriger sozioökonomischer Niedriger sozioökonomischer Stress maskiert wird Status Status • Abstreiten von Kummer und Traurigkeit Niedriges Bildungsniveau Alleinlebend • Zunehmend rigide Forderungen nach Autonomie (in Ruhe gelas- Hausfrau Scheidung/Trennung sen werden) Ehefrau Arbeitslosigkeit • Hilfe von anderen nicht annehmen: Das „Ich kann das schon Mutter Berufliche Gratifikationskrisen allein“-Syndrom Alleinerziehende Mutter Pensionierung • Ab- oder zunehmendes sexuelles Interesse Geringe soziale Unterstützung Chronische Erkrankungen • Zunehmende Intensität oder Häufigkeit von Ärgerattacken Versorgung pflegebedürftiger Homosexualität • Impulsivität Angehöriger • Vermehrter bis exzessiver Alkohol- und/oder Nikotinkonsum Sexueller Missbrauch in Kindheit (süchtig nach TV, Sport etc.) • Ausgeprägte Selbstkritik, bezogen auf vermeintliches Versagen • Versagensangst typische Rollenbelastungen bzw. Bewältigungsdefizite ver- • Andere für eigene Probleme verantwortlich machen weisen (Tab. 1). • Verdeckte oder offene Feindseligkeit • Unruhe und Agitiertheit Während Frauen mit multiplen Stressquellen konfrontiert • Konzentrations-, Schlaf- und Gewichtsprobleme sind, erscheint bei Männern die Berufsrolle als die dominie- rende Stressquelle, zumindest ist diese bei Männern am bes- ten untersucht. Männer haben nicht nur die gefährlicheren hinaus wurden in einigen Studien erhöhte Feindseligkeit [45], Berufe, sie sind stärker von der zunehmenden Arbeitsplatz- erhöhter Alkoholkonsum [44] sowie erhöhte Agitiertheit bei unsicherheit betroffen, sind stärker durch Arbeitslosigkeit be- Männern gefunden [46]. lastet und haben ein höheres psychisches Erkrankungsrisiko infolge ungünstiger psychosozialer Arbeitsbedingungen, so Das Konzept der „männlichen Depression“ wurde erstmals im genannten Gratifikationskrisen, die durch eine Kombination Rahmen eines Suizidpräventionsprogramms auf der schwedi- von hohen Anforderungen und geringer Kontrollmöglichkeit schen Insel Gotland formuliert [47]. Nach einem systematisch einerseits und hoher Verausgabung und geringer Belohnung durchgeführten Fortbildungstraining der dort ansässigen Ärz- andererseits zustande kommen [40, 41]. Insgesamt bestätigen teschaft in Bezug auf Depressionsdiagnostik und -behandlung diese Ergebnisse die spezifische männliche Vulnerabilität ge- zeigte sich, dass die Suizidrate bei Frauen um etwa 90 % redu- genüber statusrelevanten Stressfaktoren. Schließlich erweist ziert werden konnte, die der Männer aber unverändert blieb. sich auch die erfolgreiche Emanzipation der Frauen als ein Psychologische Autopsien der männlichen Suizidopfer erga- bedeutender Stressfaktor für Männer: Dies betrifft nicht nur ben, dass diese zwar häufig depressiv und/oder alkoholab- die Erwerbstätigkeit der Frauen, sondern auch ihre Tren- hängig waren, aber weniger den dortigen Ärzten als vielmehr nungsbereitschaft. der Polizei und den Ordnungsbehörden bekannt waren. Neben den üblichen depressiven Symptomen waren Symptome wie Im Unterschied zu Frauen, die eine Trennung/Scheidung erle- Gereiztheit, Irritabilität, Aggressivität, Ärgerattacken oder ben, steigt das Depressions- und Suizidrisiko bei Männern um antisoziales Verhalten häufiger bei den männlichen als bei das Mehrfache [42, 43]. Auch diese Tatsache bestätigt erneut, den weiblichen Suizidopfern zu finden. Erst als diese männer- dass die Ehe für Männer deutlich mehr gesundheitsprotektive spezifische Symptomatik in Diagnostik und Therapie berück- Effekte hat als für Frauen. sichtigt wurde, konnte auch hier eine Reduktion der Suizid- rate erreicht werden. Erfahrungen aus der psychotherapeuti- Gibt es eine „männliche Depression“? schen Praxis vervollständigen das Symptomprofil einer männlichen Depression (Tab. 2). „When women are depressed, they either eat or go shop- ping. Men invade another country“. Comedian Elayne Boosler Ein Fallbeispiel Charakteristisch für den Patienten, einen 43-jährigen Soft- Die bisherigen Ausführungen machen plausibel, dass sich wareingenieur, ist das Nebeneinander von depressiven Depressionen bei Männern anders als mit den klassischen Standardsymptomen und depressionsuntypischen Sympto- Depressionssymptomen äußern können, und zwar mit män- men wie Aggressivität, Reizbarkeit, exzessivem Sporttrei- nertypischen Abwehrstrategien zum Schutz einer „starken“ ben, Alexithymie, Unruhe, Burn-out und mangelnder Krank- Fassade. Bisherige Studien zur geschlechtsspezifischen Psy- heitseinsicht. Trotz zunehmender Beschwerden sucht er chopathologie der Depression kommen zu dem Ergebnis, dass keinen Arzt auf. Von den ersten Symptomen bis zum Arzt- – zumindest bei klinischen Depressionen – sich die Kern- kontakt vergehen 7 Jahre. Seine Bewältigungsversuche symptome nicht unterscheiden, dass Männer allerdings kon- zielen darauf, auch unter chronisch belastenden Bedingun- sistent weniger depressive Symptome berichten als Frauen, gen zu funktionieren und leistungsfähig zu bleiben, bis ihm z. B. Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, Müdigkeit, dies nicht mehr gelingt. Schuldgefühle oder Konzentrationsprobleme [44]. Darüber J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3) 15
Depression bei Männern Er könne nicht sagen, wann die Depression begonnen habe, Er selber sei nicht auf die Idee gekommen, zu einem Psy- sie habe sich schleichend über Jahre entwickelt, rückbli- chiater zu gehen, weil für ihn die Schlafstörungen die Ursa- ckend seien es etwa 10 Jahre. Die Depression sehe er heute che seines schlechten Befindens gewesen seien. Schließ- als Produkt der Summe vieler Belastungen. lich habe ihn seine Frau zu einem Therapeuten geschickt. Er sei auch 2× in einer psychosomatischen Klinik gewesen Er habe großen beruflichen Stress gehabt und seine Frau (Diagnose: reaktive Depression). Er habe lange abgestrit- sei schwer an Krebs erkrankt. Er habe sich zunehmend ten, krank zu sein, weil er nie in seinem Leben krank gewe- überfordert gefühlt und gemerkt, dass er nicht mehr die sen sei, nie einen Arzt gebraucht hätte und stolz darauf ge- Geduld gehabt hätte, obwohl er von Haus aus ein geduldi- wesen sei. Es sei sehr schwer für ihn gewesen, zuzugeste- ger und ruhiger Mensch sei. Er habe Schlafstörungen be- hen, eine psychische Erkrankung zu haben. kommen und sei häufig gereizt und aggressiv gewesen. Seine Gereiztheit und Aggressivität habe er auf die Schlaf- Aus den Erfahrungen der „Gotland-Studie“ wurde ein Screen- störungen zurückgeführt. Er habe keine Kritik mehr vertra- inginstrument entwickelt, die „Gotland Scale for Male De- gen können und das Gefühl gehabt, dass alle etwas gegen pression“ [49], die seit einigen Jahren in internationalen Stu- ihn gehabt hätten. Da er ein emotionaler Mensch sei, sei er dien eingesetzt wird. Die wenigen, bisher vorliegenden Studi- auch manchmal in Tränen ausgebrochen und habe sich en zur männlichen Depression, klinische wie Bevölkerungs- langsam im Laufe der Jahre sozial isoliert. Seinen Freun- studien, bestätigen weitgehend die klinischen Erfahrungen. den habe er anfangs zu vermitteln versucht, wie er sich So wurde in qualitativen Studien anhand der subjektiven Er- fühlt, doch hätten sie ihn nicht verstehen können, sie hätten fahrungen depressiver Männer der enge Zusammenhang zwi- nur gesagt: „Mach dir ein schönes Wochenende, geh mal schen Männlichkeitsideologie und dem Erleben von Depres- schön essen, dann wirds wieder“. sion dargelegt [50–52]. Wurden in einer Stichprobe von Er habe sich traurig und hoffnungslos gefühlt, habe sich in alkoholabhängigen Patienten neben den klassischen Depres- sich selbst zurückgezogen und keine Freude mehr an ein- sionssymptomen auch die untypischen, aber für Männer typi- fachen Dingen empfunden, außerdem habe er seine körper- schen Abwehrmuster erfasst, konnte ein deutlich höherer Pro- liche Hygiene vernachlässigt. Seinen Alkoholkonsum habe zentsatz von depressiv erkrankten Männern identifiziert wer- er jedoch nicht gesteigert. den [53]. In Bezug auf stationär behandelte depressive Patien- ten fanden Winkler et al. [54] eine erhöhte Prävalenz von Wegen seiner Schlafstörungen habe er verschiedene Ärzte Ärgerattacken bei Männern im Vergleich zu Frauen so- konsultiert, sei bei einem Internisten gewesen, auch bei wie eine stärker ausgeprägte affektive Rigidität [55]. In einer einem Kardiologen wegen seines Bluthochdrucks. Es sei eigenen Studie der Autorin an ebenfalls stationär behandelten aber kein somatischer Befund festgestellt worden. Von sei- depressiven Patienten [56] ließen sich keine Unterschiede in nen psychischen Problemen habe er nicht gesprochen, und der Häufigkeit und Ausprägung der männlichen Symptome die Ärzte hätten ihn auch nicht danach gefragt. finden, jedoch faktorenanalytisch ein geschlechtsspezifisches Symptommuster aufdecken (Tab. 3). Er habe versucht, sich in einem Urlaub zu Hause zu erho- len, das habe jedoch nicht funktioniert, auch über das Rihmer et al. [57] fanden eine signifikant höhere Rate männli- Wochenende habe er sich nicht erholen können. Seine Frau cher Depression bei männlichen Suizidopfern (100 %) als bei – mittlerweile am Sauerstoffgerät – sei nur noch bedingt weiblichen (83 %), wobei die Gesamtrate erstaunlich hoch lag. handlungsfähig gewesen, weshalb sie oft in der Klinik ge- wesen sei. Er habe sie trotz seines beruflichen Stresses fast Eine dänische Bevölkerungsstudie von Bech et al. [58] ver- täglich besucht, außerdem habe er sich um das große Haus weist auf geschlechtsspezifische Entwicklungspfade der De- und die Tiere kümmern müssen. Sein Arbeitsplatz sei pression: Unter den Bedingungen reduzierten Wohlbefindens 2 Autostunden von seinem Haus entfernt gewesen. Diese entwickelten Frauen direkt eine Major Depression, während Belastungskonstellation hätte über Jahre so bestanden. Er bei Männern der Umweg über Stress, Aggression und Alko- habe alles gegeben, solange es eben gegangen sei, habe holmissbrauch zu beobachten war. versucht zu verdrängen, nicht wahrzunehmen, zu funktio- nieren, „bis es mir die Beine weggezogen hat.“ Tabelle 3: Geschlechtsspezifische Symptommuster bei sta- tionär behandelten depressiven Patienten (656 M, 1755 F). Seinen Stress habe er mit Sport zu kompensieren versucht: Aus [56]. So sei er 200–300 km an einem Stück mit dem Rad gefah- Männer Frauen ren und habe außerdem mit dem Marathonlaufen angefan- gen. „Ich wusste nicht, wohin mit mir.“ Der Sport sei ein Faktor 1 Schlafstörungen Müdigkeit Ventil für ihn gewesen, sich zu beweisen trotz allem noch Substanzmissbrauch Antriebslosigkeit Schlafstörungen leistungsfähig zu sein. Er habe durch den exzessiven Sport Substanzmissbrauch jedoch keine Entspannung und Befriedigung erfahren, son- erklärte Varianz 15,70 % 15,20 % dern sei weiterhin unzufrieden gewesen mit seiner sportli- chen Leistung und habe sich jedes Mal vorgenommen, Faktor 2 Irritabilität Unruhe Aggressivität Depressive Verstimmung beim nächsten Mal eine noch längere Strecke zu bewäl- Antisoziales Verhalten Klagsamkeit tigen. erklärte Varianz 10,48 % 8,45 % 16 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)
Depression bei Männern Tabelle 4: Prävalenz prototypischer und „männlicher“ nehmend wird aggressives Verhalten bei Frauen gesellschaft- Depressionssymptome in einer Studentenstichprobe (> 1) lich akzeptiert [63] und nimmt tatsächlich auch bei Mädchen – „Gotland Scale for Male Depression“ (0–3). Aus [62]. und jungen Frauen zu [64]. Symptome Männer Frauen p Gender-Bias in der Depressionsdiagnostik Stress 28,1 37,6 0,000 Aggressivität 13,3 24,4 0,000 Die Unterdiagnostizierung von Depression bei Männern kann Leere 28,0 22,7 n. s. nicht nur auf mangelnde Hilfesuche der Betroffenen zurück- Müdigkeit 27,4 33,2 n. s. geführt werden, sondern auch auf einen Gender-Bias in der Irritabilität 17,6 21,3 0,045 Depressionsdiagnostik. Bei den genannten männlichen Symp- Entscheidungsprobleme 9,8 11,0 n. s. tomen bzw. Abwehrstrategien handelt es sich um „untypi- Schlafprobleme 20,7 34,4 0,032 sche“ Verhaltensmuster, die nicht in den führenden Depres- Morgentief 6,7 11,2 0,012 sionsinventarien enthalten sind. Die üblichen Beurteilungs- Alkohol/Hyperaktivität 16,8 14,6 n. s. verfahren zur Erfassung von Depression gehen vom Prototyp Antisoziales Verhalten 4,9 6,8 n. s. der weiblichen Depression aus und enthalten überwiegend Hoffnungslosigkeit 10,4 9,6 n. s. Symptome und Copingstrategien, die üblicherweise von Selbstmitleid 8,3 10,0 0,006 Frauen berichtet werden (z. B. Antriebslosigkeit, depressive Positive Familiengeschichte 11,8 10,2 n. s. Verstimmung, Grübeln, Selbstvorwürfe). Die typisch männli- n. s.: nicht sifnigikant chen depressionsabwehrenden Strategien wie Aggressivität, Ärgerattacken, Feindseligkeit, Irritabilität, Aktivismus oder exzessiver Alkoholkonsum werden nicht erfasst. Dies führt Magovcecic und Addis [5] konnten an einer nicht-klinischen nicht nur dazu, dass Depressionen bei einem Teil der betroffe- Stichprobe von 102 Männern, die in den vergangenen 3 Mo- nen Männer nicht erkannt werden, sondern begünstigt tenden- naten ein kritisches Lebensereignis bewältigen mussten, bele- ziell auch Fehldiagnosen in Richtung Alkoholabhängigkeit gen, dass externalisierende Symptome mit einer ausgeprägten und antisozialer Persönlichkeitsstörung – Diagnosen, die mit Orientierung an Normen traditioneller Maskulinität einher- dem männlichen Stereotyp zusammenhängen und bei Män- gingen. Konsistent mit diesen Befunden sind die Ergebnisse nern im Vergleich zu Frauen überrepräsentiert sind. Unabhän- einer australischen Bevölkerungsstudie, wonach externalisie- gig von der Diskussion um „männliche Depression“ weisen rendes Verhalten signifikant häufiger von Männern angege- einige Autoren darauf hin, dass Depressionsskalen hoch ben wurde als von Frauen [59]. selektiv sind und eher ihren historischen Hintergrund spiegeln als individuelle Muster von Depressionserfahrungen und In einer eigenen Untersuchung an einer Bevölkerungsstich- -symptomen abfragen [65]. Darüber hinaus würde durch die probe von 18-jährigen Männern ergaben sich ein 22%iges Fokussierung auf depressive Verstimmung und Ängstlichkeit Risiko einer „männlichen Depression“ und Hinweise darauf, die Bedeutung externalisierender Symptome bei der unipola- dass sich mit steigender Depressionsgefährdung die männli- ren Depression unterschätzt, obwohl diese nicht nur bei der chen Symptome verstärken, während die prototypischen de- bipolaren, sondern auch bei der unipolaren Depression häufig pressiven Symptome unverändert blieben bzw. dissimuliert zu beobachten seien [66–68]. wurden [60]. Diese ersten Befunde zur männlichen Depres- sion verweisen darauf, dass geschlechtsspezifische Unter- Wissenschaftliche Evidenz schiede in der Symptomatik insbesondere in den frühen Sta- dien der Erkrankung beobachtet werden können, und zwar als Obwohl das Konzept der männlichen Depression klinisch evi- Folge geschlechtsspezifischer Copingstrategien [61]. Mögli- dent erscheint und zunehmend von Presse und Gesundheits- cherweise befinden sich aber auch diese Copingstrategien in institutionen rezipiert wird (Abb. 5), muss es wissenschaftlich einem Veränderungsprozess aufgrund des Geschlechtsrollen- weiter abgesichert werden. wandels, zumindest bei jungen Frauen. Das lassen u. a. eigene Ergebnisse der Autorin vermuten, die an einer Studenten- Offene Fragen betreffen die Geschlechts- und Altersspezifik stichprobe (mit je 500 männlichen und weiblichen Studieren- der männlichen Depression sowie ihre Prävalenz in der Allge- den) gewonnen wurden [62]: Entgegen den Erwartungen wie- meinbevölkerung in Abhängigkeit von verschiedenen sozia- sen die Studentinnen ein signifikant höheres Risiko einer len Kontexten. Darüber hinaus ist die Frage nicht geklärt, wie „männlichen Depression“ auf als die Studenten (28,9 % vs. spezifisch die männliche Depression ist, d. h. ob das männer- 22,4 %; p < 0,05), wobei sowohl die prototypischen als auch typische Syndrom von Aggressivität, Irritabilität sowie Risi- die externalisierenden Symptome häufiger angegeben wur- ko- und Suchtverhalten einen neuen Subtypus von Depression den, insbesondere Aggressivität und Irritabilität (Tab. 4). rechtfertigt oder nicht vielmehr ein unspezifisches Syndrom männertypischen Stressverhaltens darstellt. Dies ist eine Als Erklärung dieses zunächst überraschenden Befundes ist basale Frage, die auch von Addis [70] im Zusammenhang mit denkbar, dass junge Frauen heutzutage auf Stress nicht nur der kritischen Aufarbeitung verschiedener Konzepte zum mit den klassisch weiblichen internalisierenden Copingstrate- Verständnis von Depression bei Männern als „gendered res- gien antworten, sondern inzwischen auch über „männliche“ ponding framework“ diskutiert wird. Weiterhin ergeben sich Verhaltensmuster verfügen, die ihnen mehr Aggressionen er- Abgrenzungsprobleme zum klassischen Konzept der Depres- lauben, ohne dass sie dafür Sanktionen befürchten müssen sion-Spektrum-Diagnose, in der unipolare Depression, Alko- (ebenso steigender Alkohol- und Nikotinkonsum). Denn zu- holismus und antisoziale Persönlichkeitsstörung zu einem J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3) 17
Depression bei Männern Auch bei einem (metaanalytischen) Vergleich von Monoamino- oxidase- (MAO-) Hemmern und Trizyklika schnitten letztere bei den Männern besser ab als bei den Frauen [75]. Die derzeitige Praxis der Antidepressivabehandlung ist weniger geschlechts- als symptomorientiert, allerdings wird bisher auch kein Bedarf für ein männerspezifisches Antidepressivum gesehen. Pasquini et al. [76] empfehlen auf Basis einer offenen Studie die Kombi- nation eines SSRIs mit einem Antikonvulsivum, um auf diese Weise Symptome wie Aggression, Irritabilität, Ärger und Feind- Abbildung seligkeit mitzubehandeln. siehe Printversion Ähnlich spärlich sieht die Datenlage bezüglich geschlechts- spezifischer Wirkungen psychotherapeutischer Methoden in der Depressionsbehandlung aus, wenn sich auch hier ein ein- heitlicherer Trend andeutet. Hinsichtlich der insgesamt am bes- ten untersuchten Methoden der kognitiven und der interper- sonellen Verhaltenstherapie konnten keine Wirkungsunterschie- de bei Männern und Frauen nachgewiesen werden [77, 78]. Auch die Kombination mit antidepressiver Medikation war in diesen Studien vergleichbar effektiv für beide Geschlechter. Diese Er- gebnisse sind auf den ersten Blick erstaunlich, da man annehmen könnte, dass das Prinzip „Psychotherapie“ eher auf Frauen als auf Männer zugeschnitten ist: Offen über eigene Gefühle und Kon- Abbildung 5: Public-Health-Kampagne „Real Men – Real Depression“ des „Natio- nal Institute of Mental Health“. Aus [69]. flikte zu sprechen fällt den meisten Frauen nicht schwer, für die Mehrzahl der Männer dagegen ist dies ein „echtes Auswärts- Phänotyp zusammengefasst werden [71] sowie zum Konzept spiel“ [79]. Dies gilt aber wohl eher für biographisch und insbe- des bipolaren Spektrums mit den Hauptsymptomen Irritabili- sondere psychodynamisch orientierte Therapieverfahren. Die tät, abweichendes soziales Verhalten und Suizidalität [72]. eben erwähnten Ergebnisse kommen aber aus dem Bereich der Nicht zuletzt müssten differenziertere Instrumente zur Erfas- kognitiven bzw. interpersonellen Verhaltenstherapie, für die die- sung männlicher Depression für epidemiologische Zwecke se Annahme möglicherweise nicht zutrifft. Offensichtlich profi- entwickelt werden. Ein weiteres Desiderat wäre die differen- tieren Männer, die an Depressionen erkrankt sind und die eine zierte Erfassung von Aggressivität bei depressiven Männern kognitive oder interpersonelle Psychotherapie akzeptieren kön- und Frauen, da Motivation, Ausdruck und Funktionen von nen, von dieser Therapie genauso wie Frauen. Die Herausforde- Aggression geschlechtsspezifisch geprägt sein können. rung für den behandelnden Arzt besteht jedoch darin, betroffene Männer für eine Psychotherapie zu motivieren. Eine weitere He- Abgesehen von der noch nicht ausreichenden wissenschaftli- rausforderung besteht darin, geschlechtsspezifische Aspekte der chen Evidenz des Konzepts männlicher Depression sprechen Lebenswelt stärker in psychotherapeutische Inhalte zu inte- jedoch geschlechtersensible klinische Erfahrungen sowie eine grieren. Fülle von Ergebnissen aus der Gewalt- und Sozialforschung Die Autorin verneint Interessenkonflikte. dafür, Stresserleben und -verarbeitung von Männern in der Praxis sehr viel stärker zu beachten und eine Sensibilität für männliche Depression zu entwickeln. Eine bessere Depres- Zusammenfassung und Relevanz für sionsdiagnostik bei Männern, aber möglicherweise auch bei die Praxis Frauen, setzt voraus, die klassischen Depressionskriterien um externalisierende Stresssymptome zu erweitern. Damit könnte 1. Die Gender-Perspektive gewinnt zunehmend auch in ein wesentlicher Beitrag zur Suizidprävention geleistet werden. der Psychiatrie an Bedeutung, da traditionelle Geschlech- terrollen aufgrund ihrer Eindimensionalität Risiken für die psychische Gesundheit beinhalten und Einfluss neh- Gibt es eine spezifische Therapie männli- men auf Krankheitsverhalten und -verlauf sowie Diag- cher Depression? nostik und Therapie. Bisher liegen keine Studien zur Therapie der männlichen Depres- 2. Das Geschlechterparadoxon bei Depression und Suizid sion vor. Auch die allgemeine Datenlage zur geschlechts- verweist darauf, dass die niedrige Depressionsrate bei spezifischen Wirksamkeit von Antidepressiva und verschiede- Männern weniger durch ein geringeres Depressions- nen psychotherapeutischen Verfahren ist zurzeit noch sehr be- risiko als vielmehr durch eine Unterdiagnostizierung scheiden. Daher verwundert es nicht, dass die Befunde wenig der Depression bedingt ist. konsistent sind. So wurde in einigen Studien kein Unterschied 3. Die Unterdiagnostizierung und -behandlung von depres- zwischen den Geschlechtern hinsichtlich des Ansprechens auf siv erkrankten Männern kann auf mangelnde Hilfesu- selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder tri- che, männertypische Depressionssymptome (externali- zyklische Antidepressiva gefunden [73], in anderen zeigte sich sierende Stresssymptome) und eine einseitige, die männ- dagegen eine schlechtere Wirksamkeit von SSRI und eine besse- liche Depression nicht ausreichend berücksichtigende re von Trizyklika bei Männern im Vergleich zu Frauen [74]. Depressionsdiagnostik zurückgeführt werden. 18 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2010; 11 (3)
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