Homepage: www.kup.at/dermann - Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche

Die Seite wird erstellt Ulrich Schulte
 
WEITER LESEN
Homepage: www.kup.at/dermann - Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche
I SS N 17 2 7 - 0 6 6 9

Geschlechtsspezifische

Unterschiede bei

Depression und

Suizidalität

Möller-Leimkühler AM

Blickpunkt der Mann 2009; 7 (2)

22-27

                                                              Homepage:
                                                           www.kup.at/dermann
                                                             Online-Datenbank mit
                                                          Autoren- und Stichwortsuche

Krause & Pachernegg GmbH
Verlag für Medizin und Wirtschaft
A-3003 Gablitz

Ve r l a g s p o s ta m t : 3 0 0 2 P u r ke rs d o r f
Erscheinungsort: 3003 Gablitz
Depression und Suizidalität

                         Geschlechtsspezifische Unterschiede
                           bei Depression und Suizidalität*
                                                                    A. M. Möller-Leimkühler

 Kurzfassung: Geschlechtsspezifische Verteilun-          und -verarbeitung dargestellt, deren Geschlech-         tempted suicides is three times higher compared
 gen von Depression und Suizidalität implizieren         terspezifität sowohl soziologische als auch biolo-      to men. In contrast, the suicide rate in men is at
 ein doppeltes Geschlechterparadoxon: Frauen er-         gische Faktoren aufweist. Besondere Aufmerk-            least three times higher, but their depression rate
 kranken 2–3-mal häufiger an einer Depression,           samkeit gilt dem Konzept der „männlichen De-            amounts to only half the women’s rate. Although
 haben eine geringe Suizidrate, aber eine hohe           pression“, das entscheidend zur Aufklärung des          this has been well-known for a long time existing
 Suizidversuchsrate. Dagegen ist die Suizidrate          Geschlechterparadoxons bei Depression und Sui-          explanations are not sufficient. In this paper, de-
 bei Männern mindestens 3-mal so hoch wie die            zid beitragen könnte.                                   pression and suicidality are explained in the con-
 der Frauen, ihre Depressionsrate ist jedoch nur                                                                 text of gender-related stress exposure, stress vul-
 halb so hoch. Obwohl dies seit Langem bekannt           Abstract: Gender-related rates of depression            nerability and stress response. In particular, the
 ist, mangelt es an befriedigenden multifaktoriel-       and suicidality implicate a double gender para-         question is discussed whether the concept of
 len Erklärungsansätzen. In diesem Beitrag wer-          dox: while the life-time risk of depression in          male depression contributes to explain the gen-
 den Depressions- und Suizidrisiko im Zusammen-          women is two to three times higher compared to          der paradox in depression and suicide in men.
 hang mit Stressbelastung, Stressvulnerabilität          men, their suicide rate is low, but their rate of at-   Blickpunkt DER MANN 2009; 7 (2): 22–7.

„ Einleitung                                                                         Während zahlreiche Studien zur Depression bei Frauen ver-
                                                                                     fügbar sind, mangelt es an Studien zur weiblichen Suizidalität
Die Erkrankung an einer Major Depression geht mit einem                              – bei Männern ist es umgekehrt. Insgesamt ist der Forschungs-
ausgeprägten Suizidrisiko einher [1]. 15 % der Patienten mit                         stand im Hinblick auf Unterschiede im suizidalen Verhalten
schweren Depressionen begehen Suizid, 20–60 % der depres-                            bisher noch weitgehend auf epidemiologische Ergebnisse
siv Erkrankten weisen Suizidversuche auf und 40–80 % lei-                            begrenzt, die überwiegend auf Daten von Jugendlichen und
den während einer Depression an Suizidideen. Umgekehrt ist                           jungen Erwachsenen basieren. Darüber hinausgehende Erklä-
eine Depression die häufigste Ursache für einen Suizid, bei                          rungsansätze sind insgesamt wenig befriedigend, da sie ent-
etwa 60 % aller Suizide liegt eine Depression zugrunde [2].                          weder zu „technisch“, zu „individualistisch“ oder zu „sozio-
Berücksichtigt man bei diesem engen Zusammenhang von                                 logistisch“ sind und – bis auf wenige Ausnahmen (z. B. [4]) –
Depression und Suizidrisiko die jeweiligen geschlechtsspezi-                         die Alterssuizidalität ausklammern [5].
fischen Prävalenzen, so ergibt sich ein doppeltes Geschlech-
terparadoxon:                                                                        Soziologischen und psychiatrischen Suizidtheorien mangelt
1. Die Suizidrate der Männer ist mindestens 3mal so hoch wie                         es primär an einer differentiellen geschlechtsspezifischen
   die der Frauen, ihre Depressionsrate ist jedoch nur halb so                       Sichtweise. Ansätze, die auf die Geschlechterdifferenz einge-
   hoch. Die Lebenszeitprävalenz für Depression wird bei                             hen, bleiben einseitig, sofern sie „nur“ männliche oder weibli-
   Männern mit 5–12 %, bei Frauen mit 12–20 % angegeben.                             che Suizidalität beleuchten. So argumentiert etwa die Letali-
2. Frauen begehen im Vergleich zu Männern 3-mal häufiger                             tätstheorie, dass sich die höhere Suizidsterblichkeit der Män-
   einen Suizidversuch.                                                              ner aus der Wahl der härteren Suizidmethoden ergibt, wobei
                                                                                     unbeantwortet bleibt, warum Frauen Methoden mit niedrige-
Die höchsten Suizidversuchsraten finden sich bei Frauen im                           rem Letalitätsrisiko einsetzen. Die Theorie der Erinnerungs-
Alter von 15–30 Jahren. Männer haben in allen Altersstufen                           verzerrung, die davon ausgeht, dass Frauen eher bereit seien,
die höchsten Suizidraten, die im Alter noch einmal überpro-                          über ihre Probleme und damit auch über Suizidversuche zu
portional ansteigen. In den letzten Jahren ist in Deutschland                        berichten, erklärt damit nicht die letale Suizidalität der Män-
eine Verschiebung des Anteils alter Menschen, insbesondere                           ner. Ähnliches gilt für Annahmen der erfolgreicheren Be-
von älteren Frauen an der Gesamtzahl der Suizide feststellbar.                       handlung depressiver Frauen sowie biologische Annahmen im
Mittlerweile ist jede zweite Frau, die einen Suizid begeht,                          Zusammenhang mit der weiblichen Reproduktion [6].
älter als 60 Jahre [3].
                                                                                     Psychodynamische Erklärungsansätze fokussieren auf unter-
„ Bisherige Erklärungsansätze weiblicher                                             schiedliche motivationale Hintergründe suizidalen Verhal-
  und männlicher Suizidalität                                                        tens: Neben Aggressionskonflikten stünden vor allem Fusi-
                                                                                     ons- und Autonomiekonflikte im Vordergrund, bei Frauen
Diese auffällige Geschlechterdifferenz sowohl bei der De-                            ausgelöst durch gescheiterte Individuationsprozesse [7], bei
pression als auch bei der Suizidalität ist bis heute erst ansatz-                    Männern durch Ablehnungs- und Kränkungserfahrungen [8].
weise erforscht und reflektiert einen deutlichen Gender-Bias:                        Die extrem hohe Suizidrate alter Männer wird im Rahmen der
                                                                                     psychoanalytischen Narzissmustheorie dahingehend erklärt,
* Nachdruck aus J Neurol Neurochir Psychiatr 2008; 9 (3): 40–5.                      dass diese im Unterschied zu alten Frauen eine deutlich vul-
Aus der Psychiatrischen Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München
                                                                                     nerablere Geschlechtsidentität hätten, die altersbedingt nicht
Korrespondenzadresse: PD Dr. rer. soc. Anne Maria Möller-Leimkühler,                 mehr durch phallische Abwehrsysteme kompensiert werden
Psychiatrische Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität, D-80366 München,           könne [9]. Sozialisationstheoretische Erklärungsansätze ge-
Nußbaumstraße 7; E-Mail: anne-maria.moeller-leimkuehler@med.uni-muenchen.de          hen von soziokulturell konstruierten Normen der Geschlech-

22     Blickpunkt DER MANN 2009; 7 (2)

For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
Depression und Suizidalität

terrollen aus, die auch bei selbstdestruktiven Verhaltenswei-    Tabelle 1: Risikofaktoren für Depression bei Frauen und
sen handlungsleitend wirken. Danach wird ein vollendeter         Männern. Nach [15].
Suizid als „rationaler“ Akt eher Männern, ein Suizidversuch
                                                                 Risikofaktoren für Frauen              Risikofaktoren für Männer
als „emotionaler“ Akt eher Frauen zugeschrieben [10]. Inso-
fern würden die epidemiologischen Daten zur Suizidalität         Niedriger sozioökonomischer            Niedriger sozioökonomischer
nichts anderes als die bekannten Geschlechterstereotypen wi-     Status                                 Status
derspiegeln.                                                     Niedriges Bildungsniveau               Alleinlebend
                                                                 Hausfrau                               Scheidung/Trennung
Obwohl alle genannten Erklärungsmodelle dieses Geschlech-        Ehefrau                                Arbeitslosigkeit
terparadoxons unvollständig sind, wird allgemein davon aus-      Mutter                                 Berufliche Gratifikationskrisen
gegangen, dass es sich dabei um ein reales Phänomen und          Alleinerziehende Mutter                Pensionierung
nicht um ein Artefakt der Erfassung handelt.                     Geringe soziale Unterstützung          Chronische Erkrankungen
                                                                 Versorgung pflegebedürftiger
                                                                 Angehöriger
Suizid und Suizidversuch sind hochkomplexe Phänomene, die        Sexueller Missbrauch in Kindheit
nur im individuellen Kontext biologischer, psychologischer
und soziologischer Faktoren zu verstehen sind, wobei eine
Gewichtung dieser Faktoren beim gegenwärtigen Forschungs-       Überalterung der Gesellschaft: Im Vergleich zu Männern sind
stand kaum geleistet werden kann [11]. Angesichts der Tat-      Frauen im Alter stärker von Alleinleben, Armut und Multi-
sache, dass sich biologische Merkmale, psychologische und       morbidität betroffen; die Betreuung pflegebedürftiger Ange-
soziologische Ressourcen und Belastungen bei Männern und        höriger wird meistens von Frauen übernommen.
Frauen unterscheiden und darüber hinaus unterschiedlich
miteinander interagieren, wird die Entwicklung eines bio-       Vor diesem Hintergrund ist eine Reihe von Risikofaktoren für
psychosozialen Erklärungsmodells zukünftiger Forschung          Depression bei Frauen identifiziert worden, die in Tabelle 1
vorbehalten sein.                                               zusammengefasst sind.

Im Folgenden werden geschlechtsspezifische Unterschiede         Das höchste Depressionsrisiko haben alleinerziehende Mütter
der Depression und Suizidalität im Rahmen eines Stress-         mit geringem Bildungsstand [16]. Hinsichtlich der Suizidali-
bewältigungs-Paradigmas dargestellt, in dem sozialstrukturel-   tät von Frauen ist die Datenlage sehr begrenzt, es liegen haupt-
le Rahmenbedingungen, psychosoziale Ressourcen und bio-         sächlich Untersuchungen über klinische Risikofaktoren, ins-
logische Merkmale integriert werden können.                     besondere Komorbidität und Suizidgedanken vor. Bei depres-
                                                                siv erkrankten Frauen erhöhen frühere Suizidversuche und
                                                                suizidale Gedanken die aktuelle Suizidalität stärker als bei
„ Stress und Stressbewältigung: Gründe,                         depressiven Männern [17], Ähnliches gilt für komorbide
                                                                Angststörungen [18, 19] und Missbrauchserfahrungen in der
  weshalb der Suizidversuch weiblich und                        Kindheit [20].
  der Suizid männlich ist
                                                                Wie Tabelle 1 zeigt, haben Männer z. T. andere Risikofakto-
Depression gilt als die Stresskrankheit des 21. Jahrhunderts    ren für Depression als Frauen, soweit dies der eingeschränk-
mit steigender Prävalenz insbesondere bei den jüngeren          ten Datenlage zu entnehmen ist. Während Frauen mit multi-
Geburtskohorten [12], womit indirekt auch das Suizidrisiko      plen Stressquellen konfrontiert sind, erscheint bei Männern
ansteigt. Bei depressiv Erkrankten befindet sich die Stress-    die Berufsrolle als die dominierende Stressquelle, zumindest
achse in einem dauerhaften Aktivierungszustand, der zu          ist diese bei Männern am besten untersucht. Diese Tatsache
einem konsistent erhöhten Kortisolspiegel führt [13]. Damit     reflektiert einen deutlichen Gender Bias in der Erfassung von
können depressive Episoden als Folge unzureichender Bewäl-      Stressquellen bei Männern und Frauen, der impliziert, dass
tigung von (chronischem) Stress verstanden werden. Suizid       die tatsächliche Stressbelastung beider Geschlechter zur Zeit
und Suizidversuch stellen im Bewältigungsrepertoire jeweils     eher noch unterschätzt wird. Die Identifizierung beruflicher
Extreme dar und lassen sich in diesem Zusammenhang ge-          Stressoren bei Männern hat ergeben, dass diese die gefährli-
schlechtsspezifisch erklären.                                   cheren Berufe haben, dass sie stärker von der zunehmenden
                                                                Arbeitsplatzunsicherheit betroffen und durch Arbeitslosigkeit
Geschlechtsspezifische Stressoren und Risiko-                   belastet sind und ein höheres psychisches Erkrankungsrisiko
faktoren                                                        infolge ungünstiger psychosozialer Arbeitsbedingungen, so
Während des letzten Jahrhunderts haben in den westlichen        genannter Gratifikationskrisen, aufweisen. Diese Gratifika-
postindustriellen Gesellschaften 3 große sozialstrukturelle     tionskrisen entstehen durch eine Kombination von hohen An-
Verschiebungen die Stressquellen für Frauen vermehrt: (1)       forderungen und geringer Kontrollmöglichkeit einerseits und
ihre zunehmende Teilnahme am Erwerbsleben, die zwar prin-       hoher Verausgabung und geringer Belohnung andererseits
zipiell gesundheitsförderlich ist, aber noch immer mit mehr     [21, 22]. Schließlich erweist sich die erfolgreiche Emanzipati-
Benachteiligungen im Vergleich zu Männern verbunden ist         on der Frauen als ein bedeutender Stressfaktor für Männer:
und zu einer Mehrfachbelastung durch Hausarbeit und Kin-        Dies betrifft nicht nur die Erwerbstätigkeit der Frauen, son-
dererziehung führt; (2) die Veränderung der Familienstruktu-    dern auch deren Trennungsbereitschaft. Im Unterschied zu
ren mit einer Zunahme der Anzahl alleinerziehender Mütter       Frauen, die eine Trennung/Scheidung erleben, steigt das De-
(85 % der Alleinerziehenden in Deutschland [14]); und (3) die   pressions- und Suizidrisiko bei Männern um das Mehrfache

                                                                                                    Blickpunkt DER MANN 2009; 7 (2)   23
Depression und Suizidalität

 Tabelle 2: Risikofaktoren für Suizid bei Männern                        Hoffnung auf eine Problemlösung von außen und reflektiere
                                                                         typisch weibliche Hilflosigkeit und Bewältigungsdefizite,
 Sozialstrukturell                     Psycho/Sozial                     mag auch zutreffen, ist jedoch nicht hinreichend. Auch biolo-
 Anomie [26]                           Scheidung/Trennung [31]           gische Gründe könnten dazu beitragen, dass Frauen weniger
 Soziale Desintegration [27]           Pensionierung [32]                letale Suizidintentionen haben als Männer, aber auch anfälli-
 Bevölkerungsdichte [28]               Arbeitslosigkeit [33]             ger für Suizidalität werden, wenn der Östrogenspiegel sinkt,
 Gesellschaftlicher Umbruch [29]       Allein lebend [32]                der gleichfalls zu einer Dysfunktion des serotonergen Systems
 Individualismus [30]                  Geringes Einkommen [33]           führt [45].
                                       Homosexualität [34]
                                       Impulsivität/Aggressivität [37]   Weibliche Stressverarbeitung beinhaltet typischerweise inter-
                                                                         nalisierende, vor allem emotionszentrierte Coping-Strategien
 Medizinisch                           Biologisch
                                                                         wie sich selbst beschuldigen, grübeln, sich sorgen oder auch
 Frühere Suizidversuche (M+F)          Genetische Disposition [40]       soziotrope Verhaltensweisen, die wiederum stressverstärkend
 Suizid in Familie [17]                Erniedrigte 5-Hydroxyindol-       wirken. Neurowissenschaftliche Ergebnisse zum Zusammen-
                                       säure-Spiegel im Liquor [41]      hang von Emotionsverarbeitung, Kognition und Gedächtnis
 Psychische Erkrankungen,              Volumenreduktion im präfron-      lassen vermuten, dass die Verarbeitung negativer Emotionen
 insbes. Depression [36]               talen Kortex [39]
                                                                         bei Frauen stärker als bei Männern zu einer höheren Akti-
 Alkohol-/Drogenabhängigkeit [17]
                                                                         vierung emotionsrelevanter Hirnareale führt [46]. Ein Zusam-
 Chronische Erkrankungen [37]
 Nikotinkonsum [38]
                                                                         menhang zwischen emotionszentrierter Bewältigung und in-
                                                                         ternalisierenden Störungen wie Depression, Angststörungen
                                                                         und posttraumatischer Belastungsstörung wurde in mehreren
[23, 24]. Diese Tatsache bestätigt erneut, dass die Ehe für              Studien bei Frauen nachgewiesen, erste Ergebnisse verweisen
Männer deutlich mehr gesundheitsprotektive Effekte hat als               auch auf die prädiktive Bedeutung von Grübeln für Suizid-
für Frauen.                                                              gedanken [47].

Eine depressive Erkrankung geht bei Männern offenbar mit                 Im Unterschied zu Frauen sind Männer – evolutionsbiolo-
einem höheren Suizidrisiko einher als bei Frauen. Entspre-               gisch und sozialisationsbedingt – an sozialem Status orientiert
chende Angaben belaufen sich für Jugendliche unter 25 Jahre              [42] und weisen stärkere psychobiologische Stressreaktionen
auf 10:1 und für Erwachsene auf 6:1 [25]. Als wichtige Suizid-           bei leistungsbezogenen Stressoren auf, die ihren sozialen Sta-
risiken sind zahlreiche Faktoren für Männer belegt (Tab. 2).             tus bedrohen. Dies erklärt ihre besondere Vulnerabilität ge-
So konnten z. B. biologische Faktoren wie ein serotonerges               genüber sozioökonomischen Belastungen [48]. Männer rea-
Defizit im präfrontalen Kortex [39] oder auch Alkohol- und               gieren auf Stress mit dem typischen „fight or flight“-Muster
Drogenabhängigkeit [17] sowie chronische somatische Er-                  und setzen externalisierende Strategien ein mit einem hohen
krankungen bis hin zu sozioökonomischen Stressoren über-                 Risiko der Selbst- und Fremdschädigung. Diese hauptsächlich
wiegend bei männlichen Suizidopfern nachgewiesen werden.                 bei Männern beobachtbaren Stressreaktionen sind nicht nur
                                                                         erlerntes Rollenverhalten, sondern auch biologisch bedingt
                                                                         durch ein höheres Aggressionspotential und das männliche
Geschlechtsspezifische Stressvulnerabilität und                          Geschlechtshormon Testosteron, dessen Spiegel insbesondere
Stressverarbeitung                                                       in Konfrontationssituationen ansteigt, in denen es um den Er-
Frauen und Männer unterscheiden sich nicht nur in ihrer ob-              halt oder Erwerb von Macht und Dominanz geht. Während
jektiven Stressbelastung, die deutlich mit der sozialen Ge-              Aggression im traditionellen Weiblichkeitsstereotyp als Ver-
schlechterrolle assoziiert ist, sondern auch in Bezug auf ihre           lust der Selbstkontrolle bewertet wird, erlauben soziokultu-
Stressvulnerabilität und -verarbeitung.                                  relle Normen traditioneller Maskulinität die Instrumentalisie-
                                                                         rung männlicher Aggressivität zum Zweck sozialer Kontrolle
Da Frauen nicht nur sozialisationsbedingt sondern auch                   und Ordnung. Macht und Dominanz, Kontrolle, Mut, Leis-
evolutionsbiologisch bedingt interpersonell orientiert sind              tungs- und Wettbewerbsorientierung, Unabhängigkeit, Auto-
[42], sind sie bedeutend anfälliger für Stress, der aus engen            nomie, Rationalität, Aktivität und Unverletzlichkeit sind
sozialen Beziehungen kommt und weisen diesbezüglich stär-                Wertvorstellungen und Handlungsleitlinien traditioneller
kere psychobiologische Stressreaktionen auf als Männer [44].             hegemonialer Maskulinität, von deren Erreichung die Selbst-
Frauen reagieren auf psychosoziale Stressoren anders als                 werteinschätzung abhängig gemacht wird [49].
Männer mit prosozialen und kommunikativen Strategien, mit
Hinwendung und Kontaktaufnahme („tend and befriend“),                    Die Erreichung dieser Idealnormen ist nur auf Kosten der
wobei nicht nur Normen und Werte der Geschlechtsrolle, son-              Kontrolle von als weiblich definierten Emotionen wie Angst,
dern auch die Ausschüttung des „Liebeshormons“ Oxytocin                  Unsicherheit, Schwäche, Traurigkeit und Hilflosigkeit mög-
eine Rolle spielt, das bekanntermaßen in großen Mengen beim              lich. Bereits diese emotionale Kontrolle kann auf Dauer ge-
Stillen produziert wird und das Bedürfnis nach engen sozialen            sundheitsschädigend sein [50], häufig wird sie insbesondere
Bindungen verstärkt [44]. Vor diesem Hintergrund wird der                von jungen Männern mit exzessiv ausagierendem „männli-
weibliche Suizidversuch als eine sozioemotionale und kom-                chen“ Verhalten wie Aggressivität, Ärger, Alkoholmissbrauch,
munikative Strategie, bereits in den 1960er Jahren als Hilfe-            Feindseligkeit, riskantem und antisozialem Verhalten und
schrei interpretiert, besonders deutlich. Die häufig vertretene          Gewalt (über)kompensiert, gefolgt von hohen psychischen,
(androzentrische) Annahme, der Suizidversuch signalisiere                körperlichen und materiellen Kosten [51, 52].

24   Blickpunkt DER MANN 2009; 7 (2)
Depression und Suizidalität

Hilfe zu suchen ist im Männlichkeitsstereotyp nicht vorgese-    ergaben, dass diese zwar häufig depressiv und/oder alkohol-
hen, da das Eingeständnis von Hilflosigkeit und Hilfsbedürf-    abhängig waren, aber weniger den dortigen Ärzten als viel-
tigkeit dem Verlust männlicher Identität gleichkäme. Im Un-     mehr der Polizei und den Ordnungsbehörden bekannt waren.
terschied dazu erscheint der Suizid als letztes Mittel, den     Neben den üblichen depressiven Symptomen waren Sympto-
Selbstwert zu retten und die Illusion von Selbstbestimmung      me wie Gereiztheit, Irritabilität, Aggressivität, Ärgerattacken
und Handlungsautonomie aufrechtzuerhalten – dies gelingt        oder antisoziales Verhalten häufiger bei männlichen als bei
nur, wenn der Suizidversuch gewaltsam ist und tödlich endet.    weiblichen Suizidopfern zu finden. Erst als diese männer-
Möglicherweise spielen biologische Faktoren bei der männli-     spezifische Symptomatik in Diagnostik und Therapie berück-
chen Suizidalität eine größere Rolle als bei der weiblichen,    sichtigt wurde, konnte auch hier eine Reduktion der Suizid-
und zwar im Sinne einer suizidalen Prädisposition: Diskutiert   rate erreicht werden.
wird der Zusammenhang zwischen Aggression, mangelnder
serotonerger Aktivität und mangelnder Impulskontrolle, wo-      Auch die wenigen bisher vorliegenden Studien zur männli-
bei relativ gesichert von einer reduzierten Konzentration des   chen Depression bestätigen weitgehend die theoretischen An-
Serotonin-Metaboliten 5-Hydroxyindolessigsäure im Liquor        nahmen: In einer dänischen Bevölkerungsstudie zeigte sich,
[53] und darüber hinaus von einer elektrodermalen Hyporeak-     dass unter den Bedingungen reduzierten Wohlbefindens Frau-
tivität [54] ausgegangen werden kann. Eine biologische Dis-     en direkt eine Major Depression entwickelten, während Män-
position für Aggressivität und Impulsivität ist jedoch nicht    ner mit Stress, Aggression und Alkoholmissbrauch reagierten
spezifisch für suizidale Männer, ähnliche Befunde finden sich   [71]. Wurden in einer Stichprobe von alkoholabhängigen Pati-
auch bei Gewalttätern und psychiatrischen Patienten ohne        enten neben den klassischen Depressionssymptomen auch die
Suizidversuch [56–58].                                          untypischen, aber für Männer typischen Abwehrmuster er-
                                                                fasst, konnte ein höherer Prozentsatz von depressiv erkrankten
                                                                Männern identifiziert werden [72]. In Bezug auf stationär be-
„ Die männliche Depression: Auflösung des                       handelte depressive Patienten wiesen Männer eine stärker aus-
  Paradoxons der hohen Suizidrate und                           geprägte affektive Rigidität sowie höhere Irritabilität und sig-
  niedrigen Depressionsrate bei Männern?                        nifikant häufigere Ärgerattacken auf [73, 74]. In einer eigenen
                                                                Studie an ebenfalls stationär behandelten depressiven Patien-
Da keine substanziellen Gründe für ein geringeres Depres-       ten [75] ließen sich unterschiedliche geschlechtsspezifische
sionsrisiko bei Männern erkennbar sind, muss ihre mangelnde     Symptommuster aufdecken: Irritabilität, Aggressivität und
Inanspruchnahme professioneller Hilfe (m:f = 1:2 [58]) als      antisoziales Verhalten bei Männern, Unruhe, depressive Ver-
einer der Gründe angenommen werden, weshalb Depressio-          stimmung und Klagsamkeit bei Frauen.
nen bei Männern häufig nicht erkannt und nicht behandelt
werden. Dies wird durch internationale Bevölkerungsstudien      Die Untersuchung einer Bevölkerungsstichprobe von 18-jäh-
bestätigt [59, 60]. Angesichts der oben dargestellten ge-       rigen Männern ergab ein 22%iges Risiko einer „männlichen
schlechtsspezifisch unterschiedlichen Stressverarbeitung        Depression“ (bei Erfassung männlicher Symptome) und Hin-
muss aber auch angenommen werden, dass Männer anders mit        weise darauf, dass sich mit steigender Depressionsgefährdung
depressiven Symptomen umgehen bzw. sich Depressionen bei        die männlichen Symptome verstärken, während die typisch
Männern anders als mit den klassischen Symptomen äußern         depressiven Symptome unverändert bleiben bzw. dissimuliert
können, und zwar mit männertypischen Abwehrstrategien           werden [76].
zum Schutz einer „starken“ Fassade. Bisherige Studien zur
geschlechtsspezifischen Psychopathologie der Depression         Die bisherigen Befunde zur männlichen Depression verwei-
kommen zu dem Ergebnis, dass – zumindest bei klinischen         sen darauf, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der
Depressionen – sich die Kernsymptome nicht unterscheiden        Symptomatik vornehmlich in den frühen Stadien der Erkran-
[61, 62]. Allerdings berichten Männer konsistent weniger        kung dominieren, und zwar als Folge der geschlechtsspezifi-
depressive Symptome als Frauen [62], außerdem wurden in         schen Coping-Strategien. Die Frage, ob männliche Symptome
einigen Studien erhöhte Feindseligkeit [63, 64], erhöhter       zu einem höheren Suizidrisiko führen, muss beim jetzigen
Alkoholkonsum [65, 62] sowie erhöhte Agitiertheit bei           Forschungsstand noch offen bleiben.
Männern gefunden [66]. Interessant ist weiterhin, dass sich
die Depressionsrate und -symptomatik von Männern nicht          Die Unterdiagnostizierung von Depression bei Männern kann
von derjenigen der Frauen unterscheidet, wenn Alkohol und       nicht nur auf mangelnde Hilfesuche der Betroffenen zurück-
Suizid gesellschaftlich tabuisiert sind wie in der jüdisch-     geführt werden, sondern auch auf einen Gender Bias in der
orthodoxen Gemeinde [67, 68] und/oder die Geschlechtsrol-       Depressionsdiagnostik. Bei den genannten männlichen Symp-
lennormen streng egalitär sind wie bei den Amish People [69].   tomen bzw. Abwehrstrategien handelt es sich um untypische
                                                                Verhaltensmuster, die nicht in den führenden Depressions-
Das Konzept der „männlichen Depression“ wurde erstmals im       inventaren enthalten sind. Die üblichen Beurteilungsverfah-
Rahmen eines Suizidpräventionsprogramms auf der schwedi-        ren zur Erfassung von Depression gehen vom Prototyp der
schen Insel Gotland formuliert [70]. Nach einem systematisch    weiblichen Depression aus und enthalten überwiegend Symp-
durchgeführten Fortbildungstraining der dort ansässigen         tome und Coping-Strategien, die von Frauen berichtet werden
Ärzteschaft in Bezug auf Depressionsdiagnostik und -behand-     (z. B. Antriebslosigkeit, depressive Verstimmung, Grübeln,
lung zeigte sich, dass die Suizidrate bei Frauen um etwa 90 %   Selbstvorwürfe). Die typisch männlichen depressionsab-
reduziert werden konnte, die der Männer aber unverändert        wehrenden Strategien wie Aggressivität, Ärgerattacken,
blieb. Psychologische Autopsien der männlichen Suizidopfer      Feindseligkeit, Aktivismus oder exzessiver Alkoholkonsum

                                                                                                Blickpunkt DER MANN 2009; 7 (2)   25
Depression und Suizidalität

werden nicht erfasst. Dies führt nicht nur dazu, dass Depres-    Literatur:                                        21. Karasek R, Theorell T. Healthy work:
                                                                                                                   stress, productivity, and the reconstruction of
sionen bei einem Teil der betroffenen Männer nicht erkannt       1. Nemeroff CB, Bompton MT, Berher J. The
                                                                                                                   working life. Basic Books, New York, 1990.
                                                                 depressed suicidal patient. Assessment and
werden, sondern begünstigt tendenziell auch Fehldiagnosen        treatment. Ann NY Acad Sci 2001; 932: 1–23.       22. Siegrist J. Adverse health effects of high-
in Richtung Alkoholabhängigkeit und antisozialer Persön-                                                           effort/low-reward conditions. J Occup Health
                                                                 2. Skogman K, Alsén M, Ojehagen A. Sex
                                                                                                                   Psychol 1996; 1: 27–41.
                                                                 differences in risk factors for suicide after
lichkeitsstörung – Diagnosen, die mit dem männlichen Ste-        attempted suicide – a follow-up study of          23. Matthews KA, Gump BB. Chronic work
reotyp zusammenhängen und bei Männern im Vergleich zu            1052 suicide attempters. Soc Psychiatry           stress and marital dissolution increase risk of
                                                                 Psychiatr Epidemiol 2004; 39: 113–20.             posttrial mortality in men from the Multiple
Frauen überrepräsentiert sind.                                                                                     Risk Factor Intervention Trial. Arch Intern
                                                                 3. Schmidtke A, Sell R, Löhr C. Epidemiology
                                                                                                                   Med 2002; 162: 309–15.
                                                                 of suicide in older persons. Z Gerontol Geriatr
Obwohl das Konzept der männlichen Depression zunehmend           2008; 41: 3–13.                                   24. Rotermann M. Marital breakdown and
                                                                                                                   subsequent depression. Health Rep 2007; 18:
von den Medien rezipiert wird, ist es wissenschaftlich noch      4. Kapusta ND, Etzersdorfer E, Sonneck G.
                                                                                                                   33–44.
                                                                 Trends in suicide rates of the elderly in Aus-
nicht ausreichend abgesichert. Insgesamt mangelt es noch an      tria, 1970–2004: an analysis of changes in        25. Blair-West GW, Cantor CH, Mellsop GW,
validen Screening-Instrumenten und an Bevölkerungsstudien,       terms of age groups, suicide methods and          Eyeson-Annan ML. Lifetime suicide risk in
                                                                 gender. Int J Geriatr Psychiatry 2007; 22:        major depression: sex and age determinants.
die Aussagen über die Prävalenz der „männlichen Depressi-        438–44.                                           J Affect Disord 1999; 55: 171–8.
on“ ermöglichen. Außerdem fehlen Studien zum Zusammen-           5. Erlemeier N. Suizidalität und Suizidpräven-    26. Durkheim E. Suicide, a Study in Sociology.
                                                                 tion im Alter. Bd. 212 Schriftenreihe des Bun-    Routledge & K. Paul, London, 1952.
hang zwischen männlicher Depression und Alkoholabhän-            desministeriums für Familie, Senioren, Frau-      27. Hawton K, Harriss L, Hodder K, Simkin S,
gigkeit, Persönlichkeitsstörungen und bipolarer Depression,      en und Jugend. Kohlhammer, Stuttgart, 2002.       Gunnell D. The influence of the economic and
da sich hinter diesen Störungen männliche Depression verber-     6. Baca-Garcia E, Vaquero C, Diaz-Sastre C,       social environment on deliberate self-harm
                                                                 Ceverino A, Saiz-Ruiz J, Fernández-Piquera J,     and suicide: an ecological and person-based
gen kann. Abgesehen von dieser noch nicht ausreichenden          de Leon J. A pilot study on a gene-hormone        study. Psychol Med 2001; 31: 827–36.
wissenschaftlichen Evidenz sprechen jedoch geschlechter-         interaction in female suicide attempts. Eur       28. Stark C, Hopkins P, Gibbs D, Belbin A, Hay
                                                                 Arch Psychiatry Clin Neurosci 2003; 253:          A. Population density and suicide in Scot-
sensible klinische Erfahrungen sowie eine Fülle von Ergeb-       281–5.                                            land. Rural Remote Health 2007; 7: 1–13.
nissen aus der Gewalt- und Sozialforschung dafür, Stresser-      7. Gerisch B. Die suizidale Frau. Psychoanaly-    29. Watson P. Explaining rising mortality
leben und -verarbeitung von Männern stärker zu beachten.         tische Hypothesen zur Genese. Vandenhoeck         among men in Eastern Europe. Soc Sci Med
                                                                 & Rupprecht, Göttingen, 2003.                     1995; 41: 923–34.
                                                                 8. Lindner R. Suizidale Männer in der psycho-     30. Webster RF, Ferrada-Noli M, Skolbekken
Zusammenfassend lässt sich schlussfolgern, dass die Depres-      analytisch orientierten Psychotherapie. Eine      JA. Questions of culture, age and gender in
sion bei Männern noch intensiverer Forschung bedarf. In der      systematische qualitative Untersuchung.           the epidemiology of suicide. Scand J Psychol
                                                                 Psychosozialverlag, Gießen, 2006.                 2003; 44: 373–81.
ärztlichen Praxis müsste die Depressionsdiagnostik bei Män-      9. Teising M. Psychodynamisches Verständnis       31. Heikkinen A, Aro H, Lönnqvist J. Recent
nern verbessert werden, indem die üblichen Kriterien um          der Suizidalität älterer Menschen. In: Wenglein   life events, social support and suicide. Acta
                                                                 E, Hellwig A, Schoof M (Hrsg). Selbstvernich-
männertypische Stresssymptome erweitert werden. Damit            tung. Vandenhoeck & Rupprecht, Göttingen,
                                                                                                                   Psychiatr Scand 1994; 377: 65–72.
trägt eine geschlechtersensible Depressionsdiagnostik we-        1996; 61–74.                                      32. Qin P, Agerbo D, Westergard-Niesen N,
                                                                                                                   Eriksson T, Mortensen PB. Gender differences
sentlich zur Suizidprophylaxe bei Männern bei. Weiteren Un-      10. Canetto SS, Sakinofsky I. The gender          in risk factors for suicide in Denmark. Br J
                                                                 paradox in suicide. Suicide Life Threat Behav     Psychiatry 2000; 177: 546–50.
tersuchungen bleibt die Klärung der Frage vorbehalten, wie       1998; 28: 1–23.
                                                                                                                   33. Gunnell D, Middleton N, Whitley E,
männerspezifisch die „männliche“ Depression ist, denn auf-       11. Bronisch T. Der Suizid. Ursachen, Warn-       Dorling D, Frankel S. Why are suicide rates
grund des Rollenwandels kann sie durchaus auch bei Frauen        signale, Prävention. 5. überarb. Aufl. C. H.      rising in young men but falling in the elderly?
                                                                 Beck, München, 2007.                              A time series analysis of trends in England
erwartet werden [77].                                            12. Wittchen HU, Knäuper B, Kessler RC.           and Wales 1950–1998. Soc Sci Med 2003;
                                                                 Lifestime risk of depression. Br J Psychiatry     57: 595–611.
                                                                 1994; 26: 16–22.
Im Bezug auf bestehende suizidpräventive Angebote ist fest-                                                        34. De Graaf R, Sandfort TG, ten Have M.
                                                                 13. Claes SJ. CRH, stress, and major depres-      Suicidality and sexual orientation: differ-
zustellen, dass diese eher von Frauen genutzt werden, da sie     sion: a psychobiological interplay. Vitam         ences between men and women in a general
eine aktive Hilfesuche voraussetzen. Eine Suizidprophylaxe,      Horm 2004; 69: 117–50.                            population-based sample from the Nether-
                                                                 14. Nöthen M. Leben und Arbeiten in Deutsch-      lands. Arch Sex Behav 2006; 35: 253–62.
die auch Männern gerecht wird, muss erst noch entwickelt
                                                                 land. Sonderheft 1: Familien und Lebensfor-       35. Dumais A, Lesage AD, Alda M, Rouleau
werden.                                                          men – Ergebnisse des Mikrozensus 1996–            G, Dumont M, Chawky N, Roy M, Mann JJ,
                                                                 2004. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden,         Benkelfat C, Turecki G. Risk factors for sui-
                                                                 2006.                                             cide completion in major depression: a case-
 „ Relevanz für die Praxis                                       15. Piccinelli M, Wilkinson G. Gender differ-     control study of impulsive and aggressive
                                                                                                                   behaviors in men. Am J Psychiatry 2005; 162:
                                                                 ences in depression. Br J Psychiatry 2000;
 • Diagnose und Therapie psychischer Störungen, insbe-           177: 486–92.                                      2116–24.
                                                                                                                   36. Isometsä E, Henriksson M, Marttunen M,
     sondere depressiver Erkrankungen, sind ein wesentli-        16. Bebbington PE. Sex and depression.
                                                                                                                   Heikkinen M, Aro H, Kuoppasalmi K, Lönnqvist
                                                                 Psychol Med 1998; 28: 1–8.
     cher Schritt in der Suizidprävention.                                                                         J. Mental disorders in young and middle aged
                                                                 17. Oquendo MA, Bongiovi-Garcia ME,
 •   Es gibt konsistente Hinweise dafür, dass die Depressi-      Galfalvy H, Goldberg PH, Grunebaum MF,
                                                                                                                   men who commit suicide. Br Med J 1995;
                                                                                                                   310: 1366–7.
     onsrate von Männern unterschätzt wird und dass Män-         Burke AK, Mann JJ. Sex differences in clini-
                                                                 cal predictors of suicidal acts after major de-   37. Duberstein PR, Conwell Y, Conner KR,
     ner im Vergleich zu Frauen seltener professionelle Hilfe    pression: a prospective study. Am J Psychia-      Eberly S, Caine ED. Suicide at 50 years of
                                                                 try 2007; 164: 134–41.                            age and older: perceived physical illness,
     wegen depressiver Symptome in Anspruch nehmen.                                                                family discord and financial strain. Psychol
 •   Insbesondere für Hausärzte besteht eine große Heraus-       18. Schaffer A, Levitt AJ, Bagby RM,
                                                                 Kennedy SH, Levitan RD, Joffe RT. Suicidal
                                                                                                                   Med 2004; 34: 137–46.
     forderung darin, depressive bzw. depressionsgefährdete      ideation in major depression: sex differences     38. Schneider B, Schnabel A, Weber B,
                                                                 and impact of comorbid anxiety. Can J Psy-        Frölich L, Maurer K, Wetterling T. Nicotine
     Männer rechtzeitig zu identifizieren. Hilfreich ist dabei   chiatry 2000; 45: 822–6.                          use in suicides: a case-control study. Eur
     die Kenntnis männerspezifischer Risikofaktoren für                                                            Psychiatry 2005; 20: 129–36.
                                                                 19. McGirr A, Séguin M, Renaud J, Benkelfat
                                                                                                                   39. Voracek M, Loibl LM. [Genetics of sui-
     Depression.                                                 C, Alda M, Turecki G. Gender and risk factors
                                                                                                                   cide: a systematic review of twin studies.]
 •
                                                                 for suicide: evidence for heterogeneity in pre-
     Depression bei Männern kann besser diagnostiziert wer-      disposing mechanisms in a psychological           Wien Klin Wochenschr 2007; 119: 463–75.
     den, wenn die klassischen Depressionskriterien um män-      autopsy study. J Clin Psychiatry 2006; 67:        40. Samuelsson M, Jokinen J, Nortström AL,
                                                                 1612–7.                                           Nordström P. CSF 5-HIAA, suicide intent and
     nertypische Stresssymptome erweitert werden („male                                                            hopelessness in the prediction of early sui-
                                                                 20. McHolm AE, MacMillan HL, Jamieson E.
     depression“). Eine geschlechtersensible Depressions-        The relationship between childhood physical       cide in male high-risk suicide attempters.
                                                                 abuse and suicidality among depressed             Acta Psychiatr Scand 2006; 113: 44–7.
     diagnostik trägt wesentlich zur Suizidprophylaxe bei
                                                                 women: results from a community sample.           41. Rajkowska G. Morphometric methods for
     Männern bei.                                                Am J Psychiatry 2003; 160: 933–8.                 studying the prefrontal cortex in suicide vic-

26    Blickpunkt DER MANN 2009; 7 (2)
Depression und Suizidalität

tims and psychiatric patients. Ann NY Acad        54. Wolfersdorf M. Elektrodermale Reaktivität    64. Katz MM, Wetzler S, Cloitre M, Swann A,       71. Bech P. Male depression: stress and ag-
Sci 1997; 836: 253–68.                            bei stationär bzw. nachstationär durch Suizid    Secunda S, Mendels J, Robins E. Expressive        gression as pathways to major depression.
42. Troisi A. Gender differences in vulnerabil-   mit harter Methode verstorbenen depressiven      characteristics of anxiety in depressed men       In: Dawson A, Tylee A (eds). Depression –
ity to social stress. A Darwinian perspective.    Männern im Vergleich zu nicht-depressiven        and women. J Affect Disord 1993; 28: 267–         Social and Economic Timebomb. British
Physiol Behav 2001; 73: 443–9.                    Kontrollen. Suizidprophylaxe 1994; 21: 58–       77.                                               Medical Journal Books, London, 2001; 63–6.
                                                  62.                                              65. Kornstein SG, Schatzberg AF, Thase ME,        72. Zierau F, Bille A, Rutz W, Bech P. The
43. Stroud LR, Salovey P, Epel ES. Sex differ-
ences in stress responses: social rejection       55. Lidberg L, Tuck JR, Asberg M, Scalia-        Yonkers KA, McCullough JP, Keitner GI,            Gotland Male Depression Scale: a validity
versus achievement stress. Biol Psychiatry        Tomba GP, Bertilsson L. Homicide, suicide        Gelenberg AJ, Ryan CE, Hess AL, Harrison W,       study in patients with alcohol use disorders.
2002; 52: 318–27.                                 and CSF 5-HIAA. Acta Psychiatr Scand 1985;       Davis SM, Keller MB. Gender differences in        Nord J Psychiatry 2002; 56: 265–71.
                                                  71: 230–6.                                       chronic major and double depression. J Affect     73. Winkler D, Pjrek E, Heiden A, Wiesegger
44. Taylor SE, Klein LC, Lewis BP, Gruenewald                                                      Disord 2000; 60: 1–11.
TL, Gurung RA, Updegraff JA. Biobehavioural       56. Roggenbach J, Müller-Oerlinghausen B,                                                          G, Klein N, Konstantinidis A, Kasper S. Gen-
                                                  Franke L. Suicidality, impulsivity and aggres-   66. Kockler M, Heun R. Gender differences of      der differences in the psychopathology of de-
responses to stress in females: tend-and-be-
                                                  sion – is there a link to 5HIAA concentration    depressive symptoms in depressed and non-         pressed inpatients. Eur Arch Psychiatry Clin
friend, not fight-or-flight. Psychol Rev 2000;
                                                  in the cerebrospinal fluid? Psychiatry Res       depressed elderly persons. Int J Geriatr Psy-     Neurosci 2004; 254: 209–14.
107: 411–29.
                                                  2002; 113: 193–206.                              chiatry 2002; 17: 65–72.                          74. Winkler D, Pjrek E, Kasper S. Anger at-
45. Saunders KE, Hawton K. Suicidal behav-
                                                                                                   67. Loewenthal K, Goldblatt V, Gorton T,          tacks in depression – evidence for a male de-
iour and the menstrual cycle. Psychol Med         57. Stanley B, Molch A, Stanley M, Winchel
                                                                                                   Lubitsch G, Bicknell H, Fellowes D, Sowden        pressive syndrome. Psychother Psychosom
2006; 36: 901–12.                                 R, Gameroff MJ, Parsons B, Mann JJ. Asso-
                                                                                                   A. Gender and depression in Anglo-Jewry.          2005; 74: 303–7.
46. Koch K, Pauly K, Kellermann T, Seiferth       ciation of aggressive behavior with altered
                                                                                                   Psychol Med 1995; 25: 1051–63.                    75. Möller-Leimkühler AM. Is there evidence
NY, Reske M, Backes V, Stöcker T, Shah NJ,        serotonergic function in patients who are not
                                                  suicidal. Am J Psychiatry 2000; 157: 609–14.     68. Levav I, Kohn R, Dohrenwend BP, Shrout        for a male depressive syndrome in patients
Amunts K, Kircher T, Schneider F, Habel U.
                                                                                                   PE, Skodol AE, Schwartz S, Link BG, Naveh G.      with major depression? J Affect Disord 2004;
Gender differences in the cognitive control of    58. Möller-Leimkühler AM. Barriers to help-      An epidemiological study of mental disorders      80: 87–93.
emotion: An fMRI study. Neuropsychologia          seeking by men: a review of socio-cultural       in a 10-year cohort of young adults in Israel.    76. Möller-Leimkühler AM, Heller J, Paulus
2007; 45: 2744–54.                                and clinical literature with particular refer-   Psychol Med 1993; 23: 691–707.                    NC. Subjective well-being and “male depres-
47. Miranda R, Nolen-Hoeksema S. Brooding         ence to depression. J Affect Disord 2002; 71:
                                                  1–9.                                             69. Jakubaschk J. Depression und Aggression       sion” in male adolescents. J Affect Disord
and reflection: rumination predicts suicidal
                                                                                                   bei Amischen. Nervenarzt 1994; 65: 590–7.         2007; 98: 65–72.
ideation at 1-year follow-up in a community       59. Wittchen HU, Schuster P, Pfister H, Müller
sample. Behav Res Ther 2007; 45: 3088–95.                                                          70. Walinder J, Rutz W. Male depression and       77. Möller-Leimkühler AM, Yücel M. Male
                                                  N, Storz S, Isensee B. Depressionen in der
                                                                                                   suicide. Int Clin Psychopharmacol 2001; 16        depression and gender-role orientation in
48. Möller-Leimkühler AM. The gender gap          Allgemeinbevölkerung – schlecht erkannt und
                                                                                                   (Suppl 2): 21–4.                                  university students (in Vorbereitung).
in suicide and premature death or: why are        selten behandelt. Nervenheilkunde 1999; 18:
men so vulnerable? Eur Arch Psychiatry Clin       202–9.
Neurosci 2003; 253: 1–8.                          60. Lefebvre J, Lesage A, Cyr M, Toupin J.
49. Connell RW. Masculinities. University of      Factors related to utilization of services for     PD Dr. rer. soc. Anne Maria Möller-
California Press, Berkeley, 1995.                 mental health reasons in Montreal, Canada.         Leimkühler
50. Traue HC. Emotion und Gesundheit. Die         Soc Psychiatry Epidemiol 1998; 33: 291–8.
                                                                                                     Diplom-Sozialwissenschaftlerin. Zunächst
psychobiologische Regulation durch Hem-           61. Wilhelm K, Parker G. Sex differences in
mungen. Spektrum Akademischer Verlag,             lifetime depression rates: fact or artefact?
                                                                                                     wissenschaftliche Mitarbeiterin der For-
Heidelberg-Berlin, 1998.                          Psychol Med 1994; 24: 97–111.                      schungsstelle für Psychiatrische Soziologie
51. Hollstein W. Männlichkeit und Gesund-         62. Angst J, Gamma A, Gastpar M, Lépine JP,
                                                                                                     der Psychiatrischen Universitäts- und Lan-
heit. In: Brähler E, Felder H (Hrsg). Weiblich-   Mendlewicz J, Tylee A; Depression Research         desklinik Düsseldorf und Dozentin im Studi-
keit, Männlichkeit und Gesundheit. Westdeut-      in European Society Study. Gender differences      engang Public Health an der Universität
scher Verlag, Opladen-Wiesbaden, 1999; 72–        in depression. Epidemiological findings from
81.
                                                                                                     Düsseldorf. Seit 1998 an der Klinik für Psy-
                                                  the European DEPRES I and II studies. Eur Arch
                                                  Psychiatry Clin Neurosci 2002; 252: 201–9.
                                                                                                     chiatrie und Psychotherapie der Ludwig-
52. Phillips DA. Punking and bullying. Strate-
gies in middle school, high school, and be-                                                          Maximilians-Universität München tätig mit
                                                  63. Fava M, Nolan S, Kradin R, Rosenbaum J.
yond. J Interpers Violence 2007; 22: 158–78.      Gender differences in hostility among de-
                                                                                                     den Schwerpunkten Gender, Angehörigen-
53. Mann JJ. Neurobiology of suicidal behav-      pressed and medical outpatients. J Nerv Ment       forschung und Patientenzufriedenheit. Habi-
iour. Nature 2003; 4: 819–28.                     Dis 1995; 183: 10–4.                               litation 2004.

                                                                                                                                                    Blickpunkt DER MANN 2009; 7 (2)            27
Wir stellen vor:

                      Unser neues Journal:

                   Journal für Pneumologie

                          Homepage:
                    www.kup.at/pneumologie
Sie können auch lesen