Diabetes in der Pubertät - Ein Ratgeber für Eltern Verfasserin: DGKS Eva Lagger Vorgelegt bei

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SONDERAUSBILDUNG   FÜR    KINDER-     UND       JUGENDLICHENPFLEGE   AM
BILDUNGSZENTRUM DER GEMEINNÜTZIGEN SALZBURGER LANDESKLINIKEN

Diabetes in der Pubertät
               Ein Ratgeber für Eltern

                            Verfasserin:
                         DGKS Eva Lagger

                           Vorgelegt bei:
                    DGKP Marc Philipp Bammer

                         Salzburg, Juli, 2012
Diabetes in der Pubertät                                                             Eva Lagger

Abstract
Die   Abschlussarbeit      „Diabetes   in    der   Pubertät“    wurde       anhand    einer
Literaturanalyse      im   Rahmen      der    Sonderausbildung        zur     diplomierten
Kinderkrankenschwester am Salzburger Landeskrankenhaus, geschrieben.

Fragestellung: Welche Probleme ergeben sich für Jugendliche mit Diabetes und
wie können die Jugendlichen unterstützt werden?

In dieser Arbeit werden zwei Bücher zitiert, zum einem „Kinder und Jugendliche
mit Diabetes“, von Dr. med. Peter Hürter, Dr. med. Wolfgang von Schütz und Dr.
rer. Nat. Karin Lange. Das zweite Buch ist von Dipl. Psych. Bela Bartus und Dr.
Martin Holder, mit dem Titel „Diabetes bei Kindern“. Die Literaturrecherche wird
ergänzt durch Informationen aus der Diabetesambulanz an der Salzburger
Landesklinik,       die    aus    Gesprächen         mit       Diabetesberaterin       und
Diplomkrankenschwester Andrea Baier gesammelt wurden. Zusätzlich wurden
Fachzeitschriften verwendet.
Ziel dieser Arbeit ist, Eltern von Betroffenen einen Einblick in das Leben ihrer
Kinder und deren Problemen und Aufgaben zu geben. Darüber hinaus sollen die
Eltern nach dem Lesen wissen, was Diabetes ist und was sie unternehmen
können um ihre Kinder in der Pubertät zu unterstützen.
Zu Beginn wird erläutert, wie sich das Erkrankungsbild des Diabetes Typ I äußert
und wie dieser behandelt werden kann. Im Anschluss wird auf die Entwicklung von
Jugendlichen in der Pubertät eingegangen. In den folgenden Kapiteln werden die
alltäglichen Probleme der Kinder mit Diabetes behandelt wie zum Beispiel auf
welche Besonderheiten in der Berufswahl geachtet werden soll, was passiert
wenn Jugendliche Alkohol trinken und welche Hindernisse und Änderungen in der
Familie auftreten. Zum Schluss wird die Betreuung der Betroffenen am Beispiel
der Diabetesambulanz an der Salzburger Landesklinik beschrieben.
Die wichtigste Schlussfolgerung ergibt, dass es empfehlenswert ist sich an
Richtlinien zu halten, aber diese an den Jugendlichen anzupassen sind und nicht
zu versucht die Jugendlichen in ein strenges Schema zu zwingen. Jeder hat das
Recht auf individuelle Betreuung und Beratung.

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Inhaltsverzeichnis

Abstract .................................................................................................................. 1

1.     Einleitung ........................................................................................................ 4

2.     Diabetes bei Jugendlichen zwischen zwölf und achtzehn Jahren ................... 7

     2.1     Diabetes Typ I .......................................................................................... 7

     2.2     Diabetes Typ II ......................................................................................... 8

     2.3     Andere Formen von Diabetes .................................................................. 9

     2.4     Die wichtigsten Begriffe bei der Therapie von Diabetes Typ I .................. 9

     2.5     Notsituationen ........................................................................................ 12

     2.6     Begleiterkrankungen .............................................................................. 12

     2.7     Folgeerkrankungen ................................................................................ 13

3.     Veränderungen von Jugendlichen zwischen zwölf und achtzehn Jahren ..... 14

     3.1     Körperliche Veränderungen von zwölf bis achtzehn .............................. 14

     3.2     Psychische Veränderungen von zwölf bis achtzehn .............................. 15

4.     Das Leben von Jugendlichen mit Diabetes ................................................... 18

     4.1     Ausbildung ............................................................................................. 18

     4.2     Freizeit ................................................................................................... 19

     4.3     Freunde und Familie .............................................................................. 22

5.     Unterstützungsmöglichkeiten für pubertierende Diabetiker und deren Eltern 25

     5.1     Medizinische            Angebote          am      Beispiel        der     Diabetesambulanz                des
     Landeskrankenhauses Salzburg....................................................................... 25

     5.2     Tipps für Eltern ....................................................................................... 27

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6.    Zusammenfassung ........................................................................................ 32

Literaturverzeichnis .............................................................................................. 34

Anhang 1:          Die wichtigsten Ausdrücke in Bezug auf Diabetes Typ 1…………..36

Anhang 2: Schulungseinheiten nach Erstmanifestation Diabetes Typ I ............... 37

Anhang 3: Sportregeln ......................................................................................... 38

Anhang 4: Gespräch mit Diplomkrankenschwester Andrea Baier aus der
Diabetesambulanz am Landeskrankenhaus Salzburg ......................................... 40

Ehrenwörtliche Erklärung ……………………………………………………………...41

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   1. Einleitung

   […] (Ich) erklärte immer wieder, dass weder Christina noch ihre Mutter oder ihr
   Vater irgendetwas falsch gemacht hätten, dass niemand daran schuld sei,
   dass Christina jetzt zuckerkrank geworden ist. Auch das Stück Torte, das
   Christina so gern am Sonntagnachmittag aß, hätte nichts mit der Erkrankung
   zu tun. Alles, was sie über den Alterszucker gehört hätten, sollten sie
   vergessen – der Diabetes von Kindern und Jugendlichen sei eine ganz andere
   Erkrankung, komme nicht vom Übergewicht, von zuviel gutem Essen, zu wenig
   Bewegung – und kein Mittel der Welt hätte verhindern können, dass Christina
   jetzt     zuckerkrank    geworden      ist.   […]     (http://www.barmherzige-
   regensburg.de/1255.html, 24.04.2012)

Dieses Zitat ist aus einem Erfahrungsbericht aus einer deutschen Klinik. Bei
Christina wurde Diabetes diagnostiziert und in so einem Fall kommt als erstes die
Schuldfrage auf. Aber diese Frage ist bei Diabetes Typ I nicht relevant, da es für
diese Erkrankung keinen „Schuldigen“ gibt.

Der Großteil der Bevölkerung denkt bei Diabetes an den Typ II Diabetes, auch
Altersdiabetes genannt. Diese Form entsteht durch Umweltfaktoren und hat eine
ansteigende Tendenz im Kinder- und Jugendalter. In dieser Arbeit wird der Typ I
Diabetes behandelt, da dieser im Jugendalter relevanter ist.
In der Diabetestherapie bei Kindern ab der Pubertät bis zum Erwachsenenalter
entstehen besondere Probleme. Dieser Lebensabschnitt ist schon bei Gesunden
eine Herausforderung für die Pubertierenden und ihr Umfeld, besonders aber für
die Eltern. In dieser Zeit müssen sich die Kinder selbst finden und die Grenzen
austesten.

Im Rahmen meiner Arbeit auf der Kinderstation im Landeskrankenhaus
Vöcklabruck, habe ich ein 15-jähriges Mädchen mit Diabetes kennen gelernt. Sie
wurde mit einem sehr hohen Blutzuckerspiegel ins Krankenhaus gebracht.
Während ihrem Aufenthalt wurde ich das erste Mal mit Diabetes Typ I bei
Jugendlichen konfrontiert. Sie war schon länger Diabetikerin und wusste über die
Therapie und die Konsequenzen bei Nachlässigkeit bescheid. Es war schwierig

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nachzuvollziehen wieso sie ihre Therapie vernachlässigt hatte. Erst die Erinnerung
an meine eigene Pubertät half mir dabei sie zu verstehen. In diesem
Lebensabschnitt erprobt jeder Jugendliche seine Grenzen, wobei manche mehr
riskieren als andere. Ich habe mich damals gefragt, wie kann ich das Mädchen
unterstützen dann und welche Ratschläge ihren Eltern hilfreich sein könnten.

Es gibt in diesem Lebensabschnitt eine Verhaltensänderung, wodurch gehäuft
Therapiefehler und fehlende Protokollierung von Blutzuckerwerten auftreten. Die
Jugendlichen haben den Wunsch nach Flexibilität, woraufhin auf die Anpassung
der Therapie verzichtet wird. Es kann zu Problemen bei der Übergabe der
Verantwortung für die Diabetestherapie von den Eltern auf die Kinder kommen.
Verstärkte Akzeptanzprobleme treten auf und die Jugendlichen wollen unabhängig
sein ohne Verlässlichkeit garantieren zu müssen. (Vgl. Bartus, Holder, 2012, S.
135)

In der Arbeit werden die wichtigsten Aspekte dieses Lebensabschnitts anhand
einer Literaturanalyse beschrieben. Ziel ist, den Eltern einen Einblick in das Leben
und die Probleme von betroffenen Jugendlichen zu geben.
Die Fragen die sich diesbezüglich ergeben sind: Welche Probleme sich für die
Jugendlichen mit Diabetes ergeben und wie die Jugendlichen unterstützt werden
können.

Nach der Einleitung wird der medizinische Aspekt des Diabetes erklärt, wobei
auch Folgeerkrankungen und Begleiterkrankungen aufgeführt sind. Außerdem
wird in diesem Kapitel auf den Unterschied zwischen Diabetes Typ I und Diabetes
Typ II genauer eingegangen.

Das dritte Kapitel behandelt die Veränderungen in der Pubertät. Neben den
körperlichen Veränderungen, die häufig auch sichtbar sind, kommt es im
Jugendalter zu einer starken kognitiven Entwicklung und es gibt viele
Entwicklungsaufgaben zu bewältigen.

Das Leben der jugendlichen Diabetiker wird im vierten Kapitel beschrieben.
Besonders die Lebensbereiche, in denen für Jugendliche mit Diabetes und deren
sozialen Umfeld Fragen auftreten können. Dieser Bereich beinhaltet, ob ein

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Diabetiker Sport machen darf, welchen Beruf er ausüben darf oder wie die
rechtliche Lage in Österreich für Diabetiker ist, die den Führerschein machen
wollen.

Im letzten Kapitel wird auf den psychosozialen Umgang mit den Jugendlichen
eingegangen. Dies geschieht durch die Beschreibung der Schulung in der
Pubertät, die Definition der Diabetesambulanz und eine Auflistung von Tipps für
Angehörige.

Um den Lesefluss der Arbeit nicht zu stören, wird durchgehend die männliche
Form für beide Geschlechter verwendet.

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       2. Diabetes bei Jugendlichen zwischen zwölf und
             achtzehn Jahren
2.1    Diabetes Typ I

Diabetes ist eine Stoffwechselstörung mit unterschiedlichen Ursachen. Es ist eine
Störung des Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsels. Es kann längerfristig
zu viele Organschäden kommen. Unter anderem treten Bewusstseinsstörungen
auf, die sogar bis zum Koma führen können. Bei Kindern und Jugendlichen ist
meistens eine lebenslange Insulinsubstitution notwendig, das bedeutet, dass diese
Kinder ihr ganzes Leben von einer zusätzlichen Insulingabe von außen abhängig
sind. Sie müssen das Insulin entweder selbst spritzen oder erhalten es über eine
Pumpe. (Vgl. Hürter, Danne, 2005, S.2)
Bei der Entstehung von Diabetes spielen drei Ursachen auf komplizierte Weise
zusammen. Zum einen spielt die Erblichkeit eine große Rolle. Es gibt häufig eine
familiäre Vorbelastung, die viele Generationen zurück reichen kann.
Die zweite Ursache sind äußere Einflüsse. Bevor ein Diabetes ausbricht werden
die Betroffen oft krank. Dies sind meist harmlose Erkrankungen wie zum Beispiel
ein Virusinfekt (welcher als wichtigster Auslöser gilt), Husten, Schnupfen, etwas
Fieber oder Kinderkrankheiten. Dadurch wird die Zerstörung der β-Zellen in Gang
gesetzt. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 14)
Die β-Zellen werden in einer Region der Bauchspeicheldrüse, die sich
Langerhanssche – Insel nennt, gebildet. Sie sind für die Insulinproduktion im
Körper verantwortlich. Das Hormon Insulin benötigt der menschliche Körper um
Glukose, also Zucker, aufzunehmen und zu speichern. Wenn an Diabetes
erkrankte Jugendliche kein künstliches Insulin zugeführen steigt der Blutzucker
und das kann unbehandelt zu schweren Spätfolgen führen. (Vgl. Hochschneid D.;
2008, S. 781-782)
Der Gegenspieler zu den β-Zellen sind die α-Zellen, die Glukagon bilden. Das
Glukagon erhöht den Blutzuckerspiegel. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S.
31)
Als dritte Ursache zählt der Autoimmunprozess, welcher durch eine Erkrankung
ausgelöst wird. Die β-Zellen werden verändert und das Immunsystem empfindet
sie daraufhin als körperfremde Substanz und beginnt die Zellen zu zerstören.

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Wenn bereits 80 – 85% der β-Zellen zerstört sind entwickeln sich die typischen
Krankheitszeichen          des    Diabetes.    Es   treten    Symptome,     wie    verstärktes
Durstgefühl, vermehrtes und häufiges Wasserlassen und Gewichtsabnahme auf.
Die Erstmanifestation, das bedeutet, dass der Diabetes das erste Mal
diagnostiziert wird, geschieht meistens im Kinder- und Jugendlichenalter. (Vgl.
Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 33)
Ausschlaggebend für das Erkennen eines Diabetes, sind die zu hohen
Blutzuckerwerte in Harn und Blut.

2.2    Diabetes Typ II

Die Ursache eines Diabetes Typ II ist im Gegensatz zu dem Typ I Diabetes
vermehrt auf Umweltfaktoren zurückzuführen, wobei die genetische Vorbelastung
auch eine Rolle spielt. Es ist bewiesen, dass das Risiko an Typ II Diabetes zu
erkranken erhöht sich mit steigendem Alter. Außerdem sind Übergewicht und
Bewegungsmangel             auslösende Faktoren für die Entwicklung eines Typ II
Diabetes. Es handelt sich dabei um eine Störung der Wirkung des Insulins und der
Insulinabgabe. Die Ursache für diesen Vorgang ist bisher nicht bekannt. (Vgl.
Hürter, Danne, 2005, S.7)

Der Vergleich:
Charakteristisch für einen Typ I Diabetes ist, ein meist rascher akuter
Krankheitsbeginn, bei welchem immer eine Abhängigkeit von künstlicher
Insulinzufuhr besteht, da die Insulinabgabe von der Bauchspeicheldrüse fehlt oder
sehr niedrig ist. Es ist bei Kindern und Jugendlichen mit über neunzig Prozent die
häufigste Diabetesform.
Bei Typ II Diabetes hingegen variiert der Krankheitsbeginn von einem langsamen
über einen schleichenden bis hin zu einem schweren Krankheitsbeginn. Eine
Abhängigkeit       von       Insulin    besteht     selten,     sodass    meistens        orale
blutzuckersenkende Medikamente ausreichen. Die Insulinsekretion variiert. In den
meisten Ländern liegt die Häufigkeit von Diabetes Typ II bei unter zehn Prozent.
Der    Diabetes     Typ      II   ist   im    Vergleich   zum    Diabetes    Typ     I    keine
Autoimmunerkrankung. (Vgl. Hürter, Danne, 2005, S.8)

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2.3    Andere Formen von Diabetes

Es gibt auch andere Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, durch die ein
Diabetes entstehen kann. Dazu gehört, zum Beispiel die Mittelmeerblutarmut,
Thalassämie, welche eine Störung der Produktion des roten Blutfarbstoffes ist.
Durch jahrelange, wiederholte Bluttransfusionen, die als Therapie bei Thalassämie
angewendet wird, lagert sich Eisen in den Organen ab, unter anderem auch in der
Bauchspeicheldrüse, wodurch diese ihre Funktion verliert.
Eine andere chronische Erkrankung, die Diabetes als Folgeerkrankung aufweist,
ist die Mukoviszidose. Dies ist eine Störung der Sekretproduktion im Körper,
wodurch alle Körperflüssigkeiten zäh werden. Die Lunge ist bei den Erkrankten am
schwersten betroffen. Im Alter von 15 Jahren haben bereits mehr als 30 Prozent
der Betroffenen eine Zuckerstoffwechselstörung entwickelt. Beim Auftreten eines
Diabetes     bei   Menschen        mit   Mukoviszidose     sollte   frühzeitig   mit     einer
Insulintherapie begonnen werden.
Zu weiteren Diabetesformen zählen genetische Defekte der β-Zellen (=die für die
Insulinproduktion verantwortlich sind), die Maturity – Onset of the Young (MODY),
genannt werden. Hierbei handelt es sich um angeborene Störungen der Funktion
der β-Zellen. Es kommt zu einer verminderten Ausscheidung oder Bildung vom
Insulin. Als Symptome entstehen zu hohe Blutzuckerwerte, Hyperglykämien. Die
Betroffenen haben einen sehr geringen Insulinbedarf. Derzeit sind zwölf MODY –
Formen bekannt.
Selten tritt im Kinder- und Jugendalter ein Diabetes aufgrund von Medikamenten
oder    Chemikalien        auf.   Dies   könnte   zum    Beispiel   durch   eine       längere
Cortisontherapie geschehen.
Unter anderem haben Kinder mit genetischen Erkrankungen, wie zum Beispiel das
Down – Syndrom, ein höheres Risiko an Diabetes zu erkranken. (Vgl. Bartus,
Holder, 2012, S. 32-34)

2.4    Die wichtigsten Begriffe bei der Therapie von Diabetes Typ I

HbA1c:
Der HbA1c ist ein Blutwert, der die Blutzuckerlage über mehrere Wochen, angibt.
Umso höher der HbA1c ist, desto höher waren die Blutzuckerwerte in den Wochen

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davor. Der Normwert liegt zwischen sechs und sieben Prozent. Ab elf Prozent
besteht rascher Handlungsbedarf durch den Beginn einer Insulintherapie. (Vgl.
Hochschneid, 2008, S. 792) Es gibt die Schreibweise in Prozent und die in
mmol/mol. In der Salzburger Landesklinik werden beim HbA1c beide Werte
angeführt, wobei der in Prozent aussagekräftiger für das Personal und die
Patienten ist. In den USA und Teilen von Deutschland wird er in mmol/mol
angegeben. Eine Umstellung in der Salzburger Landesklinik, ist laut Andrea Baier
aus Diabetesambulanz für die Patienten schwierig, da der Wert in mmol/mol um
einiges höher und die Umrechnung komplizierter ist und sich die Betroffenen und
das Pflegepersonal sich an die Angabe in Prozent gewöhnt haben.

Therapie:
Bei einem Typ I Diabetes muss immer Insulin über eine Injektion, durch Spritzen
mit einem Pen oder einer Insulinpumpe, verabreicht werden. Blutzucker-
Medikamente zum Schlucken gibt es für diesen Diabetestyp nicht.
Es gibt die konventionelle Therapie. Bei dieser wird ein Bolus- und Basalinsulin in
einer fixen Dosis gespritzt, wobei bei dieser Methode das Essen nach einem fixen
Ernährungsplan ablaufen muss. (Vgl. Hochschneid,2008, S. 790)
Basales Insulin sorgt für konstante Blutzuckerwerte, da bei Diabetikern der
Blutzucker auch ohne Nahrungsaufnahme steigen würde. Das Bolusinsulin wird
zum Essen gespritzt um die aufgenommenen Kohlenhydrate auszugleichen. Bei
einer intensivierten konventionellen Insulintherapie wird ein- bis zweimal täglich
ein   Basalinsulinverabreicht.   Bolusinsulin   wird   nach   dem    Messen    der
Blutzuckerwerte, im vorgegebenen Abstand zu den Mahlzeiten injiziert um die
Broteinheiten, die gegessen werden auszugleichen und um zu hohe Werte zu
korrigieren. Broteinheiten werden im vierten Kapitel genauer erklärt. (Vgl.
Lippmann-Grab, 2010, S. 24-29)
Bei der intensivierten konventionellen Insulintherapie wird das Basalinsulin
meistens morgens und abends gespritzt und zu jedem Essen wird ein
kurzwirksames Insulin gegeben, wodurch der Essensplan flexibler wird. (Vgl.
Hochschneid, 2008, S. 790)
Die intensivierte konventionelle Insulintherapie ist gut steuerbar und die
Dosisanpassung ist präzise. Zu den Nachteilen gehören die Blutzuckerkontrollen,
die bei dieser Therapie häufig durchgeführt werden müssen und dass drei bis fünf

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Mal am Tag Insulininjektionen notwendig sind. (Vgl. Lippmann-Grab, 2010, S. 24-
29)
Eine weitere Therapieform, ist die Insulinpumpe. Bei dieser Methode trägt der
Betroffene ein kleines computerähnliches Gerät am Körper. Dieses Gerät ist durch
einen Schlauch der am vorderen Ende eine Kanüle hat mit dem Körper
verbunden. Eine Kanüle ist eine Nadel die in der Mitte einen Hohlraum hat, durch
den die Flüssigkeit durchrinnen kann. Über die Insulinpumpe wird kontinuierlich
alle halben Stunden oder stündlich Basalinsulin in den Körper abgegeben,
dadurch ist die Versorgung sichergestellt. Bei den Mahlzeiten wird über die
Pumpe, per Knopfdruck, korrigiert. Die Insulinabgabe durch eine Insulinpumpe ist
ohne basales Insulin. Die Vorteile dieser Therapie sind eine bessere Einstellung
der Blutzuckerwerte, durch die kontinuierlichere Insulinabgabe und besser
vorhersehbare Blutzuckerwerte. Außerdem müssen die Jugendlichen weniger oft
gestochen werden. Zu den Nachteilen gehört der optische Aspekt, da das Gerät
immer am Körper getragen werden muss und die Jugendlichen immer an ihren
Diabetes erinnert werden, als auch Probleme die durch den Schlauch und die
Kanüle auftreten können. Bei der Einstichstelle können Entzündungen auftreten
oder der Schlauch könnte abknicken und somit keine oder eine verminderte
Funktion haben. (Vgl. Lippmann-Grab, 2010, S. 24-29)
In der Salzburger Landesklinik erhält jeder am Anfang eine intensivierte
konventionelle Insulintherapie. Die Umstellung auf die Pumpe erfolgt auf eigenen
Wunsch, dabei muss die Bereitschaft des Jugendlichen da sein. Eine Umstellung
ist nicht vom HbA1C – Wert abhängig!

Normwerte:
In verschiedenen Literaturquellen sind verschiedene Normwerte angegeben. Ein
Beispiel wäre:
      •   Normaler Blutzucker: zwischen 65mg/dl und 125 mg/dl (=Milligramm pro
          Deziliter)
      •   Hypoglykämie = Unterzucker: Blutzuckerwert unter 65 mg/dl
      •   Hyperglykämie = Überzucker: Blutzuckerwert über 125 mg/dl

(Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 37)

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2.5      Notsituationen

Hypoglykämie: Diese tritt zum Beispiel auf, wenn zu wenig oder zu spät Essen
aufgenommen wird, bei vermehrten oder ungewohnten körperlichen Aktivitäten,
Therapiefehlern oder bei Alkoholkonsum. Die Symptome können individuell sein.
Als Leitsymptome gelten unter anderem Schwäche, Hunger, Herzrasen,
Schweißausbrüche (kaltschweißig) und Benommenheit, die in extremen Fällen bis
zum Koma führen kann. Falls eine Hypoglykämie auftritt muss dem Körper
schnellstmöglich Zucker zugeführt werden. Aus diesem Grund sollten Diabetiker
immer einen Traubenzucker bei sich tragen. Bei einem schweren Unterzucker mit
starken Bewusstseinsveränderungen muss dieser Zucker über die Vene zugeführt
werden. (Vgl. Haslbeck, 2003, S. 39/25-43/29)

Das diabetische Koma (=Ketoazidose): In dieser Definition bedeutet „Koma“ nicht
unbedingt das der Betroffene bewusstlos ist, sondern es kann auch eine
veränderte Bewusstseinslage bei der Ketoazidose als „Koma“ bezeichnet werden.
Als diabetisches Koma wird eine Hyperglykämie über 600 mg/dl oder ein gestörter
Säure-Basen-Haushalt bezeichnet. Bei einer solchen Störung ist der PH-Wert im
Blut sehr niedrig. Zu den Symptomen gehören ein Flüssigkeitsmangel, der zur
Austrocknung führen kann und Bewusstseinsstörungen. Es muss schnell
gehandelt werden und meistens wird der Betroffene auf der Intensivstation
aufgenommen. Es wird Insulin und Flüssigkeit verabreicht und die Organe werden
auf Folgeschäden untersucht. Die häufigsten Ursachen sind fieberhafte Infekte,
unzureichende Schulung der Therapie und ihrer Konsequenzen oder das
„Vergessen“ auf die Insulintherapie. Vor allem bei einer Erstmanifestation kommen
die jungen Diabetiker meist in eine Ketoazidose. (Vgl. Haslbeck, 2003, S. 39/25-
43/29)

2.6      Begleiterkrankungen

Die häufigste Begleiterkrankung sind Schilddrüsenerkrankungen. Bei etwa 25 bis
30 Prozent tritt eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse auf, welche durch
Medikamentengabe behandelt wird. Eine weitere Begleiterkrankung ist die
Zölliakie. Dies ist eine Erkrankung des Dünndarms die bei zwei bis acht Prozent

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der Betroffenen auftreten kann. Sie eine Überempfindlichkeit auf Gluten, welches
in allen Getreidesorten enthalten ist. (Vgl. Bartus, Holder, 2012, S. 198-201)

2.7    Folgeerkrankungen

Bei    den      Folgeerkrankungen     wird   zwischen      Makroangiopathie        und
Mikroangiopathie unterschieden. Bei der Makroangiopathie kommt es zur
Veränderung der großen Gefäße und dadurch wird die Gefäßverkalkung
beschleunigt. Die häufigsten Krankheitsbilder bei der Makroangiopathie sind der
Herzinfarkt und der Schlaganfall, wobei diese im Jugendalter sehr selten auftreten.
Während bei der Mikroantiopathie die kleinen Gefäßen verändert werden und dies
zu Veränderungen am Auge, den Nieren und dem Nervengewebe führen kann.
(Vgl. Bartus, Holder, 2012, S. 202-208)

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       3. Veränderungen von Jugendlichen zwischen zwölf
             und achtzehn Jahren

Es gibt unterschiedliche Angaben über den Beginn und das Ende der Pubertät, da
dieser Lebensabschnitt von Mensch zu Mensch unterschiedlich abläuft. Als
Pubertät wird der Zeitraum von Beginn der Reifung der Geschlechtsorgane bis zur
vollen Geschlechtsreife bezeichnet. (Vgl. Reuter, 2004, S.1784)
Die ersten Wachstumsschübe aufgrund der Wachstumshormone treten bei
Mädchen circa ab dem zehnten Lebensjahr und bei Jungen ab dem zwölften
Lebensjahr auf. Danach wachsen sie acht bis fünfzehn Zentimeter im Jahr. Die
Pubertät beginnt ungefähr zwei bis drei Jahre nach dem ersten Wachstumsschub.
(Vgl. Hoehl, Kullick, 2008, S. 174)
Die Jugendzeit wird von Bela Bartus in drei Abschnitte unterteilt. Der erste ist die
frühe Jugend im Alter von zwölf bis vierzehn Jahren. In dieser Phase geschehen
die meisten körperlichen Veränderungen. Danach kommen sie in die mittlere
Jugend im Alter von 15 bis 17 Jahren. In dieser Zeit stehen die psychischen
Veränderungen im Mittelpunkt. Die späte Jugend im Alter von 18 bis 20 Jahren ist
die Phase, in der sich die Eltern-Kind-Beziehung entspannt und die Jugendlichen
selbstständig werden. Die Phasen können vom Alter her, je nach Jugendlichem
individuell variieren. (Vgl. Bartus, Holder, 2012, S.139-146)

3.1    Körperliche Veränderungen von zwölf bis achtzehn

Die Bildung der sekundären (sichtbaren) Geschlechtsorgane geschieht bei Jungen
und Mädchen unterschiedlich schnell. Mädchen kommen im Durchschnitt zwei
Jahre vor den Jungen, zwischen elf und zwölf Jahren, in die Pubertät. Die Reifung
der Geschlechtsorgane geschieht bei Mädchen Großteils im Körperinneren.
Sichtbar sind die Reifung der Brust, die circa drei bis vier Jahre braucht bis zur
vollen Reife und die Verbreiterung der Hüfte. Der Stimmbruch und der beginnende
Bartwuchs sind bei Jungen die offensichtlichsten Veränderungen. Unter anderem
nehmen die Hoden innerhalb von zwei Jahren auf die Erwachsenengröße zu.
Spürbar wird die Geschlechtsreife bei Mädchen durch die Menstruation (=die
Regelblutung) und bei Jungen durch einen unwillkürlichen Samenerguss im
Schlaf, die Pollution. Beide Geschlechter leiden in diesem Lebensabschnitt durch

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den erhöhten Hormonspiegel mehr oder weniger an Akne. (Vgl. Birgel, Seidel,
2005, S. 289)
Bei einer Erstmanifestation von Diabetes in der Pubertät ist die Entwicklung meist
verzögert. Wachstum und Gewicht sind reduziert und die Geschlechtsreife tritt erst
später auf. (Vgl. Hürter, Danne, 2005, S. 238-239)
Bei einem bekannten Diabetes und bei guter Langzeitbehandlung ist die
Entwicklung genauso wie beim gesunden Pubertierenden. (Vgl. Hürter, von
Schütz, Lange, 2012, S. 292-293)
Durch die Hormone kann es zu schwankenden und hohen Blutzuckerwerten
kommen. Diese Sexualhormone vermindern die Wirkung des Insulins, wodurch die
Therapie erschwert wird. Meistens ist der Insulinbedarf erhöht. Daher sind
regelmäßige Kontrollen gerade in der Pubertät wichtig. Diese Situation beruhigt
sich nach der Pubertät. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 283-284)
Die Häufigkeit der Kontrollen wird im letzten Kapitel erklärt.

3.2    Psychische Veränderungen von zwölf bis achtzehn

„Kinder denken nicht weniger als Erwachsene, sie denken anders“ (Eich, 2003 S.
284)
Die Adoleszenz, also das Jugendalter von zwölf bis achtzehn, ist der Übergang
vom Kind zum Erwachsenen. Dieser Lebensabschnitt gestaltet sich sehr
individuell. Es kommt häufig zu emotionaler Verwirrung, da sich alles verändert.
(Vgl. Steinberger, 2008, S. 174)

Kognitive Entwicklung:
Es entwickelt sich das abstrakte Denken, wodurch Jugendliche in theoretischen
Möglichkeiten denken können. Sie reflektieren ihre eigenen Gedanken. Außerdem
erkennen sie die Relativität des Denkens. Es werden verschiedene Varianten
verglichen und sie entwickeln ein multidimensionales Denken, wodurch sie lernen
aus verschiedenen Perspektiven argumentieren zu können. (Vgl. Steinberger,
2008, S. 175)
„Ich habe erst jetzt richtig verstanden, dass Diabetes für mich lebenslänglich
heißt. Und das ist ganz schön hart.“ (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 336)

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In der Pubertät wird vielen Diabetikern erst richtig bewusst, was diese Erkrankung
für ihr weiteres Leben bedeutet. Viele reagieren mit Rückzug, wollen die
Erkrankung nicht wahrhaben und tun in der Behandlung nur das Notwendigste.
Außerdem werden ihnen die Folgeschäden bewusster, worauf sie oft mit großer
Angst und Hoffnungslosigkeit reagieren. Durch eine optimistische Einstellung der
Zukunft gegenüber, wird den Jugendlichen geholfen, als auch mit einer guten
Aufklärung über Folgeerkrankungen und die Informationsvermittlung, dass diese
durch eine gute Stoffwechseleinstellung verzögert werden können. (Vgl. Hürter,
von Schütz, Lange, 2012, S. 335-336)
Durch die kognitive Entwicklung verstehen Jugendliche mit Diabetes das
Stoffwechselsystem ihres Körpers besser und können die Vorgänge in ihrer
Bauchspeicheldrüse         nachvollziehen.    Ihre   Blutzuckerbeobachtungen     werden
systematischer und sie ziehen daraus Schlussfolgerungen. Außerdem verstehen
sie die Abweichungen zwischen den eigenen Blutzuckerwerten und dem idealen
Therapieziel. Für Jugendliche mit Diabetes bedeutet die chronische Erkrankung
eine besondere Belastung. (Vgl. Eich, 2003, S. 285, Tab. 13)

Entwicklungsaufgaben:
Zu den Entwicklungsaufgaben zählen die Gestaltung der Geschlechterrollen,
Freunde finden beziehungsweise eine enge Beziehung führen und dadurch die
Auseinandersetzung mit der Planung des zukünftigen Familienlebens. Die
Jugendlichen lernen ihre körperlichen Veränderungen zu akzeptieren und finden
heraus wer sie sind. Außerdem beginnen sie sich zu überlegen was sie in Zukunft
machen wollen und entwickeln ihre eigenen Werte. Die wichtigsten Fragen in
dieser Zeit sind: Wer bin ich und wie möchte ich sein? Wie sehen mich die
anderen und wie unterscheide ich mich von ihnen? (Vgl. Steinberger, 2008, S.
175)
In dieser Zeit liegen Wirklichkeit und Wünsche weit auseinander, was zu
Verunsicherung und Überforderung führen kann. Den Erwachsenen wird nicht
mehr    alles   geglaubt.     Verbote   und    Regeln    werden   hinterfragt   und   die
Konsequenzen einer Missachtung oder Übertretung werden ausgetestet. Manche
beginnen sich zu fragen, ob der Diabetes macht was er will. (Vgl. Hürter, von
Schütz, Lange, 2012, S. 336-337)

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Ein Grund für die seelische Unausgeglichenheit vieler Jugendlichen sind die
Fragen, wer sie sind und ob sie normal sind. Durch neue Gefühle wie zum Beispiel
Liebeskummer, wird eine Erkrankung und andere Aufgaben fast bedeutungslos.
Durch den „Umbau“ des Gehirns und dem Ungleichgewicht der Hormone kommt
es zu Stimmungsschwankungen. Dies führt zu einem Wechselbad der Gefühle.
Jugendliche mit wenig Selbstvertrauen verheimlichen oft ihren Diabetes, da sie
Angst vor Spot, Mitleid oder Ausgrenzung haben. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange,
2012, 337-338)

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       4. Das Leben von Jugendlichen mit Diabetes

Das Hauptziel einer guten Diabetestherapie ist, dass sich das Leben der
Betroffenen nur wenig vom Leben gesunder Jugendlicher unterscheidet. Aufgrund
ihrer Erkrankung sind bei den unterschiedlichen Aktivitäten des alltäglichen
Lebens verschiedene Aspekte zu berücksichtigen.

4.1    Ausbildung

Schule:
Diabetiker sind genauso leistungsfähig, wie andere Menschen. Die Erkrankung
beeinträchtigt weder die Wahl des Schultyps, noch sollten die Betroffenen in den
Klassen eine Sonderstellung erhalten. Es ist zwar wichtig, dass nicht jede
schlechte Note mit dem Diabetes entschuldigt wird, aber das Lehrpersonal sollte
Rücksicht im Falle eines Unterzuckers nehmen. Die Lehrer müssen informiert
werden, die Prinzipien der Behandlung kennen und über Notsituationen Bescheid
wissen. Die Jugendlichen sollen im Unterricht essen und trinken dürfen. Für die
Information der Lehrenden ist es ideal, wenn die Aufklärung durch den
Jugendlichen und die Eltern, klar und einfach, durchgeführt wird. Eventuell ist es
notwendig eine Diabetesberatung mit einzubeziehen. Außerdem ist Diabetes kein
Grund für eine Sportbefreiung. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 328-329)
Wenn der Jugendliche in die Schule geht, ist es wichtig, dass er selbstständig
messen, spritzen und Broteinheiten berechnen kann. (Vgl. Hürter, von Schütz,
Lange, 2012, S. 333-335)
Im Internet sind viele Broschüren zu finden, die zur Unterstützung bei der
Aufklärung von Lehrern verwenden werden können. Zum Beispiel unter:
http://www.novonordisk.at/media/diabetes/Kinder/Schule_diabetes.pdf.        Diese
Broschüre wurde von der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie
verfasst und wird von der Diabetesambulanz an der Salzburger Landesklinik
empfohlen.

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Berufswahl:
Diabetes sollte bei der Wahl des Berufes eine Nebenrolle spielen. Ein Diabetiker
kann fast alle Berufe ausüben, sogar Schichtdienste, Nachdienste oder Jobs mit
vielen Reisen. Es gibt jedoch einige Berufe, für die Diabetiker nicht oder weniger
geeignet sind. Dazu zählt ein Tätigkeitsbereich, bei dem die alleinige
Verantwortung für eine Überwachungsaufgabe bei demjenigen selbst liegt.
Risikoreiche Arbeiten mit Absturzgefahr, gefährliche Arbeitsplätze, Arbeiten mit
Überdruck oder Taucherarbeiten sind zu riskant und nicht empfehlenswert. Zu den
nicht zu empfehlenden Arbeiten gehören unter anderem die berufliche
Personenbeförderung und Gefahrenguttransporte wie zum Beispiel LKW-Fahrer.
Berufsmäßiger Waffengebrauch, wie bei der Polizei, Bundesheer oder dem Zoll
sind ebenfalls nicht zu empfehlende Berufswahlen. (Vgl. Hürter, Danne, 2005, S.
499-500)

4.2    Freizeit

Führerschein:
Laut österreichischem Gesetz, darf ein Diabetiker nur mit fachärztlicher
Stellungnahme einen Führerschein erhalten oder behalten. Diese muss
beinhalten, dass der Betroffene das Risiko eines Unterzuckers versteht und den
Handlungsbedarf       kennt.   Diabetiker,   die   mit   Insulin   oder   bestimmten
Medikamenten behandelt werden, bekommen den Führerschein höchstens für
einen Zeitraum von drei Jahren. Es gibt wichtige Kriterien für das Erteilen
beziehungsweise für die Belassung des Führerscheins. Zu diesen gehört eine
Bestätigung des Lenkers, dass er in den letzten zwölf Monaten keinen
Unterzucker hatte bei dem Hilfe von anderen Personen erforderlich war. Der
Lenker darf keine anderen Komplikationen des Diabetes haben, die das Lenken
eines Fahrzeuges beeinträchtigt. Diabetiker die innerhalb von zwölf Monaten zwei
Mal einen schweren Unterzucker, bei dem sie Unterstützung gebraucht haben
hatten, dürfen den Führerschein nicht erhalten oder behalten. (Vgl. Bures 2011,
BGB2 2011/280, §11)

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Sport:
Bei viel Bewegung und Anstrengung steigt der Glukoseverbrauch in den Muskeln,
also steigt die Gefahr eines Unterzuckers. Zu hohen körperlichen Anstrengungen
zählen bereits Gartenarbeiten, Hilfe beim Übersiedeln und ebenso lange
Radtouren oder Fußballspiele. Die größte Gefahr ist, dass ein Unterzucker
verzögert, erst viele Stunden später, auftreten kann. Sinnvoll wäre es, bei hoher
körperlicher Belastung öfter Blutzucker zu messen, davor mehr Nahrung zu sich
zu nehmen oder die Insulindosis zu reduzieren. Dies sollte jedoch nur in
Absprache mit dem behandelnden Arzt durchgeführt werden. (Vgl. Hürter, von
Schütz, Lange, 2012, S.206)
In der Diabetesambulanz an der Salzburger Landesklinik gibt es eine Richtlinie,
die jeder Diabetiker erhält. Bei einer Woche durchgehend Sport (z.B.: Sportwoche)
müssen die Kinder öfters ihren Blutzucker kontrollieren und eventuell ihr
Basalinsulin reduzieren. Diese Richtlinie befindet sich im Anhang eins.
Kinder die regelmäßig Sport betreiben sind nicht nur belastbarer, sonder auch
leistungsfähiger, seelisch ausgeglichener und können besser mit Stress umgehen.
(Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 224)
Bei der Wahl der Sportarten gibt es nur wenige Einschränkungen. Diese betreffen
die Risikosportarten wie Fallschirmspringen, Drachenfliegen oder Paragliding,
welche nur unter besonderen Auflagen durchgeführt werden dürfen. Am
wichtigsten dabei ist, dass der Trainer oder der Begleiter über Diabetes informiert
ist. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 240-241)

Reisen:
Reisen sind unabhängig vom Diabetes auszuwählen. Ratsam wäre es, sich davor
über die Landesspeisen und über die medizinische Versorgung zu informieren. Es
sollte genügend Vorrat an Insulin für den ganzen Urlaub eingepackt werden und
zusätzlich Notfallrationen im Handgepäck. Eine passende Reiseversicherung ist
auch empfehlenswert. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 344-345)
Außerdem sollten insulinpflichtige Diabetiker eine ärztliche Bestätigung über ihre
Insulinpflicht bei sich tragen.
Jugendliche mit Diabetes dürfen auch, wie jeder andere, an Jugendfreizeiten oder
Schüleraustauschen teilnehmen. Diese fördern das Selbstbewusstsein und die
Selbstständigkeit. Davor muss der Jugendliche allerdings fähig sein, seinen

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Diabetes auch vor anderen zu behandeln. Dafür benötigt er eventuell eine
Schulung. Den Diabetes auf einer derartigen Reise zu verheimlichen ist ein zu
großes Risiko. Der Jugendliche ist für seinen Diabetes selbst verantwortlich, der
Betreuer darf nur im Notfall handeln. Es ist ratsam ein Notfallblatt mitzugeben mit
den wichtigsten Daten und einem aktuellen Therapieplan. Beim Essen sollten die
Betreuer den Jugendlichen ein Mitspracherecht geben. Auf den ersten Ausflug
ohne Eltern sollte idealerweise einen guten Freund, der sich mit Diabetes
auskennt, mitkommen. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S.350-351)
Einige Organisationen bieten spezielle Ferienlager für Kinder und Jugendliche mit
Diabetes an. Eine dieser Organisationen ist der Österreichische Diabetes Verband
(ÖDV).

Alkohol:
Ein strenges Alkoholverbot für Jugendliche, ab 16 Jahren, lässt sich nicht
begründen. Wie auch andere Jugendliche sollten Diabetiker nicht auf nüchternen
Magen Alkohol trinken. Während dem Trinken kann es zu einem Unterzucker
kommen oder dieser kann auch erst am Morgen danach auftreten. (Vgl. Hürter,
Danne, 2005, S. 221)
Prinzipiell sollte Alkohol für Jugendliche, aus medizinischer Sicht tabu sein, da das
Gehirn bei Jugendlichen schneller geschädigt wird als das von Erwachsenen.
Außerdem werden Jugendliche sehr schnell abhängig. Alkohol kann den
Blutzucker auf zwei Arten beeinflussen. Zum einem steigt der Blutzuckerspiegel
durch die Kohlenhydrate in den Getränken. Zum anderen hat Alkohol eine
blutzuckersenkende Wirkung, da er die Glukoseproduktion in der Leber hemmt.
Das größte Risiko ist der Unterzucker nach dem Alkoholkonsum, da die Leber in
der   Nacht     weniger    Glukose   produziert.   Alkohol   wirkt   in   Einzelfällen
unterschiedlich. Die blutzuckersenkende Wirkung des Alkohols besteht solange,
wie die Leber braucht den Alkohol abzubauen. Dadurch besteht ein hohes Risiko,
dass ein Unterzucker nach dem Alkoholkonsum nicht erkannt und behandelt wird,
da die Bewusstseinstrübung auf den Alkohol zurückgeführt werden kann. Dies
kann bis zu Bewusstlosigkeit führen. Um diese Risiken zu vermeiden, sollten
Diabetiker ihren Alkoholkonsum begrenzen und immer wissen was sie tun. Es
wäre ratsam, wenn sie einen Diabeteshinweis, zum Beispiel einen Notfallausweis,
bei sich tragen und die Freunde sollten Bescheid wissen. Wenn sie nach Hause

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kommen ist es wichtig die Eltern zu informieren, dass sie Alkohol getrunken
haben, damit diese in der Früh kontrollieren ob es ihrem Kind gut geht, eventuell
Blutzuckerkontrollen       durchführen   und   Notsituationen   erkennen.   Vor     dem
Schlafengehen wäre es ebenfalls noch gut eine Blutzuckerkontrolle durchzuführen
und bei Bedarf noch etwas zu essen. Die Eltern sollten mit ihren Kindern offen
über Alkohol und seine Konsequenzen reden. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange,
2012, S. 284-285)

Essen:
Diabetes ist kein Grund mehr für eine Diät, aber es ist auf eine gesunde
Ernährung zu achten. Es sollte kein starres Schema für das Essen geben,
sondern es wäre gut dies individuell mit dem Betroffenen zu gestalten.
Jugendliche sind oft ungenau und machen Experimente mit Nahrungsmitteln
wobei der Diabetes dabei in den Hintergrund gestellt wird. Viele Jugendliche
werden Vegetarier oder essen mit ihren Freunden öfters Fast Food. Essen ist
auch häufig ein Seelentröster zum Beispiel bei Liebeskummer oder aus
Langeweile. (Vgl. Bartus, Holder, 2012, S. 101-122)
Zur Berechnung der Speisen existieren Einheiten, die sogenannten Broteinheiten,
(=BE), oder Kohlenhydrateinheiten (=KHE oder KH). Diese Einheiten sind
ungefähr zehn bis zwölf Gramm Kohlenhydrate. (Vgl. Bartus, Holder, 2012, S.
111) Nahrungsmittel in denen Kohlenhydrate enthalten sind, sind Getreidehaltige
Produkte wie Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Mais, alle Früchte und Fruchtsäfte, alle
Zuckerformen, Honig sowie Milch und Milchprodukte außer Käse und Topfen.
(Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S.81)
Anhand der Broteinheiten die gegessen werden wird die zu verabreichende
Insulindosis berechnet. Diese Berechnung ist individuell und wird von dem
behandelnden Arzt vorgegeben.

4.3    Freunde und Familie

Freunde:
Die Jugendlichen sollten den Diabetes nicht verheimlichen, aber sie müssen
selbst entscheiden wer und wann es jemand erfahren darf. Außerdem können sie

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entscheiden,     ob    sie    Unterstützung        durch     Eltern   oder     Lehrer     bei     dem
Informationsgespräch haben wollen. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S.
332-333) Ein informierter Freund ist auch eine Unterstützung für den Jugendlichen
mit Diabetes. Freunde können eine große Hilfe sein, wenn sie über die wichtigsten
Maßnahmen Bescheid wissen, besonders wie bei einem Unterzucker zu handeln
ist. Außerdem können die Eltern beruhigter schlafen, wenn ihr Kind mit jemandem
unterwegs ist oder übernachtet, der über den Diabetes ihres Kindes informiert ist.

Familie:
Ab dem Zeitpunkt, wenn ein Kind oder Jugendlicher die Diagnose Diabetes
bekommt, ändert sich das Leben für die gesamte Familie. Eltern sind die
wichtigsten Ansprechpartner und Vertrauenspersonen für ihre Kinder. Die
schwierigste Aufgabe für das ganze Familiensystem ist es für Normalität zu
sorgen. (Vgl. Bartus, Holder, 2012, S. 247-148)
Bei   der    Diagnosestellung      stehen          die    meisten     Eltern   vor      schwierigen
Entscheidungen. Es treten viele Fragen auf wie zum Beispiel ob sie weiter
arbeiten gehen können und ihr wie Kind versorgt ist. Ob es Großeltern, Nachbarn
oder andere Bekannte gibt, die sich um das betroffene Kind kümmern könnten.
Falls es Aufpasser gibt, müssen diese gut über Diabetes informiert sein. Ein
größeres     Betreuungsproblem       tritt     bei       alleinerziehenden     Eltern     auf.     Bei
Geschiedenen mit geteiltem Sorgerecht oder Besuchsrecht, ist Absprache
besonders wichtig, da der Jugendliche eine klare Botschaft über Diabetes erhalten
soll. Viele Eltern reduzieren ihre Arbeitsstunden ab der Diagnosestellung bis ihre
Kinder den Diabetes akzeptiert haben und damit zurechtkommen. (Vgl. Bartus,
Holder, 2012, S.212-214)
Neben dem Leben der erkrankten Kinder, ändert sich auch das Leben von ihren
Geschwistern. Der Alltag ändert sich für die ganze Familie. Geschwisterkinder
gehen unterschiedlich mit der Erkrankung um, der Umgang ist stark vom Alter
abhängig. Die Geschwister von Diabetikern sind Kinder mit besonderen
Bedürfnissens         Se     benötigen       ein     Sicherheitsgefühl,        brauchen          auch
Aufmerksamkeit und das Gefühl, dass sie wichtig sind. Es ist von großer
Bedeutung auch die Geschwisterkinder genau über Diabetes zu informieren.
Kinder sind der Mittelpunkt ihrer eigenen Welt und beziehen Probleme, die in ihrer
Umgebung entstehen auf sich selbst. Aus diesem Grund denken viele, dass

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Diabetes ansteckend ist oder dass sie an der Erkrankung ihrer Geschwister schuld
sind, da sie diese oft geärgert haben. Eltern sollten ihre Kinder, sobald sie sich
dazu in der Lage fühlen über die Erkrankung informieren und sie nicht ihren
Phantasien überlassen. Der Diabetes rückt nach der Diagnose in den Vordergrund
und das alltägliche Leben verändert sich. Das Kind mit Diabetes bekommt
meistens mehr Aufmerksamkeit, wodurch bei den Geschwistern Neid ausgelöst
werden kann. (Vgl. Bartus, Holder, 2012, S. 228-231)

                                                                               24
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       5. Unterstützungsmöglichkeiten                    für         pubertierende
           Diabetiker und deren Eltern
5.1    Medizinische Angebote am Beispiel der Diabetesambulanz des
       Landeskrankenhauses Salzburg

Ziel der Diabetesschulung ist, dass die Jugendlichen Verantwortung für ihren
Diabetes übernehmen, sie Sicherheit im Schätzen von Mahlzeiten haben und die
zu verabreichende Insulindosis korrekt berechnen können. Sie sollten in der
Öffentlichkeit sicher mit ihrem Diabetes umgehen und sich trauen zu messen und
zu spritzen. (Vgl. Bartus, Holder, 2012, S. 195-196)

       [...] Motivation bei Jugendlichen zu fördern und aufrechtzuerhalten ist
       manchmal für die Mitarbeiter eines Diabetes-Teams viel schwieriger als
       medizinische Ratschläge zu geben. […] Manchmal reicht aber auch eine
       Stunde nicht aus, einen pubertierenden Jugendlichen zu überzeugen, dass
       er in Zukunft vermeiden sollte, eine Literflasche „süße Cola“ auf einmal leer
       zu trinken, dass er mehr als zweimal pro Woche Blutzucker messen und
       häufiger als einmal täglich Insulin spritzen sollte, und dass es für eine
       Beratung enorm hilfreich wäre, ein Diabetes-Tagebuch zu führen. […]
       Altersgemäße         Schulungen     sind        besonders       wichtig.      […]
       (http://www.barmherzige-regensburg.de/1255.html; 24.04.2012)

Diabetesschulung im Landeskrankenhaus Salzburg:
Wenn die Diagnose Diabetes Typ I gestellt wird, werden die Betroffenen im
Krankenhaus auf der Jugendmedizin aufgenommen. Im Durchschnitt dauert der
Aufenthalt 14 Tage. In Anhang zwei befindet sich der Schulungsplan der
Diabetesambulanz. Unabhängig vom Alter werden die Eltern der Betroffenen
ebenfalls aufgenommen. Dadurch wird nicht nur der Jugendliche geschult,
sondern seine Eltern können von Anfang an dabei bleiben und werden in die
Therapie     involviert.   Im   Rahmen   der   Schulung,       die   während      diesem
Krankenhausaufenthalt stattfindet, werden mehrere Gespräche geführt. Es werden
die Ursachen des Diabetes und die Therapie genau besprochen. Es kommt
mindestens zwei Mal eine Diätologin, die eine Schulung bezüglich der Ernährung

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durchführt. Nach ungefähr drei Monaten wird den Familien eine Nachschulung
angeboten, wobei dazwischen auch die Möglichkeit besteht sich bei Fragen oder
Unklarheiten beim Personal zu melden. Der Umgang mit den verschieden Geräten
wird    geübt.     Die     Jugendlichen   und   ihre     Eltern   lernen   mit     den
Blutzuckermessgeräten, den Teststreifen und den Insulinpens umzugehen.
Außerdem werden ihnen die Werte die in Zusammenhang mit dem Diabetes
stehen genau erklärt. Ein weiterer Punkt ist die Schulung des Insulinspritzens und
das Herausfinden, was für den Betroffenen die passende Dosis beziehungsweise,
das passende Insulin ist. Die Interventionen bei einer Notsituation erlernen die
jungen Diabetiker und ihre Angehörigen ebenfalls. Eine Schwangerschaft sollte
bei Diabetikerinnen immer geplant sein, daher ist es wichtig mit Mädchen über
dieses Thema zu sprechen. Das Team der Diabetesambulanz besteht neben den
Ärzte    aus     Diabetesberatern,    Diätologinnen,   Sozialarbeitern,    Klinischen
Psychologen und einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Gegen Ende
des Aufenthalts werden die meisten Jugendlichen für eine Testphase, für einen
Nachmittag oder für eine Nacht, nach Hause geschickt, um den Umgang mit ihrer
Erkrankung in ihrem häuslichen Umfeld zu erproben. Nach der Entlassung ist die
erste Kontrolle nach circa drei bis fünf Tagen, dann alle ein bis zwei Wochen.
Dieser Abstand wird bis maximal alle acht bis zehn Wochen gesteigert. Bei einem
Kontrolltermin kommt der Jugendliche zu einer Krankenschwester und zu einer
Ärztin um ein Gespräch zu führen. Besonders wichtig ist es, die Familie mit
einzubeziehen und gut aufzuklären. In Salzburg gibt es eine Selbsthilfegruppe die
vom Österreichischen Diabetes Verband (ÖDV) gegründet wurde.
Eine weitere Unterstützung für zu Hause, sind die Diabetes Nanny, die es seit
März 2011 in Salzburg gibt. Diese Organisation wurde von Ulli Humpelt, einer
ehemaligen       Diplomkrankenschwester      aus   der      Diabetesambulanz,       mit
Unterstützung des ÖDV ins Leben gerufen. In Österreich gibt es derzeit vier
Diabetes Nannys, davon eine in Tirol und die anderen drei in Salzburg. Sie helfen
bei medizinischen, psychischen und sozialen Anliegen. Diese Leistungen werden
von der Gebietskrankenkasse bezahlt. Außerdem machen sie Aufklärungen in
Kindergärten und Schulen. Diese Vorträge werden vom ÖDV gesponsert.

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5.2    Tipps für Eltern

Nach der Erstmanifestation beginnt für die Eltern eine schwierige Zeit. Sie müssen
lernen mit der Erkrankung ihres Kindes umzugehen. Denn erst wenn die Eltern die
Erkrankung ihres Kindes akzeptiert haben, können sie dieses unterstützen. (Vgl.
Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 23)
Nun wird auf die einzelnen Punkte eingegangen, die für die Eltern in der
Bewältigung der Erkrankung ihrer Kinder wichtig ist.

Ängste abbauen:
Nach der Diagnose Diabetes entstehen bei den Eltern häufig Ängste wegen
Unsicherheiten oder mangelndem Wissen. Es ist besonders wichtig, dass die
Eltern immer wieder Fragen stellen und ausführliche Informationen erhalten. Sie
können sich die aufkommenden Fragen notieren, da sie diese häufig bis zum
nächsten Besuch in der Diabetesambulanz meist vergessen haben. Über die
Ursachen des Diabetes reden und sie aufklären ist Aufgabe des Diabetesteams.
Besonders zu betonen ist, dass der Ausbruch eines Typ I Diabetes nicht
verhindert werden kann. Der Typ II Diabetes von älteren Familienmitgliedern hat
nichts mit dem Typ I Diabetes des Jugendlichen zu tun!
Die Behandlung des Diabetes soll nicht den Tagesablauf bestimmen, sondern in
den gewohnten Tagesablauf integriert werden. Bei Jugendlichen spielt der
Schmerz beim Spritzen des Insulins eine geringere Rolle, als die „lästige“
Mitnahme der Utensilien zur Behandlung. Bei einer gut eingestellten Therapie sind
die Zukunftsaussichten sehr gut. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 23 -24)

Überforderung vermeiden:
Zu Beginn wollen Eltern alles über Diabetes wissen und lassen sich von
Informationen und Fachbegriffen überschütten. Nach der Diagnose sollten sich die
Eltern und Jugendlichen Zeit nehmen den ersten Schock zu überwinden und die
eigenen Gefühle zu ordnen. Die Diabetestherapie muss Schritt für Schritt erlernt
werden. Zuerst erfolgt die Auseinandersetzung mit den wichtigsten Grundlagen
und danach erst die Beschäftigung mit den Feinheiten der Therapie. Ein Risiko ist
das Internet, da viele Informationsquellen veraltet sind oder Therapievorschläge
die „Heilung“ um viel Geld versprechen. Es sollte nicht zu viel im Internet

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recherchiert werden. Bei Unsicherheiten kann einfach eine Kontaktaufnahme mit
dem Diabetesteam erfolgen. Die ersten Behandlungsmonate verlaufen meist
unkompliziert, da der Körper selbst noch Insulin ausschüttet. Falls trotzdem das
Gefühl der Überforderung besteht, sollte Unterstützung bei Psychologen und
Sozialarbeitern gesucht werden. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange, 2012, S. 24-25)

Gelassenheit wiederfinden:
In der Gegenwart zu leben und nicht zu viel über die Zukunft nachzudenken hört
sich einfach an, aber dazu wird Unterstützung zum Beispiel von einem Partner
oder einer Vertrauensperson benötigt, mit dem über die eigenen Gefühle und
Ängste gesprochen werden kann. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass sich die
Eltern Zeit für sich selbst nehmen sollten um die Diagnose zu verkraften.
Vergleiche mit anderen Eltern zu machen bringt die betroffenen Eltern nicht weiter.
Jeder reagiert anders. Hilfreich können Selbsthilfegruppen, Kontakt zu anderen
betroffenen Eltern oder Internetforen sein. Wobei bei Internetseiten immer auf die
Vertrauenswürdigkeit geachtet werden muss. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange,
2012, S. 25-26)

Jugendliche einfühlsam begleiten:
Die Verzweiflung der Eltern verstärkt die Angst ihrer Kinder, daher ist es nach der
Erstmanifestation wichtig die Eltern zu unterstützen, dass diese wieder ihr
seelisches Gleichgewicht erlangen. Im Krankenhaus werden die Eltern mit
aufgenommen, damit sie für ihr Kind da sein können. Dem Jugendlichen sollen die
Schuldgefühle genommen werden. Ein an Diabetes erkrankter Jugendlicher
besteht nach der Diagnose nicht aus der Erkrankung, es ist „nur“ eine neue
Eigenschaft. Ein Jugendlicher der an Diabetes erkrankt, soll nie wie ein Kleinkind
behandelt werden. Kein Mitleid sondern Verständnis für ihn ist in dieser Zeit
wichtig. Wenn der Jugendliche den ersten Schock nach der Diagnose überwunden
hat, entsteht ein Wissensdrang, welcher zu unterstützt ist, denn dies stärkt das
Selbstbewusstsein.         Außerdem   dürfen   in   dieser   Ausnahmesituation   die
Geschwisterkinder nicht vergessen werden. (Vgl. Hürter, von Schütz, Lange,
2012, S. 27-28)

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