DIE BEGLEITUNG STERBENDER - UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER - spitalseelsorge.ch

Die Seite wird erstellt Volker Henke
 
WEITER LESEN
DIE BEGLEITUNG STERBENDER - UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER - spitalseelsorge.ch
DIE BEGLEITUNG STERBENDER
UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND F­ REIWILLIGE ­HELFERINNEN UND HELFER

                                                            1. Auflage 2019
DIE BEGLEITUNG STERBENDER - UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER - spitalseelsorge.ch
DIE BEGLEITUNG STERBENDER - UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER - spitalseelsorge.ch
DIE BEGLEITUNG STERBENDER |
                                                                               UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND
                                                                               FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER

1. Einleitung........................................................................................................................................................... 4
Kurzeinführung für Angehörige...........................................................................................................................................................4
Kurzeinführung für freiwillige Helferinnen und Helfer..............................................................................................................4

2. Ist es jetzt soweit?...............................................................................................................................................5
Wann beginnt das Sterben?................................................................................................................................................................... 5
Prozess des Abschieds und Wandels................................................................................................................................................... 5

3. Was noch zu tun bleibt...................................................................................................................................... 6
Patientenverfügung...................................................................................................................................................................................6
Finanzielle und rechtliche Fragen........................................................................................................................................................ 7
Sterbeort und Umgebungs­gestaltung.............................................................................................................................................. 7
Begleitung in einer Institution ............................................................................................................................................................. 7
Begleitung zu Hause..................................................................................................................................................................................8
Vorausschauende Planung ....................................................................................................................................................................8
Seelsorge.........................................................................................................................................................................................................8
Rituale..............................................................................................................................................................................................................9
Wünsche über den Tod hinaus..............................................................................................................................................................9

4. Hilfreiche Massnahmen....................................................................................................................................10
Ich würde gerne etwas tun – aber was?..........................................................................................................................................10
Hunger und Durst ...................................................................................................................................................................................10
Veränderter Stoffwechsel......................................................................................................................................................................10
Müdigkeit, Ruhebedürfnis und Rückzug ......................................................................................................................................... 11
Veränderte Wahrnehmung und Kommunikation........................................................................................................................ 11
Veränderte Atmung..................................................................................................................................................................................12
Die letzten Stunden und Minuten......................................................................................................................................................12

5. Abschied und Trauer . .......................................................................................................................................14
Versorgung der verstorbenen P                         ­ erson............................................................................................................................................... 14
Aufbahrung..................................................................................................................................................................................................15
Trauer .............................................................................................................................................................................................................15
Finanzielle Sorgen......................................................................................................................................................................................15
Abschlusswort.............................................................................................................................................................................................15

6. Links und Literaturhinweise.............................................................................................................................16

Mitglieder der Arbeitsgruppe.............................................................................................................................................................. 18

                                                                                                                                                                                                                  3
DIE BEGLEITUNG STERBENDER - UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER - spitalseelsorge.ch
1. Einleitung
Liebe Angehörige und                                   – «Fachpersonen»: Damit sind alle involvierten,
liebe freiwillige Helferinnen und Helfer                 professionellen Dienste gemeint, u. a. Ärztinnen
                                                         und Ärzte, Pflegefachpersonen, Seelsorgerinnen
Die letzten Tage des Lebens sind kostbar. Oft erin­
                                                         und Seelsorger, Therapiefachleute und soziale
nern sich Hinterbliebene noch im Detail daran. Es
                                                         Dienste.
ist uns ein Anliegen, dass Sie als Angehörige und
freiwillige Helferinnen und Helfer diese Zeit mög­
lichst bewusst und angstfrei erleben können. Wich­     Kurzeinführung für Angehörige
tige Themen wie Unterstützungsmöglichkeiten,
                                                       Die Zeit des Abschiednehmens und des Trauerns
­Patientenverfügung, Zeitgestaltung oder Admini­
                                                       ist intensiv und kräfteaufwendig. Die Struktur der
 stration werden in dieser Broschüre aufgegriffen.
                                                       ­Familie und die Rollen ihrer Mitglieder verändern
 Sie beschreibt ebenfalls mögliche Veränderungen
                                                        sich dabei. Wir empfehlen Ihnen eine frühzeitige
 und Symptome am Ende des Lebens sowie Mass­
                                                        Inanspruchnahme professioneller Unterstützung.
 nahmen zu deren Linderung. Auch Abschied und
                                                        Indem Sie alltägliche Verrichtungen und Pflege­
 Trauer sind ein Thema.
                                                        tätigkeiten abgeben, bleibt Ihnen mehr Zeit für
Die Inhalte sind bewusst allgemein gehalten. Jede       ­Wesentliches: Wertvolle Zeit, welche Sie noch mit
Situation ist einzigartig. Deshalb empfehlen wir         der/dem Betroffenen in Ihrer Funktion als Freund(in)
­Ihnen einen regelmässigen Austausch mit Fachper­        oder Verwandte(r) verbringen können oder in der
 sonen und mit Ihrem Umfeld. Holen Sie sich die          Sie die Gelegenheit haben, Wichtiges zu klären und
 ­Unterstützung, die Sie brauchen.                       zu organisieren (mehr dazu in Kapitel 3). Sich selbst
                                                         Grenzen einzugestehen und Hilfe anzunehmen, sei
In dieser Broschüre werden folgende Begriffe ver­
                                                         es von Bekannten oder Fachpersonen, bedeutet kein
wendet:
                                                         Versagen, sondern schafft Raum.
– Als «Betroffene» bezeichnen wir sterbende
  ­Personen.
                                                       Kurzeinführung für freiwillige
– Zu den «Angehörigen» zählen Personen, welche         Helferinnen und Helfer
  den Betroffenen verwandtschaftlich oder freund­
                                                       Sie leisten einen wertvollen Dienst. Ihre Anwesen­
  schaftlich nahestehen.
                                                       heit kann unter anderem Ängste von Betroffenen
– Unter «Freiwilligen Helferinnen und Helfern»         lindern und Angehörigen eine wichtige Auszeit er­
  verstehen wir Personen, welche Betroffenen und       möglichen. Als freiwillige Helferinnen und Helfer
  ihren Angehörigen unentgeltlich beistehen. Sie       sind Sie mit den unterschiedlichsten Situationen
  sind zum Beispiel anwesend, wenn Angehörige          konfrontiert und erleben aus nächster Nähe das
  nicht vor Ort sein können, eine Auszeit benötigen    Leid und die Trauer von Betroffenen und deren An­
  oder wenn keine Angehörigen vorhanden sind.          gehörigen mit. Die intensiven Begegnungen kön­
                                                       nen emotional und energiezehrend sein. Wir emp­
– Der Begriff «Sterbephase» bezieht sich auf die
                                                       fehlen Ihnen einen engen Austausch mit Ihrem
  letzten 4–7 Tage des Lebens. Die Sterbephase ist
                                                       persönlichen Umfeld und Fachpersonen. Berichten
  Teil des Sterbeprozesses.
                                                       Sie von Ihren Erlebnissen und holen Sie sich Unter­
– Der Begriff «Sterbeprozess» bezieht sich nicht nur   stützung in Situationen, in denen Sie sich unsicher
  auf die letzten Tage des Lebens. Er beginnt je       fühlen. Die Informationen zum Sterbeprozess in
  nach Krankheitsverlauf bereits viel früher. Das      dieser Broschüre können Ihnen helfen, Situationen
  können Wochen oder Monate vorher sein.               besser einzuordnen und damit Ihre Tätigkeit mit
                                                       grösserer Sicherheit auszuführen.

 4
DIE BEGLEITUNG STERBENDER - UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER - spitalseelsorge.ch
DIE BEGLEITUNG STERBENDER |
                                         UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND
                                         FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER

2. Ist es jetzt soweit?
Wann beginnt das Sterben?                                   Prozess des Abschieds und Wandels
Auch wenn Sterben für viele gleichbedeutend ist             Sterben ist ein Prozess des Abschieds, des Ablösens
mit Tod, ist der Sterbeprozess ein Teil des Lebens.         und des Wandels: Die Betroffenen lösen sich von
Er beginnt in der letzten Lebensphase und endet             ihren Mitmenschen, den Lebensaktivitäten und ih­
mit dem Übergang vom Leben in den Tod.                      ren Körperfunktionen. Manchmal vollzieht sich
                                                            auch ein innerer Wandel. Der Fokus kann sich stär­
Der Tod kann sehr plötzlich und ohne vorangehende
                                                            ker auf die Nächsten und deren Wohlbefinden rich­
Anzeichen eintreten, beispielsweise als Folge eines
                                                            ten als auf sich selbst. Einige Betroffene machen
akuten Organversagens (z.B. Herzinfarkt). Wenn
                                                            spirituelle Erfahrungen, haben Visionen oder Träu­
eine Erkrankung jedoch stetig voranschreitet, das
                                                            me, die ­bedeutungsvoll sind und sie auf den Über­
heisst einen chronischen Verlauf nimmt, gibt es
                                                            gang vom Leben in den Tod vorbereiten.
meist bestimmte Phänomene und Anzeichen, die
darauf hindeuten, dass sich die/der Betroffene
im Sterbeprozess oder in der akuten Sterbephase
befindet (mehr dazu in Kapitel 4). Die Dauer dieses
Prozesses ist individuell und von verschiedenen
­Faktoren abhängig. Deshalb ist die Frage nach der
 Prognose oder der noch verbleibenden Lebenszeit
 selbst für erfahrene Fachpersonen schwierig und
 nicht mit Sicherheit zu beantworten.

                                                                                                             5
DIE BEGLEITUNG STERBENDER - UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER - spitalseelsorge.ch
3. Was noch zu tun bleibt
Wie in Kapitel 2 beschrieben, ist die Dauer des Ster­   Patientenverfügung
beprozesses sehr unterschiedlich. Schreitet die Er­
                                                        Eine Patientenverfügung gehört zur vorausschauen­
krankung schnell voran, wird er unter Umständen
                                                        den Planung. Sie kommt zur Anwendung, wenn
erst spät erkannt und die/der Betroffene befindet
                                                        ­Betroffene ihre Wünsche selbst nicht mehr mitteilen
sich bereits in der Sterbephase. Dann bleibt nicht
                                                         können und/oder urteilsunfähig sind. Es gibt viele
mehr viel Zeit für Planung, Gespräche und Organi­
                                                         verschiedene Verfügungsmöglichkeiten. Wir emp­
sation. Emotionen, Fragen und Sorgen können Sie
                                                         fehlen Ihnen, sich bei der Wahl der Verfügung und
als Angehörige förmlich überrollen. Je früher allen
                                                         bei ihrer Erstellung professionelle Unterstützung zu
Beteiligten klar ist, dass sich die/der Betroffene im
                                                         holen. Das Wissen darüber, was auf die Betroffene/
Sterbeprozess befindet, desto eher ist eine voraus­
                                                         den Betroffenen zukommen kann (ärztliche Progno­
schauende Planung möglich. Je nach Situation
                                                         se), wird dabei helfen, die Verfügung aussagekräftig
braucht es auch eine Priorisierung der Dringlich­
                                                         zu gestalten. Auch Wünsche in Bezug auf die Be­
keiten. Klären Sie offene Fragen und planen Sie
                                                         erdigung oder die Kleidung, welche die/der Betroffe­
­gemeinsam die nächsten Schritte.
                                                         ne nach dem Versterben angezogen haben möchte,
                                                         dürfen darin aufgeführt werden.
                                                        Befindet sich die/der Betroffene bereits in der Sterbe­
                                                        phase und sind keine Wünsche festgehalten, gibt es
                                                        möglicherweise Hinweise, die sich aus ihrer/seiner
                                                        Biographie oder früheren Aussagen zu Sterben und
                                                        Tod erschliessen und die helfen, Entscheidungen
                                                        zu treffen und Betreuungsmassnahmen zu planen.
                                                         Sprechen Sie mit Ihrem Umfeld.

 6
DIE BEGLEITUNG STERBENDER - UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER - spitalseelsorge.ch
DIE BEGLEITUNG STERBENDER |
                                        UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND
                                        FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER

Hinweis: Im Erwachsenenschutzgesetz sind die ge­           Sterbeort und Umgebungs­
setzlichen Vertretungsrechte in Bezug auf medi­            gestaltung
zinische Massnahmen bei urteilsunfähigen Patien­
                                                           Die Wünsche der Betroffenen bezüglich des Sterbe­
tinnen und Patienten geregelt. Die Reihenfolge der
                                                           ortes sind unterschiedlich. Ein Gespräch darüber
vertretungsberechtigten Personen lautet wie folgt:
                                                           lohnt sich, um Erwartungen, Wünsche aber auch
1. die in einer Patientenverfügung oder in einem           Ängste der/des Betroffenen und von Ihnen als An­
   Vorsorgeauftrag bezeichnete Person;                     gehörige offen zu legen. Wir empfehlen Ihnen zu­
                                                           sammen mit allen Beteiligten abzuwägen, ob die
2. die Beiständin oder der Beistand (wenn eine
                                                           letzten Tage zu Hause, in einem Heim, Spital oder
   ­Vertretungsberechtigung bei medizinischen
                                                           Hospiz verbracht werden sollen. Nicht in jedem Fall
    Massnahmen besteht);
                                                           erweist sich der gewünschte Sterbeort schlussend­
3. die Ehegattin/der Ehegatte oder die eingetra­           lich als geeignet, beispielsweise dann, wenn das
   gene Partnerin/der eingetragene Partner, wenn           Leiden mit den geplanten Massnahmen nicht mehr
   ein gemeinsamer Haushalt mit der urteilsun­             ausreichend gelindert werden kann oder Sie als An­
   fähigen Person besteht oder ihr regelmässiger           gehörige selbst eine Entlastung benötigen. Die gute
   und persönlicher Beistand geleistet wird;               Betreuung der/des Betroffenen und der verantwor­
                                                           tungsvolle Umgang mit den eigenen Ressourcen ist
4. die Person, die mit der urteilsunfähigen Person
                                                           wichtiger als die Idealvorstellung des Sterbeortes.
   einen gemeinsamen Haushalt führt und ihr
   ­regelmässigen und persönlichen Beistand leistet;
5. die Nachkommen (wenn sie regelmässigen und
                                                           Begleitung in einer Institution
   persönlichen Beistand leisten);                         Vor dem Aufenthalt in einem Heim, Spital oder
                                                           ­Hospiz können Sie sich als Angehörige nach folgen­
6. die Eltern (wenn sie regelmässigen und persön­
                                                            den Möglichkeiten erkundigen:
   lichen Beistand leisten);
                                                           – Mithilfe bei der Pflege
7. die Geschwister (wenn sie regelmässigen und
   persönlichen Beistand leisten).                         – Gestaltung des Zimmers
                                                           – Abschiedsfeiern und Rituale mit der Fachperson
Finanzielle und rechtliche Fragen                            der Seelsorge, einer Vertreterin oder einem Ver­
                                                             treter Ihrer Religion oder Glaubensrichtung oder
Wenn es Fragen und Anliegen zum Erbrecht gibt
                                                             einer anderen, gewünschten Begleitperson
(z.B. Abfassung und Beurkundung eines Testaments)
oder Familienrecht (z. B. Ehevertrag oder Vorsorge­        – Günstigen Besprechungszeiten mit den Fach­
vollmacht), kann die Beiziehung einer Notarin/eines          personen
Notars sehr hilfreich sein.
                                                           – Übernachtungsmöglichkeiten
Bei finanziellen Fragen erteilen Sozialberaterinnen
                                                           – Bezug von Essen und Getränken
und Sozialberater Ihnen gerne Auskunft, beispiels­
weise über IV-Anmeldung, Krankentaggeldversiche­           – Ruhezonen ausserhalb des Zimmers
rung, anfallende Kosten durch Dienstleistungen im
                                                           – Kosten für einen Parkplatz
ambulanten Bereich (z.B. Spitex) oder anderes. Sie
können Sie bei administrativen Arbeiten auch ganz
konkret unterstützen.

                                                                                                            7
DIE BEGLEITUNG STERBENDER - UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER - spitalseelsorge.ch
Begleitung zu Hause                                       Vorausschauende Planung
Wir empfehlen Ihnen eine sorgfältige Planung mit          Ein vorsorglich ausgearbeiteter und besprochener
Fachpersonen, wenn Sie eine Betroffene/einen Be­          Betreuungs- und Notfallplan ermöglicht eine würde­
troffenen zu Hause begleiten und betreuen möchten.        volle Begleitung von Betroffenen in den letzten
Sie sollten jederzeit Unterstützung anfordern und         ­Lebenstagen zu Hause, im Spital, einem Heim oder
auf Rufnummern für Fragen und Notfälle zurück­             einem Hospiz. Darin enthalten sind medikamentöse,
greifen können. Es gibt Dienste, welche rund um die        pflegerische und weitere Handlungsanweisungen,
Uhr kontaktiert werden können. Sind verschiedene           welche bei erwarteten oder unerwarteten Zustands­
Dienste involviert, klären Sie die Zuständigkeiten.        veränderungen zur Anwendung kommen können.
Besprechen Sie mit der Spitex, welche Pflegeuten­          Der Betreuungs- und Notfallplan wird in Zusam­
silien und welches Mobiliar (z.B. ein höhenverstell­       menarbeit mit dem Arzt, dem Pflegeteam und Ihnen
bares Bett) nötig sind.                                    erstellt. Ein solcher Plan ist ein hilfreiches Instru­
                                                           ment für die Zusammenarbeit zwischen Ihnen, den
Nehmen Sie auch Unterstützung aus Ihrer nächsten
                                                           verschiedenen medizinischen Fachpersonen und
Umgebung an. Oft helfen Freunde und Nachbarn
                                                           den weiteren Betreuungspersonen. Er gibt Sicher­
gerne, wagen aber nicht, ihre Hilfe anzubieten. Vieler­
                                                           heit und ermöglicht, dass alle Beteiligten über das
orts gibt es auch freiwillige Begleitpersonen, die sich
                                                           Wichtigste informiert sind und so zielgerichtet
gerne Zeit für Sie nehmen. Ein Wochenplan kann
                                                           handeln können.
für die Koordination hilfreich sein. Achten Sie darauf,
dass Sie auch für sich selbst Zeit einplanen.
– Neben der privaten Kinderbetreuung durch Fa­
                                                          Seelsorge
  milie und Freunde gibt es gemeindespezifische           Zur Unterstützung der/des Betroffenen und der
  Angebote (z. B. Leihgrosseltern, Kinderbetreu­          ­Angehörigen kann jetzt ein guter Zeitpunkt sein,
  ungsdienste oder Mittagstische). Erkundigen Sie          die Seelsorge einzubeziehen. Zuhause können Sie
  sich bei Gemeinden und Schulen.                          auf die lokalen Ansprechpersonen Ihrer Gemeinde
                                                           zurückgreifen. Im Spital, Heim, Hospiz und auch
– Einkaufen, Botengänge oder ein Hundespazier­
                                                           bei einigen ambulanten Diensten steht Ihnen eine
  gang sind einfache Aufgaben, die gerne von an­
                                                           Fachperson der Seelsorge zur Verfügung. Sie ar­
  deren übernommen werden.
                                                           beitet überkonfessionell und vermittelt auf Wunsch
– Nehmen Sie, wenn Sie mögen, persönliche Termi­           auch Kontakte zu Vertreterinnen und Vertretern
  ne wie z.B. Coiffeur, Chorsingen, Sport oder Kino        verschiedener Religions- und Glaubensrichtungen.
  wahr. Wenn Sie sich selbst etwas Gutes gönnen,           Die Fachperson der Seelsorge kann mit der/dem
  können Sie wieder Kraft schöpfen.                        ­Betroffenen über die letzten Fragen, Ängste und
                                                            Hoffnungen sprechen. Dabei können seelische
– Gegen Einsamkeit helfen Gespräche mit ver­
                                                            Nöte, psychische Belastungen oder der Wunsch nach
  trauten Personen. Bitten Sie jemanden zu sich
                                                            einer friedvollen, tröstlichen Begleitung zur Sprache
  nach Hause. Das ermöglicht Ihnen den Kontakt
                                                            kommen. Auch Angehörigen steht das seelsorgerli­
  nach aussen bei gleichzeitiger räumlicher Nähe
                                                            che Gespräch offen. Gebete, das Vorlesen religiöser/
  zur/zum Betroffenen.
                                                            spiritueller Texte oder ein Abschiedsritual können
                                                            Betroffene und Angehörige, auch unabhängig von
                                                            ihrer persönlichen Glaubensrichtung, stärken und
                                                            trösten.

 8
DIE BEGLEITUNG STERBENDER |
                                        UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND
                                        FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER

Rituale                                                    Wünsche über den Tod hinaus
Am Sterbebett sind die Beteiligten oft von starken         Für eine Abdankung, Abschiedsfeier oder Beerdigung
Gefühlen bewegt und es fehlen die Worte. Rituale           können individuelle Wünsche mit den zuständigen
vermitteln hier Sicherheit und Trost. Die Fachperson       Ansprechpersonen bereits im Voraus geregelt werden.
der Seelsorge kann Ihnen verschiedene, individuell
                                                           Falls eine Rückführung in das Heimatland gewünscht
angepasste Möglichkeiten anbieten. Jeder Mensch
                                                           ist, sollte das frühzeitig geplant werden. Das zu­
und jede Familie kennt und praktiziert jedoch auch
                                                           ständige Zivilstandsamt oder ein Bestattungsun­
persönliche Rituale, seien sie nun alltäglicher oder
                                                           ternehmen geben Auskunft.
spiritueller Natur. Wenn Sie unsicher sind, wie Sie
ein solches Ritual in einem Spital, Heim oder Hospiz
umsetzen können, wenden Sie sich an die entspre­
chenden Fachpersonen, die Sie gerne dabei unter­
stützen.

                                                                                                           9
4. Hilfreiche Massnahmen
Ich würde gerne etwas tun –                            Wenden Sie sich an eine Fachperson, falls Sie beob­
aber was?                                              achten, dass sich die/der Betroffene beim Essen oder
                                                       Trinken verschluckt, hustet oder sich oft räuspert.
Möchten Sie als Angehörige oder freiwillige Helfe­
rinnen und Helfer gerne dazu beitragen, Leiden zu
                                                       Gelüste stillen
lindern, fühlen sich jedoch unsicher, überfordert
                                                       – Meistens werden kalte, leicht zu schluckende
oder hilflos? Diese Gefühle sind verständlich. Die
                                                         Nahrungsmittel und Getränke bevorzugt (z.B.
Sterbephase ist geprägt von Veränderungen, die
                                                         Glacé, Joghurt, Kompott).
den Körper, das Bewusstsein, die Bedürfnisse und
auch das Verhalten der Betroffenen betreffen.          – Verwenden Sie kleine Tee- oder Mokkalöffel,
Wir möchten in diesem Kapitel auf mögliche Ver­          weil grosses Besteck Brechreiz auslösen kann.
änderungen eingehen und Ihnen praktische Mass­
                                                       – Bieten Sie mehrmals kleinste Portionen an
nahmen zur Symptomlinderung aufzeigen. Die
                                                         (2–3 Löffel genügen oft).
im Folgenden aufgeführten Symptome stellen in
ihrer Gesamtheit eine Übersicht dar, die Ihrer
                                                       Gegen den trockenen Mund
­Orientierung dienen soll. Sie müssen nicht alle
                                                       – Kleine Mengen vom Lieblingsgetränk können via
 ­eintreten. Die Sterbephase kann auch ruhig und
                                                         Strohhalm in die Backentasche geträufelt werden.
  einfach verlaufen.
                                                       – Sprühen Sie das Lieblingsgetränk mit einem
Neben hilfreichen Medikamenten ist Zuwendung
                                                         Mundspray auf die Zunge.
in verschiedenster Form das Wichtigste. Ihr Dasein
zählt.                                                 – Schieben Sie Eiswürfelchen in die Backentasche.
                                                         Eiswürfelchen lassen sich aus fast allem herstel­
Zur Situationseinschätzung empfiehlt sich der regel­
                                                         len: Fruchtsaft, Cola, Tee, Bier, etc.
mässige Austausch mit Fachpersonen. Planen Sie
mit ihnen allfällige Massnahmen. Äussern Sie, welche   – Lassen Sie die/den Betroffenen an einem feuch­
Aufgaben Sie gerne übernehmen möchten, ohne              ten Schwamm oder Waschlappen saugen. Wenn
dass Sie dabei Ihre eigene Belastungsgrenze über­        die/der Betroffene darauf beisst, warten Sie ein­
schreiten.                                               fach, bis sie/er wieder loslässt.

                                                       Gegen trockene Lippen
Hunger und Durst                                       – Verwenden Sie eine fettende Salbe oder Öle mit
In den letzten Lebenstagen verschwindet das Hunger­      verschiedenen Geschmacksrichtungen.
gefühl bei den Betroffenen meist völlig. Das ist
­normal. Der Körper kann die zugeführte Nahrung
 kaum mehr verwerten. Machen Sie sich deshalb
                                                       Veränderter Stoffwechsel
 keine Sorgen, dass sie oder er verhungern könnte.
                                                       Blutkreislauf
 Werden Gelüste geäussert, dürfen Sie diese nach
                                                       Der Blutkreislauf konzentriert sich mehr und mehr
 Möglichkeit gerne erfüllen. Das Bedürfnis nach
                                                       auf die zentralen Organe (v.a. Herz und Hirn). Dadurch
 Flüssigkeit kann in den letzten Lebenstagen eben­
                                                       können sich die Arme und Beine der/des Betroffe­
 falls schwinden. Einige Betroffene leiden jedoch
                                                       nen kühl anfühlen und bläuliche Stellen aufweisen.
 trotzdem unter einem starken Durstgefühl. Das ist
                                                       Diese Veränderungen bedeuten nicht, dass Kälte
 vor allem auf trockene Schleimhäute im Mund zu­
                                                       empfunden wird. Probieren Sie aus: Wie scheint es
 rückzuführen. Linderung verschafft hier eine regel­
                                                       ihr/ihm am wohlsten zu sein?
 mässige Mundpflege.

 10
DIE BEGLEITUNG STERBENDER |
                                           UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND
                                           FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER

Fieber                                                        Besuchszeiten zu planen und einzuteilen, damit
Fühlt sich die Haut heiss an, könnte Fieber die Ur­           keine Überforderung entsteht.
sache sein. Eine medikamentöse Fiebersenkung
                                                              Wenn die/der Betroffene über längere Zeit nicht
kann aber unter Umständen viel körperlichen Stress
                                                              mehr aufstehen mag oder kann, achten Sie darauf,
verursachen. Scheinen Betroffene nicht darunter
                                                              dass es ihr/ihm möglichst wohl ist. Helfen Sie ihr/
zu leiden, empfehlen wir Zurückhaltung bezüglich
                                                              ihm, sich in eine andere Position zu bringen und
fiebersenkenden Medikamenten. Scheinen Be­
                                                              ­informieren Sie auf jeden Fall eine Fachperson der
troffene durch das Fieber gestresst, sollte es lang­
                                                               Pflege, um geeignete Massnahmen einzuleiten,
sam gesenkt werden, z. B. mit Fieberwaschung oder
                                                               ­damit keine Druckstellen entstehen.
Wickeln. Die Wärme des Wassers sollte dabei nicht
mehr als 0.5 °C unter der Körpertemperatur liegen.
Auch fiebersenkende und schmerzlindernde Medi­                Veränderte Wahrnehmung und
kamente sollten bei Bedarf eingesetzt werden, um              Kommunikation
das Unwohlsein zu lindern.
                                                              Verschiedene Ursachen können bei den Betroffenen
                                                              veränderte Wahrnehmungszustände und/oder Un­
Ausscheidung
                                                              ruhe am Lebensende verursachen. Damit verbunden
Die Menge an Urin nimmt in den letzten Lebens­
                                                              kann auch die Kommunikation erschwert sein.
tagen ab. Er erscheint dunkler und riecht intensiver.
                                                              Die zeitliche, örtliche und situative Orientierung
Es kann vorkommen, dass sich dadurch ein beson­
                                                              der Betroffenen ist oft vermehrt eingeschränkt. Das
derer Körpergeruch entwickelt, den manche als
                                                              kann zu Unruhe führen. Lassen Sie die Alltagsge­
­unangenehm empfinden. Ist der Gang zur Toilette
                                                              schäfte, auch um die Betroffene/den Betroffenen
 sehr anstrengend oder lässt sich die Ausscheidung
                                                              herum, wie gewohnt weiterlaufen. Routine wirkt
 nicht mehr kontrollieren, gibt es ein breites Ange­
                                                              beruhigend. Viele Betroffene empfinden es auch als
 bot an Produkten und Massnahmen. Die Fachper­
                                                              beruhigend, wenn jemand im Zimmer einfach
 sonen der Spitex unterstützen Sie gerne bei der
                                                              ­anwesend ist, ohne viel zu reden. Halten Sie einen
 Auswahl, Organisation und Anwendung der ent­
                                                               Tages- und Nachtrhythmus aufrecht, indem Sie das
 sprechenden Hilfsmittel.
                                                               Zimmer nicht verdunkeln. Benennen Sie Tag und
                                                               Uhrzeit und erklären Sie, welche Pflegeverrichtungen
Müdigkeit, Ruhebedürfnis und                                   oder andere Handlungen Sie vornehmen, selbst
Rückzug                                                        dann, wenn die/der Betroffene halbwach, schlafend
                                                               oder im Koma ist. Viele Untersuchungen haben
Der Fokus der Betroffenen richtet sich immer mehr
                                                               ­gezeigt, dass Sterbende bis fast zuletzt hören und
nach «innen». Sie ziehen sich oft von den Mit­
                                                                verstehen können, was um sie herum geschieht.
menschen und vom Leben zurück. Die körperlichen
Kräfte lassen nach, die Müdigkeit und das Schlaf­             Unruhe äussert sich manchmal in Bewegungsdrang.
bedürfnis nehmen zu. Alltagstätigkeiten, wie z.B. auf­        Vielleicht versucht die/der Betroffene sich aufzu­
stehen, ein Glas halten oder Zähne putzen, können             richten oder aufzustehen. Es kann in diesem Fall
deshalb möglicherweise nicht mehr ausgeführt                  sinnvoll sein, ein Bewegungsangebot zu machen,
werden. Es kann sein, dass Betroffene phasenweise             vielleicht nach Möglichkeit sie/ihn am Bettrand
nur erschwert oder gar nicht geweckt werden                   aufzusetzen und dabei die Füsse auf den Boden zu
­können, dann aber plötzlich hellwach und orientiert          stellen oder im Bett gemeinsam kleinere Bewegun­
 ­erscheinen. In Zeiten, in denen sie nicht ansprechbar       gen auszuführen.
  sind, können wichtige innere Prozesse ablaufen,
                                                              In einzelnen Fällen kann Unruhe auch zu aggressivem
  die auf den Tod vorbereiten. Manchmal ist es sinnvoll,
                                                              Verhalten führen. Versuchen Sie dann, ruhig zu blei­
                                                              ben und das Verhalten nicht persönlich zu nehmen.

                                                                                                                11
Suchen Sie mit Fachpersonen nach den Gründen.            Sie wenn möglich ruhig. Bringen Sie den Oberkörper
Auch wenn es schwierig ist, zeigen Sie gerade jetzt      der/des Betroffenen in eine erhöhte Position und
Verständnis für die Situation.                           achten Sie darauf, dass der Brustkorb entspannt und
                                                         in offener Haltung ist. Öffnen Sie das Fenster und
Wenn Sie bemerken, dass die Kommunikation zu­
                                                         atmen Sie ruhig vor. Wenn Sie zu Hause sind, zögern
nehmend erschwert ist, empfehlen wir Ihnen die
                                                         Sie nicht, das im Betreuungs- und Notfallplan ver­
Verwendung möglichst einfacher Formulierungen
                                                         ordnete Reservemedikament zu verabreichen. Mor­
und Fragen. Stellen Sie beispielsweise Fragen so,
                                                         phium ist dafür zumeist das Mittel der Wahl. Die
dass sie mit Ja oder Nein beantwortet werden kön­
                                                         vorgeschriebene Anwendung von Morphium (inkl.
nen.
                                                         Reserve) schlägt in der Regel nicht auf den Atem
Es kann vorkommen, dass auch vertraute Personen          und beschleunigt – entgegen landläufiger Meinung
nicht mehr erkannt werden. Das kann schmerzlich          – den Tod nicht. Neben diesen Sofortmassnahmen
sein. Sprechen Sie klar und deutlich und sagen Sie,      sollte nach der Ursache gesucht werden. Ziehen Sie
wer Sie sind. Manchmal wird zwar das Gesicht             umgehend eine Fachperson bei. Dies ermöglicht
nicht erkannt, dafür aber die vertraute Stimme. Es       eine zielgerichtete Behandlung. Eine Sauerstoffab­
ist aber auch möglich, dass die/der Betroffene sich      gabe bringt in der Sterbephase nur selten Erleichte­
in einer anderen Bewusstseinssphäre befindet und         rung, weil die Atemnot nicht in erster Linie durch
selbst mit dieser Hilfestellung nicht angemessen         Sauerstoffmangel entsteht.
reagieren kann. Vertrauen Sie in solchen Situationen
auf Ihre Intuition. Auch Ihr ruhiges Dasein ist eine     Atemgeräusche
wertvolle Unterstützung.                                 Wenn Speichel nicht mehr abgehustet oder ge­
                                                         schluckt werden kann (durch Schwäche, infolge zu­
Möglicherweise hört oder sieht die/der Betroffene
                                                         nehmender Bewusstlosigkeit und Verlust des
Dinge, welche Sie nicht wahrnehmen. Versuchen
                                                         ­Hustenreflexes), entsteht eine geräuschvolle Ein-
Sie nicht, diese Realität auszureden. Hilfreicher ist
                                                          und Ausatmung, die sogenannte «Rasselatmung».
es, daran Anteil zu nehmen und vielleicht nach der
                                                          Erfahrungen zeigen, dass dies für die Betroffenen
Bedeutung zu fragen. Respektieren Sie, dass Ihnen
                                                          weniger belastend ist als für die Umstehenden. In
die/der Betroffene in gewissen Dingen voraus sein
                                                          den meisten Fällen leiden die Betroffenen dabei
könnte und Sie deshalb nicht alles verstehen, was sie
                                                          nicht unter Atemnot. Rückenlagerungen sind aber
oder er sagt.
                                                          in solchen Situationen nicht empfehlenswert, da
                                                          sie die Atmung tatsächlich erschweren können.
Veränderte Atmung                                         Steile Seitenlagerungen hingegen können das Ge­
                                                          räusch teilweise vermindern und den Sekretabfluss
Atemmuster                                                fördern. Die Fachpersonen der Pflege stehen Ihnen
In der Sterbephase können sich Atemmuster mehr­           für weitere, unterstützende Hinweise zur Verfügung.
fach ändern. Atemzüge können schneller, flacher,
oder langsamer sein. Möglicherweise treten Atem­
pausen bis zu 60 Sekunden auf. Diese Verände­
                                                         Die letzten Stunden und Minuten
rungen alleine bedeuten nicht, dass die Betroffenen      Meist können sich Betroffene in den letzten Stunden
Atemnot verspüren.                                       des Lebens nicht mehr verbal mitteilen. Haben Sie
                                                         als freiwillige Helferinnen und Helfer den Eindruck,
Atemnot                                                  dass der Tod demnächst eintritt, kontaktieren Sie
Treten plötzlich deutliche Hinweise auf akute Atem­      die Angehörigen und/oder Fachpersonen. Wenn Sie
not auf (beispielsweise geäusserte Luftnot, schnelle     Angehörige sind, lassen Sie sich nun vor allem von
Atemzüge, angestrengter und/oder ängstlicher             Ihrer Intuition leiten. Welche Bezugspersonen sollen
­Gesichtsausdruck, bläulich verfärbte Lippen), bleiben   kontaktiert werden? Haben Sie den Eindruck, die/

 12
DIE BEGLEITUNG STERBENDER |
                                        UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND
                                        FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER

der Betroffene warte noch auf eine ihm wichtige            gen machen, die Sie tief erschüttern, ergreifen oder
Person? Dann kontaktieren Sie diese nach Möglich­          gar trösten.
keit. Eine dauernde Anwesenheit bei der/dem Be­
                                                           Einige Menschen sterben lieber alleine, dann wenn
troffenen ist nicht unbedingt notwendig. Lassen Sie
                                                           alle Begleitpersonen das Zimmer verlassen haben.
sich auch hier von Ihren Gefühlen leiten.
                                                           Vielleicht entspricht das nicht dem, was Sie sich vor­
Die in diesem Kapitel beschriebenen Veränderungen          gestellt oder gewünscht haben. Sie fühlen sich als
können in den letzten Lebenstagen und/oder in den          Angehörige schuldig oder haben das Gefühl, etwas
letzten Stunden und Minuten auftreten. Neben der           Wichtiges verpasst zu haben. Es ist hier hilfreich,
Veränderung der Körpertemperatur ist vielfach auch         die eigenen Gefühle zuzulassen und anzunehmen.
eine Blässe um den Mund und die Nase der Betrof­           Schuldgefühle basieren in solchen Situationen
fenen («weisses Dreieck») bemerkbar. Kurz vor dem          ­oftmals nicht auf einer realen Schuld – sie weisen
Tod schlägt das Herz nur noch schwach und unregel­          ­vielmehr auf eine an sich selbst gestellte, sehr
mässig; der Puls ist kaum mehr spürbar. Die Hirn­            hohe Erwartung hin, die nicht erfüllt werden konnte.
aktivität nimmt ab, sodass die Wahrnehmung nur
                                                           Wenn Sie das Bedürfnis haben, sprechen Sie mit
noch eingeschränkt funktioniert. Bei vielen Betrof­
                                                           den Personen Ihrer Wahl über Ihre Erfahrungen.
fenen treten am Lebensende lange Atempausen
auf, unterbrochen von einigen, hintereinander fol­
genden, «ziehenden» Atemzügen, welche irgend­
wann ganz aufhören. Das Herz steht still und we­
nige ­Minuten nachdem der Herzkreislauf seine
Funktion eingestellt hat, tritt der Hirntod ein.
Es ist ein besonderer Moment, diesen Übergang vom
Leben in den Tod zu erleben. Jede Sterbesituation
ist einzigartig und vielleicht werden Sie Erfahrun­

                                                                                                              13
5. Abschied und Trauer
Wenn der Tod eingetreten ist, kann eine einzigartige       Vielleicht ist es Ihnen jetzt auch wichtig, die Fach­
Atmosphäre den Raum erfüllen. Geben Sie sich               person der Seelsorge oder eine Vertreterin/einen
die Zeit, die Sie brauchen, um diesen Moment des           Vertreter Ihrer Religion oder Glaubensrichtung an
Abschieds zu würdigen und zu verarbeiten. Wenn             Ihrer Seite zu haben.
Sie mögen, halten Sie z.B. Zwiesprache mit der/dem
Verstorbenen, vollziehen Sie ein persönliches Ri­
tual – tun Sie das, was jetzt für Sie richtig ist. Rufen
                                                           Versorgung der verstorbenen
Sie dann die medizinischen Fachpersonen, welche
                                                           ­Person
Sie beim weiteren Vorgehen unterstützen. Der ärzt­         Je nach Bedarf und Bedürfnis wird die verstorbene
liche Dienst muss den Tod bestätigen. Die Fach­            Person sorgfältig gewaschen und nach Wunsch ge­
personen der Pflege helfen Ihnen bei der Versorgung        kleidet. In vielen Religionen werden diese Waschun­
der verstorbenen Person.                                   gen von den dafür zuständigen Personen der Fa­
                                                           milie oder der Religionsgemeinschaft ausgeführt.
                                                           Gerne werden auch rituelle Gegenstände oder
                                                           ­Blumen beigelegt. Für viele Angehörige, aber auch
                                                            für pflegende Begleitpersonen, hat dieser Akt die
                                                            Bedeutung eines Abschiedsrituals. Besprechen Sie
                                                            mit den zuständigen Fachpersonen, ob Sie ­dabei
                                                            mithelfen möchten. Es besteht jedoch keine Erwar­
                                                            tung an Sie.

 14
DIE BEGLEITUNG STERBENDER |
                                           UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND
                                           FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER

Aufbahrung                                                    eher noch verstärkt, empfehlen wir Ihnen die In­
                                                              anspruchnahme einer professionellen Unterstüt­
Die Möglichkeiten der Aufbahrung sind unter­
                                                              zung. Auch gibt es hilfreiche Literatur (siehe Kapitel
schiedlich und vom Sterbeort abhängig. Zuhause
                                                              6), welche Trauersituationen und deren Folgen
ist eine Aufbahrung von vier und mehr Tage
                                                              ­beschreibt und mögliche Wege daraus heraus auf­
­möglich, das Bestattungsinstitut wird Ihnen die
                                                               zeigt.
 ­nötigen Informationen und Hilfsmittel zur Ver­
  fügung stellen.
Gestalten Sie die Umgebung, ob zu Hause oder in
                                                              Finanzielle Sorgen
einer Institution, nach Ihren Wünschen für ein würde­         Vielleicht haben Sie als Angehörige Ihre eigene be­
volles Abschiednehmen.                                        rufliche Tätigkeit unterbrochen oder beendet, um
                                                              pflegerische Aufgaben zu übernehmen. Werden die
                                                              Einkommensverluste und damit die Finanzen zur
Trauer                                                        Belastung, wenden Sie sich an die entsprechenden
Trauer ist die normale und natürliche Reaktion auf            Beratungsstellen (Sozialberatung, Budget- und
einen bedeutenden Verlust und kann sich auf das               Schuldenberatungsstellen).
gesamte Wesen und das Wohlbefinden einer Person
auswirken. Trauer ist nicht nur eine emotionale
­Reaktion. Sie ist ein dynamischer, vielschichtiger
                                                              Abschlusswort
 Prozess, der auf verschiedenen Ebenen erlebt                 Liebe Angehörige, liebe freiwillige Helferinnen und
 ­werden kann. Sie kann sich durch unterschiedliche           Helfer, wir hoffen, dass wir Sie mit dieser Broschüre
  Gefühle, Gedanken, Verhaltensweisen, körperliche            in dieser anspruchsvollen, emotionalen Zeit unter­
  Reaktionen und durch die Veränderung der Beziehun­          stützen können. Wir wünschen Ihnen viel Kraft, Mut
  gen zu anderen äussern. Dementsprechend ist die             und Hoffnung auf Ihrem Weg.
  Art und Weise wie auch der Ausdruck der Trauer bei
  jeder und jedem anders. Einige Menschen handeln
  so, als wäre die verstorbene Person noch da. Sie legen
  beispielsweise weiterhin ihr Gedeck auf. Oder das
  Bedürfnis nach Rückzug kann übermächtig werden.
  Alles ist zu viel und das Gefühl entsteht, nicht mehr
  angemessen reagieren zu können. Andere Menschen
  verfallen in rastlose Aktivität, um der Trauer aus­
  zuweichen und die Gefühle zu betäuben. Möglicher­
  weise vermeiden sie gewisse Situationen, um nicht
  an den verstorbenen Menschen erinnert zu werden.
  Wieder andere suchen bewusst nach Situationen,
  die sie mit der/dem Verstorbenen gemeinsam erlebt
  haben, um Trost zu finden.
Lassen Sie Ihre Trauer zu, geben Sie ihr Raum und
Zeit. Vertrauen Sie sich Menschen an, mit denen Sie
über Ihren Verlust sprechen können.
Manche Menschen berichten, dass die Trauer zwar
nicht endet, sie aber trotzdem mit der Zeit als Indi­
viduen daran wachsen. Sollten Sie spüren, dass Ihre
Trauer nicht nachlässt, sondern sich mit der Zeit

                                                                                                                 15
6. Links und Literaturhinweise
Hilfreiche Webseiten                                   Bücher, Texte, Broschüren und Kalender:
Aargauer Landeskirchen Palliative Care und
­Begleitung:                                           Belok, M. Länzlinger, U., Schmitt, HP., (Hg.), Seelsorge
 http://www.palliative-begleitung.ch                   in Palliative Care, Theologischer Verlag Zürich, 2012
DeinAdieu:                                             Bickel, L., In meinem Herzen die Trauer, Texte für
https://www.deinadieu.ch                               schwere Stunden, Herder-Verlag, 2001
Fähr Frauen:                                           Borasio, G. D. Über das Sterben: Was wir wissen.
http://www.faehrfrauen.ch                              Was wir tun können. Wie wir uns darauf einstellen.
                                                       Schweizer Ausgabe, dtv Verlagsgesellschaft 2014
Hotline für Seelsorge in der Palliative Care:
044 554 46 66                                          Canacakis, J., Ich sehe deine Tränen,
https://www.pallnetz.ch/seelsorge-hotline.htm          Kreuz ­Verlag, 2006
Kinderbuch Couch:                                      Cicely S., Holder-Franz, M., Sterben und Leben:
https://www.kinderbuch-couch.de/kinderbue­             ­Spiritualität in der Palliative Care, Theologischer
cher-nach-themen-tod-und-trauer.html                    Verlag Zürich, 2009
Lebenshilfe-Angebot der reformierten und               Fischer, M., Was tun, wenn jemand stirbt,
­katholischen Kirchen der Schweiz:                     ­Ott-Verlag 2014
 https://www.seelsorge.net
                                                       Gronemeyer, R., Heller, A., In Ruhe sterben,
Letzte Reise:                                          ­Pattloch 2014
https://www.letztereise.ch
                                                       Grün, A., Was kommt nach dem Tod? – Die Kunst
palliative ch: Schweizerische Gesellschaft für         zu leben und zu sterben, Vier-Türme-Verlag
­Palliative Medizin, Pflege und Begleitung             ­Münsterschwarzach, 2008
 https://www.palliative.ch/de/palliative-ch
                                                       Hahne, P., Mut für heute – Ein immerwährender
Pro Senectute:                                         ­Kalender, Johannis-Verlag, 2006
https://www.prosenectute.ch/de.html
                                                       Holder-Franz, M., «dass du bis zuletzt leben kannst»,
Spitalseelsorge:                                       Theologischer Verlag Zürich, 2012
https://www.spitalseelsorge.ch
                                                       Kachler, R., Meine Trauer wird dich finden. Ein neuer
Telefonische Notfallberatung für Palliativpatienten:   Ansatz in der Trauerarbeit, Herder Verlag, Freiburg i.B.,
http://www.pallifon.ch                                 2005
Schweizerisches Rotes Kreuz; Informationen/­           Kässmann, M., Das Zeitliche segnen, adeo Verlag,
Sterben und Tod:                                       Asslar 5. Aufl. 2015
http://www.pflege-entlastung.ch/informationen/
                                                       Kruse, A. Das letzte Lebensjahr, Kohlhammer,
sterben-und-tod
                                                       2. Aufl. 2015
                                                       Lakotta, B., Schels, W., Nochmal leben vor dem Tod.
                                                       Wenn Menschen sterben, Verlag DVA, 2004
                                                       Lamp, I. (Hg.), Trost in Zeiten der Trauer,
                                                       ­Verlag ­Topos, 2018

 16
DIE BEGLEITUNG STERBENDER |
                                          UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND
                                          FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER

Looser, G., Im Sterben die Fülle des Lebens erfahren,
Walter-Verlag, 2. Aufl. 1995
Neuberger, J., Sterbende unterschiedlicher Glaubens­
richtungen pflegen, Hans Huber, Hogrefe, Bern, 2009
Pagel, M., Kraftquellen: Texte, Gebete, Meditationen
für Kranke, Sterbende und ihre Begleiter, Verlag
Dietrich Pustet, Regensburg, 2010
palliative gr, Was im Leben und im Sterben trägt, aus­
gewählte Texte zum Vorlesen, 2012. B ­ estellung unter
www.palliative-gr.ch
Renz, M., Hinübergehen – Was beim Sterben
­geschieht, Herder, Freiburg im Breisgau, 2015
Tausch, D., Sterbenden nahe sein, Hilfreich begleiten,
J. Kamphausen Verlag, 2010
Tropper,D., Specht-Tomann, M., Zeit des Abschieds.
Sterbe- und Trauerbegleitung, Patmos-Verlag, 2013
Walper, H. Basale Stimulation in der Palliativpflege,
München: Reinhardt, 2012
Zink, Jörg., Gotteswahrnehmung – Wege religiöser
Erfahrung, Gütersloher Verlagshaus, 2009
Die obengenannten Webseiten und die Literatur­
liste sind nur eine Auswahl hilfreicher Links
und Literaturhinweisen. Es besteht kein
Anspruch auf Vollständigkeit.

                                                                               17
Mitglieder der Arbeitsgruppe
Kerngruppe
Ruth Berweger (Pflegeexpertin)
Priska Bützberger (Ärztin Onkologie, Palliativmedizin)
Steffen ­Eychmüller (Arzt Palliativmedizin)
Monica Fliedner (Pflegeexpertin)
Helga Horstmann (Pflegeexpertin)
Markus Minder (Arzt Geriatrie, Palliativmedizin)
­Esther Schmidlin (Pflegeexpertin)
 Karin Tschanz (Pfarrerin, Psychotherapeutin)
 Isabelle Weibel (Pflegeexpertin)
 Sofia Zambrano (Postdoktorandin)

 18
DIE BEGLEITUNG STERBENDER |
                                         UNTERSTÜTZUNG FÜR ANGEHÖRIGE UND
                                         FREIWILLIGE HELFERINNEN UND HELFER

Erweiterte Arbeitsgruppe
Andrea Jenny, Sozialarbeiterin/Freiwilligen­begleitung
Beat Beck, Freiwilliger Helfender
Claudia Graventa, Freiwillige Helfende
Doris Lüscher, Freiwillige Begleitung
Esther Zürcher, Bestatterin
Franz Bühler, Angehöriger
Franziska Trueb, Leiterin Pflege
Horst Rettke, Pflegewissenschaftler
Ingo Imholz, Freiwilliger Helfender
Markus Feuz, Pflegeexperte
Maya Monteverde, Angehörige und Pflegeexpertin
Monika Gysi, Angehörige
Reni Greuter, Angehörige
Silvia Brims, Intensivmedizinerin
Silvia Freitag, Freiwillige Helfende
Sophie Pautex, Ärztin innere Medizin, Geriatrie, Palliative Care
Stefan Mauron, Angehöriger

Lektorat
Dr.phil. Susanne Cappus

Bilder
Die Bilder wurden freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Esther Schmidlin
und Septumia Jacobson, Nitish Meena, Aaron ­Burden and Nadia Ivanova on Unsplash

                                                                                   19
Impressum
palliative ch
Bubenbergplatz 11
3011 Bern
info@palliative.ch
www.palliative.ch

Spenden
Die Fachgesellschaft palliative ch fördert Palliative
Care in der Schweiz. palliative ch setzt sich ein für
einen gerechten Zugang Betroffener und Angehöriger
zu Palliative Care, für eine flächendeckende Versor­
gung, eine bestmögliche Qualität der Angebote sowie
für Bildung und Forschung in Palliative Care. Als
Non-Profit-Organisation ist palliative ch auf Spenden
angewiesen, um die zahlreichen Aktivitäten finan­
zieren zu können.

Unsere Zahlungsverbindung
Zusatzinformationen für Ihre Spende via eBanking:
– IBAN CH94 0900 0000 8529 3109 4
– IBAN Bank-Adresse – Die Schweizerische Post,
  PostFinance, Nordring 8, 3030 Bern
– IBAN Empfänger-Adresse – palliative ch –
  Schweiz. Gesellschaft für Medizin, Pflege und
  Begleitung, Bubenbergplatz 11, 3011 Bern
– BIC (SWIFT) POFICHBEXXX
Herzlichen Dank für Ihre Spende!

© palliative ch 2019. Jede Verwendung dieses Dokuments ohne ausdrückliche
  Genehmigung des Urhebers verstösst gegen den Schutz des Urheberrechts
  und ist untersagt.
Sie können auch lesen