Die politische Debatte um die euro päische Batterie verordnung - klare Regeln für nachhaltige Produkte

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Die politische Debatte um die euro päische Batterie verordnung - klare Regeln für nachhaltige Produkte
Die politische Debatte um die
euro­päische Batterie­verordnung – klare
       Regeln für nachhaltige Produkte
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Die politische Debatte um die
euro­päische Batterie­verordnung – klare
       ­Regeln für nachhaltige Produkte
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Impressum

Die politische Debatte um die europäische Batterieverordnung –
klare Regeln für nachhaltige Produkte

Herausgeber

PowerShift – Verein für eine ökologisch-solidarische Energie- & Weltwirtschaft e. V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Tel.: +49 30 420 85 295
E-Mail: info@power-shift.de
Web: https://power-shift.de

Autorin: Elisa Thomaset
Redaktion: Michael Reckordt, Vanessa Fischer
Layout, Satz / Reinzeichnung: Tilla Balzer I buk.design

Berlin, Januar 2022
© PowerShift e. V.

Alle Links in den Fußnoten wurden am 27.01.2022 auf Gültigkeit überprüft.

PowerShift – Verein für eine ökologisch-solidarische Energie- & Weltwirtschaft e. V.
Unser Ziel ist eine ökologisch und sozial gerechtere Weltwirtschaft. Dafür setzen wir unsere
Expertise in Handels‐, Rohstoff‐ und Klimapolitik ein: Mit umfassenden Recherchen durch-
leuchten wir politische Prozesse, benennen die Probleme eines ungerechten globalen
Wirtschafssystems und entwickeln Handlungsalternativen. Um unsere Ziele zu erreichen,
formulieren wir politische Forderungen, betreiben Informations‐ und Bildungsarbeit und
schmieden starke Bündnisse – mit anderen Organisationen, sozialen Bewegungen und
Bürger*innen. Gemeinsam mischen wir uns ein!

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Dieses Projekt wurde gefördert durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Die Mittelbereitstellung
erfolgt auf Beschluss des Deutschen Bundestages.

Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen und
Autoren.
Inhalt

Zusammenfassung                                                                         6

Summary                                                                                 8

1.   Eine neue Batterieverordnung für Europa                                            10

2.	Darstellung der unterschiedlichen P    ­ ositionen auf parlamentarischer, ­
    industrieller & z
                    ­ ivilgesellschaftlicher Ebene                                      11

2.1 Menschenrecht­liche und umwelt­bezogene ­Sorgfaltspflichten                         11
     a)	Artikel 39: Verpflichtung der Wirtschaftsakteure, […] Vorkehrungen zur
         Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette zu treffen                   11
     b) Anhang X: Verzeichnis der R
                                  ­ ohstoffe und Risikokategorien                       13
     c)   Artikel 72: Systeme zur E
                                  ­ rfüllung der Sorgfaltspflicht in der ­Lieferkette   14
     d) Artikel 76: Sanktionen                                                          15
     2.2 End-of-Life-Management & ­Recycling                                            15
     a)	Artikel 56-57: Behandlung und Recycling sowie Recycling­effizienzen und
         Zielvorgaben für die stoffliche Verwertung                                     15
     b)	Artikel 8: Recyclatgehalt von Industriebatterien, Traktions­batterien
         und Starterbatterien                                                           16
     c)	Artikel 48-49, 55: Sammlung von Gerätealtbatterien, Starteraltbatterien,
         Industriealt­batterien und Traktionsbatterien sowie Sammelquoten
         für Gerätealt­batterien                                                        17
     d) Artikel 47: Erweiterte ­Herstellerverantwortung                                 19

2.3 Artikel 1: Gegenstand und Anwendungsbereich                                         19

2.4	Artikel 7: CO2 -Fußabdruck von Traktionsbatterien und wieder­aufladbaren
     Industrie­batterien                                                                20

2.5 Artikel 11: Entfernbarkeit und Austauschbarkeit von Geräte­batterien                21

2.6 Weitere offene Kritikpunkte                                                         22

Fazit und Ausblick                                                                      23

Auflistung der Akteure                                                                  26

Quellenverzeichnis                                                                      27

Endnoten                                                                                28
Zusammenfassung

    Die zunehmende Nachfrage nach Batterien             Auf den ersten Blick scheint der Gesetzes-
    ist in vielen Branchen ein zentrales Thema,         entwurf von den beteiligten Akteursgruppen
    gewinnt aufgrund der Elektromobilität aber          kontrovers diskutiert zu sein. Bei genauerer
    vor allem in der Automobilindustrie an Bedeu-       Betrachtung fallen jedoch besonders die
    tung. Während in den Medien insbesondere            Gemeinsamkeiten ins Auge, die die Forde-
    die Chancen betont werden, die Batterien für        rungen der einzelnen Akteure miteinander
    die angestrebten Klimaziele bieten, werden          verbinden. Im Folgenden werden zentrale Ge-
    auch kritische Stimmen immer lauter: Sie wei-       meinsamkeiten und Unterschiede zwischen
    sen auf die sozialen und ökologischen Auswir-       den Forderungen hervorgehoben sowie of-
    kungen entlang der Wertschöpfungsketten             fen gebliebene Fragen und Kritikpunkte the-
    von Batterien hin. Um diese entlang ihres ge-       matisiert. Dafür hat das Papier öffentliche
    samten Lebenszyklus nachhaltig zu gestalten,        Stellungnahmen von Vertreter*innen der In-
    hat die Europäische Kommission Ende 2020            dustrie und Zivilgesellschaft, die Kommentie-
    beschlossen, in den kommenden Monaten               rung der im europäischen Parlament mit der
    eine neue europäische Batterieverordnung            Verordnung beschäftigten Ausschüsse sowie
    (BattVO) zu verabschieden.                          Rückmeldungen und Äußerungen von den
                                                        Mitgliedsstaaten untersucht.

       Gemeinsame Forderungen der beteiligten
      ­Akteursgruppen:
6
      ʇ Präzisierung der BattVO:                        ʇ Erweiterung von Anhang X:
        Alle beteiligten Akteure fordern eine             Mit Ausnahme der Industrie, die sich zu
         klare Abgrenzung zwischen bestimmten             ­diesem Punkt nicht äußert, herrscht wei-
        ­Begrifflichkeiten und Definitionen sowie          testgehend Konsens bezüglich der Auf-
         die Bereitstellung von klaren methodi-           nahme weiterer Rohstoffe, Risikokategorien
         schen Vorgaben, unter anderem für den            und internationaler Instrumente in Anhang
         CO 2 -­Fußabdruck oder die Festlegung der        X. Darunter fällt die:
        Recycling- und Sammelquoten.                       ʇ A
                                                              ufnahme von Bauxit, Eisen und Kupfer
      ʇ Gleiche Vorschriften für importierte                 in die Liste der relevanten Rohstoffe
        ­Batterien und exportierte Altbatterien:           ʇ A
                                                              ufnahme von Klimawandel und
         Ebenso wie für innerhalb der EU produ-              ­Abfallwirtschaft in die Liste der Risiko­
        zierte Neu- und Altbatterien sollen im-               kategorien
         portierte Batterien sowie die Behandlung
         von ­exportierten Altbatterien außerhalb          ʇ U
                                                              mfangreiche Erweiterung der Liste
         der EU-Grenzen entweder den gleichen in             der internationalen Instrumente um
         der BattVO festgeschriebenen Vorschriften           mehr als 15 Leitlinien und Konventionen
         unterliegen oder zumindest gleichwertige       ʇ Stärkung der Kreislaufwirtschaft:
         Standards erfüllen.                              Besonders unter den drei Akteursgruppen
      ʇ Aufnahme von Batterien von leichten               der Ausschüsse, Mitgliedsstaaten und der
        Transportmitteln:                                 Zivilgesellschaft herrscht Einigkeit über
         Einigkeit besteht zudem bei der Aufnahme         die Einführung von Pfandsystemen für
         von Batterien von leichten Transport­mitteln     Altbatterien sowie die Beschränkung des
         in die Artikel zum Anwendungsbereich der         Recyclatgehalts auf den aus der Wieder­
         Verordnung, dem CO 2 -Fußabdruck, der            verwertung von Batterien gewonnen
         Entfernbarkeit und Austauschbarkeit von          Recyc­laten.
         Batterien sowie der Sammelquoten von
        ­Altbatterien. Lediglich die Industrie äußert
         sich nicht explizit zu diesem Thema.
Zwischen den Akteuren kontrovers diskutierte
 Punkte der Verordnung:
 ʇ Umsetzungsfristen:                               vorgeschriebene Recyclatgehalt nicht
   Sowohl die Mitgliedsstaaten als auch mit         eingehalten werden kann. Sie fordern eine
   wenigen Ausnahmen die Industrie fordern          Herab­setzung der genannten Quoten. Für
   eine Verlängerung der Fristen, während           einen erfolgreichen Klimaschutz bestehen
   die Zivilgesellschaft und Ausschüsse eine        jedoch sowohl die Ausschüsse als auch
   schnellere und strengere Umsetzung               die Zivilgesellschaft mindestens auf die
   befürworten. Gerade die menschenrecht-           vorgeschriebenen Quoten.
   lichen und umweltbezogenen Sorgfalts­          ʇ Vergleichbarkeit der CO 2 -Fußabdrücke:
   pflichten sollen so bald wie möglich
                                                    Laut Industrie seien die geforderten CO 2 -
   verpflichtend werden, da Verzögerungen
                                                    Fußabdrücke unter der jetzigen Metho­
   verheerende Auswirkungen auf Mensch
                                                    dologie nicht vergleichbar und sollten nur
   und Natur haben können.
                                                    auf freiwilliger Basis als Instrument zur
 ʇ Freiwilligkeit gegen Verantwortlichkeit:         Verfügung stehen. Die Zivilgesellschaft
   Insbesondere die Industrie kritisiert, dass      will dieses Problem mit der Einführung
   den Batterieherstellern die alleinige Ver-       strengerer Vorschriften und Nachweis-
   antwortung zur Einhaltung der neuen Be-          pflichten, nicht jedoch deren Freiwilligkeit,
   stimmungen übertragen wird. Sie fordert          lösen.
   eine Öffnung zur freiwilligen Umsetzung.
                                                  ʇ Zwar mögen die Forderungen der einzel-
   Die Zivilgesellschaft hingegen betont,
   dass eine Freiwilligkeit der Richtlinien den
                                                    nen Akteure an einigen Punkten aus­
                                                    einander­gehen. Dennoch sind zahlreiche
                                                                                                    7
   Erhalt der Natur und die Einhaltung der
                                                    Ähnlichkeiten oder zumindest gemein-
   Menschenrechte unnötig weiter gefähr-
                                                    same Ausgangspunkte zu erkennen. Nur
   den würden.
                                                    wenn diese ins Zentrum der Verhandlun-
 ʇ Recyclatgehalt und Sammelquoten:                 gen gerückt werden, kann der Dialog zwi-
   Mehrere Stimmen aus der ­Industrie               schen den einzelnen Akteuren erleichtert
   befürchten aufgrund der ­strengen                und eine erfolgreiche Batterieverordnung
   End-of-­Life-­Maßnahmen eine                     verabschiedet werden, die Menschen­
   Material­verknappung, durch die der              rechte, Umwelt und Klima schützt.

Offene Kritikpunkte:
ʇ Abgrenzung der Verantwortlichkeiten:            ʇ Gesetzesrahmen der Verordnung:
  Um eine korrekte Umsetzung der Verord-            Noch wird über die Gesetzesgrundlage
  nung garantieren zu können, muss in meh-          der Verordnung auf EU-Ebene diskutiert.
  reren Artikeln und Paragraphen präzisiert         Derzeit stützt sich der aktuelle Entwurf auf
  werden, ob die Verantwortung bei den              Artikel 114 AEUV / Binnenmarkt, es besteht
  Mitgliedsstaaten oder den Unternehmen             jedoch die Möglichkeit, mit Artikel 192 und
  aus der Batteriebranche liegt.                    193 / Umwelt eine doppelte Rechtsgrundla-
                                                    ge für die Verordnung zu schaffen.
ʇ Offenlegung betriebsinterner Daten:
  Besonders die in Artikel 7 (CO 2 -Fuß-
  abdruck) genannten Regelungen zur
  Berichterstattung und Offenlegung
  betriebsinterner Daten könnten in den
  betrieblichen Datenschutz eingreifen und
  müssen vor der Verabschiedung der Ver-
  ordnung noch rechtlich geklärt werden.
Summary

    Growing demand for batteries is a key issue in       At first glance the draft legislation appears to
    many industries, most of all in the automotive       be subject to controversial debate between
    sector where their increasing importance is          various actors. A more thorough inspection,
    driven by electromobility. While in the media        however, reveals common ground between
    batteries are being positioned as enablers to        the demands of the individual actors. In the
    meet decarbonization targets, a critical re-         following paper we will highlight the central
    sponse is growing louder which points to the         commonalities and differences between the
    social and ecological impact of the battery          various proposals, as well as any unresolved
    value chain. In order to ensure sustainability       questions and criticism. In order to do this
    throughout a battery’s entire life cycle, at the     the paper has examined public statements
    end of 2020 the European Commission re-              by spokespersons from industry and civil so-
    solved to pass a new European batteries regu-        ciety, comments from committees within the
    lation (BattVO) within the coming months.            European parliament responsible for the reg-
                                                         ulations, in addition to remarks and responses
                                                         from member states.

      Common proposals by participatory actors:
      ʇ Clarifications regarding the EU batteries        ʇ Extending the scope of Annex 10:
        regulation:                                        With the exception of the industry, which
8       All actors support clear differentiation
        between certain terminologies and defi-
                                                           has not made a statement on this point,
                                                           there is a general consensus regarding the
        nitions, in addition to the provision of clear     inclusion of further raw substances, risk
        methodologies by which, among other                categories and international instruments
        things, recycling quotas, collection rates         in Annex 10. This includes:
        and carbon footprints may be determined.            ʇ T
                                                               he inclusion of bauxite, iron and cop-
      ʇ Equal requirements for imported batteries             per in the list of relevant raw materials
        and exported battery waste:                         ʇ T
                                                               he inclusion of climate change and
        Just as for new and used batteries pro-               waste management in the list of risk
        duced within the EU, imported batteries               categories
        and the management of battery waste
        exported outside EU borders should be               ʇ C
                                                               omprehensive extensions to the list
        subject to the same requirements as stip-             of international instruments, guide-
        ulated in the EU batteries regulation or at           lines and conventions.
        the very least fulfil equivalent standards.      ʇ Strengthening the value chain:
      ʇ Inclusion of batteries for light transport         There is agreement especially among the
        vehicles:                                          three groups of actors representing the
        There is general agreement on the inclu-           parliamentary committees, the member
        sion of batteries for light transport vehicles     states and civil society on the introduction
        within the articles covering application,          of a deposit system for old batteries as
        carbon footprint and removability / replace-       well as recycled content targets regarding
        ability of batteries as well as collection         secondary raw materials which have been
        rates for used batteries. Only the industry        recovered from a battery recycling process.
        does not take a stance on this issue.
Controversial points of discussion between actors
 regarding the regulation:
 ʇ Timeline for implementation:                     turn due to the strict end-of-life measures.
   Member states as well as the industry,           They propose a reduction to the proposed
   with a few exceptions, propose an exten-         ratios. Civil society and the committees
   sion to the deadline, whilst civil society       insist that the prescribed targets are the
   and the committeessupport a faster and           minimum required to successfully protect
   more strict implementation. Above all            the environment.
   human rights and environmental due              ʇ Comparability of carbon footprints:
   diligenceshould become compulsory as              According to industry the required carbon
   soon as possible, as delays could have            footprints are not comparable via current
   devastating consequences for people               methodologies and should only be avail-
   and nature.                                       able for use voluntarily as an instrument.
 ʇ Voluntary nature of responsibility:               Civil society wants to solve this problem
   Industry actors in particular have criticised     with the introduction of stricter proof-
   that battery producers alone should shoul-        based requirements and provisions, not
   der the responsibility for adherence to the       with a volunteer-based system.
   new regulations. They demand a possibil-        ʇ The proposals of the individual actors
   ity of a voluntary adherence to the rules.        may indeed not align. Nevertheless there
   Whereas civil society has emphasised that         are many similarities or at least common
   voluntary guidelines poses further unnec-
   essary danger and risk to human rights
                                                     departure points which can be recognised.
                                                     Only when these are centered in negotia-
                                                                                                     9
   and the protection of the environment.            tions can a dialogue between the individ-
 ʇ Recycling efficiency and material recovery:       ual actors be facilitated and a successful
   Multiple voices from the industry fear they       battery regulation be passed, one which
   will be unable to meet the recycled-con-          protects human rights, nature and our
   tent targets due to material shortages, in        climate.

Outstanding points of criticism:
ʇ Demarcation of responsibility:                   ʇ Legislative framework for the regulation:
  In order to guarantee proper implication of        A legal basis for the new regulation is still
  the regulation, several articles and para-         being discussed at EU level. The proposal
  graphs require clarification as to whether         currently rests on Article 114 of the TFEU /
  responsibility lies with the member state or       Internal Market, although there is the pos-
  the battery industry.                              sibility of creating a duel legal basis with
                                                     Article 192 and 193 / Environmental Policy.
ʇ Publication of internal records:
  Regulatory reporting and publication of
  in-house administrative information as
  defined in Article 7 (carbon footprint) may
  interfere with corporate data protection
  and legal ramifications must be clarified
  before any passing of regulations.
1. Eine neue Batterieverordnung für Europa

     Batterien sind ein zentraler Bestandteil unse-       Ursprünglich sollte die neue Batterieverord-
     res alltäglichen Lebens: Ob im Radiowecker,          nung nach der Veröffentlichung des Entwurfs
     im Smartphone, der Fernbedienung, dem                sowie den Änderungsanträgen der verschie-
     Laptop, oder als Teil unserer Mobilität, sei         denen Ausschüsse und der Mitgliedsstaaten
     es im Auto, E-Bike oder Elektroroller. Doch          unter der slowenischen Ratspräsidentschaft
     während sie zunächst mit ihren zahlreichen           im Jahr 2021 fertiggestellt werden und am
     Vorteilen, wie den geringeren CO 2 -Emissio-         1. Januar 2022 in Kraft treten. Dieser ambi-
     nen bei der Elektromobilität oder der Spei-          tionierte Zeitplan wurde nicht eingehalten. 5
     cherung von erneuerbaren Energien, häufig            Stattdessen soll in der ersten Jahreshälfte
     als „grüne“ Alternative für eine nachhaltige         2022 das Parlament und die Mitgliedsstaaten
     Entwicklung vermarktet werden, birgt die             ihre Kommentierung abschließen und sollte
     Wertschöpfungskette von der Gewinnung                es – wie es Stand Januar 2022 – aussieht zu Tri-
     der Rohstoffe bis hin zur Kreislaufführung           logverhandlungen kommen, die Verordnung
     der Batterien viele Risikofaktoren für Mensch        erst im Januar 2023 oder 2024 in Kraft treten.
     und Natur. Verschmutzung von Luft und Bö-
     den, Wasserknappheit, Dammbrüche, der                Im Prozess der Erstellung der neuen BattVO
     Einsatz von giftigen Chemikalien und der             sind zahlreiche Akteure beteiligt, die jeweils
     hohe Energieverbrauch sowohl in der berg-            sehr unterschiedliche Perspektiven und Ziele
     baulichen Gewinnung der Rohstoffe als auch           für die Gestaltung der Verordnung einbringen.
     in ihrer Weiterverarbeitung zu Batterien und         Auf den folgenden Seiten sollen die verschie-
     schließlich dem Recycling haben nicht nur            denen Positionen der einzelnen Akteursgrup-
     verheerende Auswirkungen auf die Umwelt              pen beschrieben und sowohl Unterschiede
     und den Klimawandel. Sie werden außerdem             als auch Ähnlichkeiten zwischen den Forde-
     von zahlreichen Menschenrechtsverletzun-             rungen aufgezeigt werden. Damit soll das vor-
10   gen begleitet, wie der Verletzung des Rechts         liegende Positionspapier eine Grundlage für
     auf freie, vorherige und informierte Zustim-         weitere Positionsbildungen bieten, die es den
     mung indigener Gemeinschaften, Gesund-               beteiligten Akteuren ermöglicht, in einen ge-
     heitsgefährdungen von Mitarbeitenden und             meinsamen Dialog zu treten.
     Ansiedler*innen, Zwangsumsiedlungen oder
     Kinderarbeit.1                                       Dazu werden auf Seite der EU die Positionen
                                                          von der Europäischen Kommission sowie den
     Mit der in den kommenden Jahren rasant an-           Ausschüssen für Binnenmarkt und Verbrau-
     steigenden Nachfrage nach Batterien, die vor         cherschutz (IMCO), für Industrie, Forschung
     allem durch die Automobilindustrie für den           und Energie (ITRE) und für Umweltfragen,
     Ausbau der Elektromobilität befeuert wird,           öffentliche Gesundheit und Lebensmittel-
     sieht die EU deshalb einen dringenden Hand-          sicherheit (ENVI) aufgegriffen.6 Neben den
     lungsbedarf für eine neue Gesetzgebung. Im           Änderungsvorschlägen der portugiesischen
     Rahmen des Europäischen Green Deals, mit             und slowenischen Ratspräsidentschaft sowie
     dem die EU Europa bis 2050 zum ersten kli-           der Positionierung einzelner Mitgliedsstaa-
     maneutralen Kontinent der Welt machen                ten werden diese den Forderungen diverser
     möchte, wurde deshalb im Dezember 2020               Akteure aus der europäischen Industrie und
     der Entwurf für eine neue Europäische Bat-           Zivilgesellschaft gegenübergestellt. Eine ge-
     terieverordnung (BattVO) präsentiert. 2 Diese        naue Auflistung der einzelnen Akteure befin-
     schreibt unter anderem bindende Standards            det sich am Ende des Diskussionspapiers.
     bezüglich der Sammelquoten, Recyclingeffi-
     zienzen und des Recyclatgehalts in Batterien
     vor, erlässt Bestimmungen zum zulässigen
     CO 2 -Fußabdruck von Batterien, deren Re-
     parierbarkeit und Langlebigkeit und sieht
     menschenrechtliche und umweltbezogene
     Sorgfaltspflichten für Unternehmen in der
     Batteriebranche vor. 3 Damit erneuert und er-
     setzt sie nicht nur die veraltete Batteriedirekti-
     ve von 2006 (Richtlinie 2006 / 66 / EG), sondern
     setzt zudem bedeutende Grundsätze des
     Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft um, der
     als wichtiges Instrument des Europäischen
     Green Deals die sozioökologische Nachhaltig-
     keit innerhalb des gesamten Lebenszyklus
     von Produkten garantieren soll.4
2. Darstellung der unterschiedlichen
­Positionen auf parlamentarischer,
 ­industrieller & z
                  ­ ivilgesellschaftlicher Ebene

In den folgenden Kapiteln werden die unter-
schiedlichen Positionen der verschiedenen
                                                 a) Artikel 39: Verpflichtung der
Akteursgruppen dargelegt und gegenüber-          Wirtschaftsakteure, […]
gestellt. Dafür wurden die einzelnen Artikel     Vorkehrungen zur Erfüllung
und Anhänge des Entwurfs für die neue Bat-       der Sorgfaltspflicht in der
terieverordnung nach den in ihnen behandel-
                                                 Lieferkette zu treffen
ten Themen gruppiert und in sechs Kapitel
eingeordnet.                                       39(1) Ab [12 Monate nach dem Inkraft-
                                                   treten der Verordnung] kommt der Wirt-
Das erste befasst sich dementsprechend mit         schaftsakteur, der wiederaufladbare
den menschenrechtlichen und umweltbe-              Industriebatterien und Traktionsbatterien
zogenen Sorgfaltspflichten und thematisiert        mit internem Speicher mit einer Kapazität
die Vorschläge aus den Reihen der EU, den          von mehr als 2 kWh in Verkehr bringt, den
Mitgliedsstaaten, der Industrie und der Zivil-     in den Absätzen 2 bis 5 dieses Artikels ge-
gesellschaft zum Artikel 39, dem Anhang X,         nannten Verpflichtungen zur Erfüllung der
und den Artikeln 72 und 76. In einem zweiten       Sorgfaltspflicht in der Lieferkette nach und
Kapitel wird auf das End-of-Life-Management        bewahrt Unterlagen auf, durch die er seine
und Recycling von Batterien eingegangen,           Einhaltung dieser Verpflichtungen nach-
indem die wesentlichen Kritikpunkte an den         weisen kann und die auch die Ergebnisse
Artikeln 56-57, 8, 48-49, 55 und 47 dargelegt      der von notifizierten Stellen durchgeführ-
werden. Die drei darauffolgenden kurzen Ka-        ten Überprüfung durch Dritte enthalten.7
pitel befassen sich mit dem Gegenstand und                                                         11
Anwendungsbereich der BattVO (Artikel 1),        Der Artikel 39 ist einer der meist diskutierten
dem vorgesehenen CO 2 -Fußabdruck für Bat-       und umstrittensten der gesamten Batterie-
terien (Artikel 7) und der Entfernbarkeit und    verordnung. Über dreieinhalb Seiten sieht
Austauschbarkeit von Gerätebatterien (Artikel    er zahlreiche Bestimmungen und Pflichten
11). In einem letzten Kapitel werden weitere     für die im Batteriesektor zuständigen Wirt-
Anmerkungen der verschiedenen Parteien           schaftsakteure vor. Diese reichen von der Ver-
gesammelt thematisiert.                          pflichtung zu einer Unternehmensstrategie
                                                 für eine nachhaltige Rohstofflieferkette über
2.1 Menschenrecht­liche                          die Verhinderung der im Anhang X der Batt-
                                                 VO genannten menschenrechtlichen und um-
und umwelt­bezogene
                                                 weltbezogenen Risiken bis hin zur Einrichtung
­Sorgfaltspflichten                              verschiedener Prüforgane zur Einhaltung der
Die menschenrechtlichen und umweltbe-            Sorgfaltspflichten. Zudem verpflichtet der Ar-
zogenen Sorgfaltspflichten stellen für viele     tikel die Wirtschaftsakteure dazu, ihre „Vor-
beteiligte Akteursgruppen die bedeutsams-        kehrungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht
ten Punkte der BattVO dar. Sie verpflichten      in der Lieferkette“ 8 jährlich einer möglichst
Hersteller und Unternehmen in der Batterie-      großen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.9
industrie dazu, ihre Sorgfaltspflicht entlang
der Lieferkette von bestimmten Batterie-
rohstoffen einzuhalten und sich dafür an be-      Die drei an der Ausarbeitung der
stehenden internationalen Gesetzgebungen          BattVO beteiligten Ausschüsse
und Leitfäden zu orientieren. Dies kann ent-      des europäischen Parlaments plä-
weder im Rahmen des in der neuen BattVO           dieren in ihrer Kommentierung des
vorgeschriebenen Systems zur Kontrolle und        Kommissionsentwurfs einstimmig für
Überprüfung geschehen oder über bereits           die Änderung der in Artikel 39 erwähnten
bestehende Brancheninitiativen der einzel-       „Liefer­kette“ zur „Wertschöpfungskette“.10
nen Unternehmen. Bei Nichteinhaltung der          Damit wird die Rolle, die die Unternehmen
vorgesehenen Sorgfaltspflichten müssen die        in der Wertschöpfung ihrer Produkte in
Unternehmen mit Sanktionen rechnen.               den einzelnen Produktionsschritten spielen,
                                                  betont und die Aufmerksamkeit nicht nur
                                                  auf die vorgelagerte Lieferkette, sondern
                                                  auch auf die wertsteigernden Prozesse in
                                                  der Vermarktung und Reparatur gelenkt.
Sowohl der IMCO-Ausschuss als auch der         Auch aus der Industrie kommen
     ITRE-Ausschuss betonen in ihren Ände-          Stimmen, die den zusätzlichen bü-
     rungsvorschlägen die Wichtigkeit, weitere      rokratischen Aufwand kritisieren,
     international anerkannte Standards zur Er-     der mit den in Artikel 39 festgeschriebe-
     füllung der Sorgfaltspflicht in die BattVO     nen Anforderungen verbunden ist.17 Meh-
     aufzunehmen und als Grundlage für die          rere Unternehmen und Verbände aus der
     BattVO die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft    Automobilindustrie fordern deshalb eine
     und Menschenrechte zu benennen.11 Be-          Harmonisierung der neuen Anforderun-
     sonders der IMCO-Ausschuss schlägt zu-         gen mit den bestehenden Regelungen
     dem zahlreiche Änderungen vor, die den         zur Sorgfaltspflicht und Berichterstattung
     Gesetzestext zum einen präziser gestalten      von Unternehmen, wie zum Beispiel in
     und zum anderen strengere Anforderungen        der Konfliktmineralienverordnung.18 Dafür
     an die Unternehmen stellen.12 Außerdem         empfehlen sie eine Orientierung an den
     fügt er dem Artikel 39 in seiner Kommen-       bereits etablierten internationalen Leitsät-
     tierung einen neuen Paragraphen hinzu,         zen für Multinationale Unternehmen der
     der die Mitgliedsstaaten in die Verpflich-     OECD oder den UN-Leitlinien für Wirtschaft
     tung nimmt, die in ihrem Hoheitsgebiet         und Menschenrechte – wie auch die Parla-
     ansässigen Unternehmen bei der Erfüllung       mentsausschüsse anmerken.19 Das Nickel
     ihrer Sorgfaltspflichten zu unterstützen.13    Institute schlägt als Lösung vor, sämtliche
     Der ITRE-Ausschuss hingegen nimmt in           menschrechtliche und umweltbezogene
     seinem Änderungsentwurf die Überprü-           Sorgfaltspflichten für alle Rohstoffe geltend
     fung von Brancheninitiativen durch Drit-       zu machen und in einer allgemeinen Ver-
     te auf.14 Wie aus bisherigen Dokumenten        ordnung zu veröffentlichen. 20 Damit wür-
     hervorgeht, möchte der ENVI-Ausschuss          de eine Aufsplittung der Sorgfaltspflichten
     demgegenüber die Einhaltung der Sorg-          nach Industrien und einzelnen Rohstoffen
     faltspflichten mit stärkeren Sanktionen, das   verhindert, etwaige Überschneidungen
     heißt, mit der Einschränkung beziehungs-       oder Widersprüche zwischen den Verord-
     weise dem Verbot der wirtschaftlichen          nungen vermieden und der administrative
12   Tätigkeiten von Unternehmen auf dem in-        Mehraufwand für Unternehmen verringert
     ternationalen Markt, garantieren.15 Zudem      werden. Weitere Stimmen aus der Indust-
     möchte der ENVI-Ausschuss dem Artikel          rie fordern mehr Klarheit und Präzision der
     39 ein Haftungsregime hinzufügen. In einer     in Artikel 39 verwendeten Begrifflichkeiten
     früheren Kommentierung des Gesetzesent-        und Methoden, wie zum Beispiel der ge-
     wurfs durch den ENVI-Ausschuss im No-          nauen Lieferkettenlänge oder den Anfor-
     vember 2021 merkt der Abgeordnete Sven         derungen an die Prüfung durch Dritte. 21 Die
     Giegold der Grünen / EVA zudem an, dass        BMW Group kritisiert zudem, dass europäi-
     die EU ein Moratorium gegen Tiefseeberg-       sche Unternehmen die alleinige Verantwor-
     bau aussprechen soll, bis dessen Folgen für    tung für Prozesse entlang der gesamten
     Mensch und Natur endgültig geklärt sind.16     Lieferkette tragen sollen und so trotz gro-
                                                    ßer Bemühungen für Fehler haftbar ge-
                                                    macht werden können. Daher plädiert sie
                                                    dafür, eine sogenannte safe harbour rule in
           Laut verschiedener Quellen aus Brüs-     den Gesetzestext des Artikels 39 einzubrin-
           sel schlugen die Mitgliedsstaaten        gen, um Unternehmen nur bei absichtlicher
           unter der slowenischen Ratspräsi-        Missachtung ihrer Pflichten haftbar zu ma-
           dentschaft im Winter 2021 hingegen       chen, nicht jedoch bei Missachtung ihrer
           vor, den Artikel 39 zu streichen und     etablierten Compliance-Systeme zur Sorg-
     gemeinsam mit den Inhalten des Artikels        faltspflicht durch Dritte. 22 Außerdem betont
     72 zu einem neuen Artikel 45 zusammen-         der Recyclingkonzern Umicore, dass die Be-
     zufassen. Mehrere Mitgliedsstaaten hätten      richterstattung über die Einhaltung der un-
     zudem Bedenken bezüglich des großen ad-        ternehmerischen Sorgfaltspflicht nicht an
     ministrativen Mehraufwands für Regierun-       die „vollständige Offenlegung ihrer Bezugs-
     gen und Unternehmen zum Einhalten der          quellen“ 23 entlang der Lieferkette geknüpft
     Sorgfaltspflichten geäußert.                   sein sollte, um keine Wettbewerbsnachteile
                                                    zu schaffen.
Ähnlich wie die Industrie fordern
     nahezu alle evaluierten Organisatio-
     nen aus der europäischen Zivilgesell-
schaft, darunter PowerShift, explizit eine
stärkere Orientierung des Artikels 39 an
den UN-Leitlinien für Wirtschaft und Men-
schenrechte und den OECD-Leitsätzen für
Multinationale Unternehmen. 24 Diese sollen
jedoch nicht nur genannt, sondern gemein-
sam mit den Richtlinien aus dem EU-Um-
weltrecht und dem Vorsorgeprinzip der
UNEP 1992 in konkrete Verpflichtungen für
Unternehmen übersetzt und in Paragraph
39(7) übernommen werden. 25 Kritisch se-
hen die Organisationen außerdem die Rolle
der Brancheninitiativen in der Einhaltung
der unternehmerischen Sorgfaltspflicht: Le-
diglich jene, die die in Artikel 39 etablierten
Kriterien erfüllen, sollten von der Kommis-
sion verifiziert und ihre Effizienz zusätzlich
durch eine regelmäßige Berichterstattung
und Überprüfung durch unabhängige Drit-           Die Zivilgesellschaft fordert, Kupfer, Eisen und Bauxit in
te garantiert werden. 26 Ein von den ande-        die Liste der Batterierohstoffe aufzunehmen.
                                                  Photo: Alexey Rezvykh, Adobe Stock
ren Akteursgruppen nicht erwähnter, aus
zivilgesellschaftlicher Perspektive jedoch
durchaus relevanter Punkt, ist die Fra-            b) Anhang X: Verzeichnis der
ge nach den Kriterien für den Import von          ­Rohstoffe und Risikokategorien
Batterien und den Export von End-of-Life-
Batterien außerhalb der EU. Mehrere Or-           Im Anhang X des Entwurfs für die neue Batt-                  13
ganisationen plädieren an diesem Punkt            VO befindet sich das Verzeichnis der Roh-
dafür, dass Batterien nur von Unternehmen         stoffe und Risikokategorien, auf die in der
importiert beziehungsweise zu ihnen ex-           Verordnung in verschiedenen Artikeln und Pa-
portiert werden können, wenn diese die            ragraphen verwiesen wird. Große Bedeutung
in der EU geltenden Standards zu Gesund-          hat dieser Anhang auch für den Artikel 39. Be-
heit und Sicherheit für deren Mitarbeiten-        sonders die Begrenzung der Batterierohstoffe
de und die Umwelt garantieren können. 27          auf Kobalt, natürliches Grafit, Lithium und Ni-
Die Deutsche Umwelthilfe formuliert dazu          ckel sowie die Nennung lediglich sechs inter-
konkrete Vorschläge für die Änderung des          nationaler Instrumente zur Bekämpfung der
Gesetzestextes. 28 Des Weiteren betonen die       im Anhang genannten Kategorien für soziale
Organisationen die Relevanz des Zugangs           und Umweltrisiken werden von den verschie-
zur Justiz für Opfer von Menschenrechts-          denen Akteuren scharf kritisiert. 33
verletzungen und Umweltzerstörung. 29 Die
Brüsseler Organisation Transport & Environ-
ment fordert deshalb, dass Unternehmen             Bei der Kommentierung des An-
dazu verpflichtet werden, jegliche Hinder-         hang X der BattVO sind sich die
nisse für gerichtliche Prozesse und Klagen         drei Ausschüsse des europäischen
von potenziellen Opfern zu beseitigen. 30 Zu-      Parlaments einig: Zum einen fordern
dem fordern mehrere zivilgesellschaftliche         sie die Erweiterung der Rohstoffliste um
Akteure, darunter PowerShift, den Anwen-           Eisen, Kupfer und Bauxit und zum anderen
dungsbereich von Artikel 39 auf EU-Ebene           soll den in X(2) genannten Risikokatego-
auf alle Batteriekategorien zu erweitern,          rien „Klimawandel“ und „Abfallwirtschaft“
unabhängig von deren Größe und Kapazi-             hinzugefügt werden. 34 Außerdem wollen
tät, sowie die Änderung des Begriffs „Liefer-      sie eine Reihe weiterer internationaler Ins-
kette“ in „Wertschöpfungskette“. 31 Weitere        trumente für die Eindämmung der Risi-
Organisationen, wie das Umwelt-Netzwerk            kokategorien in den Anhang aufnehmen,
ECOS, fordern außerdem ein EU-weites Mo-           dazu gehören: Das Pariser Klimaabkom-
ratorium für Tiefseebergbau, solange des-          men; die UN-Leitlinien für Wirtschaft und
sen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt             Menschenrechte; die Kinderrechte und
nicht wissenschaftlich geklärt sind. 32            Geschäftsprinzipien der UNICEF; die acht
                                                   grundlegenden ILO Konventionen, darun-
                                                   ter die Dreigliedrige Grundsatzerklärung
                                                   über multinationale Unternehmen und
c) Artikel 72: Systeme zur
     Sozialpolitik; die OECD-Leitlinien zur Sorg-
                                                     ­ rfüllung der Sorgfaltspflicht in
                                                     E
     faltspflicht für verantwortungsbewusstes
     unternehmerisches Handeln; die OECD-            der ­Lieferkette
     Leitlinien für Multinationale Unternehmen;        72(1) Regierungen, Industrieverbände
     und die OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht      und Gruppierungen interessierter Orga-
     für verantwortungsvolle Lieferketten von          nisationen, die Systeme zur Erfüllung der
     Mineralien aus konfliktbetroffenen und            Sorgfaltspflicht entwickelt haben und be-
     Hochrisikogebieten. 35                            aufsichtigen („Systembetreiber“), können
                                                       bei der Kommission beantragen, dass ihre
     Diese Liste, so plante die slowenische Rats-      Systeme zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht
     präsidentschaft, sollte um die Erklärung der      in der Lieferkette von der Kommission an-
     ILO über die grundlegenden Prinzipien und         erkannt werden. […]41
     Rechte bei der Arbeit und der Internatio-
     nalen Menschenrechtskonvention ergänzt          Der Artikel 72 der BattVO befasst sich mit der
     werden, wie es aus der belgischen Haupt-        Gesetzeslage zu bestehenden Branchenin-
     stadt heißt. Dabei soll explizit auch der       itiativen von Unternehmen, die in der Batte-
     Internationale Pakt über bürgerliche und        rieherstellung und -vermarktung tätig sind.
     politische Rechte und der Internationale        Laut einer Studie von Transport & Environ-
     Pakt über wirtschaftliche, soziale und kultu-   ment ergreifen besonders in der Automo-
     relle Rechte in X(3) aufgenommen werden.        bilindustrie immer mehr Unternehmen die
                                                     Initiative, wenn es darum geht, die Lieferket-
                                                     ten für ihre Rohstoffversorgung nachhaltig
                                                     zu gestalten und Menschenrechtsverletzun-
           Aus der Zivilgesellschaft folgen den      gen und Umweltschäden vorzubeugen.42 Um
          Forderungen der Ausschüsse und der         diese Bemühungen wertzuschätzen und den
         slowenischen Ratspräsidentschaf t           administrativen Aufwand einer Umstellung
     ähnliche Stimmen: Es herrscht Konsens           ihres Systems zu minimieren, ermöglicht die
     darüber, Kupfer, Eisen und Bauxit in die        BattVO in Artikel 72 die Anerkennung der be-
14   Liste der Batterierohstoffe aufzunehmen,        stehenden Initiativen, die „je nach Bedarf in
     die Risikokategorien um Klimawandel und         regelmäßigen Abständen“ 43 von der Kom-
     Abfallwirtschaft zu erweitern und die Liste     mission über die anhaltende Erfüllung der
     der internationalen Instrumente um die          Kriterien geprüft werden. Zudem schreibt
     oben genannten sowie weitere zu ergän-          der Artikel bei Scheitern der Initiativen und
     zen. 36 Darunter befinden sich, ähnlich wie     Verstößen gegen die in Artikel 39 genannten
     bereits für den Artikel 39 angemerkt, die       Sorgfaltspflichten Maßnahmen gegen die Un-
     Aufnahme des EU-Umweltrechts sowie die          ternehmen fest.44 Da er eins zu eins aus der
     Einbindung des Standards für ökologische        europäischen Konfliktmineralienverordnung
     Verantwortung der Initiative for Responsi-      übernommen wurde, sehen viele die Inhalte
     ble Mining Assurance (IRMA), welche nach        des Artikels kritisch. Die bereits knapp fünf
     Forderungen von Transport & Environment         Jahre alte Verordnung ist an vielen Stellen ver-
     bis 2025 von sämtlichen europäischen Au-        altet und an anderen Stellen sehr spezifisch
     tomobilherstellern erfüllt werden sollen. 37    auf Konfliktmineralien zugeschnitten, was
     In einer aktuellen Studie der Organisation      den Anwendungsbereich für Batterierohstof-
     weist diese zudem auf spezifische Instru-       fe stark eingrenzt.45
     mente für die einzelnen Risikokategorien
     hin, die die Anwendung und Umsetzung
     der Leitlinien für Unternehmen erleichtern       Im Änderungsentwurf des ITRE-Aus-
     sollen. 38 Mit Hinblick auf den Schutz der       schusses wird darauf hingewiesen,
     Rechte indigener Völker plädiert Power­          dass viele Brancheninitiativen von
     Shift außerdem dafür, die ILO-Konvention         Organisationen und Verbänden, so-
     169 und die entsprechende UN-Deklara-            genannte Drittanbieter, außerhalb der EU
     tion in die Liste aufzunehmen. 39 Transport      entwickelt wurden.46 Diese sind vom bis-
     & Environment betont zudem die Wich-             herigen Gesetzestext jedoch nicht für die
     tigkeit, internationale Instrumente nicht        Beantragung ihrer Systeme zugelassen.
     nur im Anhang X aufzulisten, sondern die         In einer neuen Formulierung will der Aus-
     Mitgliedsstaaten auch dazu zu verpflich-         schuss dies ändern und die Bemühungen
     ten, diese in ihre nationalen Gesetze und        von Unternehmen über außereuropäische
     Bestimmungen zu übersetzen, um sie so            Drittanbieter würdigen.47
     nicht nur als Orientierungswerke zur Verfü-
     gung zu stellen, sondern deren Einhaltung
     für Unternehmen rechtlich bindend zu ma-
     chen.40
Stimmen aus der Zivilgesellschaft         menschenrechtlichen und umweltbezoge-
     betonen hingegen, dass Branchenini-        nen Sorgfaltspflichten und bietet Möglich-
     tiativen nur dann von der Kommission       keiten zur Entschädigung und zum Zugang
zugelassen werden sollen, insofern diese        zur Justiz an.
auch die unternehmerischen Sorgfalts-
pflichten vollständig erfüllen können. Dies
soll durch die regelmäßige Überprüfung
durch unabhängige Dritte und die Einbin-        Während viele zivilgesellschaftliche
dung der Zivilgesellschaft in die Entschei-     Organisationen eine Spezifizierung der
dungsgremien der Initiativen sichergestellt     im Artikel genannten Sanktionen recht
werden.48                                       allgemein fordern, 53 macht PowerShift
                                                konkrete Änderungsvorschläge: Artikel 76
                                                soll einen präzisen rechtlichen Rahmen für
                                                Sanktionen setzen, spezifische Sanktions-
d)   Artikel 76: Sanktionen
                                                mechanismen etablieren, den Zugang zu
 Die Mitgliedstaaten erlassen Vorschriften      Entschädigung erleichtern und kurzfristige
 über Sanktionen, die bei Verstößen gegen       Lösungsansätze für Unternehmen anbie-
 diese Verordnung zu verhängen sind, und        ten, damit diese Menschenrechtsverletzun-
 treffen alle für die Anwendung der Sankti-     gen und Umweltschäden vorbeugen und
 onen erforderlichen Maßnahmen. Die vor-        verhindern können. 54
 gesehenen Sanktionen müssen wirksam,
 verhältnismäßig und abschreckend sein.
 Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission     2.2 End-of-Life-Management &
 diese Vorschriften und Maßnahmen un-          ­Recycling
 verzüglich mit und melden ihr unverzüg-
 lich alle diesbezüglichen Änderungen.49
                                                Die Mitgliedsstaaten stufen die
                                                ­Kapitel und Artikel zum End-of-­Life-
        Der IMCO-Ausschuss erweitert die-        Management und Recycling von                   15
         sen kurzen Artikel in seiner Kom-       Batterien als eines der zentralen und
        mentierung um die verschiedenen          wichtigsten Themen der BattVO ein.
       Möglichkeiten von Verstößen gegen        Ähnlich wie die Artikel zu den menschen-
   die BattVO, für die die genannten Sank-       rechtlichen und umweltbezogenen Sorg-
tionen greifen würden. Dazu gehören zum          faltspflichten sind die darunterfallenden
einen falsche Angaben zu den stofflichen        Paragraphen zu den Recyclingeffizienzen,
und chemischen Inhalten der Batterie und         dem Recyclatgehalt und der Sammlung
zur Marktüberwachung. Zum anderen be-            von Altbatterien sehr umstritten. Auch die
inhalten die Ergänzungen die Vorenthal-          von Artikel 47 abgedeckte sogenannte Er-
tung von technischen Informationen, die          weiterte Herstellerverantwortung wird
die Batterie vom europäischen Markt aus-         besonders von Seiten der Industrie stark
schließen könnten. 50 Verstöße gegen die         kritisiert.
menschenrechtlichen und umweltbezo-
genen Sorgfaltspflichten wären demnach
nicht von Artikel 76 betroffen. Dem gegen-
übergestellt schlägt der ITRE-Ausschuss
                                               a) Artikel 56-57: Behandlung
bereits eine Änderung des Titels von Artikel   und Recycling sowie Recycling­
76 zu „Zugang zur Justiz und Sanktionen“       effizienzen und Zielvorgaben für
vor. 51 Des Weiteren macht er nicht die Mit-   die stoffliche Verwertung
gliedsstaaten, sondern die Kommission für
das Erlassen der einzelnen Vorschriften und      56(1) Gesammelte Altbatterien dürfen nicht
Sanktionen verantwortlich und verpflichtet       auf Deponien gelagert oder verbrannt
die Mitgliedsstaaten dazu, diese in ihre na-     werden. 55
tionale Gesetzgebung zu übernehmen. Der
Vorschlag sieht vor, dass die Kommission         57(1) Alle gesammelten Altbatterien wer-
bis Januar 2023 „einheitliche Kriterien für      den einem Recyclingverfahren zugeführt. 56
wirksame, verhältnismäßige und abschre-
ckende Sanktionen und für die Entschä-          Die Artikel 56 und 57 der BattVO enthalten
digung von Einzelpersonen“ 52 entwickelt.       Bestimmungen zum Recycling von Batterien.
Damit bezieht der Ausschuss die Inhalte         Um ein sicheres und nachhaltiges Recycling-
des Artikels 76 nicht nur auf die Missach-      verfahren zu sichern, verweisen beide Artikel
tung bestimmter Artikel der neuen Batt-         auf die im Anhang XII der BattVO genannten
VO, sondern auch auf die Verletzung der        „besten verfügbaren Techniken“ 57, die von den
                                                Recyclingbetreibern erfüllt werden müssen. 58
Im ersten Entwurf der neuen Batte-      dem der Recyclingprozess offiziell als been-
             rieverordnung enthalten die genann-     det betrachtet werden kann. Um nicht nur
            ten Artikel lediglich Verweise auf die   die Recyclingeffizienz, sondern auch die
           Verpflichtung von Unternehmen zum         Qualität des Sekundärmaterials für dessen
      Recycling von Altbatterien. Die Ausschüs-      Wiederverwendung zu steigern, werden
      se des europäischen Parlaments betonen         für den Recyclingprozess hohe Mengen an
      jedoch die Wichtigkeit, auch Möglichkeiten     Energie und Chemikalien gebraucht, die
      zur Wiederverwendung beziehungsweise           die Umwelt zusätzlich belasten.64 Die neue
      Wiederaufbereitung von Altbatterien zu         BattVO sollte deshalb das End-of-Recycling
      eröffnen. 59 Der ITRE-Ausschuss fordert in     genau definieren, um übermäßigen Ener-
      seiner Kommentierung sogar, diese beiden       gieverbrauch und Einsatz von Chemikalien
      Optionen vor der Einleitung des Recycling-     im Recyclingverfahren zu verhindern.
      prozesses zu priorisieren. Des Weiteren
      sollen die genannten Recyclingeffizienzen
     „auf der Grundlage einer Wirtschafts- und
      Umweltverträglichkeitsprüfung“ 60 basieren,    Wie auch die vorigen Akteursgrup-
      um die Kosten und Nutzen für Unterneh-         pen, fordert die Zivilgesellschaft eine
      men und Natur miteinander abzuwägen.           Einbringung der Wiederverwendung
      Stand jetzt (Januar 2022) weist der EN-        und Wiederaufbereitung von Batterien in
      VI-Ausschuss zudem darauf hin, dass            die Artikel 56 und 57. Diese Möglichkeiten
      Batterien, die Quecksilber enthalten, aus      sollen vor Einleiten des Recyclingprozesses
      Gründen der Gesundheit und Sicherheit          geprüft und für die Behandlung von Alt-
      von Recyclingprozessen ausgeschlossen          batterien verpflichtend gemacht werden.65
      werden sollten.61                              Die Deutsche Umwelthilfe fordert zusätz-
                                                     lich das Festschreiben eines Rechts auf Re-
                                                     paratur, welches auf die Bereitstellung von
                                                     Ersatzteilen, Anleitungen und Software-
            Aus Brüssel ist durchgedrungen, dass     Updates durch den Hersteller abzielt.66 Ne-
16          in der Überarbeitung des Entwurfs        ben der Etablierung eines Pfandsystems für
            durch die Mitgliedsstaaten während       Altbatterien fordern viele zivilgesellschaftli-
            der portugiesischen Ratspräsident-       che Organisationen zudem die Einführung
            schaft weitere Änderungen an den         höherer Recyclingziele, die nach dem aktu-
     beiden Artikeln vorgenommen werden sol-         ellen Stand der Technik entsprechend lau-
     len. So sollen aus dem Artikel 56 sämtliche     fend erhöht werden sollen.67 Auch für die
     Referenzen zu Recycling gelöscht werden         Deutsche Umwelthilfe besteht die Frage
     und in Artikel 57 alle drei Möglichkeiten—      nach einer Definition des End-of-Recyc-
     Recycling, Wiederverwendung und Wie-            lings. Sie legt diese auf das Erreichen der-
     deraufbereitung—für die Behandlung von          jenigen Qualität fest, die für die Herstellung
     Altbatterien zur Auswahl stehen. Einige         einer neuen Batterie notwendig ist.68
     Stimmen aus der belgischen Hauptstadt
     berichten zudem, dass mehrere Mitglieds-
     staaten mehr Klarheit darüber fordern, ab
     wann das Recyclingverfahren für eine Bat-
                                                     b) Artikel 8: Recyclatgehalt
     terie eingeleitet werden muss.                  von Industriebatterien, Traktions­
                                                     batterien und Starterbatterien
                                                      8(3) Ab dem 1. Januar 2035 müssen In-
            Aus der Batterieindustrie wird vor        dustriebatterien, Traktionsbatterien und
            allem Kritik zu den hoch angesetz-        Starterbatterien mit internem Speicher
            ten Recyclingeffizienzen laut. North-     mit einer Kapazität von mehr als 2 kW,
     volt und das Nickel Institute sprechen von       die Kobalt, Blei, Lithium oder Nickel in
     unrealistischen Zielen und der nahezu            aktiven Materialien enthalten, technische
     Unmöglichkeit, Effizienzen von über 90           Unterlagen beiliegen, aus denen zu jedem
     Prozent einzuhalten. 62 Außerdem sehen           Batteriemodell und jeder Batteriecharge
     sie die Gefahr, dass die hochgesteckten          pro Erzeugerbetrieb hervorgeht, dass die
     Recyclingeffizienzen andere sogar um-            aktiven Materialien dieser Batterien den
     weltfreundlichere Möglichkeiten wie die          nachstehend genannten Mindestanteil an
     Wiederverwendung und Wiederaufberei-             aus Abfällen zurückgewonnenem Kobalt,
     tung von Altbatterien ausschließen.63 Der        Blei, Lithium oder Nickel enthalten:
     Recyclingkonzern Umicore fordert zudem           a) 20 % Kobalt;
     eine Definition des sogenannten End-of-          b) 85 % Blei;
     Recyclings, also dem Qualitätsmerkmal, an        c) 10 % Lithium;
                                                      d) 12 % Nickel.69
Im Artikel 8 der BattVO werden explizite An-
gaben zum Mindestrecyclatgehalt von Kobalt,     einige der genannten Unternehmen die
Blei, Lithium und Nickel in bestimmten Bat-     durch die zahlreichen vorgeschriebenen
terietypen zu festgelegten Fristen gemacht,     Quoten eingeschränkte Flexibilität, wel-
jeweils ab dem 1. Januar 2027, 2030 und 2035.   che die Weiterentwicklung neuer Techno-
Zudem enthält der Artikel einen Verweis auf     logien behindert. Strikte Vorgaben zum
die Befähigung der Kommission zur Ände-         Recyclatgehalt in Batterien, die nicht dem
rung des in der BattVO festgeschriebenen        aktuellen Stand der Recyclingtechnik an-
Zielwerts, womit sie diese entsprechend der     gepasst sind, erschweren die Entwicklung
Verfügbarkeit der Materialien bis Ende 2027     neuer Zusammensetzungen von Batterien,
gegebenenfalls anpassen kann.70                 die sowohl auf technologischer Ebene als
                                                auch in Sachen Umweltschutz Fortschritt
                                                bringen könnten. Deshalb fordern insbe-
         Der ITRE- sowie der ENVI-Ausschuss     sondere Automobilverbände eine stetige
         schlagen in ihrer Kommentierung        Anpassung des Recyclatgehalts an die ak-
         die Erweiterung des Anwendungs-        tuell möglichen Recyclingverfahren.76 Des
        bereichs auf sämtliche Batterietypen    Weiteren plädiert die BMW Group dafür,
  sowie die Erhöhung des Recyclatgehalts        dass die vorgeschriebenen Quoten nicht
 vor.71 Der Umweltausschuss befürwortet zu-     nur für europäische Unternehmen gelten,
 dem eine schnellere Implementierung des        sondern auch für importierte Batterien, um
 Artikels 8 und ein Vorziehen der gesetzten     so die gleichen Wettbewerbsbedingungen
 Termine zur Umsetzung für Unternehmen          vor allem mit dem asiatischen Markt zu er-
 aus der Batteriebranche.72                     halten.77

       Im Gegensatz dazu haben wir über         Ähnlich wie der ENVI-Ausschuss for-
       einige Mitgliedsstaaten gehört, dass     dern zahlreiche zivilgesellschaftliche
       sie die in Artikel 8 genannten Fristen   Organisationen einen strengeren Zeit-
       verlängern möchten. Andere schla-        plan zur Einführung des Recyclatgehalts.78      17
       gen die Einführung eines Kreislauf-      Auch soll der Anwendungsbereich auf
 systems zwischen dem Recyclatgehalt von        tragbare und Primärbatterien erweitert
 Batterien und deren Recyclingeffizienzen       werden.79 Ein weiterer wichtiger Punkt für
 vor, um so ein geschlossenes System der        die europäische Zivilgesellschaft ist die
 Produktion und Wiederverwertung inner-         Betonung der Kreislaufwirtschaft im Re-
 halb der Batteriebranche zu etablieren.        cyclingprozess von Batterien. So sollten
                                                lediglich Recyclate, die aus der Wiederver-
                                                wertung von Batterien gewonnen wurden,
                                                für die Produktion neuer Batterien verwen-
        Auch aus der Industrie erbitten das     det werden dürfen. Dies garantiere laut der
        Nickel Institute und der europäische    Deutschen Umwelthilfe nicht nur ein ge-
        Automobilherstellerverband (ACEA)       schlossenes System innerhalb der Batterie-
 eine Verlängerung der genannten Fristen,       branche, sondern rege Hersteller zusätzlich
 um genügend Zeit für die Anpassung ihrer       zu höheren Recyclingraten an.80
 Systeme zu haben.73 Außerdem äußert be-
 sonders die Automobilindustrie, darunter
 die BMW Group, Daimler und ACEA, sowie
 der Recyclingkonzern Umicore mehrere           c) Artikel 48-49, 55: Sammlung
 Bedenken bezüglich der Auswirkungen des        von Gerätealtbatterien, Starter-
 Artikels 8 auf die Wettbewerbsfähigkeit und
                                                altbatterien, Industriealt­batterien
 die Entwicklung von technischen Innovatio-
 nen auf dem Batteriemarkt.74 So nennen sie     und Traktionsbatterien sowie
 zum einen eine mögliche Knappheit an Se-       Sammelquoten für Gerätealt­
 kundärrohstoffen, die von der Einführung       batterien
 von Wiederverwendungs- und Wiederauf-
 bereitungsmaßnahmen für Altbatterien            48(1) Die Hersteller bzw. die in ihrem Namen
 und daraus entstehenden verminderten            handelnden Organisationen, denen gemäß
 Recycling- und Recyclatraten ausgelöst          Artikel 47 Absatz 2 die Herstellerverantwor-
 werden könnte. Diese würde wiederum zu          tung übertragen wurde, stellen sicher, dass
 Produktionseinschränkungen führen, da           alle Gerätealtbatterien unabhängig von Art,
 der in Artikel 8 festgelegte Recyclatgehalt     Marke oder Herkunft im Hoheitsgebiet des
 in neuen Batterien nicht eingehalten wer-       Mitgliedstaats, in dem die Hersteller Batte-
 den könnte.75 Zum anderen bemängeln             rien erstmals auf dem Markt bereitstellen,
                                                 gesammelt werden. […]81
49(1) Die Hersteller […] nehmen alle Star-
       teraltbatterien, Industriealtbatterien und     die fehlende Klarheit über die Zuteilung
       Traktionsaltbatterien der Typen, die sie im    der Verantwortlichkeiten zwischen Staaten
       Hoheitsgebiet des betreffenden Mitglied-       und Unternehmen. Zudem hieß es, dass
       staats erstmals auf dem Markt bereit-          die Mitgliedsstaaten noch zahlreiche offene
       gestellt haben, unentgeltlich und ohne         Fragen zur Berechnung der Sammelquo-
       den Endnutzer zu verpflichten, eine neue       ten verwendete Methodologie hätten, die
       Batterie zu kaufen oder die Altbatterie bei    von der Kommission nicht geklärt werden
       ihnen gekauft zu haben, zurück. […]82          konnten.

       55(1) Die Mitgliedstaaten erreichen die
       folgenden Mindestsammelvorgaben für
       Gerätealtbatterien, ohne Altbatterien aus      Auch die Industrie äußert Kritik an
       leichten Verkehrsmitteln:                      der vorgeschlagenen Methodologie.
       a) 45 % bis 31. Dezember 2023;                 Diese sei noch nicht ausgereift und
       b) 65 % bis 31. Dezember 2025;                 müsste vor der endgültigen Festlegung der
       c) 70 % bis 31. Dezember 2030.83               Sammelquoten genau bestimmt werden. 88
                                                      Wie schon die Mitgliedsstaaten, fordern die
     Die genannten drei Artikel der BattVO befas-     BMW Group und ACEA eine Klarstellung
     sen sich mit der Sammlung verschiedener Alt-     der Verantwortlichkeiten für Unternehmen
     batterietypen und setzen dementsprechende        und Staaten und eine genauere Definition
     Sammelquoten für die gerechte Entsorgung,        der einzelnen Bestimmungen. 89 Insbeson-
     Weiterverarbeitung oder Recycling fest. Da-      dere die Automobilindustrie bemängelt
     bei wird in den Artikeln 48 und 49 ein Schwer-   zudem die Verpflichtung zur Etablierung
     punkt auf die Errichtung von Sammelstellen       neuer Sammelsysteme. Viele Automobil-
     und Rücknahmevorkehrungen gesetzt, wäh-          hersteller haben bereits erprobte Systeme
     rend sich Artikel 55 auf die Zielsetzung ver-    für die Sammlung von Altbatterien errich-
     schiedener Mindestsammelvorgaben in den          tet, unter anderem um die Integrität inner-
     Jahren 2023, 2025 und 2030 fokussiert.84         halb der Elektrofahrzeuge zu garantieren
18                                                    und einen internen Kreislauf der Materia-
                                                      lien zu sichern. Diese geschlossenen Sys-
             Im bisherigen Entwurf werden Bat-        teme sollten deshalb laut Forderungen der
             terien leichter Transportmittel von      Automobilindustrie durch einen zusätzli-
             den Sammelquoten ausgeschlossen.         chen Paragraphen als Alternative zur Ein-
           Der ENVI-Ausschuss bemängelt die-          richtung neuer Systeme anerkannt werden
        sen Umstand in seiner Kommentierung           können.90
      und schlägt die Aufnahme dieser Batterien
      in die betroffenen Artikel vor. 85 Neben der
      Erhöhung der in Artikel 55 genannten Sam-
      melquoten, fordert der ITRE-Ausschuss           Wie bereits verschiedene Organe
      zudem die Einrichtung von Pfandrücker-          der EU vorgeschlagen haben, fordert
      stattungssystemen in allen Mitgliedsstaa-       die Zivilgesellschaft die Aufnahme
      ten.86 Der IMCO-Ausschuss geht sogar noch       von Batterien von leichten Transportmit-
      einen Schritt weiter: In seiner Kommentie-      teln, wenn nicht sogar allen Batterietypen,
      rung fügt er dem bisherigen Entwurf der         in die genannten Artikel. 91 Unabhängig
      BattVO einen weiteren Artikel (72a) hinzu,      der verwendeten Methodologie sollen die
      in welchem die Mitgliedsstaaten zur Eta-        Sammelquoten für Altbatterien zu unter-
      blierung eines Pfandrückerstattungssys-         schiedlichen Prozentsätzen erhöht wer-
      tems für die Sammlung von Altbatterien          den, um ehrgeizigere Ziele zur Erreichung
      verpflichtet werden. 87                         der europäischen Kreislaufwirtschaft zu
                                                      stecken.92 Zudem sollen Pfandrückerstat-
                                                      tungssysteme für Altbatterien eingeführt
                                                      werden, um Anreize zur Rückgabe für die
            Wie es aus Brüssel heißt, forderte        Endnutzer*innen zu schaffen.93
            die portugiesische Ratspräsident-
            schaft ähnlich wie der Umweltaus-
            schuss in ihrer Kommentierung, dass
            Sammelquoten und -systeme für
      Altbatterien von leichten Transportmit-
      teln den betroffenen Artikeln hinzugefügt
      werden. Mehrere Mitgliedsstaaten der EU
      hingegen kritisieren die knappen Fristen
      zum Errichten der Sammelsysteme sowie
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