Die Rechtswahl in Reiseverträgen: Rom I - Verordnung und Günstigkeitsabwägung Dr. Stephan Keiler LL.M - Reiserechtstag Münster 2009 ...

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Die Rechtswahl in Reiseverträgen: Rom I - Verordnung und Günstigkeitsabwägung Dr. Stephan Keiler LL.M - Reiserechtstag Münster 2009 ...
17. Reiserechtstag
     Münster 2009

              Forschungsinstitut für Europafragen

Die Rechtswahl in Reiseverträgen:
Rom I – Verordnung und
Günstigkeitsabwägung

Dr. Stephan Keiler LL.M.
                                                    1
Gliederung
I.        Allgemeiner Teil
     1.   Anwendungsbereich der Rom I-VO
     2.   Verbrauchervertragsstatut
     3.   Anordnung des Günstigkeitsvergleichs
     4.   Methodik
     5.   Ermittlung

II.       Besonderer Teil
   1.     Anwendungsbereich des Pauschalreiserechts
   2.     Recht auf Vertragsübertragung
   3.     Mängelrüge
   4.     Anspruch auf Ersatz des individuellen Schadens
   5.     Ausschlussfrist

III.      Zusammenfassung und Conclusio

2               Stephan Keiler
I. Allgemeiner Teil
Rom I

    Stephan Keiler
I. Rom I-VO
1. Anwendungsbereich

    Auslandsbezug

    Internationale Zuständigkeit

    Vertragliches Schuldverhältnis

    Sonderanknüpfung: Verbrauchervertrag

4        Stephan Keiler
I. Rom I-VO
Verbrauchervertragsstatut

    Verbraucher und Unternehmer

    Ausnahmen:
     reine Beförderungsverträge
         aber: Pauschalreiseverträge iSd RL
     DL wird ausschließlich nicht im
     Verbraucherstaat erbracht
    Situative Anwendungsvoraussetzungen

5        Stephan Keiler
Verordnungstext
 VO 593/2008/EG (Rom -I-VO)

     Art 6 Abs 2 S 2
„Die Rechtswahl darf jedoch nicht dazu führen, dass
dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm
durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von
denen nach dem Recht, das nach Absatz 1 mangels
einer Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch
Vereinbarung abgewichen werden darf.“

 6            Stephan Keiler
I. Rom I-VO
Verbrauchervertragsstatut

      Rechtswahl (Art 3 Abs 1)
    ausdrücklich oder aus den Umständen eindeutig

      nicht zugunsten des Verbraucherstaates
        Art 6 Abs 2 S 2

     „Die Rechtswahl darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der
     Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt
     wird, von denen nach dem Recht, das nach Absatz 1 mangels einer
     Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen
     werden darf.“

7                Stephan Keiler
I. Rom I-VO
Verbrauchervertragsstatut

      subsidiär: Recht des Verbraucherstaates

      zwingende Bestimmungen
       Art 6 Abs 2 S 2

    „Die Rechtswahl darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der
    Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt
    wird, von denen nach dem Recht, das nach Absatz 1 mangels einer
    Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen
    werden darf.“

8               Stephan Keiler
I. Rom I-VO
Methodik

    Begehren
    fallbezogen: inhaltlich günstigeres Recht
    Sachnormen für kollisionsrechtliche Entscheidung
    Beurteilung nach Rechtsordnung X und Y
    Ergebnisse im Mikrovergleich

9         Stephan Keiler
I. Rom I-VO
Ermittlung des Ergebnisses

     Ermittlung durch das Gericht
     iura novit curia?

10         Stephan Keiler
I. Rom I-VO
 Beispiel

Rechtswahl

„Auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und
dem Reiseveranstalter findet ausschließlich deutsches
Recht Anwendung. Dies gilt auch für das gesamte
Rechtsverhältnis.
(...)“

 11          Stephan Keiler
II. Besonderer Teil
Konkreter Vergleich

    Stephan Keiler
II. Günstigkeitsvergleich
1. Anwendungsbereich

      EG Art 2 Z 1 RL:                    „Pauschalreise“
      Im voraus festgelegte Verbindung
      Gesamtpreis
      >24h / Übernachtung
      min 2 aus (i) Beförderung, (ii) Unterbringung, (iii) andere touristische Dienstleistungen
       [nicht Nebenleistungen von (i) oder (ii)], beträchtlicher Teil

      DE § 651a BGB: „Reisevertrag“
      Gesamtheit von Reiseleistungen

      AT § 31b Abs 2 Z 1 KSchG:„Reiseveranstaltung“
      im voraus festgelegte Verbindung
      Gesamtentgelt
      min 2 aus (i) Beförderung, (ii) Unterbringung, (iii) andere touristische
       Dienstleistungen [nicht bloß Nebenleistungen von (i)], beträchtlicher Teil

13                   Stephan Keiler
II. Günstigkeitsvergleich
1. Anwendungsbereich

      CZ
       RL
      wesentlichen Teil der Reise / Preis min 20% des Gesamtpreises

      HU
       RL
      anderen Dienstleistungen bspw Mahlzeiten, geführte Ausflüge, kulturelles
       Rahmenprogramm
      Erfordernis der Wesentlichkeit fehlt

      SK
      im Voraus zusammengestellter Aufenthalt
      inklusive Unterbringung
      min drei Nächte
      nur eine einzige Beherbergungseinrichtung (Hotel, Zelt, Privatunterkunft, etc)

14                  Stephan Keiler
II. Günstigkeitsvergleich
2. Recht auf Vertragsübertragung

      EG Art 4 Abs 3 RL:                      „Buchung übertragen“
      Hinderung
      Verständigung in vertretbarer Frist vor Abreise (Veranstalter / Vermittler)
      Erfüllung der an die Teilnahme geknüpften Bedingungen
      Solidarhaftung

      DE § 651b BGB:                     „Eintritt“
      Bis zum Reisebeginn
      Widerspruchsmöglichkeit (besondere Reiseerfordernisse / entgegen Gesetz/Anordnung
      Solidarhaftung

      AT § 31c Abs 3 KSchG:                           „Übertragung“
      Hinderung
      Mitteilung in angemessener Frist vor dem Abreisetermin (Veranstalter)
      Erfüllung der Bedingungen für die Teilnahme
      Solidarhaftung

15                  Stephan Keiler
II. Günstigkeitsvergleich
2. Recht auf Vertragsübertragung

      FR
      Verständigung mit eingeschriebenem Brief spätestens 7d vor Reisebeginn (Vermittler)
      Kreuzfahrt: 15d
      vorherige Genehmigung durch Verkäufer
      Solidarhaftung

      SL                                      II.
      keine Verständigung
      Haftung nur des Überträgers

      HU
      Erfüllung der Bedingungen lt Reisevertrag
      unverzügliche Verständigung (Reiseunternehmen)
      Solidarhaftung für für Übertragung entstandene Ansprüche

16                  Stephan Keiler
II. Günstigkeitsvergleich
3. Mängelrüge

      EG Art 5 Abs 4 RL
      Mängelrüge „so bald wie möglich“
      schriftlich / andere geeignete Form
      an Leistungsträger und Veranstalter und/oder Vermittler
      Verpflichtender Hinweis im Reisevertrag

      DE § 651d Abs 2 BGB
      Mängelanzeigeobliegenheit (formlos)
      Infopflicht gem § 6 Abs 2 Nr 6 BGB-InfoV
      an Reiseveranstalter
      wenn schuldhaft unterlassen >> Verlust des Preisminderungsanspruchs

      AT § 31e Abs 2 KSchG
      unverzügliche Mängelrüge
      an Repräsentanten vor Ort (bekannt gegeben und erreichbar)
      Unterlassen führt bloß zu Mitverschulden gem § 1304 ABGB (schriftlicher Hinweis)

17                  Stephan Keiler
II. Günstigkeitsvergleich
3. Mängelrüge

      IT
      Mängelrüge unverzüglich
      alternativ: Anzeige innert 10d nach Rückkehr per Einschreiben
      schriftlich / andere geeignete Form
      an Leistungsträger und Veranstalter und/oder Vermittler
      Verpflichtender Hinweis im Reisevertrag

      LU
      keine entsprechende Regelung im Reisevertragsrecht

      NL
      keine entsprechende gesetzliche Regelung, aber im Reisevertrag selbst zulässig (Frist)

      ES
      Bestimmung nicht umgesetzt

18                  Stephan Keiler
II. Günstigkeitsvergleich
4. Ideeller Schaden

      EG Art 5 Abs 2 RL
      EuGH 12.03.2000 Rs C- 168/00 (Leitner/TUI) Rn 24:
     ★ grds Schadenersatz für immateriellen Schaden aus der Nicht- oder Schlechterfüllung

      DE § 651f Abs 2 BGB
      Vereitelung/erhebliche Beeinträchtigung
      Verschulden (Abs 1)
                                                II.
      Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit
      Höhe: Reisepreis, Nettoeinkommen, fiktiver Ersatzurlaub, Schwere von Mangel/
       Verschulden (str)

      AT § 31e Abs 3 KSchG
      erheblicher Teil der Leistung nicht erbracht
      zurechenbares Verschulden
      angemessener Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude
      Höhe: insb Schwere/Dauer des Mangels, Verschuldensgrad, Reisezweck, Reisepreis

19                  Stephan Keiler
II. Günstigkeitsvergleich
4. Ideeller Schaden

      BE
      Entschädigung für Verlust der Reisefreude

      EE
      angemessener Ausgleich immaterieller Schäden für nutzlose Urlaubszeit

      DK
      Entschädigung für erhebliche Unannehmlichkeiten aufgrund eines Mangels

      GB, FR, CZ, SK, PL, ea
     ๏ keine explizite Anspruchsgrundlage im Reisevertragsrecht

20                  Stephan Keiler
II. Günstigkeitsvergleich
5. Ausschlussfrist

      EG Anhang lit k RL
      Erforderliche Angaben im Vertrag:
     ★ Fristen für Beanstandungen wegen Nicht- oder mangelhafter Erfüllung

      DE § 651g Abs 1 BGB
      Geltendmachung von Ansprüchen konkret und substantiiert
      innert eines Monats ab vereinbartem Reiseende

      AT §§ 31a - 31f KSchG
      keine Ausschlussfrist

21                  Stephan Keiler
III. Zusammenfassung
Conclusio

    Stephan Keiler
III. Zusammenfassung

     • Verbrauchervertragsstatut
     • Rechtswahl
     • Günstigkeitsvergleich iSd Rosinen-Picker-Prinzips

     • Folge der Mindestharmonisierung (Art 8 RL)

     • Weiter Anwendungsbereich des deutschen Reiserechts
     • strenge Frist

     ‣ Beispiel Verbraucherrecht: Rücktrittsfrist

23              Stephan Keiler
III. Conclusio

       für Reiseveranstalter

          Vorteil: Abschreckung

          Nachteile: gewähltes Recht nur
                     zum Vorteil des
                     Verbrauchers

24       Stephan Keiler
Forschungsinstitut für Europafragen
     Jean Monnet Center of Excellence

     Althanstraße 39-45, 1090 Wien, Austria

       Dr.iur STEPHAN KEILER LL.M. (EuL)

     T +43-1-313 36-4255
     F +43-1-313 36-904255
     stephan.keiler@wu.ac.at
     www.wu.ac.at/europainstitut

25      Stephan Keiler
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