Die Schwabenkinder von heute
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Die Schwabenkinder von heute Mit Informationen zum Thema der Schwabenkinder von heute, Geschichten von arbeitenden Kinder sowie Vorschlägen für den Unterricht und zur Gestaltung eines Wandertags. Spendenkonto: RLB Tirol • Kto.Nr.: 24.000 • BLZ: 36.000 IBAN: AT66 3600 0000 0002 4000 SWIFT/BIC: RZTIAT22 www.schwabenkinder.at Jugend Eine Welt - Don Bosco Aktion Österreich, St. Veit-Gasse 21, 1130 Wien, Tel. 01-879 07 07, info@jugendeinwelt.at Foto: Jugend Eine Welt, Kurt Hörbst, Franz Josef Rupprecht, Grafik: Nina Fritsche
Die Schwaben- kinder von heute Inhalt Vorwort Seite 3 Infos zum Thema Schwabenkinder damals Wer ist ein Schwabenkind? Seite 4 Kinderarbeit in Österreich Seite 5 Kinderarbeit damals und heute Gibt es Schwabenkinder heute noch? Seite 6 Stichwortliste Seite 7 Kinderarbeit heute Seite 8-9 Das Thema „Schwabenkinder - arbeitende Kinder“ in Gruppen- und Schulstunden Zum Einstieg Seite 11 Thema bearbeiten Seite 12-14 Abschluss und Reflexion Seite 15 Aktionsvorschläge Seite 16 Lesewanderung Seite 17-21 Geschichten von heutigen Schwabenkindern Seite 22 Impressum/Kontakt Seite 24
Don Bosco Liebe Leserin, Lieber Leser, Johannes Bosco, geboren 1815 im italienischen Piemont, Viele Kinder von heute haben mit den Schwabenkindern von einst war der Sohn eines Klein- vor allem eines gemein: Ihnen wird die Kindheit geraubt. Sie wach- bauern. sen in ärmsten Verhältnissen auf und müssen hart arbeiten, um ihre verarmten Familien zu unterstützen bzw. um ihr eigenes Überleben zu In Italien gab es zu seiner sichern. Zeit Hungersnöte, Kinder- arbeit und Straßenkinder, Mehr als 218 Millionen Kinder müssen Tag für Tag unter gefährlichen wie wir sie heute in den und ausbeuterischen Bedingungen schuften. Sie schleppen Lehmzie- Großstädten Asiens, Afrikas, gel durch die heiße Sonne, graben in den dunklen Tunneln von Minen Lateinamerikas und Osteuro- nach Edelsteinen oder stellen giftige Feuerwerkskörper in stickigen pas finden. Johannes Bosco Kellern her. Ihren Namen schreiben oder ein Buch lesen können viele wurde Priester und verschrieb nicht. Der Besuch einer Schule bleibt für diese Mädchen und Jungen sich der Sorge für Kinder und ein bislang unerreichbarer Traum. Ein Schicksal, das sie mit vielen Jugendliche in Not. Schwabenkindern von damals teilen. 1859 entstand der Orden der In den weltweiten Don Bosco Zentren erhalten diese Kinder und Salesianer Don Boscos, 1872 Jugendlichen liebevolle Aufnahme, eine warme Mahlzeit und am der Orden der Don Bosco allerwichtigsten: Sie bekommen eine Chance mit einer Schul- und Schwestern, die heute in 132 Berufsausbildung Ihre Zukunft selber zu gestalten. Ländern der Welt tätig sind und besonders Kindern Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende den Schwabenkindern von und Jugendlichen in Risiko- heute: Hinaus aus der ausbeuterischen Kinderabeit, situationen helfen. hinein in eine hoffnungsfrohe Kindheit! Der 1997 in Österreich ge- gründete Verein Jugend Eine Ihr Welt folgt dem Beispiel Don Boscos und fördert mit Hilfe von SpenderInnen und Pro- jektpartnerInnen vor allem Don Bosco Sozial- und Ausbil- Ing. Reinhard Heiserer dungsprojekte in aller Welt. Vorsitzender Jugend Eine Welt Bitte helfen auch Sie mit uns Don Bosco heute! Nähere Informationen unter: Spendenkonto: www.jugendeinewelt.at RLB Tirol Kto.Nr.: 24.000 • BLZ: 36.000 IBAN: AT66 3600 0000 0002 4000 SWIFT/BIC: RZTIAT22 3
Wer ist ein Schwabenkind? „Wahrhaftig ein wehmuterregender Anblick: diese Leute, und darunter meistens Kinder von 10 bis 16 Jahren, von wenigen Erwachsenen beglei- tet, jedes mit seinem Bündelchen auf dem Rücken, mit dem letzten, und zwar als Reisegeld kaum ausreichenden Sparpfennig ihrer Eltern, viele Die Schwabenkinder nicht einmal mit derjenigen Kleidung, die eine nur etwas rauhe Witte- von heute rung erheischt, versehen, der älterlichen Heimat den Rücken kehrend, über die vaterländischen Gränzen in die Fremde, einer so prekären ent- Kaum eine andere Menschen- gegen ziehen zu sehen! Diese armen Kinder, frisch und gesund wie die rechtsverletzung wird in so Luft, die sie seither einathmeten, froh und heiter wie der Himmel ihre großem Ausmaß begangen, jungen Tage begrüsste, wandern schaarenweise von den Hochgebirgen wie die Kinderarbeit. Rhätiens nach den Ebenen von Schwaben, um nur das Letzte und Äus- serste ihrer Subsistenz – ihr bisschen Brod zu suchen und zu verdienen.“* Weltweit arbeiten schätzungs- weise 218 Millionen Kinder die Seit Beginn des 17. Jahrhunderts Auf Regelrechte Kindersklaven- ihrer Entwicklung und Ge- wurden Kinder und Jugendliche märkte wie jenen in Ravensburg sundheit schaden. aus Tirol, Südtirol, Vorarlberg und oder Kempten, wurden die Kin- der Schweiz ins Oberschwaben- der dann an Bauern verkauft. Die Kinderarbeit ist keineswegs land geschickt, um dort auf einem Kindermärkte fanden meist um eine Sache von früher; auch Bauernhof einen Sommer lang als Josephi (19. März) statt. Manche heute gibt es Millionen von Knechte oder Mägde zu arbeiten. hatten Glück mit dem Bauern, an- Kindern, die gezwungen sind, Diese Kinder wurden umgangs- dere aber gerieten auch Schindern zu arbeiten - oft sogar unter sprachlich als „Schwabenkinder“ in die Hände. Sie mussten arbei- sehr gefährlichen Bedingun- bezeichnet. ten wie die Erwachsenen, sich oft gen. Hier ist keine Rede mehr schinden und rackern von früh bis von Arbeit, Lohn und Men- Jährlich sammelten sich im Früh- spät. schenwürde. jahr in den Dörfern Kinder im Alter von ca. 6 bis 14 Jahren und „Doppeltes Häs“ (zweifache Aus- Die Werkzeuge, an denen die wanderten zu Fuß los über die Al- stattung mit Kleidung) und ein Kinder arbeiten, sind grö- pen hinweg in die Bodenseeregion paar Gulden waren der ganze ßer als sie selbst, die Lasten sowie Richtung Ravensburg. Die Lohn, wenn sie im Herbst - an zertrümmern ihre Schultern. Wege waren lang und beschwer- Martini (11. November) - wieder Sie bekommen oft nur Hun- lich. Für einen Teil der Kinder Heim kamen. gerlöhne dafür bezahlt. Sie führte er über Bergpässe wie den sind unfreie Kinder, die zum Arlberg, die im März noch von Es wird geschätzt, dass damals Arbeiten gezwungen werden, Schnee bedeckt waren und die sie jährlich fünf- bis sechstausend die geschlagen werden, die mit schlechtem Schuhwerk und Kinder auf Höfen in der Fremde verkauft werden. dürftigster Kleidung zu überwin- als Hütejungen, Mägde oder als den hatten. Knechte arbeiteten. 4 * Quelle: „Bündner Zeitung“ vom 19. Februar 1837
Kinderarbeit auch in Österreich?! Kinderarbeit ist nicht nur ein Phänomen weit entfernter Länder, auch in Österreich war Kinderarbeit bis vor einigen Jahrzehnten noch durchaus üblich. Eine besondere Form der Kinderarbeit war das „Schwabenge- hen“, das in Österreich zwischen dem 17. und 20. Jahrhundert Kinder aus Vorarlberg und Tirol betraf. Die so genannten „Schwabenkinder“ wanderten jedes Jahr im März aus ihren Heimatdörfern zu Fuß nach Oberschwaben, wo sie den Bauern für einen geringen Lohn bei der anfallenden Arbeit auf ihren Höfen halfen. Sie wurden in einfachen unbeheizten Kammern gemeinsam mit dem restlichen Gesinde untergebracht und mussten täglich mehr als zwölf Stunden arbeiten. Zu ihren Aufgaben gehörte Vieh hüten genauso wie Futter holen, aus- misten oder Kartoffeln schälen. Außerdem waren sie oft dafür zuständig Kühe zu melken, die Milch zu entrahmen und in die Sennerei zu brin- gen. Mädchen mussten zusätzlich in der Küche helfen. An Sonntagen mussten die Schwabenkinder nicht arbeiten – sie hatten die Gelegen- heit zur Kirche zu gehen und besuchten im Normalfall anschließend an die Messe die Christenlehre. Meist kehrten die Schwabenkinder erst im November wieder nach Hau- se zurück. Die Schule konnten sie nur in den Wintermonaten, die sie zu Hause verbrachten, besuchen. Ursache Genau wie heute war auch schafteten. Die Kleinteiligkeit der zeiten bis zu 700 Kinder allein aus in Zeiten des Schwabengehens Höfe ist aufgrund des gängigen dem Montafon zu den Hütekinder- Armut die Hauptursache für Erbrechts, der sog. Realteilung, märkten in Oberschwaben wan- Kinderarbeit. Die meisten entstanden. Für die Bauernfami- derten um sich dort an Bauern zu Schwabenkinder stammten aus lien war jeder Esser weniger eine verdingen. kinderreichen Familien, die kleine, große Erleichterung und so ver- wenig ertragreiche Höfe bewirt- wundert es nicht, dass in Spitzen- Folgen Schon der Weg über den oft noch zwar im Sommer in Oberschwa- meiner Schulpflicht seit 1774 nur tief verschneiten Arlberg war ben arbeiten zu dürfen, weil sie im Winter. Es war relativ einfach anstrengend und gefährlich. Die bei den reichen Bauern manchmal eine Dispens, also eine Befreiung Kinder waren schlecht ausgerüs- besser verköstigt wurden als das vom Unterricht, für die Sommer- tet, oft kam es zu Erfrierungen. zu Hause möglich war, viele be- monate zu bekommen. kamen aber auch schlechte Kost Endlich angekommen, mussten oder wurden von den Knechten Nachdem die Schulen im Sommer die Kinder schwere körperliche geschlagen. Es kam speziell bei menschenleer waren, mussten Arbeiten verrichten und litten oft Mädchen vor, dass sie Opfer während dieser Zeit auch die Leh- unter Schlafmangel und Heim- sexueller Gewalt wurden. Die rer ihren Unterhalt als Handwerker weh. Manche Kinder freuten sich Schule besuchten sie trotz allge- verdienen. 5
Gibt es Schwabenkinder heute noch? Weltweit arbeiten etwa 218 Millionen Kinder, die eigentlich in die Schule gehen müssten. Das traurige Schauspiel dauerte Die schlechte Nachricht ist: Kinder konnte. Die 600 Rupien, etwa den ganzen Tag. Über 300 Kin- mit vergleichbaren Schicksalen 9 Euro, die Rangayya im Monat der versammelten sich auf dem gibt es immer noch. Weltweit verdiente, bekamen seine Eltern. Marktplatz. Keines der Mädchen arbeiten rund 218 Millionen Min- Doch nicht genug, dass der Bub und keiner der Jungen in zer- derjährige. Die meisten von ihnen schwere Arbeit verrichten musste. schlissenen Kleidern ist älter als leben allerdings nicht in Europa, Sein „Besitzer“ und dessen Frau 14 Jahre. Am Vormittag trafen sondern auf dem asiatischen, schlugen ihn. Beim nichtigsten die Bauern aus der Umgebung afrikanischen oder lateinamerika- Fehler bekam er mit einem Stock ein. Sie suchten Arbeitskräfte für nischen Kontinent. Schläge auf die Fingerknöchel Saat und Ernte. Mit derbem Griff oder den Rücken. Irgendwann befühlten die Landwirte dürre Kin- Eines dieser Kinder ist konnte Rangayya die Qualen nicht derarme, begutachteten magere Rangayya, ein elfjähriger Bub mehr ertragen. Er beschloss weg- Waden. Lauthals tauschten sie aus Indien. Seine Eltern hatten zulaufen. Am Bahnhof von Banga- sich über die Eignung der Kinder- ihn vor etwa drei Jahren, als er lore fanden ihn schließlich Mitar- arbeiter aus und feilschten um acht war, weggegeben. An einen beiter der Salesianer Don Boscos. deren Preis. Mann der ein gut gehendes Ge- Mittlerweile geht es Rangayya müsegeschäft betrieb. Seither war gut. Er lebt im Don Bosco Zen- Wer diese Szene spontan nach Rangayya gezwungen zu arbeiten. trum und geht zur Schule. Sein Afrika verlegt, liegt falsch. Der Morgens um 4:00 Uhr begann er „Besitzer“ wurde wegen Verlet- Marktplatz, auf dem minderjäh- seinen Tag. Er erledigte Arbeiten zung der Kinderrechte angezeigt. rige Wanderarbeiter ihre Arbeits- im Haus, bevor er in das Gemü- kraft verkauften, gehört zur Stadt segeschäft ging. Dort sortierte Es gibt zu viele Kinder wie Friedrichshafen am Bodensee/ er das verfaulte Gemüse aus, Rangayya, denen ihre Rechte Deutschland. In manchen Jah- richtete das schöne Gemüse für vorenthalten werden. Kinder, die ren kamen mehrere tausend den Verkauf her oder verpackte unter unmenschlichen Bedingun- sogenannte Schwabenkinder aus es für den Transport. Nach einem gen leben müssen, Kinder, die zur Tirol, Südtirol, Vorarlberg und der anstrengenden und langen Ar- Arbeit oder Prostitution gezwun- Schweiz nach Süddeutschland, beitstag kam er gegen halb zehn gen werden, Kinder, die keine um sich von März bis Oktober in Uhr abends ins Haus zurück, wo Chance auf Bildung bekommen. der Landwirtschaft zu verdingen. er noch das Geschirr der Fami- Jugend Eine Welt setzt sich für lie vom Abendessen abwaschen diese Kinder ein. Kinderarbeit Die gute Nachricht lautet: Das oder die Wäsche waschen und führt immer zu neuer Kinderar- alles ist 100 Jahre her. Den Fried- aufhängen musste. Dann durfte beit. Wer nie ausgebildet wurde, richshafener Schwabenkindern er sich endlich schlafen legen. setzt die eigenen Kinder auch begegnen wir heute nur noch in Damit nach einer kurzen Nacht nicht auf die Schulbank. Ein Aus- Geschichtsbüchern. die Quälerei von neuem beginnen weg heißt „Bildung“. 6
Stichwörter Anerbenrecht Hütekindermarkt Württemberg interessant. Dort Als Anerbenrecht bezeichnet man Hütekindermärkte etablierten sich bestand ab 1836 eine tägliche das Vererben eines Hofes an nur in mehreren deutschen Städten. Schulpflicht für württembergische einen Erben – z.B. den ältesten Besonders bekannt sind der Hü- Kinder, die 1878 auf alle deut- oder jüngsten Sohn – damit er tekindermarkt in Ravensburg und schen Kinder, die sich in Würt- geschlossen erhalten bleibt. Das später auch in Friedrichshafen. temberg aufhielten, ausgeweitet Erbrecht hatte zu Zeiten des Hier trafen die Schwabenkinder wurde. Ausländische Kinder waren Schwabengehens auch Auswir- auf die oberschwäbischen Bauern davon allerdings ausgenommen kungen auf die Familienplanung: und handelten mit ihnen den Lohn und gewannen so an wirtschaftli- Heiraten durfte nur, wer Besitz für die kommenden Sommer- chem Wert. hatte. monate aus. Erfahrenere Kinder markierten Bauern mit denen sie Verdingung (verdingen) Blutfreitag schlechte Erfahrungen gemacht Verdingung bezeichnete den Seit über 950 Jahren beherbergt hatten mit einem Kreidestrich auf Abschluss eines Arbeitsvertra- die Abtei Weingarten eine Heilig dem Rücken, um andere Kinder ges. Das galt nicht nur für einen Blut Reliquie, der zu Ehren jedes zu warnen. Besiegelt wurde die Abschluss zwischen Kindern und Jahr am Tag nach Christi Him- Vereinbarung oft mit einem ge- Bauern, sondern ganz allgemein, melfahrt, dem sog. Blutfreitag, in meinsamen Essen. also auch zwischen Bauern und Weingarten eine Reiterprozession Knechten oder Mägden. (mittlerweile die größte Europas) Hütekinderverein abgehalten wird. Für die Schwa- 1891 wurde der „Verein für Hü- Sommerschule/Winterschule benkinder war der Blutfreitag tra- tekinder und jugendliche Arbei- Durch das Schwabengehen im ditionell ein freier Tag, den sie im ter für Tirol und Vorarlberg“ von Sommer waren viele Kinder von Weingarten verbringen konnten. Pfarrer Venerand Schöpf und dem der Schulpflicht befreit und be- Dort hatten sie auch Gelegenheit Pettneuer Gemeindevorsteher suchten die Schule nur in den Freunde oder Geschwister wieder Franz Josef Geiger gegründet. Er Wintermonaten, wenn sie zu zu sehen, die auf anderen Höfen hatte zum Ziel die Anreise der Hause bei ihren Familien waren. untergekommen waren. Kinder zu erleichtern, ihre Ar- Die „Sommerschule“ fiel also aus beitsbedingungen zu verbessern und viele Kinder besuchten nach Christenlehre und dafür zu sorgen, dass Lohn- Abzug der Sonn- und Feierta- Am Sonntag, dem einzigen ar- zusagen eingehalten wurden. ge nur drei Monate pro Jahr die beitsfreien Tag der Woche, stand „Winterschule“. für die Schwabenkinder der Realteilung Besuch der katholischen Sonn- Die Realteilung ist das Gegen- Zehrpfennig tagsmesse auf dem Programm. stück zum Anerbenrecht: Der Oft konnten die Familien der Nach dem Gottesdienst sollten die Hof wird zu gleichen Teilen an Schwabenkinder den Kindern Kinder im Pfarrhaus an der so- alle Kinder weitervererbt. Das nicht genug Wegzehrung für den genannten Christenlehre teilneh- Ackerland wird in viele kleine Teile weiten Weg mitgeben, deshalb men, einer Unterweisung durch zerteilt, zusätzlich werden auch durften sich die Kinder vor ihrer den Pfarrer, um ein Mindestmaß immer mehr Grenzstreifen und Abreise unter der Bevölkerung an Bildung erhalten. Zufahrtswege nötig, die das Land den sog. Zehrpfennig erbetteln. weiter verkleinern. In Österreich Aber auch das wenige Geld, das Dispens war dieses Erbrecht mitverant- sie so bekamen, reichte oft nicht Die Dispens ist eine zeitlich be- wortlich für die Armut vieler Bau- bis zum Ende des Weges. grenzte Befreiung von der Schul- ernfamilien. pflicht. Für Kinder aus armen Ver- hältnissen war sie in Österreich Schulpflicht relativ leicht zu bekommen. In Österreich wurde die Schul- pflicht schon 1774 eingeführt. Gesinde Allerdings war es für Kinder aus Als Gesinde bezeichnet man alle bedürftigen Familien recht ein- Mitarbeiter eines Bauernhofes fach davon befreit zu werden. außer der Bauernfamilie, also Für die Schwabenkinder war auch Knechte und Mägde. die Regelung der Schulpflicht in 7
Kinderarbeit ist Kinderarbeit heute trauriger Alltag Kinder haben das Recht zur Schule zu gehen, zu spie- len und sich zu erholen. Sie sollen Zeit haben, harmonisch aufzuwachsen und sich zu entwickeln. Fast jedes sechs- te Kind auf der Welt hat diese Chancen leider nicht. Spielen, unbekümmert la- chen, Freunde treffen - viele Kinder können leider nicht von einem so schönen Leben erzählen. In ihren Ländern herrscht Armut. Was ist Kinderarbeit? Was ist Ausbeutung? Sie ackern für wenig Geld in Seit jeher und in allen Ländern der Erde arbeiten Kinder – und schon der Landwirtschaft, verkau- immer auf so unterschiedliche Weise, dass es nur in Grenzen möglich fen Souvenirs und Blumen ist, die höchst verschiedenen Tätigkeiten auf einen Begriff zu bringen. auf der Straße oder erledigen Botengänge. Sie machen das Eine erste Annäherung ermöglicht die im Englischen geläufige Un- nicht freiwillig: Würden sie terscheidung von „child labour“ (ausbeuterische Kinderarbeit, alle kein Geld mehr nach Hause Formen von Kinderarbeit, die für das Kind schädlich sind) und „child bringen, hätte die Familie work“ (alle Formen der Kinderarbeit, die für das Kind nicht schädlich, kein Essen mehr und die sondern tolerierbar sind). Kinder müssten betteln oder stehlen. Viele würden verhun- Eine international anerkannte Definition von ausbeuterischer Kin- gern. derarbeit liegt seit 1999 mit der ILO-Konvention 182 gegen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit vor. Jugend Eine Welt und Don Bosco setzen sich für Ausbeuterische Kinderarbeit laut ILO-Konvention 182*: diese Kinder ein und hilft • Sklaverei und Schuldknechtschaft und alle Formen der Zwangsarbeit benachteiligten Kindern und • Arbeit von Kindern unter 13 Jahren Jugendlichen schon seit 15 • Kinderprostitution und -pornografie Jahren, in über 130 Ländern • Der Einsatz von Kindern als Soldaten der Welt. Der Verein baut • Illegale Tätigkeiten, wie zum Beispiel Drogenschmuggel beispielsweise Schulen und • Arbeit, die die Gesundheit, die Sicherheit oder die Sittlichkeit ge- bieten ärztliche Versorgung. fährdet, also zum Beispiel Arbeit in Steinbrüchen, das Tragen So konnte Jugend Eine Welt schwerer Lasten oder sehr lange Arbeitszeiten und Nachtarbeit. bereits zahlreichen Kindern und deren Familien helfen. Laut der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen ist Kinderarbeit verboten Bildung überwindet • wenn sie gefährlich, oder schlecht für die Gesundheit ist. Armut! Jedes Kind soll • wenn die Kinder nicht zur Schule gehen können. die Möglichkeit haben, zur • wenn sie die körperliche, seelische oder soziale Schule zu gehen um später Entwicklung schädigt. die Chance zu haben, seine Träume zu verwirklichen und Ausdrücklich verboten sind Sklaverei, der Einsatz von Kindern unter ein selbstbestimmtes Leben 18 Jahren als Soldaten, Kinderhandel, -prostitution und Kinderporno- zu führen. graphie, Drogenhandel oder andere illegale Aktivitäten. 8 * International Labour Organisation (ILO)/Internationale Arbeitsorganisation (IAO), Konvention 182: Überein- kommen über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinder- arbeit, welches am 19. November 2000 in Kraft getreten ist.
Warum müssen Kinder arbeiten? Brunnen, sammeln Feuerholz, kochen Essen oder helfen ihren Eltern auf dem Feld. Die Ursachen von Kinderarbeit liegen im wirt- Dabei muss man Kinderarbeit nicht nur als ein Pro- schaftlichen Ungleichgewicht dieser Welt und in blem verstehen, dass bestimmte Kinder individuell einem Teufelskreis von mangelhaften Sozialsyste- betrifft, sondern auch als ein Problem, das tief grei- men, fehlender Bildung, Armut und Ausbeutung. fende Folgen für die Gesellschaft mit sich bringt, sei es dauerhafte Armut, soziale Spannungen, Armut Ungleichheit und unfaire wirtschaftliche und sozi- Meistens arbeiten Kinder aus Not: sie müssen für ale Verhältnisse. Kinder, die in diesem Teufelskreis sich und ihre Familien Geld verdienen. Ihre Eltern gefangen sind, werden ihrer Grundrechte beraubt, haben meist keine Schule besucht und bekommen nämlich ihr Recht auf Spielen, Freiheit, Lernen und deshalb keine gut bezahlte Arbeitsstelle. Ohne weitere Grundrechte, die ihnen von Geburt oder das Geld, das ihre Töchter und Söhne verdienen, durch die Verfassung garantiert sind. könnten viele Familien nicht überleben. Fehlende Schulausbildung Mangelnde Bildung ist eine Folge, aber auch eine Was tun gegen Kinderarbeit? der Ursachen von Kinderarbeit. Kinderarbeiter gehen meist gar nicht, manchmal nur für wenige Kinderarbeit einfach abzuschaffen ist nicht einfach. Stunden zur Schule. Dann jedoch sind sie ohne- Aber ausbeuterische Kinderarbeit ist ein Verbre- hin häufig zu müde, um dem Unterricht zu folgen, chen, das bekämpft werden muss. leiden unter Krankheiten, verpassen durch ihre Ar- beitszeiten den Anschluss und werden von nieman- Dafür setzt sich Jugend Eine Welt ein: dem motiviert zu lernen. Häufig verbieten auch die • Auch arbeitende Kinder müssen zur Schule Arbeitgeber, dass die Kinder zur Schule gehen. gehen können. Denn nur wer etwas gelernt hat, hat Aussichten auf eine bessere Zukunft. Verhängnisvoller Kreislauf • Arme Familien brauchen Hilfe und Unterstützung. Kinder ohne Schulausbildung haben später kaum • Arbeitgeber und Regierungen müssen Kinder eine Chance, sich ein gutes eigenständiges Leben schützen und Verbrecher bestrafen. aufzubauen. Die Arbeitgeber setzen Kinder meist für harte aber unqualifizierte Arbeit ein. Das be- Fair sein! deutet, dass sie niemals eine richtige Ausbildung Auch hier in Österreich werden Waren verkauft, an bekommen oder ein Handwerk lernen können. Es deren Herstellung Kinder beteiligt waren: z.B. Tep- ist erwiesen, dass ehemalige Kinderarbeiter häu- piche, Fußbälle, T-Shirts, Orangensaft, Mikrochips. fig ihre eigenen Kinder wieder zur Arbeit schicken, Doch immer mehr Menschen wollen mit gutem Ge- also ganze Generationen in diesem Kreislauf der wissen einkaufen. Waren mit Fairtrade-Siegel ste- Armut gefangen bleiben. hen zum Beispiel für bessere Arbeitsbedingungen für die Produzenten - eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Kinder nicht mehr mitarbeiten müssen. Fragt im Zweifel im Geschäft nach, wie und wo das Welche Folgen entstehen Produkt hergestellt wurde. durch Kinderarbeit? Das „FairTrade-Siegel“ zeichnet Etwa 126 Millionen Kinder arbeiten in gefährlichen Waren aus, die den Produzenten zu Jobs, die sie krank machen oder bei denen sie einem fairen Preis abgekauft werden. sich schlimm verletzen können. Viele von ihnen Dieser Preis liegt über dem Durch- brechen sich Arme oder Beine, verbrennen sich, schnittspreis auf dem Weltmarkt. bekommen Kopf- oder Bauchschmerzen, werden Das bedeutet mehr Verdienst für die blind oder taub. ArbeiterInnen und deren Familien. Eine andere Folge ist, dass arbeitende Kinder Das Angebot fair gehandelter Produkte ist in- meist keine Zeit für die Schule haben. Aber ohne zwischen groß: Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade, Schule finden sie später keine gute Arbeitsstelle. Fruchtsäfte, Honig, Bonbons, Bananen, Wein, Ge- würze, Reis - aber auch Rosen, Bälle und Kleidung. Sie haben auch nur wenig Zeit zum Spielen. Ne- Mehr dazu, z.B. eine aktuelle Liste aller Produkte, ben dem Geldverdienen versorgen sie ihre jünge findet ihr unter www.transfair.org. ren Geschwister, holen Wasser von weit entfernten 9
Schulmaterial Das Thema „Schwabenkinder - arbeitende Kinder“ in Gruppen- und Schulstunden Behandeln Sie das Thema „Schwabenkinder - arbeitende Kinder“ mit ihren Schülerinnen und Schülern im Unterricht oder mit Kindern und Jugendlichen in der Jungschar- oder Jugendgruppe! Wir haben hier einige Vorschläge für Einzel- und Gruppenstunden zusammengestellt.
Zum Einstieg Ziel: die Gedanken auf das Thema lenken, schon vorhandenes Wissen sammeln. 1. Vorschlag: 2. Vorschlag: 3. Vorschlag: Assoziations-ABC Ampel-Methode Skalierung ab 8 Jahren, Dauer: 10-20min. ab 8 Jahren, Dauer: 10-20min. ab 6 Jahren, Dazu brauchst du: Tafel und Dazu brauchst du: Grüne, Dauer: 15 min. Kreide oder Zettel und Stift. gelbe und rote Kärtchen. Ähnlich wie bei der Ampelme- Auf der Tafel wird das ABC aufge- JedeR SchülerIn bekommt je- thode geht es darum sich einen schrieben. Gemeinsam versucht weils ein rotes, gelbes und grünes ersten Überblick zu verschaffen, die Klasse Begriffe, die die Schü- Kärtchen. Die/Der LehrerIn stellt allerdings bietet es sich hier an lerInnen mit Kinderarbeit assozi- einige Behauptungen zum Thema unmittelbar zur entstandenen ieren zu den jeweiligen Anfangs- Kinderarbeit auf. Nach jeder Be- Skalierung zu diskutieren. buchstaben zu finden. hauptung stimmt die Klasse ab: Sessel und Tische werden zur Seite gestellt und der Raum in Also z.B. grünes Kärtchen – Zustimmung eine imaginäre Skala von großer A – Armut gelbes Kärtchen – Enthaltung Zustimmung bis absoluter Ab- B – Belastung rotes Kärtchen – Ablehnung lehnung eingeteilt. Zu verschie- C – Chancenungleichheit denen Statements nehmen die D-… Die einzelnen Abstimmungsergeb- SchülerInnen jeweils ihre Position nisse müssen nicht sofort bespro- entlang der Skala ein. Statements Es muss nicht zwingend zu je- chen werden. In diesem ersten können z.B. sein: dem Anfangsbuchstaben ein Wort Schritt geht es nur darum sich gefunden werden. Auf der Tafel einen Überblick zu verschaffen. Kinderarbeit ist, wenn... entsteht ein Überblick über das Die Behauptungen können eine • Kinder deshalb nicht zur Schule Bild, das die SchülerInnen von gute Grundlage für eine spätere gehen können. Kinderarbeit haben. Diskussion sein. • wenn ich meiner Mutter beim Abwasche helfen muss. Behauptungen können z.B. sein: • Kinder jederzeit Pause machen • Kinderarbeit betrifft Kinder bis können. 18 Jahre. • die Kinder dafür zu jung sind • Wäre die Schulbildung besser, • Kinder ausgenutzt werden würden nicht so viele Kinder • die Kinder trotzdem spielen und arbeiten. lernen können. • Kinderarbeit ist notwendig, • die Arbeit gefährlich ist. damit arme Familien überleben • die Kinder dabei nicht krank können. werden. 11
Hauptteil - Thema bearbeiten Ziel: sich kreativ mit dem Thema auseinandersetzen, Wissen erwerben und auskunftsfähig werden. 1. Vorschlag: Das Gebot der Stunde ab 12 Jahren, Dauer: 30-40 min. Der Bischof erteilt den Jugendlichen aufgrund großer Dringlichkeit den Auftrag ein elftes Gebot zum Thema Kinderarbeit zu formulieren. Um das Thema möglichst umfangreich aufbereiten zu können, werden die Ju- gendlichen in vier Gruppen geteilt, die unterschiedliche Ansätze vertreten, und erarbeiten in diesen Grup- pen ihr Thema. Diese Gruppen können z.B. sein: Von den Schwabenkindern lernen Kinderarbeit muss verhindert werden Wie ist es dazu gekommen, dass Kinder aus Vorarl- Welche Formen von Kinderarbeit gibt es? Wie kann berg, Tirol, Südtirol, der Schweiz und Liechtenstein man die Kinder dazu bringen die Schule zu besu- jedes Jahr viele Monate lang in Oberschwaben arbei- chen? Wer profitiert von Kinderarbeit? Was bringt ten mussten? Wie ist es gelungen, die Kinderarbeit Kindern der Schulbesuch im Vergleich zur Arbeit? in dieser Region zu beenden? Gibt es Lösungsansät- ze, die auch heute noch Erfolgschancen haben? Eltern sind selbst für die Kindererziehung verantwortlich Kinderarbeit ist notwendig Was ist eigentlich Kinderarbeit? Kann man sie so Welche Formen von Kinderarbeit gibt es? Was wür- einfach verbieten? Ist es nicht Sache der Eltern ihre de passieren, wenn man Kinderarbeit sofort auf der Kinder so zu erziehen wie sie es für richtig halten? ganzen Welt verbieten und unter Strafe stellen wür- Was passiert, wenn Eltern ihre Kinder grundsätzlich de? Wer profitiert von Kinderarbeit? Warum arbeiten nicht mehr zur Arbeit schicken dürfen? Und: Bis zu manche Kinder lieber als in die Schule zu gehen? welchem Alter ist man eigentlich Kind? Im Idealfall steht für jede Gruppe ein Computer mit Internetzugang zur Verfügung, damit die Jugendlichen selbst recherchieren können. Alternativ kann man ihnen auch schon vorausgewähltes Material zur Verfü- gung stellen. Nach einer Themenerarbeitungs- und Beratungszeit kommen die Jugendlichen zu einer Diskussion zusam- men. Für jede Gruppe nimmt je ein Mitglied an der Diskussion teil. Der Diskutant kann während dieser Dis- kussion von einem anderen Mitglied seiner Gruppe ersetzt werden, indem die-/derjenige, die/der an seiner Stelle diskutieren will, ihm auf die Schulter klopft und seinen Platz einnimmt. Ziel ist es trotz unterschiedli- cher Positionen einen Konsens zu finden. 12
2. Vorschlag: 3. Vorschlag: 4. Vorschlag: Tagesablauf Abstimmung mit Füßen Tafelbild ab 8 Jahren, ab 14 Jahren ab 10 Jahren Dauer: 30-40min. Dauer: 20-30min. Dauer: 30-40min. In einem großen Kreis trägt die Gut sichtbar für alle werden leere JedeR SchülerIn bekommt jeweils Klasse gemeinsam ein, welche Sessel in der Klasse aufgestellt, ein Kärtchen mit einem der fol- Tätigkeiten ein Schwabenkind auf denen Zettel befestigt sind, genden Statements darauf: an einem durchschnittlichen Tag die Möglichkeiten sich gegen verrichtet, so dass ein Tortendia- Kinderarbeit zu engagieren be- • Die Schwabenkinder hatten gramm entsteht. Dann trägt die nennen. Die SchülerInnen haben Glück, dass sie bei oberschwäbi- Klasse in einem anderen Kreis nun – ohne konkrete Reihenfolge schen Bauern arbeiten durften. exemplarisch ein, welche Tätig- – die Möglichkeit sich auf einen • Arbeit ist auch Bildung. keiten ein arbeitendes Kind heute der Sessel zu setzen und ihre Mei- • Wer sein Kind zur Arbeit schickt, verrichtet. Zum Schluss bekommt nung zu dem jeweiligen Lösungs- sollte bestraft werden. jedes Kind einen eigenen Kreis ansatz zu sagen und Ideen zu • Ehepaare sollten nur so viele und trägt seinen eigenen Tages- präsentieren. Danach setzen sie Kinder bekommen dürfen, wie ablauf ein. Gibt es Gemeinsam- sich wieder auf ihren Platz. Wäh- sie ernähren können. keiten? Wo sind die Unterschiede? rend in einer ersten Runde Ideen • Alle Produkte die mithilfe von gesammelt werden können, geht Kinderarbeit hergestellt werden, Hilfreich dafür sind die Texte es im zweiten Schritt darum eine sollten boykottiert werden. auf Seite 15. gemeinsame Gruppenmeinung zu • Jedes Kind sollte selbst entschei- bilden um dann nach realisierba- den dürfen, ob es zur Schule ren Vorschlägen zu suchen. gehen oder Geld verdienen möchte. Möglichkeiten sich gegen Kinder- arbeit zu engagieren können sein: In einem ersten Schritt sollen die SchülerInnen die Statements • Mit einem ehemaligen Schwa- für sich selbst ordnen. Welchen benkind austauschen stimmen sie völlig zu, welchen nur • Spenden teilweise und welche lehnen sie • Ein Kunstprojekt zum Thema ab? In der Zwischenzeit schafft starten die/der LehrerIn auf der Tafel Platz • Öffentlich zu Wort melden für sechs Kolonnen. Als erstes • An Politiker wenden kleben die SchülerInnen, die dem • Konsumverhalten ändern Statement völlig zustimmen, ihre Kärtchen auf, dann – mit einigem Abstand – die, die nur teilweise zustimmen, und zum Schluss die SchülerInnen die das Statement ablehnen. So entsteht eine gute Übersicht. Es darf diskutiert wer- den. 13
5. Vorschlag: Lösungen suchen ab 14 Jahren Dauer: 30-40min. Die SchülerInnen werden in fünf Gruppen geteilt. In ihrer Argumentation können sich die SchülerInnen Jede Gruppe bekommt sieben Kärtchen mit unter- darauf beziehen, welche Lehren sie aus den Erfah- schiedlichen Lösungsvorschlägen für das Problem rungen der Schwabenkinder ziehen. Kinderarbeit und zieht für sich selbst ein Rollenkärt- chen. Entsprechend ihrer Rolle ordnen die Gruppen- Am Ende der Diskussion (am besten nach einer kur- mitglieder die Lösungsvorschläge nach ihrer Priori- zen Pause) sollen alle die Möglichkeit haben aus ihrer tät. Wenn alle Gruppen eine Reihenfolge festgelegt Rolle zu schlüpfen und die Lösungsvorschläge nach haben, wird im Plenum darüber diskutiert. ihren persönlichen Vorlieben zu ordnen. Lösungsvorschläge: • Armut bekämpfen beschränkte Arbeitszeit, gerech- Mindestmaß an Schulbildung Kinderarbeit ist ein Resultat gro- te Entlohnung, Ausbildungswege versorgen können. ßer Armut. Es gilt also weltweit neben der Arbeit schaffen, … vorhandene Initiativen zur Be- • Familienbeihilfe weltweit kämpfung von Armut zu fördern • Boykott von Produkten Alle Familien weltweit sollen eine und neue zu schaffen und zu In ganz Europa sollen alle Pro- angemessene finanzielle Unter- unterstützen. dukte die gänzlich oder zum Teil stützung zur besseren Betreu- durch Kinderarbeit produziert ung ihrer Kinder bekommen. • Unternehmen sensibilisieren werden, boykottiert werden um • Kinderarbeit unter Strafe Unternehmen, die Kinder be- die Unternehmen, die Kinder stellen, Schulpflicht durch- schäftigen, sollen für die Prob- beschäftigen, zum Umdenken zu setzen leme von arbeitenden Kindern zwingen. Kinderarbeit von Kindern bis sensibilisiert und soziale Verant- 14 Jahre soll ab sofort weltweit wortung von ihnen eingefordert • Geburtenregelung unter Strafe gestellt und mit werden. Gemeinsam gilt es nach Eine weltweite Regelung soll Sanktionen belangt werden. Lösungen zu suchen, die die festlegen, dass Eltern nur so Zusätzlich soll eine Schulpflicht Situation der Kinder verbessern viele Kinder bekommen dürfen für Kinder von 6 bis 14 Jahren – bessere Arbeitsbedingungen, wie sie ernähren und mit einem durchgesetzt werden. Rollen: • Kinder Bezug auf die Erfahrungen der • Nachhaltig Denkende Euch ist wichtig, dass ihr eine Schwabenkinder. Wie hat die Euch ist wichtig, dass Lösungen gute Perspektive für die Zu- Schwabengängerei ein Ende dauerhaft bestand haben und kunft habt und nicht unter gefunden? eine nachhaltige Veränderung gesundheitsschädlichen und bewirken. Für Schnellschüsse ausbeuterischen Bedingungen • Eltern seid ihr nicht zu haben. arbeiten müsst. Euch ist wichtig, dass eure Kinder gut versorgt sind, aber • Zeitwächter • Macher auch, dass das Überleben der Euch ist wichtig, dass es schnell Euch ist wichtig, dass die gesamten Familie gewährleis- Lösungen gibt, immerhin ist Lösungsvorschläge umsetz- tet ist. Ihr möchtet eure Kin- das Problem dringend. Ihr be- bar sind. Von unrealistischen der nach euren Vorstellungen urteilt die Vorschläge nach der Maßnahmen und Träumereien erziehen. Möglichkeit sie zügig umzuset- haltet ihr nichts. Nehmt ruhig zen. 14
Abschluss und Reflexion Ziel: zusammenfassen, rekapitulieren, weiterdenken („was tun“ mit dem neu erworbenen Wissen?). 1. Vorschlag: 2. Vorschlag: Kreisfeedback Streichholzfeedback ab 8 Jahren, ab 8 Jahren, Dauer: 10-20min. Dauer: 10-20min. Die SchülerInnen stellen sich Die SchülerInnen sitzen in ei- in einem Kreis auf, dessen Mit- nem Sesselkreis. Eine Schachtel telpunkt markiert wird. Die/Der Streichhölzer wird durchgegeben. LeherIn formuliert einige State- Nacheinander darf jedeR solan- ments. Die SchülerInnen beziehen ge Feedback geben wie ihr/sein individuell zu jedem Statement Streichholz brennt. Stellung indem sie einen persönli- chen Gegenstand (Stift, Schlüssel, Vorsicht: Das kann länger dauern, …) in der Kreismitte platzieren um als man denkt! Zustimmung oder am Kreisrand platzieren um Ablehnung auszu- drücken. Einzelne SchülerInnen haben die Möglichkeit ihre Positio- nierung zu begründen. Statements können z.B. sein: • Ich fühle mich jetzt besser über Schwabenkinder informiert. • Ich fühle mich jetzt besser über Kinderarbeit im Allgemeinen informiert. • Ich werde mich weiter mit dem Thema beschäftigen. • Aufgrund der neuen Informatio- nen werde ich mein Konsumver- halten ändern. 15
Aktionsvorschläge Auf dem geschichtlichen Hintergrund der „Schwabengängerei“ sollen ähnliche Situationen von Kindern und Jugendlichen heute beleuchtet werden und auf das Thema Kinderarbeit aufmerksam gemacht werden. 1. Vorschlag: 2. Vorschlag: 3. Vorschlag: Wanderung Gespräch mit Mach auf den Spuren der einem ehemaligen deine Schule Schwabenkinder Schwabenkind fair Routenvorschläge für Wanderun- Nehmt Kontakt mit einem ehema- Wo kommt eigentlich der Oran- gen auf Schwabenkinderwegen ligen Schwabenkind auf und ladet gensaft im Schulbuffet her? Und findet ihr unter www.schwaben- es in eure Schulstunde ein. wie wurden die Fußbälle aus dem kinder.eu. Turnunterricht produziert? So könnt ihr euch direkt über das Vorschläge für einzelne Stationen, Schicksal von Schwabenkindern Setzt euch dafür ein, dass an eu- die ihr entlang des Weges ohne informieren und gemeinsam Ide- rer Schule Produkte aus dem fai- großen Aufwand einplanen könnt, en zur Eindämmung von Kinderar- ren Handel gekauft werden – sie haben wir für euch zusammenge- beit weltweit entwickeln. sind garantiert ohne Kinderarbeit stellt (siehe Folgeseite). produziert worden. 16
(Schul-)Ausflug - Wanderstationen Auf den Spuren der Schwabenkinder 1. Station: Aufbrechen – in der Heimat Wenn alle zum gemeinsamen Aufbruch versammelt sind, wird zuerst ein Stück aus dem Roman „Hunger- weg“ gelesen, das den Vorabend der Verabschiedung von Sebastian nach Oberschwaben thematisiert (S. 15-16): Als Letzte huschte die Mutter ins Haus. Sie schüttel- er in die Schlafkammer und kam mit einem kleinen te ihr nasses Haar aus, das noch braun war, wäh- Leinensack zurück und einem Päckchen in fettigem rend das von Vater langsam ergraute. »Nit auszu- braunen Papier. Es war der Lohn dafür, dass er ei- denken, wenn es morgen das gleiche Wetter hat«, nem Bauern unten im Tal ein paar Bäume im Berg- seufzte sie und zog die Mehllade aus dem Kasten. wald geschlagen hatte. »Da nimm«, sagte er. »Aber Als sie hineinsah, vergaß sie schnell das morgige tu nit alles in die Suppen. Nur die Hälfte von der Wetter. Zu betrüblich war das Bild, das sich ihr bot. Rollgerste und ein bisserl was vom Speck.« Der Boden der Lade war schon blank, nur aus den Ecken ließ sich noch etwas Roggenmehl herauskrat- »Ja, Mann, du bist mir einer«, sagte die Mutter, als zen. Zwei, höchstens drei Holzlöffel voll, gestrichen hätte sie weiß Gott was erhalten. Sie wickelte das nur, nicht gehäuft. Papier auseinander und zeigte das zeigefingerlange, zwei Finger dicke und drei Finger breite Stück Speck »O Herr Jesus«, sagte sie, »man will ja nicht unbe- her. »Schaut, Kinder, was ihr für einen guten Vater scheiden sein, aber wenn wir wenigstens von einem habt«, rief sie. Herbst zum anderen was zu essen hätten. Das wär schon recht. Wenn du da einmal ein bisserl hingu- Die Kinder – Sebastian, Leopoldine, Damian, Franz, cken möchtst. Der Bub soll morgen fort und ich hab Andreas und Marie – betrachteten flüchtig den Vater zum Abschied nur eine dünne Suppe für ihn.« und danach umso eingehender das Stück Speck und »Unterwegs«, beruhigte der Vater seine Frau, »wer- einer hörte den Magen des anderen knurren. Das den sie schon gefüttert werden. Es gibt ja Pfarrhöfe Wasser lief ihnen im Mund zusammen, dass sie mit und Klöster und am Arlberg das Hospiz.« Dann ging dem Schlucken nicht nachkamen. 1 Anschließend können sich die Jugendlichen jeweils zu zweit zu folgenden Fragen austauschen: • Was habe ich gestern zu Abend gegessen? • Was habe ich heute gefrühstückt? • Was habe ich mir als Wegzehrung eingepackt? Danach kann die Wanderung beginnen. 1 Quelle: http://www.dtv.de/_pdf/blickinsbuch/70283.pdf?download=true 17
(Schul-)Ausflug - Wanderstationen Auf den Spuren der Schwabenkinder 2. Station: Abschied nehmen – Rearakapalli und der Weg Kleine Bildstöcke, Rearakapalli genannt, gab es an vielen Orten. Besonders bekannt ist allerdings das Re- arakapalli am Zeinisjoch, an dem die Kinder aus dem Paznauntal Abschied von ihren Eltern nahmen, um ohne sie ins Montafon weiter zu wandern. Wie gefährlich der Weg sein konnte, veranschaulicht die folgende Episode aus „Die Schwabenkinder“ von Claudia Lang (S. 27-28). Die Kinder und Jog, ihr Begleiter, haben nicht nur mit der Kälte und dem Hunger zu kämpfen: JOG: So Kinder, iatzt schauts noamol z’rück, des ist die Mädchen zittern vor Angst, halten sich gegensei- der letzte Blick ins Lechtal. Do vorn, des ist Elbigen- tig. Allgemeine Hektik. alp und des do rechts, des ist Bach. Im Herbst, zu Martini, wenn ihr z’ruck kommts, a paar Kilo schwe- JOG: Teufel, Teufel, des ist noamol guat gangen. rer und mit am nuien Gwand, ist des wieder der So, iatzt aber schnell! Mani, du voraus, nimmst des erste Blick in enkere Hoamat. So Kinder..... Wolfele mit und bestimmst des Tempo! Tuast alba z’ruck schaun, ob die anderen nachkomme, weil Heftiges Donnern und Sausen ist zu hören. Eine wir müasse z’amm bleibe, hörst du, immer z’ruck Lawine geht ab. schauen! Nocha die Leni, wo ist denn dia? Leni! Leni! Ja, Kreuzteufel,.sakra......! Ja, Himmelherrgott!.... Kinder, schnell alle zu mir her, alle daher unter den Vorsprung, haltet’s euch ROSA: Iatzt fluch no it glei alle Heiligen vom Him- fest! mel! Dia hat sich bloß versteckt. Leni! Leni, sofort kommst wieder zu uns! Alle laufen schnell unter den Felsvorsprung und kauern zusammen. Das Donnern wird noch heftiger, LENI: (aus dem Versteck) I will wieder hoam. I will dann leiser, hört ganz auf. Die Kinder stehen auf, numma mit. I hon Angst.² Den nächsten Abschnitt der Wanderung sollen die Jugendlichen allein oder auch zu zweit, jedenfalls nicht in der Gruppe bewältigen. Vorsicht: Dazu ein Stück Weg auswählen, das leicht zu bewältigen und nicht zu lang ist und möglichst ohne Weggabelungen verläuft, an denen man sich leicht verirren kann. Danach kann reflektiert werden: • Wie ist es ganz allein unterwegs zu sein? • Habe ich mich anders verhalten als in der Gruppe? Worauf habe ich geachtet? • Habe ich mich auch allein sicher gefühlt? Hatte ich Angst? 2 Quelle: http://www.stueckwiese.at/theater,_texte,_hobbyautoren/Buhnen_files/Schwabenkinder_Leseprobe.pdf 18
(Schul-)Ausflug - Wanderstationen Auf den Spuren der Schwabenkinder 3. Station: Zuflucht suchen – St. Christoph Viele Kinder, die den Arlberg überqueren mussten, suchten am Arlbergpass in der Kapelle des Hospizes St. Christoph Zuflucht. Dort stand eine hölzerne Christophorusstatue von der die Kinder oft kleine Splitter abschnitten. Diese Splitter wiederum sollten in der Ferne zuverlässig vor Heimweh schützen. An dieser Station wird die Legende vom Hl. Christophorus gelesen: Nach westlichen Quellen war sein Name Offerus. verrichtete Offerus fortan diesen Dienst. Seine riesige Gestalt erschreckte alle, die ihm be- gegneten. Offerus kannte seine geistige Grenze und Eines Tages nahm er ein Kind auf die Schulter, um wollte nicht herrschen, sondern dienen – aber nur es über den Fluss zu tragen. Zunächst war das Kind dem mächtigsten aller Herrscher. sehr leicht, aber je tiefer Offerus in die Furt stieg, desto schwerer schien es zu werden. In der Mit- Diesen begann er zu suchen. Er fand aber keinen, te des Stromes keuchte Offerus schließlich: „Kind, dessen Macht nicht irgendwie begrenzt war. Nach du bist so schwer, als hätte ich die Last der gan- langer vergeblicher Suche riet ihm ein frommer zen Welt zu tragen!“ Das Kind antwortete: „Wie du Einsiedler, unbegrenzt sei nur Gottes Macht, und sagst, so ist es, denn ich bin Jesus, der Heiland. Und Offerus solle nur Gott dienen. wie du weißt, trägt der Heiland die Last der ganzen Welt.” „Aber wie sagt mir Gott, was ich tun soll?” Als Got- tes Wille solle Offerus seine überragende Gestalt Am anderen Ufer angelangt, setzte Offerus das Kind erkennen. Offerus solle an Stelle eines Fährmanns ab, worauf das Kind zu ihm sagte: „Du hast den Reisende über einen Fluss tragen und diesen Dienst Christ getragen, von jetzt an darfst du Christofferus als den Willen Gottes ansehen. An einer tiefen Furt heißen.”3 3 Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Christophorus 19
(Schul-)Ausflug - Wanderstationen Auf den Spuren der Schwabenkinder 4. Station: In der Fremde – Hütekindermarkt Am Ende des Weges wartete auf Am Ende der Wanderung wird der Nach einer Blitzlichtrunde zum die Schwabenkinder der Hüte- Text reihum Absatz für Absatz Text, in der jedeR Jugendliche kindermarkt auf dem sie mit den vorgelesen. Gelegenheit hat ihre/seine per- ortsansässigen Bauern über ihren sönlichen Eindrücke zu schildern, Lohn verhandeln mussten. Mit dem Ende der Reise beginnen können die Jugendlichen mit ei- die Strapazen für die Schwaben- nem Abschiedsritual starten. Ein Artikel aus dem Cincinnatier kinder erst – jetzt geht es an Volksblatt von 1908 – also gegen die Arbeit. Ihre Geschwister und Ende der Schwabengängerei – Freunde werden die Kinder ver- beschreibt das eindrücklich (siehe mutlich den ganzen Sommer über Folgenseite). nicht sehen. Vorschlag: Abschiedsritual Dazu stellen sich alle in einem großen Kreis auf. EineR beginnt nun sich den Kreis entlang von jeder/jedem per Handschlag zu verabschieden. Die anderen folgen ihr/ihm. Am Ende sollten alle wieder im Kreis stehen und jedeR sollte sich von jeder/jedem verabschiedet haben. 20
Cincinnatier Volksblatt am 9. April 1908 Kindermarkt Friedrichshafen, Württemberg. Die Abhaltung des geben sich dann alle Mühe, sich in so schlechtem Licht Kindermarktes am 31. März – eine mehr als hundert als nur möglich zu zeigen, es gelangt ihnen aber nicht Jahre alte Einrichtung – hat diesmal in den Grenzpro- immer, der Gefahr, an einen solchen Menschen ausge- vinzen von Oesterreich, der Schweiz und Deutschland dungen zu werden, zu entgehen. einen ungewöhnlichen Sturm der Entrüstung erregt und viele Zeitungen, die darauf hinweisen, daß die Nach und nach werden alle untergebracht und die El- Kinder thatsächlich, wenn auch nur temporär, in die tern der Kinder schließen dann mit den Bauern schrift- Sklaverei verkauft würden, erklären, daß es jetzt ein liche Kontrakte ab, in denen die Summe festgesetzt und für alle Mal an der Zeit sei, diesem Unfug ein wird, die für die sieben Monate Dienst bezahlt werden Ende zu machen. muß. Sie beträgt gewöhnlich 50 Mark, geht in man- chen Fällen aber bis auf 80 Mark. Auf dem Marktplatz von Friedrichshafen werden alljährlich 300 bis 400 Knaben und Mädchen, im Alter Die Bedingungen des Kontraktes sind sehr schwere. Es von 11 bis 14 Jahren stehend, und die aus den Land- heißt darin, daß die Knaben oder Mädchen mit Viehhü- distrikten in Tyrol und Vorarlberg kommen, für sieben ten, Hausarbeit, Stallarbeit, Beaufsichtigen der Kinder, Monate, d. i. vom 1. April bis Ende Oktober, „ausge- mit dem Füttern des Viehs und allen möglichen ande- dungen“ und zwar an Bauern im südlichen Bayern, ren Dingen beschäftigt werden können. Württemberg und Baden. „Gute Behandlung“ wird auch garantiert, aber einer Auf die Wünsche der Kinder wird dabei sehr wenig hiesigen Zeitung zufolge, die eine eingehende Un- Rücksicht genommen, und die meisten werden gegen tersuchung vorgenommen hat, wird diese Bedingung ihren Willen ausgedungen, um Geld in die Taschen häufiger mißachtet als befolgt, und viele Kinder kehren ihrer Eltern zu bringen. infolge der Mißhandlungen, denen sie ausgesetzt sind, teilweise verkrüppelt oder mit geschwächter Gesund- Die Kinder kommen, in der Regel in Begleitung ihrer heit in die Heimath zurück. Eltern, am Kindermarkttag in Friedrichshafen an. Hier Herzzereißende Szenen spielen sich häufig ab, wenn werden sie in Reihen auf dem Marktplatz zur Besichti- die Kinder sich von ihren Eltern trennen müssen und gung aufgestellt und die Bauern betrachten sie, befüh- an ihre neuen Herren ausgeliefert werden. len die Muskeln ihrer Arme und Beine und besprechen in lauter Weise die Vorzüge und die Mängel der Klei- Den ersten glücklichen Tag erleben die Kinder am 28. nen. Oktober, dem „Pack-Tag“, an dem die Kleinen, nach- dem sie ihre Zeit abgedient haben, ihre wenige Habe Diese Inspektion dauert den ganzen Tag. Diejenigen zusammenpacken, um sich dann zu Fuß nach Fried- der älteren Kinder, die schon einen oder zwei Termine richshafen zu begeben, wo sie sich im Hauptquartier gedient haben, benachrichtigen insgeheim ihre jünge- der Kinderschutzgesellschaft versammeln, von wo aus ren Leidensgenossen, wenn ein Bauer herankommt, sie nach Hause geschickt werden. Im nächsten Jahre den sie kennen und der seine Schutzbefohlenen grob werden sie vielleicht aufs Neue in die Knechtschaft oder schlecht behandelt, und die Knaben und Mädchen verkauft werden.4 4 http://de.wikisource.org/wiki/Kinder-Markt 21
Geschichten von Schwabenkinder von heute Ein Tag mit Abina & Kumar Ich heiße Abina und bin 11 Jahre alt. Mein Vater Ich heiße Kumar und bin 11 Jahre alt. Ich wohne ist gestorben als ich noch ein Baby war und meine mit meinem Vater und meinen 4 jüngeren Geschwis- Mutter lebt in einem kleinen Dorf. Sie arbeitet bei tern in einer kleinen Hütte mitten auf dem Land, in einem Bauern und kann von dem, was sie verdient, der Nähe einer Ziegelei im Bundesstaat Haryana in nicht leben. Ich sehe sie nur ganz selten - zuletzt Indien. Auch in den Nachbarhütten wohnen Famili- vor einem Jahr. Ich arbeite als Hausangestellte in en, die im Steinbruch arbeiten. Zwischen den Hütten einer Familie in der Stadt Freetown/Sierra Leone. weiden Ziegen und Kühe. Wasserleitungen, Toiletten Dort wohne ich auch und bekomme zu essen und zu und Elektrizität gibt es im „Steinbruch-Dorf“ nicht. trinken. Für meine Arbeit erhält meine Mutter 7 Euro im Monat. Damit wir genug zu essen haben, müssen meine Geschwister und ich in der Ziegelfabrik arbeiten und Ich muss mich um den Haushalt für acht Personen können nicht zur Schule gehen. Wir verdienen rund kümmern: ein Mädchen von fünf Jahren, einen Jun- 6 Euro pro Tag. gen von sieben Jahren, ihre Mutter und ihren Vater, die Großmutter, den Großvater, einen Onkel und sein Frühmorgens bis spät am Abend mache ich nichts sechsjähriges Kind. Ich gehe nicht zur Schule und anderes als Lehmziegel. Den ganzen Tag bin ich kann nicht lesen und schreiben. umgeben von Lehm, Staub und Ziegeln. An guten Tagen dürfen wir zwischendurch länger Pause ma- Das ist mein Tagesablauf: chen und spielen. An schlechten Tagen schreit der Chef, wir sollen schneller arbeiten. An solchen Tagen 6:00 Uhr Aufstehen, Wasser holen, Frühstück schmerzen mir die Hände und Beine vom vielen vorbereiten Schleppen besonders und ich falle todmüde ins Bett. 7:00 Uhr Die Kinder zur Schule bringen 9:00 Uhr Besorgungen in der Stadt (einkaufen) Das ist mein Tagesablauf: 11:00 Uhr Mittagessen kochen 12:00 Uhr Mittagessen servieren 6:00 Uhr Aufstehen, Wasser holen, Frühstück 13:00 Uhr Küche aufräumen (1 Schale Reis) 14:00 Uhr Wäsche waschen (von Hand) 7:00 Uhr Arbeitsgeginn in der Ziegelfabrik 16:00 Uhr Haus putzen 10:00 Uhr 5 Minuten Pause 18:00 Uhr Abendessen zubereiten 13:00 Uhr Mittagessen (1 Schale Reise) 19:00 Uhr Abwaschen 13:15 Uhr weiter arbeiten 20:00 Uhr Kinder ins Bett bringen 18:00 Uhr Rückkehr ins Dorf 21:00 Uhr Aufräumen, Kleider flicken 18:15 Uhr Abendessen zubereiten, Ziegen füttern 23:00 Uhr Schlafen auf einer Matte in der Küche 21:00 Uhr Schlafen gehen 22
Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende den Schwabenkindern von heute: Hinaus aus der ausbeuterischen Kinderarbeit, hinein in eine hoffnungsfrohe Kindheit! Spendenkonto: Impressum Redaktion: Barbara Andrä, Nina Fritsche, Kathrin Ivancics RLB Tirol Kto.Nr. 24.000 Verantwortlich: Ing. Reinhard Heiserer BLZ 36.000 Fotos: Jugend Eine Welt, Kurt Hörbst, Franz Josef Rupprecht Layout: Nina Fritsche IBAN: AT66 3600 0000 0002 4000 Druck: digitaldruck.at BIC/SWIFT: RZTIAT22 Online Spenden unter: Jugend Eine Welt Österreich www.jugendeinewelt.at St. Veit-Gasse 21, 1130 Wien Tel. +43 1 879 07 07 Fax +43 1 879 07 07-15 office@jugendeinewelt.at www.jugendeinewelt.at www.schwabenkinder.at
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