Die Umweltsituation in den neuen Mitgliedsstaaten der EU
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Die Umweltsituation in den neuen Mitgliedsstaaten der EU 1. Einleitung Die Zahl der EU-Mitgliedstaaten wird sich am 1. Mai 2004 um zehn Staaten vergrößern. Zu den Beitrittsländern zählen Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern. Damit wird die EU auf 25 Mitgliedstaaten anwachsen. Diese zehn Staaten übernehmen mit ihrem Beitritt auch die Standards und Rechtsvorschriften der EU im Umweltbereich. Die EU wächst somit zum weltweit größten einheitlichen Markt mit einer gemeinsamen Umweltpolitik und gleichen Zielen und Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltsituation. Das bedeutet eine gleiche Wettbewerbsbasis für alle europäischen Unternehmen ohne weiteres „Umweltdumping“, Chancen für österreichische Betriebe bei der Implementierung der Rechtsvorschriften, die mit Investitionen der Kandidatenländer und der EU von über EUR 100 Mrd. verbunden sind, und die gemeinschaftliche Sicherung eines lebenswerten Lebensraums für alle Bürger Europas in der Zukunft. In der folgenden kurzen Übersicht soll die Umweltsituation in der Beitrittsländern von drei Blickpunkten aus beleuchtet werden: Zunächst wird die allgemeine Umweltsituation anhand einiger von der EU verwendeten Kriterien dargestellt, anschließend soll über die Situation von EMAS und ähnlichen Systemen in den neuen Mitgliedstaaten berichtet werden, und schließlich wird der Fortschritt der Beitrittskandidaten bei der Erreichung des europäischen Kyoto-Ziels betrachtet. 2. Allgemeine Umweltsituation – Entwicklung und Verbesserungspotentiale Seit einigen Jahren werden von EU-Organen in Zusammenarbeit mit den Beitrittsländern regelmäßig Lageberichte verfasst, die die aktuelle Situation in den Ländern auf den Gebieten Wasser- und Luftverschmutzung, Abfallbewirtschaftung und Umgang mit Chemikalien, Biotechnologie, Naturschutz, industrielle Umweltverschmutzung und Risikomanagement, Lärm und Strahlenschutz abbilden und die die zur Angleichung notwendigen Maßnahmen aufdecken. Diese Berichte sollen den Eingliederungsprozess der Kandidaten in die EU erleichtern, und auch bestehenden Mitgliedsstaaten als Informationsquelle dienen. Im Folgenden wird die aktuelle Situation anhand der wichtigsten Kriterien der Umweltberichte geschildert. Im Allgemeinen erfüllen die Kandidatenländer die aus den Beitrittsverhandlungen erwachsenen Verpflichtungen und Anforderungen. Erhebliche Fortschritte konnten auf dem Gebiet der Luftqualität erzielt werden, was vor allem auf die Umsetzung des Kyoto-Protokolls zurückzuführen ist, zum Beispiel durch Brennstoffumstellung. Teilweise sind die Rückgänge auch auf die wirtschaftliche Umstrukturierung hin zum Dienstleistungsgewerbe zurückzuführen. Allerdings ist in den Beitrittsländern zunehmend eine besorgniserregende Gegenbewegung in der Luftverschmutzung durch die Zunahme des Straßenverkehrs (eine 61%-ige Zunahme an Kraftfahrzeugbesitzern war zwischen 1990 und 1999 zu verzeichnen) mit der gleichzeitigen Abnahme des traditionell beliebten Schienenverkehrs zu beobachten.
Trotz erheblicher Fortschritte auf dem Gebiet der Nutzung von Wasserressourcen und der Wasserqualität bleibt dies weiterhin ein Problemfeld der Union, bis auf Tschechien müssen alle Beitrittskandidaten erhebliche Anstrengungen zur Angleichung der Wasserqualität an europäische Standards unternehmen. Einige Verbesserungen der Belastung konnten durch die sinkende Landbewirtschaftung erreicht werden; zB ein durchschnittlich niedrigerer Nitratgehalt im Grundwasser als in den bestehenden EU-Ländern. Auch die verminderte Einleitung von Abwässern in Gewässer sowie die verbesserte Klärung im Zusammenhang mit dem bevorstehenden EU-Beitritt zeigen bereits erste Auswirkungen. Zur weiteren Verbesserung der Situation müssen Wasserwirtschaftsprogramme mit der Ausweisung von nitratgefährdeten Zonen erstellt werden, sowie die Rechtsvorschriften zur Ableitung von gefährlichen Stoffen und zur Sicherung der Trinkwasserqualität angepasst werden. Wegen der erheblichen Investitionen, die mit der Verbesserung der Abwasserbehandlung (Errichtung von Kläranlagen) verbunden sind, ist dieses Teilgebiet der Rechtsvorschriften vorwiegend nicht bis zum Beitritt am 01.05.2004 umzusetzen; den einzelnen Kandidaten wurden individuelle Übergangsfristen über die nächsten Jahre gewährt. Auch die Abfallentsorgung und –behandlung erfordert noch erhebliche Verbesserungsmaßnahmen. Die Deponierung von Abfall ist in den meisten Beitrittsländern noch immer die Hauptentsorgungsmethode und die Recyclingraten befinden sich, mit Ausnahme von Zypern und Estland, auf niedrigem Niveau. Initiativen zur Förderung der Abfallvermeidung und des Recyclings sowie zur Erhöhung der Sicherheitsstandards für die Endlagerung sind vonnöten. Im Einzelnen müssen in den Beitrittsländern noch Verwaltungskapazitäten für die Abfallwirtschaft ausgebaut werden, sowie die Einrichtung von Sammelsystemen sowie Verwertungs- und Entsorgungsanlagen vorangetrieben werden. Auch Systeme zur Kontrolle von Abfalltransporten sind meist noch nicht ausgereift und müssen vervollständigt werden. Die Europäische Union wird die Verbesserungen auf dem Gebiet der Abfallbehandlung zu einem erheblichen Teil mitfinanzieren; diese sind als Ausnahmeregelung ebenfalls nicht mit dem Beitrittsdatum, sondern zu individuell verschiedenen, späteren Zeitpunkten abzuschließen. In der industriellen Umweltverschmutzung ist ein merklicher Rückgang zu beobachten, was auf Umweltschutzmaßnahmen (zum Teil im Rahmen des Kyoto-Protokolls) sowie auf eine wirtschaftliche Umstellung zu Lasten des verarbeitenden Gewerbes zurückzuführen ist. Auch eine Verbesserung der Öko- und Energieeffizienz der Industrie durch Investitionen in neue Anlagen und Stilllegung von Altanlagen zwecks Erfüllung der EU-Kriterien ist zu beobachten. Da die Industrie in den Beitrittsländern im Allgemeinen dennoch viel energie- und rohstoffintensiver ist als in Westeuropa, der Industriesektor stärker wächst als der EU-Schnitt und die Abkoppelung von Wirtschaftswachstum und Umweltbelastung nicht erreicht werden konnte, sind weitere umfassende Investitionen für die Steigerung der Umweltleistung der Industrie auf das europäische Niveau nötig. Lediglich Tschechien und Estland können bereits heute zufriedenstellende Werte in der Umweltbelastung durch die Industrie vorweisen. Wegen des hohen Investitionsvolumens, das zur Angleichung notwendig ist, fallen Anpassungen von Industrieanlagen an bestehende Emissionsgrenzwerte (gemäß IPPC- und LPC-Richtlinie) sowie Angleichungen des Bereichs des Risikomanagements in der Industrie unter individuelle Übergangbestimmungen, die jedoch im Allgemeinen mit 2007 abgeschlossen sein sollten. Auch Gesetze zum Naturschutz müssen weiter angepasst werden. Die meisten Beitrittsländer werden bis zur Aufnahme Standorte für die Einrichtung von Natur- und Vogelschutzgebieten auswählen, um dem Artenrückgang im Zusammenhang mit der Degradation oder Zerstörung von Habitaten durch höheres Siedlungsaufkommen entgegenzuwirken.
Ungarn, Slowakei, Slowenien, und Malta müssen zudem noch ihre Rechtsvorschriften in Bezug auf nukleare Sicherheit und Strahlenschutz an EU-Standards angleichen. 3. EMAS – Aktuelle Situation und Initiativen in den neuen EU-Mitgliedsstaaten Mit dem Beitritt der 10 Kandidatenländer zur EU sollen auch bereits die institutionellen Voraussetzungen vorhanden sein, um Betrieben die EMAS-Validierung zu ermöglichen. Um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten, mussten in den Kandidatenländern bereits vor dem Beitritt notwendige legislative Anpassungen geschaffen und die Strukturen und Organe, die künftig für die Umsetzung von EMAS zuständig sein werden, festgelegt werden. Viele der Kandidatenländer koppelten an diese Restrukturierungsphase auch Pilotprojekte, im Laufe derer die aktuelle Situation von für EMAS in Frage kommenden Unternehmen beurteilt wurde, das EMAS-Programm einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde, sowie die EMAS-Validierung in einigen Unternehmen durchgeführt wurde. Hilfe bei der Umsetzung erhielten die Beitrittsländer dabei von zwei EU-Institutionen, dem Phare-Programm, sowie der Umweltfinanzierungshilfe der EU, LIFE. Phare unterstützt seit 1997 Kandidatenländer bei der legislativen und institutionellen Anpassung an EU-Standards durch Co-finanzierung und Partnerschaften zwischen der Verwaltung in EU-Ländern und der in den Beitrittsländern. An solchen Partnerschaften zur Schaffung geeigneter Verwaltungskapazitäten, zum Erfahrungsaustausch und zwecks erstmaligen Validierung von Unternehmen nach EMAS nahmen in den Jahren 2000-2003 die Slowakei (mit einem deutschen Partner), Litauen (unterstützt durch das finnische Umweltministerium) und Estland (mit der dänischen Regierung) sowie Ungarn teil. Durch das EU-Instrument LIFE co-finanzierte Projekte finden sich in Malta und Zypern, in denen mit EU-Unterstützung erstmals Unternehmen nach EMAS validiert wurden, wobei in Zypern besonderes Augenmerk auf die Umsetzung von EMAS in Fremdenverkehrsbetrieben gelegt wurde (zu den am Pilotprojekt teilnehmenden Unternehmen zählten auch 2 Hotels). Große Erfolge konnte auch die tschechische Republik vorweisen, die in einem 2001 gestarteten Pilotprojekt die aktuelle Situation und die notwendigen Schritte zur Umsetzung von EMAS in den vielen tschechischen Unternehmen, die bereits nach ISO-14001 zertifiziert sind, erfasst hat. Tschechien ist das Kandidatenland mit den meisten bereits nach EMAS validierten Unternehmen, 10 an der Zahl. 4. Emissionen von Treibhausgasen – Situation und Entwicklung in den Beitrittsländern Alle Staaten, die der EU am 01.05.2004 beitreten, haben das Kyoto-Protokoll ratifiziert. Die dabei festgelegte Planreduktion der Treibhausgas-Emissionen der Länder bis 2010 liegt, im Vergleich zum Basisjahr, bei -8% (Polen, Ungarn: -6%; Malta und Zypern haben kein Reduktionsziel festgelegt). Das Basisjahr, von dem die Beitrittskandidaten ausgehen, ist 1990 (außer Ungarn: Durchschnitt der Jahre 1985-1987; Polen: 1988; Slowenien: 1986). Die meisten der Beitrittskandidaten sind bei der Erfüllung ihrer Ziele weitaus erfolgreicher als viele EU-Länder, und werden ihre Ziele voraussichtlich mit Leichtigkeit erfüllen oder übererfüllen. Lediglich Slowenien bleibt hinter dem Reduktionsplan zurück. Insgesamt konnten die Beitrittskandidatenländer 2001 eine 36%-ige Reduktion der Treibhausgase im Vergleich zu 1990 verbuchen. Der Gesamtrückgang der Emissionen in den Regionen in den neunziger Jahren ist auf die Einführung marktwirtschaftlicher Systeme und die konsequente Neuordnung bzw. Schließung hohe Verschmutzung verursachender und energieintensiver Industrien zurückzuführen.
Die Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr gehen jedoch genau in die entgegengesetzte Richtung: Im Jahr 2001 überschritten die verkehrsbedingten Gesamtemissionen von Kohlendioxid – dem wichtigsten Treibhausgas – der 10 Länder zusammen genommen erstmals den Wert für 1990 um 4 %. Grund dafür ist das hohe Wirtschaftswachstum und die Übernahme der nicht nachhaltigen Verkehrsgewohnheiten der EU (Verlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße, Ausbau des Straßenverkehrsnetztes, Zunahme der Fahrzeugdichte). Trotz der anfänglich günstigeren Voraussetzungen für die Verfolgung der Kyoto-Ziele als in der EU (bessere Verkehrsaufteilung zwischen Eisenbahn und Straße, lediglich die Hälfte des Ausmaßes der CO2-Emissionen pro Einwohner) ist daher der negative Trend bei der Entwicklung der Infrastruktur unverkennbar. * Für Polen liegen lediglich Daten aus dem Energiesektor vor. * Sechs Länder, Estland, Tschechien, Slowakei, Polen, Bulgarien, Slowenien, planen zusätzliche nationale Programme und Maßnahmen zur weiteren Treibhausgasreduktion. Was Slowenien angeht, so würde es dadurch immer noch sein Reduktionziel um 6,5 Prozentpunkte verfehlen. 5. Quellen Weitere Informationen zu diesen Themen finden Sie hier: Bericht der European Environmental Agency über die Umweltsituation in Europa: http://reports.eea.eu.int/environmental_assessment_report_2003_10/en Bericht der European Environmental Agency über Treibhausgasemissionen in Europa: http://reports.eea.eu.int/environmental_issue_report_2003_36/en/tab_summary_RLR Berichte der EU über die wirtschaftliche, soziale Situation und Umweltsituation in den Kandidatenländern: http://europa.eu.int/comm/enlargement/report_2003/index.htm
Kurzartikel der European Environmental Agency über die Kyoto-Zielerreichung der Beitrittsländer: http://org.eea.eu.int/documents/newsreleases/ghg-accession-en Seite der EU zu EMAS-Aktivitäten in den Beitrittsländern: http://europa.eu.int/comm/environment/emas/activities/accession_en.htm Genaue Informationen zu den Übergangsfristen bzgl. verschiedener Umweltbereiche der Beitrittsländer: http://wko.at/up/enet/verhandlungsstand.htm Auswirkungen des Beitritts der 10 Kandidatenländer auf Österreich: http://www.akwien.at/dat/Beitrittsvertrag_endgInhaltsverzeichnis_end1.pdf
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