Geschäftsberichte 2020 2018 - Spital Thurgau AG
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Kantonsspital Frauenfeld Kantonsspital Münsterlingen Psychiatrische Dienste Thurgau Klinik St. Katharinental Geschäftsberichte 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024
E DITORIAL Gemeinsam erfolgreich durch die Krise 1 B E I T R ÄG E T H U R M E D G E S E L L S C H A F T E N Organe 2 Sehr viel war 2020 durch Corona geprägt – aber nicht alles 3 Covid-19 in Psychiatrie und Rehabilitation 8 Isolationsstationen – im Spannungsfeld zwischen Organisation und persönlicher Betroffenheit 11 «Ich bin unheimlich stolz auf jeden Einzelnen unseres Teams.» 14 Intensivmedizin im Angesicht der Covid-19-Pandemie 17 S P I TA L T H U R GAU AG: DA S JA H R 2 0 2 0 I N Z A H L E N Lagebericht Spital Thurgau 21 Bilanz 23 Erfolgsrechnung 24 Geldflussrechnung 25 5-Jahres-Übersicht 26 Anhang zur Jahresrechnung 2020 27 Antrag über die Verwendung des Bilanzgewinnes 27 Erläuterungen zur Jahresrechnung 28 Bericht der Revisionsstelle 34 Patientenstatistiken 36 Qualitätsbericht 41 Personalstatistiken 46 t h u r m e d G r u p p e: DA S JA H R 2 0 2 0 I N Z A H L E N Organigramm thurmed Gruppe 49 Lagebericht thurmed Gruppe 50 Bilanz 52 Erfolgsrechnung 53 Geldflussrechnung 54 Anhang zur Jahresrechnung 2020 55 Erläuterungen zur Jahresrechnung 57 Bericht der Revisionsstelle 63 FAC H KO M PE T E N Z E N Kantonsspital Frauenfeld, Kantonsspital Münsterlingen 65 Klinik St. Katharinental, Psychiatrische Dienste Thurgau 66 Zentrale Medizinische Dienste, Zentrale Dienste und thurmed Gesellschaften 67 Geschlechtsneutrale Bezeichnungen Wenn auf den nachfolgenden Seiten die weibliche Form nicht der männlichen Form beigestellt ist, so ist der Grund dafür allein die bessere Lesbarkeit. Wo sinnvoll, ist selbstverständlich immer auch die weibliche Form gemeint.
Gemeinsam erfolgreich durch die Krise von lic. iur. Carlo Parolari, Verwaltungsratspräsident Spital Thurgau und thurmed D ie Pandemie hat im vergangenen Jahr vie- Es ist mir ein Anliegen, im Namen des Verwaltungs- les, ja beinahe unser ganzes Leben auf rates allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herz- den Kopf gestellt. Mitte Januar konnten wir lich für ihren grossartigen und selbstlosen Einsatz noch den Spitalneubau Horizont in Frauenfeld in in dieser schwierigen und belastenden Situation Betrieb nehmen und mit überwältigendem Erfolg zu danken. Mein besonderer Dank richtet sind an der interessierten Bevölkerung vorstellen. Wenige die Mitglieder der Geschäftsleitung unter der Füh- Tage darauf wurde wegen des Coronavirus eine rung unseres CEO, Dr. Marc Kohler. Ihnen allen ist «gesundheitliche Notlage von internationaler es zu verdanken, dass die Gesundheitsversorgung Tragweite» ausgerufen und der Bundesrat hat in im Kanton Thurgau stets auf hohem Niveau ge- der Schweiz einen nationalen Lockdown verfügt. währleistet war und unsere Unternehmensgruppe Seither dominieren das Virus und die Massnahmen dieses Krisenjahr sowohl organisatorisch als auch zu dessen Bekämpfung unser Leben und den Ar- wirtschaftlich erfolgreich meistern konnte. beitsalltag. Diese ausserordentliche Zeit stellt uns alle vor grosse Herausforderungen – bezüglich Die beiden Akuthäuser, die psychiatrischen Diens- Gesundheit, Familie, Sozialverhalten, Wirtschaft, te und die Rehaklinik innerhalb der Spital Thurgau Politik und Gesellschaft. und die übrigen Tochtergesellschaften wurden von der Pandemie unterschiedlich betroffen. In In ganz besonderem Ausmass waren aber die der Spital Thurgau konnte der Unternehmensver- Gesundheitsinstitutionen und all ihre Mitarbeiten- lust in Grenzen gehalten werden. Es ist deshalb den betroffen. Unsere Ärztinnen und Ärzte sowie ausserordentlich erfreulich, dass die thurmed die Pflegenden an vorderster Front und alle wei- Gruppe im Berichtsjahr 2020 aller Widrigkeiten teren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den zum Trotz in wirtschaftlicher Hinsicht zwar unter zentralen Diensten und in den Tochterunterneh- Budget, aber dennoch deutlich positiv abschlies- men haben sich in dieser Krisensituation in bewun- sen konnte. Gemeinsam konnten wir dieses aus- dernswerter Weise für die zahlreichen Erkrankten serordentliche Jahr erfolgreich meistern. eingesetzt. Waren zu Beginn der Krise vor allem Flexibilität, Entschlossenheit und Mut gefragt, for- Die enge Zusammenarbeit zwischen der Spital derte die zweite Welle überdurchschnittliche Leis- Thurgau und den Schwesterunternehmen, die in- tungsbereitschaft und Durchhaltekraft. Auch die ternen Synergien und das unternehmerische Han- strategische und die operative Führung der Spital deln auf allen Stufen sind die Schlüsselelemente Thurgau AG waren in der Bewältigung dieser Pan- für den Erfolg der thurmed Gruppe im schweiz- demie stark gefordert. weiten Vergleich. Dies hat sich in der aktuellen Krisensituation einmal mehr deutlich gezeigt. ❚ 1
GESCHÄFTSBERICHT 2020 Organe ➔ V E R WA LT U N G S R AT T H U R M E D/S P I TA L T H U R GAU (von links nach rechts) Dr. med. Bruno Haug Christa Thorner-Dreher Dr. oec. Anna-Katharina Klöckner, Vizepräsidentin lic. iur. Carlo Parolari, Präsident Prof. Dr. oec. Michèle Sutter-Rüdisser Prof. Dr. oec. Urs Brügger Prof. Dr. med. Markus von Flüe ➔ G E S C H Ä F T S L E I T U N G S P I TA L T H U R GAU (von links nach rechts) Dr. oec. publ. Peter Heri, MPH, CFO PD Dr. med. Stefan Duewell, Ärztlicher Direktor Kantonsspital Frauenfeld PD Dr. med. Thomas Neff, MBA, Ärztlicher Direktor Kantonsspital M ünsterlingen Stephan Kunz, MBA, Spitaldirektor Kantonsspital Münsterlingen / Verwaltungsdirektor Psychiatrische Dienste Thurgau Dr. med. Stefan Goetz, Ärztlicher Direktor Klinik St. Katharinental Dr. sc. techn. Marc Kohler, CEO Norbert Vetterli, dipl. Ing. BSc/FH, EMBA, Spitaldirektor Kantonsspital Frauenfeld / Klinikdirektor Klinik St. Katharinental Dr. oec. publ. Christian Schatzmann, CIO Agnes König, MHA/MPH, Pflegedirektorin Kantonsspital Münsterlingen Dr. biol. hum. Ralf-Peter Gebhardt, Spitaldirektor Psychiatrische Dienste Thurgau 2
Sehr viel war 2020 durch Corona geprägt – aber nicht alles von Dr. sc. techn. Marc Kohler, CEO Spital Thurgau und thurmed N ach einem sehr erfreulichen Start wurde angepasst und für die Zukunft vorbereitet. Damit im Geschäftsjahr 2020 ab Mitte März alles steht die Spital Thurgau im Quervergleich weiter anders: Corona respektive Covid-19 do- als innovativ, effizient, finanziell gesichert und stra- minierte auch die Aufgaben und Verantwortun- tegisch sehr gut positioniert da. Einen wichtigen gen der Spital Thurgau AG – und der gesamten Beitrag dazu leisten die zahlreichen kleineren Leis- thurmed Gruppe – für die Thurgauer Bevölkerung tungserbringer, welche in der thurmed Gruppe fast vollständig. 2020 wurde so zu einem extrem in den letzten gut 10 Jahren aufgebaut wurden. anspruchsvollen, für die Mitarbeitenden und die Sie sind gut aufeinander abgestimmt, gleichen Kaderpersonen physisch und auch psychisch aus- Schwankungen in der Nachfrage im Kerngebiet gesprochen belastenden Jahr. Qualitativ wurden der Gruppe etwas aus, bringen die im Umfeld so zwar erneut hochstehende und überdurchschnitt- notwendige economy of scale und stabilisieren lich gute Ergebnisse erreicht – bei Covid-Erkrank- die Gruppe auch finanziell – das wurde 2020 mit ten wie auch «normalen» Patientinnen und Pa der Covid-Pandemie deutlich bewiesen. tienten –, aber die finanziellen Ergebnisse des Gesamtunternehmens fielen tiefer als üblich aus. Die wichtigste Aufgabe der Spital Thurgau AG ist So schliesst die Spital Thurgau AG das Geschäfts- die qualitativ hochwertige Versorgung der Thur- jahr 2020 mit einem Verlust von Fr. 2,154 Mio. ab, gauer Bevölkerung – gerade auch in Krisenzeiten. während in der thurmed Gruppe dank der guten Deshalb legen wir grossen Wert auf die interne Marktpositionierung der kleineren weiteren Un- Analyse und Qualität unserer medizinischen Ergeb- ternehmen ein konsolidierter Gewinn von Fr. 5,385 nisse und das Benchmarking mit vergleichbaren Mio. erwirtschaftet werden konnte. Spitälern im In- und Ausland. Gerade in der Covid- 19-Pandemie wurden nach und nach immer mehr Ende 2019 standen die Anzeichen für das Ge- vergleichbare Parameter (Erfassung von ange- schäftsjahr 2020 eigentlich gut. Im Januar wurde steckten Personen, Überlebensraten, Komplikatio- der Neubau «Horizont» im Kantonsspital Frauenfeld nen usw.) publiziert, und die Behandlungsergeb- mit einem äusserst erfolgreichen Tag der offenen nisse in der Spital Thurgau lagen generell etwas Tür der breiten Bevölkerung gezeigt (deutlich über besser als vergleichsweise erwartet. Das gilt für die 10’000 Besuche) und gefeiert. Ende Februar wur- besonders heikle Intensivpflege, wie die oft an der de das neue Gebäude in einem weiteren Kraftakt Grenze des Machbaren laufenden Notfall- und innert sehr kurzer Zeit bezogen. Die Prozesse laufen Normalstationen. Daneben mussten in den «Hoch- seit Beginn praktisch reibungslos. Überall im Unter- zeiten» der Pandemie, besonders während Lock- nehmen wurde 2020 viel weiterentwickelt, gebaut, down-Phasen in den Monaten April bis Juni und 3
GESCHÄFTSBERICHT 2020 November bis Dezember, zahlreiche elektive Be- ringerte sich total um 0,2%, in den Akuthäusern handlungen (v.a. Operationen) auf Anordnung um ca. 3,5%. Wichtig ist dabei, dass die Spital des Bundesrates verschoben werden. Nur so konn- Thurgau die Kapazitäten aufgrund der laufend ten die Sicherheit und Behandlungsqualität der grösseren Nachfrage und dem stetig steigenden Covid-19-Patientinnen und Patienten bestmöglich Kostengewicht (case mix), welches tendenziell gewährleistet und gleichzeitig auch nicht Ange- auch den steigenden Pflegeaufwand spiegelt, steckte angemessen geschützt werden. Deshalb gegen Ende 2020 um 30 Betten im Akutbereich sind die Behandlungsergebnisse im Jahr 2020 aus- und weitere 6 Betten in der Psychiatrie erhöhte. serhalb von Covid-19 auf dem gewohnt hohen Dazu wurden entsprechend ca. 50 zusätzliche Niveau. Die Verschiebungen weniger dringender Stellen (FTE) geschaffen – patientennah in der Pfle- Eingriffe hatte aber auch seinen Preis: gerade äl- ge, bei den Ärzten, in der Medizintechnik und bei tere Menschen warteten oft zu lange mit dem not- weiterem Fachpersonal. Dadurch lag das Budget wendigen Spitalaufenthalt, sei dies aus Rücksicht 2020 deutlich über den Zahlen des Vorjahres. We- auf Covid-19-Erkrankte oder aus Angst vor einer gen Corona und dem Lockdown wurden diese Ansteckung, was die spätere Behandlung im Spital neuen Kapazitäten aber nie genutzt, sondern oder in der Rehabilitation oft etwas erschwerte viele Betten standen während Monaten leer und oder auch die Heilungszeiten verlängerte. Interes- «generierten» hohe Ertragsausfälle gegenüber sant ist auch die Entwicklung in den Psychiatri- Plan, die finanziell nie kompensiert wurden. Um- schen Diensten Thurgau: die stationäre Auslastung gekehrt haben diese Zusatzstellen es aber erst ging während dem Lockdown und auch gegen ermöglicht, dass die Spital Thurgau die Pandemie Ende Jahr leicht zurück, lag aber sonst über dem spitalseitig für den ganzen Kanton sowohl in der Vorjahr. Diese Steigerung ist aber kaum auf Corona ersten wie auch in der zweiten Welle schon fast zurückzuführen, und auch die ambulanten psychi erstaunlich gut bewältigen konnte. Die nachweis- atrischen Angebote zeigen im Jahresverlauf eine baren Zusatzkosten dafür waren allerdings im- leicht steigende Nachfrage. mens: sehr viele Überstunden und externes Zusatz- personal (IPS und auch Isolierstationen) über total Ergebnisse der Spital Thurgau AG ca. 5 Monate, Zusatzmaterial/-geräte (IPS, Not- Im Jahr 2020 wurden insgesamt 31’320 stationäre fallstationen und die temporäre Wiederinstand- Fälle behandelt (–2,4% gegenüber 2019), in den setzung des alten Bettenturms in Frauenfeld), aus- beiden Akutspitälern Frauenfeld und Münsterlin- serordentlich viel Schutz-, Hygiene- und Desinfek- gen betrug der Rückgang 3,6% auf das ganze tionsmaterial, die Zugangsbewachung und vieles Jahr. Das ambulante Volumen (Taxpunkte) ver- mehr. Diese Zusatzkosten wurden für die 1. Welle 4
vom Kanton im Umfang von ca. Fr. 7,8 Mio. auch die Spitalpharmazie Thurgau (SPTAG) und die abgegolten, zusammen mit einem Teilausgleich Spitalcampusapotheke (SCAAG), und gesteigert für die Ertragsausfälle (ca. Fr. 1,5 Mio. gegenüber hat sich auch die Pathologie Enge (PIE) in Zürich. IST 2019), womit allerdings ca. Fr. 9,3 Mio. Ertrags- Gut gehalten hat sich die thurmed Immobilien ausfall gegenüber Plan 2020 erfolgswirksam für AG (TIAG) und nur leicht unter Budget haben die die Spital Thurgau AG blieben. Als Fazit und Lehren Radiologie-Nordost (RNO) mit ihren Standorten aus der Coronapandemie bleiben: (Romanshorn, St. Gallen, Heerbrugg), die weiteren • Die Spital Thurgau war imstande, die ausseror- Radiologien (RIWAG und RABAG), die Praxis Stor- dentliche Lage und Belastung durch Covid-19 chen (PGS, Stein am Rhein), das Rheumatologi- im Kanton gut, effizient und qualitativ hochwer- sche Versorgungszentrum (RVZ, Weinfelden) sowie tig (outcome) zu bewältigen. die Sportpraxis (SAS) abgeschlossen. Sie alle haben • Die physische und psychische Belastung der primär die Ertragsausfälle während dem Lock Mitarbeitenden, speziell patientennah Arbei- down zu spüren bekommen und diese im Sommer tender, war ausserordentlich hoch und hinter- und Frühherbst nur teilweise wieder aufholen lässt nach wie vor Spuren. Weit über 100 Mitar- können. Mehr getroffen wurde die elektive Vari- beitende sind im Laufe 2020 selber positiv zenchirurgie in der Venenklinik, welche leicht ne- getestet worden und fielen so für eine gewisse gativ abschliesst. Sehr stark unter hohen Umsatz Zeit aus, was die Lage an Spitzentagen echt ausfällen gelitten hat die gesamte Wäscherei- kritisch gemacht hat. Einige Mitarbeitende sind Gruppe, wo sich massive Rückschläge bei Hotels selber schwer erkrankt und kämpfen nach wie und Restaurants mit signifikanten Einbussen im vor mit den Folgen. Gesundheitswesen zu einem Umsatzrückgang von • Finanziell hat der Kampf gegen Covid-19 auch ca. 25% gegenüber Plan kumuliert haben. Für den in der Spital Thurgau AG deutlich negative Fol- Aufbau der neuen Wäscherei in Pfaffnau wurden gen und sogar einen Verlust (Fr. –2,154 Mio.) trotz diesen harten Krisenzeiten namhafte und bewirkt. Hauptgrund ist, dass das Gros der Er- solide Kunden neu gewonnen. Dennoch blieb tragsausfälle gegenüber Plan selber getragen das Gesamtergebnis der Wäschereien Corona- werden musste. bedingt negativ. Weitere thurmed Unternehmen In Summe über alle Gesellschaften (ohne die Spi- Sie alle waren natürlich auch durch Covid-19 be- tal Thurgau AG) konnte ein schöner Gewinn erzielt troffen, allerdings sehr unterschiedlich. Klar profi- und die Budgetziele 2020 mindestens teilweise tiert von der stark gestiegenen Nachfrage haben erreicht werden. Unter den schwierigen Rahmen- 5
GESCHÄFTSBERICHT 2020 bedingungen ist das als grosser Erfolg zu werten. arbeiterzufriedenheit ist heute im kompetitiven Es zeigt sich, dass sich die verschiedenen Stand- Umfeld und Kampf um die besten Leute ein ent- beine der thurmed Gruppe gerade auch in der scheidender Erfolgsfaktor, dem wir speziell Sorge Krise bewähren, zum Teil antizyklisch verlaufen tragen und wo wir auch entsprechend positive und so den erfreulichen Markterfolg wie auch die Feedbacks erhalten. finanziellen Ergebnisse der Gruppe klar positiv stabilisieren. Aus unserer Sicht ist 2020 ein Beweis Ausblick für die risikoaverse, marktorientierte, langfristig Sehr vieles musste im Jahr 2020 auf die Herausfor- vorausschauende und wohl auch nachhaltige derungen von Covid-19 ausgerichtet und auch Qualität der Strategie, welche immer besser zum «ertragen» werden. Das hat uns oft an die Leis- Tragen kommt. Natürlich steigt mit der Diversifizie- tungsgrenzen gebracht. Die Spital Thurgau und rung der Gruppe auch der Aufwand für die Ko- die thurmed Gruppe sind das Rückgrat der Ge- härenz und die Bewältigung von ausserordentli- sundheitsversorgung im Kanton. Dieser grossen chen Lagen, das haben die Kaderverantwortli- Verpflichtung sind wir uns bewusst und nehmen chen sehr deutlich gespürt. die Herausforderung auch immer wieder an. Es freut uns, wenn diese Leistungen durch die Politik Insgesamt konnte die ganze thurmed Gruppe im und Gesellschaft auch wiederholt gelobt werden, Geschäftsjahr 2020 einen – in Anbetracht der Um- sei es ganz allgemein oder sehr oft auch im Rah- stände – erfreulichen konsolidierten Gewinn von men persönlicher Schicksale von Patientinnen Fr. 5,385 Mio. verbuchen. Dabei drehte sich lange und Patienten. Leider ist diese Pandemie per Ende nicht alles um Corona, sondern es wurden auch Jahr bei Weitem noch nicht überwunden, und wichtige Weichen für die Weiterentwicklung der auch die ersten Monate des Jahres 2021 waren Gruppe gestellt, namentlich in den Bereichen ganz wesentlich davon geprägt. Das macht es Weiterentwicklung und Aktualisierung der medi- immer schwieriger, die Mitarbeitenden für immer zinischen Angebote nach neustem Stand, Sorti- neue Höchstleistungen zu motivieren. Bis jetzt ist mentsoptimierung (Medikamente, Implantate), das ziemlich gut gelungen, aber auch wir werden Kostensenkungen im Einkauf, Qualitätsmessung – wie die ganze Bevölkerung – langsam etwas und sehr viel auch im Bereich von Human Ressour- müde durch all die Belastungen und die Dauer ces: Einsatzplanung der Mitarbeitenden, Weiter- der Covid-19-Krise. Deshalb ein grosser Dank an bildung, attraktive Anstellungsbedingungen, Per- alle, speziell aber an die Mitarbeitenden, für ihren sonaladministration und – in ausserordentlichen grossen, hochwertigen und unermüdlichen Ein- Lagen ganz wesentlich – Kommunikation. Mit satz! ❚ 6
GESCHÄFTSBERICHT 2020 Covid-19 in Psychiatrie und Rehabilitation von Dr. biol. hum. Ralf-Peter Gebhardt, Spitaldirektor Psychiatrische Dienste Thurgau, Dr. Marko Hurst, Stv. Chefarzt Ambulante Erwachsenenpsychiatrie Psychiatrische Dienste Thurgau, und Dr. med. Stefan Goetz, Ärztlicher Direktor Klinik St. Katharinental D er Historiker Malte Thiessen beschreibt frage und Belegung weitestgehend stabil, Covid- Seuchen als die sozialsten aller Krankhei- 19-bedingt mussten dort jedoch teilweise deutli- ten. Die Welt verändert sich für alle Men- che Anpassungen im Stationsalltag und bei den schen und jeder macht die Erfahrung, dass zu den therapeutischen Angeboten vorgenommen wer- alten Sorgen neue hinzukommen: existenzielle, den. Für die Patienten und Patientinnen stellten gesundheitliche, finanzielle und soziale. Für Men- die neuen Hygienemassnahmen eine grosse He- schen mit psychischer Vulnerabilität bedeutet die rausforderung dar. Manche der Regeln – wie das Pandemie mit all ihren Einschränkungen, neu Maskentragen – waren gewöhnungsbedürftig hinzugekommenen Risiken, kollektiv geschürten und wirkten nur auf den ersten Blick leicht umsetz- Ängsten und extremer medialen Präsenz einen bar. Bei genauerem Hinschauen erschweren die zusätzlichen Stressfaktor. Bereits bestehende so- Masken aber die Kommunikation insbesondere ziale Spannungen verschärfen sich und treten für Ältere und Hörbehinderte. Ausgesprochen kri- umso klarer zutage, je länger die Pandemie an- tisch wirkte sich die Massnahme des Besuchsver- dauert. Für diese Menschen sind wir da. bots aus, da die Besuche bei längeren rehabilita- tiven Aufenthalten eine wichtige Stütze sind und Während die Psychiatrie und die Klinik St. Katha- die Zusammenarbeit mit den Angehörigen für den rinental den ersten Coronalockdown im Frühjahr Erfolg wesentlich ist. Patienten und Patientinnen, 2020 zwar mit wirtschaftlichen Einbrüchen und welche von Covid-19 betroffen waren, litten unter der temporären Schliessung von Angeboten, an- der Isolation, was wiederum für das betreuende sonsten aber weitestgehend unbeschadet über- Personal eine zusätzliche Herausforderung dar- standen, sind die laufenden Auswirkungen der stellte. zweiten Welle seit Herbst 2020 gravierender und dauerhafterer Natur. Das ersehnte Zurück in die Seit Ende November 2020 werden alle unsere Pa- Normalität ist in weite Ferne gerückt. Die erforder- tienten und Patientinnen vor der stationären Auf- lichen Veränderungen waren je nach Arbeitsort nahme mit dem Antigen-Schnelltest getestet. unterschiedlich. Bei den ambulanten psychiatri- Dadurch, zusammen mit den penibel umgesetz- schen Angeboten der Erwachsenenpsychiatrie ten Hygienemassnahmen, erreichen wir einen und der Kinder- und Jugendpsychiatrie blieb die hohen Sicherheitsstandard. Selbstverständlich ist Nachfrage unvermindert hoch, die Termine wur- die Psychiatrische Klinik Münsterlingen auch für den vermehrt auch telefonisch oder per Video- die Aufnahme von Covid-19-positiv getesteten konsultation durchgeführt. Im stationären Bereich Patienten und Patientinnen zuständig, wenn de- von Psychiatrie und Rehabilitation blieb die Nach- ren psychische Erkrankung dies erfordert. Diese 8
werden isoliert in einem Einzelzimmer behandelt, chigen Lockdowns tiefe Spuren hinterlassen und Ansteckungen auf den Stationen konnten durch die unternehmerische Risikoaversion in der Zukunft diese Massnahmen bislang vermieden werden. nachhaltig verstärken. Wir sind dadurch in der Lage, auch weiterhin alle psychiatrischen und rehabilitativen Behandlungs- Für das kommende Jahr schauen wir auf die an- angebote zur Verfügung zu stellen – und es könn- gestrebte Durchimpfung der Bevölkerung. Die te gut sein, dass diese in den kommenden Zeiten Impfungen beginnen in der Spital Thurgau bereits notwendiger werden denn je. Die psychische im Januar 2021 und mit jeder geimpften Person Belastung in der Bevölkerung hat inzwischen spür- wächst die Hoffnung, dass wir eine Waffe gegen bar zugenommen, was wir auch in der Behand- das Virus und seine Mutationen gefunden haben. lung registrieren. Empirisch zeigte eine Umfrage Trotz der Erwartung, die wir ins Impfen legen, wei- der Universität Basel zur psychischen Belastung in sen Experten weltweit darauf hin, dass uns die der zweiten Covid-19-Welle (Swiss Corona Stress Seuche noch länger begleiten wird. Aus psychi- Study: www.coronastress.ch), dass der psychische atrischer Sicht liegen uns deshalb nicht nur Stress im Vergleich zum Frühjahr 2020 deutlich zu- Hygienemassnahmen am Herzen, sondern auch genommen hat. Während der Anteil der befrag- psychohygienische Massnahmen. Wir erlauben ten Personen, die schwere depressive Symptome uns daher zum Schluss, aus den 10 Schritten für hatten, im Frühjahr «nur» 9% betrug, belief er sich die psychische Gesundheit der WHO zu paraphra im November 2020 auf 18%. Besonders stark be- sieren: troffen waren davon junge Leute sowie Personen, die finanzielle Einbussen erfahren. Die belasten- Bleiben Sie in Kontakt mit anderen Menschen, den Zukunftsängste haben durch die Mutationen wenn es «face to face» nicht geht, dann elektro- des Virus und die sich abzeichnende Pandemie nisch oder sogar altmodisch mit einem handschrift- in der Pandemie im Januar 2021 nochmals zusätz- lichen Brief. Bleiben Sie aktiv, physisch wie auch liche Nahrung erhalten. geistig, nutzen Sie die Zeit, um ein neues Hobby zu entdecken, online eine Sprache zu lernen, ein Buch Wir gehen deshalb stark davon aus, dass uns in zu lesen oder die schönen Wiesen und Felder des Psychiatrie und Rehabilitation die mittel- und Kantons Thurgau zu durchstreifen. Akzeptieren Sie langfristigen Auswirkungen von Covid-19 in den das, was ist, erfreuen Sie sich sowohl der temporä- kommenden Jahren noch zunehmend beschäf- ren Verlangsamung in Ihrer Freizeit als auch der tigen werden. Aber auch in der Wirtschaft werden hohen Relevanz und Notwendigkeit Ihrer Tätigkeit die schmerzhaften Erfahrungen eines mehrwö- in der Gesundheitsbranche. ❚ 9
Isolationsstationen – im Spannungsfeld zwischen Organisation und persönlicher Betroffenheit von Agnes König, MHA/MPH, Pflegedirektorin Kantonsspital Münsterlingen, und Doris Rathgeb, Pflegedirektorin Kantonsspital Frauenfeld Im Januar 2020 häuften sich die Meldungen aus unter grossem Zeitdruck organisatorisch und der Millionenstadt Wuhan in China über die Ent- personell vorzubereiten und den korrekten und wicklung und Verbreitung einer neuartigen Lun- sicheren Umgang mit den Schutzmaterialien generkrankung. Mitte Februar 2020 gab die WHO zu schulen. der Erkrankung den offiziellen Namen «Covid-19», was für «Corona Virus Desease 2019» steht. Im März 2020 wurden die Akutspitäler der Spital Thurgau aufgefordert, die vom Kanton verlangten «Covid-19 – was ist das genau?» Kapazitäten bereitzustellen. Parallel zur IPS-Erwei- Das Krankheitsbild war auch für uns Pflegende terung, erfolgte der Auf- und Ausbau von Isola neu. Damit verbunden viele Fragen und Ängs- tionsstationen für die Pflege und Betreuung von te. «Wie gefährlich ist diese Krankheit? Wie kann Covid-19-Patienten. Innerhalb nur weniger Tage man sich und andere vor einer Ansteckung standen 40–50 Isolationsbetten bereit und der schützen? Wie gross ist die Gefahr, an einer Ausbau auf 50–70 (Stufe 2) bzw. auf 70–100 Betten Coronainfektion zu sterben? Auch wenn wir (Stufe 3) war geplant. Im Frühjahr reichte die den Umgang mit Infektionskrankheiten ge- Stufe 1 aus. Im Herbst stieg die Anzahl an Covid-19- wohnt waren, hat uns Covid-19 grossen Respekt Patienten rasant an. Bereits nach kurzer Zeit waren eingeflösst. die rund 100 Isolationsbetten in beiden Akutspitä- lern nahezu konstant voll belegt. Die Schweiz stand wegen der raschen Ausbreitung des Virus in Italien in erhöhter Alarmbereitschaft. «Organisatorisch und personell Die Tessiner Spitäler isolierten Personen mit Grippe eine grosse Herausforderung» symptomen und stellten sie notfalls unter Quaran- Um Ansteckungen möglichst zu verhindern, täne. Am 25. Februar 2020 wurde ein erster Fall trennten wir Verdachtsfälle und an Covid-19 des neuartigen Coronavirus bestätigt. Das BAG Erkrankte konsequent von anderen Patientin- lanciert die Informationskampagne «So schützen nen und Patienten. So hatten wir immer mehr wir uns». Isolierzimmer definiert und eingerichtet. Unter Zeitdruck mussten wir die Kapazitäten laufend «Aufmerksam, aber auch besorgt verfolgten aufstocken, das Schutzmaterial organisieren wir die Entwicklungen» und das zusätzliche Personal rekrutieren. Sobald die ersten Covid-19-Fälle in Italien be- kannt wurden, war uns bewusst, dass auch der Für die Pflege der Patienten in den Isolationssta- Kanton Thurgau betroffen sein wird. Bald hatten tionen braucht es eine bis zwei zusätzliche Pflege wir alle Hände voll zu tun, um die behördlichen fachpersonen in jeder Schicht. In den ausgelas- Entscheidungen umzusetzen. So galt es, sich teten Monaten zwischen Oktober 2020 bis Januar 11
GESCHÄFTSBERICHT 2020 2021 waren das über alle Isolationsstationen der «Disziplin und Empathie» Spital Thurgau rund 20 zusätzliche Stellen. Der unberechenbare Krankheitsverlauf löste auch bei uns viele Ängste aus. Kranke spüren Gleichzeitig zur Bereitstellung von zusätzlichen Verschlechterungen häufig selbst nicht, diese Personalressourcen müssen die Behandlungs treten jedoch sehr schnell ein. Wir konnten uns teams für die Arbeit auf den Isolationsstationen auf Gelerntes und Erfahrungswerte nicht mehr vorbereitet, fortlaufend mit aktuellem Wissen aus- verlassen. Aufmerksamkeit und kompetentes gestattet und insbesondere auch legitimiert wer- Reagieren auch in Ausnahmesituationen haben den, die Umsetzungen gemäss den internen Vor- uns in jedem Augenblick gefordert. So war die gaben einzufordern und durchzusetzen. Sorge, «einen Moment zu verpassen», unsere ständige Begleiterin. «Erfahrungen buttom-up einfliessen lassen» Wissensvermittlung fand in regelmässigen Auch für die Angehörigen ist ein Spitalaufent- Schulungen, innerhalb der Teams und direkt halt von an Covid-19 Erkrankten eine absolute am Krankenbett statt. Es blieb jedoch für uns Ausnahmesituation. Das stark eingeschränkte alle ein hoher Anspruch, uns immer zeitnah Besuchsrecht war für Patienten und Angehörige über neuste Entwicklungen und Erkenntnisse eine weitere grosse emotionale Belastung. auf dem Laufenden zu halten. Unsere Erfah- rungswerte und Rückmeldungen «von der Patientinnen, Patienten als auch uns selbst galt Front» wurden gehört und halfen, Abläufe ge- es, mit allen Mitteln vor einer Ansteckung zu zielt und zeitnah zu optimieren. schützen. Das bedeutet für uns jedoch auch eine ständige Gratwanderung zwischen strik- Eine Covid-19-Diagnose löst bei Patienten viele tem Einhalten der Schutzmassnahmen und per- Fragen, Sorgen, Unsicherheit, Ängste – auch Angst sönlicher Zuwendung. vor dem Sterben – aus. Die Patienten leiden an schweren Symptomen wie Husten, Atemnot, Mü- Die Planung von ausreichend Pflegefachpersonen digkeit und hohem Fieber. Der Krankheitsverlauf für die Isolationsstationen gehört zur permanenten ist unberechenbar und kann sich innert kürzester Führungsaufgabe. In den vergangenen Monaten Zeit abrupt verändern. Das «Isoliert-sein» ist für kamen bedrohlich hohe Ausfälle von an Covid-19 Patienten gleichermassen wie für Angehörige angesteckten Mitarbeitenden dazu. Während im eine sehr schwierige Situation. Frühling die Zahl der infizierten Mitarbeitenden sehr gering war, waren es im Herbst zeitweise bis zu 40 Personen, die täglich an Covid-19 erkrankten 12
und den Engpass verstärkten. Die Ersatzplanung Dank der enormen Hilfsbereitschaft, der ge- erfordert weitere Personalrotationen, zahlreiche genseitigen Solidarität innerhalb der Häuser als Zusatzeinsätze der Mitarbeitenden und personelle auch standortübergreifend konnten wir die Unterstützung aus den umliegenden Gesundheits grosse Zusatzbelastung bewältigen und die institutionen. notwendige Kraft für die Betreuung von Pa tientinnen und Patienten über Wochen und Als Belastung für die Behandlungsteams kommen Monate aufbringen. die Angst, sich selber mit Covid-19 anzustecken, die Unvorhersehbarkeit über den Verlauf der Pan- Mit diesem Effort konnten wir für zahlreiche, demie, die anhaltende Belastung, eine gewisse äusserst schwierige Situationen immer wieder Hilflosigkeit und Ermüdungserscheinungen hinzu. Lösungen finden und die Gesundheitsversor- Die sorgfältige Teamarbeit, das Angebot für die gung jederzeit vollumfänglich sicherstellen. psychologische Unterstützung und das gemein- same Tragen von ethisch anspruchsvollen Situa- Abschliessend lässt sich festhalten, dass die Or- tionen bilden weitere wichtige Säulen für die Ar- ganisation der Isolationsstationen seit Beginn der beit auf der Isolationsstation. Pandemie auf die Verarbeitung der politischen, rechtlichen oder fachlichen Vorgaben, das Tref- «Empathische Führung und Solidarität» fen von tragfähigen Entscheidungen, die per Den vielen Unsicherheiten und Sorgen begeg- manente Anpassung der Bedingungen und die neten unsere Führungspersonen mit einem stets kontinuierliche Information angewiesen ist. Die offenen Ohr. Wir fühlten uns gehört und ernst Coronapandemie rüttelt an der gewohnten Plan- genommen. Auch sehr dankbar waren wir, dass barkeit. Der Spitalbetrieb wird auf die Fähigkeit trotz Personalknappheit in der Dienstplanung von Flexibilität geprüft und verlangt nach neuen auf die Verlängerung der Schichten verzichtet Eskalationsprogrammen. Die Erfahrungen der wurde. letzten Monate machen deutlich, dass das Sicher- stellen einer fachlich und menschlich kompeten- Besonders schätzten wir auch die tatkräftige ten Behandlung und Pflege dieser Patienten auf Mitarbeit von Leitungspersonen «direkt am die Anpassungsfähigkeit und Beweglichkeit des Bett». Organisatorische und administrative Auf- gesamten Spitals und schlussendlich auf den gros- gaben wurden auf ein absolutes Minimum re- sen Einsatz und die Leistungsbereitschaft, auf die duziert, Prioritäten zugunsten des Teams und Zusammenarbeit und Solidarität eines jeden ein- der Patienten neu gesetzt und Sicherheit in zelnen Mitarbeitenden ankommt. ❚ unsicheren Situationen vermittelt. 13
GESCHÄFTSBERICHT 2020 «Ich bin unheimlich stolz auf jeden Einzelnen unseres Teams.» PD Dr. med. Stefan Duewell, Ärztlicher Direktor Kantonsspital Frauenfeld, führte das Interview mit Dr. med. Simone Bochsler (SB), Ärztliche Leiterin Notfall Kantonsspital Frauenfeld, und Godehard Berghoff (GB), Leiter Notfall Kantonsspital Münsterlingen Das SARS-CoV-2-Virus erreichte Europa über ieder aktiviert, die Armee kam zur Hilfe. Ausser- w Italien. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie dem wurde ein separater Notfall eingerichtet. Im die Bilder aus Norditalien sahen? KSM war das nicht so extrem. SB: Beide Standorte SB: China war weit weg und wir haben gedacht, haben sehr gute Unterstützung durch die ver dass dieses Virus verebbt, bevor es überhaupt in antwortlichen Ärztinnen der Infektiologie Spital unserer Nähe ist. Als dann Italien in diesem schwe- T hurgau erhalten. ren Ausmass getroffen wurde, war dies wie ein Schock. GB: Uns erging es genauso. Die Ängste Hat man Patientenschicksale nachverfolgt? im Team waren plötzlich spürbar – was erwartet SB: Solange der Patient im Hause war, hat man uns, wie schlimm wird es, auch so schlimm wie in den Verlauf verfolgt. Ist er immer noch auf der Italien? Intensivstation, konnte er auf die Station verlegt werden, wie geht es ihm? Hat er es geschafft? Wie haben Sie sich vorbereitet? Dies war ein Bedürfnis für die Mitarbeitenden und GB: Wir führten sehr schnell erste Besprechungen. hat auch geholfen, damit umzugehen. GB: Es war Wir haben uns für eine zweite Notfallspur entschie- immer ein «Aufsteller», wenn ein Patient das Spital den und entsprechend einen Stufenplan erstellt, verlassen konnte. welcher bis heute Bestand hat. Wir haben z. B. den Covid-Patienten fixe Kojen zugeteilt und andere Im Sommer haben beide Standorte ein Patienten zeitweise ins Ambulatorium ausgela- Debriefing gemacht und die Situation analy- gert. SB: Wir mussten einen zweiten Notfall aus siert. Was waren die wichtigsten Punkte? dem Nichts schaffen. Die Abläufe mussten fest- SB: Jeder Mitarbeitende hatte individuell Proble- gelegt, Materialien organisiert und Arbeitsschich- me mit der Verarbeitung der ganzen Situation. ten geplant werden. Wir kannten die Erkrankung Die Wertschätzung der Mitarbeitenden war sehr zu wenig. Man hatte keine Vorstellung, wie die wichtig, denn sie machen einen super Job. GB: Prognose eines erkrankten Patienten aussieht und Durch die Rapporte haben Mitarbeitende erfah- welche Behandlungsoptionen bestehen. Es wurde ren, dass die durch sie getroffenen Massnahmen kontinuierlich angepasst und optimiert, es kamen geholfen haben. Von ärztlicher Seite und der In- immer neue Erkenntnisse hinzu. tensivstation haben wir viele Rückmeldungen erhalten. Die engmaschige Information an das Wie haben Sie die Zusammenarbeit zwischen gesamte Team war sehr wichtig. den Kantonsspitälern Münsterlingen (KSM) und Frauenfeld (KSF) empfunden? Wie war die Vorbereitung auf die zweite Welle? GB: Das KSF hatte einen anderen Auftrag als das SB: Wir konnten besser einschätzen, womit wir es KSM. Am KSF wurde das alte Bettenhochhaus zu tun haben werden. Wir haben keinen zweiten 14
Notfall mehr eingerichtet. GB: Im KSM haben sich Was lief anders gegenüber der ersten Welle? die Abläufe gegenüber der ersten Welle nicht SB und GB, positiv: Viel mehr Routine, keine Dis- verändert. kussionen zu Schutzmaterial, jeder wusste, was zu tun ist. Es waren Standards zur Diagnostik vorhan- Sie waren sich wohl bewusst, dass das, was da den, die Pflege kannte die Abläufe, Therapieop- kommt, kein Sprint sein wird, sondern eher ein tionen waren bekannt. Negativ: Die Grenze der Marathon? Machbarkeit, die psychische und physische Be- GB: Wir mussten da irgendwie durch. Wir hatten lastung der Mitarbeitenden war erreicht. ja nicht mehr Personal als zu normalen Zeiten. Wir haben jede Schicht so gut bewältigt, wie es eben Was war die grösste Herausforderung ging. Es haben alle schneller gearbeitet, die Ka- als Führungsperson? derärzte waren sehr präsent. Dieses Miteinander SB und GB: Tagtäglich den Mitarbeitenden Moti- hat geholfen. vation und Zuversicht zu vermitteln, dass wir es als Team schaffen werden. Das war immens. Sie sind beide Führungspersonen. Sie arbeiten viele Stunden und tragen Verantwortung für die Was war das positivste Ereignis in den letzten ganze Abteilung. Wie schaffen Sie das? 12 Monaten für Sie persönlich? SB: Wir haben unsere eigenen Grenzen aufgezeigt SB: Die Erkenntnis, wie weit ein Team kommen bekommen. Die Positivität, die Power ins Team zu kann, wenn es zusammensteht und jeder Einzelne bringen, war irgendwann kaum mehr möglich. versucht, seinen Teil beizutragen. GB: Ich bin un- Wir mussten da einfach durch. GB: Das Leben hat heimlich stolz auf jeden Einzelnen unseres Teams, nur noch in der Klinik stattgefunden. Zu Hause hat wie sie alle das letzte Jahr gemeistert haben – man nur gegessen und geschlafen. wirklich toll. Wir hatten teilweise fast 100 Patienten pro Tag. Das Maximum vor Corona war um die Im Vergleich zur ersten Welle blieben in der 80 Patienten. SB: Man darf nicht vergessen, dass zweiten die normalen Notfälle nicht weg. Covid-19 unseren Alltag extrem beeinflusst. In den GB: In der Regel war morgens um 10.00 Uhr der letzten Wochen, mit Entspannung der Situation, Notfall gefüllt. An extremen Tagen hatten wir in- habe ich die Freude an der Medizin zurückerhal- nerhalb von zwei Stunden 30 Patienten, davon ten und Freude, wieder andere Krankheitsbilder die Hälfte isoliert. SB: Emotional wurde es viel zu sehen und die Patienten zu behandeln. GB: schwieriger, man hat viel mehr Schicksale miter- Das ist richtig. Dieser normale Notfallalltag mit lebt, wir haben Patienten verloren. Die Einzel- wenig Covid-Patienten, wo oft mit wenig ganz schicksale haben die Mitarbeitenden beinah viel erreicht werden kann, ist wirklich schön. ❚ nicht mehr ertragen. 15
Intensivmedizin im Angesicht der Covid-19-Pandemie von PD Dr. med. Thomas A. Neff, MBA, Ärztlicher Direktor Kantonsspital Münsterlingen A n das reale Auftreten einer Pandemie Zweischichtsystem gearbeitet. Aufgrund des Ver- haben wohl nur wenige von uns je ge- botes aller elektiven Eingriffe und ambulanten glaubt. SARS, MERS, Ebola und andere Sprechstunden konnten für die Intensivstation epidemische Krankheiten – andernorts ja, aber personelle Ressourcen freigespielt werden. Diese sicher nicht bei uns! Mit dem ersten Auftreten der zusätzlichen Fachkräfte wurden in einem Schnell- zunächst noch rätselhaften Lungenerkrankung in durchlauf auf der Intensivstation eingearbeitet, China Anfang 2020 herrschte immer noch die jede Unterstützung war willkommen. Überzeugung, dass wir auch diesmal verschont bleiben würden. Doch es kam anders. Covid-19 Zum Schutz vor Ansteckung des Personals im Um- verbreitete sich rasend schnell über die globa gang mit den Covid-19-Erkrankten wurden innert lisierten Handelsstrassen und Reisewege, kam kürzester Zeit Konzepte erarbeitet. Schutzmäntel, stetig näher, und schon bald erreichten uns Schre- Schutzbrillen, Gesichtsschilder, FFP2-Schutzmas- ckensbilder aus Norditalien und unserem Süd ken, doppelte Handschuhe, korrektes An- und kanton Tessin. Das Virus war in der Schweiz ange- Ausziehen, als «schmutzig» und «sauber» farblich kommen. Beängstigend eindrücklich die über- getrennte Zonen. Alles musste erlernt und geübt lasteten Spitäler und Intensivstationen. werden, auf der Station selbst gedrehte Lehr videos dienten als Anleitung. Dringend war auch In angespannter Erwartung die Beschaffung zusätzlicher Gerätschaften wie Noch war es ruhig am Bodensee. Unsere ultima- Beatmungsgeräte, Infusionspumpen, Nierenersatz- tive Chance, die verbleibende Zeit im Angesicht geräte, Intensivbetten und vieles andere mehr, des realen Ernstes der Lage zur Vorbereitung zu notabene alles ausserhalb des regulären Budget- nutzen. Wir wurden angewiesen, zusätzliche In- prozesses. Grosse Sorgen bereiteten Lieferschwie- tensivplätze zu schaffen. Eine Erhöhung der regu- rigkeiten bei unzähligen kritischen Medikamenten lären 12 auf 32 Intensivbetten am Kantonsspital und Verbrauchsmaterialien. Dies als Folge dessen, Münsterlingen, bis zu 20 Plätze bei 9 regulären dass uns Corona gegenüber anderen Teilen der Betten sollten es am Kantonsspital Frauenfeld sein. Welt erst verzögert erreichte, der Markt gab vieles Insgesamt eine 2,5-fache Erhöhung der Kapazi- nicht mehr her. Dennoch waren wir nun bereit, so täten. Dieser Infrastrukturaufbau sollte möglichst gut es eben ging. rasch geschehen – in einem noch nie dagewe- senen Kraftakt, die Zeit drängte. Die erste Welle Nach einer fast gespenstischen Ruhe dann plötz- Die Dienstpläne mussten neu geschrieben wer- lich die brachiale Realität – Covid-19 hatte uns den, in den Spitzenmonaten wurde sogar in einem erreicht! 17
GESCHÄFTSBERICHT 2020 Die Patienten kamen, einer nach dem andern, Auffällig sind die im Durchschnitt langen Liege- wurden intubiert, künstlich beatmet, benötigten zeiten bei Covid-19-Patienten. Oftmals bleibt es Katheter in Venen und Arterien, unzählige Infu nicht beim primär erkrankten Organ, der Lunge, sionspumpen daran angeschlossen. Die verfüg- sondern nach und nach sind auch weitere Orga- baren Intensivbetten waren, trotz der massiven ne und Organsysteme betroffen. Viele Patienten Aufstockung, bald ein knappes Gut. Covid-19, liegen über Wochen bei uns, 63 Tage ist die bisher Lungenversagen, so die immer gleichlautende längste Liegedauer bis zur Entlassung in die Re- Diagnose. Das Virus wurde schnell Teil unseres habilitation. Solche Momente der Verabschie- Berufsalltags und einer dramatischen Routine. dung wiegen viel auf an Erschöpfung, Aufopfe- Die Behandlungsrichtlinien waren geschrieben, rung, aber auch an Nachdenklichkeit und Trauer wurden laufend angepasst. Wir mussten erken- über Verläufe, die nicht zu einem guten Ende nen, dass Covid-19-Patienten anders sind, dass führen. sie neue Herausforderungen und bisher nicht ge- kannte Anforderungen an die Therapie mit sich Intermezzo bringen. Bauchlage, schwierige Beatmung, lang- Nach wochenlangem Ringen um unzählige Pati- wierige Verläufe und das Wissen darum, dass es entenleben kehrte allmählich wieder Ruhe ein. keine erprobten medikamentösen Therapien gibt. Social Distancing, Händehygiene, die ausseror- Studium der Literatur und Austausch mit Kollegin- dentliche Lage mit Lockdown, geschlossenen nen und Kollegen im In- und Ausland halfen uns, Schulen, dicht gemachten Grenzen, Versamm- das Krankheitsbild besser zu verstehen. Schnell lungsverbot, Ausgangssperre usw. schienen zu wurde klar, dass der Behandlungsaufwand eines greifen. Die Infektionszahlen nahmen ab, der Covid-19-Patienten, u.a. wegen der strikten Isola- Druck auf die Intensivstation liess nach, und mit tionsmassnahmen, ungleich aufwendiger als der- dem Austritt der letzten Covid-19-Patienten von jenige eines Nicht-Covid-19-Patienten war. der Intensivstation Ende Mai kehrten auch die uns unterstützenden Helfer wieder an ihre ange- Patienten pflegen, umlagern, Medikamente auf- stammten Arbeitsplätze zurück. Der normale All- ziehen und verabreichen, Infusionen richten, Flä- tag kehrte wieder ein. Doch war nun wirklich alles chendesinfektion, Visiten in Vollmontur, schweiss- vorbei, «courant normal» auf der Intensivstation? gebadet wieder raus aus dem Zimmer. Dies alles Wie wir alle wissen nein, bei Weitem nicht! mit der nötigen Ruhe, fast schon abgeklärt, um keine Fehler zu machen, um nichts zu riskieren. Denn trotz einer anfangs naturgemäss nur lang- sam wieder ansteigenden und kaum wahrnehm- 18
baren exponentiellen Entwicklung der Corona- monatelangen Kampf gegen das Virus einstellen, fälle über die Sommermonate hinweg, wurde in das war von vornherein klar. unserem Land dem Ruf nach Öffnung und Rück- kehr zur Normalität rasch, in manchen Augen zu Und so schreiben wir mittlerweile März 2021. Die rasch, nachgegeben. Ein schöner Sommer zwar, Covid-19-Patienten sind immer noch da. Zwar hat in trügerischer Ruhe und mit vermeintlicher Zuver- sich bei deren Versorgung eine gewisse Routine sicht, dass Corona überstanden ist. «Wir können eingestellt, jedoch ist die Situation nicht weniger Corona», so die Politik. Und selbst, als in unseren fordernd. Tag für Tag die gleichen Herausforde- Nachbarländern die Zahlen bereits wieder be- rungen und Probleme, ein Auf und Ab, Überleben drohlich anstiegen und Massnahmen zurück und Tod nahe beieinander. Das zehrt an den phy- kamen, wurde bei uns in der Schweiz weiter ge- sischen und psychischen Kräften eines jeden Ein- öffnet, wurden gar Grossveranstaltungen wieder zelnen. Wie lange geht das noch so weiter, wie zugelassen. Wir beobachteten die Fallzahlen mit lange reichen die Kräfte noch, so fragen sich alle. zunehmender Besorgnis und wussten schon früh, dass wir uns auf eine zweite, vielleicht viel hefti- Hoffnung und Dank gere und länger dauernde Welle vorzubereiten Mit der langersehnten Möglichkeit einer Impfung hatten, sowohl personell als auch materiell. herrscht trotz der aktuell wieder ansteigenden Fallzahlen und angesichts einer dritten Welle Hoff- Die zweite Welle nung auf ein baldiges Ende der Pandemie. Dies Sie waren wieder da! Noch im Oktober ein erster wäre auch bitter nötig, denn die Mitarbeitenden Covid-19-Patient, dann füllte sich die Intensivsta- sind ob der Dauerbelastung müde und erschöpft. tion in bekannter Manier, Schlag auf Schlag. Wie- Über die letzten Monate gab es nur wenig Erho- derum mussten Operationen abgesagt werden, lung, keine Ferien – wie ein nicht endender Ma- damit zusätzliches Personal erneut auf die Inten- rathonlauf kommt es einem vor. Dennoch haben sivstation verschoben werden konnte. Per Dekret die vergangenen Monate geprägt. Das Team ist der Regierung, mit viel Verständnis unserer priva- zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammenge- ten Partnerkliniken der Region, wurde uns diesmal wachsen. Allen Widrigkeiten zum Trotz ist es ge- auch deren Fachpersonal zur Verfügung gestellt. lungen, zusammenzustehen und die unendlichen Jede Fachperson wurde gebraucht, mehr denn Herausforderungen zum Wohle der Patienten je, auch Studenten, freiwillige Hilfskräfte, ein bun- gemeinsam zu meistern. Dafür gebührt allen Mit- tes Potpourri an hoch motivierten Mitarbeitern. In arbeitenden auf der Intensivstation unendlicher dieser zweiten Welle mussten wir uns auf einen Dank! ❚ 19
Spital Thurgau AG: Das Jahr 2020 in Zahlen
Lagebericht Spital Thurgau von Dr. oec. publ. Peter Heri, MPH, CFO Spital Thurgau und thurmed D as Finanzergebnis der Spital Thurgau zeigt Thurgau markante Mehrkosten, ein Teil davon einen Verlust von Fr. 2,154 Mio. Dieses ne- konnte durch die Auflösung von Arbeitgeberbei- gative Ergebnis entstand im Wesentlichen tragsreserven aufgefangen werden. Die Kosten für durch die behördlich verordneten Massnahmen den Übergang des ab 2021 gültigen neuen Kader- im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie arzt-Rahmenvertrags wurden in den Honorarkos- und den daraus, vor allem in der Akutsomatik, ten berücksichtigt. Die Personalnebenkosten lagen resultierenden Ertragsausfälle und Zusatzkosten. durch den pandemiebedingten Wegfall von Aus-, Die konsequente Führung in Krisenzeiten, das wir- Fort- und Weiterbildungskosten und Personal kungsvolle Kostenmanagement, die positive Ent- anlässen tiefer als im Vorjahr. Innerhalb der Sach- wicklung der Psychiatrischen Dienste und der kosten nahmen die Kosten für Medikamente und Unterstützungsbeitrag des Kantons zur Bewälti- Materialien trotz des Kantonsbeitrags an den pan- gung der Covid-19-Pandemie verhinderten ein demiebedingten Mehraufwand deutlich zu. Im grösseres Defizit. Berichtsjahr wurde in Frauenfeld das neue Betten- hochhaus bezogen, die Sonderkosten für den Um- Geschäftsverlauf und wirtschaftliche Lage zug und den Tag der offenen Tür sind ebenso wie Für das Geschäftsjahr 2020 blieben die tariflichen die dadurch erhöhten Abschreibungen und Miet- Rahmenbedingungen konstant, alle wichtigen kosten in der Erfolgsrechnung berücksichtigt. Mit Tarife blieben gegenüber 2019 unverändert. Der dem Bezug der neuen Bauten sank dafür der Auf- Gesamtumsatz nahm gegenüber dem Vorjahr um wand für Unterhalt und Reparaturen. 1% zu. Die stationären und ambulanten Ertragsaus- fälle in der Akutsomatik wurden durch die Umsatz- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigerungen in der Psychiatrie und der Rehabili- Die Spital Thurgau weist 2020 im Stellenplan über tation kompensiert. Zusätzlich wurde der Kantons- alle Stellenkategorien (Mitarbeiter, Lernende und beitrag für die pandemiebedingten Ertragsausfälle Praktikanten) 3’039 (Vorjahr 2’981) Vollzeitstellen als Umsatz verbucht und über alle Fälle hat sich aus, welche von 3’486 (Vorjahr 3’394) Mitarbeiten- die Fallschwere im Berichtsjahr, und damit der Er- den, 333 (Vorjahr 307) Lernenden und 149 (Vorjahr trag, erhöht. Der Personalaufwand stieg per Saldo 132) Praktikanten besetzt sind. Der durchschnittli- um 3%. Die Besoldungen nahmen durch die Lohn- che Beschäftigungsgrad der Mitarbeitenden lag erhöhung und das Stellenwachstum zu. Die Kosten bei 75% (Vorjahr 74%). für das Zusatzpersonal für die Pandemiebewälti- gung wurden durch den Kantonsbeitrag abgefe- Risikobeurteilung dert. Bei den Sozialleistungen verursachten die Um die Übereinstimmung des Jahresabschlusses Auswirkungen der per Anfang 2020 in Kraft ge des Unternehmens mit den anzuwendenden Rech- tretenen Reglementsrevision der Pensionskasse nungslegungsregeln und die ordnungsgemässe 21
GESCHÄFTSBERICHT 2020 Unternehmensberichterstattung zu gewährleisten, Forschungs- und Entwicklungstätigkeit wurden interne Vorkehrungen getroffen. Diese An allen vier Standorten der Spital Thurgau werden beziehen sich auf Buchhaltungssysteme und -ab- in verschiedenen Fachbereichen eigene Studien läufe ebenso wie auf die Erstellung des Jahresab- durchgeführt oder Daten für Studien Dritter er- schlusses. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden fasst. Verantwortlich für die strikte Einhaltung der keine Risiken identifiziert, die zu einer wesentlichen Patientenrechte bei Studien ist die Ethikkommission. Korrektur der im Jahresabschluss dargestellten Ver- mögens-, Finanz- und Ertragslage des Unterneh- Aussergewöhnliche Ereignisse mens führen könnten. Das Jahr 2020 wurde signifikant durch die Covid- 19-Pandemie beeinflusst. Die Auswirkungen auf die Die IKS-Prüfung umfasste die jährlich geprüften Ertragslage sind oben beschrieben. Weitere nen- Bereiche der Führung, der Finanzen und der Infor- nenswerte aussergewöhnliche Ereignisse, welche matik sowie als Schwerpunkte die Anlagen und die Ertrags- oder Vermögenslage massgeblich das Personal. Allen Bereichen wurde ein gutes beeinflussen würden, sind im Geschäftsjahr keine Funktionieren der Kontrollen sowie eine vollstän eingetreten. dige Dokumentation attestiert. Zukunftsaussichten Bestellungs- und Auftragslage Die Covid-19-Pandemie und die in diesem Zusam- Die Anzahl stationärer Patienten in den beiden menhang durch den Bund und die Kantone ver- Akutspitälern Frauenfeld und Münsterlingen nahm ordneten Massnahmen werden den Geschäftsver- gegenüber dem Vorjahr um 3,6% auf 27’332 ab. lauf auch 2021 beeinflussen. Die Geschäftsleitung Deren mittlere Verweildauer blieb unverändert bei und der Verwaltungsrat analysieren und beurteilen 6,0 Tagen und der CMI nahm um 4,1% auf 0,980 die Entwicklung laufend und ergreifen die notwen- zu. Der Anteil zusatzversicherter Patienten stieg um digen Massnahmen zur Bewältigung der Covid- 0,1 Prozentpunkte auf 15,2%. 54% der stationär be- 19-Pandemie. Trotz diesen negativen Einflüssen handelten Personen sind weiblich, 46% männlich. wird die finanzielle Basis der Spital Thurgau solide In den Psychiatrischen Diensten nahm die Anzahl bleiben, so dass weiterhin in Arbeitsplätze, Infra- stationärer Patienten um 4,4% und die Anzahl struktur und Medizintechnik investiert und damit Pflegetage um 3,1% zu. In der Klinik St. Katharinen- die Attraktivität als Arbeitgeber und die Qualität tal wuchs die Zahl der stationären Patienten in der Gesundheitsversorgung hochgehalten werden der Rehabilitation im Vorjahresvergleich um 8,3% kann. ❚ und die Anzahl Pflegetage um 7,2%. 22
ZAHLEN Bilanz am 31. Dezember 2020 (in tausend Schweizer Franken) ➔ Aktiven Erläuterungen 2020 2019 Flüssige Mittel 1 20’556 25’096 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 2 65’969 73’706 Übrige kurzfristige Forderungen 3 75’503 45’936 Nicht fakturierte Dienstleistungen 4 9’334 14’964 Vorräte 5 889 753 Aktive Rechnungsabgrenzungen 12’837 2’485 Umlaufvermögen 185’088 162’940 Finanzanlagen 6 91’056 113’302 Sachanlagen 7 39’920 37’216 Immaterielle Werte 8 2’340 2’585 Anlagevermögen 133’316 153’103 Total Aktiven 318’404 316’043 ➔ Passiven Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 9 6’890 8’612 Kurzfristig verzinsliche Verbindlichkeiten 10 10’991 1’024 Übrige kurzfristige Verbindlichkeiten 11 20’839 23’306 Passive Rechnungsabgrenzung und kurzfristige Rückstellungen 12 20’146 16’559 Kurzfristiges Fremdkapital 58’866 49’501 Langfristig verzinsliche Verbindlichkeiten 13 6’000 14’250 Langfristige Rückstellungen 188’734 184’734 Langfristiges Fremdkapital 194’734 198’984 Aktienkapital 10’000 10’000 Gesetzliche Kapitalreserve 2’400 2’400 Gesetzliche Gewinnreserve 160 150 Freiwillige Gewinnreserven 52’244 55’008 – Statutarische und beschlussmässige Gewinnreserven 1’860 1’860 – Gewinnvortrag 52’538 48’278 – Jahreserfolg –2’154 4’870 Eigenkapital 14 64’804 67’558 Total Passiven 318’404 316’043 23
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