DIENSTVEREINBARUNG SUCHTMITTELMISSBRAUCH AM ARBEITSPLATZ - Alkohol - Medikamente - Drogen Rektor der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ...

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DIENSTVEREINBARUNG SUCHTMITTELMISSBRAUCH AM ARBEITSPLATZ - Alkohol - Medikamente - Drogen Rektor der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ...
DIENSTVEREINBARUNG
   SUCHTMITTELMISSBRAUCH AM ARBEITSPLATZ

             Alkohol – Medikamente – Drogen

Rektor der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Personalrat der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

                                                      1
Präambel

Sucht ist eine Krankheit, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen in allen sozialen und
beruflichen Bereichen und allen Hierarchie-Ebenen der Arbeitswelt auftritt.

Unter Sucht wird die körperliche und/oder psychische Abhängigkeit von einem Suchtmittel
verstanden. Es handelt sich um das Endstadium eines oft langjährigen Prozesses.

Die oft schwerwiegenden physischen, psychischen und soziale Folgeschäden von
Suchtmittelmissbrauch, ganz gleich ob durch Alkohol, Medikamente oder Drogen, werden oft
verkannt. Hilfe besteht nicht darin, dass man z. B. die Arbeit von gefährdeten Kollegen/innen
mit übernimmt, um sie dadurch „zu schützen“, sondern darin, die Betroffenen anzusprechen
und sie bei der Suche nach wirksamen Hilfsangeboten zu unterstützen.

Wenn Beschäftigte im Arbeitsalltag so auffallen, dass ein Suchtmittelmissbrauch nahe liegt,
sind grundsätzlich alle dazu aufgerufen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten tätig zu werden. Nur
so kann im Sinne von Frühintervention eine weitere Suchtentwicklung verhindert werden.

Den Vorgesetzten kommt eine zentrale Bedeutung zu: sie sind angehalten, dass bei
Verstößen gegen dienstrechtliche oder arbeitsvertragliche Verpflichtungen aufgrund von
Suchtmittelkonsum die notwendigen Verfahrensschritte eingeleitet werden. Zur
Unterstützung wird in dieser Dienstvereinbarung der Ablauf einer solchen Intervention
festgelegt und die notwendigen Handreichungen zur Verfügung gestellt (Anlagen 1-3).

Die Dienstvereinbarung leistet einen Beitrag zur Prävention von Suchterkrankungen, zur
Früherkennung einer Suchtentwicklung und zu hilfreichen Interventionen in den
verschiedenen Stadien einer Suchtentwicklung.

§ 1    Gegenstand und Ziele

Universitätsleitung und Personalrat sind sich darin einig, dass die Verhütung und
Behandlung von Suchterkrankungen unter die allgemeine Fürsorgepflicht des Dienstherrn
und der jeweiligen Dienstvorgesetzten fallen.

Suchtgefährdeten oder von Suchtmitteln abhängigen Beschäftigten der Universität Freiburg
soll frühzeitig qualifizierte Hilfe angeboten werden. Ziele sind:

      Sensibilisierung aller Beschäftigten gegenüber dem Missbrauch von Suchtmitteln und
       Förderung eines guten Betriebsklimas (Prävention)
      Erhaltung oder Wiederherstellung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit
      Gewährleistung der Arbeitssicherheit
      Vermittlung von Basiskompetenzen zum Thema Sucht und Erkennen einer
       Suchtproblematik. Möglichst frühes Hilfsangebot für suchtgefährdete Beschäftigte
       (Frühintervention) und suchtkranke Beschäftigte
      Konstruktiver Umgang mit suchtgefährdeten und abhängigen Beschäftigten zur
       Erhaltung des Arbeitsplatzes
      Gleichbehandlung aller Betroffenen durch ein einheitliches Handlungskonzept

§ 2    Geltungsbereich

Die Dienstvereinbarung gilt für alle Beschäftigten der Universität Freiburg.

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Die Dienstvereinbarung bezieht sich auf Suchtmittel, die als psychoaktive Substanzen
Rauschwirkungen bzw. Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit zur Folge haben (Alkohol,
nicht verordnete Medikamente mit Suchtpotential und alle Rauschmittel, die unter das
Betäubungsmittelgesetz fallen) sowie auf die so genannten Verhaltenssüchte (z.B.
pathologisches Spielen und pathologischer PC-Gebrauch).

§ 3    Gesetzlicher Rahmen zum Umgang mit Suchtmitteln

Für den allgemeinen Konsum von Alkohol/Suchtmitteln am Arbeitsplatz gilt § 15 der
Unfallverhütungs-Vorschrift „Grundsätze der Prävention“ (GUV-VA1): „Versicherte dürfen
sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Drogen nicht in
den Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.“

§ 4    Suchtkontaktstelle

Die Suchtkontaktstelle der Universität Freiburg ist ein externer Beratungsdienst, der durch
den AGJ-Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V.
wahrgenommen wird. Die Hauptangebote sind:

      Beratung (Coaching) von Kolleginnen/Kollegen, Vorgesetzten und Personalrat
      Gespräche mit suchtgefährdeten oder abhängigen Beschäftigten zur Förderung der
       Veränderungsbereitschaft (Motivierungsphase) im Falle eines Suchtproblems und
       gegebenenfalls Vermittlung in weiterführende Maßnahmen (Selbsthilfegruppen,
       Suchtberatung etc.).
      Case-Management (Begleitung und Koordination eines Hilfeprozesses)
      Schulungsangebote für spezifische Zielgruppen (Seminare, Workshops)
      Präventive Maßnahmen zur Gesundheitsförderung

Besteht eine Auflage zu Gesprächen durch den Arbeitgeber, wird dieser von der Sucht-
kontaktstelle darüber informiert, wann Gespräche durchgeführt wurden.

Die Beratung durch die Suchtkontaktstelle unterliegt der Schweigepflicht. Gesprächsinhalte
dürfen nicht ohne Einverständnis an Dritte weiter gegeben werden.

§ 5    Informations- und Schulungsmaßnahmen

Die Universität Freiburg gewährleistet:

      Schulungsveranstaltungen und sonstige Maßnahmen, in denen die Beschäftigten
       über Suchtprävention und Basiskompetenzen zum Thema Sucht sowie über
       adäquaten Umgang mit suchtgefährdeten und abhängigen Personen und das
       Hilfssystem informiert werden.
      Die verbindliche Teilnahme von Personen mit Personalverantwortung an themen-
       spezifischen Schulungsangeboten.

§ 6    Arbeitsmedizinischer Dienst

Der Betriebsarzt steht allen Beschäftigten bei Fragen zu Vorbeugung, Behandlung und
Rehabilitation von Suchtproblemen zur Verfügung. Beratung und Betreuung unterliegen der
ärztlichen Schweigepflicht.

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Suchtkontaktstelle und Betriebsarzt arbeiten nach Bedarf zusammen, die Regelungen zur
Schweigepflicht bleiben davon unberührt.

§ 7    Umgang mit unter Suchtmitteln stehenden Beschäftigten

Stehen Beschäftigte offensichtlich unter Suchtmitteleinfluss, so haben
Vorgesetzte die Entscheidung darüber zu treffen, ob diese ohne Gefahr für sich und
andere an diesem Tag weiterbeschäftigt werden können.

Gelangen Vorgesetzte zu dem Ergebnis, dass eine Weiterbeschäftigung nicht zu
verantworten ist, sollten sie zweckmäßigerweise eine zweite Person – nach Möglichkeit
ein Mitglied des Personalrats – hinzuziehen.

Unter Suchtmitteleinfluss stehenden Beschäftigten wird untersagt die Arbeit aufzunehmen
bzw. sie werden aufgefordert, die Arbeit sofort einzustellen. Vorgesetzte haben dann dafür
zu sorgen, dass der/die Mitarbeiter/in schnellstmöglich die Universität verlässt. Eventuell
anfallende Kosten sind vom Beschäftigen zu tragen. Zeitnah terminiert der Vorgesetzte ein
Gespräch und setzt den Stufenplan in Gang.

§ 8    Vorgehensweise bei Auffälligkeit – Interventionsleitfaden

Bei Auffälligkeiten, die auf Suchtmittelmissbrauch wie z. B. Alkoholkonsum zurückzuführen
sind, sind die nachfolgend dargelegten Schritte durch die Vorgesetzten einzuhalten. Diese
Schritte sind ausführlich in der Anlage 1 „Interventionsleitfaden“ zu dieser
Dienstvereinbarung dargestellt.

Bei erstmaliger Auffälligkeit hat der Vorgesetzte den Beschäftigten anzusprechen und die
Auffälligkeiten konkret zu benennen sowie - falls erforderlich - Hilfe anzubieten. Bei einem
konkreten Verstoß gegen arbeits- oder dienstrechtliche Pflichten hat der Vorgesetzte das
Fehlverhalten bzw. die Pflichtverletzung konkret zu benennen und zu erläutern, den
Zusammenhang mit Suchtmittelkonsum darzustellen, Erwartungen zu formulieren und auf
die Suchtkontaktstelle hinzuweisen und nach ca. vier Wochen einen Folgetermin
anzuberaumen.

Wenn im Folgenden eine weiterer Verstoß gegen arbeits- oder dienstrechtliche Pflichten
erfolgt, ist erneut das Fehlverhalten oder die Pflichtverletzung zu benennen, die Auflage
einen Termin bei der Suchtkontaktstelle zu erteilen und hierüber einen Nachweis
einzufordern und die Ankündigung von arbeits- bzw. disziplinarrechtlichen Schritten
auszusprechen. Ebenso ist in diesem Fall ein Vermerk an das Personaldezernat zu geben.

Wenn daraufhin nochmals ein Verstoß gegen arbeits- oder dienstrechtliche Pflichten erfolgt,
ist das Personaldezernat einzuschalten mit dem Ziel, arbeits- bzw. disziplinarrechtliche
Maßnahmen einzuleiten.

In einer letzten Stufe bei einem erneuten Verstoß gegen arbeits- bzw. disziplinarrechtliche
Pflichten erfolgt die Einleitung der Kündigung durch den Arbeitgeber.

Zum Interventionsleitfaden finden Sie in der Anlage eine ausführliche Erläuterung (Anlage 2)
sowie ein Formular für einen Gesprächsleitfaden (Anlage 3).

Grundsätzlich haben alle Mitarbeiter oder Vorgesetzte, für die das Thema Suchtmittel und
Suchtmittelmissbrauch relevant ist, die Möglichkeit, sich im Personaldezernat oder beim
Personalrat beraten zu lassen bzw. bei der Suchtkontaktstelle eine einfache oder auch eine
ausführliche Beratung (Coaching) zu erhalten.

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Die Universität Freiburg hat im Umgang mit Suchtmittelmissbrauch zwei zentrale Elemente:

   a) Die Frühintervention durch Fürsorgegespräche.
   b) Die verlaufsgesteuerte und konsequente Vorgehensweise gemäß einem Stufenplan
      wie oben dargestellt.

Die Vorgehensweise durch den Stufenplan ist gekennzeichnet durch die Kooperation von
Vorgesetzten, Personaldezernat, Personalrat und Suchtkontaktstelle.

§ 9    Wiedereingliederung

Bei Wiedereingliederung nach abgeschlossenen Maßnahmen, insbesondere nach
stationärer Sucht-Rehabilitation, koordiniert das Personaldezernat ein Gespräch, an dem
die/der Beschäftigte, die/der unmittelbare Vorgesetzte, die Suchtkontaktstelle und - falls vom
Beschäftigten gewünscht - eine Vertretung des Personalrats teilnehmen.
Die Arbeitsaufnahme sollte gut vorbereitet und das betriebliche Umfeld entsprechend
vorbereitet sein, um die Wiedereingliederung zu erleichtern.

§ 10   Umgang mit Rückfälligkeit

Bei Rückfälligkeit nach abgeschlossener Suchtbehandlung bzw. nach sonstigen Hilfs-
maßnahmen ist der direkte Vorgesetzte verpflichtet, das Personaldezernat zu informieren.
Über die weitere Vorgehensweise wird individuell, je nach Lage des Einzelfalls, in Anlehnung
an den Stufenplan entschieden, wobei besondere Berücksichtigung findet, wenn die oder der
Beschäftigte nach einem Rückfall erkennbar das Verhalten ändert und aktiv an der
Genesung mitarbeitet.

§ 11   Geltungsdauer

Die Dienstvereinbarung tritt am 01.11.2011 in Kraft und kann mit einer Frist von drei
Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Sie hat keine Nachwirkung. Sie wird allen
Beschäftigten bekannt gemacht.
Änderungen und Ergänzungen können in gegenseitigem Einvernehmen jederzeit erfolgen.

Anlagen zur Dienstvereinbarung

       1. Stufenplan
       2. Erläuterungen zum Stufenplan
       3. Leitfaden für Gespräche

79085 Freiburg, 6. Oktober 2011

                                                                                            5
Anlage 1 zur Dienstvereinbarung „Suchtmittelmissbrauch am Arbeitsplatz“:
         Interventionsleitfaden – verlaufsgesteuerter Stufenplan

Stufe       Anlass                       Teilnehmerkreis                Gesprächsinhalt                                                                                  Arbeitsrechtliche
                                                                                                                                                                         Konsequenzen
keine       Erste                        Vorgesetzte/r                      Auffälligkeiten konkret benennen, auf den vermuteten
            Auffälligkeiten              Beschäftigte/r                      Zusammenhang mit dem Konsum von Suchtmitteln hinweisen,
            (Fürsorgegespräch)                                               Besorgnis ausdrücken, Hilfe anbieten
 I          Verstoß gegen                Vorgesetzte/r                      Fehlverhalten/-leistungen konkret benennen, Pflichtverletzung
            Arbeits- oder                Beschäftigte/r                      erläutern                                                                                   Ankündigung einer
            dienstrechtliche                                                Zusammenhang mit Suchtmittelkonsum benennen                                                 Abmahnung bzw.
            Pflichten                                                       Stellungnahme anhören                                                                       Disziplinarverfahren
                                                                            Positive Unterstützung signalisieren, Erwartungen benennen
                                                                            Dienstvereinbarung und Flyer der Suchtkontaktstelle übergeben
                                                                            Folgetermin festsetzen* (maximal nach 4 KW), Dokumentation
II          Bei fortgesetzten            Vorgesetzte/r                      Fehlverhalten/-leistungen konkret benennen, Pflichtverletzung
            Verstößen gegen              Beschäftigte/r                      erläutern
            arbeits- oder                Nächst höherer                     Zusammenhang mit Suchtmittelkonsum benennen                                                 Ankündigung einer
            dienstrechtliche             Vorgesetzter                       Stellungnahme anhören, positive Unterstützung signalisieren                                 Abmahnung bzw.
            Pflichten                    Suchtkontaktstelle                 Auflage: Termine in der Suchtkontaktstelle und Nachweis                                     Disziplinarverfahren
                                                                            Konsequenzen der Nichterfüllung benennen
                                                                            Folgetermin festlegen* (maximal nach 4 KW) , Dokumentation
                                                                            Vermerk an Personaldezernat geben
III         Wie bei Stufe II             Vorgesetzte/r                      Fehlverhalten/-leistungen konkret benennen, Pflichtverletzung
            bzw. Nichterfüllung          Beschäftigte/r                      erläutern
            der Auflage                  Personaldezernat                   Suchtproblem als Ursache benennen
                                         Personalrat                        Stellungnahme anhören, weiterhin positive Unterstützung zusagen                             Abmahnung
                                         Su-Ko-Stelle                       Auflage: Suchtbehandlung und Nachweis
                                         Betriebsarzt                       Konsequenzen der Nichterfüllung benennen
                                                                            Folgetermin festlegen* (maximal nach 4 KW) , Dokumentation
IV          Wie bei Stufe II             Vorgesetzte/r                      Fehlverhalten/-leistungen konkret benennen, Pflichtverletzung
            bzw. Nichterfüllung          Beschäftigte/r                      erläutern                                                                                   Einleitung der
            der                          Personaldezernat                   Suchtproblem als Ursache benennen, Kündigung ankündigen                                     Kündigung
            Auflage                      Personalrat                        Stellungnahme anhören

* Das Folgegespräch sollte stattfinden, auch wenn es zwischenzeitlich keinen Anlass zur Beanstandung gegeben hat, dann ist die Verhaltensänderung zu würdigen und Intervention zu beenden.
Anlage 2 zur Dienstvereinbarung „Suchtmittelmissbrauch am Arbeitsplatz“

Erläuterungen zum Interventionsleitfaden

Inhalt

   1.    Einleitung – Gesamtkonzept (Maßnahmen, Aktivitäten, Schulungen)
   2.    Elemente der Interventionskette
   3.    Früherkennung und Frühintervention bei einer Suchtproblematik
   4.    Durchführung von Gesprächen mit auffälligen Mitarbeiter/innen
   5.    Zum Umgang mit akut intoxikierten Mitarbeiter/innen

1. Einleitung

Mit der Implementierung der "Suchtkontaktstelle" im Jahre 1991 wurde an der Universität
Freiburg die Grundlage für einen professionellen Umgang mit suchtgefährdeten und
suchtkranken Beschäftigten der Universität und die Voraussetzung für kontinuierliche,
betriebliche Suchtprävention geschaffen. Ab 2011 gilt die „Dienstvereinbarung Sucht“ zur
Gewährleistung eines transparenten und einheitlichen Vorgehens.

Diese Erläuterungen zum Interventionsleitfaden als Anlage zur „Dienstvereinbarung
Sucht“ enthalten Hinweise für Vorgesetzte sowie Mitglieder des Personalrates zur
Umsetzung der Dienstvereinbarung und         der darin benannten Fürsorge- bzw.
Stufengespräche, insbesondere

        Informationen zum Thema „Sucht am Arbeitsplatz“ (Basics)
        Hinweise zur Vorbereitung/Durchführung von Gesprächen mit            auffälligen
         Beschäftigten
        Verhaltensempfehlungen zum Umgang mit akut intoxikierten Personen

Der Leitfaden bezieht sich in erster Linie auf legale Suchtmittel (vor allem Alkohol und
Medikamente), kann aber beim Missbrauch anderer Substanzen (illegale Rauschmittel) und
nicht stoffgebundene Süchten (z.B. pathologisches Spielen) ebenso angewandt werden.
Unter Missbrauch wird dabei der nicht-bestimmungsgemäße Gebrauch bzw. ein Gebrauch
zu unpassenden Gelegenheiten (z.B. im Straßenverkehr oder bei der Arbeit) verstanden.

2. Elemente der Interventionskette

        Erkennen des veränderten Arbeitsverhaltens
        Erstgespräch mit der/dem Beschäftigten (Fürsorgegespräch)
        Weiteres Vorgehen nach dem Stufenplan bei Verstoß gegen arbeits- und/oder
         dienstrechtliche Pflichten
        Einbeziehung der Suchtkontaktstelle und des Betriebsarztes
        Professionelle Suchtberatung und gegebenenfalls Suchtrehabilitation
        Wiedereingliederung

3. Hinweise zur Früherkennung von Suchtproblemen

Folgende Auffälligkeiten werden im Zusammenhang mit einer Suchtentwicklung häufig
beobachtet:
   Auffälligkeiten im Arbeitsverhalten (z.B.      häufige Fehlzeiten, Unpünktlichkeit,
       Leistungsmängel wie Müdigkeit, Unkonzentriertheit, Unzuverlässigkeit)
      Auffälligkeiten im Erscheinungsbild (z.B. Schwitzen, Zittern, „Fahne“ oder besonders
       gepflegt und parfümiert als Tarnung, Verwahrlosungstendenzen, Hautrötungen)
      Veränderungen im Sozialverhalten (z.B. Gereiztheit, Stimmungsschwankungen,
       Überschwänglichkeit, Verschlossenheit, Distanzlosigkeit, Selbstüberschätzung)

Eine Kombination verschiedener Auffälligkeiten ersetzt nicht die Diagnose                einer
Suchtmittelproblematik, sollte jedoch immer Anlass für ein Fürsorgegespräch sein.

Den direkten Vorgesetzten kommt eine besondere Bedeutung zu und konsequentes,
einheitliches und abgestimmtes Verhalten aller Beteiligten (Vorgesetzte, Personaldezernent,
Personalrat, Kolleginnen und Kollegen, Betriebsarzt, Beratungsdienst) sind die Grundlage für
eine erfolgreiche Intervention.

Wir möchten die Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzte ermutigen, bereits bei ersten
Anzeichen einer möglichen Suchtentwicklung im Sinne einer Frühintervention zu handeln.
Ziel ist zunächst die Klärung der Situation und gegebenenfalls das Angebot von Hilfe. Durch
„konstruktiven Leidensdruck“ soll eine langjährige „Suchtkarriere“ mit schweren körperlichen,
seelischen und sozialen Folgeschäden verhindert werden.

Fürsorgegespräch (Anlage 1 zur Dienstvereinbarung: Schema „Interventionsleitfaden“)

Ein Fürsorgegespräch ist das Erstgespräch nach Auffälligkeiten/Fehlleistungen, die zu
Störungen im Arbeitsablauf und -umfeld geführt haben. Ziel ist die Förderung von
Verantwortung und Veränderungsmotivation. Kommt es trotz dieses Gespräches zu
wiederholten und schwer wiegenden Verletzungen der arbeits- oder dienstrechtlichen
Pflichten im Zusammenhang mit dem Konsum von Suchtmitteln, setzen die Stufen-
gespräche mit dienstrechtlichen Konsequenzen ein. Bereits zu diesem Zeitpunkt kann die
Unterstützung der Suchtkontaktstelle abgerufen werden.

Stufengespräche (Anlage 1 zur Dienstvereinbarung: Schema „Interventionsleitfaden“)

Rechtlich gilt die Erkrankung von Arbeitnehmer/innen als Privatsache. Eine Nicht-Annahme
eines Beratung- und Hilfeangebotes ist disziplinarisch nicht zu beanstanden. Sanktioniert
werden können nur Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten.

Es gilt der Persönlichkeitsschutz: weitere Personen dürfen nur mit Zustimmung des
betroffenen Beschäftigten hinzugezogen werden.

Krankheit kann nicht abgemahnt werden,            was    in   der   Konsequenz    auch     für
krankheitsbedingtes (Fehl-)Verhalten gilt.

Wird ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten abgemahnt oder deshalb ein
Kündigungsverfahren eingeleitet, kann der Arbeitgeber verhaltensbedingte Gründe anführen
und sich hilfsweise auf personenbedingte Gründe stützen. Wenn die/der Beschäftigte
geltend macht, dass das Fehlverhalten auf Krankheit beruht, sich aber nicht aktiv daran
beteiligt, gesund zu werden (z.B. durch eine Therapie), ist von einer ungünstigen Prognose
auszugehen, so dass die Krankheit zur Kündigung führen kann.

Ein Vorgehen nach dem Stufenplan bietet daher den Rahmen für Interventionen mit dem Ziel,
durch eine Hilfsmaßnahme die Arbeitsfähigkeit zu sichern bzw. wieder herzustellen und den
Arbeitsplatz zu erhalten.
4. Hinweise zur Durchführung der Gespräche (Anlage 3 zur Dienstvereinbarung:
   Gesprächsleitfaden)

      Führen Sie ein Gespräch nur, wenn der/die Mitarbeiter/in in einem nüchternen bzw.
       aufnahmefähigen Zustand ist.
      Schaffen Sie ein gutes Gesprächsklima.
      Die Rahmenbedingungen (Ort und Zeit) sollten ein ungestörtes Gespräch
       ermöglichen.
      Zeigen Sie dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin, dass Sie sich Sorgen machen.
      Der/die Betroffene sollte spüren, dass er nicht abgelehnt wird, sondern dass der
       Wunsch, ihr/ihm zu helfen Motiv für das Gespräch ist.
      Leiten Sie das Gespräch ein, in dem Sie benennen, was Sie am Beschäftigten
       schätzen und signalisieren sie Unterstützung. Setzen Sie einen Zeitrahmen.
      Benennen Sie konkret, was Sie beanstanden und den vermuteten Zusammenhang
       mit dem Konsum des Suchtmittels.
      Versuchen Sie nicht den Mitarbeiter/die Mitarbeiterin davon zu überzeugen, dass
       er/sie ein Suchtproblem hat. Sie sind nicht qualifiziert diese Diagnose zu stellen und
       verstärken damit nur die Abwehrhaltung des/der Betroffenen.
      Fordern Sie den Mitarbeiter/die Mitarbeiterin zur Stellungnahme auf.
      Bagatellisierungen und Ausflüchte gehören in der Regel zum Krankheitsbild.
      Vermeiden Sie Vorwürfe und Appelle, hören Sie zu, lassen Sie sich auf keine
       Diskussionen ein. Lassen Sie sich das Gespräch nicht aus der Hand nehmen.
      Formulieren Sie klar Ihre Erwartungen.
      Machen Sie eine Zusammenfassung des bisher Gesagten und beenden Sie das
       Gespräch mit klaren Vereinbarungen/Auflagen. Kündigen Sie die Kontrolle deren
       Einhaltung ein. Sinnvolle Auflagen/Vereinbarungen sind: die Suchtkontaktstelle, eine
       Beratungsstelle oder Selbsthilfegruppe aufzusuchen, absolute Nüchternheit während
       der gesamten Arbeitszeit, Krankmeldung nach dem ersten Tag, kein kurzfristig oder
       nachträglich gewährter Urlaub.
      Legen Sie einen Folgetermin fest.
      Dokumentieren Sie das Gespräch (siehe Gesprächsleitfaden und Protokoll).

5. Zum Umgang mit akut unter Suchtmitteln stehenden (berauschten) Mitarbeiter/innen

Grundlage ist der § 7 (2) der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (GUV-
VA1): „Der Unternehmer darf Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit
ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen.“

Zuständig sind immer die unmittelbaren Vorgesetzten.

Sie sind für die Sicherheit der Mitarbeiter/innen verantwortlich und müssen alles tun, was
ihnen möglich ist, um Unfallgefahren zu beseitigen.

Sie müssen intervenieren, wenn aufgrund des äußeren Anscheins der Eindruck entsteht,
dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter nicht nüchtern ist.

Auch Hinweisen von dritter Seite sollten Sie nachgehen und diese nicht als Denunziation
sondern als berechtigte Sorge über den Gesundheitszustand und die Arbeitssicherheit von
Kolleginnen/Kollegen interpretieren.

Grundsätzlich gilt der äußere Eindruck, den Sie als Vorgesetzte/r haben (Augenschein). Sie
sollten jedoch Verhaltensweisen schriftlich dokumentieren, die zu diesem Eindruck geführt
haben und zur Sicherheit ein Mitglied des Personalrats hinzuziehen, oder - falls dies nicht
möglich ist - eine andere Person.
Wenn der/die Betroffene nach der Protokollaufnahme weiter bestreitet, unter dem
Einfluss von Alkohol oder einem anderen berauschenden Mittel zu stehen, kann er/sie
zum Nachweis des Gegenteils und auf eigenen Wunsch in Begleitung den
betriebsärztlichen Dienst in Anspruch nehmen. Auf keinen Fall darf er/sie gegen
seinen/ihren Willen dorthin geschickt werden. Bei einem positiven Ergebnis sollte der/die
Betroffene die Kosten selbst tragen.

Das Beschäftigungsverbot nach § 7 (2) der Unfallverhütungsvorschrift (GUV-VA1) führt
nicht zwingend zu einer Entfernung vom Arbeitsplatz. Das muss jeweils der Vorgesetzte
einschätzen und entscheiden.

Bei Verdacht auf Trunkenheit muss der/die Vorgesetzte den PKW-Schlüssel des/der
Betroffenen einziehen, wenn zu befürchten ist, dass der/die Mitarbeiter/in im berauschten
Zustand mit dem Auto fahren will. Die Verantwortung des/der Vorgesetzten für die
Sicherheit bezieht sich sowohl auf den Arbeitsbereich als auch auf die Arbeitswege. Wird
bei Unfällen mangelnde Sorgfaltspflicht nachgewiesen, sind Regressforderungen der
Berufsgenossenschaften möglich. Auch bei personellen Engpässen dürfen alkoholisierte
Mitarbeiter/innen nicht mit sicherheitsrelevanten Arbeiten beschäftigt werden.
Anlage 3 zur Dienstvereinbarung „Suchmittelmissbrauch am Arbeitsplatz“

                         - GESPRÄCHSLEITFADEN -

Stufenplan-Gespräch Nr.: ____

Datum: _________

Anwesend: __________________________________________________________

   1. Ziel des Gesprächs

___________________________________________________________________

   2. Konkrete Auffälligkeit / Fehlleistungen / Fehlverhalten

___________________________________________________________________

___________________________________________________________________________

   3. Hilfeangebot / Möglichkeiten der Unterstützung

___________________________________________________________________

   4. Getroffene Vereinbarung / Auflage

___________________________________________________________________

   5. Termin für das nächste Gespräch :____________________
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