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November 2016 EXPERTEN STATEMENT SHUTTERSTOCK Eine seltene Krankheit ist nun behandelbar – Lebersche hereditäre Optikus- neuropathie (LHON) Zusammenfassung des Expertenmeetings vom 8. April 2016 Moderator: Univ.-Doz. Dr. Philip Eisenburger, Abteilung für Notfallmedizin, Wilhelminenspital Wien Teilnehmer: Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Amon, Abteilung für Augenheilkunde, KH Barmherzige Brüder Wien; ao. Univ.-Prof. Dr. Reginald Bittner, Neuromus kuläre Forschungsabteilung, MedUni Wien; Priv.-Doz. Dr. Matthias Bolz, Klinik für Augenheilkunde, Kepler Universitätsklinikum Linz; OA DDr. Jörg Hildebrandt, Abteilung für Augenheilkunde und Orbitachirurgie, Universitätsklinikum St. Pölten; Prof. Dr. Thomas Klopstock, Friedrich-Baur-Institut an der Neurologischen Klinik, Klinikum der Universität München; ao. Univ.-Prof. Dr. Fritz Leutmezer, Universitätsklinik für Neurologie, MedUni Wien; Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Berthold Pemp, Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie, MedUni Wien; Dr. Mona Schneider, Universitäts-Augenklinik, MedUni Graz; Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Sperl, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Landeskrankenhaus Salzburg; OÄ Dr. Pia Swoboda-Asböck, Abteilung für Augenheil kunde, Krankenhaus Barmherzige Schwestern Ried im Innkreis Schriftliche Mitarbeit: OA Dr. Manuel Edelmayr, Abteilung für Augenheilkunde, Barmherzige Brüder, Konventhospital Linz; OA Dr. Gerhard Partik, Augen abteilung, Hanusch-Krankenhaus, Wien; Assoc. Prof. Mag. Dr. Wolfgang M. Schmidt, Neuromuskuläre Forschungsabteilung, MedUni Wien D ie Lebersche hereditäre Optikusneuropathie Studien als auch im klinischen Alltag als wirksam und (LHON) ist eine seltene und bis vor Kurzem gut verträglich erwiesen. In vielen Fällen kommt es unheilbare genetisch bedingte Augenerkran dadurch zu einer teilweisen Erholung der Ganglienzellen kung. Sie betrifft speziell die Ganglienzellen der Netzhaut oder zumindest zu einer Stabilisierung der Sehschärfe. und führt fast immer zu einem massiven Visusverlust, Während früher der Zeitpunkt der Diagnose dieser häufig sogar zur praktischen Erblindung der Patienten. seltenen Erkrankung aufgrund fehlender Therapieop Lediglich bei einem geringen Prozentsatz an Patienten tionen kaum Konsequenzen hatte, ist heute eine ent kann es zu einer Spontanerholung der Sehkraft kom sprechende Aufmerksamkeit bei Ärzten maßgeblich men, am ehesten bei Patienten mit der Mutation wichtig. Das bedeutet, bei jedem zentralen Visusver m.14484T>C (1). Das Erkrankungsalter liegt meist lust auch an LHON zu denken. Denn je früher die Er zwischen dem 15. und dem 35. Lebensjahr. Seit Herbst krankung behandelt wird, desto besser sind die Ergeb 2015 steht EU-weit erstmals eine medikamentöse nisse und desto höher sind wahr scheinlich die Therapie zur Behandlung von Sehstörungen bei jugend Chancen des Patienten auf eine Wiederherstellung lichen und erwachsenen Patienten mit LHON zur Ver seines Sehvermögens. Die Lebensqualität und die fügung. Idebenon (Raxone®) greift direkt in die mito Alltagskompetenzen können damit weitgehend er chondriale Atmungskette ein und hat sich sowohl in halten werden.
EXPERTEN STATEMENT Im Rahmen eines interdisziplinären Experten welchem Zeitpunkt sich bei manchen Mutations nifestiert sich LHON vor dem 50. Lebensjahr meetings Anfang April 2016 in Wien diskutier trägern die Erkrankung schließlich manifestiert, ist (14). Durch die relativ niedrige Penetranz ergibt ten heimische Ophthalmologen, Pädiater, Neu nicht bekannt. In diesen Fällen kommt es dann sich zum Teil ein (pseudo-)sporadisches Auftre rologen und Humangenetiker u.a. über die vor aber zu einem rapiden Funktionsverlust von reti ten von LHON, häufig finden sich aber weitere dem Einsatz von Raxone® erforderliche Diag nalen Ganglienzellen (RGC) und im späteren Ver Erkrankte in der mütterlichen Linie (6). nostik, die optimale Therapiedauer sowie darü lauf fast immer zum Absterben eines Großteils der ber, in welchem Setting Patienten mit LHON betroffenen Nervenfasern durch Apoptose. (4,5) hierzulande betreut werden sollten. Bestimmte Risikofaktoren können bei exis Symptomatik tenter mitochondrialer Mutation zu einem Aus bruch der Akutphase führen bzw. die Progres Die charakteristische Symptomatik bei LHON Ursachen sion der Erkrankung forcieren (1,6). Bekannte besteht aus einer oft zunächst unilateralen, im Triggerfaktoren sind: Verlauf von Wochen bis Monaten dann bilatera LHON stellt eine erblich bedingte Mitochondrio • übermäßiger Tabak- oder Alkoholkonsum len, vornehmlich das zentrale Gesichtsfeld be pathie dar. Bei mehr als 95% der Betroffenen • Medikamente mit mitochondrialer Toxizität (z.B. treffenden Visusminderung (6). Auch verschlech liegt eine von drei sogenannten primären Metformin, Paracetamol, Valproinsäure, Statine) tertes Farbsehen kann damit verbunden sein LHON-Mutationen im mitochondrialen Genom • Umweltgifte (Abb.1). In der Mehrzahl der Fälle resultiert die (mtDNA) vor: m.11778G>A, m.3460G>A und Erkrankung in einer permanenten ausgeprägten m.14484T>C. In allen Fällen handelt es sich Allerdings sind wohl nicht alle möglichen Aus Visusminderung. Die Erkrankung kann zu einer um eine Missense-Mutation (ND4:p.Arg340His, löser der Erkrankung bekannt. Grundsätzlich progredienten Degeneration (Atrophie) des Seh ND1:p.Ala52Thr und ND6:p.Met64Val), die den wird Mutationsträgern mit und ohne LHON- nervs mit temporal betonter Papillenblässe und Austausch eines konservierten Aminosäureres Symptomatik die Vermeidung dieser bekannten dauerhafter praktischer Erblindung fortschreiten. tes jeweils in einer von der mtDNA-kodierten Triggerfaktoren sowie eine gesunde, vitamin Der Übergang von der akuten (potenziell rever Untereinheit der NADH-Dehydrogenase (NADH: reiche Kost empfohlen (6). siblen bzw. therapierbaren) in die chronische (ir Coenzym Q Oxidoreduktase), dem Komplex I der reversible) Phase kann einige Jahre dauern. mitochondrialen Atmungskette, verursacht und In einigen Fällen (4–40%) kommt es – ab somit eine Reduktion der mitochondrialen ATP- Prävalenz hängig von der vorliegenden Mutation – im Synthese bewirkt. Seltener können bei LHON- späteren Krankheitsverlauf zu einer Remission. Patienten andere Mutationen in den drei ge Weibliche Mutationsträger vererben die Muta Einen relativ günstigen klinischen Verlauf zeigt nannten Genen oder aber auch in einem tion an alle ihre Kinder, männliche Mutations diesbezüglich die Punktmutation m.14484T>C. anderen Gen der mtDNA nachgewiesen werden. träger vererben sie hingegen nicht. Die Präva Selten finden sich bei LHON-Patienten weitere In allen Fällen führt die durch die Mutation ver lenz liegt bei etwa 2/100.000 bis 3,7/100.000 neurologische Auffälligkeiten, insbesondere Be ursachte Insuffizienz der Atmungskette zu ei (7-11). Die Krankheit kann bei beiden Ge wegungsstörungen wie Tremor, Ataxie und Dys nem ATP-Mangel sowie zum Anstieg freier Sau schlechtern vorkommen, Männer erkranken je tonie (sogenannte „LHON-plus“-Symptomatik). erstoffradikale. Viele Träger der genetischen doch mit einer vierfach höheren Wahrschein Auch zerebrale „white matter lesions“ und oligo Mutation erkranken zwar nicht an LHON, jedoch lichkeit als Frauen (12). Das Erkrankungsalter klonale Banden im Liquor können in Einzelfällen sind auch hier subklinische Auffälligkeiten der bei Männern liegt meist zwischen dem 15. und nachweisbar sein – hier ist die Abgrenzung zur Reizweiterleitung zu finden (2,3). Warum und zu 35. Lebensjahr (13). Bei 95% der Patienten ma Multiplen Sklerose nicht immer einfach. Abb.1 Pathophysiologie und Krankheitsverlauf mtDNA- Andere Präsymptomatische Akute Phase Chronische Phase Mutationen Risikofaktoren Phase Primäre Sekundäre Funktionsverlust Mitochondriale Verlust von mtDNA- ätiologische retinaler Ganglien- ROSEnergie Dysfunktion RGCs Mutation Faktoren zellen (RGC) Exzitotoxizität Terminaler Visusverlust Visusverlust Visusverlust Spontane oder t herapieinduzierte Visuserholung Erholung der RGC-Funktion Nach: Howell N, Vision Res 1998; 38:1495-1504. Modifiziert nach: Gueven N, Biology and Medicine 2014; 1:1-6 2
EXPERTEN STATEMENT Krankheitsverlauf Abb.2 Vermutete Wirkungsweise von Idebenon Unterschieden werden drei Stadien der Erkran NAD(P)H NAD(P)+ kung (4,5): • Präsymptomatische Phase: Es sind noch Oxidativer Stress Zytoplasma NQO1 Nrf2 Sulforaphan keine klinischen Beschwerden erkennbar. Tert-butylhydroquinon • Akute Phase: Es kommt zu Papillenschwel lung, Teleangiektasien, beginnender Abnahme der retinalen Nervenfaserschicht temporal im Idebenon Idebenol Vergleich zu nasal. Solange nur ein Teil der re e– tinalen Ganglienzellen ihre Funktion verloren c Mitochondriale Q ATP hat, ist eine (eher seltene) Spontanheilung oder Elektronentransportkette I III IV Synthase die durch eine medikamentöse Therapie mit e– II ADP Idebenon induzierte vollständige Wiederher (SDH) O2 H2O ATP stellung der Ganglienzellfunktion der Retina NADH sowie eine Verbesserung des Sehvermögens TCA-Zyklus Matrix bis hin zu einem normalen Visus möglich. • Chronische Phase: Es kommt zum zuneh menden, irreversiblen Verlust retinaler Gang Nach: Jaber S, Polster BM, J Bioenerg Biomembr 2015 Apr; 111-118 lienzellen und im schlimmsten Fall zur fast völligen Erblindung. Die meisten Patienten weisen an beiden Augen innerhalb eines Jah • Farbduplexsonografie der Karotiden und der len noch lebensfähig sind (4,19). Dieses „win res nach Krankheitsbeginn einen deutlichen A. temporalis superficialis dow of opportunity” für eine Visusstabilisierung Verlust von Ganglienzellen und retinalen Ner und/oder Erholung besteht vermutlich mehrere venfasern temporal auf (7,15,16). Differenzialdiagnostisch ist auch eine autosomal- Jahre lang (4,19). dominant vererbte Optikusatrophie (z.B. Mutatio Seit Kurzem steht erstmals eine von der EMA nen im OPA1-Gen) in Erwägung zu z iehen. Diese zugelassene medikamentöse Behandlungsoption Diagnose ist allerdings in der Regel durch einen beidseitig für LHON-Patienten zur Verfügung, welche die parallelen, langsamen Verlauf charakterisiert. Realisierung der genannten Therapieziele er Ein Verdacht auf LHON ergibt sich zunächst aus Der Nachweis einer Mutation durch moleku möglicht. Idebenon, ein kurzkettiges Benzochi der raschen, einseitigen und schmerzlosen Visus largenetische Testung erlaubt keine Voraussage, non, besitzt einen dualen Wirkmechanismus als verschlechterung. Initial erfolgt eine ophthalmo ob die Krankheit tatsächlich auftreten wird Antioxidans und Elektronen-Shuttle. Vermutlich logische Untersuchung mit Fundoskopie (ge (unvollständige Penetranz). Ein beträchtlicher kann es Elektronen direkt an den Komplex III gebenenfalls mit Perimetrie, Farbkontrastsehen, Trägeranteil erkrankt nicht. So blieb in einer re der mitochondrialen Elektronentransportkette optischer Kohärenztomografie und Fluoreszenz trospektiven Untersuchung bei 402 Mutations (Atmungskette) übertragen, dadurch den defek angiografie). Die Diagnose wird in einer mole trägern etwa die Hälfte asymptomatisch. Die ten Komplex I umgehen und die Gewinnung kulargenetischen Untersuchung (Sequenzierung besten Chancen auf anhaltende Symptomfrei von zellulärer Energie (ATP) wiederherstellen der mtDNA aus dem Blut) gesichert. heit hatten Nichtraucher (17). Daraus lässt sich (Abb.2). (20) Als spezielle Zusatzdiagnostik können unter ableiten, dass von einem Neugeborenen-Scree Möglicherweise kann Idebenon gemäß die anderem folgende Verfahren – insbesondere ning kein praktischer Nutzen im Sinne einer zu sem biochemischen Wirkmechanismus lebens auch zur Abklärung von Differenzialdiagnosen – verlässigen Frühdiagnose zu erwarten wäre. Da fähige, jedoch inaktive retinale Ganglienzellen zum Einsatz kommen (6): rüber hinaus gibt es bisher keine Evidenz für bei Patienten mit LHON reaktivieren. Wahrschein • Lumbalpunktion mit Liquordruckmessung den möglichen Nutzen einer prophylaktischen lich in Abhängigkeit von der seit Einsetzen der (Ausschluss von Neuritis der Nervi optici, be Behandlung. Symptome verstrichenen Zeit und dem Anteil nigner intrakranieller Hypertension, Meninge der bereits betroffenen RGCs kann Idebenon osis neoplastica) zur Verbesserung der Sehkraft beitragen. • Schädel-MRT mit besonderer Darstellung der Therapie Idebenon (Raxone®) wurde im September Orbita (Ausschluss von entzündlicher ZNS- 2015 von der Europäischen Kommission als ers Erkrankung, zerebraler Raumforderung oder Therapieziele sind grundsätzlich die Stabilisie tes „orphan drug“ zur Behandlung von Sehstö einem orbitalen Prozess) rung der Erkrankung (im frühen Stadium), idea rungen bei jugendlichen und erwachsenen • Visuell evozierte Potenziale lerweise die Herbeiführung klinisch relevanter Patienten mit Leberscher hereditärer Optikus • Labor mit Schilddrüsen- und Vaskulitispara Verbesserungen (15,18) und die Nutzung des neuropathie (LHON) zugelassen. Diese Ent metern, BSG/C-reaktives Protein Therapiefensters, solange retinale Ganglienzel scheidung beruht auf der Datenlage von insge 3
EXPERTEN STATEMENT Vorab wurde der Anteil der Patienten mit ei Tab.1 Ergebnisse der RHODOS-Studie ner Sehschärfe von ≤0,5 logMAR an einem Population Endpunkt Auge zu Studienbeginn bestimmt (n=8), bei de n Total Beste Erholung Beste Sehschärfe Sehschärfe nen sich die Sehschärfe auf ≥1,0 logMAR redu beider Augen zierte: bei keinem von sechs Patienten unter (primär) (sekundär) (sekundär) Idebenon (0/6), jedoch bei beiden Patienten un Intent to treat (ITT) Differenz= Differenz= Differenz= n=82, (53/29) 3 Buchstaben 5 Buchstaben 4 Buchstaben ter Placebo (2/2) (p=0,036). p=0,291 p=0,078 p=0,026 In der wichtigsten Intent-to-treat (ITT)-Popu ITT unter Ausschluss Differenz= Differenz= Differenz= lation (n=82) zeigte sich ein Trend zugunsten von Patienten ohne 5 Buchstaben 7 Buchstaben 6 Buchstaben von Idebenon. Die durchschnittliche Visusverän praktische Erblindung* p=0,075 p=0,018 p=0,002 n=77, (50/27) derung an beiden Augen war unter Therapie statistisch signifikant besser. Bei post hoc defi ITT, ausschl. Patienten Differenz= Differenz= Differenz= mit Höchstrisiko** 13 Buchstaben 20 Buchstaben 16 Buchstaben nierten Kriterien war ein positiver Trend oder Si n=30, (20/10) p=0,011 p=0,003 p=0,0001 gnifikanz festzustellen. Insgesamt manifestier * Subpopulation von Patienten mit 2,0 logMAR an beiden Augen Anmerkung: Eine Differenz von fünf Buchstaben entspricht einer Linie auf einem standardisierten Augen-Chart oder 0,1 logMAR. allen Endpunkten (Abb.3) und erhöhte Chan Modifiziert nach: Klopstock T et al., Brain 2011; 134:2677-2686 cen auf Erholung. Bei einer Subgruppe, die initial „off chart“ an Abb.3 Idebenon zeigte in allen Endpunkten Vorteile beiden Augen und somit klinisch in einer beson ders ungünstigen Ausgangslage war, wurde un p tersucht, wie viele Patienten zu Woche 24 auf ITT-Population Beste Erholung 0,291 der ETDRS-Tafel zumindest fünf Buchstaben mit Bester Visus 0,078 Bestes Auge 0,061 mindestens einem Auge wieder lesen konnten. Beide Augen 0,026 Dies war im Idebenon-Arm bei 28,0% der Fall (7/25) (vs. 0/13 unter Placebo; p=0,072). Subgruppe mit Beste Erholung 0,187 19,7% (12/61) der Patienten, die initial „off m.11778G>A oder Bester Visus 0,037 chart“ an einem Auge waren, konnten zu Woche m.3460G>A Bestes Auge 0,036 Mutationsträgern Beide Augen 0,009 24 zumindest fünf Buchstaben auf der ETDRS- Tafel lesen (vs. 0/29 unter Placebo; p=0,008). Patienten mit diskordanter Beste Erholung 0,011 58 Patienten wurden in der Nachbeobach Sehschärfe zu Baseline Bester Visus 0,003 tungsstudie RHODOS-OFU durchschnittlich 131 Bestes Auge 0,009 Wochen nach Therapieende in der RHODOS- Beide Augen 0,0001 –0,7 –0,6 –0,5 –0,4 –0,3 –0,2 –0,1 0,0 0,1 0,2 Studie einmalig untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Wirkung von Idebenon möglicherweise Vorteile für Idebenon Vorteile für Placebo auch nach Therapieende über einen längeren Nach: Klopstock T et al., Brain 2011; 134:2677-2686 Zeitraum aufrechterhalten werden kann (21). Der vorteilhafte Effekt einer sechsmonatigen samt rund 150 Patienten mit LHON aus der bei handelte es sich um die bisher größte Stu Therapie mit Idebenon blieb trotz einer Unter klinischen RHODOS-Studie, der anschließenden die an einer mtDNA-assoziierten Erkrankung. brechung von median 30 Monaten bestehen. retrospektiven Beobachtungsstudie RHODOS- Eingeschlossen wurden insgesamt 85 LHON-Pa Diese Beobachtung wird mit dem Verlauf und OFU und einem „Early Access Programme“ tienten zwischen 14 und 66 Jahren mit einer der der Pathophysiologie der LHON zumindest teil (EAP). drei primären mtDNA-Mutationen und einer weise erklärt. Demnach könnte Idebenon die re Krankheitsdauer von maximal fünf Jahren. Be tinale Ganglienzellfunktion in der Akutphase er urteilt wurden die Veränderungen zwischen Be halten oder sogar wiederherstellen und damit Idebenon in Studien ginn und Woche 24. vor einem irreversiblen Verlust retinaler Gangli Der primäre Endpunkt „beste Verbesserung enzellen schützen. RHODOS-Studie und Subanalysen der Sehschärfe“ („Visual Acuity“, VA) war definiert Bei relativ frühzeitigem Behandlungsbeginn – sowie retrospektive Studie als das Ergebnis des Auges mit der deutlichsten entweder idealerweise vor Beteiligung oder Sicherheit und Wirksamkeit von Idebenon bei Verbesserung der Sehschärfe, bestimmt anhand bereits bei beginnendem Sehschärfeverlust des Patienten mit LHON wurden in der doppel von ETDRS-Tafeln. Wichtige sekundäre Endpunkte zweiten Auges – trat unter Idebenon bei 45,5 blinden, randomisierten, placebokontrollierten waren die „Veränderung der besten Sehschärfe“ Patienten im Rahmen einer retrospektiven Studie RHODOS-Studie multizentrisch (in München, (an einem Auge) und die Veränderung der Seh eine Visuserholung ein (vs. 32,2% in der unbe Newcastle und Montreal) untersucht (15). Da schärfe an beiden Augen (Tab.1). handelten Gruppe). Daraus lässt sich u.a. ableiten, 4
EXPERTEN STATEMENT Abb.4 Klinisch relevante Visus- In der Intent-to-treat-Population der RHODOS- Abb.5 Raxone® EAP: Wirkung verbesserung unter Idebenon Studie zeigten sich nach 24 Wochen bei 30,2% im Behandlungsverlauf eine CRR (vs. 10,3% unter Placebo) (Abb.4). RHODOS-Studie Responderanalyse (ITT)* Patienten, die binnen sechs Monaten auf die Kumulative Patientenzahl mit CRR vom Nadir in Nach sechs Monaten hatten 30% der Patienten Abhängigkeit von der Therapiedauer beim ersten CRR unter Idebenon eine CRR der Sehschärfe (vs. 10% Therapie ansprachen, zeigten sogar noch weitere Bei einem Großteil der Patienten trat die CRR unter Placebo) Verbesserungen. in den ersten 15 Monaten auf. Patientenzahl mit CRR Anteil an Patienten mit klinisch „Early Access Programme“/ 34 relevanter Verbesserung (CRR) CRR 50 einarmige Open-Label-Studie 30 verdreifachtes Ansteigen Des Weiteren wurde Idebenon im Rahmen eines 80% in 12 Monaten 40 Programms für erweiterten Zugang („Early Ac 30 cess Programme“, EAP – einarmige Open-Label- 20 30,2 50% in 6 Monaten Studie) bei 62 Patienten evaluiert (23). Die 20 Ergebnisse wurden mit einer Fallstudienerhebung 10 10,3 („Case Record Survey“, CRS) (24) bei 94 unbe 10 handelten Patienten verglichen. Auch hier er 0 Placebo Raxone® zielten deutlich mehr Patienten unter Idebenon n=29 n=53 0 | | | | | | * Post-hoc-Analyse RHODOS (ITT) Raxone® SmPC, September 2015 eine CRR (49,3 vs. 31,1%) und eine Stabilisie 0 6 12 18 24 30 Behandlungsdauer (Monate) rung eines guten Residual-Visus (Erhaltung von Nach: Klopstock T et al., Brain 2011; 134:2677-2686 Nach: Metz G et al., EUNOS 2015 Carelli V et al., Brain 2011; 134:3188 VA C-Mutation erreicht. 36,2% (1/47) nach zwölf Monaten. Nach 16 durch eine möglichst früh nach Krankheitsbe Bei einem Großteil (80%) der Patienten mit Monaten erreichten annähernd 50% der Pati ginn initiierte Therapie zu erreichen ist. (18) einer CRR (34 von 69 Patienten) trat die erste enten eine klinisch relevante Verbesserung ge In der RHODOS-Studie wurde im Rahmen Visuserholung innerhalb der ersten zwölf Mo messen vom Nadir. Bei Respondern mit CRR bei einer Post-hoc-Responderanalyse (n=82) ermit nate der Therapie mit Idebenon ein (23) (Abb.5). der letzten Untersuchung (34/69) verbesserte telt, bei wie vielen Patienten an mindestens 15 dieser Therapieresponder zeigten auf dem sich der Visus im Mittel um sechs Zeilen (Abb.6). einem Auge eine sogenannte „klinisch rele Auge mit dem jeweils besten Verlauf bereits Die Gesamtheit aller Daten spricht dafür, Res vante Verbesserung“ (CRR) der Sehschärfe auf nach sechs Monaten eine CRR. Für diese 15 Pa ponder bis zum Erreichen eines Plateaus und der ETDRS-Tafel erreicht wurde (15,18). Diese tienten ließ sich auch nach zwölf Monaten eine auch darüber hinaus noch für eine gewisse Zeit war folgendermaßen definiert (22): weitere Visusverbesserung nachweisen. Bei der mit Idebenon zu behandeln. • Verbesserung der Sehschärfe von „off chart“ letzten Untersuchung, die im Durchschnitt nach (völligem Leseunvermögen) zur Fähigkeit, 21 Monaten erfolgte, betrug die Visusverbesse Sicherheit und Verträglichkeit mindestens fünf Buchstaben (= eine Zeile) rung dieser 15 Patienten auf dem Auge mit der Idebenon erwies sich in der RHODOS-Studie als auf der ETDRS-Tafel zu lesen, oder jeweils besten Verbesserung im Mittel 46 Buch sicher und gut verträglich (15,25). Die EAP-Da • Verbesserung der Sehschärfe um mindestens staben (9 Zeilen) (23). Die Anzahl der Respon ten belegen eine anhaltend gute Verträglichkeit zehn Buchstaben (= 2 Zeilen) auf der ETDRS- der stieg mit der Behandlungsdauer, und zwar auch über eine Behandlungsdauer von sechs Tafel. von 30,6% (19/62) nach sechs Monaten auf Monaten hinaus (22). Die am häufigsten berichteten Nebenwirkun gen von Idebenon sind leichte bis mittelschwere Tab.2 Unter Idebenon erreichten mehr Patienten eine gute Visusstabilisierung Diarrhoe, Nasopharyngitis, Husten und Rücken schmerzen. Ein Absetzen der Behandlung wird Unter Idebenon erreichten mehr Patienten eine Stabilisierung eines guten Residual-Visus dadurch in der Regel nicht erforderlich (21). (Erhaltung von VA
EXPERTEN STATEMENT jeweiligen Land vorhandenen Strukturen, Zu Abb.6 Deutliche Visuserholung bei Respondern im EAP ständigkeiten und Kostenerstattungen bestmög Ausmaß der Erholung (EAP) Durchschnittliche Sehschärfe zum Nadir und bei der lich berücksichtigen. Langfristiges Be streben Mittlerer Effekt von ca. sechs Zeilen letzten Untersuchung bei Patienten mit CRR sollte es jedoch sein, diese nationalen Empfeh bei Respondern nach 16 Monaten 1,8 lungen unter Einbeziehung praktischer Erfahrun 1,6 Off-Chart Nadir gen länderübergreifend zu harmonisieren. 1,4 Sehschärfe (logMAR) F N P R Z 1,2 Erfahrungen der Münchner Gruppe E Z H P V 1,0 Seit Anfang Oktober 2015 ist Raxone® in D P N F R 1,4 0,8 Deutschland auf dem Markt verfügbar. Prof. Dr. R D F U V Ca. sechs Zeilen U R Z V H (32 Buchstaben) 0,6 Letzte Untersuchung Thomas Klopstock, Neurologe am Klinikum der H N D R U Z Y U D N 0,4 Universität München, die nicht zuletzt im Rah V R T S A L P L O F W S E C G U R W Z S S U A A D 0,8 0,2 men der RHODOS-Studie bereits besonders viel 0,0 Alle m.11778G>A m.3460G>A 14484T>C Erfahrung mit LHON-Patienten gesammelt hat, n=34/69; Responder mit CRR berichtete auf dem Treffen über die aktuellen Bei Patienten mit Erholung an beiden Augen wurde das Auge bei der letzten Untersuchung mit der besten Erholung angegeben. Anwendungsprozedere der Münchner Gruppe, Modifiziert nach: Hasham S et al., ARVO 2016; Session 446 die aus den bisher verfügbaren Patientendaten resultieren: Abb.7 Lange Verzögerung der Diagnose • Raxone® wird LHON-Patienten über zwölf Jahren verordnet, meistens wenn die Symp Die Diagnose von LHON erfolgt häufig mit langer Verzögerung (a): tome vor weniger als zwei (bis fünf) Jahren • Die Retina kann bei 20–40% der Patienten völlig normal aussehen. (b) begonnen haben. • Patienten können zu vielen verschiedenen Spezialisten überwiesen werden, bevor LHON vermutet wird. (a) • Eine Off-Label-Verschreibung für Patienten Fehlende visuelle Erholung, speziell nach Steroidtherapie, und die Beteiligung unter zwölf Jahren wurde in allen sechs bisher des zweiten Auges führen zu weitergehenden Untersuchungen. (a) vorgekommenen Fällen von der jeweils zu ständigen Krankenversicherung genehmigt. Ophthalmologen erkennen bei der Augenuntersuchung häufig keine Abnormitäten Die zugelassene Tagesdosis von 900mg wird mit Ausnahme einer schwachen Funktion des Nervus opticus. (a) auch bei Kindern und Jugendlichen verabreicht. • Wenn die Behandlung wirksam ist, wird sie Überweisung zu neuroophthalmologischen bis zum Erreichen eines Plateaus und an und neurologischen Spezialisten (a) schließend für weitere zwölf Monate weiter Der Verdacht fällt endlich auf LHON. (a) geführt. Für dieses Vorgehen spricht auch die Beobachtung, dass bisher kein Patient nach Nach: (a) Sadun AA et al., Expert Rev Ophthalmol 2012; 7:251-259 (b) Yu-Wai-Man P et al., Eye 2014; 28:521-537 einer spontanen oder medikamentös induzier ten Erholung eine erneute Verschlechterung neuropathie (LHON) zugelassen. Die Zulassung hingewiesen. Die Leitlinien der Arbeitsgemein gezeigt hat. erfolgte unter „außergewöhnlichen Umständen“. schaft für pädiatrische Stoffwechselstörungen, • Wenn bei Patienten nach zwei Jahren keine Dies impliziert u.a. detaillierte Auflagen zur die 2009 unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Verbesserung eintritt, wird die Behandlung langfristigen Weiterbeobachtung behandelter Wolfgang Sperl, Universitätsklinik für Kinder- abgebrochen. Patienten. und Jugendheilkunde, Landeskrankenhaus Salz burg, erstellt wurden, befinden sich derzeit in Empfehlungen für Österreich einem Update-Prozess. Ähnliches gilt für die Aufbauend auf den Erfahrungen der Münchner Leitlinien zur Diagnose und Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neuro Gruppe einigten sich die österreichischen Exper Therapie von LHON logie aus dem Jahr 2012. Darüber hinaus sind ten auf eine analoge Vorgangsweise, welche die in der Z ulassung von Raxone® weder Therapie heimischen Strukturen und Gegebenheiten be Die aktuell im deutschsprachigen Raum gülti beschränkungen hinsichtlich der bisherigen rücksichtigt. Dieses Prozedere sollte in regelmä gen Guidelines der Deutschen Gesellschaft für Krankheitsdauer noch hinsichtlich der Therapie ßigen Intervallen auf seine Praxistauglichkeit Neurologie (DGN) zu mitochondrialen Erkran dauer angegeben (20). geprüft und gegebenenfalls modifiziert werden. kungen berücksichtigen Idebenon bereits als Daher bleibt es derzeit den in die Diagnose Laut Hochrechnung der Prävalenzdaten von mögliche Therapieoption für LHON. Da diese und Therapie von LHON involvierten nationalen etwa 2/100.000–3,7/100.000 müssten in Öster Leitlinien allerdings mehrere Jahre vor der Zu Fachgruppen (in erster Linie Neurologen, Oph reich zwischen 170 und 320 LHON-Patienten lassung von Raxone® entstanden, wurde damals thalmologen und Pädiatern) vorbehalten, erste leben. Tatsächlich scheint die Erkrankung nur bei nur auf die Ergebnisse der RHODOS-Studie Empfehlungen zu erarbeiten, welche die im einem geringen Anteil der Betroffenen tatsächlich 6
EXPERTEN STATEMENT ten vorliegen können, zielführend sein. Einen Abb.8 Differenzialdiagnose von LHON Überblick über die Vielfalt beschriebener LHON- Nach Ausschluss retinaler Ursachen von Visusverlust bleibt eine lange Liste Mutationen finden Sie unter http://www.mi verbreiteter optischer Neuropathien in der Differenzialdiagnose. tomap.org/MITOMAP/MutationsLHON. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang der Hin Zentraler Sehverlust weis darauf, dass beispielsweise durch „whole Ausschluss von Retinopathie durch Fundusuntersuchung exome sequencing“ das mitochondriale Genom oft nicht ausreichend abgedeckt ist und dieses Retinopathie Optikusneuropathie Verfahren daher nicht nur wesentlich teurer, sondern darüber hinaus zur LHON-Diagnose Langsam fortschreitend Subakut Akut ungeeignet sein kann. Erst nach Vorliegen eines positiven humangenetischen Ergebnisses ist die Nervus opticus Mitochondriale Mitochondriale Optikus- Einleitung einer Idebenon-Therapie indiziert. Glaukom Kompression/ Optikusneuropathie Optikusneuropathie neuritis/MS Papillenödem Analog zu den Richtlinien der Münchner Gruppe soll die Therapie möglichst früh, jedoch Erblich Erblich bedingt bedingt Erworben vorerst maximal fünf Jahre nach Symptombeginn initiiert werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, Ernährungs- dass teilweise der Beginn der Visusverschlechte OPA1 LHON Toxisch bedingt rung nicht genau identifiziert werden kann, weil manche Patienten eine allmähliche Verminderung Nach: Sadun AA et al., Expert Rev Ophthalmol 2012; 7:251-259 der Sehkraft auf einem Auge über längere Zeit kompensieren, ohne diese bewusst wahrzuneh diagnostiziert zu sein. Der erste und wichtigste entsprechende anamnestische und ophthalmo men. Die Festlegung auf fünf Jahre ist in erster Schritt ist daher die Förderung der Awareness logische Befunde abzuklären. Die Sicherung der Linie mit den vordefinierten Einschlusskriterien insbesondere unter niedergelassenen Ärzten, v.a. Diagnose hat laut Ansicht der österreichischen der RHODOS-Studie begründet. Bei der Entschei Pädiatern, Augenärzten und Neurologen: Bei re Expertengruppe obligat mittels gezielter mole dung für oder gegen eine Therapie mit Idebenon lativ rasch, meist unilateral einsetzendem und kulargenetischer Testung der drei sogenannten besteht für den behandelnden Arzt daher auch wenig später bilateral fortschreitendem zentralem primären LHON-Mutationen in der mtDNA zu die Möglichkeit, individuelle Kriterien nach eige Visusverlust ist in jedem Fall an die Möglichkeit erfolgen (Abb.9). Die Tests können in etablier nem Ermessen zu bewerten und gegebenenfalls des Vorliegens von LHON zu denken (Abb.7). ten Labors innerhalb weniger Tage kostengüns auch mehr als fünf Jahre nach Einsetzen der Die Diagnose von LHON ist per se in der Regel tig durchgeführt werden. Des Weiteren kann LHON-Symptome eine Therapie einzuleiten. relativ einfach zu stellen und folgt keinen kom eine Sequenzanalyse des restlichen mitochond Wenn die Behandlung wirksam ist, wird sie plizierten Algorithmen (Abb.8). Vielmehr gilt es, rialen Genoms bzw. die Überprüfung weiterer bis zum Erreichen eines Plateaus und anschlie einen bestehenden Verdacht auf LHON durch LHON-Mutationen, die bei etwa 5% der Patien ßend für ein weiteres Jahr weitergeführt. Wenn Abb.9 Bestätigung der LHON-Diagnose durch Gentest • I n die Untersuchung und Diagnose von LHON sind viele Ärzte involviert, u.a. Allgemeinmediziner, Ophthalmologen, Pädiater, Neurologen und LHON- Spezialisten. • Die LHON-Diagnose beruht gewöhnlich auf (a): Familiengeschichte Visuelle Untersuchung Elektrophysiologische Untersuchungen Genetische Untersuchung von LHON - Sehschärfe zur Bestätigung der Nervus-opticus- zur Bestätigung des - Sehfeld Dysfunktion und zum Ausschluss einer Vorliegens einer mitochondrialen UND Retina-Erkrankung (nur in Fällen, wo DNA-Mutation kraniales Neuroimaging die LHON-Diagnose noch nicht feststeht) zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen Folgende genetische Tests kommen zum Einsatz (a): • Gezielte Mutationsanalyse auf m.11778G>A-, m.3460G>A- und m.14484T>C-Mutationen • Sequenzanalyse des restlichen mitochondrialen Genoms bzw. Überprüfung weiterer beschriebener LHON-Mutationen, die bei etwa 5% der Patienten vorliegen können. Die molekulargenetische Untersuchung zur möglichen Bestätigung der Verdachtsdiagnose LHON sollte rasch erfolgen, um eine möglichst frühe Diagnose stellen zu können und somit einen frühen Therapiebeginn zu unterstützen. Nach: (a) Yu-Wai-Man P et al., Leber Hereditary Optic Neuropathy in GeneReviews® 2013 7
EXPERTEN STATEMENT LHON-Management: Medikation und Lebensstilberatung für Patienten Folgende Substanzen verursachen mitochondriale Toxizität und sollten vermieden oder nur unter engmaschiger Überwachung verabreicht werden (a): • Kortikosteroide • Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien • Betablocker • Valproinsäure • Bestimmte lokale Anästhetika • Amiodaron • Phenytoin • Statine • Bestimmte Neuroleptika • Barbiturate • Fibrate • Bestimmte Antibiotika • Propofol • Biguanide • Bestimmte Chemotherapeutika • Volatile Anästhetika • Glitazone • Nucleoside Reverse Transcriptase Inhibitors Natürlich sollte auch dafür Sorge getragen werden, dass die betroffenen LHON-Patienten nach Möglichkeit auch keinen anderen generell für den Sehnerv toxischen Substanzen ausgesetzt werden. Patienten mit LHON und asymptomatische Träger einer LHON-mtDNA-Mutation sollten ausdrücklich darauf hingewiesen werden, nicht zu rauchen und Alkohol nur in geringen Mengen zu konsumieren. (b-d) • Eine Studie zeigte einen starken und konsistenten Zusammenhang zwischen Rauchen und dem Risiko eines Visusverlustes bei LHON. 93% der männlichen Raucher erlitten eine Sehschwäche. (b) • Des Weiteren zeigte sich ein Trend zu zunehmender Sehschwäche bei hohem Alkoholkonsum. (b) Eine gesunde Ernährung, inklusive B-Vitaminen und hochqualitativen Proteinen, sollte Patienten mit LHON ebenfalls empfohlen werden. (e) Nach: (a) Finsterer J, Segall L, Drug and Chemical Toxicology 2010; 33:138-151 (b) Kirkman MA et al., Brain 2009; 132:2317-2326 (c) Chalmers RM, Harding AE, Brain 1996; 119:1481-1486 (d) Tsao K et al., J Ophthalmol 1999; 83:577-581 (e) Sadun AA et al., Current Treatment Options in Neurology 2011; 13:109-117 nach zwei Jahren keine Verbesserung eintritt, universitären Abteilung zur zentralen Datener Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, wird die Behandlung abgebrochen. fassung wünschenswert. Diese soll gleichzeitig dass den Therapiekosten durch Raxone® teure Grundsätzlich sind sowohl die orale, kompli für niedergelassene Ärzte und Spitäler als Infor Invalidisierungen, Krankenstände, Berufsunfähig kationsarme Therapie mit Idebenon als auch mationsstelle bei Fragen sowie für beispiels keit oder Frühpensionen gegenüberstehen. Da Kontrolluntersuchungen von LHON-Patienten weise geplante Studien zur Verfügung stehen. rüber hinaus ist diese Behandlung zeitlich limitiert im niedergelassenen Bereich problemlos durch Die dargestellte Vorgehensweise scheint den und nur für sehr wenige Patienten tatsächlich führbar. Wünschenswert ist jedoch als Back-up Experten durch die bisher vorliegenden Studien notwendig. und zur Qualitätssicherung ein flächendecken daten medizinisch begründet und dient auch Die österreichischen Experten beschlossen, des Angebot an Krankenhausabteilungen mit der Limitierung der Therapie auf jene Patienten, diese Vorgangsweise über einen Zeitraum von LHON-Expertise, die mit Diagnose, Therapie, die sie tatsächlich benötigen. Damit ist auch ein mehreren Monaten bis zu etwa einem Jahr auf Kontrollen und Führung dieser Patienten beson verantwortungsvoller Umgang mit den finanzi ihre Praktikabilität zu prüfen. Geplant ist, danach ders bewandert sind. Diese Abteilungen sollten ellen Ressourcen unseres Gesundheitssystems gegebenenfalls entsprechende Adjustierungen niedergelassenen Ärzten als niederschwellige gewährleistet. Raxone® ist bisher nicht im Er vorzunehmen, um die frühzeitige Diagnose und Ansprechstellen zur Verfügung stehen und auch stattungskodex gelistet, wodurch es zu Unter medizinische Versorgung von LHON-Patienten regionale Fortbildungsveranstaltungen anbieten. schieden in der Erstattungsbereitschaft der ein unter Einbeziehung ökonomischer Aspekte zu Darüber hinaus erscheint die Einrichtung einer zelnen Krankenkassen kommt. optimieren. REFERENZEN: (1) Meyerson C et al., Clin Ophthalmol 2015; 9:1165-1176 (2) Sacai PY et al., Doc Opthalmol 2010; 121:147-154 (3) Ziccardi L et al., Invest Ophthalmol Vis Sci 2013; 54:6893-6901 (4) Gueven N, Biology & Medicine 2014; 1:1-6 (5) Howell N, Vision Res 1998; 38:1495-1505 (6) Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie – Kapitel Dege nerative Erkrankungen, Mitochondriale Erkrankungen 2012 (7) Mascialino B et al., Eur J Ophthalmol 2012; 22:461-465 (8) OMIM, Leber Optic Atrophy 2012 (9) EMA, Public summary of opinion on or phan designation. Idebenone for treatment of LHON, 2011 (10) EMA, EMA/COMP position on review of criteria for orphan designation. 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Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Zusammensetzung: 1 Filmtablette enthält 150 mg Idebenon. Sonstige Bestand- teile: Tablettenkern: 46 mg Lactose (als Monohydrat), mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Povidon K25, Magnesiumstearat, hochdisperses Siliciumdioxid. Tablettenüberzug: Macrogol 3350, Poly(vinylalkohol), Talkum, Titandioxid, 0,23 mg Gelborange S FCF (E110). Anwendungsgebiete: Behandlung von Sehstörungen bei jugendlichen und erwachsenen Patienten mit Leberscher Hereditärer Optikusneuropathie (LHON). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Pharmakotherapeutische Gruppe: Psychoanaleptika, andere Psycho stimulantien und Nootropica. ATC-Code: N06BX13. Zulassungsinhaber: Santhera Pharmaceuticals (Deutschland) GmbH, Marie-Curie-Straße 8, 79539 Lörrach, Deutschland. Abgabe: Rezept- und apo thekenpflichtig. Weitere Angaben zu Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen zur sicheren Anwendung sowie Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit und zutreffendenfalls Angaben über die Gewöhnungseffekte sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. Stand der Information: 07/2016 3-L-0010-0916-V2.1-6 IMPRESSUM: Experten Statement ist eine Publikation von MEDahead, Gesellschaft für medizinische Information m.b.H., 1070 Wien, Seidengasse 9/Top 1.3, office@medahead.at. Für den Inhalt ver antwortlich: MEDahead. Redaktion: Dr. Monika Steinmaßl-Wirrer. Hinweis: Die in dieser Publikation dargestellten Empfehlungen stellen das Wissen und die Erfahrungen der teilnehmenden Ärzte dar. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten entnehmen Sie bitte der aktuellen österreichischen Fachinformation. Trotz sorgfältiger Prüfung 10989 übernimmt der Medieninhaber keinerlei Haftung für inhaltliche oder drucktechnische Fehler. Die in dieser Publikation verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen treten der besseren Lesbarkeit halber nur in einer Form auf, sind aber natürlich gleichwertig auf beide Geschlechter bezogen. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbe halten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt, verwertet oder verbreitet werden. Die vorliegende Publikation wurde durch die finanzielle Unterstützung von Santhera Germany GmbH ermöglicht.
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