Digitalisierung in der Landwirtschaft - Chancen nutzen - Risiken minimieren - Bundesministerium für ...

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Digitalisierung in der Landwirtschaft - Chancen nutzen - Risiken minimieren - Bundesministerium für ...
Digitalisierung in der
Landwirtschaft
Chancen nutzen – Risiken minimieren
Digitalisierung in der Landwirtschaft - Chancen nutzen - Risiken minimieren - Bundesministerium für ...
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

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Digitalisierung in der Landwirtschaft - Chancen nutzen - Risiken minimieren - Bundesministerium für ...
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

INHALT

		   Vorwort                                                                                 4

1    Einleitung                                                                              6

2    Stand der Technik in der Landwirtschaft                                                10

     2.1   Aktuelle Technik im Pflanzenbau                                                  11
     2.2   Aktuelle Technik in der Tierhaltung                                              13

3    Chancen und Risiken der Digitalisierung in der Landwirtschaft                          14

     3.1   Chancen der Digitalisierung                                                      15
     3.2   Risiken der Digitalisierung                                                      17

4    Aktivitäten des BMEL zur Digitalisierung in der Landwirtschaft                         20

     4.1   Zentrale Initiativen und Projekte                                                21
     4.2   Strukturen und Fördermittel                                                      23
     4.3   Bereitstellung von Daten und Infrastruktur                                       24

5    Zusammenfassung                                                                        28

6    Literaturverzeichnis                                                                   30

                                                                                                   3
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DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

    Digitalisierung ist eine
    Investition ins Weiter-
    machen, in eine zukunfts-
    fähige Landwirtschaft, in
    die nächste Generation.

    Liebe Leserinnen
                                                             50 Millionen Euro gefördert werden. In 14 Expe-
                                                             rimentierfeldern testen Praktiker Lösungen zur

    und Leser,
                                                             Digitalisierung im alltäglichen Einsatz: Sensoren
                                                             in der Milchwirtschaft für mehr Tierwohl, Droh-
                                                             nen im Weinberg für weniger Pflanzenschutzmit-
                                                             tel oder digitalen Datenaustausch von Landma-
    vor drei Jahren haben wir die Digitalisierung zum        schinen, um deren Zusammenwirken effizienter,
    Schwerpunktthema in unserem Ministerium ge-              produktiver und die Technik auch für kleine und
    macht. Vieles ist seitdem passiert. Die digitale         mittelgroße Betriebe attraktiv zu machen.
    Transformation der Landwirtschaft schreitet mit
    mächtigen Schritten voran. Von großer Bedeutung       → Im Januar 2021 ist das Investitions- und Zukunfts-
    ist, dass wir sie gemeinsam mit den Bäuerinnen und      programm des Bundes gestartet. Es wird Bäuerin-
    Bauern gestalten. Denn wir brauchen praxistaugliche     nen und Bauern auf ihrem digitalen Transforma-
    Lösungen.                                               tionsprozess finanziell unterstützen. Bis zum Jahr
                                                            2024 stehen insgesamt 816 Millionen Euro bereit,
    Was haben wir erreicht?                                 um gezielt landwirtschaftliche Betriebe zu unter-
                                                            stützen, die in moderne Technologie investieren
    → Im Jahr 2019 hat unser Ministerium „Digitale          wollen, um mehr Klima-, Natur- und Umwelt-
      Experimentierfelder“ eingerichtet, die mit 		         schutz umzusetzen.

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DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

→ Zur Förderung der künstlichen Intelligenz, einem     und Rückverfolgbarkeit. Digitalisierung ist eine
  bedeutenden Zweig der Digitalisierung, stellen wir   Investition ins Weitermachen, in eine zukunftsfähige
  mindestens weitere 45 Millionen Euro zur Verfü-      Landwirtschaft, in die nächste Generation.
  gung. Insgesamt 38 Projekte beginnen seit Ende
  2020, zum Beispiel zu maschinellem Lernen und        Diese Broschüre gibt Ihnen einen Überblick über den
  zur Robotik, die Arbeit aufzunehmen.                 Stand der Technik, über Chancen und auch über Risi-
                                                       ken. Sie zeigt, an welchen Stellen unser Ministerium
Deutschland zählt bei der Fertigung und dem Einsatz    aktiv ist und wo wir Neues anstoßen. Ich wünsche
moderner Landtechnik zu den weltweit führenden         Ihnen eine anregende Lektüre.
Nationen. Mein Ziel ist es, diese Spitzenposition
unter anderem über die Förderung der Digitalisie-      Herzlichst
rung weiter auszubauen. Ich bin überzeugt, dass wir    Ihre
die Wettbewerbsfähigkeit und die gesellschaftliche
Akzeptanz der deutschen Landwirtschaft gleicher-
maßen stärken, indem wir die Chancen der Digita-
lisierung nutzen. Denn Digitalisierung in der Land-
wirtschaft steht für einen sparsamen Einsatz von
Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, für mehr Effi-       Julia Klöckner
zienz und Wertschöpfung, Tierwohl, Nachhaltigkeit      Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft

                                                                                                              5
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Einleitung
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DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

Die Digitalisierung hat Auswirkungen auf viele Le-                         Um die neuen digitalen Techniken und die damit
bensbereiche. Auch für die Landwirtschaft ist sie von                      entstehenden Datenmengen bestmöglich nutzen
großer Bedeutung. Viele Betriebe nutzen bereits digi-                      zu können, steigt auch die Bedeutung des Einsatzes
tale Lösungen, um Ressourcen effizienter einzusetzen,                      künstlicher Intelligenz (KI). KI-Technologien unter-
tiergerechter zu wirtschaften, hochwertige Lebens-                         stützen Menschen, zum Beispiel bei der kooperativen
mittel nachhaltig zu produzieren und Arbeitsprozesse                       Planung und Steuerung von Maschinen in komple-
zu erleichtern. Damit Landwirtschaft, Umwelt sowie                         xen Strukturen wie der Agrarwirtschaft. Ihr Einsatz
Verbraucherinnen und Verbraucher gleichermaßen                             trägt dazu bei, Ressourcen zu schonen und komplexe
von den Möglichkeiten der Digitalisierung profitieren,                     Arbeitsabläufe zu vereinfachen. Dies hilft unter ande-
fördert das Bundesministerium für Ernährung und                            rem, die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten, das
Landwirtschaft (BMEL) den Einsatz digitaler Techni-                        Tierwohl zu fördern und die Lebensmittelverschwen-
ken und Lösungen in der Landwirtschaft und gestaltet                       dung zu bekämpfen.
die dafür nötigen Rahmenbedingungen mit.
                                                                           Die Vorteile der Digitalisierung sind enorm, die Fol-
Ziel dieser Broschüre ist es, allen beteiligten Akteuren                   gen, die die digitale Transformation mit sich bringt,
die Maßnahmen und Planungen des BMEL im Bereich                            noch nicht (in allen Bereichen) absehbar. Klar ist, dass
der Digitalisierung aufzuzeigen. Landwirtinnen und                         digitale Technologien erhebliche Veränderungen,
Landwirte, Hersteller von Landtechnik, Vertreter der                       Chancen und Herausforderungen für verschiedenste
IT-Branche, aus den vorgelagerten Bereichen bis hin                        Sektoren mit sich bringen werden. Neben steigen-
zum Lebensmitteleinzelhandel, aber auch Verbrau-                           der Flexibilität innerhalb der Arbeitsabläufe wird es
cherinnen und Verbraucher sowie Forschung und                              zu Neu- und Umgestaltungen von Arbeitsprozessen
Wissenschaft sollen frühzeitig reagieren und sich                          kommen. Auch das Tempo von Abläufen und Pro-
einbringen können. So werden zeitnah die Grundla-                          zessen wird sich ändern. Denn die Digitalisierung
gen geschaffen, die unterschiedlichen Interessen in                        bringt eine enorme Dynamik und Beschleunigung
Einklang zu bringen. Es gilt, die Chancen der Digitali-                    mit sich – durch immer kürzere Übertragungszeiten,
sierung zum Wohle der Gesellschaft und der Wettbe-                         höhere Datenübertragungskapazitäten und schnellere
werbsfähigkeit der Branche zu fördern und gleichzei-                       Datenverarbeitung.
tig die Risiken zu minimieren.
                                                                           Der Digitalisierung werden verschiedene Bereiche
Der Begriff Digitalisierung hat zwei Bedeutungen.                          zugeordnet:
Zum einen wird darunter die Überführung von Infor-
mationen von einer analogen in eine digitale Spei-                         Y Sensorik
cherung verstanden. Andererseits beschreibt er die
Automation von Prozessen und Geschäftsmodellen                             Y Robotik
durch das Vernetzen von digitaler Technik, Informati-
onen und Menschen.                                                         Y Automation

Mithilfe digitaler Anwendungen können heute nicht                          Y künstliche Intelligenz
nur einzelne Prozessabschnitte, sondern gesamte
Wertschöpfungsketten optimiert werden. Die Digita-                         Y Big Data1
lisierung betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche und
Branchen und lässt neue Geschäftsmodelle entstehen.                        Y und anderes mehr
Sie hilft – auch im landwirtschaftlichen Sektor – im-
mer größer werdende Datenmengen zu erfassen, zu
verarbeiten und systematisch auszuwerten.

1   Big Data bezeichnet ein Bündel neu entwickelter Methoden und Technologien, die die Erfassung, Speicherung und Analyse eines großen und belie-
    big erweiterbaren Volumens unterschiedlich strukturierter Daten ermöglicht.

                                                                                                                                                    7
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DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

    Charakteristika der                                     deren Eigenschaften, Bodenbearbeitung sowie andere
    Landwirtschaft                                          mittels Landtechnik gewonnene Daten.

                                                            Zu den öffentlich erhobenen Daten gehören vorrangig
    Die Landwirtschaft soll qualitativ hochwertige Le-      Daten, die mittels Satelliten erfasst werden. Darunter
    bensmittel oder Ausgangsprodukte für Lebensmittel       fallen zum Beispiel Wetter, Bodenzustand und Boden-
    in ausreichender Menge herstellen. Dabei unterliegt     feuchte. Darüber hinaus sind auch die Katasterdaten
    sie vielfältigen Einflüssen. Produktionsweise und Er-   in den Bundesländern von großer Bedeutung.
    träge sind zum Beispiel abhängig von den Bodenver-
    hältnissen, dem Wetter und der Wasserverfügbarkeit
    vor Ort. Auch der Klimawandel und die Entwicklun-       Datenhoheit
    gen der Märkte für landwirtschaftliche Erzeugnisse
    und Betriebsmittel haben Auswirkungen auf die           Der Landwirt oder die Landwirtin haben in der Regel
    Landwirtschaft.                                         nur dann ein Interesse, ihre Daten weiterzugeben,
                                                            wenn sie einen Vorteil davon haben.
    Andererseits beeinflusst die Landwirtschaft auch
    selbst diese Bereiche. Landwirtinnen und Landwirte      Auch die Landtechnikindustrie sowie die vor- und
    müssen frühzeitig Produktionsprozesse, die über         nachgelagerten Bereiche haben ein Interesse an Da-
    Wochen, Monate und Jahre dauern können, effizient       ten aus der Landwirtschaft. Mit diesen können zum
    planen und umsetzen. Bei der praktischen Ausfüh-        Beispiel Produkte besser an landwirtschaftliche Gege-
    rung helfen ihnen digitale Techniken in Maschinen       benheiten angepasst und entsprechend profitabel am
    und Geräten. Als zentrale Zugmaschine und Energie-      Markt positioniert werden.
    lieferant werden dabei in der Regel Traktoren einge-
    setzt, an die Geräte angebaut werden.                   Beispielsweise kann der Maschinenservice eines
                                                            Landtechnikherstellers durch die von Landwirten
    Unter „Precision Farming“ und „Smart Farming“           und Landwirtinnen zur Verfügung gestellten Daten
    werden technische Entwicklungen zusammengefasst,        erheblich verbessert werden, was einen Vorteil für
    die seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Praxis er-    beide Seiten bringen kann. Jedoch stellt sich auch
    probt und eingesetzt werden. Auch in der Tierhaltung    hier bereits die Frage der Datenhoheit.
    gibt es automatisierte Systeme beispielsweise in den
    Bereichen Gesundheitskontrolle, Fütterung, Melkung      Die Länderbehörden können bestimmte, auf einer
    sowie Entmistung.                                       spezifischen Rechtsgrundlage erhobene Daten nicht
                                                            ohne weiteres zur Verfügung stellen, z. B. aus Grün-
                                                            den des Datenschutzes. Andere, insbesondere nicht
    Herkunft der Daten                                      personenbezogene Daten werden als Verwaltungsda-
                                                            ten zum Teil kostenfrei, zum Teil gegen Entgelt zur
    Bei der digitalen Technik geht es insbesondere um die   Verfügung gestellt.
    zielgerichtete Verarbeitung von Informationen und
    damit um Daten. Dabei handelt es sich im Wesentli-      Der Bund verfolgt – unter Berücksichtigung daten-
    chen um:                                                schutzrechtlicher Bestimmungen – grundsätzlich das
                                                            Interesse, Verwaltungsdaten, aber auch Forschungs-
    1. Daten des landwirtschaftlichen Betriebes und         daten oder statistische Daten möglichst kostenfrei
                                                            weiterzugeben, da über eine weitergehende Nutzung
    2. öffentlich (oder im öffentlichen Auftrag) erhobe-    höhere Mehrwerte erzielt werden können. Im Rah-
       ne Daten.                                            men der Open-Data-Politik der Bundesregierung
                                                            werden daher für den Bereich der Bundesverwal-
    Daten des landwirtschaftlichen Betriebes sind zum       tung Daten nach Maßgabe der Bestimmungen des
    Beispiel die Koordinaten der Betriebsflächen, Kauf      E-Government-Gesetzes entgeltfrei zum Datenabruf
    und Verwendung von Betriebsmitteln sowie Prozess-       über öffentliche Netze bereitgestellt.
    daten aus dem Verfahren der landwirtschaftlichen
    Produktion. Dazu gehören zum Beispiel die Ausbrin-      Im Hinblick auf die Gewinnung, Weitergabe und
    gung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln und           Nutzung von Daten entstehen damit zum Teil

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DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

                           „Precision Farming“ und „Smart Farming“ werden seit
                           mehr als 20 Jahren in der Praxis eingesetzt.

konkurrierende Interessenlagen, die gegebenenfalls                         es um Regelungen, wer welche Daten, die mit dieser
einen öffentlichen Auftrag für eine rechtliche Ein-                        gemeinsam genutzten Maschine erhoben wurden,
flussnahme ergeben (Datenrecht).                                           nutzen darf.

Im Rahmen der Durchführung von Verwaltungsauf-                             Aus übergeordneter Sicht beabsichtigt die EU-Kom-
gaben der Länder sind zum Beispiel die Überprüfung                         mission für diesen Bereich „Regelungen zur Daten-
der Antragsunterlagen für eine Vergabe von öffentli-                       wirtschaft“ festzulegen. Damit sind Bund und Länder
chen Mitteln sowie die Kontrolle und Überwachung                           im Hinblick auf die Setzung rechtlicher Rahmen-
zu nennen.                                                                 bedingungen sowie in ihrem Verwaltungshandeln
                                                                           zukünftig in höherem Maße auch im Bereich der
Die öffentliche Hand muss deshalb die Entwicklung                          Landwirtschaft von der Digitalisierung betroffen.
verfolgen und gegebenenfalls Einfluss durch Förde-
rung und Ordnungsrecht nehmen. Ganz praktisch                              Im vorliegenden Dokument werden Hintergrund-
ergeben sich zum Beispiel Rechtsfragen bei der                             informationen zum Stand der Technik mit Beispie-
gleichzeitigen Nutzung einer einzigen Maschine                             len zu Chancen und Risiken und zu den bisherigen
durch mehrere Landwirte und Landwirtinnen (z. B.                           Aktivitäten des BMEL ausgeführt. Darauf aufbauend
im Rahmen von sog. Maschinenringen2, Maschinen-                            werden die künftigen Schritte, welche das BMEL
gemeinschaften oder Lohnunternehmen). Dabei geht                           plant, benannt.

2   Ein Maschinenring (MR) ist eine Vereinigung, in der sich landwirtschaftliche Betriebe zusammenschließen, um Land- und Forstmaschinen gemein-
    sam zu nutzen sowie landwirtschaftliche Arbeitskräfte zu vermitteln. Die einzelnen Vereinigungen können als Verein oder als Genossenschaften
    organisiert werden.

                                                                                                                                                   9
2
Stand der
Technik in der
Landwirtschaft
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

Die Nachfrage nach hochwertigen Lebensmitteln,          2.1 Aktuelle Technik im
die in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen
und gleichzeitig – entsprechend der Nachhaltigkeits-
                                                            Pflanzenbau
strategie der Bundesregierung – ressourcenschonend
produziert wurden, steigt stetig. Innovative digitale   Die Bandbreite der auf dem Weltmarkt angebotenen
Methoden in Pflanzenproduktion und Tierhaltung          Traktoren reicht vom kleinen Hoftraktor bis zum
können einen wesentlichen Beitrag leisten, diese        leistungsstarken Großtraktor. Das hohe technologi-
steigende Nachfrage zu decken und den veränderten       sche Niveau moderner Traktoren zeigt ein Blick auf
gesellschaftlichen Erwartungen besser gerecht zu        die eingebaute Elektronik. Automatisierung, Daten-
werden. Im Sinne einer nachhaltigen Agrarproduktion     management und Dokumentationsaufgaben gehören
gilt es dabei, Gefährdungen von Mensch, Tier und Um-    zunehmend zu den technischen Leistungsmerkma-
welt zu minimieren bzw. auszuschließen. Eine mo-        len eines Traktors, der systematisch in alle Prozess-
derne, standortangepasste und ressourcenschonende       schritte der Pflanzenproduktion integriert ist.
Agrartechnik kann hierzu wichtige Beiträge leisten.

Der Einsatz modernster landwirtschaftlicher Ma-
schinen und Geräte in der Außen- und Innenwirt-
schaft ist aus dem heutigen Agrarsektor nicht mehr
wegzudenken. Sie helfen bei der Bewältigung der
anfallenden Aufgaben und sorgen für ein effizientes
und ressourcenschonendes Arbeiten. Schon heute
nutzen mehr als 80 Prozent der landwirtschaftlichen
Betriebe digitale Lösungen, wie eine repräsentative
Befragung im Auftrag des Branchenverbands Bitkom
unterstützt vom Deutschen Bauernverband (DBV)
und der Landwirtschaftlichen Rentenbank (LR) zeigt.

Die moderne Landtechnik mit den derzeit verfügba-
ren Produkten zeichnet bereits heute ein hoher Grad
an Vernetzung (Konnektivität) innerhalb des land-
wirtschaftlichen Produktionsprozesses aus.

Im folgenden Abschnitt werden einige Anwendungs-
beispiele digitaler Techniken aufgeführt, die schon
heute in der Praxis eingesetzt werden.

                                                                                                                11
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

                                                                     Satellitennavigation und
                                                                     Korrektursignal ermöglichen
     Die Nutzung mittels Satelliten gewonnener Daten ist
     in der Landwirtschaft bereits weit vorangeschritten.
                                                                     die Steuerung eines Traktors
     Ein Traktor mit Satellitennavigation und Korrektur-             auf bis zu zwei Zentimeter
     signal kann dank Lenkhilfen und Spurführung auf bis
     zu zwei Zentimeter genau gesteuert werden. Etwa die             genau.
     Hälfte der heute produzierten Mittelklassetraktoren
     ist bereits mit entsprechender Technik ausgestattet.
     Hierdurch lassen sich in Verbindung mit geeigne-
     ten Anbaugeräten Betriebsmittel wie Dünger und
     Pflanzenschutzmittel präzise und ohne Überlappung        die Umwelt und sparen Zeit, Kraftstoff und weitere
     auf oder in den Boden bringen. Situationsgerechte        Betriebsmittel. Rentabilität und nachhaltige Ressour-
     Teilbreitenschaltung, geschwindigkeitsabhängige          censchonung lassen sich so gut miteinander vereinen.
     Volumenstromregelung und Software zur Optimie-
     rung des Mitteleinsatzes gehören bei Düngerstreuern      Bei der Grasernte können zum Schutz von Wildtieren
     und Feldspritzgeräten längst zum Stand der Technik.      Drohnen eingesetzt werden. Das BMEL hat in einem
     Dadurch können Betriebsmittel eingespart, die Um-        Forschungsvorhaben die Praxistauglichkeit geeigne-
     welt geschont und Kosten gesenkt werden. Vielfältige     ter Systeme zur Wildrettung für die Landwirtschaft
     Einsatzmöglichkeiten bietet die Satellitennavigation     untersuchen lassen. Die Forscherinnen und Forscher
     auch beim Transport landwirtschaftlicher Güter, bei-     haben ein System entwickelt, das aus der Luft die
     spielsweise bei der Planung von Routen.                  Tiere orten kann. Durch die Drohne, die mit einer
                                                              Infrarot- und einer Farbkamera ausgestattet ist, ist es
     Viele Arbeitsschritte lassen sich heute mithilfe eines   in Kombination mit einer speziell entwickelten Such-
     einzigen Traktors mit einem Anbaugerät in einem          und Erkennungssoftware möglich, die Tiere schnell
     einzigen Arbeitsschritt realisieren. Die Vorteile für    zu finden. So können durch ein Überfliegen von Wie-
     den Anwender liegen auf der Hand: Vollständig            sen vor der Mahd Rehkitze aus dem Gefahrenbereich
     aufeinander abgestimmte Prozesse ohne Rüstzei-           entfernt werden, bevor diese von den Mähwerken
     ten und ohne mehrfache Feldüberfahrten entlasten         verletzt oder getötet werden.

12
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

2.2 Aktuelle Technik in der 		                                              Milchmenge. Die heute im Stall eingesetzten AMS
    Tierhaltung                                                             ermitteln die Milchmenge jeder Kuh und sind in der
                                                                            Lage, den allgemeinen Gesundheitszustand beispiels-
                                                                            weise anhand der Milchinhaltsstoffe auszuwerten.
Auch in der Tierhaltung macht die Digitalisierung                           Krankheiten lassen sich so schneller erkennen und
der Produktionsprozesse große Fortschritte. Im Stall                        effektiv behandeln. Ein frühzeitiges Erkennen von
sind autonome Komponenten, aber auch komplett                               Krankheiten trägt zum Tierwohl bei, senkt die Be-
automatisierte Systeme schon weit verbreitet. Dazu                          handlungskosten und verbessert die Wirtschaftlich-
gehören Melkroboter, Spaltenreiniger, Lüftungssys-                          keit des Betriebes.4
teme oder Fütterungsautomaten. Das Melken über
automatische Melksysteme (AMS) hat dabei eine                               Auch Roboter zur Vorlage des Grundfutters, zum
rasante Entwicklung erfahren, im Jahr 2015 hatten                           Reinigen der Laufflächen und zum Umsetzen von
schätzungsweise 3.500 Milchviehbetriebe in Deutsch-                         Weidezäunen sind bereits im Einsatz. Immer mehr
land Melkroboter im Einsatz.3 AMS gehören somit                             Arbeiten im Stall werden letztlich auch zum Wohl der
seit Jahren zum Stand der Technik, sodass sich beim                         Tiere automatisiert.
Neukauf mittlerweile mehr als jeder zweite Milch-
viehhalter für ein AMS entscheidet.                                         Zusätzlich können Prozessdaten der technischen
                                                                            Anlagen im Stall (z. B. Melkanlage, Fütterungs- und
Die Wirtschaftlichkeit digitaler Technik wird von                           Lüftungsanlage) sowie tierspezifische Daten (z. B.
dem Verhältnis zwischen höherem Investitionsbe-                             Bewegung, Fress- und Tieraktivität, Vokalisation)
darf, laufenden Kosten und den eingesparten Kosten                          mittlerweile mit einer Vielzahl von Sensoren erfasst
bzw. höheren Erträgen bestimmt. Nach einer Analyse                          werden. Das einzelne Tier rückt bei verschiedenen
des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der                             Gesundheits- und Verhaltensmonitoringansätzen in
Landwirtschaft (KTBL) führt der Einsatz von AMS zu                          den Vordergrund. Mit Sensoren werden immer detail-
einer um durchschnittlich sieben Prozent höheren                            liertere Informationen über die Tiere geliefert.

             Das einzelne Tier selbst rückt bei ver-
             schiedenen Gesundheits- und Verhaltens-
             monitoringansätzen in den Vordergrund.

3   Situationsbericht 2015/16 – Trends und Fakten zur Landwirtschaft, Deutscher Bauernverband e. V.
4   Automatische Melksysteme: Verfahren, Kosten, Bewertung, KTBL e. V.

                                                                                                                                    13
3
Chancen und Risiken
der Digitalisierung in
der Landwirtschaft
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

Wenngleich von Experten in den kommenden zehn               über Bodenzustand und Pflanzenbestand bis hin
Jahren keine Auswirkungen auf die Anzahl der                zu Maschinendaten – ermöglicht ein zeitlich genau
landwirtschaftlichen Betriebe und damit auf die Ag-         abgestimmtes Bodenbearbeitungs- oder Ernteverfah-
rarstruktur durch die Digitalisierung erwartet wer-         ren. Mit Hilfe von Sensoren kann die Biomasse von
den, bietet die digitale Transformation schon heute         Pflanzenbeständen bestimmt werden. So lässt sich
enorme Chancen für die Landwirtschaft und stellt sie        der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln
gleichzeitig vor große Herausforderungen.                   gezielt darauf abstimmen.

Die Digitalisierung kann einen wesentlichen Bei-            Für zukünftige Entwicklungen gibt es weitere Ideen
trag leisten, um Prozesse besser zu organisieren            und Möglichkeiten. Verschiedene Unternehmen und
und Arbeitsteilung bestmöglich umzusetzen. Land-            Forschergruppen arbeiten an Konzepten, Arbeits-
wirtschaftliche Betriebe, Lohnunternehmen und               gänge von vielen kleinen Agrarrobotern statt wenigen
Maschinenringe können ihre Produktionsverfahren             großen Maschinen erledigen zu lassen. Die autonom
optimieren und effizienter gestalten. Landtechnik-,         arbeitenden Miniroboter könnten zum Beispiel
Pflanzenschutz- und Dünge- sowie Futtermittel-              selbstständig Saatgut und Dünger ausbringen und
hersteller und Landwirtschaftsberater sind in der           den Boden bearbeiten. Durch die relativ leichten Ro-
Lage, ihre Serviceleistungen noch individueller und         boter wird der Boden geschont und die Einsatzzeiten
effizienter zu gestalten. Die Kosten für Produkte, Be-      können deutlich ausgedehnt werden.
triebsmittel und Dienstleistungen können durch den
Einsatz digitaler Systeme verringert werden.                Ein weiteres Beispiel ist der Roboter „Bonirob“, wel-
                                                            cher auf ein vom BMEL gefördertes Verbundprojekt
                                                            zurückgeht. Darin haben Experten verschiedener
                                                            Firmen mit der Hochschule Osnabrück zusammen-
3.1 Chancen der Digitalisierung                             gearbeitet. Der Bonirob fährt langsam über den Acker
                                                            und kann dabei Nutzpflanzen von Unkräutern un-
Das Wetter ist für die Landwirtschaft einer der wich-       terscheiden. Erkennt er eine Unkrautpflanze, drückt
tigsten Einflussfaktoren. Die Landbewirtschaftung           er diese zielgenau in den Boden. Wenn der Roboter
findet vorwiegend im Freiland statt, sodass das Klima       die gewünschte Fläche abgearbeitet hat, befinden
einer Region bestimmt, welche Fruchtarten angebaut          sich darauf nur noch junge Mais-, Roggen- oder
und welche Tiere wie gehalten werden können und             Rübenkeimlinge. Alle Unkräuter, die deren Wachstum
damit, welche grundsätzlichen Formen der Landbe-            behindern könnten, sind in der Tiefe verschwunden –
wirtschaftung überhaupt möglich sind. Präzise Infor-        ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
mationen über landwirtschaftliche Nutzflächen, wie
zum Beispiel über Bodenbeschaffenheit, Wasservor-
kommen und andere Qualitätseigenschaften sowie
Wetterdaten können zu einem schonenderen Einsatz
von Ressourcen und einer gesteigerten Produktquali-
tät führen.

In der Außenwirtschaft können mithilfe von Sen-
soren viele Arbeitsprozesse optimiert werden. Das
Zusammenführen verschiedener Daten – von Wetter

                 BONIROB – VOM BMEL GEFÖRDERTES VERBUNDPROJEKT
                 Experten verschiedener Firmen haben zusammen mit der Hochschule Osna-
                 brück den „Bonirob“ mit finanzieller Unterstützung des BMEL entwickelt. Der
                 Roboter kann Unkräuter auf dem Acker erkennen und diese zielgenau mecha-
                 nisch bekämpfen.

                                                                                                                    15
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

     Auch in der Tierhaltung gibt es viele Chancen, Land-       HÖCHSTE STUFE DER DIGITALEN STRUKTUREN
     wirte zu unterstützen und das Tierwohl zu verbessern       LANDWIRTSCHAFTLICHER BETRIEBE
     (s. Kap 2.2). Vor allem das Monitoring der Tiere, bei
     dem beispielsweise die Tiergesundheit überwacht
                                                                                                                  Y Sensoren für Feuchtig-
     wird, hat an Bedeutung gewonnen.                                                                               keit, Temperatur etc.
                                                                                                                  Y Wetterkarten
     In der Landwirtschaft können verschiedene Stufen                                                             Y Wetter­­vor­her­sagen
                                                                                                                  Y Wetter-Appli­kationen
     der Digitalisierung unterschieden werden. In der ers-
     ten Stufe kommt nur ein einzelnes „digitales“ Produkt
                                                                                                Wetterdaten­
     zum Einsatz. Die nächste Stufe ist ein intelligenteres                                       system
     Produkt – beispielsweise ein Schlepper mit verschie-
     denen digitalen Steuerungen. Stufe 3 beschreibt
     ein intelligent vernetztes Produkt. Hierbei wird der                                   Agrar­management­
     Schlepper mithilfe von Managementprogrammen                                                  system
     vernetzt, die verschiedene Daten empfangen und
     verarbeiten können. Stufe 4 der Digitalisierung
     beschreibt ein digital vernetztes Produktionssystem.
     Hier ist nicht nur der einzelne Schlepper angebun-            Land­                                                         Saat­­opti­
                                                                 maschinen­                                                      mie­rungs­
     den, sondern auch die je nach Produktionssystem              system                                                          system
     oder Arbeitsschritt benötigten Geräte. Die höchste
     Stufe der Digitalisierung beschreibt ein System von
     Systemen, in dem die unterschiedlichen Systeme mit-
     einander kommunizieren (siehe Abbildung 2).

                                                                                                Bewässerungs­
                                                                                                   system

                                                                 Y Zusammenarbeit               Y Bodensensoren         Y Leistungs­daten­
                                                                   von Traktor und              Y Bewässerungs-           bank für den
                                                                   Anbaugerät z. B.               knoten                  Agrarbetrieb
                                                                   automatische Teil-           Y Bewässerungs-         Y Saatdatenbank
                                                                   breitenschaltung der           Anwendung             Y Saat­optimie­rungs-
                                                                   Pflanzenschutzspritze                                  Anwen­dung
                                                                   und Satellitenge-
                                                                   steuerter Traktor mit
                                                                   Flächenkartierung

                                                              Abbildung 2: Digitale Strukturen landwirtschaftlicher Betriebe

                                                              Fachleute gehen davon aus, dass allgemein durch
                                                              den Einsatz neuer Technologien angestammte Ar-
                                                              beitsplätze verlorengehen könnten, dafür aber neue
     Abbildung 1: Roboter im Einsatz                          Beschäftigungsfelder entstehen. Für landwirtschaft-
                                                              lichen Unternehmen stellt sich also die Frage, inwie-
                                                              fern die Digitalisierung Auswirkungen auf die Be-
                                                              triebsstrukturen oder auf den Arbeitsplatz „Landwirt/
                                                              Landwirtin“ hat. Ob kleine und mittlere Betriebe
                                                              davon profitieren, wird unterschiedlich eingeschätzt.
                                                              Insbesondere durch digitale überbetriebliche Ansätze
                                                              können auch kleinere Betriebe an der Digitalisierung
                                                              und damit an den Vorteilen teilhaben.

16
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

                               Seit dem Jahr 2020 wird
                               der Ausbau von 5G in der
                               Fläche vorangetrieben.

Die technische Entwicklung schreitet rasant voran.
Die Empfindlichkeit der Sensoren nimmt zu, sie
werden für immer neue Einsatzzwecke entwickelt,
sie werden preiswerter und kleiner. Abbildung 3 zeigt
die Entwicklung der Datenübertragungsraten. Diese
haben sich in den letzten Jahren deutlich erhöht. Mit
der Entwicklung des neuen Mobilfunkstandards 5G4
erhöhen sich diese nochmals deutlich, was wiederum,
zum Beispiel beim Einsatz von Sensoren, ganz neue
Möglichkeiten schafft.

                                                                                                                           bis 10 GBit
                                                                                                                                 5G
                                                                                                              bis 1 GBit
    Datenübertragungsrate in MBit/s

                                                                                                                 4G
                                                                                                               LTE Adv.
                                                                                               < 150 MBit
                                                                                                    4G
                                                                                                    LTE
                                                                               < 42 MBit
                                                                                  3G
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

                                                            Hierbei ist zu berücksichtigen, dass landwirtschaftli-
     3.2 Risiken der Digitalisierung                        che Maschinen und Geräte in Deutschland vor allem
                                                            von „Mehrmarkenkunden“ nachgefragt werden.
     Die deutschen Landtechnikhersteller gehören in ihrer   Das bedeutet, dass sich landwirtschaftliche Betriebe
     Branche zu den weltweit führenden Unternehmen.         bei der Zusammenstellung des Fuhrparks nicht auf
     Nach den USA und China ist Deutschland der dritt-      einen Hersteller festlegen möchten. Vielmehr werden
     größte Hersteller von Landtechnik. Bei der Entwick-    Geräte und Maschinen bevorzugt nachgefragt, die in
     lung von Landmaschinen liegt der Fokus nicht mehr      ihren digitalen Dienstleistungsangeboten miteinan-
     allein auf der Maschine, sondern zunehmend auch        der kombinierbar sind. Vonseiten kleinerer Landtech-
     auf der Datenerhebung und -verarbeitung. Kundin-       nikhersteller und auch der Landwirtschaft besteht die
     nen und Kunden fordern von den Landtechnikher-         Sorge, dass eine fehlende Kompatibilität der Maschi-
     stellern Geräte und Maschinen, die eine Reihe von      nen verschiedener Hersteller zu Wettbewerbsnachtei-
     Funktionen, wie das digitale Erfassen und Weiterlei-   len führen kann und Komplettanbieter, sogenannte
     ten von Produktionsdaten, bieten.                      „Full Liner“, aus Lock-in-Geschäftsmodellen Wettbe-
                                                            werbsvorteile erringen könnten.

                     Durch die technischen Entwicklungen
                     werden die Anforderungen an die Arbeit
                     tendenziell höher.

18
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

In Deutschland sind neben Full Linern stark spezi-        Illegale Hackerangriffe oder technische Störungen
alisierte Familienunternehmen auf dem Markt, die          können zum Beispiel die Betriebssicherheit gefähr-
nur bestimmte Komponenten herstellen. Deshalb ist         den. Dies kann insbesondere bei der landwirtschaftli-
es wichtig, ein offenes System zu schaffen, das dem       chen Produktion zu gravierenden Problemen führen.
Zusammenspiel von Geräten unterschiedlicher Fir-          Sowohl bei der Fütterung, dem Melken oder der Ernte
men auch im Rahmen der Digitalisierung und neuen          können bereits nach kurzer Zeit schwerwiegende
technischen Entwicklungen Rechnung trägt.                 Schäden entstehen.

Im Hinblick auf die Fragen der Datenhoheit und            Darüber hinaus fühlen sich Landwirtinnen und Land-
der Datensicherheit besteht bei Landwirtinnen und         wirte durch die kontinuierliche Weiterentwicklung
Landwirten die Sorge, dass ihre Daten von Dritten         der Technik zum Teil überfordert. Ständige Neuerun-
ohne ihre Einwilligung oder ihr Wissen genutzt wer-       gen erfordern eine fortwährende Weiterbildung, die
den. Es wäre zum Beispiel denkbar, dass die Herstel-      nicht jeder als Bereicherung empfindet. Gleichzeitig
ler von Betriebsmitteln oder der Handel Daten von         verliert traditionelles Wissen – zumindest schein-
landwirtschaftlichen Betrieben für Analysen nutzen,       bar – an Bedeutung. Dies kann zusätzlich zu sozialen
um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen.                  Konflikten zwischen den Generationen führen. Auch
                                                          die Zusammenarbeit zwischen Jung und Alt kann
Um Vertrauen zu schaffen und die weitere Entwick-         dadurch erschwert werden, dass unterschiedliche
lung (und Akzeptanz) des Smart Farming nicht zu           Kenntnisse und ein unterschiedliches Verständnis
gefährden, ist es deshalb unerlässlich, dass die Daten-   bezüglich des Einsatzes digitaler Techniken bestehen.
hoheit und Datensouveränität der landwirtschaftli-
chen Betriebe beachtet wird. Dem Schutz von Be-           Auch die Anforderungen an die Arbeit werden sich
triebsgeheimnissen im weitesten Sinn kommt dabei          durch neue digitale Techniken verändern und ten-
eine besondere Bedeutung zu.                              denziell erhöhen. Dadurch könnten die Berufschan-
                                                          cen für hochqualifizierte Fachkräfte steigen, während
                                                          einfachere Tätigkeiten zunehmend wegfallen. Für
                                                          Menschen mit geringerer Qualifikation besteht die
                                                          Gefahr, dass sich die Arbeitsmarktlage in der Land-
                                                          wirtschaft verschlechtert. Gleichzeitig wird die Land-
                                                          wirtschaft aber auch für gut ausgebildete Menschen
                                                          attraktiver – das könnte zu einer positiven Entwick-
                                                          lung beitragen.

                                                          Tendenziell lässt sich kapitalintensive moderne Tech-
                                                          nik wirtschaftlicher auf Großbetrieben einsetzen.
                                                          Dies kann zu einer Beschleunigung des Strukturwan-
                                                          dels beitragen. Bei steigender Automatisierung stellt
                                                          sich auch die grundsätzliche Frage nach der Rolle der
                                                          Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten.

                                                          Die Digitalisierung bietet den Landwirten, aber auch
                                                          der beanspruchten Natur und den Verbrauchern
                                                          unzählige Chancen und – wenn wir es richtig ma-
                                                          chen – einen hohen Nutzen. Die Erwartungen an
                                                          Smart Farming sind hoch. Das BMEL trägt mit seiner
                                                          Politik dazu bei, die Chancen der Digitalisierung zu
                                                          erkennen, ihre Potenziale zu heben und den notwen-
                                                          digen Wandel in der Landwirtschaft zum Nutzen aller
                                                          erfolgreich zu gestalten.

                                                                                                                   19
4
Aktivitäten des BMEL
zur Digitalisierung
in der Landwirtschaft
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

Die Digitalisierung ist ein Schwerpunktthema des         Das Kompetenznetzwerk besteht aus rund 30 Ex-
BMEL. Da hier große Chancen für die Landwirtschaft       pertinnen und Experten aus der Wissenschaft, von
gesehen werden, verfolgt das Ministerium unter-          Verbänden, der Verwaltung sowie den Sprechern der
schiedliche Förderansätze und Initiativen, die im        Experimentierfelder.
Folgenden dargestellt werden.
                                                         Digitale Datenplattformen für die
                                                         Landwirtschaft
4.1 Zentrale Initiativen und 		                          Durch den Einsatz digitaler Technologien in der
    Projekte                                             Landwirtschaft werden immer mehr Daten generiert.
                                                         Von der Privatwirtschaft, aber auch von staatlicher
                                                         Seite gibt es bereits verschiedene Ansätze für digitale
Digitale Experimentierfelder in der                      Datenplattformen. Das Interesse von Industrie und
Landwirtschaft                                           Handel an den Daten der Landwirte wirft Fragen be-
                                                         züglich der Datenhoheit und Datensicherheit auf. In
Die digitalen Experimentierfelder in der Landwirt-       diesem Zusammenhang ist zu klären, welche Daten in
schaft sind digitale Testfelder auf landwirtschaft-      welcher Form von wem (Staat oder Privatwirtschaft)
lichen Betrieben. Dort arbeiten unter anderem            zur Verfügung gestellt werden sollten.
Spezialisten aus den Bereichen „gute fachliche
Praxis“, „Landtechnik“ und „Softwareentwicklung“         Eine vom BMEL finanzierte Machbarkeitsstudie zu
zusammen und untersuchen, wie digitale Techniken         staatlichen, digitalen Datenplattformen für die Land-
optimal zum Schutz der Umwelt, zur Steigerung des        wirtschaft ging dieser und weiteren Fragen nach.
Tierwohls und der Biodiversität sowie zur Arbeitser-
leichterung eingesetzt werden können. Zudem sind         Als Ergebnis der Machbarkeitsstudie soll eine umfas-
die Experimentierfelder auch Anlaufstellen für inter-    sende staatliche Datenplattform als Serviceplattform
essierte Praktiker. So wird der Wissens- und Informa-    für Landwirtinnen und Landwirte aufgebaut werden.
tionstransfer in die Praxis und aus der Praxis in die
Experimentierfelder hinein ermöglicht.                   In einem ersten Schritt sollen die relevanten staat-
                                                         lichen Agrardaten auf der Plattform gesammelt und
Die insgesamt 14 Experimentierfelder sind über das       übersichtlich aufbereitet werden. Unterschiedliche
gesamte Bundesgebiet verteilt. Die ersten Experimen-     Informationen, wie Wetterdaten, Förderrichtlinien,
tierfelder sind im September 2019 gestartet, die letz-   wichtige Ansprechpartner oder Zulassungsdaten
ten erhielten Anfang März 2020 ihre Förderbescheide.     für Pflanzenschutzmittel, sollen hier unkompliziert
Die Förderung der Projekte läuft über 36 Monate. Bis     zugänglich gemacht werden.
2023 stellt das BMEL dafür Mittel in Höhe von etwa
50 Millionen Euro bereit.

Kompetenznetzwerk zur Digitalisierung
in der Landwirtschaft
Im Oktober 2019 wurde das Kompetenznetzwerk
„Digitalisierung in der Landwirtschaft“ etabliert. Die
Mitglieder des Kompetenznetzwerks unterstützen
und begleiten die Experimentierfelder mit viel Digi-
tal- und Agrarkompetenz. Sie tragen zur Vernetzung
und wissenschaftlichen Begleitung bei und verstär-
ken Synergieeffekte. Aktuelle Entwicklungen und
Herausforderungen aus allen Bereichen der Digi-
talisierung in der Landwirtschaft werden im Kom-
petenznetzwerk analysiert und Lösungsvorschläge
erarbeitet.

                                                                                                                   21
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

     Vorgesehen ist zudem die Ankoppelung der staatli-        Die Domäne Agrar besteht aus drei Arbeitsgruppen:
     chen Plattform mit ihren Inhalten und Angeboten
     an die geplante europäische Dateninfrastruktur           1. Datennutzung auf einzelbetrieblicher Ebene,
     (GAIA-X), damit Synergien zwischen den europäi-
     schen Staaten genutzt werden können.                     2. Wissenschaft/Wirtschaft – Datenaustausch für
                                                                 Forschungszwecke,
     GAIA-X und die Domäne Agrar
                                                              3. Datenaustausch national/international (auf staat-
     GAIA-X ist ein Projekt zum Aufbau einer leistungs-          licher Ebene). Die Arbeitsgruppen identifizieren
     und wettbewerbsfähigen, sicheren und vertrauens-            die für den jeweiligen Bereich relevanten Daten
     würdigen Dateninfrastruktur für Europa, das von der         und legen fest, in welcher Form die Daten be-
     Bundesregierung, Wirtschaft und Wissenschaft ge-            schrieben werden müssen, damit sie ausgetauscht
     tragen wird. Das Projekt gliedert sich in verschiedene      werden können.
     Domänen – also Bereiche wie Industrie 4.0, Smart Li-
     ving, Energie, Finanzwesen, Gesundheit, öffentlicher     Künstliche Intelligenz (KI)
     Sektor, Mobilität und Landwirtschaft. Das BMEL hat
     die Patenschaft der Domäne Agrar übernommen – in         Mit einer im Februar 2020 gestarteten Bekanntma-
     Kooperation mit dem Deutschen Forschungszentrum          chung zur Förderung künstlicher Intelligenz in der
     für künstliche Intelligenz (DFKI).                       Landwirtschaft, der gesundheitlichen Ernährung,
                                                              der Lebensmittelkette sowie den ländlichen Räumen
     Die Arbeit an GAIA-X umfasst zwei Bereiche: Zum          unterstützt das BMEL mit ca. 45 Mio. Euro den Ein-
     einen werden Anwendungsbeispiele identifiziert,          satz von künstlicher Intelligenz in diesen Bereichen.
     anhand derer die Anforderungen an GAIA-X abgelei-        Die insgesamt 38 Projekte, welche überwiegend im
     tet werden können. Zum anderen wird an der techni-       Bereich Landwirtschaft tätig sein werden, beginnen
     schen Umsetzung von GAIA-X gearbeitet.                   seit Ende 2020 ihre Arbeit aufzunehmen. Weitere Pro-
                                                              jekte zur Etablierung von künstlicher Intelligenz sind
                                                              bereits in Planung.

22
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

Neben diesen großen Förderprojekten und Initiati-        Forschungsförderung
ven ist das BMEL auch noch in anderen Bereichen          Die Forschungsförderung ist ebenfalls ein wichtiger
aktiv, um die Digitalisierung in der Landwirtschaft      Baustein auf dem Weg zur verstärkten Digitalisierung
voranzubringen.                                          der Landwirtschaft. Ziel des BMEL ist es, Innovatio-
                                                         nen aus dem Bereich der digitalen Agrartechnologien
Unter anderem hat das BMEL in den vergangenen            zu fördern, um unter anderem die Ressourceneffizi-
Jahren Fachtagungen durchgeführt, um den aktuel-         enz zu steigern. Zahlreiche Projekte aus dem Bereich
len Status zu erheben, Beteiligte aus unterschiedli-     der Digitalisierung in der Landwirtschaft wurden in
chen Bereichen und Disziplinen zusammenzuführen          den vergangenen Jahren bereits gefördert.
und einen Informationsaustausch zwischen ver-
schiedenen Interessengruppen zu ermöglichen. Auch        Investitionsförderung
zukünftige Entwicklungen sowie Möglichkeiten zur
Optimierung der Rahmenbedingungen wurden auf             Damit die Landwirtschaft den ökonomischen und
den Veranstaltungen vorgestellt und mit den Teilneh-     ökologischen Herausforderungen gleichermaßen
mern diskutiert.                                         gerecht werden, die Versorgung mit heimischen
                                                         Lebensmitteln in Deutschland sichern und zugleich
Um die Aktivitäten des BMEL im Bereich der Digi-         nachhaltige Bewirtschaftung unserer Kulturland-
talisierung den Landwirtinnen und Landwirten und         schaften leisten kann, sind regelmäßig erhebliche
der Öffentlichkeit bekannt zu machen, sind Publika-      Investitionen der Landwirtinnen und Landwirte zum
tionen veröffentlicht und Informationen zum Thema        Erhalt ihrer Betriebe erforderlich.
auf der Internetseite des BMEL bereitgestellt worden.
                                                         Deswegen unterstützt das BMEL mit dem neuen In-
                                                         vestitionsprogramm Landwirtschaft seit Januar 2021
                                                         gezielt landwirtschaftliche Betriebe, die in moderne
4.2. Strukturen und Fördermittel                         Technologie investieren wollen, um mehr Klima-,
                                                         Natur- und Umweltschutz umzusetzen. Dafür stehen
Auf Basis der bisher durchgeführten und geplanten        in den Jahren 2021 bis 2024 insgesamt 816 Millionen
Maßnahmen verfolgt das BMEL das Ziel, die Land-          Euro zur Verfügung.
wirtschaft weiter im Bereich Digitalisierung intensiv
zu begleiten, national und international. Das Ziel       Hauptziele sind, mit modernen Technologien und
ist, die Rahmenbedingungen des Digital Farming so        Anlagen die Fähigkeit der Landwirtschaft
mitzugestalten, dass Landwirtinnen und Landwirte,
die Umwelt sowie Verbraucherinnen und Verbraucher        → zur Emissionsminderung,
gleichermaßen einen Nutzen aus den neuen Möglich-
keiten ziehen können und mögliche Risiken gemin-         → zum Erhalt der Artenvielfalt und
dert werden.
                                                         → zur Ressourceneffizienz signifikant zu steigern.
Die Strukturen innerhalb des BMEL wurden deshalb
angepasst. Es wurde eine Digitalisierungsbeauftragte     Innerhalb der Bundesregierung arbeiten Mit-
berufen, die alle Aktivitäten im Bereich der Digitali-   arbeiterinnen und Mitarbeiter des BMEL außerdem in
sierung koordiniert, neue Referate wurden geschaffen     zahlreichen Arbeitsgruppen und Gremien mit. Ziel ist
und in allen Abteilungen sind Digitalisierungsrefe-      es, die Belange der Landwirtschaft darzustellen und
rentinnen und -referenten etabliert worden.              zu vertreten. So nimmt das BMEL regelmäßig unter
                                                         anderem an interministeriellen Ausschüssen
Im Bereich der Ressortforschung wurde der Schwer-        zur Geoinformation, am Nationalen Forum für
punkt Digitalisierung am Institut für Agrartechnolo-     Fernerkundung oder dem Digitalgipfel der Bundes-
gie des Thünen-Instituts erfolgreich etabliert.          regierung teil.

                                                                                                                23
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

                                                                                   Durch neue
                                                                                   Produkte und
                                                                                   Dienstleistungen
                                                                                   können Hightech-
                                                                                   Arbeitsplätze in der
                                                                                   Landtechnikindustrie
                                                                                   entstehen.

     4.3. Bereitstellung von Daten                            Anwendungen sowie ihre Verknüpfung mit Daten aus
          und Infrastruktur                                   Wirtschaft, Wissenschaft und von gesellschaftlichen
                                                              Interessengruppen kann wesentlich zur Wertschöp-
                                                              fung beitragen. Daher ist es notwendig, Transparenz
     Inzwischen gibt es vielfältige Programme mit unter-      über vorhandene Geoinformationen zu schaffen und
     schiedlichen Zielsetzungen, die eine Vielzahl von        die Daten für die Mehrfachnutzung verfügbar zu
     Fernerkundungsdaten verfügbar machen. Diese              machen.
     leisten einen wichtigen Beitrag zu einer effizienten
     Nutzung digitaler Technologien. Das Datenvolumen         Vielen Akteuren ist nicht bekannt, welche Daten in
     in diesem Bereich wird zukünftig noch deutlich           welcher Qualität, häufig unentgeltlich, bereits zur
     zunehmen. Bildgebende Verfahren insbesondere im          Verfügung stehen. Das BMEL und der Geschäfts-
     Rahmen von Zeitreihenanalysen erfordern erhebli-         bereich arbeiten daher an einer Weiterverbreitung
     che Kapazitäten. Gleichzeitig steigt die Qualität der    dieser Informationen.
     zur Verfügung stehenden Daten. Einen wesentlichen
     Beitrag hierzu leisten neue europäische Ferner-          Hierzu wurden unter anderem entsprechende Inter-
     kundungssatelliten, die in den vergangenen Jahren        netangebote entwickelt sowie ein Fachzentrum für
     gestartet wurden bzw. noch gestartet werden („Coper-     Geoinformation und Fernerkundung in der Bundes-
     nicus-Programm“). Entscheidend für eine sinnvolle        anstalt für Landwirtschaft und Ernährung und ein
     Nutzung ist jedoch, die relevanten Daten aus dem         Forschungszentrum für landwirtschaftliche Ferner-
     großen Datenpool gezielt und einfach verfügbar zu        kundung beim Julius Kühn-Institut eingerichtet.
     machen.
                                                              Die Internetseite https://www.d-copernicus.de/da-
     In der öffentlichen Verwaltung existiert ein Schatz an   ten/beispiele-und-anwendungen/landwirtschaft/
     Geoinformationsdaten, der vielfach noch unerschlos-      zeigt z. B. Projekte und Initiativen auf, die Coperni-
     sen ist und Potenziale birgt, die weit über den Zweck    cus- und Satellitendaten nutzen sowie Fernerkun-
     der ursprünglichen Datenerhebung hinausgehen.            dungsmethoden für landwirtschaftlich relevante
     Die Verwendung dieser Geoinformationen in neuen          Fragestellungen einsetzen.

24
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

Die Bundesländer stellen in unterschiedlichem           Damit sollen extreme Preisschwankungen einge-
Ausmaß viele Kategorien von Geodaten als Open           dämmt werden.
Data bereit. Indessen unterliegt die Nutzung der
Geobasisdaten, für die die Bundesländer die Gesetzes-   Das Agrarmarkt-Informationssystem AMIS bündelt
und Verwaltungskompetenz haben, in einer Reihe          hierzu auf Initiative der G20-Agrarminister seit 2011
von Ländern lizenzrechtlichen Bestimmungen und          Daten zu Witterung, Ernteaussichten und Preisen
Gebühren. Dies schränkt die kreative und wertschöp-     für die weltweit wichtigen Grundnahrungsmittel
fende Nutzung von Geodaten erheblich ein, weil über     Reis, Mais, Weizen und Soja. Das Ziel: Es soll durch
die Geobasisdaten der Raumbezug der Fachdaten           ein Mehr an Markttransparenz helfen, Hungerkrisen
hergestellt wird. Die Geobasisdaten sind Grundlage      besser vorzubeugen und extreme Preisschwankun-
jeglicher Kartierung und müssen daher in einheitli-     gen zu verhindern. Die Group on Earth Observations
cher und maschinenlesbarer Form Nutzern zugäng-         Global Agricultural Monitoring Initiative GEOGLAM
lich gemacht werden.                                    unterstützt dabei die Verfügbarkeit von Daten und
                                                        Produkten zu landwirtschaftlicher Produktion und
Für weitere Informationen zum Thema „Ferner-            Ernteprognosen. So stellt der GEOGLAM-Crop-Mo-
kundung“ hat das BMEL die Broschüre „Programm           nitor seit September 2013 einen regelmäßigen und
des BMEL zur Fernerkundung – Chancen für Land-,         bedeutenden Beitrag zum monatlichen AMIS-Bericht
Forst- und Fischereiwirtschaft, für Politik und Ver-    dar. 2015 wurden mit dem Crop Monitor for Early
waltung“ veröffentlicht.                                Warning in diversen Skalen weitere Produkte eta-
                                                        bliert, die vor allem von Ländern mit häufigen Prob-
AMIS – Agrarmarkt-Informationssystem                    lemen bei der Ernährungssicherung stark nachgefragt
                                                        werden, aber auch für Entwicklungszusammenarbeit
Bereits im Jahr 2011 haben die G20-Agrarminister        und Hilfsorganisationen von Interesse sind. Das
Maßnahmen beschlossen, um die Funktionsfähigkeit        BMEL unterstützt auch diese Initiative personell.
der globalen Agrarmärkte zu stärken und die Markt-
transparenz und Marktinformation zu verbessern.

Webseite der Geodaten-Informationsbank GDI-BMEL

                                                                                                                25
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

     Ausbau der Infrastruktur im ländlichen                   „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruk-
     Raum                                                     tur und des Küstenschutzes“ (GAK) seinen Beitrag,
                                                              unterversorgte ländliche Gebiete besser an die Breit-
     Ein wichtiger Aspekt der Digitalisierung ist der Auf-    bandnetze anzuschließen. Hierfür standen 2019 20
     bau einer entsprechenden Infrastruktur. Die feder-       Millionen Euro zweckgebunden zur Verfügung.
     führende Zuständigkeit hierfür liegt beim Bundes-
     ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur        Eine leistungsstarke digitale Infrastruktur im länd-
     (BMVI).                                                  lichen Raum ist die Grundvoraussetzung für eine
                                                              erfolgreiche Anwendung digitaler Techniken in der
     Mit dem Bundesförderprogramm für den Netzausbau          Landwirtschaft. Der Ausbau der digitalen Infra-
     verfolgt das BMVI das Ziel, hochleistungsfähige Breit-   struktur muss deshalb im ländlichen Raum verstärkt
     bandnetze in unterversorgten Gebieten zu schaffen.       werden. Im Rahmen der Mobilfunkstrategie wurde
     Im Rahmen dieses Förderprogramms stehen für den          vereinbart, 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung zu stel-
     Breitbandausbau insgesamt 6,6 Milliarden Euro zur        len, um etwa 5.000 neue Funkmasten aufzustellen.
     Verfügung.
                                                              Das BMEL setzt sich dafür ein, dass die Belange der
     Das BMEL leistet seit 2008 darüber hinaus                Landwirtschaft und des ländlichen Raums dabei
     mit der Breitbandförderung im Rahmen der                 berücksichtigt werden. Zum Ausbau der Infrastruktur

26
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

                                                        5G-
                                                        Mobilfunk ist für
                                                        eine schnelle
                                                        Datenübertragung
                                                        von entscheiden-
                                                        der Bedeutung.

werden entsprechende Forderungen an das BMVI
gerichtet. Zusätzlich werden weitere Möglichkeiten
ausgeschöpft, Mittel über die zweite Säule oder die
GAK für den Ausbau der Infrastruktur bereitzustellen.

Insbesondere die Entwicklung des neuen Mobilfunk-
standards 5G ist für eine reibungslose Datenübertra-
gung zwischen Maschinen zukünftig von entschei-
dender Bedeutung. Das BMEL hat sich erfolgreich
dafür eingesetzt, dass landwirtschaftliche Spezifika
bereits in der technischen Entwicklung und bei der
Lizenzversteigerung Berücksichtigung fanden. Die
5G-Strategie der Bundesregierung

beinhaltet das Ziel, bis 2025 5G-Konnektivität zu
erreichen und zugleich die Mobilfunkkapazitäten in
zentralen Orten und in ländlichen Räumen substan-
ziell auszubauen.

                                                                                                   27
5
Zusammenfassung
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

Mit der Digitalisierung und der Landwirtschaft         Wesentliche Schritte dabei sind:
treffen hochkomplexe Systeme aufeinander. Um den
damit verbundenen Wandel – auch orientiert an den      1. die Förderung der digitalen Experimentierfelder in
spezifischen landwirtschaftlichen Betriebsstrukturen      der Landwirtschaft samt dazugehörigem Kompe-
in Deutschland – positiv und zum Nutzen aller – zu        tenznetzwerk sowie zahlreicher weiterer Projekte,
gestalten, hat das Bundesministerium für Ernährung
und Landwirtschaft seine Aktivitäten in diesem Be-     2. die Forschungsförderung,
reich deutlich ausgebaut und fokussiert.
                                                       3. die Investitionsförderung,

                                                       4. der Ausbau von Strukturen im BMEL und seinen
                                                          nachgeordneten Einrichtungen,

                                                       5. die Schaffung eines rechtlichen Rahmens, der
                                                          faire Bedingungen für alle gewährleistet und für
                                                          Transparenz und Vertrauen beim Umgang mit den
                                                          Daten sorgt.

                                                       Das Bundesprogramm Digitalisierung in der Land-
                                                       wirtschaft soll dazu beitragen, die Nachhaltigkeit und
                                                       die gesellschaftliche Akzeptanz der deutschen Land-
                                                       wirtschaft weiter zu stärken und die Chancen einer
                                                       Landwirtschaft 4.0 konsequent zu nutzen.

                         Mit der Digitalisierung
                        und der Landwirtschaft
                         treffen hochkomplexe
                          Systeme aufeinander.

                                                                                                                29
6
Literatur­
verzeichnis
DIGITALISIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

Bitkom (2017): Digitalisierung erhöht Akzeptanz für moderne Landwirtschaft. (Unter:
  https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Digitalisierung-erhoeht-Akzeptanz-fuer-moderne-Land-
  wirtschaft.html)

BMEL (2016): Broschüre Landwirtschaft verstehen – Im Fokus: Chancen der Digitalisierung. (Unter:
 https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Landwirtschaft-verstehen-ChancenDigitali-
 sierung.html

Deutscher Bauernverband e. V., 2015. Situationsbericht 2015/16. Trends und Fakten zur Landwirtschaft.
 Berlin: DBV. ISBN 978-39812770-7-4

DLG (2018): Digitale Landwirtschaft – Ein Positionspapier der DLG. (Unter:
 https://www.dlg.org/de/landwirtschaft/themen/technik/digitalisierung-arbeitswirtschaft-und-
 prozesstechnik/digitale-landwirtschaft)

EU (2014): Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (Unter:
 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32014R0910)

EU (2017): BUILDING A EUROPEAN DATA ECONOMY. (Unter:
 https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/communication-building-european-data-economy)

Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL), 2013. Automatische Melksysteme:
 Verfahren, Kosten, Bewertung. Darmstadt: KTBL; KTBL-Schr.-Vertrieb im Landwirtschaftsverl. [teils].
 ISBN 978-3-941583-78-8

                                                                                                           31
HERAUSGEBER
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
Referat 821
Rochusstraße 1, 53123 Bonn

STAND
April 2021

GESTALTUNG
design.idee, Büro für Gestaltung, Erfurt

DRUCK
BMEL

BILDNACHWEISE
Seite Titelseite/32: BMEL/photothek/Ute Grabowsky; Seite 2: BMEL/
photothek/Ute Grabowsky; Seite 3: Bundesregierung Stefan Kugler;
Seite 5: BMEL/photothek; Seite 6: photolink/StockAdobe; Seite 9:
BMEL/photothek/Janine Schmitz; Seite 10: BMEL/photothek/Ute
Grabowsky; Seite 11: Budimir Jevtic/StockAdobe; Seite 12: BMEL/
photothek/Ute Grabowsky; Seite 13: BMEL/photothek/Focke Strang-
mann; Seite 14: BMEL/photothek; Seite 15: Hochschule Osnabrück;
Seite 17: BMEL/photothek; Seite 18: Alexey Novikov/StockAdobe;
Seite 20: BMEL/photothek; Seite 21: BMEL/photothek/Ute Gra-
bowsky; Seite 22: BMEL/photothek/Ute Grabowsky: Seite 24: BMEL/
photothek/Janine Schmitz; Seite 26: goodluz/StockAdobe; Seite 28:
BMEL/photothek; Seite 29: BMEL/photothek/Ute Grabowsky;
Seite 30: BMEL/photothek/Janine Schmitz

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