"Dischkurieren . über die alte und neue Heimat für Sudetendeutsche und Neugierige! - Sudeten-Bayern
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
„Dischkurieren“ . . . über die alte und neue Heimat für Sudetendeutsche und Neugierige! Kloster Plass bei Pilsen, Deckengemälde im Konventbau Mai 2020 Sudetendeutsche Landsmannschaft . Landesgruppe Bayern e.V. 1
Inhaltsverzeichnis Kulturbrief der Landesgruppe Bayern zu Pfingsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Fleischerei – Gastwirtschaft – Eisenbahn – und eine böhmische Familie von Musikanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 – 8 Das Böhmische Trio von Burglengenfeld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Das verhunzte Pfingsten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 – 11 Die Kuchenrandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 – 13 Der Räuber Hotzenplotz und die Stadt gleichen Namens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 – 19 Die Poststempel von Hotzenplotz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Kochkreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Ortsgruppe Roth. . . . . . 21 – 23 Gebet einer Mutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Impressum „Dischkurieren“ bedeutet im weitesten Sinne reden, unterhalten; das Wort ist im Dialekt gebräuchlich, findet sich aber auch bei Schriftstellern, wie Ödön von Horváth; Ausgabe 3 Herausgeber: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Landesgruppe Bayern e.V Hochstraße 8, 81669 München, Tel.: 089/48000346, Geschaeftsstelle@sudeten-by.de Verantwortlich: Margaretha Michel, Comeniusstraße 40, 91257 Pegnitz, mail@familie-michel.net Bildnachweis/Herkunftsnachweis: Seite 1: Kloster Plass bei Pilsen, Deckengemälde im Konventbau, später bis 1945 im Privatbesitz der Familie Metternich. Die Anlage mit Brauerei und zwei hervorragenden Gastronomiebetrieben wird zur Zeit renoviert. Seite 2: Schreiben des Landesobmanns Steffen Hörtler Seite 4 – 8: Text Margaretha Michel mit Unterstützung von Rosemarie Dvořák-Kraus Seite 1/4/5/6/7/9/11/24 Bilder: M. Michel Seite 21-23 Text und Bilder Hannelore Heller Seite 14: Bilder aus Wikipedia Rückseite: Bild aus dem Kloster Ossegg; Aufnahme beim Seminar von Dr. Boldt, 2004; das Kloster liegt am Südhang des Erzgebirges. Es ist ein historisch und künstlerisch wertvolles Baudenkmal und relativ leicht erreichbar. Der Text von Maria Schulze-Kroiher aus dem Böhmerwald mit freundlicher Genehmigung von Alfred Kipplinger, Bezirks- obmann von Unterfranken. Der Text von Frau Pietschmann mit freundlicher Genehmigung ihrer Tochter Monika Bayer. Gestaltung: hadlich-art, Sonnige Lehne 3, 95466 Weidenberg, design@hadlich-art.de; Brigitt Hadlich ist Künstlerin und Designerin und Trägerin des Sudetendeutschen Kulturpreises für Bildende Kunst. Sie lei- tet ehrenamtlich das Glas-Knopf-Museum in Weidenberg. Ihre Eltern (Glasmacher) stammen aus der Region Gablonz. Texte und Bilder können mit Quellenangabe für landsmannschaftliche Zwecke verwendet werden. Die Texte und Bilder von Dr. Piwernetz dürfen nur mit Genehmigung des Verfassers verwendet werden. 2
Kulturbrief der Landesgruppe Bayern zu Pfingsten „Dischkurieren über die alte und neue Heimat“ – Unter diesem Motto präsentiert unsere Landes- kulturreferentin Margaretha Michel nun schon zum dritten Mal unseren Kulturbrief. Dischkurieren – was ist das eigentlich? Ganz einfach – reden, schwätzen, ratschen. Wie für so viele Be- griffe gibt es auch dafür so viele verschiedene in den vielfältigen Regionen, in denen Deutsche zu Hau- se waren und sind. Reden über den Alltag, das Leben mit seinen Feiertagen, was man kocht und backt, wie man sich kleidet, welche Lieder wann und wo gesungen werden. Davon ist auch diesmal die Rede. In diesen Tagen zu Pfingsten ist seit der Vertreibung traditionell der größte „Dischkurier-Stammtisch“ unserer Volksgruppe – der Sudetendeutsche Tag. Doch ausgerechnet 75 Jahre nach der Vertreibung, dieser menschengemachten Tragödie, hat uns und die gesamte Mensch- heit ein schwerer Schicksalsschlag getroffen. Ein neues Virus hat dafür gesorgt, dass das gesellschaft- liche und wirtschaftliche Leben weitgehend zum Stillstand gekommen ist. Auch wenn langsam vieles wieder zum Laufen kommt sind Großveranstaltungen dieser Größenordnung noch nicht wieder mög- lich. Deswegen möchten wir Ihnen, liebe Landsleute und Freunde unserer Volksgruppe, mit diesem Heft ein bisschen Kultur nach Hause bringen. Ich freue mich, dass sich eine Reihe von Landsleuten mit Beiträgen an der Gestaltung dieses Heftes beteiligt hat. Dafür ein herzliches Dankeschön. Mein großer Dank gilt aber auch allen, die in den letzten schweren Wochen dazu beigetragen haben, dass auch in Zeiten der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen unsere Volksgruppe in ihrer breiten Vielfalt in regem Austausch blieb. Sie haben in der „Sudetendeutschen Zeitung“ Berichte verfasst, sind über die elektronischen Medien präsent gewesen oder haben einfach nur mal angerufen, gefragt, wie es geht, wo kann man helfen. Gerade in solchen Krisensituationen lernt man Menschlichkeit kennen. Un- sere Volksgruppe erweist sich auch in dieser Ausnahmesituation in jederlei Hinsicht als stark! Hoffen wir gemeinsam, bald wieder zu unserem vielfältigen Vereinsleben zurückkehren zu können und zusammen nicht nur in Bayern, sondern auch in der alten Heimat in Böhmen, Mähren, Sudeten- Schlesien und überall in Europa und auf der Welt, wo es unsere Landsleute auch hin verstreut hat, uns zu treffen und unsere starken Traditionen weiterleben zu lassen. In diesem Sinne verbleibe ich in landsmannschaftlicher Verbundenheit, Ihr Steffen Hörtler, Landesobmann Bayern der Sudetendeutschen Landsmannschaft 3
Fleischerei – Gastwirtschaft – Eisenbahn – und eine böhmische Familie von Musikanten von Margaretha Michel, mit Unterstützung von Rosemarie Kraus-Dvořák Slonitz, Blick aus dem Dvořákmuseum zur Barockkirche von Slonitz Nördlich von Prag befindet sich eine Hochfläche, noch hat), konnten diese Fleischer und Gastwirte die sich zu den Tälern von Eger, Elbe und Mol- mit Musik die Gäste unterhalten. dau leicht absenkt. Nur am Rande gibt es Berge, wie den Říp oder Georgsberg und weit am Hori- František Dvořák wurde am 19. 9. 1814 in Dřinov zont die Vulkane des Böhmischen Mittelgebirges. unweit von Slonitz (Zlonice) geboren. Seine Frau Das Gebiet ist geprägt von Landwirtschaft, Hop- Anna Zdeňková stammte aus Uhy westlich von fen, Obst und Zuckerrübe – heute auch Mais- Welwarn (Velvary). Sie war 6 Jahre jünger. Ge- anbau. Etwas südwestlich von Prag entstand bei heiratet wurde 1840 im nahegelegenen Chržín Kladno die Poldihütte; Eisenerz- und Steinkohle- und nicht unweit davon befindet sich Mühlhau- vorkommen machten es möglich. sen (Nelahozeves). Dort liegt an der Moldau auch das mächtige Schloss der Familie Lobkowitz, wo Seinen Lebensunterhalt zu verdienen war so um der Vater von Ehefrau Anna Verwalter war. Anna 1850 nicht immer einfach. Aber die Dvořáks, Zdeňek arbeitete dort ebenfalls vor der Hochzeit. auch Dworschaks genannt, hatten meist Fleischer gelernt und dazu machten sie Musik. Da jede Das Paar Frantisek und Anna pachteten die Gast- gute Gastwirtschaft häufig auch eine angeschlos- wirtschaft mit Fleischerei gegenüber dem Schloss sene Fleischerei besaß (und manchmal heute (möglicherweise eine Übernahme vom Vater des 4
Ehemannes). In dem Haus wurde der erste Sohn brachten große Opfer, um die Ausbildung zu er- Antonin geboren, der später Weltruhm erlangte. möglichen. Die Moldau fließt östlich vom Schloss und dem Antons Bruder František Serafin wurde 17 Mo- heutigen Museum vorbei. Fast parallel zu ihr ver- nate nach ihm geboren, wie die fünf weiter fol- laufen die Schienen der Eisenbahn, deren Bau genden Kinder ebenfalls in Mühlhausen. Nur die den jungen Anton Dvořák so begeisterte. Sein beiden jüngsten Töchter kamen in Slonitz zur Leben lang spielte das Interesse an Eisenbahnen Welt, wo man später jeweils nacheinander zwei für ihn und möglicherweise für seine Brüder eine Gastwirtschaften mit Fleischerei gepachtet hat- wichtige Rolle. te. Franz/František lernte Fleischer wie der Vater. Hier muss man wissen, dass im alten Österreich Anton/Antonin war sehr musikalisch begabt, er die Fleischer auch ein halbes Jahr als Koch bezie- arbeitete natürlich zuhause im Betrieb mit – hat hungsweise im Service arbeiten mussten. Dieser aber das Fleischerhandwerk anscheinend nicht František musste sich dann Arbeit suchen und professionell erlernt. Er nahm als Jugendlicher wurde angestellt bei der Eisenbahn „Bodenbach- noch Musikunterricht und spielte in Kirchen, auf Dux“ als Partieführer und leitete die Eisenbahn- Festen und in Gaststätten bis ihm der Vater auf kantine beim Bau der Strecke von Bodenbach Bitten seiner Lehrer schließlich ein Studium der über Teplitz nach Hof. Franz kam so auch nach Musik in Prag erlaubte. Dort wohnte er bei einer Kulm (Chlumec) bei Aussig (Ústí nad Labem) Cousine des Vaters, aber die Mitglieder der Fami- und lernte dort seine Frau Helena Watzke ken- lie – so auch der etwas jüngere Bruder František– nen, deren Eltern eine Zimmermannswerkstatt betrieben. Am 31. 1. 1871 wurde geheiratet. Orgel der Kirche von Kulm bei Aussig. Hier spielten schon mehrere Mitglieder der Kulmer Familie Dvořák. 5
Das Paar zog mit den Eisenbahnbauern weiter. Wie schon der Großvater erlernte Helenes Sohn In Oberleutensdorf wurde am 2.3.1874 ein Jun- Franz verschiedene Instrumente, aber für eine ge geboren, ebenfalls František/Franz genannt. fundierte musikalische Ausbildung fehlte das Schließlich bezog man Quartier in Hof/Moschen- Geld. Franz ging in die Schuhmacherlehre und dorf in Bayern, wo das jüngste Dvořákkind Josef nebenbei machte er viel Musik. zur Welt kam. Der elfjährige Sohn Franz, der nun auch mit in Moschendorf lebte, ging nach Hof in 1938 kam Chlum zum Deutschen Reich. Der ers- die katholische Kirche zum Geigenunterricht. Er te Sohn auch ein Franz geriet in die Fänge der war ebenfalls hochmusikalisch begabt. Im Üb- Gestapo und verstarb im März 1945 an den Fol- rigen wurde der Bruder Karl/Karel von Anton gen seiner Haft in Bautzen. 1945 wurde Vater und Franz in Eger mit Eva Koch aus Königsberg Franz als Neffe des berühmten Musikers Anton an der Eger getraut. Karl war auch 1874 Taufpate Dvořák von den Russen hoch geachtet. Er hät- von Sohn Franz Karl. te sogar bleiben können, aber nicht Enkelin und Schwiegertochter. So ging er mit in den Trans- 1882 war die Großmutter Anna in Kladno ge- port über das Lager Schöbritz bei Aussig nach storben. Die Familie Franz und Helene Dvořák Eichhof bei Pasewalk in die SBZ. Sein zweiter ziehen nach Böhmen zurück in die Heimat. Der Sohn Josef wurde aus der amerikanischen Gefan- Großvater ebenfalls František genannt, arbeitete genschaft entlassen und kam nach Schwürbitz bei nur noch als Zitherlehrer und wird vom zweiten Lichtenfels. Er hatte aber bloß einen Wohnraum Sohn Franz und Schwiegertochter Helene aufge- und konnte nur Frau Antonie und Tochter Rose- nommen. Es scheint ein gutes Verhältnis gewesen marie zu sich holen. September 1949 gelang es zu sein. Der Großvater versteht sich ausgezeich- dem Sohn die Eltern ebenfalls zu sich übersiedeln net mit der deutschen Schwiegertochter. zu lassen. Währenddessen hält Antonins Familie mehr Ab- Das weitere Schicksal ist im Artikel im Lichten- stand. Der berühmte Musiker bestellt seine Ge- felser Volksblatt vom Anfang März 1964 be- schwister nach Prag auf den Bahnhof, um Ge- schrieben. schenke zu übergeben. Verstorben ist Franz Dvorak in Burgkunstadt Das Zusammenleben in der Familie von Franz am 30.3. 1965. und Helene erfuhr einen Riss, als Franz/František der Ehemann von Helene und Bruder des Musi- kers an den „Schwarzen Blattern“, den Pocken am 23.2.1888 in Letky starb. Er war nur 45 Jahre alt geworden. Seine Frau versucht zuerst im Raum Welwarn zu bleiben, aber es fehlte an Geld. Den Schwieger- vater konnte sie aus finanziellen Gründen nicht mehr weiter bei sich behalten. Er wäre gerne bei der Schwiegertochter und den Enkeln geblieben. Der alte Mann weint bitterlich. Er musste zu sei- nen Töchtern. Helene zog zurück in ihre Heimat Grabstein vom Stammvater Frantisek – Gedenkstein und nach Kulm, wo sie bei ihren Brüdern finanzielle Ort des Grabes wurden verändert. Unterstützung fand. Das Grab der Mutter Anna in Kladno ist unbekannt. 6
Stammbaum I. Dvořák, František * 19. 9. 1814 in Dřinov bei Slonitz (Zlonice) = 28. 3. 1894 in Welwarn (Velvary) Zdeňková, Anna *1820 in Uhy bei Welwarn (Velvary), verh. 17. 11. 1840 in Chržín bei Welwarn (Velvary) = 15. 12. 1882 in Kladno, wohnhaft u.a. Mühlhausen (Nelahozeve), Slonitz (Zlonice) und Kladno II. Dvořák, Antonin (1. Sohn) *8. 9. 1841 Mühlhausen (Nelahozeves) = 1. 5. 1904 in Prag II. Dvořák, František Serafin (2. Sohn) *3. 2. 1843 Mühlhausen (Nelahozeves) = 23. 2. 1888 in Letky Watzke, Helena *1842 in Kulm (Chlumec )bei Aussig, verh. 31. 1. 1871 in Kulm, wohnhaft u.a. in Mühlhausen, Kulm, Oberleutensdorf, Hof - Oberfranken = 23. 3. 1914 Kulm, III. Dvořák, František (Franz) *2. 3. 1874 in Oberleutensdorf (Litvinov), wohnhaft u. a. in Hof, Kulm, SBZ, Schöbritz/Michelau = 30. 3. 1965 in Burgkunstadt Rosenkranz, Anna *20. 11. 1876 in Ebersdorf (Harbatice), [Vater Arbeiter im Kohleschacht], verh. 31. 10. 1900 in Kulm = 11. 5. 1959 in Burgkunstadt IV. Dvořák, Josef *2. 8. 1904 in Kulm 32 = 24. 2. 1996 in Wolfsloch, Gemeinde Hochstadt Hebeda, Antonie *22. 2. 1907 in Kulm 74, [Vater aus Kvaň bei Pilsen], verh. 14. 9. 1940 in Kulm = 6. 6. 1963 Burgkunstadt V. Dworschak, Rosemarie *12. 11. 1941 in Kulm 32 Kraus, Johann Wendelin *29. 7. 1938 in Wolfsloch Gmd. Wolfsloch, verh. 21. 5. 1972 Wolfsloch, = 28. 3. 2013 in Wolfsloch 3 Kinder, 6 Enkelkinder Rosemarie Kraus-Dvořák in Kulm bei Freunden, im Garten der Pension Richter 7
Das Böhmische Trio von Burglengenfeld von Rosa Mehringer und Dr. Sigrid Ullwer-Paul, SL Kreisgruppe Burglengenfeld/Städtedreieck Das Trio stellt sich vor: Rosa Mehringer, Han- Bezirksversammlungen in Regensburg waren wir nelore Götz und die Akkordeonspielerin Mari- dabei. Ebenso singt es regelmäßig bei der gut be- anne Fuchs. suchten jährlichen Landesfrauentagung in Re- gensburg. Darüber hat sich die Kreisvorsitzende Rosa Mehringer, wurde im ehemaligen Pössig- und Landesfrauenreferentin besonders gefreut. In kau, Kreis Bischofteinitz 1940 geboren und ist seit der näheren Umgebung ist das Trio überdies bei 20 Jahren Mitglied bei der SL Kreisgruppe Burg- Musikantentreffen, in Seniorenheimen und Ge- lengenfeld/Städtedreieck. Da bei den Monatstref- burtstagen zu hören. Beim Treffen der „Dringe- fen das Singen nicht fehlen durfte, gründete sie bliebenen“ und Vertriebenen im böhmischen Bi- zusammen mit Wilhelmine Herrmann (früher schofteinitz hat es auch schon gesungen. Weißensulz) und Hannelore Götz, Akkordeon- spielerin, ein Trio. Zufällig hatte Frau Mehringer Der Komponist und Förderpreisträger für Musik auch ein Liederbuch von Erhard Nowak gefun- der Sudetendeutschen Landsmannschaft Andre- den. Hannelore Götz, geboren in Bayern, ist seit as Mehringer, geboren 1975, Sohn von Rosa und 12 Jahren Mitglied bei der SL Burglengenfeld, ob- Josef Mehringer, ist seit mehreren Jahren mit der wohl ihre Eltern aus Oppeln, Schlesien stammen. Landsmannschaft verbunden. Mehrere Bearbei- Da Mina Herrmann leider inzwischen verstorben tungen für das „Böhmische Trio“ stammen aus ist, wurde Marianne Fuchs, geboren 1957, als Er- seiner Feder. Seine neue Komposition „Willkom- satz gewonnen. Sie ist seit Anfang 2018 auch Mit- men daheim“ wurde von diesem Trio bei der Er- glied der SL. Ihr Vater stammt aus Wundingrün, öffnung der Sudetendeutschen Heimatstube im Kreis Falkenau, Egerland. Oktober 2017 uraufgeführt. Bei den Veranstaltungen der SL im Bereich Burg- 2019 produzierte er zusammen mit dem „Böhmi- lengenfeld tritt das Trio des Öfteren auf. Es spielte schen Trio“ eine CD-Aufnahme mit traditionel- aber auch beim Sudetendeutschen Tag in Augs- len böhmischen Liedern. burg, beim Heimattreffen in Weiden und bei den Rosa Mehringer, Hannelore Götz und die Akkordeonspielerin Marianne Fuchs. 9
Das verhunzte Pfingsten von Ilse Pietschmann Jeder, der wie ich zwei Schwestern hat, weiß aus Aus der allerobersten Kammer hörten wir die Erfahrung, dass die albernen Weiber es andau- Große, die Hedy, bis herunter räsonieren: „Schon ernd mit der Ordnung halten. Wenn wir zwei Bu- wieder liegt alles rum. Keiner räumt seine Klei- ben nicht gleich alles auf den Platz legten, schrie dung auf. Alles, was jetzt rumliegt, wird wegge- schon eine: „Könnt ihr euere Sachen nicht auf- worfen. Denen werde ich es schon zeigen, egal so räumen! Ihr lasst alles so stehn und liegen, wie es schlampig darf man nicht zu sein!“Und wirklich, euch aus den Händen fällt! Nichts als Ärger hat aller Papierkram kam in den großen Kohlenkas- man mit euch Buben!“ So ging das alle Tage und ten vor dem gekachelten Küchenofen. Uns zum wir hatten das Getue oft bis oben rauf satt. Trotz hatte Hedy auch ein Pulvertütchen erwischt und weggebracht. Uns genierte das Gezeter nicht Da in unserer Familie vom Großvater bis zum mehr, das ging vorbei wie ein Gewitter und zum Vater, jeder ein Jäger war und diese ihre Patronen Schluss hatten sich die Beiden noch jedes Mal be- selber machten, lag allerhand Pulver und Zube- ruhigt. hör im Pulverschränkchen am obersten Boden. Natürlich in Schubkästen eingeschlossen. Da- Zeitig früh, es war Pfingstsonntag, kamen schon zumal war noch kein Gedanke an die heutigen die ersten Kirchgänger und setzten sich rein in neumodischen Gewehre mit allen Raffinessen. die Gaststube. Die Mutter im Sonntagsstaate war Die Erzeugung der Patronen ging so vor sich: In gerade dabei, im Küchenofen Feuer zu machen. die Patronenhülse kam ein Maaß Schwarzpulver, weil es ja besonders geschwind gehen sollte, hatte darauf ein Pfropfen und auf den Pfropfen noch sie sich nicht erst die Lüsterschürze umgebunden. Schroth und danach noch ein Blättchen Pappde- Das war ein großer Fehler, wie sich bald heraus- ckel. Zu guter Letzt wurde die Patrone mit einem stellen sollte. Rasch, wie unsere Mutter immer kleinen Maschinchen gefalzt und fertig war sie. war, erwischte sie das alte Papierzeug aus dem Wir Kinder guckten ganz andächtig zu, wenn ein Kohlenkasten und stopfte alles, was drin lag, ins paar Patronen fabriziert wurden. Ofenloch und hielt das Zündholz dran. Erst kam ein elender Faucher, dann ein mordsmäßiger Am Boden auf dem Pulverschränkchen standen Knall, dass die Fensterscheiben klirrten, danach noch verschiedene Tüten mit Pulver. Jeder von ein Krach, als wenn ein Blitz eingeschlagen hätte. uns wusste genau, an diesen Sachen darf sich nie- Darauf folgte ein schreckliches Geschrei und La- mand vergreifen, sonst setzt es was! mento. Aber die Mädel hatten manchmal so ihren eige- Wir Buben waren im Handumdrehen aus den nen Kopf. – Es war kurz vor Pfingsten, die Feier- Betten. In Windeseile sausten wir die Treppe hin- tage nahten. Meine zwei Schwestern fingen mit unter und in die Küche. der üblichen Putzerei und Fegerei an. Wie über- Der Anblick war haarsträubend! So was Schreck- all, machten diese in ihrer übertriebenen Rein- liches hatten wir noch nie gesehen! Unsere Mut- lichkeit und Ordnungsliebe vor nichts Halt. Kein ter stand wie eine Walküre vor dem Ofen. Die ruhiges Fleckchen war mehr im ganzen Hause. blonden Haare und die Augenbrauen waren ganz Aus jeder Ecke wurden wir Buben von den zwei versengt, die Wimpern und das Weiße aus den Besen schwingenden Drachen mit Seifenwasser Augen hatten eine Farbe und sonst war das gan- und Wurzelbürste verjagt. ze Gesicht kohlrabenschwarz vom Rauch. Das gute, mit glänzenden Pailletten bestickte schöne 10
„Schwarzseidene“ war auf einmal vorn sehr de- Das mochte der so übel zugerichteten Mutter in koltiert. Die Pailletten lagen in der ganzen Küche die falsche Kehle geraten sein. Sie kam mit der verstreut herum, als wenn es dieselben geregnet hocherhobenen Kohlenschaufel geradewegs auf hätte. Der große Krach, das waren die eisernen uns zu: „Da seid ihr zwei Sappermenter, ihr elen- Ofenplatten, die hatten sich regelrecht gebogen digen sicher wieder daran schuld. Am Ende und waren in die Höhe gegangen. Der Knall kam habt ihr das ausgeheckt! Na, ich erwisch euch von dem Pulvertütchen, welches die Hedy aus schon noch!“ lauter Ordnungswut mit in den Papierkram ge- stopft hatte. Zum großen Glück war nicht mehr Wir hatten uns blitzartig verdünnisiert, diesmal viel Pulver drin gewesen. Dass nicht alles hin waren wir wirklich nicht schuld an dem Feuer- war, kam davon, dass Mutter beim Einheizen, das werk. Doch die Dresche blieb nicht aus. Aber Ofen- und das Aschetürchen offengelassen hatte. diesmal hatte man die Unschuldigen erwischt und uns das ganze Pfingsten verpatzt. Die Weibs- Die Küche füllte sich mit den ersten Gästen, die bilder wurden auch tüchtig ausgeschimpft und ganz erschrocken herumstanden und dumme verdonnert. Gesichter machten. Eine ganze Weile war nun wieder Ruhe, was das Mein Bruder Peppi und ich, wir standen in einer Aufräumen anbelangte. Vielleicht war auch nie- Ecke und konnten uns vor Lachen nicht mehr mand mehr an die Pulvertütchen gegangen, weil halten wir quiekten hellelaut und mussten uns der Vater gesagt hatte: „Wer da nochmals dran- den Bauch halten. langt, den erschieß ich, verstanden!“ Anmerkungen: Lüster (von franz. lustre = Oberflächenglanz) ist ein glänzender Stoff. Für das Gewebe wird Baumwolle als Kette ver- wendet. Der Schuss kann aus Kammgarn, Mo- hair oder Alpaka bestehen. Lüster wurde früher vor allem für Oberbekleidung, insbesondere für Jacken, Schürzen und Schuluniformen verwen- det. Marcel Pagnol etwa berichtet in seinen Kind- heitserinnerungen, die Schüler hätten im Gym- nasium einen schwarzen Lüsterkittel über der Straßenkleidung tragen müssen. (Quelle Wikipedia). Die Knallerei war früher ein üblicher Spaß und hängt mit der Vertreibung von bösen Geistern zusammen. Heute wird es zu Sylvester stark über- trieben. Patronen selber herzustellen, ist aber nicht nur verboten, sondern sehr gefährlich, da man die Mengen nie genau abschätzen kann. Alter Sesselofen aus Nordböhmen (Foto von 1975), wie er auch in der Küche des Wirtshauses gestanden haben könnte. 11
Die Kuchenrandel von Ilse Pietschmann Als die Hille-Frieda den Bezirksrichter Worsch heiratete, sollte ich hinüber gra- tulieren gehn, wie das so Brauch war. Eine Glückwunschkarte und ein kleines Ge- schenk musste ich mitnehmen. Das mach- te ich mit Vorliebe. Bei mancher Hochzeit war ich schon bis ins Oberdorf gerannt, gab meine Gratulation ab und trat mit ei- nem Fuß auf den anderen. Na, die werden mich doch nicht vergessen haben? Oder geben die mir heute kein einziges Streiferl Kuchen? Der Kuchen war ja die Hauptsa- che für uns Kinder. Dafür liefen wir schon ein großes Stückl Weges. Bei der Hille-Hochzeit stand ich also bei der Brautmutter in der Küche rum mit meiner Gratulation und wartete auf den erhofften Kuchen. Wie große Wagenräder lagen die Kuchen auf dem Tische, große Klecksel-, Streusel, Quark- und Pflaumen- 12 12
kuchen, auch Doppelkuchen waren da- bei. Meine Augen gingen mir über und im Munde lief mir schon das Wasser zusam- Die Braut in Ihren Hochzeitsstaate mein- men. Die Köchin, der Geizkragen, gab mir te: „Rudi, hat dir wohl unser Kuchen aber nur lauter abgeschnittene Randel, nicht geschmeckt, dass du hier die Ran- eine ganze Hocke voll nur lauter Kuchen- del hinlegst?“ Ich sagte drauf: „Nein, randel. Ich war so verdattert, dass ich die nein, ich hab doch gar keinen Kuchen ge- Hocke erwischte und schleunigst sah, dass kriegt, nur lauter Kuchenrandel hat mir ich rauskam. die Köchin gegeben, nicht ein Stückchen richtigen Kuchen!“ Da lachte die gan- Draußen packte mich erst die helle Wut! ze Gesellschaft helllaut und ich musste nochmals reinkommen und bekam ein Die Treppen hinunter ins Vestibül hat- tüchtiges Paket mit den allerschönsten ten sie schon einen schönen, dunkelroten Kuchen mit nach Hause. Teppich ausgelegt für das Hochzeitspaar. Da legte ich, schön ordentlich, mitten auf den Teppich, auf jede Stufe ein Kuchen- randel, die langten gerade bis runter vor die Türe. Mit einem Male hörte ich eine Kutsche halten und schon stieg das Braut- paar aus und kam geradewegs auf mich zu. 13 13 13
Der Räuber Hotzenplotz und die Stadt gleichen Namens von Dr. Dieter Piwernetz „Der Räuber Hotzenplotz“ ist die Hauptfigur in der abenteuerlichen Kasperlgeschichte von Ot- fried Preußler, die 1962 als Buch erschienen ist. Das Buch kennt jedes Kind. Doch wie der Räuber Hotzenplotz zu seinem Namen gekommen ist, das wissen nicht alle Leser. Die befestigte Stadt Hotzenplotz um 1658 Erschienen im Thienemann-Esslinger Verlag Bild: Wikipedia Blumenstraße 36 D-70182 Stuttgart Bis 1945 gab es in Österreichisch-Schlesien ein tatsächlich entstanden ist und wann er erstmals kleines Städtchen mit dem deutschen Namen nachweislich verwendet wurde. Zu bedenken ist „Hotzenplotz“. Der merkwürdige Stadtname hat allerdings, dass ein Ortsname schon lange im all- Otfried Preußler schon als Kind so beeindruckt, gemeinen Sprachgebrauch verwendet worden dass er ihn als passenden Namen für den Räuber sein muss, bevor er in Dokumente, Urkunden in seinem berühmten Kinderbuch wählte. oder Geschichtsbücher eingeht. Ortsnamen sind Hotzenplotz“ liegt etwa 150 km südöstlich von stets älter als ihre erste urkundliche Erwähnung. Breslau an den östlichen Ausläufern des Alt- vatergebirges am linken Ufer der „Osoblaha zu Entstand „Hotzenplotz“ als Verballhornung deutsch Hotzenplotz“, die bei Krappitz (Krap- des slawischen Namens „Osoblaha“? kowice) in die Oder mündet. Der Fluss gab der Der Breslauer Forscher Heinrich Adam (1888) Stadt ihren Namen. Der Name Osoblaha ist sla- vermutete, es habe schon vor dem slawischen Na- wischen Ursprungs. men „Osoblaha“ (polnisch Osobłoga) auch einen slawischen Flussnamen „Ossa“ gegeben und da- Wie entstand der deutsche Name „Hotzen- von abgeleitet Ortsnamen wie „Ossoblavia“ oder plotz“? „Ossoblaka“ und deutet die Entstehung des deut- Wissenschaftlich ließ sich bisher noch nicht klä- schen Namens „Hotzenplotz“ als Verballhornung ren, wie der deutsche Ortsname „Hotzenplotz“ eines slawischen Namens. Verballhornungen las- 14
sen also gewöhnlich einen phonetischen Zusam- dere, wenn man berücksichtigt, dass der Wieder- menhang zwischen den verballhornten Wörtern aufbau der zerstörten Stadt durch Siedler aus dem oder Redewendungen erkennen. Bei einem pho- Heiligen Römischen Reich, so auch aus dem El- netischen Vergleich des slawischen Wortes Oso- sass und die Neugründung der Stadt nach deut- blaha mit dem deutschen Wort Hotzenplotz ist schem Stadtrecht erfolgt ist. ein lautlicher Zusammenhang selbst mit großer Phantasie nicht erkennbar. Überdies ist der deut- Um die Mitte des 13. Jahrhunderts bemühte sich sche Name Hotzenplotz weder eine „Verschlech- Bruno von Schauenburg, der neue Bischof von terung“ noch eine „sinnentstellende Änderung“ Olmütz, um eine Neubesiedlung des wüst liegen- des slawischen Wortes Osoblaha, weil es für den den, ehemals slawischen Gebietes und um den slawischen Eigennamen keine deutsche Überset- Wiederaufbau der zerstörten Stadt. Mit Zustim- zung gibt. Die Deutung des deutschen Namens mung des böhmischen Königs Ottokar I. Přemysl Hotzenplotz als Verballhornung des slawischen (1155-1230) gelang es ihm, Siedler aus Schwaben, Namens Osoblaha erscheint deshalb nicht recht Bayern, Franken und Sachsen für die Zuwande- schlüssig. rung zu gewinnen. König Ottokar förderte die Zuwanderung und die Ausbreitung ihrer Wirt- Der Name „Hotzenplotz“ ist eine deutsche schaftsform in Böhmen. Ein besonderer Förderer Wortschöpfung war sein Sohn König Wenzel I. Přemysl (1205– Die Besiedlung des Gebietes um Hotzenplotz er- 1253), der von 1230 bis 1253 böhmischer König folgte im 10. Jahrhundert durch Slawen. Sie ga- war. Von 1253 bis 1278 war Ottokar II. Přemysl ben der Ansiedlung den slawischen Namen „Oso- (1232-1228) König von Böhmen und schon ab blaha“ nach dem gleichnamigen Fluss. Um die 1251 Herzog von Österreich. Besitzverhältnisse hat es zwischen Böhmen und Polen immer wieder Kriege gegeben, bis das Ge- Der Olmützer Bischof schickte, wie damals üb- biet schließlich im Frieden von Glatz 1137 zum lich, „gewandte Werber (sog. Lokatore)“ in das Bistum Olmütz kam und damit in Schlesien eine Heilige Römische Reich, um Siedler anzuwer- Enklave des Königreichs Böhmen wurde. Die ben. Als Belohnung für eine erfolgreiche Anwer- Stadtgründung erfolgte 1235 durch den Bischof bung erhielt der Lokator ein Stück Land im Sied- von Olmütz. Während der Mongoleneinfälle im lungsgebiet. Die Anwerbung ging natürlich nur Sommer 1241 wurde die Stadt völlig zerstört. Die mit Zustimmung der zuständigen Landesherren, Bewohner flüchteten oder wurden umgebracht. denn die einfachen Bauern durften als Leibeige- Stadt und Land waren danach entvölkert und la- ne der Landesherren nur mit deren Erlaubnis gen wüst. Die wenigen zurückkehrenden Slawen Hof und Land verlassen. „Die deutschen Ansied- vermochten die Stadt nicht wiederaufzubauen. ler wurden in persönlich ganz freien Pachtver- hältnissen auf grundherrlichen Boden angesie- Ein Blick in die Geschichte Mitteleuropas im delt mit Zinsleistungen nur für den Grund und 13. bis 14. Jahrhundert, die Zeit der Neubesiede- Boden.“ (HOFFSSTAEDTER). Die zugesicherten lung des ehemals slawischen Gebietes mit deut- persönlichen Freiheiten und die Aussicht auf ein schen Siedlern, bietet eine denkbare Erklärung besseres Leben waren ein starker Anreiz für die für eine deutsche Wortschöpfung des Namens Auswanderung in ein unbekanntes, fernes Land Hotzenplotz. Die Grundhaltung der Přemysliden im Osten. Man darf davon ausgehen, dass nur die und Landesherren im Königreich Böhmen, die kräftigsten, fleißigsten und furchtlosesten Men- die Einwanderung deutscher Siedler in Böhmen schen ein solches Wagnis eingingen. Die Siedler förderten, spricht sehr für einen germanischen kultivierten in kurzer Zeit das Land in ihrer neu- Ursprung des Namens „Hotzenplotz“. Insbeson- en Heimat, rodeten Wälder, legten neue Felder an 15
und gründeten neue Ansiedlungen. Die wenigen wurden auch jene Männer als Hotzen bezeichnet, noch verbliebenen Slawen versuchten vielfach die Hotzenhosen trugen. Das Badischen Wörter- sich in den deutschen Siedlungen niederzulassen. buch erwähnt, im Bettlerbuch von 1510 stand der rotwelsche Begriff houtz und houtzin für Bau- Die Neugründung der zerstörten Stadt erfolg- er und Bäuerin. Nach GÖTZ habe man im Ale- te 1250 nach Magdeburger Stadtrecht. Andere mannischen schließlich unter dem Begriff Hot- Städte im Königreich Böhmen aber auch in Polen ze einfache, anspruchslose Bauern verstanden, sind nach Magdeburger, Nürnberger und Wie- wie sie jahrhundertelang in den weiten Wäldern ner Recht gegründet worden. Bis 1260 war die und den kaum zugänglichen Waldgebiet im süd- wüst liegende, slawische Stadt wiederaufgebaut lichen Schwarzwald gelebt haben, der später als und bis 1267 auch die Umgebung wieder nutzbar Hotzenwald bezeichnet worden ist. Das Haus der gemacht. An den ehemals slawischen Charakter Hotzen hieß Hotzenhaus und die gute Stube Hot- der Stadt erinnerte nur noch die Stadtanlage als zenstube. Das Gebiet, in dem die zähen und an- Rundling. spruchslosen Bauern lebten, wurde etwas abfällig Hotzenland genannt. Wohlgemerkt, alle Namen Der Name hotz/ hotze/ Hotzenwald und seine haben sich die Betroffenen weder selbst gegeben, Verwendung in Süddeutschland noch haben sie ihre Siedlungsgebiete so genannt. Geht man nun von den historischen Siedlern aus Schwaben, Bayern und Franken aus, dann wer- Wie die neue Stadt zum Namen Hotzenplotz den auch die im neuen Ansiedlungsgebiet ge- kam? sprochenen Dialekte zum größten Teil dem süd- Man darf davon ausgehen, dass die deutschen deutsch-alemannischen Dialektraum entstammt Siedler fleißig, arbeitsam und selbstbestimmt wa- sein. ren und einen großen Selbstbehauptungswillen besaßen, denn sonst wären sie nicht in das unbe- In süddeutschen Dialekten taucht schon im frü- kannte, wüst liegende Gebiet im Altvatergebirge hen Mittelalter das Wort Hotzen auf. Nach dem ausgewandert. Das waren auch genau jene Eigen- Badischen Wörterbuch war bereits um 1300 das schaften, die der Bischof von Olmütz von seinen Wort bekannt. Ein Wort muss jedoch schon lan- Siedlern für die Neubesiedelung erwartet hat. ge und allgemein verbreitet gewesen sein, wenn Ist es deshalb nicht auch denkbar, dass die aus- es in ein Wörterbuch aufgenommen wird. Im wanderungswillige Bauern von ihren ehemaligen Heiligen Römischen Reich gab es in der schwä- Landesherren insgesamt und verallgemeinernd bisch-alemannischen Mundart, also schon in der schon als „Hotzen“ annonciert worden sind, um Zeit als die deutschen Siedler um die Mitte des die robuste, belastbare und selbstbestimmte Le- 13.Jahrhunderts in das wüst liegende slawische bensart der auswandernden Bauern nochmals Gebiet um Osoblaha einwanderten, das Wort besonders zu betonen und hervorzuheben? Hotz, im Plural Hotzen. Angenommen der Bischof von Olmütz hätte den In Südwestdeutschland und der Schweiz verstand Begriff „Hotzen“ übernommen und demgemäß man im Mittelalter unter Hotz oder Hotzen zu- das relativ kleine, ehemals slawische Siedlungs- nächst ein grobes und strapazierfähiges, graues, gebiet mit einer Fläche von nur 2.570 Hektar in schwarzes oder braunes Wolltuch, das Hotzen- seiner Kanzlei als „Platz der Hotzen“ bezeichnet. tuch, woraus wetterfeste Kleidungsstücke, wie Der Bischof von Olmütz wäre dem Trend der Zeit Hosen, Jacken, Mäntel und Kappen angefertigt gefolgt. Die Sprache in Akten und Geschichts- wurden. Später wurden die aus Hotzentuch gefer- schreibung im 13. und 14. Jahrhundert war zwar tigten Hosen als Hotzen bezeichnet. In Südbaden bisweilen noch lateinisch, doch nach der Einfüh- 16
rung der deutschen Sprache in der Prager Reichs- Nach diesem geschichtlichen und etymologi- kanzlei als „böhmische Kanzleisprache“ zeig- schen Ausflug erscheint die Erklärung des deut- te sich, dass in den Archiven zunehmend auch schen Namens „Hotzenplotz“ als Verwendung Ortsnamen in deutscher Sprache abgefasst wor- des um die Mitte des 13. Jahrhunderts im schwä- den sind. Ab 1300 wurde in Akten und Urkun- bisch-alemannischen Sprachraum bereits allge- den bereits überwiegend die mittelhochdeutsche mein bekannten Wortes „Hotzen“ plausibler als Sprache angetroffen. Auf mittelalterlichen Karten die Deutung des Namens durch eine Verballhor- findet sich dementsprechend der deutsche Fluss- nung des slawischen Namens „Osoblaha“. Es ist name „Die Hotzen Plotze“ anstelle des slawi- überdies höchst unwahrscheinlich, dass durch schen Flussnamens Osoblaha. Übrigens auch ein eine Verballhornung zufällig eine sinnvolle Wort- Hinweis darauf, dass es keine deutsche Überset- verbindung entstanden sein soll, die in ähnlicher zung für Osoblaha gab. Dabei war es üblich, um- Weise in einem weit entfernten Dialektraum im ständliche Beschreibungen zu einem Wort zu- Heiligen Römischen Reich schon längst als “Hot- sammenzufassen. Damit wäre eine plausible und zen“, „Hotzenland“ und „Hotzenwald“ bekannt einleuchtende Erklärung für den einfachen und und gebräuchlich war. klangvollen deutschen Namen „Hotzenplotz“ ge- funden. „Plotz“ lässt sich als mundartlicher Aus- Die weitere geschichtliche Entwicklung der druck für „Platz“ erklären. In zeitgenössischen Stadt „Hotzenplotz“ Urkunden und Dokumenten führten die Bischöfe Hotzenplotz war seit 1260 ein Lehen des Königs von Olmütz seinerzeit auch den deutschen Titel von Böhmen an das Bistum Olmütz und eine „Herzog von Hotzenplotz“ (wikipedia.org/wiki/ mährische Enklave in Schlesien. Hotzenplotz und Osoblaha). sein Umland wurden immer wieder von Kriegen Ausschnitt aus der politischen Karte von Böhmen, 1905, Maßstab 1:1.800.000 17
und Brandschatzungen heimgesucht, vor allem in Ab 1850 gehörten Österreichisch-Schlesien und den Hussitenkriegen von 1419 bis 1436. Die wirt- Hotzenplotz zum Kaiserreich Österreich, von schaftliche Entwicklung des Gebietes hat unter 1867 bis 1918 zur Österreich-Ungarischen Mo- den Kriegswirren sehr gelitten. Um als mährische narchie. Ab 1918 verblieb der Großteil Österrei- Enklave in Schlesien wehrhaft zu bleiben, wurde chisch-Schlesiens bei der neu gegründeten Tsche- 1656 in Hotzenplotz eine „Bürgerliche Schützen- choslowakei, nur ein kleiner Teil wurde Polen zu- gesellschaft“ gegründet. Nach dem Ersten Schle- gesprochen. Trotz aller Zerstörungen und Brand- sischen Krieg zwischen Österreich und Preußen schatzungen in den vergangenen Jahrhunderten von 1740 bis 1742, dem Vorfrieden von Breslau blieb die Stadt Hotzenplotz über 500 Jahre lang vom 11. Juni 1742 und dem Friedensvertrag von erhalten und unverändert, bis mit dem Ende des Berlin vom 28. Juli 1742 verblieb nur ein kleiner Zweiten Weltkriegs 1945 auch das Ende der deut- Teil von Schlesien bei Österreich, der Großteil schen Stadt kam. fiel an Preußen. Der bei Österreich verbliebene Teil hieß nun „Österreichisch-Schlesien“, offiziell Die Bevölkerungsentwicklung bis 1945 „Herzogtum Ober- und Niederschlesien“. Zu die- 1834 gab es in Hotzenplotz 3.558 deutsche Ein- sem Teil gehörte auch Hotzenplotz, die ehemals wohner, davon waren 2.971 Katholiken und 587 mährische Enklave in Schlesien. Hotzenplotz Juden und bis 1880 stieg die Einwohnerzahl auf unterstand nun dem Kreisgericht Teschen, dem 4.012 Einwohner. 1890 zählte man in der Stadt Landgericht Troppau und dem Oberlandgericht 3.622 deutsche Einwohner. 1900 gab es nur noch in Brünn. Durch die neue Grenzziehung nach 3.199 deutsche Einwohner. Durch Abwanderung dem Friedensvertrag verlor die Stadt ihren natür- nach dem 1. Weltkrieg ging die Zahl bis 1920 auf lichen Wirtschaftsraum in Schlesien, was erhebli- 2.500 zurück. 1930 zählte man 2.237 Einwohner che wirtschaftliche Nachteile mit sich brachte. und 1939 betrug die Einwohnerzahl noch 2.138 Hotzenplotz um 1900. Der Ringplatz mit dem Marktbrunnen. Ansichtskarte vom 25.3.1910 (Verlag Paul Steffan, Hotzenplotz, Österreichisch-Schlesien, Sammlung D. Piwernetz) 18
Aufschriftseite der Ansichtskarte mit Textbereich Österreichische Marke mit Doppelkreis-Stempel vom 25.3.1910 entwertet. Einwohner. Bis zum Herbst 1946 sind fast alle waggons bis nach Jägerndorf transportiert und deutschen Einwohner aus Hotzenplotz vertrieben von dort weiter nach Bayern, Baden-Württem- worden. Für 1947 wird eine Zahl von 421 ange- berg und Hessen. geben. Nach über 500 Jahren deutscher Besiedlung ist Das Ende der deutschen Besiedlung von Hot- mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der zenplotz Vertreibung der Deutschen auch der deutsche Das Ende der deutschen Besiedlung von Hotzen- Name Hotzenplotz in der Tschechoslowakei ver- plotz begann nach dem Zweiten Weltkrieg. Am schwunden. Heute trägt die Stadt nur noch den 21.3.1945 besetzte die Rote Armee nach heftigen tschechischen Namen Osoblaha. Doch an den Kämpfen die Stadt Hotzenplotz. Am 8.5.1945 war einstigen deutschen Namen Hotzenplotz erinnert das Zentrum von Hotzenplotz fast völlig zerstört. heute noch in über 30 Sprachen der Welt der Ti- Die vor dem Kriegsgeschehen ins Altvatergebir- tel des weltbekannten Jugendbuchs von Otfried ge geflohene Bevölkerung kehrte im Mai und Preußler: „Der Räuber Hotzenplotz“. Juni 1945 in die zerstörte Stadt zurück, in der die meisten Häuser unbewohnbar waren. Kurz nach ihrer Rückkehr wurden alle männlichen Perso- nen zwischen 14 und 60 Jahren zur Zwangsarbeit in die Kohlebergwerke in Mährisch Ostrau (Ost- rava) verpflichtet. Im Frühjahr 1946 begann dann Artikel gekürzt, Gesamtartikel und Literatur auf Anfrage! die Vertreibung der deutschen Bevölkerung. Bis zum Herbst 1946 wurden die Deutschen in Vieh- 19
Die Poststempel von Hotzenplotz bis 1945 von Dr. Dieter Piwernetz Poststempel dokumentieren den Weg und die wendet. Von 1918 bis 1938 gab es zweisprachige Beförderungsart eines Briefes. Seit es Briefmar- Stempel der tschechischen Post, oben OSOBLA- ken gab, wurden diese mit einem Poststempel HA Č.S.P. und unten HOTZENPLOTZ. Dane- entwertet. Am Ankunftsort erhielten Postsen- ben war aber auch ein einsprachiger Stempel nur dungen noch Anfang des 20. Jahrhunderts einen mit tschechischem Ortsnamen in Gebrauch. 1938 Eingangsstempel. wurde in dem zweisprachigen Ortsstempel der tschechische Ortsname entfernt (aptiert). Schon bald erkannte man die Bedeutung von Poststempeln als Werbeträger, die in alle Welt Nach dem 2. Weltkrieg wurden von der tschechi- gingen. So entstanden die Werbestempel. Für be- schen Post zunächst die zweisprachigen tschechi- sondere Anlässe wurden zum Gedenken Sonder- schen Stempel von 1931 kurze Zeit wiederver- stempel herausgegeben. Das Sammeln von Post- wendet, allerdings nun mit der Aptierung des stempeln erfreut sich heute großer Beliebtheit, deutschen Namens HOTZENPLOTZ im unteren weil sich damit die Geschichte eines Ortes bele- Stempelbogen. gen lässt, wie z. B. bei Hotzenplotz. Ab Ende 1945 gab es dann nur noch Stempel der Das Postamt in Hotzenplotz wurde um 1835 er- tschechischen Postverwaltung mit OSOBLAHA öffnet. Von 1835 bis zum Ende des 1. Weltkriegs Č.S.P., ohne Hinweis auf den früheren deutschen 1918 wurden nur österreichische Poststempel mit Namen. dem deutschen Namen HOTZENPLOTZ ver- Die deutschen Poststempel der K.u.k. Österreichischen Post bis 1919 von 1853 von 1897 von 1910 von 1919 Die tschechischen Poststempel von 1918 bis 1938 Deutscher Notstempel von 1938 (aptierter tschechischer Stempel von 1931) von 1931 von 1933 20
Kochkreis der Sudetendeutschen Landsmann- schaft, Ortsgruppe Roth Von Hannelore und Dieter Heller, Roth 1986 bildete sich innerhalb der Sudetendeutschen Landsmannschaft Roth ein Kochkreis. Noch heu- te im Jahr 2020 besteht er, allerdings in etwas ver- änderter Form. 1985 hatte der relativ „junge“ Ortsobmann Dieter Heller alle Mitglieder unter 50 Jahren zu einem Gedankenaustausch über gewünschte Aktivitäten eingeladen. Es sollten Anregungen für die Ver- Böhmischer Abend mit Liwanzen einsarbeit gesammelt werden. Neben dem Inter- esse für literarische Vorträgen und der Gründung bereitungsarbeiten, gab entsprechende Hinweise eines Volkstanzkreises bestand auch der Wunsch und verfasste zum Kopieren das Rezept in schrift- nach einem Kochkreis, der sich mit heimatlichen licher Form. Er arbeitete aber auch selbst bei der Rezepten beschäftigen sollte, die früher als Haus- Zubereitung mit. Auch für das Mitbringen von mannskost beliebt und bekannt waren, aber meist Getränken wurde einer beauftragt. nicht in gedruckten Kochbüchern stehen. So soll- Die Kosten für die Zutaten und die Getränke ten gleichsam unsere Eltern und Großeltern – so- wurden am Schluss des Kochabends ermittelt, weit noch vorhanden – aktiviert und zu Koch- aufgerundet und auf alle Teilnehmer gleichmäßig abenden eingeladen werden. umgelegt. Der verbleibende Erlös wurde in einer Handkasse verwaltet. Suche nach einer geeigneten Küche Es erwies sich als Glücksfall, dass dem gewünsch- Teilnehmerkreis ten Kochkreis eine stv. Schulleiterin und eine Im Durchschnitt 12 – 16 Teilnehmer, davon 2 – Schulsekretärin angehörten. So konnten wir bald 3 Männer. Die Altersspanne reichte von 20 – 85 in einer Schulküche gegen eine Benutzungsge- Jahren. bühr agieren. Besonderheiten Der Ablauf eines Kochabends Ursprünglich war gedacht, dass die älteren (Dauer:19.00 bis 22.00 Uhr) Landsleute ihre „im Kopf gespeicherten Rezep- Grundsätzlich wurde nur eine gemeinsame te“ zubereiten und so maßgeblich zur Überlie- Mahlzeit oder ein Menu zubereitet. Es wurde ferung alter nicht gedruckter Rezepte beitragen. vorher festgelegt, welches Gericht gekocht wer- Dieser Plan ging nur teilweise auf, da sich viele den sollte, wer dafür zuständig und verantwort- der betagten Landsleute ein „Vorkochen“ im grö- lich sei. Im Vordergrund stand immer das Motto ßeren Teilnehmerkreis nicht zutrauten. Es ist da- „böhmische Küche“, aber manchmal wurde auch her wichtig, dass an Gerichte unserer Eltern und über den Tellerrand hinausgeschaut. das sie begleitende Brauchtum erinnert wird und Der Verantwortliche kaufte die Zutaten ein, such- dann gemeinsam alte Rezepte zusammengetra- te sich eventuell geeignete Helfer und führte beim gen und zubereitet werden. Kochen Regie. Dann verteilte er die Vor- und Zu- 21
Wesentlich war, dass sich der Kochkreis einmal stützte den Ankauf der neuen Winterhalter Orgel monatlich an einen festen Termin in der Schul- aus dem Schwarzwald. 80 Portionen böhmischen küche getroffen hat. Im Sommer wurde dazu ein Schweinebratens mit böhmischen Knödeln und Grillabend in einem Privatanwesen durchgeführt. Kraut gab es, dazu als Nachtisch Liwanzen und Weiter wurde einmal im Jahr ein gemeinsamer einen Karlsbader Becherbitter. In einem eigenen Ausflug – soweit möglich mit einer dem Koch- Vortrag konnten wir in der Pfarrei über die Ge- kreis angepassten Besichtigung (Mühle, Lebens- schichte des Sudetenlandes informieren. mittelbetrieb, Weingut) – durchgeführt. Aus Gründen der Öffentlichkeitswirkung wurden Im Rahmen des 15-jährigen Bestehens unserer die Kochabende in der lokalen Presse unter „Ver- Arbeit entstand eine kleine Broschüre mit dem einsnachrichten“ bekannt gemacht. Während der Titel „Koch- und Bacrezepte – vorwiegend aus Kochabende wurden auch aktuelle SL-Informa- der böhmischen Küche“, die käuflich erworben tionen weitergegeben und die Geselligkeit wurde werden konnte. nicht vergessen. Rezeptbeispiele: Blumenkohlsuppe, Böhmischer Schweinebraten, Bohnengulasch, gefüllte Kartof- Beim Rother Altstadtfest waren die Mitglieder felknödel, Grenadiermarsch, Szegediner Gulasch, des Kochkreises viele Jahre aktiv tätig, backten böhmische Semmelknödel, Dorschengemüse, dort Liwanzen aus und verkauften jeweils etwa Franzenknödel, Hefeknödel, Dillsauce, Dukaten- 450 Stück. Zwetschgenknödel und auch böhmi- buchteln, Liwanzen, Powidltascherl, Quarkecken, sche Kleckselkuchen (ca. 120 Stück), am Vortag Zwetschgenknödel aus Kartoffel- und aus Quark- gemeinsam in der Schulküche gebacken, zeigten teig, Kleckselkuchen, Mohntorte, Weihnachts- die sudetendeutsche Kochkunst auf. striezel, Teepunsch etc. Ein Böhmischer Abend im Jahr 2011 durchge- führt als Benefizveranstaltung im Pfarrheim zu- Ein Exemplar des Kochbuches liegt der Sudeten- gunsten der Katholischen Pfarrei Roth unter- deutschen Heimatpflege vor. Kleckselkuchen für das Altstadtfest 22
Aktuell zum ehemaligen Flüchtlingslager Wülzburg in Ab 2012 stand keine geeignete Küche mehr zur Weißenburg, zum Besuch des Viktualienmarktes Verfügung. Der Raum wurde für die Mittagsbe- in München etc. treuung benötigt. Der Zusammenhalt im Koch- kreis blieb und absolviert ein umfangreiches Jah- Der Jahresabschluss erfolgt obligatorisch mit der resprogramm mit kleinen Ausflügen und Besich- Waldweihnacht im Rother Stadtpark beim Vogel- tigungen mit anschließender Einkehr. (Stand Mai beerbaum mit Vogelbeerpunsch aus dem Erzge- 2020). So treffen wir uns nach wie vor einmal im birge. Monat zur Geselligkeit und Weitergabe von aktu- ellen SL-Informationen. Die Muttertagsfeiern der Ortsgruppe, die Ad- Themen: Rezeptgespräche, Schlachtschüsselessen, ventsfeier und das jährliche Vogelbeerbaumfest Spargelessen, Besuch von Gaststätten mit böhmi- (mit Liwanzen, Schneeballen, Karlsbader Obla- scher Küche, einer Ölmühle, Aufsuchen von Ver- ten, Kaffee, Becherbitter, Vogelbeerschnaps und triebenendenkmälern, Anhören von Vorträgen, weiteren Kaltgetränken) werden überwiegend Besichtigung einer Christbaumschmuckfabrik in von den Mitgliedern des Kochkreises bestückt. Roth, Besuch des Hollunderhofs bei Hilpoltstein, Das generationsübergreifende Zusammentreffen einer Nudelfabrik bei Thalmässing, der Schoko- der derzeit 17 Teilnehmer sowie einiger Gästen ladenfabrik an der Autobahn bei Hilpoltstein, im Alter von derzeit 45 bis 82 Jahren ist für alle des Michael–Kirschner-Museums bei Thalmäs- ein „monatliches Highlight“. So werden dadurch sing, einer Mosterei in Roth, des Müssighofs in auch die Überlieferungen der Eltern und Großel- Absberg am Brombachsee, im Bärbelsgarten bei tern aufrechterhalten und der Zusammenhalt der Thalmässing, Fahrt zum Biermuseum in Spalt, Gruppe wird gestärkt. Unser Verkaufsstand am Altstadtfest 23
Gebet einer Mutter „Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen“, hat meine Mutter oft geklagt. Was sie damit wohl meinte, hab’ ich mich oft gefragt. Die Zeit verging, ich wurde selber Mutter, meine Kinder waren klein, und mir fiel der Spruch der Mutter wieder ein. Wenn fiebernd sie zu Bette lagen, wie war mir’s angst und bang, das Herz voll Kummer, die Nächte oftmals lang. Sie wurden ernsthaft krank, so daß ich um ihr Leben gebangt, doch es ging vorüber, dem Herrgott sei’s gedankt. „Schlimmer kann’s wohl nimmer kommen“ habe ich gedacht, und wieder hab ich mich gefragt, was wohl Mutter meinte, als sie so geklagt ... Viel zu schnell verging die Zeit, die Kinder waren plötzlich groß. Sie gingen eig’ne Wege, zogen aus, es wurd’ recht still im Haus. Ich konnte sie nicht mehr begleiten, auf Wegen, die sie selbst gewählt, die oft so anders waren, als sie sich vorgestellt. Zusehen und nicht helfen können, war oft der größte Schmerz, der Gram zerriß mir schier das Herz. Und plötzlich hab ich es begriffen, hab nicht mehr gefragt, was meine Mutter damals meinte, als sie so geklagt. In meiner Not, oh Mutter aller Mütter, Maria hehre Frau, ich meine Kinder Dir heut’ anvertrau. Geleite Du sie durch die Wellen, laß sie nicht untergeh’n, bitt’ Du bei Deinem Sohne, dass alle Stürme siegreich sie besteh’n. Maria Schulze-Kroiher, Muttertag 2004 24
Sie können auch lesen