NATIONALE E-GOVERNMENT-STRATEGIEN: DEUTSCHLAND UND DÄNEMARK IM VERGLEICH - BERICHTE DES NEGZ NR. 12

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BERICHTE DES NEGZ       NR. 12

NATIONALE E-GOVERNMENT-
STRATEGIEN: DEUTSCHLAND
UND DÄNEMARK IM VERGLEICH

Bettina Distel
Sara Hofmann
Christian Østergaard Madsen
Für einen modernen Staat

Das Nationale E-Government Kompetenzzentrum
vernetzt Experten aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft
und Wirtschaft und ist die zentrale, unabhängige
Plattform für Staatsmodernisierung und Verwaltungs-
transformation in Deutschland.

Herausgegeben und gefördert vom
Nationalen E-Government Kompetenzzentrum e. V.
Berlin 2020

2             Berichte des NEGZ
INHALT

       Zusammenfassende Empfehlungen                                           4

1.     Einleitung                                                               5

2.     Wissenschaftlicher und praktischer Hintergrund                          6
        2.1      Wissenschaftlicher Hintergrund                                 6
        2.2      Praktischer Hintergrund                                        6

3.     Ergebnisse                                                               7
        3.1      Methodisches Vorgehen                                          7
        3.2      Kategorienschema                                               7
        3.3      Zentrale Ergebnisse                                            8
              3.3.1   Formale Ähnlichkeiten und Unterschiede                     8
              3.3.2   Kontextualisierung und Selbstverständnis der Strategie    12
              3.3.3   Ziele und Aufgaben der Strategie                          13
              3.3.4   Stakeholder, Anwendungsbereiche und Technik               14
              3.3.5   Nationaler Kontext                                        15
              3.3.6   Bedingungen für und Folgen von E-Government               16

4. Handlungsempfehlungen                                                       18

5.     Zusammenfassung                                                         19
       Literatur                                                               22
       Über die Autor*innen                                                    25
       Impressum                                                               26

Nationale E-Government-Strategien: Deutschland und Dänemark im Vergleich              3
ZUSAMMENFASSENDE
EMPFEHLUNGEN

Ziel dieser Studie ist es, zu untersuchen, wie        •   E-Government-Projekte sollten alle beteilig-
Deutschland und Dänemark jeweils ihre natio-              ten Verwaltungsebenen einbeziehen. Dies
nalen E-Government-Strategien gestalten und               ist sowohl beim Verfassen von Strategien als
inwiefern die dänischen Erfahrungen und Best              auch bei deren Umsetzung notwendig.
Practices im Bereich der (Verwaltungs-)Digita-
lisierung auf den deutschen Kontext übertragen        •   Ebenso sollten rechtzeitig alle betroffenen
werden können. Basierend auf der Analyse und              Stakeholder adressiert und ihre Erwartun-
dem Vergleich der dänischen und deutschen                 gen an E-Government klar definiert werden.
E-Government-Strategien ergeben sich unter-
schiedliche Handlungsempfehlungen, die helfen         •   Die erfolgreiche Entwicklung und Umset-
sollen, gute Rahmenbedingungen für E-Govern-              zung einer E-Government-Strategie erfor-
ment zu schaffen.                                         dern eine klare Definition ihrer Rolle. Allen
                                                          Beteiligten sollte von Beginn an das Ziel klar
•   E-Government-Lösungen, die in anderen                 sein, das mit der Strategie verfolgt wird.
    Ländern oder an anderen Orten im Einsatz
    sind, müssen bei der Übertragung auf die          •   Dazu zählt auch, dass Ziele von Digitalisie-
    eigene Situation den nationalen Kontext be-           rung definiert werden. Die Nutzung digita-
    rücksichtigen.                                        ler Technologien im öffentlichen Sektor darf
                                                          kein Selbstzweck sein.
•   Best Practices als Inspiration sollten daher
    auch nicht als Blaupause verwendet, son-          •   Die E-Government-Strategie muss konse-
    dern vielmehr als Inspiration für eigene Lö-          quent umgesetzt werden. Entsprechend
    sungen verstanden werden.                             sollten schon in der Strategie Ziele und Auf-
                                                          gaben zu ihrer Umsetzung konkret definiert
•   Worst Practices sollten verstärkt ausge-              sein.
    tauscht werden, denn auch aus Misserfolgen
    können wichtige Erkenntnisse gewonnen             •   Für eine realistische Einschätzung von E-Go-
    werden.                                               vernment auf nationaler Ebene ist es wichtig,
                                                          die Barrieren und Hindernisse zu benennen
•   Der Austausch auf internationaler Ebene               und ihren möglichen Wert herauszustellen.
    sollte gestärkt werden, um Erfahrungen aus-           Es sollte deutlich gemacht werden, dass häu-
    tauschen und voneinander lernen zu können.            fig als Hindernisse betrachtete Elemente wie
                                                          föderale Strukturen oder hohe Datenschutz-
•   In der Vorbereitung spezifischer Projekte             richtlinien ebenfalls einen Wert an sich dar-
    sollten zunächst die (nationalen) Rahmen-             stellen.
    bedingungen für E-Government identifi-
    ziert werden, z.B. die Zentralität von Services   Schlagworte: E-Government, Strategien, ­Digitale
    und Daten oder infrastrukturellen Kompo-          Transformation, Governance, internationaler
    nenten wie beispielsweise eine nutzerfreund-      Vergleich
    liche ID-Funktion.

4               Berichte des NEGZ
1. EINLEITUNG

Sowohl in Skandinavien als auch international              Strukturen, Kultur und schließlich auch mit Blick
gilt Dänemark mit Blick auf E-Government als               auf die jeweiligen strategischen Ansätze zur Ent-
hochentwickelt und belegt im aktuellen E-­                 wicklung von E-Government. Vor diesem Hinter-
Government-Benchmarking der EU (Capgemini                  grund stellt sich die Frage, inwiefern die däni-
2020) den ersten Platz bei den digitalen Dienst-           schen Erfahrungen und Best Practices überhaupt
leistungen für Unternehmen. Auch im aktuellen              auf den deutschen Kontext übertragen werden
UN-Bericht (United Nations 2020) nimmt das                 können. Die vorliegende Studie untersucht
Land die führende Position bei der Entwicklung             ­dieses Problem entlang der zwei Leitfragen:
von E-Government ein. Der strategische Ansatz
Dänemarks ist dadurch gekennzeichnet, dass die             a. Welche Kategorien sollte ein Analyserahmen
E-Government-Kompetenzen in der öffentlichen                  für den Vergleich nationaler E-Government-
Verwaltung zentral gebündelt werden und digi-                 Strategien enthalten?
tale Kommunikation und Self-Services sowohl
für Bürger*innen als auch Unternehmen verbind-             b. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede
lich sind (Madsen, Hofmann & Pieterson 2019).                 bestehen zwischen der dänischen und der
                                                              deutschen E-Government-Strategie?
Als Vorreiter für E-Government steht Dänemark
in engem Austausch mit seinem Nachbarland                  Dazu haben wir induktiv und deduktiv ein
Deutschland, das – obwohl größte Volkswirt-                ­Framework für die Analyse und den Vergleich
schaft Europas – sowohl bei Angebot als auch                nationaler E-Government-Strategien entwickelt,
Nutzung von E-Government im Rückstand ist                   das auch über den Kontext dieser Studie hinaus
(Capgemini 2020). Deutsche Delegierte stehen                anwendbar ist. Mithilfe dieses Frameworks
in regelmäßigem Austausch mit dänischen Ent-                ­haben wir anschließend die deutsche und däni-
scheidungsträger*innen, um von ihren Erfahrun-               sche E-Government-Strategie analysiert, mit­
gen zu lernen, und Dänemark hat sogar einen                  einander verglichen und aus den Ergebnissen
Digitalisierungsbotschafter nach Berlin entsandt.            Handlungsempfehlungen abgeleitet, die die Ent-
Ein detaillierter Vergleich der beiden Länder                wicklung und den Einsatz von E-Government-
zeigt jedoch enorme Unterschiede, etwa mit                   Strategien in der Praxis verbessern können.
Blick auf Geografie, Demografie, politische

Nationale E-Government-Strategien: Deutschland und Dänemark im Vergleich                                       5
2. WISSENSCHAFTLICHER UND
PRAKTISCHER HINTERGRUND

2.1 Wissenschaftlicher Hintergrund                  Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es
                                                    zwar mehrere Studien gibt, die E-Government-
Wirft man einen Blick in die wissenschaftliche      Strategien analysieren, dass aber Studien feh-
Literatur zu E-Government-Strategien, fällt vor     len, die sich auf die deutsche E-Government-­
allem auf, dass sich ein Großteil der Studien mit   Strategie konzentrieren oder sie mit Strategien
der dänischen Strategie befasst – entweder          aus anderen Ländern vergleichen.
ausschließlich oder im Vergleich zu anderen
Ländern – demgegenüber aber kaum Studien
existieren, die sich mit der deutschen E-­
­                                                   2.2 Praktischer Hintergrund
Government-Strategie beschäftigen. Unter den
Studien, die sich mit der dänischen Strategie       Häufig erscheint es für Entscheidungsträger*in-
befassen, lassen sich insgesamt drei Schwer-        nen sinnvoll und effizient, E-Government-­
punkte identifizieren.                              Konzepte, die sich als Best Practices in anderen
                                                    Ländern erwiesen haben, für das eigene Land zu
a. Ein Teil der wissenschaftlichen Forschung zu     übernehmen. Beispielsweise nennt Schleswig-
   E-Government-Strategien befasst sich mit         Holstein in seiner E-Government-Strategie
   der historischen Entwicklung der Digitalisie-    (Schleswig-Holstein, Der Ministerpräsident,
   rung des öffentlichen Sektors in Dänemark        Staatskanzlei 2016) explizit die Orientierung am
   seit 1994 und danach (Jæger & Löfgren            Vorgehen Dänemarks, Schwedens und Estlands
   2010; Meyerhoff & Yasuoka 2014; Scupola,         als zukünftiges Vorhaben. Auch Delegierte an-
   2018). Eine zentrale Erkenntnis dieser Stu-      derer Bundesländer reisen regelmäßig nach Dä-
   dien ist, dass die demokratischen Ideale, die    nemark, um vom E-Government-­Erfolgsrezept
   ursprünglich die E-Government-Politik ge-        des Nachbarlandes zu lernen. Bei näherer Be-
   prägt haben, zu Gunsten von Management-          trachtung wird jedoch deutlich, dass die Kon-
   und Effizienzidealen in den Hintergrund          zepte, die Dänemark für die Umsetzung seiner
   ­getreten sind. Im Verlaufe der Zeit hat eine    E-Government-Strategie gewählt hat, in ihrer
    Verschiebung der für E-Government verant-       Gesamtheit nicht eins zu eins auf den deutschen
    wortlichen Institutionen vom Wissenschafts-     Kontext übertragbar sind. Vielmehr zeigt sich,
    ministerium zum Finanzministerium statt­        dass Unterschiede auf verschiedenen Ebenen
    gefunden (Jæger & Löfgren, 2010). Ähnliche      existieren, die verhindern, dass Deutschland die
    Entwicklungen lassen sich auch in den USA,      dänischen E-Government-Maßnahmen von
    Großbritannien und anderen EU-Ländern           ­Dänemark komplett übernehmen können wird.
    ­beobachten (Chadwick & May, 2003).              So steht beispielsweise die föderale Entschei-
                                                     dungsstruktur in Deutschland dem zentralen,
b. Einen zweiten wissenschaftlichen Schwer-          sehr integrierten Ansatz Dänemarks entgegen.
   punkt bilden Artikel, die die dänische E-­        Auch die z.T. historisch begründete strengere
   Government-Strategie und -Politik mit ande-       Handhabung des Schutzes persönlicher Daten
   ren Ländern vergleichen (Jansen, Berger &         in Deutschland erschwert die zentrale Daten-
   Goldkuhl 2016; Joseph & Avdic 2016).              speicherung, wie sie in Dänemark stattfindet.
                                                     Insgesamt lässt sich feststellen, dass „E-Govern-
c. Schließlich befassen sich einige Autoren aus-     ment“ kein globales Konzept ist, das aus einem
   schließlich mit der Analyse der dänischen E-      Kontext genommen und problemlos in einen an-
   Government-Strategien (Persson, Reinwald,         deren übernommen werden kann.
   Skorve & Nielsen 2017; Schou & Hjelholt
   2019). Diese Studien bieten eine eingehende      Ist es dementsprechend überhaupt sinnvoll, sich
   und zumeist theoretisch getriebene Analyse       die Best Practices von anderen Ländern anzu-
   der Strategien.                                  schauen und zu versuchen, davon zu lernen?

6              Berichte des NEGZ
Dies sollte klar bejaht werden – wichtig ist               ­önnen Strategien als Instrument benutzt
                                                           k
­jedoch hierbei, den Kontext zu beachten und               ­werden, um mit internen wie externen Stake­
 davon abzusehen, E-Government in seiner Ge-                holdern zu kommunizieren sowie eine Vision für
 samtheit zu kopieren, sondern sich stattdessen             die Nutzung digitaler Technologien zu vermit-
 an Teilvorhaben oder Projekten zu orientieren,             teln. Der Vergleich von nationalen Strategien ist
 die für den eigenen Kontext passend sind.                  aus mehreren Perspektiven hilfreich. So können
                                                            strukturelle Gemeinsamkeiten und ­Unterschiede
Um einen ersten Anhaltspunkt zu erhalten, der               zwischen den Ländern deutlich gemacht
über einzelne anekdotische Projekte hinaus-                 ­werden, Best Practices auf Projekt- bzw. Infra-
geht, ist es daher lohnend, sich an den nationa-             strukturebene identifiziert werden und Voraus-
len E-Government-Strategien zu orientieren.                  setzungen aufgezeigt werden, die nötig sind,
Digitalisierungs- oder E-Government-Strategien               um diese Best Practices umzusetzen. Auch für
stellen für Entscheider*innen in der öffentlichen            die Weiterentwicklung und Fortschreibung von
Verwaltung ein Rahmenwerk dar, an dem sie                    E-Government-Strategien an sich kann ein
sich bei Digitalisierungsprojekten in ihren Orga-            ­internationaler Vergleich einen Mehrwert bieten.
nisationen orientieren können. Darüber hinaus

3. ERGEBNISSE

3.1 Methodisches Vorgehen                                  3.2 Kategorienschema

Der vorliegenden Studie liegt ein qualitatives             Die Analyse beider Strategien zeigt, dass sich
Vorgehen nach Mayring (2015) zugrunde. Auf                 insgesamt 5 übergeordnete und 16 untergeord-
Basis bestehender Studien wurde ein Katego-                nete Kategorien in beiden Strategien identifizie-
rienschema entwickelt, entlang dessen die dä-              ren lassen. Die Themen werden in beiden Stra-
nische Strategie „A Stronger and More Secure               tegien jedoch unterschiedlich stark gewichtet
Denmark. Digital Strategy 2016-2020“ und die               (siehe Tabelle 1).
Fortschreibung der Nationalen E-Government-
Strategie Deutschlands (2015) analysiert wur-              1. Kontextualisierung und Selbstverständnis
den. Auf Basis dieses Schemas wurden die eng-                 der Strategie. Diese Kategorie beschreibt,
lischen Versionen beider Strategien von den                   welches Selbstverständnis der Strategie zu-
Autoren unabhängig voneinander codiert. Im                    grunde liegt bzw. welche Rolle sie hat und
Anschluss wurden die Ergebnisse der Codie-                    in welchem (rechtlichen) Kontext sie steht.
rung diskutiert und – wo notwendig – das Sche-                Unterkategorien sind Autoren der Strategie
ma und die Kodierungen angepasst und über-                    (a), Adressaten der Strategie (b), erwähnte
arbeitet. In Abschnitt 3.2 wird das aus diesem                Rolle der Strategie (c), Plan für die Weiter-
Vorgehen resultierende, finale Kategoriensche-                entwicklung der Strategie (d), erwähnte
ma vorgestellt, das als Template für die Analyse              rechtliche Rahmenbedingungen/Gesetze,
weiterer E-Government-Strategien angewendet                   die für die Strategie relevant sind (e) und
werden kann. In Abschnitt 3.3 stellen wir die in-             die Definition von Hauptbegriffen z.B. in
haltlichen Ergebnisse der finalen Codierung vor,              einem Glossar (f).
entlang derer sich die dänische und deutsche
Strategie vergleichen lassen.                              2. Ziele und Aufgaben der Strategie. Diese Ka-
                                                              tegorie beschreibt die Ziele der Strategie
                                                              und die Maßnahmen, die zu ihrer Erreichung
                                                              durchgeführt werden müssen. Sie umfasst

Nationale E-Government-Strategien: Deutschland und Dänemark im Vergleich                                         7
die Unterkategorien strategische Ziele (a),         3.3.1 Formale Ähnlichkeiten und Unter-
    SMARTe Ziele (b), explizite Aufgaben (c) so-        schiede
    wie implizite Aufgaben (d). Unter SMARTe
    Ziele fallen alle Ziele, die spezifisch, messbar,   Die dänische E-Government-Strategie „A more
    anwendbar, erfüllbar und zeitgebunden sind.         and secure digital Denmark“ ist die Fünfte in
    Explizite Aufgaben sind solche, die zur Um-         einer Reihe von Strategien, die in den Jahren
    setzung der Strategie durchgeführt werden           2001 bis 2016 veröffentlicht wurden. Wenn-
    müssen. Implizite Aufgaben wären zwar für           gleich jede dieser Strategien für sich steht,
    die Umsetzung der Strategie erforderlich,           ­bilden sie zusammen ein übergreifendes Digita-
    werden aber nicht als konkrete Aufgaben in           lisierungsprogramm für die öffentliche Verwal-
    den Texten benannt.                                  tung Dänemarks. Die aktuelle Strategie wurde
                                                         von der Dänischen Agentur für Digitalisierung
3. Stakeholder, Anwendungsbereiche und Tech-             als Kooperation aller föderalen Ebenen entwi-
   nik. Diese Kategorie umfasst die aktiven oder         ckelt. Die dänische Strategie beginnt mit einer
   mittelbar betroffenen Stakeholder, die in der         kurzen Einleitung, in der das übergeordnete Ziel
   Strategie genannt werden (a), die Bereiche            der Strategie, ihre Verortung im gesamten Digi-
   der öffentlichen Verwaltung, die von der              talisierungsprogramm des Landes sowie aktu-
   Strategie betroffen sind wie z.B. Bildung oder        elle Entwicklungen dargestellt werden, die eine
   Gesundheitswesen (b), und die Technik, die            weitere Digitalisierung der öffentlichen Verwal-
   im Zusammenhang mit E-Government ge-                  tung erforderlich machen. Erst danach werden
   nannt wird (c).                                       die Ziele der Strategie eingeführt. Konkret zielt
                                                         die dänische Strategie a) auf digitale Lösungen,
4. Nationaler Kontext. In dieser Kategorie wer-          die einfach und schnell zu bedienen sind eine
   den Aussagen zusammengefasst, die sich auf            hohe Qualität gewährleisten; b) auf Digitalisie-
   den jeweiligen nationalen Kontext beziehen.           rung, die gute Bedingungen für Wachstum
   Hierzu zählen Aussagen zur Verwaltungsor-             schafft; c) auf Sicherheit und Vertrauen. Der
   ganisation wie z.B. zu Föderalismus ebenso            Hauptteil der Strategie unterteilt diese Bereiche
   wie Aussagen zur jeweiligen Kultur des                in jeweils drei Unterziele und listet danach die
   ­Landes, etwa zum Grad des Vertrauens der             spezifischen Initiativen und Maßnahmen auf, die
    ­Bevölkerung in staatliche Organisationen.           zur Erreichung der Ziele geplant sind. Die Stra-
                                                         tegie schließt mit einem Ausblick auf die Fort-
5. Bedingungen für und Folgen von E-Govern-              entwicklung der Strategie.
   ment. Diese Kategorie beschreibt die Bedin-
   gungen für und möglichen Folgen von E-Go-            Bei der deutschen E-Government-Strategie von
   vernment, die bei der Implementierung aller          2015 handelt es sich um die Fortschreibung der
   Maßnahmen und der Planung weiterer Maß-              ursprünglichen Strategie aus dem Jahr 2010; sie
   nahmen zu berücksichtigen sind. Die Kate-            wurde vom IT-Planungsrat entwickelt und ver-
   gorie umfasst mögliche Risiken und Barrie-           öffentlicht. Der IT-Planungsrat ist ein Gremium,
   ren sowie Anforderungen an Digitalisierung           das die Verwaltungsdigitalisierung auf allen
   (a), gesellschaftliche Herausforderungen,            ­föderalen Ebenen koordiniert. Als Fortschrei-
   die durch E-Government adressiert werden              bung konzipiert, setzt die aktuelle Version keine
   und von denen die Verwaltungsdigitalisie-             neuen Schwerpunkte, sondern vertieft und
   rung beeinflusst wird (b), sowie negative (c)         erweitert das Programm der ursprünglichen
                                                         ­
   und positive (d) Folgen, die sich aus der Um-         Strategie. Formal ähnelt der Aufbau der Natio-
   setzung von E-Government ergeben.                     nalen E-Government-Strategie Deutschlands
                                                         der Dänemarks. Auch die deutsche Strategie
                                                         beginnt mit einem Vorwort, in dem ­Hintergründe
3.3 Zentrale Ergebnisse                                  zur Entwicklung der Strategie erläutert werden.
                                                         Im folgenden Abschnitt werden aktuelle Ent-
Im Folgenden werden die Strategien beider                wicklungen und Herausforderungen dargestellt,
Länder zunächst mit Blick auf formale Ähnlich-           vor denen die öffentliche Verwaltung derzeit
keiten und Unterschiede verglichen, z.B. in Hin-         steht und die durch weitere Digitalisierung be-
blick auf ihre innere Struktur und die Verteilung        wältigt werden sollen. Zudem wird die Rolle
der Kategorien. Im Anschluss werden die inhalt-          der Strategie für E-Government-Projekte in
lichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der              Deutschland dargelegt. Anschließend werden
Kategorien herausgearbeitet.                             die fünf Leitprinzipien der Strategie vorgestellt,

8               Berichte des NEGZ
Tabelle 1. Verteilung
                                                                                                der Kategorien in
                                              Dänische Strategie           Deutsche Strategie   beiden Strategien

                           1. Kontextualisierung und Selbstverständnis

   Autoren                                               2                        0

   Adressaten                                            0                         1

   Rolle der Strategie                                   8                        6

   Plan zu Weiterentwicklung                              1                        1

   rechtliche Rahmen-
                                                         8                        2
   bedingungen/Gesetze

   Definition relevanter Begriffe                        7                        22

                                        2. Ziele und Aufgaben

   strategische Ziele                                   94                        24

   SMARTe Ziele                                          11                       0

   explizite Aufgaben                                    61                       39

   implizite Aufgaben                                   20                        6

                       3. Stakeholder, Anwendungsbereiche und Technik

   betroffene Stakeholder                                95                       37

   betroffene Bereiche                                   31                       2

   Technik                                               22                       6

                                         4. Nationaler Kontext

   nationaler Kontext                                    31                        1

                       5. Bedingungen für und Folgen von E-Government

   Risiken, Barrieren,
                                                         52                       10
   Anforderungen

   gesellschaftliche                                     12                       7
   Herausforderungen

   negative Folgen                                       2                        0
   von E-Government

   positive Folgen
                                                         62                       7
   von E-Government

Nationale E-Government-Strategien: Deutschland und Dänemark im Vergleich                                            9
Abb. 1 Verteilung der
                                                                                                          Kategorien in der
                                                                                                          deutschen (links)
                                                                                                          und dänischen
                                                                                                          (rechts) Strategie

 die im darauffolgenden Abschnitt in konkrete         die Kategorien sind über das gesamte Doku-
 Ziele und Maßnahmen aufgehen. Die Zielberei-         ment verteilt. Die Analyse zeigt lediglich, dass
 che der Strategie sind: a) Nutzen für Bürger,        der erste Teil des Dokumentes stark auf den
 Unternehmen und Verwaltung, b) Wirtschaft-           ­nationalen Kontext eingeht (violett), während
 lichkeit, Effizient und Leistungsfähigkeit,           die konkreten Ziele und Aufgaben (blau) erst im
­c) Infor­mationssicherheit und Datenschutz,           mittleren Teil aufgeführt werden.
 d) Transparent und gesellschaftliche Teilhabe,
 e) Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit. Die         In einer zweiten Analyse (s. Abb. 2, deutsche
 Strategie schließt mit einem ausführlichen           Strategie und Abb. 3, dänische Strategie) haben
 Glossar der wichtigsten Begriffe.                    wir untersucht, wie häufig die in den Strategien
                                                      codierten Kategorien und ihre Unterthemen
Für einen ersten Überblick über die inhaltlichen      ­gemeinsam auftreten, das heißt in räumlicher
Schwerpunkte beider Strategien, haben wir              Nähe zueinander in den Dokumenten zu finden
­basierend auf dem entwickelten Kategorien-            sind. In einer Art Landkarte können so Themen
 schema zunächst ihren formalen Aufbau ana-            dargestellt werden (Kreise), die häufig zusam-
 lysiert und verglichen. Obwohl die Strategien         men genannt werden (Linien). Diese Analyse
 auf den ersten Blick ähnlich erscheinen, zeigt        zeigt, dass in der deutschen Strategie nur weni-
 diese ­erste Analyse bereits wesentliche Unter-       ge Themen gemeinsam aufgeführt werden:
 schiede auf. Zunächst haben wir die Verteilung        ­Ziele und Aufgaben (blau) werden häufig mit
 und Häufigkeit der einzelnen Kategorien in den         Stakeholdern (rot) in Verbindung gebracht, die
 Dokumenten verglichen. Dabei zeigt sich, dass          wiederum häufig mit konkreten Aufgaben und
 die deutsche Strategie einer recht klaren Struk-       strategischen Zielen auftreten.
 tur folgt, die über alle Abschnitte hinweg gleich-
 bleibt. Zunächst werden die Ziele und Aufgaben       Es fällt bei dieser Betrachtung auf, dass andere
 der Strategie (blau) und danach Stakeholder,         Unterthemen wie SMARTe Ziele oder (negative)
 Anwendungsbereiche und Technik (rot) aufge-          Folgen der E-­Government-Umsetzung vollstän-
 führt. Zum Teil folgen danach Ausführungen zu        dig losgelöst von anderen Themen behandelt
 den Bedingungen für und Folgen von E-Govern-         werden. Die ­bereits zuvor angedeutete klare
 ment (grün). Demgegenüber scheint die däni-          Struktur scheint sich also auch inhaltlich zu
 sche Strategie keiner klaren Struktur zu folgen;     wiederholen, was darauf hindeutet, dass die

10             Berichte des NEGZ
Abb. 2 Nähe der in-
                                                                                                                           b. SMARTe Ziele
                                                                                                                                                                                                                                                      haltlichen Kategorien
                                                                                                                                                                                                                                                      (Deutschland)

                                                                  a. strategische Ziele                                                                        c. explizite Aufgaben

                                   a. Stakeholder                                                                                                                                              d. positive Folgen der E-Government-Umsetzung

                                     b. betroffene Bereiche
                                                                                                                                                                                 c. Negative Folgen der E-Government-Umsetzung

                                                                                                                                                                         b. gesellschaftliche Herausforderungen
d. Implizite Aufgaben
                                                                                                        a. Risiken, Barrieren, Anforderungen
                                                                              c. Technik

­ hemen in der Strategie nicht miteinander ver-
T                                                                                                                        zeigt sich hier, dass die deutsche Strategie vor
netzt, sondern ­losgelöst voneinander betrach-                                                                           allem auf die Struktur der öffentlichen Verwal-
tet werden. Demgegenüber sind die Katego-                                                                                tung fokussiert ist (federal, länder, federation,
rien und ihre Unternehmen in der dänischen                                                                               authorities, local, governments). Darüber hinaus
Strategie deutlich stärker miteinander vernetzt,                                                                         werden häufig die Themen Daten und Informa-
wenngleich auch hier eine besonders starke                                                                               tionen sowie Datensicherheit und -schutz be-
Verknüpfung der Themen Ziele und Aufgaben,                                                                               rührt (security, secure, protection).
Stakeholders und explizite Aufgaben zu beob-
achten ist.                                                                                                              Insgesamt scheint ein Schwerpunkt der Strate-
                                                                                                                         gie auf technischen und strukturellen, also in-
Schließlich haben wir Wortwolken erstellt, mit                                                                           ternen Problemstellungen zu liegen (processes,
denen die Häufigkeit von Wörtern im Text gra-                                                                            services, ­standardized). Demgegenüber liegt
fisch dargestellt werden kann und die so einen                                                                           ein Schwerpunkt der dänischen Strategie auf
ersten Eindruck der thematischen Ausrichtung                                                                             den Potentialen der Digitalisierung für Bürger
beider Dokumente geben (siehe Abb. 4). Es                                                                                und Unternehmen sowie Innovation (digital, so-

                                                                                                                                                                                                                                                      Abb. 3 Nähe der
                                                                                                                     b. SMARTe Ziele                                                                                                                  ­inhaltlichen Katego-
                                                                                                                                                                                                                                                       rien (Dänemark)
                                                                                                                                                                              c. explizite Aufgaben

                              a. strategische Ziele

                                                                                                                                                                                                                d. implizite Aufgaben

                           a. Stakeholder

                                                                                                                                                                                                      d. positive Folgen der E-Government-Umsetzung

                                         b. betroffene Bereiche

                                                                                                                                                                c. negative Folgen der E-Government-Umsetzung

                                                                                           c. Technik

b. gesellschaftliche Herausforderungen                                                                                  a. Risiken, Barrieren, Anforderungen

Nationale E-Government-Strategien: Deutschland und Dänemark im Vergleich                                                                                                                                                                                                 11
Abb. 4 Wortwolken

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             germany
                                                                                                                                                                                                                      cost-effectiveness                                                                                                                                                               der englischen Ver-

                                                                                                                                                       internet
                                                                                                                                                                         cross-level
                                                                                            standardization                                                                                                           access                                         people
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       sionen der deutschen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    standardized

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                administration
                                                                           governments                                                                                       negs                                                                                                                                                                                                                      (oben) und der däni-

                                                                                                                                                                                                        research
                                                                                                                                                                                                                      user-friendly                                         seamless

                                                                                                                                                                exchange
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       schen (unten) Strate-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    pro-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         it-based
                                                                                                     communication                                                           article                                                     interdisciplinary                                                                                                                                             gie

                                                                                                                                                                                                                                                                                                       strategy
                    service

                                                                                                                                                                                                                    federation
                                                                                                     it-netzg                               specific

                                                                            innovative
                                                                                                                                                                                                                                                         framework

                                                             advanced
                                            direct

                                                                                                                                                                                                                              availability
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              security
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          businesses
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                                                                                                                                                                                                                                                                   authorities
                                                                                                                                                                                                                                                                            processes
                                                                                                                                                                                                                                                   participation

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    above-threshold
organizational

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       available
                                                                                                                                                                                                                                                                                              separation
                                                                                                                                                        basic

                                                                                                                                                                        public
                                            administrative

                                                                                                                                                                                                                                                                                                       treaty
                                                                                                                                   citizens
                 systems

                                                                                                               uses
                                                                           sustainability
                                                             cooperation

                                                                                                              se-

                                                                                                                                                    society
                                                                                             local
                       important
                     management
  individuals

                                                                                                                                                                                                                                                                                                german
          federal

                                                                                                                                                                           means                        anywhere

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    abbreviation
                                                                                                                                                                                                                                                                                               spatial
                                                                                                        goal                                                                        e-
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              necessary
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   secure
                                                                                                                                                      requirements                                                                                                                       promoting
                                                                                            open                                   organization                         potential                           solutions                                                  reduction                                work
                                                                                                                   re-use

                                                                                                                                                     help

                                                                                                                                                                                                                                               users
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                                                                  challenges                                                                                                                              usefulness

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                              government                                                                                                                                                                                     information

                                                                                                                                                                                                        bsi
                                                                                                                                                        basis

                                                                                                                                                                                              digital
                                                                                                                                              91c
                                                                                                                                                                                                                         e-government
                                                                                                                                                      data

                                                                                                                                                                                                      framework
                                                                                                                                                                                          broadband

                                                                                                                                                                                                                                    architecture
                                                                                                                                                     means
                                                                                                                                                               child

                                                                                                          procedures
                                                                                                                                                                                                                                                              citizens
                                                                                                                                                                                                                      future

                                                        employees
                                                                                                                                                                           world

                                                        community   denmark
                                                                                                                                                                                                  post

                                                                                                                                                                                                                                                                                 public-sector
                                                                                                                                                                                               access

                                                                                                                                                                                                                                                      strategy

                                                furthermore      communication                                                                                             case
                                                                                                                                                                                                                                        tendering

                                                                                                                                                                                                                                                                          waste         tools
                                                                                                                                                                                                                             regional

                                                                                            infrastructure
                                                                                                                                                                                                                   improve

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          businesses
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                                                                                                                                                       users

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                                                                                                                                                                                                                                                      sectors
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                                                                                                                                                                                                                                                                                          self-service
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                                                                                                                                                     digital
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          user-friendly
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      basic
                                                                                                                            growth

                                                                                                                                                                                            processing        governments
                                            welfare                                                                                                           young
                                                                                                                                                                                              smart                conditions                                                                                                                 authority
                                                                                                                                                                                                       benefits
                                                                                                              knowledge

                                                                                                                                                                            systems
                                                                                                                                           dk

                                                                                                                                                                                                                                   individuals
                                                                                                                                                            internet

                                                teaching
                                                                                               confidence

                                                                                                                                                                                                               secure

                                                                                                                                     nemid                                          sharing
                                            government
                                                                                                                                                                                                                                             authorities
                                                                                                                                                                       efforts

                                                                                                                                                                                     user
                                                                                                                                                  example
                                                                                                                            throughout

                                                                                                                                                                                                      robust

lutions, digitisation, o­ pportunities; Denmark,                                                                                                                                                  3.3.2 Kontextualisierung und Selbstver-
public, citizens, welfare, user, society). Weiteres                                                                                                                                               ständnis der Strategie
zentrales Thema hier ist zudem die Bereitstel-
lung von digitalen Lösungen für die dänische                                                                                                                                                      Obwohl die dänische Strategie deutlich umfang-
Gesellschaft. Obwohl sich auch die dänische                                                                                                                                                       reicher ist als die deutsche, werden in der deut-
Strategie mit Informations- und Datensicher-                                                                                                                                                      schen Strategie deutlich häufiger Aussagen
heit befasst, wird dieser Aspekt in weitaus ge-                                                                                                                                                   über ihren Kontext und ihr Selbstverständnis
ringerem Maße b   ­ erücksichtig als in der deut-                                                                                                                                                 getroffen (s. Tabelle 1). Während in der däni-
schen Strategie. ­   Zudem fällt auf, dass die                                                                                                                                                    schen Strategie ihre Autoren aufgeführt werden
dänische Strategie stark auf den nationalen                                                                                                                                                       (lokale, regionale und nationale Regierung),
Kontext eingeht und insbesondere die bereits                                                                                                                                                      fehlt dieser Hinweis in der deutschen Strategie,
eingeführten oder angestrebten digitalen Lö-                                                                                                                                                      die dafür aber ihre Adressaten benennt (Exper-
sungen fokussiert (­NemID, solutions, dk, broad-                                                                                                                                                  ten und Nutzer).
band, infrastructure).

12                                          Berichte des NEGZ
Beide Strategien beschreiben klar ihre Rolle,              öffentliche Sektor als Motor des Wirtschafts-
unterscheiden sich aber darin, wie sie dies tun.           wachstums gesehen. Zweitens finden wir viele
Die in der dänischen Strategie kodierten Aus-              Aussagen, die sich auf die Gewährleistung und
sagen integrieren die aktuelle Strategie in das            Verbesserung der aktuellen Sicherheitsstan-
gesamte dänische Digitalisierungsprogramm.                 dards beziehen, um das starke Vertrauen der
Somit ist die Rolle der dänischen Strategie nicht          dänischen Gesellschaft in die Verwaltungsdigi-
auf bestimmte Ziele in einem bestimmten Zeit-              talisierung zu sichern. Auffällig ist, dass die
rahmen beschränkt, sondern bezieht auch frü-               Strategie im gesamten Dokument konsequent
here Strategien und deren Ziele explizit mit ein.          auf den nationalen Kontext Bezug nimmt. Drit-
Im Gegensatz dazu ist die deutsche Strategie               tens konzentriert sich die Strategie auf die Ver-
stärker auf sich selbst fokussiert, auch weil es           besserung der Benutzerfreundlichkeit digitaler
keine vorhergehenden Programme gibt, auf die               Verwaltungsdienste. Dieser Schwerpunkt kann
sie sich beziehen kann. Die Aussagen zeigen,               einerseits als Maßnahme zur Einbeziehung
                                                           ­
dass die Rolle der Strategie darin besteht, das            möglichst vieler Bürger in die digitale Gesell-
Mandat des IT-Planungsrates umzusetzen, die                schaft gesehen werden. Andererseits, im Hin-
Entwicklung von E-Government in Deutschland                blick auf Unternehmen, dient dies als eine
zu koordinieren. Zudem weisen einige Aussagen              ­weitere Maßnahme zur Steigerung der Effizienz
darauf hin, dass die Strategie strukturell und              von Verwaltungsprozessen, um den Unterneh-
­inhaltlich bestehenden Strategien anderer Or-              men besser zu dienen und schließlich Wachs-
 ganisationen folgt. Anstatt also – wie die däni-           tum und Wert zu schaffen. Viertens decken die
 sche Strategie – die Weichen für die Digitalisie-          strategischen Ziele der dänischen Strategie
 rung in den kommenden Jahren zu stellen, wird              auch Bildungsaspekte ab, insbesondere die
 die deutsche Strategie als ein Leitrahmen for-             Nutzung digitaler Medien für die Schulbildung
 muliert, der die Effektivität und Effizienz der            und die Vermittlung digitaler Kompetenzen an
 Verwaltungsprozesse sicherstellen soll. Zudem              die Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung.
 fällt im Vergleich der beiden Strategien auf, dass         Schließlich enthalten die meisten strategischen
 die dänische Strategie Maßnahmen zur Verän-                Ziele der dänischen Strategie auch Maßnahmen
 derung des rechtlichen Rahmen benennt, wäh-                zur Erhöhung der Transparenz des öffentlichen
 rend die deutsche Strategie den rechtlichen                Sektors, beispielsweise die Offenlegung der
 Rahmen, in dem sie sich bewegt, als etwas                  Verarbeitung sensibler Daten von Bürgern und
 ­Gegebenes und ihre Basis betrachtet.                      Unternehmen.

                                                           Die deutsche Strategie verfolgt ähnliche strate-
3.3.3 Ziele und Aufgaben der Strategie                     gische Ziele wie ihr dänisches Pendant (s. Ab-
                                                           schnitt 3.3.1). Allerdings unterscheiden sich
Beide Strategien folgen einem ähnlichen Aufbau:            die übergreifenden, impliziten Themen, die hin-
Zunächst wird jeweils ein übergeordnetes Ziel              ter diesen Zielen stehen. Die Nationale E-­
vorgestellt und in der Folge konkrete Maßnah-              Government-Strategie fokussiert zum einen die
men und Initiativen zur Erreichung des Ziels de-           ­Verbesserung der Nutzerfreundlichkeit von E-­
tailliert. Eine tiefergehende Analyse dieser Ziele          Government für alle potenziellen Nutzer, d.h.
und Aufgaben zeigt, dass beiden Strategien                  Bürger, Unternehmen und Verwaltungen selber.
­jeweils übergreifende Themen zugrunde liegen.              Dieses Thema taucht in allen spezifischen Zielen
                                                            der Strategie auf und ist stark auf die Entwick-
Innerhalb der dänischen Strategie lassen sich               lung kundenorientierter elektronischer Dienste
mehrere übergreifende, implizite Themen iden-               und die Ermöglichung demokratischer Beteili-
tifizieren, die die Gestaltung der einzelnen Ziele          gung ausgerichtet, ohne dass dabei speziell auf
leiten. Erstens konzentriert sich die Strategie             eine erhöhte Effizienz oder Effektivität einge-
stark auf die Schaffung von Wachstum und                    gangen wird, wie es in der dänischen Strategie
Wert durch Digitalisierung, insbesondere für                der Fall ist. Zum anderen konzentrieren sich die
Unternehmen. So heißt es in der Strategie bei-              strategischen Ziele auf die Erreichung und Auf-
spielsweise: „Der öffentliche Sektor sollte die             rechterhaltung eines hohen Sicherheits- und
Automatisierung und die Datenwiederverwen-                  Stabilitätsniveaus der technischen Infrastruktu-
dung zwischen Behörden und Unternehmen                      ren. Dieses Thema fokussiert hauptsächlich in-
stärker nutzen“. (Danish Ministry of Finance,               terne Prozesse und die Interoperabilität der Sys-
­Local Governmen Denmark & Danish Regions,                  teme zwischen allen föderalen Ebenen.
 2016, S. 37, eigene Übersetzung) Hier wird der

Nationale E-Government-Strategien: Deutschland und Dänemark im Vergleich                                        13
In der dänischen Strategie werden an vielen             den Beschäftigten im Umgang mit organisato-
Stellen SMARTe Ziele aufgeführt, d.h. Aussagen,         rischen und technischen Neuerungen“ (IT-Pla-
mit denen sich die erfolgreiche Umsetzung der           nungsrat, 2015, S. 11) Demgegenüber beziehen
Strategie messen lässt und die quantifizierbar          sich nur wenige Aussagen auf die Notwendig-
sind. In der deutschen Strategie werden keiner-         keit, die Bürger*innen im Umgang mit IT und
lei messbare Ziele aufgeführt. Beide Strategien         E-Government zu schulen und die Medienkom-
listen darüber hinaus explizite und implizite Auf-      petenz der Gesellschaft insgesamt zu erhöhen.
gaben auf, die zur Umsetzung der Strategie              Generell sind die in der deutschen Strategie ent-
durchgeführt werden müssen. Explizite Aufga-            haltenen Aufgaben stark auf die Innenperspek-
ben heben den Handlungsbedarf hervor, um die            tive ausgerichtet, d.h. auf die Prozesse und die
Ziele der Strategien zu erreichen, während              öffentliche Verwaltung als Organisation. ­Obwohl
­implizite Aufgaben Aussagen sind, die auf den          die Nutzerfreundlichkeit von E-Government in
 Handlungsbedarf hinweisen, ohne diese Aufga-           der Strategie explizit als Ziel genannt wird, spie-
 be direkt zu spezifizieren. Beide Strategien ent-      gelt sich diese Perspektive weniger in den
 halten wesentlich mehr explizite als implizite         ­expliziten Aufgaben wider.
 Aufgaben. Innerhalb der dänischen Strategie
 spiegeln diese expliziten Aufgaben meist die           Insgesamt lässt sich bisher also festhalten, dass
 ­zuvor geschilderten zentralen Themen wider.           beide Strategien auf den ersten Blick ähnliche
  Viele Aufgaben beziehen sich auf die Benut­           Schwerpunkte und Strukturen aufweisen, sich
  zerfreundlichkeit von E-Government sowie IT-          aber deutliche, qualitative Unterschiede zwi-
  Sicherheit und die Gewährleistung von Wachs-          schen den Inhalten der Strategien zeigen. Die
  tum durch Digitalisierung. Deutlich weniger           dänische Strategie wirkt entschlossener und
  Erwähnung finden bei den expliziten Aufgaben          eine zeugt von einer konsistenten Vision eines
  Bildungsaspekte. Interessanterweise befassen          digitalen öffentlichen Sektors; die deutsche
  sich die expliziten Aufgaben in der dänischen         Strategie ist eher „zögerlich“ und stärker auf den
  Strategie auch mit einem Aspekt, der zuvor            Status quo ausgerichtet.
  nicht als strategisches Ziel identifiziert wurde,
  nämlich mit rechtlichen Aspekten. An einigen
  Stellen wird ausdrücklich die Berücksichtigung        3.3.4 Stakeholder, Anwendungsbereiche
  des rechtlichen Rahmens, in dem die Strategie         und Technik
  steht, oder die Arbeit gefordert. Eine Aufgabe
  besteht beispielsweise darin, „[...] einen aktuali-   Die dritte Hauptkategorie umfasst die Akteure,
  sierten rechtlichen Leitfaden [...] auf der Grund-    die Bereiche der öffentlichen Verwaltung und
  lage der bevorstehenden Allgemeinen Daten-            die Technologien, die in der Strategie erwähnt
  schutzverordnung zu erstellen, der die den            werden. Auch in dieser Kategorie lassen sich
  Behörden zur Verfügung stehenden Möglichkei-          ­einige Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschie-
  ten im Hinblick auf Cloud Computing beschreibt         de erkennen. Beide Strategien identifizieren
  und der auch die Bewertung und das Manage-             ähnliche Stakeholder. Dazu gehören Interes-
  ment von Sicherheitsrisiken behandelt.“ (Danish        sensgruppen aus dem öffentlichen Sektor wie
  Ministry of Finance, Local Governmen Denmark           z.B. Beschäftigte, Ministerien und Behörden und
  & Danish Regions, 2016, S. 37, eigene Überset-         der öffentliche Sektor im Allgemeinen. Zudem
  zung)                                                  werden Stakeholder aus der Privatwirtschaft
                                                         und aus der Zivilgesellschaft benannt, wie z.B.
Auch in der deutschen Strategie werden expli-            Bürger*innen und Unternehmen. Unterschiede
zite Aufgaben benannt, die die strategischen             zeigen sich aber im Grad der Detaillierung. In
Ziele weitgehend widerspiegeln. Diese stehen             der dänischen Strategie werden so zum Beispiel
jedoch deutlich häufiger als in der dänischen            die Bürger*innen teilweise konkretisiert in
Version in keinem unmittelbaren Zusammen-                ­„Dänen“, „Eltern“, „Senioren“ oder noch konkre-
hang mit den strategischen Zielen oder über-              ter als „aus dem Gefängnis entlassene Jugend-
geordneten Themen. So finden sich etwa                    liche“. Während eine derartige Differenzierung
­Aufgaben dazu, die Akzeptanz von IT und E-Go-            in der deutschen Strategie nicht stattfindet, be-
 vernment in der öffentlichen Verwaltung selber           zieht diese aber explizit Forschungsorganisa-
 zu erhöhen und die fachlichen Kompetenzen                tionen als potenzielle Stakeholder mit ein. In
 der Verwaltungsmitarbeiter zu fördern. Eine ex-          beiden Strategien wird insbesondere den Inte-
 plizite Aufgabe in diesem Bereich ist etwa „die          ressengruppen aus dem öffentlichen und priva-
 Förderung der Veränderungsbereitschaft bei               ten Sektor eine aktive Rolle in dem Sinne

14              Berichte des NEGZ
­ugeschrieben, dass sie kooperieren oder
z                                                          Entwicklungsstand beider Strategien und Län-
­bestimmte Aktivitäten durchführen müssen, um              der begründet liegen. In der dänischen Strategie
 die E-Government-Aktivitäten zu verstärken.               werden insbesondere die bestehenden techni-
 Demgegenüber werden die Bürger*innen vor                  schen Infrastrukturen benannt und ihre Weiter-
 allem als passive Stakeholder dargestellt, die            entwicklungen thematisiert. Zu den zentralen,
 von digitalen Diensten profitieren können.                bestehenden Systemen zählen etwa virk.dk, ein
                                                           zentrales Portal für Interaktionen zwischen Un-
 In der dänischen Strategie wird eine Vielzahl             ternehmen und Verwaltung; NemID und Nem-
 unterschiedlicher Bereiche der öffentlichen               Login, eine digitale Identifikation, die für Ver-
­Verwaltung benannt, die durch die Digitalisie-            waltungsleistungen ebenso genutzt werden
 rungsstrategie betroffen sind. Zum Teil erfolgt           kann wie für digitale Bankgeschäfte und Inter-
 dies nur beispielhaft – etwa mit Blick auf die            aktionen mit Unternehmen; Digital Post, eine
 digitale Unternehmensgründung –, in weiten                landesweit eingesetzte Lösung zur digitalen
 Teilen werden aber die konkreten Auswirkungen             und rechtssicheren Kommunikation; Borger.dk,
 der Strategie auf die unterschiedlichen Bereiche          ein zentrales Informations- und Self Service-
 dargestellt. Dies gilt etwa für den Bereich ‚Kind         Portal, über das relevante Verwaltungsleistun-
 und Familie‘. Hier benennt die dänische Strate-           gen bezogen werden können; und schließlich
 gie die Möglichkeiten und Auswirkungen der                NemKonto, ein Giro-Konto, über das Zahlungen
 Digitalisierung über verschiedene Lebenslagen             von und an öffentliche Verwaltungen geregelt
 hinweg (Geburt, Schulbesuch und Kinderbe-                 werden können. Diesen bestehenden Infrastruk-
 treuung, Studium, Ausbildung, (geteiltes) Sor-            turen wird in der Strategie die gleiche Bedeu-
 gerecht, Scheidung). Ein weiterer Bereich, der            tung beigemessen wie physischen Infrastruktu-
 in der Strategie häufig adressiert wird, ist der          ren (Straßen, Elektrizität, Kommunikation).
 Bildungsbereich. Auch hier werden konkrete                Darüber hinaus werden in der dänischen Stra-
 Auswirkungen der Digitalisierung thematisiert             tegie aber auch zentrale Technologien wie
 wie beispielsweise die Digitalisierung schriftli-         Cloud Computing oder Internet of Things und
 cher Prüfungen: „Im Jahr 2019 werden alle rele-           die weitgehende Automatisierung und Wieder-
 vanten schriftlichen Prüfungen der Sekundar-              verwendung zentraler Daten thematisiert.
 stufe II digital sein, und im Jahr 2020 werden            ­Zudem werden auch durch Technik getriebene
 alle relevanten schriftlichen Prüfungen der                Konzepte wie Smart City oder intelligentes Ver-
 Grund- und Sekundarstufe I digital sein.“ (­Danish         kehrsmanagement als weitere Schritte in der
 Ministry of Finance, Local Governmen Denmark               Digitalisierung Dänemarks besprochen.
 & Danish Regions, 2016, S. 31, eigene Überset-
 zung). Weitere Bereiche, die durch die Strategie          Demgegenüber wird in der deutschen Strategie
 explizit adressiert werden, sind Renteneintritt           Technik eher allgemein und auch hier wieder
 und Pension, Pflege von Familienangehörigen,              ­exemplarisch benannt. Beispiele für Infrastruk-
 Gesundheit und hier insbesondere Telemedizin,              turen, die es in Deutschland weiterzuentwickeln
 Resozialisierung straffälliger Jugendlicher, Open          gilt, sind die Sammlung und Bereitstellung von
 Data, Entwicklung von Infrastrukturen wie                  Geodaten, der Zugang zu Behörden für
 Abfall­wirtschaft und nachhaltige Energiewirt-             ­Bürger*innen über die zentrale Behördenruf-
 schaft und digitale (Identifikations-)Lösungen              nummer 115, die Bereitstellung von elektroni-
 für Minderjährige. Insgesamt zeigt sich hier, dass          schen Konten für Bürger*innen und Unterneh-
 die dänische Strategie die Bereiche der öffent-             men sowie die Gewährleistung eines sicheren
 lichen Verwaltung nicht nur grob benennt, son-              Austauschs von elektronischen Dateien, Prozes-
 dern ins Detail geht und Auswirkungen bzw.                  sen und Dokumenten. Deutlich wird, dass die
 Veränderungen in den Bereichen thematisiert.                deutsche Strategie deutlich abstrakter über
 Demgegenüber werden in der deutschen Stra-                  Technologien und digitale Infrastrukturen
 tegie lediglich zweimal betroffene Bereiche der             spricht und ein ähnlich umfassendes Angebot
 öffentlichen Verwaltung erwähnt: die medien-                wie in Dänemark erst noch aufbauen muss. Wie
 bruchfreie Verarbeitung individueller Daten im              die konkrete Umsetzung von – beispielsweise –
 Bildungsbereich und die Bereitstellung von                  elektronischen Konten für Bürger*innen und
 Geodaten in Informationsportalen.                           Unternehmen aussieht, wird dabei in der Stra-
                                                             tegie nicht ausgeführt.
Auch in der dritten Teilkategorie Technik zeigen
sich Unterschiede zwischen den beiden Strate-
gien, die insbesondere in dem unterschiedlichen

Nationale E-Government-Strategien: Deutschland und Dänemark im Vergleich                                       15
3.3.5 Nationaler Kontext                                 für und Barrieren von E-Government werden
                                                         hier auch gesellschaftliche Herausforderungen
Die Analyse dieser Kategorie zeigt weitere,              benannt, die mit der Digitalisierung des öffent-
deutliche Unterschiede zwischen den Strategien           lichen Sektors adressiert werden sollen sowie
Dänemarks und Deutschlands auf; der natio­nale           positive und negative Folgen von E-Govern-
Kontext wird in der deutschen Strategie nur ein          ment. Während in den vorherigen Kategorien
einziges Mal erwähnt. In der dänischen Strategie         insbesondere Unterschiede zwischen Strategien
erfährt der nationale Kontext eine deutlich grö-         sichtbar sind, bestehen in dieser Kategorie mehr
ßere Bedeutung und deckt mehrere Bereiche                Gemeinsamkeiten.
ab, die sich zum Teil überschneiden. Erstens
wird in der dänischen Strategie häufig erwähnt,           So werden sowohl in der deutschen als auch in
dass Dänemark in der Verwaltungsdigitalisie-              der dänischen Strategie beispielsweise die
rung im internationalen Vergleich eine führende           ­Anforderungen an IT bzw. E-Government und
Position einnimmt und aufgrund früherer Initia-            die Bedürfnisse der Nutzer häufig als Argument
tiven, die bis in die 1990er Jahre zurückreichen,          für eine stärkere Kooperation zwischen den
einen Vorsprung hat. Bemerkenswert ist hier              ­Behörden angeführt. Dies wird besonders deut-
auch, dass die Strategie – sowohl im Text als              lich in der dänischen Strategie, die Citizen Jour-
auch visuell – als die jüngste in einer Reihe von          neys (Kunden- oder Bürgerreisen) als zentrales
E-Government-Strategien angesehen wird.                    Thema hat. Darüber hinaus gehen die Ähnlich-
­Damit steht sie in einer langen, erfolgreichen            keiten in dieser Kategorie zum Teil soweit, dass
 Tradition. Zweitens werden häufig Merkmale der            einzelne Textsegmente zwischen beiden Stra-
 dänischen Bevölkerung angesprochen und als                tegien ausgetauscht werden könnten. Beson-
 eine Erklärung dafür angeführt, dass die Nutzer-          ders starke Ähnlichkeiten zeigen sich etwa bei
 zahlen in Dänemark besonders hoch sind. Zu                der Beschreibung gesellschaftlicher Herausfor-
 diesen Merkmalen gehören ein hohes Maß an                 derungen. Beide Strategien adressieren Heraus-
 Vertrauen, Bildung, digitalen Kompetenzen                 forderungen, die durch Digitalisierung gelöst
 ­sowie eine hohe Akzeptanz der IT im Allgemei-            werden sollen und als Notwendigkeit für Digi-
  nen. Drittens werden das politische System und           talisierung betrachtet werden. Einige der iden-
  die ausgeprägte Zusammenarbeit zwischen den              tifizierten Themen überschneiden sich, z.B. sol-
  verschiedenen föderalen Ebenen sowie zwi-                che, die die Globalisierung und kontextsensitive
  schen dem öffentlichen und privaten Sektor               Herausforderungen betreffen. So kann bei-
  wiederholt erwähnt. Schließlich werden in der            spielsweise die Flüchtlingskrise 2015 sowohl als
  dänischen Strategie die IT-Infrastruktur selbst          globales Phänomen als auch als eine zeitgebun-
  und das hohe Niveau und die Qualität der däni-           dene Herausforderung betrachtet werden, da
  schen Registerdaten als Gründe für die derzeit           sie im Jahr 2015 besonders präsent war. Die am
  hohe Akzeptanz von E-Government, aber auch               häufigsten genannte gesellschaftliche Heraus-
  als Voraussetzung für weiteres Wachstum                  forderung betrifft Bedürfnisse und Erwartun-
  ­genannt. Hier fällt auf, dass die Infrastruktur,        gen, die sich aus der Digitalisierung ergeben.
   aber auch die Digitalisierung selber bisweilen als      Einige davon sind externer Natur, etwa Erwar-
   Selbstzweck dargestellt werden. Der Zweck der           tungen von Bürgern und Unternehmen an
   Strategie besteht nicht mehr nur darin, die             ­öffentliche Verwaltungen, die sich aus der weit-
   ­Digitalisierung im öffentlichen Sektor zu verstär-      reichenden Digitalisierung der Privatwirtschaft
    ken, weil sie Vorteile bringt, sondern auch darin,      ergeben. Andere sind eher interner Natur und
    die bestehende digitale Infrastruktur und die           besonders im dänischen Kontext interessant,
    bisher erzielten Fortschritte zu schützen. In die-      wo sie als Folge der verbindlichen Digitalisie-
    sem Fall kann man die Digitalisierung als ein Ziel      rungsstrategie betrachten werden können.
    an sich bezeichnen.
                                                         Die zweite Unterkategorie befasst sich mit der
                                                         Frage, wie Wirtschaft und Politik mit den Her-
3.3.6 Bedingungen für und Folgen von                     ausforderungen und Chancen umgehen können,
E-Government                                             die durch schnelle und zum Teil unvorherseh­
                                                         bare technische Entwicklungen entstehen.
Am häufigsten wurden in beiden Strategien Be-            ­Dabei wird in beiden Strategien Digitalisierung
dingungen für und Folgen von E-Government                 sowohl als Herausforderung als auch als Chance
genannt. Auch hier lassen sich mehrere Unter-             betrachtet: Wenn die politischen Entschei-
kategorien bilden: Neben Risiken, Bedingungen             dungsträger nicht handeln oder Bürger und

16              Berichte des NEGZ
Unternehmen die digitale Technik nicht vollstän-           Rechtsrahmen so zu entwickeln, dass er die
dig annehmen und sich nicht darauf vorbereiten,            Digitalisierung unterstützt oder ermöglicht.
                                                           ­
leiden sie unter den Folgen. Dazu gehören Ge-              ­Darüber hinaus liegt der Schwerpunkt der deut-
schäftsaufgabe, Verlust des Arbeitsplatzes oder             schen Strategie auf der Entwicklung neuer
die Angst, Opfer von digitalen Verbrechen zu                Dienste und der Umsetzung der Strategie. Auch
werden. Wenn sich andererseits Behörden, Bür-               die dänische Strategie hat diesen Schwerpunkt,
ger und Unternehmen die digitalen Strategien                stellt aber zusätzlich Fragen zum Betrieb und
zu eigen machen und die von der Digitalisierung             zur Wartung der bestehenden digitalen Infra-
gebotenen Möglichkeiten nutzen, können dar-                 struktur und Dienste sowie zum Umgang mit
aus Vorteile entstehen.                                     den durch die Digitalisierung verursachten Pro-
                                                            blemen dar. In dieser Hinsicht scheint die däni-
Die dritte Herausforderung schließlich ergibt               sche Strategie auf eine bereits entwickelte digi-
sich aus der Globalisierung im Allgemeinen und              tale Umgebung ausgerichtet zu sein.
der neuen digitalen Weltwirtschaft im Besonde-
ren. Zu dieser Kategorie zählen neu entstehende            Unterschiede ergeben sich auch mit Blick auf
Geschäftsmodelle, die Regulierung und die Be-              die Benennung von positiven und negativen
steuerung von Unternehmen, die digitale Dienst-            Folgen der Digitalisierung. So enthält die deut-
leistungen weltweit anbieten, aber auch zeitlich           sche Strategie zwar weniger Vorteile als die
oder örtlich gebundene Ereignisse globalen                 ­Dänische, die dafür aber auch Nachteile auf-
Ausmaßes, wie etwa die Finanzkrise, die die                 führt, die in der deutschen Strategie nicht the-
Nachfrage nach einem effizienteren, kosten-                 matisiert werden. Zu den Vorteilen in der deut-
günstigeren öffentlichen Sektor und die Verrin-             schen Strategie zählen eine Verbesserung von
gerung des Verwaltungsaufwands für Unterneh-                Verwaltungsabläufen durch E-Government, eine
men geschaffen hat. Ein weiteres Beispiel ist die           höhere Transparenz der Verwaltungsprozesse,
Migrationskrise 2015.                                       eine stärkere Zusammenarbeit der föderalen
                                                            Ebenen und schließlich auch die Reduktion des
Trotz vieler Gemeinsamkeiten zeigen sich aber               CO2-Ausstoßes. Die negativen Folgen von
auch Unterschiede. Während die deutsche Stra-               E-Government, die in der dänischen Strategien
tegie in erster Linie darauf abzielt, E-Govern-             ­genannt werden betreffen die Anfälligkeit für
ment innerhalb des bestehenden Rechtsrah-                    Cyber-Angriffe aufgrund einer starken Vernet-
mens zu entwickeln, zielt die dänische Strategie             zung der IT-Systeme sowie ein grundsätzlich
– zumindest in einigen Fällen – darauf ab, den               höheres Risiko von Cyber-Kriminalität.

Nationale E-Government-Strategien: Deutschland und Dänemark im Vergleich                                        17
4. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

Basierend auf den Ergebnissen der Analyse und       Rahmenbedingungen identifiziert und umge-
dem Vergleich der E-Government-Strategien           setzt werden. Dazu könnten z.B. mehr Zentrali-
Dänemarks und Deutschland haben wir unter-          tät von Services und Daten oder ­infrastrukturelle
schiedliche Handlungsempfehlungen abgeleitet,       Komponenten wie beispielsweise eine nutzer-
die helfen sollen, gute Rahmenbedingungen für       freundliche ID-Funktion zählen.
E-Government zu schaffen.
                                                    Alle beteiligten Verwaltungsebenen einbezie-
Den nationalen Kontext berücksichtigen.             hen. Um E-Government auf nationaler Ebene
E-Government-Lösungen, die sich in einem            erfolgreich zu machen, ist es wichtig, dass alle
Land als erfolgreich erwiesen haben, lassen sich    betroffenen Verwaltungsebenen bei der Ent-
nicht ohne Weiteres auf andere Länder über-         wicklung von strategischen Maßnahmen ein-
tragen, da häufig andere Rahmenbedingungen          bezogen werden und dass ihre Bedürfnisse Ge-
wie ­andere politische Systeme, Umgang mit          hör finden. Dies ist sowohl beim Verfassen von
Technologie oder Vertrauen in Staat und Gesell-     ­Strategien als auch bei deren Umsetzung not-
schaft vorherrschen. Daher ist es wichtig, die       wendig.
nationalen Besonderheiten bei der Implemen-
tierung von E-Government-Praktiken anderer          Stakeholder adressieren. Um bei den betroffe-
Länder zu berücksichtigen.                          nen Stakeholdern Akzeptanz zu schaffen, ist es
                                                    wichtig, die für sie entstehenden Potenziale,
Best Practices als Inspiration, nicht als Blau-     aber auch ggf. negative Konsequenzen von E-
pause verwenden. Da die direkte Übertragbar-        Government zu benennen. Erwartungen an Sta-
keit von E-Government-Lösungen aus anderen          keholdergruppen sollten klar definiert werden.
Ländern häufig nicht direkt möglich ist, sollten
Best Practices nicht als Blaupausen verstanden      Rolle der E-Government-Strategie definieren.
werden. Vielmehr sollten sie als Inspirationen      Um eine E-Government-Strategie erfolgreich
dienen, die auf den eigenen nationalen Kontext      umsetzen zu können, ist es wichtig, ihre Rolle
angepasst werden müssen.                            bzw. das mit ihr verfolgte Ziel festzulegen. Auf
                                                    der einen Seite kann eine Strategie beispiels-
Worst Practices austauschen. Häufig werden          weise als Marketinginstrument dienen, auf der
gescheiterte E-Government-Vorhaben lieber           anderen Seite eine klare Umsetzungsleitlinie
unter Verschluss gehalten. Da nicht nur Best        darstellen. Abhängig von ihrer Rolle, sollte die
Practices, sondern auch Misserfolge einen           Strategie ihre unterschiedlichen Zielgruppen
­hohen Lerneffekt haben, sollten auch sogenann-     ­ansprechen, ggf. auch grafisch aufbereitet sein
 te ‚Worst‘ Practices miteinander geteilt werden.    sowie bekannt gemacht werden.

Austausch auf internationaler Ebene stärken.        Ziele von Digitalisierung definieren. Die Nut-
Der Austausch von sowohl Best als auch ‚Worst‘      zung digitaler Technologien im öffentlichen
Practices setzt einen aktiven Diskurs zwischen      Sektor darf kein Selbstzweck sein. Stattdessen
verschiedenen Ländern voraus. Dieser sollte in      ist es notwendig, vor der Entwicklung von stra-
Form von bilateralen Austauschen, z.B. in Form      tegischen Maßnahmen klar zu definieren, wel-
von Delegationsbesuchen, und auch in multila-       che Ziele durch E-Government erreicht werden
teralen Veranstaltungen stattfinden, z.B. auf EU-   ­sollen und welche Werte Digitalisierung im öf-
Ebene.                                               fentlichen Sektor schafft.

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ernment identifizieren. Bevor eine Vielzahl an      Zweck einer Strategie zu erfüllen und ihre Rolle
einzelnen E-Government-Projekten auf nationa-       zu stärken, ist es notwendig, die definierten
ler Ebene gestartet wird, sollten sowohl gene-      ­Ziele und Maßnahmen zu implementieren. Dazu
relle, aber auch national besonders relevante        ist eine gleichzeitige rechtliche, gesellschaft­

18             Berichte des NEGZ
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