Willkommen, bienvenue, welcome, bienvenida, witamy... Who is the BRAIN behind this?

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Veranstaltungsbericht

Willkommen, bienvenue, welcome,
bienvenida, witamy...
Who is the BRAIN behind this?
Auftaktveranstaltung im Rahmen des Stipendiatenprogramms BRAIN – Brandenburg
Research Academy and International Network

29.‐30. Januar 2015 im Schloss Genshagen
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Inhaltsverzeichnis

Veranstaltungsbericht             S. 2

Veranstaltungsprogramm            S. 17

Kurzbiografien der Mitwirkenden   S. 19

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Veranstaltungsbericht

                            Zum Auftakt des Pilotprojekts BRAIN (Brandenburg Research Academy and
                            International Network) kamen am 29. und 30. Januar 2015 die
                            Projektverantwortlichen, Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft
                            und die ausgewählten Stipendiatinnen und Stipendiaten auf dem Schloss Genshagen
                            zusammen. Mit der Einladung der internationalen Postdocs, zwei Jahre in
                            Brandenburg zu forschen, zu lehren und zu leben, strebt das Ministerium für
                            Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg eine
                            Internationalisierung des wissenschaftlichen Nachwuchses an. Das Innovative an dem
                            von der EU kofinanzierten Projekt (COFUND‐Programm/Marie‐Curie‐Maßnahmen)
                            besteht    in     der   Zusammenarbeit       zwischen  dem      brandenburgischen
                            Wissenschaftsministerium und allen Hochschulen Brandenburgs, deren Vertreter
                            gemeinsam den Projektantrag ausgearbeitet haben.

                            Als Teil des Begleitprogramms zur Forschungsarbeit der frisch gebackenen BRAIN‐
                            Fellows sollte die Veranstaltung ihnen Gelegenheit geben, einander kennenzulernen
                            und durch hochkarätige Referenten und Referentinnen etwas über ihr neues Umfeld
                            in Deutschland und Brandenburg zu erfahren. Langfristig geht es darum, für die
                            Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die seit Dezember 2014 an den
                            Brandenburger Hochschulen arbeiten, eine effiziente Begleitung zu entwickeln. Ziel
                            der in Kooperation mit der Stiftung Genshagen ausgerichteten Veranstaltung war es
                            daher, sich über gegenseitige Erwartungen, Wünsche und Ideen auszutauschen, um
                            gemeinsam die Weichen für die Gestaltung der kommenden zwei Jahre zu stellen.

                            Mit der Veranstaltung eröffnete und erprobte die Stiftung Genshagen eine neue
                            Programmreihe, die Anerkennung und Willkommenskultur mit breitem
                            gesellschaftlichem Konsens verbinden kann. Denn mit der Gestaltung des
                            demografischen Wandels ist die Aufforderung an Bürger und Bürgerinnen der
                            Aufnahmegesellschaft verknüpft, sich zu öffnen, um Deutschland für internationale
                            Arbeits‐ und Fachkräfte attraktiver zu machen. Eine Fortsetzung der
                            Auftaktveranstaltung in 2016 und 2017 wird angestrebt.
Dr. Gundula Herwig und
Christel Hartmann‐Fritsch
freuen sich auf die         Begrüßung und Eröffnung
gemeinsame
Auftaktveranstaltung zu     Nach einem Grußwort von Christel Hartmann‐Fritsch, der Geschäftsführerin des
BRAIN.                      Bereichs „Kunst‐ und Kulturvermittlung in Europa“ der Stiftung Genshagen, eröffnete
                            die Initiatorin der Auftaktveranstaltung in Genshagen, Gundula Herwig (Leiterin der

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Stabsstelle Internationales des brandenburgischen Wissenschaftsministeriums)
                         zusammen mit ihrer Kollegin und Projektleiterin des Stipendiatenprogramms BRAIN
                         Sonja      Rademacher       (Referatsleiterin   Studentische     Angelegenheiten,
                         Nachwuchsförderung, Studentenwerke) die Veranstaltung. Das Schloss und die
                         Stiftung böten den idealen Rahmen für die Auftaktveranstaltung des Pilotprojekts.
                         Die Erfahrung der Stiftung mit grenzüberschreitenden Projekten und interkultureller
                         Bildung kommen dem Pilotprojekt zugute, das der Internationalisierung der
                         brandenburgischen Wissenschaftslandschaft dient.

                         Die herzliche Begrüßung galt insbesondere den BRAIN‐Fellows, die die Gelegenheit
                         bekamen, in den zwei Tagen das Projektteam und die anderen Stipendiatinnen und
                         Stipendiaten kennenzulernen. Gundula Herwig wandte sich an sie mit dem Wunsch,
                         dass sie als Botschafter ihres Landes an die brandenburgischen Hochschulen gehen
Auch Dr. Sonja           und in ihren Herkunftsländern wiederum als Botschafter für Brandenburg und
Rademacher freut sich,   Deutschland wirken mögen.
die internationalen
Postdocs persönlich
kennenzulernen.          Vorstellungsrunde

                         Nach einer Kaffeepause leitete die Moderatorin der Veranstaltung, Susanne
                         Stemmler, eine Vorstellungsrunde ein. In kleinen Gruppen tauschten sich die Fellows
                         zunächst eine Viertelstunde lang miteinander über sich als Wissenschaftsperson,
                         aber auch über ihre Motivation, nach Deutschland zu kommen, aus. In der daran
                         anschließenden gegenseitigen Präsentation im Plenum verorteten sich die
                         internationalen Postdoktorandinnen und Postdoktoranden sowohl auf einer
                         Weltkarte, als auch auf einer Karte Brandenburgs. Über ein erstes Kennenlernen
                         hinaus ging es darum, sich über die individuellen Erwartungen zu verständigen, um
                         eine Basis für die kommenden zwei Jahre zu legen.

                                                Den Anfang machten Miguel Taín Guzmán und John Jansen.
                                                Letzterer stellte den Kunst‐ und Architekturhistoriker aus
                                                Galizien vor, der an vielen Orten der Welt gearbeitet hat und
                                                im Rahmen des BRAIN‐Programms an der Fakultät für
                                                Architektur der Brandenburgischen Technischen Universität
                                                Cottbus‐Senftenberg arbeitet. In seinem Projekt „Imagines
                                                Catedralis Eclesiae Compostellanae (ICEC)” wird Miguel Taín
                                                Guzmán die bildnerische Darstellung der Kathedrale von
                                                Santiago de Compostela systematisieren, auswerten und für
                                                die weitere wissenschaftliche Nutzung aufbereiten. Auf das
                                                BRAIN‐Programm ist er durch Kollegen aus Cottbus
                                                aufmerksam gemacht worden, mit denen schon seit Jahren
                                                eine Zusammenarbeit besteht, die nun intensiviert wird.

                         Während ihn insbesondere die vielfältige und weit zurückreichende Kulturgeschichte
                         der Region interessiert, beschäftigt sich John Jansen mit der Frage, wie Natur
                         funktioniert. Der australische Geologe und Geomorphologe mit niederländischen
                         Wurzeln widmet sich in seinem Projekt „Scandinavian mountain plateaux: tectonic or
                         climatic origins?“ der Frage, inwieweit die skandinavischen Hochplateaus durch
                         Tektonik oder eher durch Frostverwitterungsprozesse geschaffen wurden. Auch in
                         seinem Falle bestand schon freundschaftlicher Kontakt zur Universität Potsdam, an
                         deren traditionsreichem Institut für Geo‐ und Erdwissenschaften er seine Forschung
                         weiterführen möchte. Eine weitere Motivation zur Teilnahme am Programm besteht
                                                                                                           3
in dem Wunsch, langfristig in Deutschland oder woanders in Europa seine Karriere zu
konsolidieren. Beide Stipendiaten freuen sich über ihre Forschungsarbeit hinaus
darauf, das Land Brandenburg auf Wanderungen und Fahrradtouren kennenzulernen.

Die interdisziplinäre und internationale Vorstellungsrunde wurde durch drei
europäische BRAIN‐Fellows fortgesetzt: Jaconette Mirck aus den Niederlanden,
Boban Arsenijevic aus Serbien und Giovanni Picker aus Italien. Zunächst stellte
Jaconette Mirck den serbischen Sprachwissenschaftler aus Niš vor, der als
Promotionsstudent in die Niederlande gegangen ist und in Spanien als Postdoktorand
gearbeitet hat, bevor er als assoziierter Professor in seine Heimatstadt
zurückkommen konnte. Als Stipendiat an der Universität Potsdam sucht er neue
Inspiration und einen neuen Rahmen für seine Forschung, die sich um die Frage
dreht, welche Prozesse sich im Gehirn abspielen, wenn Menschen Grammatik nutzen.
Sein Projekt „Relative Strategies“ im Bereich von theoretischer Syntaktik, Semantik
und Kognitionswissenschaften untersucht das sprachliche Phänomen der Rekursion,
d.h. der wiederholten Einbettung einer syntaktischen Konstruktion in eine ähnliche
syntaktische Konstruktion.

Boban Arsenijevic machte dem Publikum Giovanni Picker aus Mailand bekannt,
dessen Forschungsprojekt auf persönliche Begegnungen mit Menschen im Kosovo
zurückgeht. Als Sozialanthropologe beschäftigt er sich mit Rassismus in historischer
und sozialer Perspektive sowie dem Phänomen der sozialen Exklusion insbesondere
der ethnischen Minderheit der Roma. Unter dem Titel „Re‐listening to the Wind of
Change: a comparative historical analysis of Roma governance in Italy and Romania
between 1965 and 2010” unternimmt er eine vergleichende historische Analyse des
staatlichen Umgangs mit den Roma in Italien und Rumänien von 1965 bis 2010. Seine
Laufbahn führte ihn von Mailand über Cluj‐Napoca und Moskau nach Budapest und
nun mit BRAIN nach Frankfurt (Oder), wohin er sich auf Grundlage eines persönlichen
Kontakts zu einem Professor beworben hatte. Giovanni Picker ist es wichtig, in einem
interdisziplinären und kosmopolitischen akademischen System zu forschen.

Ähnlich geht es Jaconette Mirck, die mit Forschenden aus unterschiedlichen
(Wissenschafts‐)Kulturen und Disziplinen arbeitet und deren Ideen in ihre Arbeit
integriert. Als niederländische Biologin mit Stationen in Schweden und Kanada hat sie

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sich auf die Agrarwissenschaften spezialisiert. Im Rahmen von BRAIN widmet sie sich
der Agrarforstwirtschaft und der Frage, wie Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten
ist, indem man bestimmte Bäume in unsere Landschaft wieder einführt. Ihr Projekt
„Agroforestry: An Approach to Diversify Agricultural Landscapes, Mitigate
Greenhouse Gasses and Conserve Water” beschäftigt sich mit den Auswirkungen der
Agrarforstwirtschaft auf Ökosysteme. In Cottbus tauscht sie sich über solche Fragen
unter anderem mit ihrem betreuenden Professor aus, den sie auf einer Konferenz in
Kanada kennengelernt hat und der sie dazu eingeladen hat, sich für das Programm zu
bewerben. Dort hat sie mittlerweile auch den Lokalsport des Drachenbootfahrens für
sich entdeckt.

                              Zuletzt stellten sich Laure Guilbert aus Frankreich und
                              Suchand Sandeep Chandramathi Sukumaran aus Indien
                              gegenseitig vor. Der in Kerala aufgewachsene und in
                              Madras promovierte Physiker hat als Postdoc schon in
                              den Niederlanden gearbeitet und freut sich, im Rahmen
                              des BRAIN‐Programms seine wissenschaftliche Karriere
                              in Europa fortsetzen zu können. Am Institut für Physik
                              und Astronomie der Universität Potsdam widmet er sich
                              gemeinsam mit dem dortigen Team der Anwendung
                              von Nanotechnik auf Solarzellen. Sein Projekt zur
                              Forschung an einer „Solarzelle der dritten Generation“
                              lautet „Energy transfer, charge separation, ultrafast
                              dynamics and carrier multiplication in structured
                              quantum‐dot solids“.

In einem ganz anderen Feld bewegt sich Laure Guilbert, die sich wegen ihres
inhaltlichen Bezugs zu jüdischen Studien zunächst ebenfalls für die Universität
Potsdam interessiert und dann eine Anbindungsmöglichkeit an die Europa‐Universität
Viadrina in Frankfurt (Oder) gefunden hat. In ihrem interdisziplinären Projekt
„Migrant Dancing. Exile and Diasporas of the German and Austrian Choreographic
world 1933‐1945” widmet sie sich dem Leben und Schaffen von Tänzern und
Tänzerinnen aus Deutschland und Österreich im Exil, von denen die Mehrheit
jüdische Wurzeln hatte. In ihrer Forschung verbindet sie nicht nur Kulturgeschichte,
Kulturwissenschaften und Exilstudien, sondern auch den Bereich der Wissenschaft
mit dem der Kultur, den sie durch ihre Arbeit an der Staatsoper Paris gut kennt.
Langfristig möchte sie Netzwerke innerhalb Europas aufbauen, gerade auch im
Rahmen des BRAIN‐Programms. Die Stiftung Genshagen möchte die französische
Postdoktorandin in ausgewählte Projekte einbinden, die zu ihrem Forschungsthema
passen.

Zum Abschluss der Vorstellungsrunde fasste Susanne Stemmler ihre Eindrücke
zusammen. Auffällig sei der Fokus vieler Forschungsprojekte auf Umwelt und
Nachhaltigkeit, wobei Potsdam ein wichtiges Forschungszentrum darstelle. Daneben
hätte sich die Kulturgeschichte als Forschungsfeld herauskristallisiert und, teilweise in
Verbindung damit, die Migrationsforschung. Einen weiteren Schwerpunkt bilde
schließlich die Untersuchung von sozialen und sprachlichen Pänomenen.

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Input‐Vorträge mit Diskussion im Plenum

                       Nach dem Mittagessen begannen die Input‐Vorträge zu Themen, die mit dem neuen
                       Umfeld der BRAIN‐Fellows im Zusammenhang stehen, insbesondere der deutschen
                       Wissenschaftslandschaft. Experten aus Wissenschaft, Kultur, Politik und Wirtschaft
                       waren dazu eingeladen, den Stipendiatinnen und Stipendiaten ihre Sicht auf die
                       Geschichte und aktuellen Herausforderungen in ihrem Feld darzulegen und zur
                       Diskussion zu stellen.

                                                    Den Anfang machte der Kultur‐ und Politikwissenschaftler
                                                    Kien Nghi Ha von der Universität Bremen. Unter dem Titel
                                                    „Verleugnete       Migrationsgeschichte,     unsichtbare
                                                    Realitäten: Ist die deutsche Wissenschaftskultur von
                                                    gesellschaftlichen Dominanzverhältnissen in der
                                                    rassifizierten Einwanderungsgesellschaft betroffen?“
                                                    brachte er die Diskriminierung nicht‐weißer Menschen an
                                                    deutschen Hochschulen mit der jüngeren deutschen
                                                    Arbeitsmigrationsgeschichte     in    Verbindung.      Er
                                                    präsentierte drei Phasen der Arbeitsmigrationspolitik der
                                                    BRD, die zwischen 1955 und 1973 im Rahmen zahlreicher
                                                    Anwerbeabkommen sogenannte „Gastarbeiter“ aus
                                                    Italien, Griechenland, der Türkei und anderen Ländern
                                                    rekrutierte, deren Familien sich in Deutschland
                       niederließen. Im Zusammenhang mit dem Anwerbungsstopp in den 1970er Jahren
                       lasse sich das Scheitern erster Versuche deutscher Integrationspolitik und die Abwehr
                       von Asylsuchenden (mit Ausnahme vietnamesischer „Boatpeople“) beobachten. Von
                       der Verneinung der Migrationsrealität zeuge auch das 1981 eingeführte
                       Rückkehrprogramm für türkische „Gastarbeiter“. Erst seit 1998 etabliere sich ein
                       neuer Diskurs, in dem Deutschland als Zuwanderungsland anerkannt werde, worauf
                       seit Mitte der 2000er Jahre auch eine neue Integrationspolitik folge. Die Integration
                       nach innen, die sich in der Forderung nach interkultureller Öffnung widerspiegelt,
                       geht jedoch, so Has These, mit einer Abschottung nach außen einher. Seit 1998 gebe
                       es zwei dominante Gruppen in der Arbeitsmigration nach Deutschland: Die
                       Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft und im Baugewerbe einerseits und
                       Hochqualifizierte und gebildete Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen
                       andererseits, zu denen auch die BRAIN‐Fellows gehören.

                   Im zweiten Teil seines Vortrags beschäftigte sich Ha daher mit Formen der
                   Diskriminierung in der deutschen Wissenschaft. Das dominante Narrativ der
                   Universitäten, wonach diese sich der Transnationalität, Diversität, Anti‐
                            Diskriminierung, dem Kosmopolitismus und der Geschlechtergerechtigkeit
                            verschreiben, spiegle – nach über 50 Jahren Arbeitsmigrationsgeschichte –
     Verleugnete            die vierte Phase der Arbeitsmigrationspolitik wider. Hier gibt es nach Ansicht
Migrationsgeschichte,       Has eine Kluft zwischen Anspruch und Realität, denn es lassen sich
unsichtbare Realitäten      verschiedene Formen rassistischer Diskriminierung an deutschen
                            Hochschulen beobachten: Die Unterrepräsentierung von nicht‐weißen
                            Menschen und deren diskursive Marginalisierung und Nicht‐Anerkennung
                   im akademischen System. Damit einher gehe eine rassistische Alltagskultur verbaler
                   und nicht‐verbaler Attacken, Bemerkungen und Witze. Abschließend machte Ha
                   darauf aufmerksam, dass das Phänomen der ethnischen Diskriminierung an
                   Universitäten in der deutschen Forschung wenig Beachtung finde, im Gegensatz zur
                   Genderproblematik.
                                                                                                           6
Im Anschluss an den kritischen Vortrag wurde im Plenum vor allem das Verhältnis von
struktureller Diskriminierung und deutscher Kolonialgeschichte diskutiert. Ha
betonte, dass diese nicht 1918 ende, sondern wie in anderen westlichen Ländern in
Form spezifischer Vorstellungen über das Deutschsein und Weißsein nachwirke. Habe
die Auseinandersetzung mit der eigenen kolonialen Vergangenheit in Deutschland
erst Ende der 1990er Jahre begonnen, so fehle es bis heute an Diskussionen zum
strukturellen Rassismus. Hier wurde kritisch angemerkt, dass jede Gesellschaft ihre
eigenen Voraussetzungen und Geschichte habe und diese durch die Rede über den
strukturellen Rassismus nicht überdeckt werden dürften. In diesem Zusammenhang
zeigte sich ein Teilnehmender mit der Gleichsetzung von Arbeitsmigranten und ‐
Migrantinnen mit Menschen, die aus ehemaligen Kolonien emigrieren, nicht
einverstanden. Demgegenüber reichen Formen der Arbeitsmigration nach Ansicht
Has von Sklaverei bis zu Saisonarbeitskräften aus dem Ausland, die sich alle durch
rassische Diskriminierung auszeichnen.
Die Teilnehmenden stellten fest, dass die an den Hochschulen zu beobachtenden
Ungleichheiten und       Schwierigkeiten der interkulturellen Öffnung auch im
Kulturbetrieb wirksam seien. Die Hochschule ist demnach einer von vielen Orten in
Deutschland, an denen wir uns mit Fragen von „Weißheit“ und Diskriminierung
auseinandersetzen müssen.

Der nächste, reich bebilderte Vortrag gab den BRAIN‐Fellows einen Einblick in die
Geschichte und Kultur Brandenburgs. Kurt Winkler von der Brandenburgischen
Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH und Direktor des Hauses der
Brandenburgisch‐Preußischen Geschichte in Potsdam nahm das Publikum mit auf
einen Spaziergang durch die Geschichte Brandenburgs. Unter der Überschrift
„Brandenburg und die Welt“ präsentierte er zunächst vier historische Rendezvous

des Landes Brandenburg mit der großen Welt. Eine der ersten Begegnungen lasse sich
auf das 14. Jahrhundert datieren, als Brandenburg unter Karl IV. in die böhmische
Krone mit Prag als Zentrum integriert wurde. Noch gegenwärtiger im Brandenburger
Gedächtnis sei die Zeit, als Brandenburg Kernland der fünften europäischen

                                                                                 7
Großmacht auf dem Kontinent war, Preußen. Das Land sei mit der Machtausdehnung
                       Preußens jedoch zur Provinz marginalisiert worden und habe mit Preußens Untergang
                       schließlich einen Pfeiler seiner Identität verloren, weshalb die Erinnerung an die
                       preußische Zeit bis heute ein schwieriges Erbe darstelle. Als drittes prägendes
                       Rendezvous präsentierte Winkler das Edikt von Potsdam aus dem Jahr 1685, das nach
                       dem 30‐jährigen Krieg 20.000 französische Hugenotten zum Aufbau der heimischen
                       Ökonomie angelockt habe. Daher komme es, dass Brandenburg und Berlin als sein
                       Zentrum (1415‐1920) bis heute multikonfessionell geprägt seien. Die vierte
                       Begegnung Brandenburgs mit der Welt illustrierte Winkler am Beispiel der
                       Bildungsreisen lokaler Gelehrter wie Friedrich Nikolai und Alexander von Humboldt
                       als dem bekanntesten Weltreisenden Preußens. Auch diese Tradition würde bis heute
                       fortgesetzt, seien Berlin und Brandenburg doch wichtige Wissenschaftsregionen in
                       Deutschland, die zur internationalen Attraktivität beitragen.

                  Nach diesen vier prägenden Rendezvous zwischen Brandenburg und der Welt ging
                  Winkler auf die bis heute wirksamen Erfahrungen im 20. Jahrhundert ein. In
                  Brandenburg seien die Narben von zwei Diktaturen sichtbar, an die vor allem
                                 Sachsenhausen und Ravensbrück erinnern. Eine Folge von Verfolgung
Brandenburg und die Welt         und Kriegen sei die Tatsache, dass in Brandenburg wie in vielen Teilen
                                 Europas keine homogene und über Generationen ansässige
                                 Bevölkerung zu finden sei. Angesichts der gemeinsamen Geschichte
                  hob Winkler die Nachbarschaft mit Polen als konstitutives Element der Identität
                  Brandenburgs und hier besonders die Europa‐Universität Viadrina hervor. Zuletzt
                  erinnerte er an die Erfahrungen in der DDR, als sich die Begegnung mit der Welt
                  schwierig gestaltet habe und West‐Berlin ein mythenbeladener Sehnsuchtsort für
                  junge Menschen gewesen sei. Heute spiele die Erinnerung an die friedliche
                  Revolution eine große Rolle insbesondere im Umgang mit der jüngsten Geschichte
                  und im Selbstbewusstsein der neuen Bundesländer wie Brandenburg.

                       In der Diskussion im Anschluss an diesen Einblick in das kollektive Gedächtnis
                       Brandenburgs wies Gundula Herwig auf die Dichte an Forschungseinrichtungen im
                       Land Brandenburg hin, die ebenfalls historisch bedingt und bis heute innerhalb
                       Deutschlands einzigartig sei. An seinen eigenen Vortrag anknüpfend fragte Kien Nghi
                       Ha nach der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte Brandenburgs, das schließlich eine
                       Kolonie an der westafrikanischen Küste hatte. Winkler bemerkte hierzu, dass die
                       Erinnerung daran kaum präsent sei und die Idee eines Ausstellungsprojekts am
                       Mangel an Originalobjekten gescheitert sei. Zeitlich weiter zurück ging Miguel Taín
                       Guzmán, dessen Interesse aktuellen Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte
                       Brandenburgs und zum Jakobsweg gilt. Tatsächlich arbeiten Forschende der
                       Universitäten in Frankfurt (Oder) und Potsdam in diesem Bereich, wobei sich die
                       historische Arbeit und Pflege insbesondere des Jakobswegs mit der touristischen
                       Erschließung verknüpft. Winkler machte darauf aufmerksam, dass zur Zeit eine
                       Ausstellung zu Karl IV. in Vorbereitung sei und bot an, hier Kontakte herzustellen und
                       einen Austausch zu initiieren. Dazu aufgefordert, das heutige Land Brandenburg und
                       seine Menschen zu charakterisieren, wies er auf die ländliche Prägung Brandenburgs
                       hin, das wenige alte bedeutende Subzentren mit einer bürgerschaftlichen Tradition
                       habe. Dementsprechend seien Brandenburgerinnen und Brandenburger zwar
                       weniger kommunikativ, aber weltoffen und verlässlich. Insgesamt könne man heute
                       eine „Toskanisierung“ der Mark Brandenburg beobachten, da Touristen sowie Berliner
                       Intellektuelle Brandenburg als Kultur‐ und Naturlandschaft wiederentdecken.

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Nach einer Kaffeepause richteten die Teilneh‐menden
                                                            einen Blick auf die bayrische Stadt Augsburg. Tilman
                                                            Schröder stellte in seinem Vortrag „Wissen‐schaft und
                                                            Gesellschaft – Wie wird die Wissenschaft in das
                                                            gesellschaftliche Umfeld vermittelt?“ die Arbeit des
                                                            Jakob‐Fugger‐Zentrums vor. Dieses sei 2012 als Teil der
                                                            soge‐nannten „Netzwerkuniversität“ gegründet worden,
                                                            die es sich zum Ziel gemacht habe, den Dialog mit der
                                                            Stadtgesellschaft anzuregen und Wissenstransfers
                                                            zwischen Universität und Stadt zu ermöglichen. Damit, so
                                                            Schröder, habe Augsburg auf die schlechte Verankerung
                                                            der Universität in der Stadt reagiert, die kein Bewusstsein
                                                            von sich als Universitätsstadt habe. Ein wichtiger Teil der
                                                            Arbeit des Jakob‐Fugger‐Zentrums bestehe in der
Christel Hartmann‐Fritsch         Organisation von Vortragsveranstaltungen in der Stadt, um Teile der Forschung in die
im Gespräch mit Dr. Kurt          Stadt hinein zu kommunizieren. Die Themen würden nach ihrem Bezug zur
Winkler und Dr. Tilman            Lebenswelt der Menschen, insbesondere zur Stadtgeschichte ausgewählt. Das
Schröder.                         Veranstaltungsformat hänge auch von der Bereitschaft der Forschenden ab, ihre
                                  Arbeit in einem nicht‐akademischen Umfeld vorzustellen. Leider existieren nach
                                  Darstellung Schröders Vorbehalte gegenüber dem Format, da es manchmal mit
                                  Populärwissenschaft assoziiert würde und manche Forschende es nicht als ihre
                                  Aufgabe ansähen, ihre Forschungsergebnisse öffentlich zu präsentieren. Im Publikum
                                  säßen meistens Bürgerinnen und Bürger mit akademischem Abschluss, die keine
                                  Vorlesung auf Fachchinesisch erwarteten, sondern einen anregenden Vortrag. Ein
                                  Element des Formats besteht laut Schröder in der Fragerunde und dem
                                  anschließenden Empfang, wo eine entspannte Atmosphäre Gelegenheit zum
                                  Feedback und Austausch gibt.

                               Die Diskussion nach dem Vortrag von Schröder zeugte von der Brisanz des Themas, da
                               die meisten Teilnehmenden die Tendenz der Hochschulen, sich von der Gesellschaft
                               abzukapseln und einen eigenen Kosmos zu bilden, selbst beobachten konnten und als
                                            gefährlich einstuften. Susanne Stemmler machte auf die hiesige
                                            Wissenschaftskultur aufmerksam, in der teilweise immer noch das Image
                Wissenschaft und            des Gelehrten im Stübchen existiere und es schwierig sei,
                  Gesellschaft              Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen davon zu überzeugen, vor
                                            einem nicht‐wissenschaftlichen Publikum aufzutreten. In diesem
                               Zusammenhang erwähnte sie das Finanzierungssystem der deutschen Wissenschaft,
                               da hier die meisten Universitäten durch Steuergelder finanziert würden und man
                               nicht viel Geld fürs Studium zahlen müsse, was eine andere Haltung hervorbringe. An
                               dieser Stelle erklärte John Jansen, dass einer der Gründe für ihn, nach Deutschland zu
                               kommen, das System der staatlich finanzierten Universität sei. Gerade deswegen
                               hätten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler doch eine Verantwortung, ihr
                               Wissen an die Gesellschaft rückzukoppeln. Dieser Ansicht war auch Giovanni Picker,
                               für den die öffentliche Verteidigung von Doktorarbeiten ein Weg sein könnte, der
                               Entfremdung der Universität und der Forschenden von der Gesellschaft
                               entgegenzusteuern. Mit Bezug auf die Arbeit des Jakob‐Fugger‐Zentrums wurde die
                               Frage aufgeworfen, ob es neben Vortragsreihen – die schließlich nur eine begrenzte
                               Zahl an Menschen erreiche – nicht auch andere Wege gebe, in die Gesellschaft
                               hineinzugehen, wie über soziale Medien. Dem pflichtete Schröder bei, er hob jedoch
                               den entscheidenden Mehrwert von Vortragsreihen hervor: Hier sei eine unmittelbare
                               und persönliche Rückkopplung durch Gespräche und Umtrunk gegeben. Die fehlende
                               Bereitschaft der Forschenden, mit ihrer Arbeit den unmittelbaren, persönlichen Weg
                                                                                                                     9
in die Öffentlichkeit zu gehen, hängt nach Überzeugung Karl Ermerts auch damit
                       zusammen, dass nichts so schwierig sei, wie über schwierige Dinge einfach zu reden,
                       ohne dass es trivial werde. Es sei eine Kunst, das zu können und sich zu trauen. In der
                       Diskussion wurde auch erwähnt, dass die Stiftung Genshagen in Zusammenarbeit mit
                       dem Brandenburgischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur eine
                       Gesprächsreihe zum Thema „Wissenschaft und Gesellschaft“ initiieren und dabei die
                       Referenten und Interessierten des BRAIN‐Treffens einbeziehen möchte.

                       Nicht weniger ist es eine Kunst, die Kulturlandschaft Deutschlands in einer halben
                       Stunde vorzustellen, was Karl Ermert in seinem Vortrag unter dem Titel „Kultur in
                       Deutschland“ nun selbst leistete. Der ehemalige Direktor der Bundesakademie für
                       Kulturelle Bildung Wolfenbüttel begann mit einem Goethe‐Zitat, wonach sinngemäß
                       auf dem Boden jedes Problems ein Deutscher sitze – hierbei handle es sich um ein
                       wirkmächtiges Eigenbild der Deutschen, das auch ihr Außenbild bestimme. Davon
                       ausgehend thematisierte er das Verhältnis der Deutschen zu Kunst und Kultur, das
                                                   auch von der Frage nach dem ökonomischen Nutzen
                                                   geprägt sei. Ermert präsentierte Zahlen, die von der
                                                   Bedeutung der Kultur‐ und Kreativwirtschaft für die
                                                   deutsche Bruttowertschöpfung zeugen, an der die Kultur
                                                   nach Autoindustrie, Maschinenbau und Finanzsektor als
                                                   viertgrößter Faktor beteiligt sei. Die Deutschen würden
                                                   auch viel über den Kulturbegriff und über die alte Frage
                                                   diskutieren: „Steht Kunst für sich und muss für sich und
                                                   nur für sich geliebt werden oder darf man etwas damit
                                                   anfangen?“ Ermert plädierte für einen weiteren
                                                   Kulturbegriff, der Kunst und Kultur nicht getrennt vom
                                                   Leben betrachtet und die Kulturfunktion der Künste in
                                                   den Mittelpunkt stellt. Denn Kunst mache nur Sinn, wenn
                                                   sie durch Kommunikation (Unterhaltung, Lernen) zur
                                                   Kultur werde, wofür er ausgewählte Beispiele anführte.
                                                   Zuletzt ging er auf ein Alleinstellungsmerkmal der
                       deutschen Kulturlandschaft ein, die in ihrer föderativen Struktur begründet liegt. So
                       gebe es in Deutschland eine beeindruckende Zahl an Orchestern, öffentlich
                       getragenen Theater, Privattheatern, Theatern ohne festes Ensemble, Tournee‐ und
                       Gastspieltheater sowie unzählige freie Gruppen. Das spiegelt sich laut Ermert im
                       hochklassigen kulturellen Angebot jeder deutschen Stadt wieder. Die kleinteilige
                       Kulturlandschaft finde sich in der Kulturfinanzierung wieder, die zu 43 Prozent von
                       den Ländern und zu 44 Prozent von den Gemeinden und Kommunen getragen werde.

                   In der Diskussion wurde die ökonomische Dimension von Kunst und Kultur
                   problematisiert. Es würden Sprach‐ und Denkmuster aus der ökonomischen in die
                   kulturelle Sphäre hineintransferiert, was dem Verständnis von Kultur als kritisches
                   Instrument entgegenstehe. Peter Kohnert, Abteilungsleiter Europa und
                               Internationales des brandenburgischen Ministeriums für Wirtschaft und
                               Energie machte darauf aufmerksam, dass es eine Krux für das Land
Kultur in Deutschland          Brandenburg sei, dass eigenfinanzierte Investitionen im Kulturbereich
                               immer weiter zurückgegangen seien und eine hohe Abhängigkeit von
                   Mitteln aus Brüssel bestehe. Dabei sei Kultur mittlerweile anerkannt als ein wichtiger
                   weicher Faktor, der einen Industriestandort erst attraktiv mache. An dieser Stelle
                   regten die BRAIN‐Fellows gemeinsame Besuche kultureller Veranstaltungen in
                   Brandenburg an. Ermert empfahl, an die Menschen „vor Ort“ heranzutreten, denn in
                   jeder Stadt seien öffentliche Einrichtungen und Vereine aus dem Bereich Musik und
                                                                                                           10
Theater sowie soziokulturelle Zentren zu finden. Zuletzt unterstrich John Jansen sein
                             Selbstverständnis als Wissenschaftler, der sich zu den kreativen Menschen zähle und
                             den Wert seiner Arbeit nicht an der Schätzung anderer messe. Dem entgegnete
                             Ermert, dass es nicht um Zweckfreiheit gehe, sondern um die Freiheit der Wahl des
                             Zweckes in der Kunst respektive der Wissenschaft.

                             Gemeinsames Kochen und Abendessen

                             Nach diesen vier dichten Vorträgen, die den BRAIN‐Fellows einen Eindruck von der
                             deutschen Wissenschafts‐ und Kulturlandschaft vermittelt hatten, erwartete die
                             Gäste ein besonderer Abend. Gemeinsam mit dem Team des Gasthofs „Zur Linde“ in
                             Wildenbruch kochten sie in der Schlossküche ein exklusives Menü und lernten so die
                             deutsche Küche kennen. Rosenkohl schälend, Buletten bratend, Hirschrouladen
                             aufrollend und Pralinen mit „Berliner Luft“ füllend kamen die Mitwirkenden der
                             Veranstaltung sowie die Stipendiatinnen und Stipendiaten miteinander ins Gespräch.
                             Als Gast des Abends wurde u.a. Sidou Diédhiou begrüßt, der als Bewohner des
                             benachbarten Flüchtlingsheim Birkengrund seit längerem mit Mitarbeiterinnen der
                             Stiftung Genshagen in Kontakt steht. Eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe zur
                             Willkommenskultur soll im nächsten Jahr mit Bewohnerinnen und Bewohnern dieses
                             Heims durchgeführt werden.

  Deutsche Küche kreativ:
Carpaccio von der Berliner
  Bulette, Brandenburger
Hirsch und kleine Pralinen

                             Die Vorfreude auf das gemeinsame Dîner wurde nicht enttäuscht: Das selbstgekochte,
                             von den Wildenbrucher Köchen servierte Menü überzeugte die Gäste optisch und
                             geschmacklich. Auch das Ohr wurde verwöhnt, denn der deutsche Musiker Bardo
                             Hennig begleitete den Abend mit Liedern am Akkordeon. Den gelungenen Abend
                             ließen die Gäste bei Gesprächen im Kaminzimmer ausklingen.

                                                                                                               11
Der nächste Tag: Weitere Input‐Vorträge mit Diskussion

               Am zweiten und letzten Tag der Veranstaltung wurde die Reihe der Vorträge
               fortgesetzt, in denen es diesmal um die Wirtschaft Deutschlands sowie um Alexander
               von Humboldt als frühem Akteur globaler Vernetzung in der Wissenschaft ging.

           Zunächst nahm sich Stefan von Senger und Etterlin, Leiter des Teams
           Außenwirtschaft, Europa‐Service der ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH in
           Potsdam der Aufgabe an, Deutschlands Wirtschaft vorzustellen. Unter dem Titel
           „Wirtschaftsstandort Deutschland – Forschung, Entwicklung, Innovation“
           präsentierte er anstelle von Statistiken den Gästen das Wesen der deutschen
           Wirtschaft anhand von zehn Schlagwörtern: „Produzierende Industrie“, weil diese in
           Deutschland im Gegensatz zum Dienstleistungssektor typischerweise sehr stark sei.
           „Präzision“ als Ausdruck des Qualitätsbewusstseins und der Detailversessenheit der
           Deutschen, aber auch des funktionalen Designstils à la Bauhaus. „Ausgeglichenheit“
           wiederum spiegle sich im konstruktiven Dialog zwischen Gewerkschaften und
           Arbeitgebern, einer geringeren Klassendifferenz und einer Gleichberechtigung im
           Bildungssystem wider. „Bedächtigkeit“, weil Deutsche insgesamt umschauend und
           vorsichtig handeln, was am Konservatismus und einer Skepsis gegenüber neuen
           Technologien sowie Aktien sichtbar werde. Tatsächlich seien die besten deutschen
           Unternehmen mittelständische Familienunternehmen ohne Bankkredite, die langsam
           wachsen und nachhaltig wirtschaften. An dieser Stelle ging von Senger und Etterlin
           zum Stichwort „Wohlstand“ über, mit dem die deutsche Wirtschaft heute verbunden
           wird. In einem historischen Rückblick zeigte er auf, dass Wohlstand in Deutschland
           angesichts der Erfahrung von Hyperinflation und Währungsschnitt jedoch nicht
           selbstverständlich sei. Darauf sei auch die deutsche Haltung in der Eurokrise
           zurückzuführen und die Suche nach Stabilität in Wirtschaft und Politik – „Stabilität“
           stelle also ein typisch deutsches Merkmal dar. Unter dem Stichwort „Linearität“ fasste
           von Senger und Etterlin die deutsche Art der direkten Kommunikation und den
           militärischen Arbeitsstil zusammen, doch auch die „Dienstleistung“ komme nicht zu
           kurz, wovon die hohe Zahl an Messen und die Bedeutung der Versicherungsindustrie
           zeugen. Deutsche zeichnen sich seiner Ansicht nach in ihrer Arbeit auch durch
           „Fundamentalismus“ aus, denn „wenn wir etwas machen, dann richtig“, wie an der
                                 Energiewende sichtbar werde. Schließlich hob von Senger und
Das Wesen der                    Etterlin „Offenheit“ als einen Wert hervor, der den Deutschen
                                 eigen sei. Der unterhaltsame Vortrag fand seinen Abschluss mit
deutschen Wirtschaft             Fotos deutscher, natürlich handwerklich gefertigter Produkte.Die
                                 Diskussion drehte sich vor allem um drei Themen. Zum einen
           wurde die These angezweifelt, wonach in Deutschland eine geringe Klassendifferenz
           bestehe. So gehe die Schere zwischen Armen und Reichen auch in Deutschland
           immer weiter auseinander; nach einer Studie der Hans‐Böckler‐Stiftung existiere in
           Deutschland, so Giovanni Picker, gar die höchste Ungleichheit in Europa. Zum anderen
           warfen       die     Stipendiatinnen     und     Stipendiaten   die     Frage    nach
           Geschlechtergerechtigkeit in Deutschland angesichts der Bedeutung traditioneller
           und konservativer Werte auf. Die Teilnehmenden waren sich darin einig, dass die
           Vereinbarkeit von Familie und Beruf ganz entscheidend von strukturellen
           Bedingungen abhängt. Hier verwies Gundula Herwig auf bis heute wirksame
           Unterschiede zwischen Ost‐ und Westdeutschland.

                                                                                              12
Gerade im Osten sei man darauf eingestellt gewesen, berufstätig zu sein, wohingegen
                in Westdeutschland lange die Hausfrau als Vorbild galt. Die deutschen Teilnehmenden
                waren sich jedoch darin einig, dass sich in Deutschland entsprechende
                infrastrukturelle und arbeitsrechtliche Bedingungen seit einigen Jahren verändern,
                nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Das dritte diskutierte Thema war
                Deutschland im Kontext der europäischen Wirtschafts‐ und Bankenkrise. Von Senger
                und Etterlin ging auf die Gründe ein, warum die Eurokrise der deutschen Wirtschaft
                bisher wenig geschadet habe, wie die Reformen der Agenda 2010, die durch
                Lockerungen im Arbeitsrecht eine flexible Reaktion auf die Krise ermöglicht hätten;
                zudem hätten sich die Gewerkschaften mit Lohnforderungen zurückgehalten. Auch
                hier machte er somit bestimmte Werte stark, die er in seinem Vortrag betont hatte.

             Nach einer Kaffeepause, in der die angeregte Diskussion weitergeführt wurde,
             tauchten die Gäste in die Welt der Reisetagebücher Alexander von Humboldts ein.
             Ottmar Ette, Professor für französisch‐ und spanischsprachige Literaturen der
             Universität Potsdam präsentierte „Alexander von Humboldts Lebensbuch. Die
             Amerikanischen Reisetagebücher als Wissenschaft aus der Bewegung“. Der
             preußische Universalgelehrte habe eine Art des vernetzten Denkens entfaltet, das so
             vor ihm nicht bestanden habe. Diese Vernetzung ist, so wurde im Laufe des
             eindrücklichen Vortrags deutlich, nicht nur in geographischem, sondern auch im
                                transdisziplinären Sinne zu verstehen. Das nomadische Wissen des
                                nomadisch lebenden Alexander von Humboldt ist in unzähligen
Vernetzte Wissenschaft,
                                Schriften und Korrespondenzen nachzuvollziehen. Dazu gehören
vernetztes Denken               auch die mittlerweile digitalisierten Reisetagebücher, aus denen
                                Ette zahlreiche Seiten präsentierte – Seiten mit fein und oft schräg
             geschriebenen Notizen, Zahlen, genauen Zeichnungen von Fischen und Bergen sowie
             Statistiken. Es handelt sich hierbei um die schriftlichen Zeugnissen seiner
             ausgedehnten Forschungsreisen nach Südamerika, die als „Lebensbuch“ ediert
             werden. Sie zeugen nach Darstellung Ettes nicht nur von einem epistemologischen,
             kulturtheoretischen und naturwissenschaftlichen Denken, sondern auch von den
             Orten sowie der Art des Aufzeichnens Alexander von Humboldts. In diesem Sinne
             seien sie nicht nur Mitteilung und Zeichen, sondern auch Artefakte, und nicht zuletzt
                                                                                                 13
ästhetische Bilder. Dabei habe er in verschiedenen Sprachen geschrieben und auch
                               Aussagen in indigenen Sprachen festgehalten.

                                                                 An einem späten Porträt Alexander von
                                                                 Humboldts in seiner Berliner Bibliothek, das ihn
                                                                 mit einem Buch in der Hand auf seinem Stuhl
                                                                 thronend von Büchern und Artefakten umgeben
                                                                 präsentiert, zeigte Ette auf, wie sich Humboldt
                                                                 selbst als Weltreisender inszenierte. In der dritten
                                                                 Phase seines Lebens nach seinem 60. Geburtstag
                                                                 und damit nach seiner Reise nach Amerika und
                                                                 seiner russisch‐sibirischen Reise habe er sein
                                                                 Leben als Forschender in seinem amerikanischen
                                                                 Reisewerk zusammenzufassen versucht. An
                                                                 diesem habe Alexander von Humboldt, der
                                                                 Wissenschaft als Prozess begriffen habe, immer
                                                                 weiter gearbeitet. Und so beantwortete Ette seine
                                                                 Ausgangsfrage, was denn von einem langen Leben
                                                                 als Gelehrter, von all den Reisen und
                               Auseinandersetzungen mit den Fachkollegen bleibe, mit der Aufforderung: „Es bleibt
                               ein offenes Buch, an dem wir mitschreiben können.“

                               Das Publikum zeigte sich beeindruckt von dem Vortrag und der
                               Forscherpersönlichkeit Alexander von Humboldts. Vor dem Hintergrund der
                               Erfahrung des ständigen Unterwegsseins des modernen Wissenschaftlers stellte John
                               Jansen die Frage nach den Bedingungen seines Arbeitens: Konnte Alexander von
                               Humboldt seine eigene Bibliothek auf Reisen mitnehmen, und wie gestaltete sich
                               allgemein die Zusammenarbeit mit anderen Forschenden? Tatsächlich, so Ette, habe
                               Alexander von Humboldt auf Reisen seine eigene Bibliothek mit sich geführt. Vor
                               allem aber habe er im In‐ und Ausland ein Team um sich geschart, das er ständig um
                               Informationen gebeten und für seine eigene Arbeit in Anspruch genommen habe. Es
                               gebe niemanden, der mit den Mitteln der Zeit in einer intensiveren Weise gearbeitet
                               habe als Alexander von Humboldt. Angesichts der stetigen Ansammlung von
                               Informationen und der Art, immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben, sei er von
                               seinen Feinden früh als „enzyklopädische Katze“ bezeichnet worden, was damals eine
                               stark negative Konnotation gehabt habe. Doch auch außerhalb der Wissenschaft, so
                               stellte sich im Laufe der Diskussion heraus, hatte Alexander von Humboldt Feinde, da
                               er sich laut Ette immer in der Tradition der französischen Revolution verstanden habe.
                               In Zeiten der deutsch‐französischen Auseinandersetzung sei er daher eine persona
Prof. Dr. Ottmar Ette in der   non grata gewesen, und auch diese politische Haltung habe dazu geführt, dass man
von Dr. Susanne Stemmler       ihn nach seinem Tod aus der Wissenschaft fast verbannt habe. Zuletzt wurden die
moderierten                    Pläne um das Humboldt‐Forum in Berlin diskutiert, wobei Ette bemerkte, dass die
Abschlussdiskussion über       Brüder Humboldt in der historischen Zeit situiert und zugleich prospektiv behandelt
vernetzte     Wissenschaft
                               werden müssten, da ihr Leben und Werk Inspiration sein könne.
früher und heute.

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Schlusswort und Verabschiedung

Zum Abschluss der Veranstaltung dankte die Moderatorin Susanne Stemmler allen
Mitwirkenden, besonders aber den Stipendiaten und Stipendiatinnen für ihre
Beiträge und Offenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Gundula Herwig verlieh ihrer Freude über die angenehme Atmosphäre und das
Gelingen der Auftaktveranstaltung Ausdruck, die ihre Erwartungen mehr als erfüllt
habe. Nicht nur sei sie eine Investition gewesen, die Spaß gemacht habe, auch habe
die von ihr geleitete Stabsstelle für Internationales im Wissenschaftsministerium des
Landes Brandenburg neue Impulse bekommen. Es bleibe die Herausforderung, neue
Netzwerke zu knüpfen und auszubauen, sowohl zur Stiftung Genshagen, als auch zu
Wirtschaft und Kultur in Brandenburg. Auch Christel Hartmann‐Fritsch betonte, dass
die neu begonnene Zusammenarbeit innerhalb des Netzwerks, das jetzt entstanden
sei, fortgeführt werden solle. Den internationalen BRAIN‐Fellows gab sie den Wunsch
mit auf den Weg, trotz des anstehenden Alltags Kontakte zu halten, neue Kontakte zu
knüpfen und das, was sie bewege, in den kommenden zwei Jahren offen zu
kommunizieren.

Schließlich lud die Projektleiterin Noémie Kaufman die BRAIN‐Fellows dazu ein, an
Veranstaltungen der Stiftung teilzunehmen und Ideen für neue Projekte anzuregen,
insbesondere solche, die Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft zusammenführen.

                                                                                  15
Impressum

veranstaltet von:

Stiftung Genshagen                           Ministerium für Wissenschaft,
Am Schloss 1                                 Forschung und Kultur des Landes
14974 Genshagen                              Brandenburg
Tel.: 03378‐805931
www.stiftung‐genshagen.de

gefördert durch:

Projektleitung: Noémie Kaufman, Stiftung Genshagen
Fotos: © Stiftung Genshagen
Veranstaltungsbericht: Sophie Schwarzmaier, März 2015

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Willkommen, bienvenue, welcome, bienvenida,
witamy…
Who is the BRAIN behind this?
Auftaktveranstaltung im Rahmen des Stipendiatenprogramms BRAIN ‐ Brandenburg Research
Academy and International Network

29.‐30. Januar 2015 im Schloss Genshagen

Programm

Die Veranstaltung wird deutsch‐englisch gedolmetscht.

Gesamtmoderation: Dr. Susanne Stemmler, Stiftung Genshagen

Donnerstag, 29. Januar 2015

10:00      Begrüßung und Einführung in das Programm
           Christel Hartmann‐Fritsch, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Stiftung Genshagen

10:20      Eröffnung
           MinR’in Dr. Gundula Herwig, Leiterin Stabsstelle Internationales und EU‐Angelegenheiten, Ministerium
           für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg
           Dr. Sonja Rademacher, Referatsleiterin Studentische Angelegenheiten, Nachwuchsförderung,
           Studentenwerke, Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg

10:40      Pause

11:00      Vorstellungsrunde
           In Zweiergruppen sprechen die Stipendiatinnen und Stipendiaten über ihre Erwartungen an das
           Stipendiatenprogramm. Im Anschluss stellen sie sich gegenseitig im Plenum vor.

12:30      Mittagspause

14:00      Input‐Vorträge mit anschließender Diskussion im Plenum
           Themengebiet 1: Deutschland
           Dr. Kien Nghi Ha, freier Kultur‐ und Politikwissenschaftler, Berlin
           Thema: Verleugnete Migrationsgeschichte, unsichtbare Realitäten: Ist die deutsche Wissenschafts‐
           kultur von gesellschaftlichen Dominanzverhältnissen in der rassifizierten Einwanderungsgesellschaft
           betroffen?
           Themengebiet 2: Brandenburg
           Dr. Kurt Winkler, Brandenburgische Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH, Potsdam
           Thema: Brandenburg und die Welt

16:00      Kaffepause

16:30      Input‐Vorträge mit anschließender Diskussion im Plenum
           Themengebiet 3: Wissenschaft
           Dr. Tilman Schröder, Jakob‐Fugger‐Zentrum, Universität Augsburg
           Thema: Wissenschaft und Gesellschaft – Wie wird die Wissenschaft in das gesellschaftliche Umfeld
                                                                                                           17
vermittelt?
            Themengebiet 4: Kunst und Kultur
            Dr. Karl Ermert, ehemaliger Direktor der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel
            Thema: Kultur in Deutschland

18:00       Aperitif und gemeinsames Kochen mit dem Team des Gasthofs Zur Linde, Wildenbruch
            Anschließend gemeinsames Abendessen mit musikalischer Begleitung von Bardo Henning am
            Akkordeon

Freitag, 30. Januar 2015

09:00       Input‐Vortrag mit anschließender Diskussion im Plenum
            Themengebiet 5: Wirtschaft
            Dr. Stefan von Senger und Etterlin, ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH, Potsdam
            Thema: Wirtschaftsstandort Deutschland – Forschung, Entwicklung, Innovation

10:15       Kaffeepause

10:45       Input‐Vortrag mit anschließender Diskussion im Plenum
            Themengebiet 6: Europa und globale Vernetzung
            Prof. Dr. Ottmar Ette, Professur für französisch‐ und spanischsprachige Literaturen, Universität
            Potsdam
            Thema: Zur Notwendigkeit der internationalen Vernetzung in der Wissenschaft, Bildung und Kultur am
            Beispiel von Alexander von Humboldts Lebensbuch. Die Amerikanischen Reisetagebücher als
            Wissenschaft aus der Bewegung

12:30       Mittagessen und anschließend Abreise der Teilnehmenden

Gefördert durch:

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Willkommen, bienvenue, welcome,
bienvenida, witamy…
Who is the BRAIN behind this?
Auftaktveranstaltung im Rahmen des Stipendiatenprogramms BRAIN ‐ Brandenburg Research
Academy and International Network

29.‐30. Januar 2015 im Schloss Genshagen

Kurzbiografien der Mitwirkenden

Dr. Karl Ermert                 Karl Ermert studierte Germanistik, Geschichte und
                                Erziehungswissenschaften auf Lehramt an den Universitäten
                                Marburg und Trier. In Trier promovierte er 1978 im Fach
                                Germanistische Linguistik mit einer textsortentheoretischen
                                Untersuchung zum Brief als Kommunikationsform zum Dr.
                                phil. Nach beruflichen Stationen als wissenschaftlicher
                                Mitarbeiter im Fach Germanistische Linguistik an der
                                Universität Trier (1973‐1977), als Studienleiter für Kultur‐ und
                                Bildungspolitik der Evangelischen Akademie Loccum (1977‐
                                1993) und als Leiter des Arbeitsbereichs Hochschule –
                                Forschung – Kultur des Instituts für Entwicklungsplanung und
                                Strukturforschung GmbH an der Universität Hannover (1994‐
                                1999) leitete er von 1999 bis 2011 die Bundesakademie für
                                Kulturelle Bildung Wolfenbüttel. Seit 2012 arbeitet er
                                ehrenamtlich u. a. als Bundesvorsitzender des Arbeitskreises
                                Musik in der Jugend e. V. Seine fachliche Schwerpunkte sind:
                                Theorie kultureller Bildung, Kulturpolitik, Kultur und
                                Demografie, bürgerschaftliches Engagement/Ehrenamt in der
                                Kultur.

Prof. Dr. Ottmar Ette           Ottmar Ette hat nach seiner Promotion über José Martí an der
                                Universität Freiburg i.Br. und seiner Habilitation über Roland
                                Barthes an der Katholischen Universität Eichstätt seit 1995 den
                                Lehrstuhl für französisch‐und spanischsprachige Literaturen an
                                der Universität Potsdam inne. 2004‐2005 war er Fellow am
                                Wissenschaftskolleg zu Berlin, seit 2010 ist er Mitglied der
                                Academia Europaea, seit 2011 Chevalier dans l’ordre des
                                Palmes Académiques, seit 2013 Mitglied der Berlin‐
                                Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und seit
                                2014 Ehrenmitglied der Modern Language Association of
                                America. Zudem ist er Leiter des BMBF‐Forschungsprojektes
                                zu Alexander von Humboldt „Amerikanische Reisetagebücher:
                                Genealogie, Chronologie und Epistemologie“ (2014‐2017).
                                Ottmar Ette ist darüber hinaus Herausgeber der Buchreihe
                                „mimesis – Romanische Literaturen der Welt“. Er erhielt

                                                                                              19
verschiedene Preise u.a. den Heinz‐Maier‐Leibnitz‐Preis für
                            das Manuskript seiner neuen Edition von „A.v.Humboldt: Reise
                            in die Äquinoktial‐Gegenden“.

Dr. Kien Nghi Ha            Kien Nghi Ha, promovierter Kultur‐ und Politikwissenschaftler,
                            ist Fellow des Instituts für post‐koloniale und transkulturelle
                            Studien der Universität Bremen. Er hat an der New York
                            University sowie an den Universitäten in Heidelberg und
                            Tübingen zu postkolonialer Kritik, Migration und Asian
                            Diasporic Studies geforscht und gelehrt. Als Kurator hat er u.a.
                            im Haus der Kulturen der Welt und im Hebbel am Ufer‐Theater
                            verschiedene Projekte über asiatische Diaspora realisiert.
                            Gesellschaftlich engagiert er sich als Vorstandsmitglied von
                            „korientation – Netzwerk für deutsch‐asiatische Perspektiven“
                            und Co‐Sprecher des „Verbands für interkulturelle
                            Wohlfahrtspflege, Empowerment und Diversity“ (VIW). Seine
                            Monografie Unrein und vermischt. Postkoloniale Grenzgänge
                            durch die Kulturgeschichte der Hybridität und der kolonialen
                            „Rassenbastarde“ (transcript 2010) wurde mit dem
                            Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien
                            2011 ausgezeichnet. Im Frühjahr 2014 gab er das Online‐
                            Dossier „Asian Germany – Asiatische Diaspora in Deutschland“
                            für die Heinrich Böll Stiftung heraus.

Christel Hartmann‐Fritsch   Christel Hartmann‐Fritsch studierte Germanistik und
                            Romanistik an den Universitäten in Regensburg, Freiburg und
                            Clermont‐Ferrand. Sie lebte und arbeitete als Lehrerin,
                            Dozentin und Journalistin mehrere Jahre in Frankreich. Von
                            1979 bis 1982 war sie Projektleiterin der Internationalen
                            Bauausstellung IBA in Berlin‐Kreuzberg. Von 1983 bis 2009 war
                            sie Geschäftsführerin und künstlerische Leiterin des
                            Internationalen Jugend Kunst‐ und Kulturzentrums
                            „Schlesische27“. Von 1989 bis 1994 beriet sie die Europäische
                            Kommission bei Fragen um Task Force, Human Resources,
                            Education, Training and Youth – die heutige Generaldirektion
                            Education and Culture. Von 1990 bis 2005 war sie als Expertin
                            der Europäischen Kulturstiftung Amsterdam (ECF) und
                            anderen europäischen Organisationen und Stiftungen tätig. Sie
                            ist ehrenamtlich in verschiedenen Vereinen und Netzwerken in
                            Deutschland und Frankreich tätig, z.B. in den Vereinen
                            „Banlieues d’Europe“ und „Pépinières pour jeunes artistes“.
                            Sie erhielt verschiedene Auszeichnungen wie das
                            Bundesverdienstkreuz, den Ordre du Mérite und den Ordre
                            des Arts et des Lettres, u.a.
                            Seit April 2009 ist sie geschäftsführendes Vorstandsmitglied
                            der Stiftung Genshagen; sie leitet den Bereich „Kunst‐ und
                            Kulturvermittlung in Europa“.

Bardo Henning               Bardo Henning studierte an der Justus Liebig‐Universität
                            Gießen und an der Hochschule für Musik und darstellende
                            Kunst Graz. Als Pianist des Jazzquartetts „Serene“ oder als
                            Leiter des „Experimenti Berlin Orchestra“ konzertierte er
                            europaweit (u.a. in Zusammenarbeit mit dem Goethe‐Institut)
                            und spielte bei zahlreichen internationalen Festivals, sowie bei

                                                                                          20
Rundfunk‐, Fernseh‐ und Schallplattenproduktionen. Als
                       Komponist trat er u.a. mit der Uraufführung von
                       „Wüstenkommunikation“ bei den Donaueschinger Tagen für
                       Neue Musik oder mit der Straßenoper „Achmeds Traum“ in
                       Erscheinung. 1998 führte seine „Musik zum Tag der Deutschen
                       Einheit“ zu einem Medienskandal. 2007 wurde sein Werk
                       „Garper“ im Garten des Bundeskanzleramtes aufgeführt. Sein
                       kompositorisches Werk umfasst Ballett und Theatermusik,
                       Oper, Lieder und Instrumentalmusik. 1982 erhielt er den
                       1. Preis der Deutschen Phonoakademie, 1989 den Jazzpreis
                       des SWF.

Dr. Gundula Herwig     Gundula Herwig, Diplom‐Geologin, studierte Geologie/
                       Geowissenschaften an der Bergakademie Freiberg und
                       promovierte 1985 an der Akademie der Wissenschaft der DDR,
                       am Zentralinstitut für Physik der Erde in Potsdam. Ihre
                       Forschungsschwerpunkte waren Marine Geologie und
                       Geochemie ozeanischer Basalte. Sie ist seit 1991
                       Referatsleiterin in der Regierung des Landes Brandenburg in
                       verschiedenen Aufgaben u. a. im Umwelt‐ministerium,
                       Landwirtschaftsministerium sowie in der Vertretung des
                       Landes Brandenburg bei der EU in Brüssel (für die Bereiche
                       Agrar, Verkehr, Landesplanung, Städtebau/ Wohnen, Forst,
                       Wissenschaft, Forschung und Kultur). International war sie
                       u.a. tätig als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der
                       Wissenschaftskooperation in Ost‐Europa, auf dem Gebiet der
                       marinen Geoforschung, sowie beim Abzug der russischen
                       Streitkräfte    aus    Deutschland/Brandenburg     u.a.     als
                       Referatsleiterin zur Umweltvorsorge und Konversion der
                       Liegenschaften für eine zivile Nachnutzung ehemals militärisch
                       genutzter Flächen.
                       Seit 2013 ist Gundula Herwig Leiterin der Stabsstelle für
                       Internationales und EU‐Angelegenheiten im Ministerium für
                       Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg.

Dr. Sonja Rademacher   Sonja Rademacher studierte Jura an der Universität Passau
                       und wurde in den Fremdsprachen Englisch, Französisch und
                       Italienisch fachspezifisch ausgebildet. Sie promovierte
                       ebenfalls an der Universität Passau zum Thema
                       „Diskriminierungsverbot und ‚Gleichstellungsauftrag’“. Später
                       arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an den
                       Lehrstühlen Verwaltungsrecht und Staatsrecht der Juristischen
                       Fakultät der Universität Potsdam.
                       Seit 2007 ist sie Mitarbeiterin des Ministeriums für
                       Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg.
                       Seit 2013 ist sie Leiterin des Referats „Studentische
                       Angelegenheiten Nachwuchsförderung, Studentenwerke“ und
                       verantwortet das internationale Postdoc‐Stipendienprogramm
                       „BRAIN – The Brandenburg Research Academy and
                       International Network“.

Dr. Tilman Schröder    Tilman      Schröder       studierte     Romanistik    und
                       Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Mannheim und
                       Buenos Aires. 2012 wurde er mit einer linguistischen

                                                                                    21
Dissertation    zu     kulturspezifischen   Merkmalen       auf
                                     internationalen Unternehmenswebsites am Romanischen
                                     Seminar der Universität Mannheim promoviert. Im Rahmen
                                     seiner Promotion absolvierte er Forschungssemester am
                                     Linguistics Department der University of California at Berkeley
                                     und am Monterey Institute of International Studies in den
                                     USA. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen
                                     Kontrastive Linguistik, Medienlinguistik, (Hyper‐)Textlinguistik
                                     sowie Werbe‐ und Unternehmenskommunikation.
                                     Seit 2013 ist Tilman Schröder wissenschaftlicher
                                     Geschäftsführer am Jakob‐Fugger‐Zentrum der Universität
                                     Augsburg. Hier soll transnationale und fächerübergreifend
                                     ausgerichtete Forschung dazu beitragen, gemeinsam
                                     Antworten auf zentrale Fragen zur Geschichte, Gegenwart und
                                     Zukunft einer global vernetzten Gesellschaft zu finden und
                                     diese Antworten auf internationaler Ebene zu kommunizieren.

Dr. Stefan von Senger und Etterlin   Stefan von Senger und Etterlin studierte Geschichte, Anglistik,
                                     und Politische Wissenschaften in Freiburg i.Br., in
                                     Amherst/Massachussets und an der Freien Universität Berlin.
                                     Nach dem 1. Staatsexamen wurde er von der Freien
                                     Universität Berlin zum Dr. phil. promoviert. Später folgte ein
                                     Master of Business Administration (MBA) am Henley
                                     Management College in England. Seine berufliche Karriere
                                     führte von Senger u. a. über die Universität Frankfurt am
                                     Main, die Kommission der Europäischen Gemeinschaften in
                                     Brüssel, den U.S. Congress in Washington, den Bundestag in
                                     Bonn, ins Ministerium für Wirtschaft des Landes Brandenburg
                                     nach Potsdam. 2001 wechselte er in die ZukunftsAgentur
                                     Brandenburg       GmbH,     der     zentralen    Wirtschafts‐
                                     fördergesellschaft des Landes Brandenburg. Er leitet dort das
                                     Team Außenwirtschaft, Europa‐Service.

Dr. Susanne Stemmler                 Susanne Stemmler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin
                                     und Kuratorin sowie Projektleiterin in der Stiftung Genshagen.
                                     Zuvor war sie Gastprofessorin an der Universität der Künste
                                     Berlin, Leiterin des Bereiches Literatur, Wissenschaft,
                                     Gesellschaft am Haus der Kulturen der Welt und lehrte
                                     Romanistik an der Universität Düsseldorf. Ihr Post‐Doc‐
                                     Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur
                                     urbanen Ästhetik transkultureller Praxis im Hip Hop führte sie
                                     u. a. als Visiting Fellow an die Columbia University in New
                                     York. Sie forscht und publiziert zu Kultur und Globalisierung,
                                     französischsprachigen Literaturen, Migration und trans‐
                                     kulturellen Prozessen, urbanen und populären Kulturen, Kultur
                                     und Klimawandel sowie künstlerischer Forschung.

Dr. Kurt Winkler                     Kurt Winkler studierte Kunstgeschichte und Philosophie in
                                     Würzburg und an der Freien Universität Berlin und
                                     promovierte an der Freien Universität Berlin zum Thema
                                     „Museum und Avantgarde“. Er arbeitete als Ausstellungs‐
                                     kurator und wissenschaftlicher Mitarbeiter an verschiedenen
                                     Museen u. a. an der Berlinischen Galerie und dem Deutschen
                                     Historischen Museum und begleitete die Planung,

                                                                                                   22
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