DISKUSSION AFD GREIFT KULTURSZENE AN LAG NEUER VORSTAND STELLT SICH VOR FESTIVAL SCHÜLER*INNEN SPIELEN BRECHT ODE PROJEKT ZUR DEUTSCHEN ...
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Magazin der LAG Kinder- und Jugendkultur Hamburg Frühjahr 2020 SCHW E DISKUSSION AfD greift Kulturszene an THEARPUNKT: LAG Neuer Vorstand stellt sich vor TER FESTIVAL Schüler*innen spielen Brecht ODE Projekt zur deutschen Erinnerungskultur 1
Inhalt 03 LAG-Vorstand Editorial Herausgeber 04 Reden mit der AfD? LAG Kinder- und Jugendkultur e.V. Diskussion bei BKJ-Jahrestreffen www.kinderundjugendkultur.info Ehrenbergstraße 51, 22767 Hamburg 07 Erinnerungskultur Telefon: 040 - 524 78 97 10 Das Kunstprojekt ODE Die LAG Kinder- und Jugendkultur vernetzt die 10 Plattform-Festival Hamburger Akteur*innen und vertritt die Interessen Vier Schulen, eine Bühne ihrer Mitglieder gegenüber Politik und Verwaltung. Redaktion: Christine Weiser, Claas Greite, Dörte Nimz 13 Spielend lernen Grafik: Meike Gerstenberg Die Theatersprachcamps Das nächste Heft erscheint im Juni 2020 15 Kritik „Heidi“ absturzsicher inszeniert www.kinderundjugendkultur.info Gefördert von der Behörde für Kultur und Medien 17 Hinter den Kulissen der Freien und Hansestadt Hamburg. FSJKler*innen berichten Bildnachweise: 19 LAG Titel: Fabian Hammerl, S.3 Illustration: Meike Gersten- Der neue Vorstand berg, S.4 Claas Greite, S. 7 Claas Greite, S. 10 Fabian Hammerl, S. 13 Thorsten Baering, S. 15 Ellen Coen- 21 Zeitgenössischer Tanz ders, Illustration Meike Gerstenberg, S. 17 privat/ Projekt im HausDrei Schauspielhaus, S. 19 und 20 Claas Greite, Cornelia Preira, privat, S. 21 Robert N. Skwirblies, S. 23 Claas 23 Meldungen Greite, S. 24 Jefferson Santos/unsplash, Friederike Frankhänel/MGK, Senjuti Kundu/unsplash, Lena 24 Tipps Winkel, Esche Jugendkunsthaus, Vision Kino 2
Für eine vielfältige Stadtgesellschaft TEXT: HEIKE ROEGLER, DAN THY NGUYEN, HEIDI JAKOB, ANKE AMSINK, ANDREAS FLEISCHMANN, BETTINA KNAUER, COLETTE SEE V ielfalt ist nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern Wir als neuer Vorstand möchten uns gemeinsam mit den Mitgliedern zeichnet die Stärke unserer europäischen Gesellschaft und der Geschäftsstelle auf den Weg machen. Dabei repräsentieren aus. Dieser Satz markiert das Fundament unserer wir nicht nur verschiedene Institutionen, sondern auch unterschied- modernen und liberalen Demokratie und ist auch liche Umgangsformen mit Kultur. Das Altonaer Museum, das Festi- ein inständiges Bekenntnis dazu, dass wir Menschen val für Diversität „Fluctoplasma“, das Jugendkunsthaus Esche, das in unserer Einzigartigkeit frei und gleich an Würde und Rechten gebo- Mediennetzwerk Hamburg, der Kulturpunkt Barmbek-Basch, die ren sind. Bücherhallen Hamburg und das Kulturforum21 – wir fördern und wol- len Vielfalt für eine solidarische Stadtgesellschaft. Die LAG Kinder- und Jugendkultur Hamburg setzt sich seit ihrer Grün- dung für eine diverse, pluralistische und offene Stadtgesellschaft ein. Unser Netzwerk will mit seiner kreativen Kraft diese Stadtgesellschaft INFO hörbar machen und gegen einfältige Kulturbegriffe aus jeder Rich- tung verteidigen. Dafür wollen wir uns als Vorstand stark machen und Heike Roegler, Dan Thy Nguyen, Heidi Jakob, Anke Amsink, Andreas die Szene mit aller Kraft unterstützen. Denn die Kulturelle Bildung ist Fleischmann, Bettina Knauer und Colette See sind seit dem 27. Feb- eine treibende Kraft für gesellschaftliche und politische Teilhabe. Die ruar 2020 der amtierende Vorstand der LAG Kinder- und Jugendkul- Arbeit aller Mitglieder trägt wesentlich dazu bei. tur. Auf Seite 19 dieses Heftes stellen sie sich vor. 3
TEXT: CLAAS GREITE Reden mit der AfD? Vom Kampf um die Kultur Mitglieder der BKJ diskutierten mit Hamburgs Margret Staal (l.) mit Christina Biundo Kultursenator Dr. Carsten Brosda (beide LAG Soziokultur & Kulturpädagogik Rheinland-Pfalz) und Dr. Carsten Brosda 4
A uf die gesamte Kulturszene Millionen Mal abgerufen wurde – eine Reich- Denen werde oft „kein Integrationsangebot kommen unruhige Zeiten zu. weite, die vor nicht allzu langer Zeit nur klas- gemacht“, diese Lücke nutzten unter ande- Sie muss sich auf völlig neuar- sische Massenmedien wie Tageszeitungen und rem Rechtsradikale. Das Problem habe sich tige Angriffe von rechts gefasst Fernsehsender erreichten. Doch nun träten in ähnlicher Form – schon vor dem digita- machen, darauf einstellen, dass eben diese klassischen Massenmedien gegen- len Wandel – zu Beginn der 1990er-Jahre im Politiker*innen ihre Daseins- über Plattformen wie YouTube und Facebook Osten Deutschlands gezeigt. Neo-Nazis aus berechtigung insgesamt in Zweifel ziehen. in den Hintergrund, die einer gänzlich anderen dem Westen hätten die Orientierungslosigkeit Darauf bereitete Hamburgs Kultursenator Logik gehorchten. „Klassische Medien fragten genutzt und „Jugendtreffs aufgemacht.“ Nun Dr. Carsten Brosda (SPD) Akteur*innen der sich immer, was möglichst viele interessiert. müsse es für Menschen, die sich mit Faschis- Kinder- und Jugendkultur vor, die aus ganz Digitale Medien fragen nicht nach der allge- ten eingelassen haben, „Angebote zur Re- Deutschland nach Hamburg gereist waren. meinen Relevanz“, so Brosda. Stattdessen wür- Integration in die offene, aufgeklärte Gesell- den diese den Nutzer*innen immer mehr von schaft“ geben. Es handelte sich um Vertreter*innen der Lan- dem liefern, was sie bereits interessiere, da sie desdachverbände der Kinder- und Jugendkul- über Informationen aus deren Online-Profilen Kultur wird zu einem Mittel der tur, die zum Jahrestreffen der Bundesvereini- verfügten. Die Folge sei, dass digitale „Echo- Abgrenzung gung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung kammern“ entstünden. (BKJ) e.V. gekommen waren. Die Landesar- Eine Partei, die von schwindender Gruppen- beitsgemeinschaft Kinder- und Jugendkultur Brosda: Strukturierender Filter der solidarität und der sich verändernden Medi- (LAG) Hamburg hatte das Treffen organisiert, Massenmedien fehlt enlandschaft besonders profitiert, ist die AfD. das am 31. Januar und 1. Februar stattfand. In Diese nun bläst zum Angriff auf eine freie, den Räumen des Vereins Lukulule im Oberha- Weiterhin sei eine Logik des Internets, dass offene Kulturlandschaft, wie Brosda ausführ- fenquartier hielt Carsten Brosda einen Vortrag besonders extreme und polemische Beiträ- te. „Kultur“ werde nämlich von den Rechtspo- mit dem programmatischen Titel „Warum wir ge besonders viel Zuspruch fänden und wie- pulisten vollkommen anders verstanden – und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt strei- derum vor allem von Menschen mit extremen zu einer Art politischem Kampfbegriff. „Kul- ten müssen“, in dem er an Kernthesen seines Positionen kommentiert würden, die sich somit tur“ ersetze demnach den Begriff „Rasse“, Buches „Die Zerstörung“ anknüpfte. Anschlie- Gehör verschafften. All das schade der politi- sei aber in einem ähnlichen Sinne zu verste- ßend diskutierte er mit den Zuhörer*innen. Es schen Mitte, deren Themen und Haltungen es hen. Der sogenannte „Ethnopluralismus“ des ging um die Veränderung der Medienland- in Zeiten des Internets schwer hätten, Reso- rechtsextremen Vordenkers Alain de Benoist, schaft, die Finanzierung von Kultur und den nanz zu finden. Brosda: „Der Zusammenhang der auf eine Trennung verschiedener Bevölke- Umgang mit der Partei Alternative für Deutsch- strukturierende Filter der Massenmedien fehlt.“ rungsgruppen voneinander abzielt, liefere der land (AfD). Das trage zu gesellschaftlichen Problemen bei: AfD hier das ideologische Fundament. Die Par- „Gruppensolidaritäten werden weniger.“ tei verstehe in diesem Sinne Kunst in einem In dem Vortrag ging Brosda zunächst auf das abgrenzenden Sinne als Bewahrung des ver- Internet ein und dessen Wirkung auf gesell- Der Kultursenator sagte auch, dass man im meintlichen kulturellen Erbes, auch als „nor- schaftliche Diskurse. Er machte das am Bei- digitalen Raum „einzigartig“ sein müsse, um matives Vermitteln einer Kultur, wie sie zu spiel des Videos „Die Zerstörung der CDU“ des Anerkennung zu bekommen. Was aber sei sein hat“ und greife damit die im Grundge- Video-Bloggers Rezo fest, das im Mai 2019 auf mit jenen, die gar nicht einzigartig sein wol- setz gesicherte Kunstfreiheit fundamental an. YouTube veröffentlicht wurde und mehr als 14 len, sondern nach Gruppenangeboten suchen? In diesem Sinne seien Anträge der AfD in ver- 5
schiedenen Länderparlamenten zu verstehen, man heute „nur das Handy einschalten“. Bros- Rein habe dann seine Position geändert: „Wir die die Streichung der Mittel für interkulturel- da sagte auch: „Ich bin kein Anhänger des müssen uns im öffentlichen Raum konfrontie- le Projekte fordern oder fragen, wie denn ein komplett eintrittsfreien Museums.“ Eine viel ren!“ Er sagte aber auch: „Selbst wenn wir die Musikensemble ethnisch zusammengesetzt sei. größere Barriere als Eintrittspreise sei das AfD-Leute einladen, sie würden vermutlich gar Das Thema Kultur fände sich also plötzlich mit- Gefühl „Ich bin nicht gemeint“ in Teilen der nicht kommen.“ ten in der politischen Arena und dürfe nicht Bevölkerung. Susanne Keuchel bezog wie- den Rechtsextremen überlassen werden. Bros- derum die Gegenposition und begründete Wichtiger sei es, wieder relevanter für eine da: „Früher gab es eine Mischung aus Kon- das mit positiven Erfahrungen, die man in größere Zahl von Jugendlichen zu werden – sens und mangelndem Interesse. Jetzt geht anderen Ländern mit einer Aufhebung der das war in der Runde weitgehender Konsens. es um etwas. Aber dann müssen wir auch auf Eintrittspreise in Museen gemacht habe. Denn hier hätten die bisherigen Angebote zur den Platz.“ Kinder- und Jugendkultur Nachholbedarf, viele In der Debatte wurden vielfach auch selbstkri- junge Leute fühlten sich schlicht nicht ange- Markus Menke, ehemaliger Vorstandsvorsit- tische Töne angeschlagen. So etwa von Susan- sprochen. „Wir bewegen uns in einem Kokon“, zender der LAG Hamburg, eröffnete die Dis- ne Rehm, die die Landesvereinigung Kulturelle sagte Margret Staal von der LAG Soziokultur kussion mit der Frage an Brosda, wie dessen Jugendbildung (LKJ) Baden-Württemberg ver- & Kulturpädagogik Rheinland-Pfalz. Kultur- Überlegungen „handwerklich zu übersetzen“ trat: „Wir sind sprachlos angesichts der Tatsa- einrichtungen müssten sich „stärker die Frage seien. Brosda antwortete: „Es reicht nicht, che, dass die AfD das Thema Kultur aufgreift. stellen, was die Jugendlichen vor Ort umtreibt.“ diese Angriffe zu ignorieren. Wir müssen die Vielleicht waren wir zu lange blind. Wir müs- Susanne Keuchel sagte: „Wenn ich keine Pro- Diskurse führen.“ Das bedeute etwa, immer sen wieder sprachfähig werden.“ Auch Markus jekte habe, in denen auch junge Menschen wieder explizit zu begründen, worin eigent- Menke betonte, dass eine „Kommunikationsfä- mit rechtspopulistischen Ansichten vertreten lich der Wert einer freien, offenen Kulturland- higkeit in Richtung AfD“ nötig sei. sind, bin ich da nicht inklusiv.“ Sie stellte die schaft bestehe. Susanne Keuchel, Vorsitzende Frage in den Raum: „Wie können wir uns brei- der BKJ, sagte: „Das Thema der Machtfrage Über die offenkundig schwierige Frage, ob ter aufstellen, dass wir auch diese Jugendli- der Gestaltung muss in den Fokus.“ Sie beton- auch mit Vertreter*innen der AfD diskutiert chen erreichen?“ te, dass in dem Zusammenhang etwa auch werden dürfe, könne, müsse, wurde länger über eintrittsfreie Museen gesprochen werden diskutiert. In einigen Fällen wurde auf die INFO müsse. Kultursenator Brosda bezog die Gegen- Beschlusslage des jeweiligen Landesverban- position. „In Zeiten des Internets ist die Gestal- des verwiesen, die einen solchen Kontakt mit Die LAG Kinder- und Jugendkultur ist Mitglied tungsfrage keine Ressourcenfrage.“ AfD-Vertretern verbiete. Peter Rein, Vertreter der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und der LKJ Thüringen, sagte dazu: „Wir haben Jugendbildung e.V. (BKJ). Es gibt jährlich mehrere Beschlusslage mehrerer Landes- einmal eine Frage-Veranstaltung für Jugendli- Treffen auf unterschiedlichen Ebenen. Einmal im verbände verbietet Kontakt mit AfD che gemacht, mit Parteienvertreter*innen. Die Jahr treffen sich alle Landesdachverbände. AfD hatten wir nicht eingeladen. Danach kam Um das Gleiche zu tun, was früher nur ein ein Jugendlicher auf mich zu, beschwerte sich, Fernsehsender wie Sat 1 gekonnt habe, müsse weil er der AfD mal die Meinung sagen wollte.“ WWW.BKJ.DE 6
ultur S C H W E R P U N KT rin nerungsk Die E zen bringen zum T an ne n era Altonaer Museum rbeiten am nstprojekt Schüler*in erdisziplinäres Ku ein int E AS GREIT TEXT: CLA Rüya, Sabrina, Leni und Seyma im Altonaer Museum (von links) 7
D as Licht ist schummrig in dem hen soll, bezeichnet Anne Pretzsch als „per- ansehen dürfen, ist ein altes Fotoalbum mit großen, ehrwürdigen Saal. formative Re-Installation von Erinnerungskul- Schwarz-Weiß-Bildern von einer Kreuzfahrt. Hölzerne Gallionsfiguren hän- tur“. Sie erklärt: „Wir erforschen mit den Schü- „Was glaubt ihr, wie kann man herausbe- gen an den holzgetäfelten ler*innen die deutsche Erinnerungskultur, fra- kommen, wie alt es ist?“, fragt Birgit Staack. Wänden, werfen lange Schat- gen uns, woran erinnert wird, wie Geschich- „Anhand der Kleider auf den Bildern!“, ant- ten. Melissa, Lara und Cenk denken sich weit te geschrieben wird und wer sie schreibt.“ Es wortet eine Schülerin. Die Archivleiterin gibt in die Vergangenheit zurück – doch nicht in gehe unter anderem um „Machtverhältnisse in ihr recht – die Kleider- und auch Frisurenmo- jene Zeit, in der die Gallionsfiguren noch über der Geschichtsschreibung“, dabei werde ein de lässt darauf schließen, dass die Fotos in die Meere segelten, sondern in eine viel frühe- Bogen gespannt von der Kolonialzeit über den den 1920er- Jahren gemacht wurden. Spä- re Epoche. Die Achtklässler*innen der Stadt- Holocaust bis zur Gegenwart. In dieser ers- ter geht es noch um historische Feldpost- teilschule Bahrenfeld, alle 14 Jahre alt, befas- ten Übung zum Turmbau zu Babel geht es nun karten und „Luftschiffpost“, die damals von sen sich an diesem Tag im Januar mit der alt- darum, dass die Jugendlichen sich mit dem Zeppelinen abgeworfen wurde. Die Jugendli- testamentarischen Erzählung vom Turmbau zu Thema Überlieferung vertraut machen und chen sind konzentriert, es herrscht gespann- Babel. „Ich bin der einzige, der im Himmel sein Techniken des Erinnerns kennenlernen. Spä- te Stille im Raum. „Schon der Ortswechsel darf – nein, kann!“, sagt Lara. Sie übernimmt ter soll eine einstündige Performance zu dem macht viel aus, das ist sehr reizvoll für die für diese Übung die Rolle Gottes. Melissa sagt: Thema entstehen, die dann auch im Altonaer Schüler*innen“, sagt Annika Aue. Leon Flu- „Ich als Bürger möchte einen Turm bauen“. Museum öffentlich gezeigt wird. cke sagt: „Es ist uns wichtig, dass wir mit Cenk hat die nicht ganz einfache Aufgabe, sich dem Altonaer Museum Expert*innen für das in „einen Backstein“ einzufühlen, der für den Historische Zusammenhänge Thema Erinnern dabei haben.“ Er und Anne Bau gebraucht wird. Später soll daraus eine werden in Bewegung umgesetzt Pretzsch arbeiten einmal in der Woche drei- kleine Szene entstehen. einhalb mit den Schüler*innen zusammen, Während Melissa, Lara und Cenk überle- entweder im Altonaer Museum oder in der Die Übung ist Teil eines besonderen interdiszi- gen, wie sie die Geschichte in wenigen Sze- Stadtteilschule Bahrenfeld. plinären Projekts mit dem Namen „ODE – Orte nen auf die Bühne bringen können, lernen der Erinnerung“. Dabei arbeitet die Stadtteil- ihre Klassenkamerad*innen gemeinsam mit Einige Wochen später, an einem Tag im Febru- schule mit dem Altonaer Museum sowie der der Lehrerin Annika Aue das Archiv des Alto- ar, treffen wir die Schüler*innen in der Schu- Künstlerin Anne Pretzsch, dem Theaterpäda- naer Museums kennen. Birgit Staack, Leite- le. Es wird wieder am ODE-Projekt gearbei- gogen Leon Flucke, Kulturagentin Ruth Zimmer rin des Archivs, und ihr Mitarbeiter Chris- tet. Die Schüler*innen sitzen an Tischen in der und der Theaterschule Zeppelin zusammen. topher Bainbridge stellen ihre Arbeit vor, Aula, an einer Stellwand hängt eine umge- Gefördert wird das Projekt, das im November erklären, welche Gegenstände aufbewahrt drehte Weltkarte, Süden oben, Norden unten. 2019 begann und mindestens bis Mai 2021 werden und warum – und auch, wie sie uns Denn es geht um eine Änderung des Blick- dauern wird, mit Geld aus dem Fonds „Kultur etwas über die damalige Zeit erzählen kön- winkels, heute wird über Kolonisierung und & Schule“. Was in der Zusammenarbeit entste- nen. Ein Exponat, das die Schüler*innen sich strukturelle Diskriminierung gesprochen. Die 8
Bildungsreferentinnen Nina Scheer und Janis Hamburg so viel Geld mit dem Kolonialismus In den kommenden Wochen werden die vielen Jirotka leiten den eintägigen Workshop. „Wisst verdient hat.“ In der vergangenen Woche gab inhaltlichen Stränge in „performativen Expe- ihr, welche Länder Kolonialmächte waren?“, es auch schon eine tänzerische Übung zum rimenten“ in Bewegung umgesetzt, wie Anne fragt Janis Jirotka die Schüler*innen. Länderna- Thema Kolonialismus, davon berichtet Josefine: Pretzsch sagt. Hier kommt auch die Zusam- men wie England und Frankreich fallen sofort, „Jede und jeder von uns war ein Begriff. Ich menarbeit mit der Theaterschule Zeppelin zum etwas später Spanien und Portugal. Schließlich habe zum Beispiel ‚Trauer‘ verkörpert.“ Nisa Tragen. Auch die Szenen zum Turmbau zu wird auch Deutschland genannt. Janis Jirotka sagt: „Meine Rolle war ‚Druck‘. Das war span- Babel, die im Januar entstanden, sollen dann macht deutlich, wie wenig dieses Kapitel auf- nend. Ich bin anderen hinterhergerannt, habe weiter choreografisch umgesetzt werden. Wie gearbeitet ist: „Es gab immer auch Widerstand sie weggeschubst.“ die einstündige Performance aussehen wird, in den kolonisierten Gebieten. Aber über den die am Ende aus dieser kreativen Mischung Widerstand hören wir heute wenig. Wir lesen Teil des ODE-Projekts ist auch die Auseinan- und den Themensträngen hervorgeht, hängt in Geschichtsbüchern von Columbus, aber dersetzung mit der eigenen Vergangenheit weitestgehend von den Schüler*innen ab. fast nichts über die Menschen, die dort leb- und der der Familie. Dazu wurden bei einem Anne Pretzsch: „Wir versuchen, viel reinzuge- ten.“ Nina Scheer sagt: „Rassismus und Kolo- Treffen persönliche Gegenstände mitgebracht. ben, aber wenig zu oktroyieren.“ nialherrschaft gehören zusammen. Ohne Ras- Josefine erzählt: „Ich habe ein Kuscheltier mit- sismus wäre Kolonialherrschaft nicht möglich gebracht, ein Schaf, das ich zur Geburt bekom- gewesen.“ Janis Jirotka hält eine grüne Papp- men habe.“ Lara erzählt: „Ich habe ein Spiel- karte hoch, auf der in Großbuchstaben das zeugauto mitgebracht, das schon meine Oma Wort „Handel“ steht. Sie sagt: „Hamburg ist geerbt hatte.“ Leon Flucke sagt: „Es geht uns für Handel bekannt. Wisst ihr, was das genau darum, im Rahmen des Themas Erinnerungs- bedeutet? Hamburg ist sehr reich geworden kultur nach Sinnzusammenhängen zu suchen. durch den Kolonialismus.“ Ein Raunen geht Das reicht von historischen Erzählweisen hin INFO durch die Gruppe der Schüler*innen. zu privaten, von globalen zu familiären Struk- turen.“ Immer wieder interessant sei es, zu Nach der derzeitigen Planung soll die Perfor- In der folgenden Übung geht es darum, Spuren sehen, wofür die Jugendlichen sich interessie- mance, die im ODE-Projekt entwickelt wird, am dieser Zeit im heutigen Hamburger Stadtbild zu ren. „Einige interessieren sich für die 1920er- 6. und 7. November jeweils um 16 Uhr öffent- finden, herauszufinden, was sie über die Kolo- Jahre, andere für das Geschehen im Drit- lich im Altonaer Museum gezeigt werden. nialzeit erzählen. Dafür haben Janis Jirotka und ten Reich.“ Generell seien Familiengeschichten Ob es wegen der Corona-Krise zu einer Ver- Nina Scheer viele Fotos mitgebracht, etwa von sehr wichtig, aber auch Fragen wie die, „was schiebung kommt, war bis Redaktionsschluss dem Bismarck-Denkmal in Altona, dem Ein- von der Liebe bleibt“. Anne Pretzsch: „Die nicht bekannt. Kontakt zum Altonaer Museum, gangstor von Hagenbecks Tierpark oder dem vielfältigen Biografien und Identitäten in der Museumsstraße 23, unter Tel. 040/428 13 50 EDEKA-Logo. In der Pause erzählt Nisa, 13: Gruppe spielen eine sehr wichtige Rolle.“ und per E-Mail an info@am.shmh.de „Ich habe heute zum ersten Mal gehört, dass 9
Wer übernimmt S C H W ES RCPHUWNEKT R P U N KT Verantwortung? Schüler*innen aus vier Hamburger Stadtteilschulen brachten gemeinsam Brechts „Kaukasischen Kreidekreis“ auf die Bühne TEXT: SAMIRA AIKAS 10
W ie sieht es aus, wenn rund 150 Jugendliche zusam- Projektgruppe sind miteinander befreundet, Konkurrenzdenken gibt men an einem Brecht-Theaterstück arbeiten? Beim es laut den Schüler*innen nicht. Warum? „Wir haben keine Einzelrol- Jugendgroßprojekt des 17. plattform-Festivals wir- len und treten als Gruppe auf. Wir haben gemeinsame Einsätze, Texte ken Schüler*innen im Alter zwischen 14 und 16 Jah- und jeder hat auch mal Sätze. Keiner ist besser oder schlechter als der ren von vier Hamburger Stadtteilschulen an dem andere und keiner spielt sich in den Vordergrund“, erklärt Zilan. Es sei Drama „Der Kaukasische Kreidekreis“ mit. ganz so wie bei der Moral des Stücks, bei dem es auch darum gehe, dass jeder Verantwortung übernimmt und das Wohl der anderen über In jedem Gang und jedem Raum des Ernst Deutsch Theaters wuseln das eigene stellt. an diesem Tag im Februar Schüler*innen umher, besprechen ihre Ein- sätze, üben oder feixen in den Pausen herum. Teller mit Süßigkeiten Brechts berühmtes Stück „Der kaukasische Kreidekreis“, entstanden und viel guter Zuspruch von Lehrer*innen, Künstler*innen, der Regie 1944/45 im US-amerikanischen Exil, spielt in Georgien in einer fikti- und den Jungschauspieler*innen des Jugendclubs Schauspiel beruhi- ven Vergangenheit und erzählt von Egoismus, Moral, Entbehrungen, gen die angespannten Nerven. Heute ist bereits der zweite Tag der Liebe, Feigheit, Mut und Gerechtigkeit. Wie die Schüler*innen den Gesamtprobenwoche, bei der alle Projektgruppen gemeinsam im Ernst Kern des Dramas sehen, fasst der 15-jährige Max zusammen: „Man Deutsch Theater proben, und in vier Tagen naht der Abend der Auf- muss sich entscheiden, ob man den einfachen oder den schwierige- führung. ren, aber moralisch richtigen Weg wählt.“ Es gehe um eine moralische Weiterentwicklung und die Verantwortung für Konsequenzen, die aus Während die Projektgruppen Tanz von der Stadtteilschule Öjendorf eigenem Handeln entstehen. „Der einfachere Weg ist nicht immer der und Musik von der Stadtteilschule Horn auf der Bühne proben, haben bessere“, sagt Max. sechs Mitglieder der Performance-Gruppe Zeit für ein kurzes Gespräch. Sie erzählen, dass sie bei der Teilnahme an einer Projektgruppe die Das größte Hindernis bei den Proben war laut den Schüler*innen die Wahl hatten zwischen Kunst, Musik und Theater, also Performance. anfängliche Unlust. Max erklärt, dass die Gruppe bereits einige Auf- Die Entscheidung der Schüler*innen der Stadtteilschule Eidelstedt fiel tritte hatte, darunter auch auf Kampnagel. Bisher seien die Stücke einstimmig für das Theater. Der Traum von einer Schauspielkarrie- aber freier in ihrer Gestaltung gewesen und hätten ein hohes Maß an re, vielleicht sogar in Hollywood, ist zwar da, doch die Jugendlichen eigenen Ideen und Improvisation zugelassen. Das engere Korsett bei sehen ihn größtenteils realistisch. „Das hat viel mit Glück zu tun. Ich dem Brecht-Drama stieß daher anfangs auf wenig Begeisterung. Esma werde daher das Schauspiel als Hobby behalten und später wohl in die (14) ergänzt: „Wir dachten zuerst, dass die Geschichte langweilig ist, Medizin gehen“, sagt Nadia, 14 Jahre. aber wir konnten dann Parallelen zwischen damals und heute ziehen und dann hat sie uns doch berührt.“ Der Arbeitsstandvergleich wäh- Zu jeder Projektgruppe gehört eine Lehrkraft, ein*e Künstler*in sowie rend der Probewochenenden war ein zusätzlicher Ansporn, da jede die Gesamtregie. Das neueste Mitglied der Performance-Gruppe ist Gruppe zeigen wollte, was sie kann. „Wir sind das böse Volk, das der die 14 Jahre alte Zilan, die bereits voll integriert ist. Die Beteiligten der Küchenmagd Grusche einredet, dass sie es nicht schafft, das Kind zu 11
retten, und das generell für Unruhe sorgt“, sagt Esma. „Wir konnten Termin mit jedem Tag entwickele. Die Schauspielgruppe des Jugend- viel mitreden, wenn es darum ging, wann wir was zu den Szenen mit clubs sei dabei immer ein ganz gutes Vorbild. „Wir haben da auch den Schauspielern beitragen.“ Yuonen (14) ergänzt, dass der wachsen- eine Vorbildfunktion, die die Projektgruppen animiert zu zeigen, was de Zeitdruck und der Wunsch, die Erwartungen ihrer Theaterlehrerin sie können.“ Julie Kuhn zu erfüllen, dann endgültig dazu führten, dass sie alle nicht mehr so viele Faxen machten und sich anstrengten. Vier Tage später ist es so weit: Am Samstagmorgen des 22. Februars findet die Generalprobe vor dem abendlichen großen Auftritt statt. Bei den heutigen Proben geht es konzentriert zu. Ab und an werden Noch hinter geschlossenem Vorhang überrascht die Regisseurin Imke noch Einsätze verpasst und kleine Versprecher passieren, aber es ist Trommler ein Geburtstagskind mit einem Ständchen. Die Band spielt, deutlich zu sehen, dass hier schon viele Monate Proben in der Schu- alle Mitwirkenden singen, bevor sie die Jugendlichen auf die General- le vorangegangen sind. Beim Abschlussbild, bei dem alle Jugendlichen probe einschwört. Was bei der Probenwoche noch hakte, läuft jetzt auf der Bühne stehen und eigene Gedanken teilen, lesen viele ihren rund. Eine Eigendynamik, die sich während der Woche entwickelt hat, Text noch vom Handydisplay ab und Sätze werden neu vergeben oder sorgt für kleine neue Ideen hier und da und ein paar Feinabstimmun- modifiziert. Mit auf der Bühne ist auch die Projektgruppe der Ilse- gen, wo es nötig ist, um ein noch besseres Gesamtbild zu erreichen. Löwenstein-Schule, die das Bühnenbild gestaltete. Entstanden sind Die Jugendlichen wirken gelöst und selbstsicher. vier riesige Vorhänge. Die Gruppe hatte bei der Gestaltung viel Frei- raum, lediglich die Farbwahl war vorgegeben. Die Ergebnisse schaffen Die Aufführung im bis auf den letzten Platz besetzten Ernst Deutsch verschiedene Ebenen und Dimensionen auf der Bühne, welche die Auf- Theater ist ein voller Erfolg. Beim Abschlussbild stehen alle Schü- führung lebendig wirken lassen. Die Gruppe Tanz hat einen eher klei- ler*innen auf der Bühne und entlassen das Publikum mit ihren selbst nen Part, der aber modern und eigenwillig ist und viel zur Grundstim- konzipierten gesellschaftskritischen Fragen, Wünschen und State- mung der Inszenierung beiträgt. Die Musikgruppe liefert bereits wäh- ments zu unserer Zeit. Max fragt: „Viele Leute sagen mir, ich bin weiß. rend der Proben instrumentale sowie gesangliche Höchstleistungen Viele Leute sagen mir, ich bin schwarz. Wieso ist das eigentlich wich- ab, sie stand bereits in einem vorigen Stück auf der Bühne des Ernst tig?“ Niko trägt den Spruch eines Schülers aus der Bühnenbildgrup- Deutsch Theaters. pe, der bei der Aufführung nicht dabei sein kann, vor: „Alle sprechen, keiner macht. Alle versprechen, keiner hört. Alle schwören, jeder Der 20 Jahre alte Niko ist Mitglied des Jugendclubs am Ernst Deutsch bricht.“ Nach der gemeinsamen Abschlussfrage „Und ich?“ brandet Theater. Er hat schon öfters im Rahmen des plattform-Festivals mit ein großer Applaus mit Standing Ovations auf, was zu einer euphori- Projektgruppen verschiedener Hamburger Schulen zusammengearbei- schen Stimmung auf der Bühne führt. Vergessen sind die Mühen und tet. „Mich fasziniert, wie sich die Arbeit der einzelnen Gruppen, die die Kleinigkeiten, die vielleicht nicht hundertprozentig geklappt haben. zuvor alleine probten, während der Gesamtprobenwoche nach und Nach dem Auftritt lädt das Ernst Deutsch Theater zu einer Karaoke- nach zusammensetzt“, sagt Niko. Der Spaß stehe zwar im Vorder- Abschlussparty ein, bei der die Jugendlichen noch lange ausgelassen grund, aber eben auch die nötige Disziplin, die sich seit dem ersten zusammen feiern. 12
S C H W E R P U N KT Im Urlaub spielerisch lernen Das TheaterSprachCamp hilft Drittklässler*innen beim richtigen Gebrauch der deutschen Sprache TEXT: CHRISTINE WEISER 13
I n den Sommerferien gemein- Sprachförderbedarf haben. Vor allem nach den Kinder im Camp das Buch „Die schwarze Hexe“ sam mit anderen Kindern Sommerferien, so die Beobachtung von Lehr- von Michael Morpurgo. Auf der Grundlage des wegfahren, baden gehen, kräften, waren die zuvor erworbenen Lernfort- Textes wird Deutsch gelernt, zum Beispiel die spielen, toben, tolle Ausflü- schritte im Lesen und Schreiben teilweise wie- Grammatik von Verben. Außerdem liefert das ge machen und Theater spie- der verschwunden. „Deshalb war die Zielgrup- Buch Anregungen für kleine Performances, len: Das klingt für die meisten pe von Anfang an klar. Das Projekt sollte sich die einstudiert werden. „Wir haben bestimmte Mädchen und Jungen im Grundschulalter nach an Drittklässler*innen richten, also vor dem Rituale, bauen gemeinsam Masken und Requi- einem spannenden Abenteuer. Die Organisa- Übergang auf eine weiterführende Schule wirk- siten für Theaterszenen“, sagt Laura. Jede tor*innen des Hamburger TheaterSprachCamps sam werden“, sagt Ulrike Kutsch. Gruppe erarbeitet Beiträge, die auf dem gro- (TSC) bieten seit mehr als zehn Jahren genau ßen Abschlussfest des TSC aufgeführt werden. das und eine Menge mehr. Sehr vereinfacht Vom TheaterSprachCamp profitieren gesagt, geht es im TheaterSprachCamp darum, Teilnehmer*innen und Anleitende „Damit leistet sich Hamburg ein gutes Projekt“, im Urlaub spielend zu lernen. Denn neben vie- sagt Ulrike Kutsch. „Viele schauen auf unser len verschiedenen Aktivitäten stehen für 240 Schnell stand fest, dass die Kinder, die das Konzept.“ Mit dieser Sicht steht Ulrike Kutsch Kinder jährlich auch kreative Übungen auf dem TheaterSprachCamp besuchen, in Gruppen drei nicht allein da. Das Projekt wird regelmäßig Programm, mit denen die Drittklässler*innen, Wochen lang gemeinsam Urlaub machen sol- vom Institut für Bildungsqualitätsmanagement angeleitet und betreut von Sprachlehrer*in- len. Das Jugenderholungswerk als Träger des (IFBQ) evaluiert. Laura beschreibt ihre Erfah- nen und Theaterpädagog*innen, ihre Deutsch- Angebots bringt bei Aufenthalten an ins- rungen so: „Ich sehe schon in der kurzen Zeit kenntnisse ausbauen und festigen. gesamt acht Reisezielen, unter anderem im Entwicklungssprünge bei den Kindern, nicht Weserbergland, im Harz oder auf Sylt, seine nur in der Sprachkompetenz, sondern auch im „Die Behörde für Schule und Berufsbildung langjährigen Erfahrungen aus dem Bereich Selbstbewusstsein. Sie stehen aufrechter und ist 2006 an uns herangetreten, mit der Bitte, Ferienfreizeiten ein. Die Universität Hamburg sprechen lauter.“ ein Konzept zu entwickeln für die Sprach(en) als Partner sichert mit einem für das TSC bildung von Kindern“, sagt Ulrike Kutsch, erarbeiteten Konzept die fachliche Seite der Geschäftsführerin des Hamburger Jugender- Sprachausbildung ab. Weitere Kooperations- holungswerkes (JEW). Der Verein organisiert partner sind die academie creartat, ein Bil- seit 1985 Ferienreisen und betreut dabei jähr- dungsprojekt, das auf die Mittel der Kunst lich viele Tausend Kinder und Jugendliche aus setzt, das Landesinstitut für Lehrerbildung und einkommensschwachen Familien. Das deut- Schulentwicklung Hamburg sowie die Bücher- INFO sche Bildungssystem hatte im Jahr 2000 in hallen Hamburg, die Bücherkisten für die dem internationalen Schulleistungsvergleich Camps zur Verfügung stellen. Damit Kinder in den Genuss dieser Sprachför- der Organisation für Wirtschaftliche Zusam- dermaßnahme kommen, müssen die Klassen- menarbeit schlechter abgeschnitten, als hier- Das Projekt gibt Studierenden die Möglichkeit, lehrer*innen aktiv werden. Sie informieren die zulande erwartet. Nach dem Schock der PISA- erste Praxiserfahrungen in der Wissensvermitt- Eltern über das TSC und melden die Kinder an. Studie rückte vor allem die Bedeutung von lung zu sammeln. Laura, 26 Jahre alt, ist eine Anschließend findet für die Eltern ein verpflich- Sprachkompetenz in den Fokus. von ihnen. Die angehende Theaterpädagogin tendes Gespräch beim JEW statt. Die Teilnahme hat bereits mehrfach Kinder im TSC betreut. am TSC kostet 75 Euro, zuzüglich 18 Euro für Weil gute Sprachkenntnisse eine wichtige Vor- Spielen, Ausflüge und Lernen wechseln sich die Gruppenkasse. aussetzung für einen erfolgreichen Bildungs- ab. Es gibt zwei Sprachlerneinheiten pro Tag, weg sind, sollte das Projekt besonders Kin- drei Tage lang. Danach sind erst mal wieder der in den Blick nehmen, die einen speziellen andere Aktivitäten dran. Gemeinsam lesen die WWW.JUGENDERHOLUNGSWERK.DE 14
KRITIK Hochalpines Kindertheater ohne Absturzgefahr Kirschkern, Compes & Co. stellten ihre „Heidi“-Adaption beim Hamburger Kindertheater-Treffen Überzeugen im raschen Rollenwechsel: Sabine 2020 im Fundus Theater vor Dahlmann (l.) und Monika Els TEXT: LUTZ WENDLER 15
Das Ganze beginnt vertraut, aber nicht vorhersehbar. Denn der Ohrwurm, Die beiden Schauspielerinnen zaubern immer neue Requisiten aus den der auf der Bühne nach dem Auflegen einer Schallplatte gestartet wurde, Pultfächern oder hinter dem wiesengrünen Bühnenvorhang im Hinter- endet nach 20 Sekunden und zwei Jodlern abrupt, just bevor der titel- grund hervor, das Hüten der Tiere begleiten sie mit Ziegengemecker und gebende Name zum ersten Mal zu hören ist. Als Zuschauer ist man fast Glöckchenkonzert. reflexartig versucht, die Leerstelle zu füllen und nach dem Intro des hei- matseligen Schlagers, Erkennungsmelodie der japanischen Zeichentrick- Auch im zweiten Teil reichen wenige Hilfsmittel beim Spiel, um Atmosphä- serie von 1974, laut „Heidi“ zu singen. Doch auf der Bühne wird ein re zu erschaffen. Heidi ist nach drei Jahren aus ihrer Welt gerissen wor- anderer Ton angeschlagen. Der harte Schnitt ist in dieser Inszenierung den, um im großbürgerlichen Frankfurter Haushalt Sesemann der Tochter Programm. des Hauses, der im Rollstuhl sitzenden Clara, als Gefährtin Gesellschaft zu leisten. Sabine Dahlhaus als strenge Gouvernante Fräulein Rottenmeier Die „Heidi“ der freien Hamburger Kinder- und Jugendtheatergruppe plus Nebenfiguren und Monika Els als Heidi agieren mit Puppenhaus und Kirschkern, Compes & Co. ist eine Geschichte, die kreativ mit Johanna Püppchen im Rollstuhl. Entscheidend auch hier, dass es keine Rolle mehr Spyris Kinderbuchklassiker umgeht (Text und Dramaturgie: Judith Com- spielt, dass alle Zutaten sichtbar sind, weil ihr Zusammenwirken etwas pes), ohne sich über das betagte Original der Schweizer Autorin lustig Eigenes ergibt, das größer als die Summe aller Teile ist. zu machen. Das Ergebnis ist eine stimmige Inszenierung, die ebenso die theatralische Gratwanderung in der hochalpinen heimeligen Bergwelt Ein schönes Theatererlebnis für Kinder ab fünf Jahren. Die wohl größte absturzfrei bewältigt wie auch die Spielszenen im deutschen Flachland Leistung dieser Produktion ist, dass sie mehr als Geschichtenerzählen und glaubhaft macht, ohne platt zu werden. Unterhaltung bietet – die Inszenierung und die beiden Schauspielerinnen zeigen dem jungen Publikum nämlich, wie aus theatralischer Behauptung Dieses Gelingen ist wesentlich den beiden wandlungsfähigen Darstelle- eine eigene Wirklichkeit entstehen kann. rinnen Sabine Dahlhaus und Monika Els zu verdanken, die coram publi- co in schnellen Rollenwechseln die schlichte Geschichte auch ohne gran- diose Gebirgskulisse und Frankfurter Patrizierhaus durch Schauspiel zum Leben erwecken und dazu nur wenige Versatzstücke, Kostüme und spar- same Dekoration (Regie, Bühne und Kostüm: Marcel Weinand) benötigen. Sabine Dahlhaus ist zunächst Tante Dete und Heidi, dazu braucht es nur verschiedene Stimmlagen, Körperhaltungen und Hut, während Monika Els als Heidis einsiedlerischer grantelnder Opa mit umgehängtem Rau- schebart und in Lederhose widerwillig sein fünf Jahre altes verwaistes INFO Enkelkind zur Pflege auf der Alm-Hütte von Dete übernimmt und durch dessen reine Seele in einen liebenden Großvater verwandelt wird. Heidi Die nächste Vorstellung findet voraussichtlich am 15. Juni um 10.30 Uhr wiederum wächst an der Seite von Alm-Öhi und ihrem Freund Geißenpe- bei der GWA St. Pauli am Hein-Köllisch-Platz 12 statt. ter, in den sich Monika Els mit Hut und ohne Bart verwandelt, als Natur- kind auf. Spielfläche ist ein Tisch mit Fächern, der Esstisch in der Hütte sein kann, aber auch Felskante, wo ein Zicklein vor dem Absturz gerettet wird. WWW.GWA-STPAULI.DE 16
S C H W E R P U N KT lissen schauen Hinter die Ku Zwei junge Frauen berichten, wie ein Freiwilliges Soziales Jahr ihr Leben und ihre Berufswahl beeinflusst haben TEXT: CHRIS TINE WEISE TEXT: CHRIS R s TINE WEISE Fundu R arie im Lena-M ie lh a uses hausp des Sc 17
F ür Theater haben sich Gianna Institutionen austauschen und in Workshops takt.“ Auch Lena-Marie ist für ihr FSJ Kultur Cusano und Lena-Marie Brümmer an seinen Talenten feilen. „Ich habe zum Bei- umgezogen. Eine Entscheidung, die sie nicht schon in der Schulzeit interes- spiel einen Kursus zum Thema Kreatives Schrei- bereut hat. „Es war ein großer Schritt, um lang- siert. „Ich habe selbst gespielt“, ben gemacht. Da habe ich viel gelernt, was ich sam selbstständig zu werden. Man muss offen sagt Gianna, die in Dortmund in meiner Arbeit anwenden kann, zum Beispiel, sein und sich kümmern, aber es lohnt sich.“ zur Schule gegangen ist. Weil eher kurze als lange Sätze zu schreiben.“ die 19-Jährige nach dem Abitur nicht so genau Für Gianna ist schon klar: „Das FSJK hat mir wusste, was sie studieren wollte, entschied Lena-Marie Brümmer hat sich in den Seminar- sehr geholfen bei der Berufsfindung. Ich wäre sie sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr Kul- wochen für Workshops entschieden, in denen sie nie auf den Studiengang Kulturwissenschaft tur (FSJK). Das wollte sie unbedingt an einem ihre handwerklichen Fähigkeiten einsetzen konn- gekommen, weil ich mir darunter wenig vor- Theater in Hamburg absolvieren und nahm te, zum Beispiel im Plakatdesign. Gemeinsam mit stellen konnte. Nun möchte ich gern Ange- dafür gern einen Umzug in Kauf. „Die Entschei- einer FSJK-Kollegin plant sie zudem den Boys- wandte Literatur- und Kulturwissenschaften dung für das FSJK sollte mir neue Erfahrungen and-girls-Day am Deutschen Schauspielhaus studieren und anschließend im Kulturbereich ermöglichen. Darüber hinaus war mir bei der Hamburg. Schüler*innen der 8. Klassen sollen arbeiten.“ Auch Lena-Marie hat die Entschei- Wahl auch wichtig, dass ich meine Interessen dann im Theater hinter die Kulissen schauen und dung für das FSJ Kultur auf dem Weg ins einbringen kann. Ich schreibe sehr gern.“ den Fundus und die Werkstätten kennenlernen. Berufsleben vorangebracht. „Ich weiß jetzt Für Lena-Marie war das FSJ Kultur die perfek- ganz sicher, was ich machen möchte: eine Aus- Seit September 2019 unterstützt Gianna nun te Möglichkeit, verschiedene Wünsche gleich- bildung zur Maßschneiderin in Hamburg.“ unter anderem die Presse- und Öffentlichkeits- zeitig zu realisieren. „Ich nähe gern, wollte arbeit im Ernst Deutsch Theater. Sie stellt Pres- unbedingt nach Hamburg und etwas Kreati- sespiegel zu den aktuellen Veranstaltungen ves machen“, sagt die 20-Jährige, die aus der zusammen, kümmert sich um den Versand der Nähe von Kiel stammt. Sie bewarb sich für die INFO Programmhefte, beantwortet Anfragen und Kostümabteilung am Schauspielhaus. Den Tipp schreibt Vorschläge für den Newsletter. Neben dazu bekam sie von ihrem Onkel. „Ich hatte Die LAG Kinder- und Jugendkultur ist Träge- diesen eher administrativen Aufgaben, unter- nach dem Abitur keine konkreten Pläne. Mein rin des FSJK in Hamburg. Sie sucht die Ein- stützt Gianna Theaterpädagog*innen bei ihrer Onkel ist Lehrer in Hamburg und hat mich auf satzstellen, vermittelt die Freiwilligen, orga- Arbeit mit einem Jugendclub. „Das macht mir das FSJ Kultur aufmerksam gemacht.“ nisiert die Bildungstage und begleitet die sehr viel Spaß. Ich besorge Requisiten und Freiwilligen und Einsatzstellen durch das führe Protokoll. Aber ich darf mich auch kreativ Seit vergangenem August arbeitet Lena-Marie gemeinsame Jahr sowie bei Fragen und Pro- einbringen und künstlerische Hinweise geben.“ mit einer Kostümassistentin zusammen, rich- blemen. Informationen zum FSJK gibt es auf tet die Garderoben für Proben ein, hilft Schau- der LAG-Webseite und bei Katrin Claussen, Nicht nur die tägliche Arbeit an ihrer Einsatz- spieler*innen beim Umziehen, sucht Kostüme Tel. 040/524 78 97 97, E-Mail: stelle macht Gianna Spaß, sondern auch die im Fundus heraus, erledigt kleinere Reparatu- claussen@kinderundjugendkultur.info Seminare mit anderen Freiwilligen. Wer sich ren oder fährt auch mal schnell los, um spezi- für das FSJ Kultur entscheidet, kann sich regel- elle Reißverschlüsse zu besorgen. „Die Vielfalt mäßig mit anderen jungen Erwachsenen über macht es so spannend. Man kommt einfach WWW.FSJK-HAMBURG.DE ihre Erfahrungen im Kulturbereich und in ihren mit vielen verschiedenen Menschen in Kon- 18
Der neue Vorstand der entwicklung und seit 2020 leitet er mit seinem Produktionsbüro „Studio LAG Marshmallow“ das interkulturelle Festival „Fluctoplasma“. Ich mache Kinder, und Jugendkultur, weil… Am 27. Februar wurden die folgenden die nächsten Generationen unsere Zukunft sein werden. Mitglieder für zwei Jahre gewählt In der LAG möchte ich… mich für mehr Diversität und weitere politische Themen einsetzen. Gefreut wie ein Kind habe ich mich zuletzt, als… ich den besten Burrito meines Lebens gegessen habe. Heike Roegler, Stiftung Historische Museen Hamburg Heike Roegler leitet die Bildung und Vermittlung im Altonaer Museum und Jenisch Haus in der Stiftung Historische Museen Hamburg. Ein ihr wichti- Heidi Jakob, Bücherhallen Hamburg ges Themenfeld, das sie mit ihrer Arbeit verfolgt, ist eine Selbstverständ- Heidi Jakob wusste schon als Kind, dass sie später in einer Bibliothek lichkeit von Diversität (Gleichberechtigung von Alter, Geschlecht, sexuel- arbeiten wollte. Sie studierte Bibliothekswesen in Hamburg und ist seit ler Orientierung, ethnisch-kultureller Zugehörigkeit, Religion und Behin- 1982 Mitarbeiterin der Bücherhallen Hamburg. Seit April 2014 ist ihr Auf- derung). Freiberuflich übernimmt sie Arbeiten in der Leseförderung. Die gabengebiet die zentrale Koordination der Kinderprogramm- und Netz- Fotografie ist ihre Leidenschaft, der sie mit eigenen Arbeiten näher zu werkarbeit der Bücherhallen. Seit 2016 Mitglied des Vorstands der LAG. kommen versucht. Seit 2016 ist sie Mitglied des Vorstands der LAG, seit Ich mache Kinder- und Jugendkultur, weil… 2020 dessen Vorsitzende. Sie ist Teil des kju-Redaktionsteams. gut informierte, gebildete, kreative, künstlerische Menschen ihre individu- Ich mache Kinder, und Jugendkultur, weil… elle Zukunft, in sozialem Einklang mit der Gesellschaft, selbstbestimmter ich die Kultur der Kinder und Jugendlichen mit all ihren ihnen eigenen und bewusster (mit)gestalten können. Perspektiven und Ideen als eine Bereicherung für uns alle empfinde. In der LAG möchte ich… In der LAG möchte ich… mich für den Bereich Frühkindliche Bildung stark machen, gemeinsam mit mich politisch engagieren, dafür einsetzen, dass Kinder und Jugendliche unseren Mitgliedern und weiteren Bildungspartner*innen. eigenständig gestalten, formen, einfach mitmachen können. Gefreut wie ein Kind habe ich mich zuletzt, als… Gefreut wie ein Kind habe ich mich zuletzt, als… ich ohne zu pausieren 16 Kilometer durchgelaufen bin. ich Bildern mit kräftigen Farben in einer Ausstellung gegenüberstand und sie mich kribbelig grinsen lassen haben. Anke Amsink, Kulturpunkt im Barmbek°Basch Anke Amsink leitet seit 2003 als Geschäftsführerin das Kulturhaus Dehn- Dan Thy Nguyen, Eidelstedter Bürgerhaus haide e.V. – Kulturpunkt im Basch. In dieser Funktion hat sie das 1. Com- Dan Thy Nguyen ist freier Theaterregisseur, Schauspieler, Schriftsteller munity Center Hamburgs, das Barmbek Basch, mitentwickelt. Dem Vor- und Sänger in Hamburg. Er arbeitete an diversen Produktionen u.a. auf stand des Basch gehört sie genauso an wie dem Beirats-Ausschuss für Kampnagel, dem Mousonturm Frankfurt, der Freien Akademie der Küns- Bildung, Kultur und Sport in Hamburg Nord sowie dem AK „Barrierefreies te Hamburg und an der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Seit Barmbek Süd“. In allen Tätigkeitsbereichen bilden Inklusion und Diversi- 2018 arbeitet er zusätzlich im Eidelstedter Bürgerhaus für die Diversitäts- tät die Richtschnur ihrer Arbeit. Einen besonderen Schwerpunkt legt die 19
studierte Sozialökonomin auf die gesellschaftliche Teilhabe im Bereich Bettina Knauer, Kulturforum21 Digitalisierung. Bettina Knauer hat Germanistik, Philosophie, Theaterwissenschaften, Ich mache Kinder- und Jugendkultur, weil... Buch- und Bibliothekswissenschaften, Christliche Archäologie und Kunst- ich die Handlungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen fördern und geschichte studiert, anschließend geforscht und unterrichtet, auch inter- ihnen eine Stimme geben möchte. national. 2000 hat sie in Hamburg einen Neustart gemacht, zunächst in In der LAG möchte ich... PR- und Werbeagenturen, dann an der Hochschule für Musik und Theater, mich für die größtmögliche Selbstbestimmung der Kinder und Jugendli- wo sie interdisziplinäre Forschungs-, Studien- und Aufführungsprojekte im chen einsetzen, und für eine freie Kunst ohne pädagogische Bewertung. Bereich Musiktheater und Musikvermittlung entwickelt hat. 2008 Erfin- Gefreut wie ein Kind habe ich mich zuletzt, als... dung und seither Leitung des Kulturforum21 der Schulen im Erzbistum ich Streaming Dienste installierte und ich unabhängig von festgesetzten Hamburg – ein eigenständiges Kulturvermittlungsprogramm für 21 Schu- Uhrzeiten Serien usw. schauen konnte, soooo lange wie ich es will. len, in Kooperation mit Hamburgs Kulturinstitutionen und Künstler*innen; 2015 ergänzt durch ein interkulturelles Bildungsprogramm. Ich mache Kinder- und Jugendkultur… um an der Schnittstelle (Hoch-)Kultur und Kulturelle Bildung die Komfort- zonen zu verlassen und Herausforderungen anzugehen. In der LAG möchte ich… Andreas Fleischmann, Esche Jugendkunsthaus gemeinsam bewegen. Andreas Fleischmann hat als Leiter und Geschäftsführer den Aufbau des Gefreut wie ein Kind habe ich mich zuletzt… Jugendkunsthaus Esche in Altona von Beginn an begleitet. Als studierter an der Nordsee. Ethnologe, Soziologe und Philosoph sind für ihn Kunst und Kultur viel- schichtige Begriffe, die er in seiner Arbeit in ihren zahlreichen Facetten ausfüllen möchte. Nach Stationen bei Amnesty International und dem bundesweiten Nachbarschaftsbündnis Netzwerk Nachbarschaft setzt er sich in der Esche dafür ein, Kinder und Jugendliche für die schönen Küns- te zu begeistern. Mit einer Arbeitsgruppe der LAG hat er bereits an den Colette See, Mediennetz Hamburg e.V. „Materialien zum Thema Kinderschutz“ mitgearbeitet. Seit 2018 Mitglied Colette See studierte Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg. des Vorstands der LAG. Seit 2010 ist sie Referentin für Suchtprävention bei Sucht.Hamburg mit Ich mache Kinder- und Jugendkultur, weil... dem Schwerpunkt exzessive Mediennutzung. Schwerpunkte ihrer Arbeit Kreativität eine der wichtigsten Eigenschaften des Menschen ist und liegen in der Förderung der Medienerziehung in Familien und der Medi- schon früh gefördert werden muss. enkompetenzförderung bei Kindern und Jugendlichen. Sie ist im Vorstand In der LAG möchte ich... des Mediennetz Hamburg e.V. und engagiert sich für die Medienbildung die Anliegen und Werte der Kinder- und Jugendkultur in Hamburg voran- in Hamburg. Seit 2018 Mitglied des Vorstands der LAG. treiben, um den Zugang aller Heranwachsenden zu kulturellen Angebo- Ich mache Kinder, und Jugendkultur, weil… ten sicherzustellen. sie die Vielfalt von Kindern und Jugendlichen widerspiegelt, an deren Gefreut wie ein Kind habe ich mich zuletzt, als... Lebenswelt ansetzt, ihnen spannende Erfahrungsräume öffnet und Teil- meine Tochter eine alte Duplo-Eisenbahn geschenkt bekommen hat. habe ermöglicht. In der LAG möchte ich… mich vor allem für das Thema Digitalisierung und kulturelle Bildung einsetzen. Gefreut wie ein Kind habe ich mich zuletzt, als… ich eine Runde Basketball gespielt habe. 20
S C H W E R P U N KT Zeitgenössischen Tanz als Ausdrucksform entdecken Das Tanztheaterprojekt im Altonaer Stadtteilkulturzentrum HausDrei lässt Jugendliche ihre eigenen Ideen entwickeln und tänzerisch verwirklichen TEXT: CHRISTIANE TAUER Szene aus dem Stück „Darüber hinaus“ 21
T anzen, kreativ sein, in der Grup- agoginnen gemeinsam mit den Jugendlichen steht dann alles fest – und es heißt proben, pe zusammenarbeiten – all das einem bestimmten Thema an. Im vergangenen proben, proben. „In der letzten Probenpha- passiert im Tanztheaterprojekt Jahr war es „Begrenzung“, in diesem Jahr soll se stehen sie auf einer richtigen Theaterbühne von Angelika Haußmann und es „Absprung“ sein. und entwerfen zusätzlich passende Kostüme“, Kyra Hollstein. Seit 2016 set- sagt Kyra Hollstein.Die Tanzpädagoginnen spü- zen die zwei Tanzpädagoginnen Welche Assoziationen kommen bei diesem ren in dieser Phase auch den zunehmenden ihr künstlerisch-pädagogisches Konzept für Wort auf? Welche Bilder und Ideen habt ihr? Ehrgeiz der Jugendlichen, sich bei der nahen- Jugendliche von 15 bis 18 Jahren in die Tat um. Diese Fragen stellen sie den Teilnehmenden den Aufführung vor Publikum im Lichthof The- In diesem Jahr geht es in die vierte Runde. „Es zu Beginn des Projekts. Im Brainstorming tau- ater nicht blamieren zu wollen. Haben eini- ist völlig egal, ob die Jugendlichen Tanzerfah- chen dann Begriffe wie etwa „Wut“ oder „Ein- ge die regelmäßige Teilnahme an den Proben rung haben oder nicht“, sagt Angelika Hauß- samkeit“ auf, die mittels Rechercheaufträgen eher locker genommen, ändert sich das. „Viele mann. Viel wichtiger sei ihnen, den Jugendli- und Improvisationsaufgaben tänzerisch verar- merken spätestens dann, wie wichtig Verbind- chen und jungen Erwachsenen, die zum Teil in beitet werden. Die unterschiedlichen, von den lichkeit beim Training ist“, sagt Kyra Hollstein. Deutschland sozialisiert oder aus dem Ausland Jugendlichen genannten Begriffe werden aus- Wenn bis zu 100 Leute zuschauen, soll die Per- hierher geflüchtet sind, die in Jugendhilfeein- gearbeitet und am Ende mit einer Montage- formance schließlich sitzen. richtungen leben oder in klassischen Fami- technik zu einer collageartigen Performance lien, in dem viermonatigen Projekt zu vermit- zusammengesetzt. Die Projektleiterinnen haben die Erfahrung teln: Wir nehmen euch ohne Vorbehalte ernst, gemacht, dass viele Jugendliche zu Beginn des eure Meinungen und Ideen zählen, wir schaf- Die Teilnehmenden setzen dabei aber zu kei- Projekts denken: Wie soll das gehen, 40 Minu- fen einen Raum, wo die Kreativität im Vorder- ner Zeit nur das um, was die Projektleiterin- ten durchzutanzen? Je mehr sie sich aber auf grund steht. nen ihnen vorgeben, sondern bringen sich das Tanztheaterprojekt einlassen, desto siche- selbst mit ein. „Wir beobachten die Ideen und rer werden sie. Und die Jugendlichen erfahren „Wir arbeiten prozess- und produktorientiert“, Impulse der Jugendlichen und geben ihnen neben der künstlerischen Arbeit noch mehr: In fasst Kyra Hollstein zusammen. Das bedeutet, dazu tänzerische Bewegungsrecherchen“, sagt der Performance selbst zählt nichts weiter als dass sowohl der künstlerische Prozess und die Angelika Haußmann. Das ist dann beispiels- der Moment und die Interaktion mit den ande- Gruppenbildung im Fokus stehen, als auch das weise zu dem Thema „Einsamkeit“ der Schreib- ren. Das Elternhaus, die Herkunft, das Mili- Produkt selbst, also die am Ende entstandene auftrag, den Satz „Wenn ich alleine bin, dann eu, alles ist unwichtig. Wenn es zum Schluss Performance. Wichtig ist hierbei zudem, dass …“ auszuformulieren und anschließend in Applaus von einem Publikum gibt, sind sie ein- den Teilnehmenden die Möglichkeit eröffnet Bewegungen umzusetzen. Oder sie suchen sich fach stolz. wird, das Ergebnis ihrer Arbeit auf einer Theater- drei Wörter aus ihrem selbstgeschriebenen Text bühne zu präsentieren. Das Tanztheaterprojekt aus und überlegen, wie sie sich darstellen las- wird gefördert von ChanceTanz, einem Projekt sen. Um ihnen das tänzerische Handwerks- INFO des „Bundesverbands Tanz in Schulen e. V.“ im zeug für diese Arbeit zu liefern, zeigen ihnen Rahmen des Programms „Kultur macht stark. die Tanzschaffenden einige Elemente des zeit- Wegen der Corona-Krise sind die Proben seit Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeri- genössischen Tanzes in Form von tanztechni- Mitte März ausgesetzt. Wann sie wieder statt- ums für Bildung und Forschung. Die Koopera- schen Übungen. finden können, war bis Redaktionsschluss tionspartner sind das Lichthof Theater in Bah- noch nicht bekannt. Wer sich für das Tanzthe- renfeld, der Jugendhilfeträger family support Was genau am Ende Teil der 40- bis 50-minü- aterprojekt interessiert, kann sich an Kyra Holl- S&S gGmbH sowie das Altonaer Stadtteilkultur- tigen Choreografie wird, bleibt lange offen. stein unter Telefon 01577/414 80 09 wenden. zentrum HausDrei, wo auch die wöchentlichen Gemeinsam entscheiden die Jugendlichen und Proben stattfinden. Jeden Mittwoch von 17.30 die Tanzkünstlerinnen, welche Szenen und bis 20 Uhr nähern sich die beiden Tanzpäd- Sequenzen sie verwenden wollen. Irgendwann WWW.HAUS-DREI.DE 22
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