DOKUMENTATION DER FACHTAGUNG "MEHRSPRACHIGKEIT IN DER FRÜHEN KINDHEIT" - KITA.NRW
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Dokumentation der Fachtagung „MehrSprachigkeit in der frühen Kindheit“ Gelsenkirchen, 21.09.2017 in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW Ministerium für Kinder, Familie Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen www.bra.nrw.de/laki
EINLEITUNG Seit einigen Jahren erfährt das Thema des mehrsprachigen Aufwachsens von Kindern eine er- höhte Aufmerksamkeit und hat durch die Zuwanderung von Familien mit Fluchterfahrungen weiter an Aktualität gewonnen. Vielfalt und Veränderungen von Sprachverhältnissen sind fester Bestandteil unserer Migrationsgesellschaft: Wir begegnen ihr innerhalb und außerhalb von Bil- dungseinrichtungen und in allen Lebensbereichen. „Mehrsprachigkeit in der frühen Kindheit“ war Gegenstand der gleichnamigen Fachtagung, die die Landesweite Koordinierungsstelle Kom- munale Integrationszentren (LaKI) in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration am 21.09.2017 im Wissenschaftspark in Gelsenkirchen veranstaltete. Die Fachtagung hat Akteurinnen und Akteuren im Feld der frühen Bildung und Kindertagesbe- treuung eine Plattform geboten, um sich gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissen- schaft und Praxis über die mehrsprachige Realität unserer vielfältigen Gesellschaft und der Bil- dungslandschaft in der frühen Kindheit Nordrhein-Westfalens auszutauschen. Die Fachtagung konnte somit einen Beitrag dazu leisten, den Stellenwert von Mehrsprachigkeit in unserer Gesellschaft und den Bildungseinrichtungen zu verbessern. Dafür richtete die Tagung ihren Fokus auf die Familien und die Einrichtungen sowie Akteure in der frühen Bildung, die Orte des frühen Lernens mit dem Ziel, sie in ihrer Arbeit zu unterstützen, die Mehrsprachigkeit von Kindern zu stärken und somit Bildungschancen zu erweitern. Eine zentrale Rolle in der Gestaltung von Vielfalt und Integration haben Bildungsinstitutionen, denn Integration braucht gute Bildungsmöglichkeiten und Bildung braucht Sprache(n), eben auch Fami- liensprachen. Der Blick von Kindertageseinrichtungen auf diese lebensweltliche Mehrsprachigkeit hat sich verändert. Die Fragen nach dem Wie der Einbindung und Förderung von Familiensprachen sowie die Nachfrage zu Konzepten der durchgängigen Sprachbildung nehmen zu. Mehrsprachig- keit ist nicht mehr „nur“ ein Integrationsthema, sondern ein Kernpunkt eines modernen, weltoffe- nen Bildungssystems. Mit mehrsprachiger Bildung eröffnen sich Perspektiven für alle Kinder. In NRW bieten die Kommunalen Integrationszentren (KI) eine gute Infrastruktur zur Unterstüt- zung von Integrationsprozessen und migrationsgesellschaftlicher Öffnung von Institutionen. B
Die KI sind Einrichtungen der Kreise und kreisfreien Städte in NRW. Finanziert werden sie über das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration sowie durch das Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalens. Die LaKI unterstützt diese in ihrer Arbeit vielfältig: durch Mitwirkung in der konzeptionellen Wei- terentwicklung, Beratung, Begleitung, Qualifizierungsangebote, Vernetzung und Zusammenar- beit mit der Wissenschaft. Pädagogische Professionalität in der Migrationsgesellschaft ist hier neben dem Aufbau einer durchgängigen Sprachbildung ein zentrales Anliegen. Dabei werden die Vielfalt der Lebenslagen, die Interessen und Begabungen sowie die Mehrspra- chigkeit von Kindern und deren Familien bewusst in den Blick genommen, als Potenzial anerkannt und in den Bildungsprozess eingebunden. Den Schlüssel für eine erfolgreiche Bildungsbiografie stellt dabei das Erlernen der Bildungssprache(n) dar, was durch die Stärkung der Sprachkompe- tenzen in den Familiensprachen gestützt wird. In den ersten Lebensjahren werden die Grundlagen der sprachlichen Kompetenzen gelegt. Die Einbindung der Familien und deren Sprachen in den Entwicklungs-und Bildungsprozess der Kin- der sind von großer Bedeutung für die Identitäts- und Sprachbildung der Heranwachsenden. Die über 500 Anmeldungen zu dieser Fachtagung zeigten die große Aktualität des Themas sowie das Engagement und die Bereitschaft der im Handlungsfeld Frühe Bildung tätigen Akteure, sich damit auseinanderzusetzen. Im Folgenden werden das Tagungsprogramm, eine Zusammenstellung 1 aus den Workshops so- wie die Evaluation der Veranstaltung dargestellt. Begleitet wurde die Tagung im Rahmen eines Marktes der Möglichkeiten von Informations- sowie Materialausstellungen verschiedener Institutionen, Vereine und Verlage, welche ebenfalls im Fol- genden aufgelistet werden. Auch weitere interessanten Materialien oder links zu den o.g. Akteu- ren finden Sie im Anhang dieser Dokumentation. 1 Die Protokollierung und Zusammenstellung der Workshops ist hauptsächlich durch die LaKI und das MKFFI erfolgt. Die Zusammenfassungen der Workshops 6 & 15 und 9 & 18 wurden von den Referentinnen selber verfasst. 1
Tagungsprogramm 9:30 Uhr Ankommen und Markt der Möglichkeiten 10:00 Uhr Begrüßung Serap Güler, Staatssekretärin für Integration im Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, Christiane Bainski, Leiterin LaKI 10:30 Uhr Vortrag: Gelebte Mehrsprachigkeit – geforderte Einsprachigkeit? Sprachenin(ex)klusion in der frühen Kindheit, Prof. Dr. Argyro Panagiotopoulou, Universität zu Köln 11:30 Uhr Kaffeepause mit Markt der Möglichkeiten 12:00 Uhr Workshop-Phase I 13:30 Uhr Mittagspause 14:30 Uhr Workshop-Phase II 16:00 Uhr Zusammenfassung und Abschluss 16:30 Uhr Ende der Veranstaltung 2
Gelebte Mehrsprachigkeit – geforderte Einsprachig- keit? Sprachenin(ex)klusion in der frühen Kindheit Prof. Dr. Argyro Panagiotopoulou, Universität zu Köln Vertiefende Informationen zum Weiterlesen: Mehrsprachigkeit in der Kindheit: Perspektiven für die frühpädagogische Praxis WiFF Expertisen Nr. 46; Argyro Panagiotopoulou Mehrsprachigkeit wird heute in Deutschland zwar als gesellschaftliche Realität anerkannt – mehr- sprachig aufzuwachsen gilt hingegen noch immer als außergewöhnlich. Die vorliegende Expertise beschäftigt sich mit dem Sprachgebrauch junger Kinder innerhalb ihres mehrsprachigen Famili- enalltags sowie ihrer ein- oder mehrsprachig organisierten Kindertageseinrichtungen. Ausgehend von den Bedingungen eines dynamischen Sprach(en)erwerbs, erörtert Argyro Panagiotopoulou das mono- oder translinguale Handeln von Kindern und ihren Bezugspersonen als legitime und sinnvolle Praxis der Weltaneignung. Kritisch hingegen befragt die Autorin den stigmatisieren- den Umgang mit migrationsbedingter Mehrsprachigkeit nach sprachideologischen Hintergrün- den sowie nach möglichen sprachpädagogischen Implikationen. Die Expertise eröffnet – u.a. im Zusammenhang mit dem Translanguaging-Ansatz – Perspektiven für eine Neuorientierung der frühpädagogischen Praxis. Damit ist sie zugleich ein Plädoyer für eine inklusive Sprachbildung, die alle Kinder als angehende Mehrsprachige anerkennt und sie bei ihrem Sprach(en)erwerb un- terstützt. Die Expertise kann unter folgendem link kostenfrei heruntergeladen werden: www.weiterbildungsinitiative.de/publikationen/details/data/mehrsprachigkeit-in-der-kindheit 3
WS 1: Bilinguale KiTas - Konzeption und Gelingensbedingungen (Türkisch-Deutsch) Referentinnen: Jennifer Hannig- Reiners und Erika Schuster Kontakt: kts1@csh-koeln.de Geschichte der Der WS begann mit einer Übersicht über die Geschichte der Christlichen Christlichen Sozialhilfe, der Entwicklung des Familienzentrums sowie die Angebote Sozialhilfe und der CSH, deren Kooperationspartner und die Angebote des Familienzent- des Familienzen- rums. trums Hin zu einer bilin- Folgend wurde die Entwicklung der Kita hin zur gual deutsch-tür- bilingualen Schwerpunktsetzung dargestellt: kischen Ein- • Profilentwicklung der vier CSH-Kitas 2010 und bilinguale richtung und Schwerpunktsetzung aufgrund der Geschichte der Einrichtung Gruppenstruktur • Die Entscheidung für das Immersionskonzept der Internationa- • Wissenschaftliche Begleitung len Strolche • Planung einer stufenweisen Entwicklung (Eröffnung einer Gruppe 2010 und 2011) • Entwicklung eines Einstellungsprofils und Bewerbungsverfahrens • Fortbildung der Mitarbeiterinnen Gruppenstruktur: • 50 Kinder, davon 18 U3-Kinder • 1 Gruppe nicht bilingual, im Alter von 2-6 Jahren • 1 bilinguale Gruppe von 8 Monaten – 2 Jahren • 1 bilinguale Gruppe 3-6 Jahre Wichtig im Konzept: Die Kinder der „Zwerge“ wachsen nach „oben“ bewusste Entscheidung für das altershomogene Konzept und Einstieg in der Altersstufe unter 3 Jahren In eine Sprache Die bei weitem effektivste Methode des Spracherwerbs ist die Immer- eintauchen: sionsmethode. Immersion meint das Eintauchen in eine Sprache. Bei Die Immersions- dieser Methode ist die neue Sprache die Arbeits- und Umgangssprache, methode wobei nach dem Prinzip “Eine Person – eine Sprache” ein Lehrender nur Deutsch spricht, der andere z.B. nur Englisch oder Französisch. Alles, was die fremdsprachliche Lehrkraft sagt, verstärkt sie allein durch Mimik, Gestik oder Zeigen, aber nicht durch Übersetzung. 6
Das Kind erschließt sich damit die Sprache eigenständig Stück für Stück aus dem Zusammenhang der Situation. Dies bildet die natürlichste Art nach, wie Kinder Sprachen lernen, gleichgültig, ob als erste oder zwei- te Sprache. Immersion verfährt daher kindgerechter als jede andere Methode, denn sie motiviert und kommt ohne Zwang und ohne Leistungs- druck aus. Wissenschaftlich ist erwiesen, dass sich mit der Immersion ein beträchtlich höheres Niveau in der Fremdsprache erreichen lässt als mit herkömmlichem Unterricht. Dabei entwickeln sich und Sachinhalte genauso gut oder besser als bei einsprachigen Kindern. Das Personal: Bei Ausschreibung und Einstellung von Personal wird auf folgende Punkte Bewerbung und geachtet: Einstellung sowie • Entwicklung eines Stellenprofils für die familiensprachlichen Kollegen kontinuierliche und Kolleginnen Fortbildung und • Klärung des Stundenumfangs und der Kontinuität Begleitung • Überprüfung der muttersprachlichen Kenntnisse im Bewerbungsver- fahren durch externe Fachkräfte • Hospitation Grundlegend ist auch eine kontinuierliche Fortbildung und Begleitung des Personals welche nicht nur durch regelmäßige Fortbildungen des gesamten Teams sichergestellt wird, sondern auch durch klare konzepti- onelle Vereinbarungen im Team, den konsequenten Einsatz der Immersi- onsmethode, einen reflektierten Umgang mit der eigenen Erzieherrolle im Spannungsfeld mit anderen Kulturen und der Problematik der Familien, eine offene Kommunikation und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Kleinteams und des Gesamtteams als Basis. Die Wertigkeit der Sprach- förderung im Alltag, auch in der deutschen Sprache, wird verstärkt. Besonderheiten Folgende Themen wurden bezüglich der Zusammenarbeit mit sozial be- des bilingualen nachteiligten Familien besprochen: Konzeptes in der • Türkisch als Bildungssprache Zusammenar- • Besonderheiten des kulturellen Hintergrundes beit mit sozial • das Konzept als besondere Form der Integration von Kindern und Fami- benachteiligten lien mit Migrationsgeschichte Familien • das Konzept als Unterstützung in der Elternarbeit , niederschwelliges Arbeiten (Möglichkeiten und Grenzen) Umsetzung im Im pädagogischen Alltag wird die Bilingualität alltagsintegriert und durch- pädagogischen gehend unterstützt: Alltag • Gestaltung der Morgenkreise, Entwicklung bilingual begleiteter Rituale • Bewältigung von Verständigungsproblemen im Alltag mit den Kindern • bilinguale Sprachförderung und Beobachtung • Literacy, zweisprachige Kinderbücher Begleitende Die Familien werden konstant über die Arbeit in der Kita informiert und Elternarbeit miteinbezogen durch: • Regelmäßige Informationsangebote zum Thema Bilingualität • Information über das Konzept schon bei der Voranmeldung • Transparenz der Arbeit und Einbeziehung der Eltern Erweiterte • Vermittlung an die türkischsprachige Kollegin der Familienberatung Möglichkeiten im • Angebot türkischsprachige Lesepaten Verbundfamilien- • türkischsprachige Workshops zentrum 7
WS 2: Gelebte Mehrsprachigkeit in der frühpädagogischen Praxis Referentin: Prof. Dr. Argyro Panagiotopoulou Kontakt: manuela.wisselinck@uni-koeln.de Einstieg in den Prof. Panagiotopoulou zur Forschungslage: Workshop Kompensatorische Fördermaßnahmen haben keine Wirkung ► ABER (seit 2011 bekannt): alltagsintegrierte Sprachförderung „bringt“ etwas, wenn sie an der Praxis angekoppelt ist. Prof. Panagiotopoulou nennt ihre beiden Leitfragen für heute 1. Welche Rolle haben die KiTa-Teams? 2. Welche Rolle spielen Eltern? Kita aus Eingangsbeispiel: Gesprächsauszug zwischen KiTa-Mitarbeiterin und Luxemburg Kind. KiTa-MA fordert Kind auf: „Spricht bitte Luxemburgisch!“ ► Plädoyer für Prof. Panagiotopoulou fragt, was die Erzieherin mit ihrer Aufforderung Mehrsprachig- zu erreichen versucht. TN antworten und Prof. Panagiotopoulou ergänzt: keitsdidaktik Das Kind soll gezwungen werden, nur eine Sprache zu sprechen. Das Setting ähnelt einer Unterrichtsstunde, die Situation hat keinen kommu- nikativen Wert, reine Unterweisung ►TRANSFER auf Deutschland: Prof. Panagiotopoulou: hier herrscht auch die Politik, dass nur Deutsch zugelassen ist. Folge: Kinder sind irritiert, Kinder fragen sich, warum Erzieher*innen nur in einer Sprache antworten wollen, obwohl diese mit- unter weitere Sprachen beherrschen. Prof. Panagiotopoulou fragt nach dem Grund für die Einsprachigkeitsvor- gabe in Dtl. TN: Vorgabe stammt aus der Fremdsprachendidaktik Prof. Panagiotopoulou stimmt zu: Fremdsprachendidaktik hinterlässt uns in Dtl. ein unseliges Erbe, das wie folgt lautet: Wir brauchen ein einspra- chiges Umfeld für den Sprachenerwerb… Prof. Panagiotopoulou weiter: … dies „blockiert“ den natürlichen Spra- cherwerb Unterstützender Zwischenruf einer TN: Sprache wird durch freudige Erlebnisse gelernt, Problem: Arabisch gilt als „Sprache zweiter Klasse“ Prof. Panagiotopoulou fasst zusammen: Das Beispiel Luxemburg zeigt die Wichtigkeit, eine Mehrsprachigkeitsdidaktik offensiv zu vertreten Was KiTAs tun KiTas können: können • Realität anerkennen Teil I/II • Gesamtes Sprachen-Repertoire im KiTa-Alltag einbeziehen • Attraktive Angebote • Erzählfreude der Kinder wahrnehmen 8
Spra- Wenn KiTa nur eine Sprache zulässt, dann blockiert man Spracherwerb cherwerb, Zur Frage nach der Reihenfolge beim Spracherwerb, betont Prof. Panagiotopoulou, dass man Sprachen- heute ganz klar weiß: Nicht L1 ►L2 ►L3 ►Ln, sondern Mehrsprachenerwerb trennung und Bilingualität Die Trennung von Sprachen ist eine Fiktion, ein Konstrukt der Forschung. Die TN fragen , ob das Konzept von Bilingualität nicht hinterfragt werden müsste: Prof. Panagio- topoulou antwortet, dass Studien zeigen, dass in bilingualen Schulen wunderbar Fachunterricht gelingt, weil ständig zwischen zwei Sprachen hin und her gesprungen wird. Fazit: Bilinguale Schulen, die Sprachentrennung hinterfragt haben, sind heute erfolgreich Transfer von Wie ist das mit der Übertragbarkeit von Mehrsprachigkeitsdidaktik auf die KiTas? (Frage der TN) Mehrspra- Modelle der Mehrsprachigkeitsdidaktik sind in der Praxis unbekannt. chigkeitsdi- Prof. Panagiotopoulou erklärt hierzu ihr Modell der „Oasen“ (Spaces). daktik auf Alle Kinder dürfen zu einer Situation Stellung nehmen ►es kommt zu einem Dialog unter denen, KiTas die was verstehen Prof. Panagiotopoulou unter Rückgriff auf Gogolin: Arbeit an Aufgaben kann mehrsprachig er- folgen, die Präsentation muss auf Deutsch erfolgen, damit alle es verstehen. Sprachentrennung muss für Sprecher klar und nachvollziehbar sein. Prof. Panagiotopoulou erhält für ihr Praxismodell der „Oasen“ erkennbar Zustimmung seitens der TN Fragerunde TN: In einer KiTa in Athen wird nur griechisch gesprochen, eine sinnlose Trennung? Prof. Panagiotopoulou: Ja, zustimmend. Deutschförderung ja, aber bitte mehrsprachig TN: In einer KiTa in Japan gilt Deutschpflicht. Begründung: Vorbereitung der Kinder auf Unter- richtssprache Deutsch. Was ist damit? Prof. Panagiotopoulou: Kanada ist ein gutes Gegenbeispiel: Dort würde man niemals in einem solchen Fall auf Einsprachigkeit bestehen. Für einen Kanadier ist es unvorstellbar, einsprachig aufzuwachsen. TN: Hinweis: Auch Kinder können ihren Erzieherinnen sprachlich etwas beibringen. Prof. Panagiotopoulou: Zustimmung! Erzieherinnen sollen Vorbilder sein, aber nicht für Einsprachigkeit. TN: Im Bekanntenkreis verbieten die Eltern den Großeltern mit Enkelkind in schlechtem Deutsch zu sprechen. Wie reagieren? Prof. Panagiotopoulou: Sorge der Eltern ist unbegründet. Kinder übernehmen keine Fehler. Im Gegenteil: Manche Kinder kontrollieren und verbessern Erwachsene Was KiTAs Kitas können: tun können • Gemeinsam mit Kindern über Mehrsprachigkeit reflektieren Teil II/II • In Vorlesesituationen die geschriebene Variante des Deutschen verwenden • Perfektionismus gegenüber der eigenen Sprachpraxis hinterfragen (Alltagssprache ist wichtig, deshalb: verwenden!) Rolle der Prof. Panagiotopoulou: Familiale Sprachwelt muss als Ressource dienen Eltern und Bildungseinrichtung sollte respektvoll mit fam. Sprachwelt umgehen Tipps zum Eltern dürfen nicht diszipliniert werden Umgang mit Augenhöhe ist wichtig, gerade bei Erziehungspartnerschaften ihnen Tipp für Ansprache der Eltern: „Sprechen Sie mit Ihren Kindern“ (bitte keine Sprache vorgeben!) … Eltern entwickeln eh ihre eigene Sprachenpolitik Prof. Panagiotopoulou: Mehrsprachler müssen sich ständig ablehnenden Alltagstheorien gegen- über erwehren: „Kannst du auch richtig in Deutsch sprechen?“ Abschließen- TN bezieht sich auf StS‘in Gülers Botschaft: Das Ministerium wolle die KiTas in puncto Mehr- des Plädoyer sprachigkeitsdidaktik unterstützen. Ein TN formuliert für viele andere stellvertretend, dass Prof. der TN für Panagiotopoulou die richtige Ansprechperson für die Praxis sei. TN erhält viel Zustimmung für das Thema in ihren Beitrag. der KiTa 9
WS 3 & 12: Literacy in Verbindung zu Mehrsprachigkeit und Vielfalt Referentinnen: Maike Hoeft und Livia Daveri Kontakt: livia.daveri@bra.nrw.de Einstieg in den Die Referentinnen klärten mit den Teilnehmer*innen die Begrifflichkeit Workshop „Literacy“. Im gemeinsamen Gespräch wird erläutert, weshalb Liter- acy-Erfahrungen bereits in der frühen Kindheit grundlegend seien. Besonderheiten Literacy ist eine wesentliche Vorläuferkompetenz des Lesens und Schrei- im Bereich von bens, daher sollten Kinder frühzeitig den Zusammenhang zwischen Literacy Gesprochenem und Geschriebenem erkennen können. • Durch das Vorlesen lernen Kinder die Schriftsprache kennen, die viel reichhaltiger und komplexer als die gesprochene Sprache ist. • Wenn Kinder von etwas berichten, was andere nicht miterlebt haben oder keine Informationen darüber haben, nennt man das dekontextuali- sierte Sprache. • Schon Kleinkinder müssen die dekontextualisierte Sprache einsetzen, weshalb man Kinder schon früh zum Erzählen motivieren sollte. • Manche Kinder machen solche Erfahrungen bereits in den ersten Lebensmonaten, andere müssen im ungünstigsten Fall bis zur Einschu- lung darauf warten. Aus diesen Gründen sind frühe Erfahrungen mit Literacy wesentlich. Methodik Methodische Spielarten der Literacy-Erziehung in der KiTa wurden vorge- stellt und genauer beleuchtet. Die Literacy-Förderung geschieht sowohl über mündliche als auch schrift- liche Zugänge: • Phonologische Bewusstheit und Buchstabenkenntnis • Literacy-Center: Rollenspiele und Schriftkultur • Dialogisches Lesen Erfassung der Literacy-Erziehung berücksichtigt und unterstützt auch Sprachenvielfalt. mehrsprachigen • Sprache ist eng mit Identität verbunden. Lebenswelt: • Den Familiensprachen der Kinder kommt eine identitätsstiftende Funk- Literacy und tion zu (sprachliche) • Mehrsprachige Kinder konstruieren ihre personale, soziale und kulturel- Vielfalt le Identität mehrsprachig. • Besonders in der frühen Kindheit gilt es daher, in pädagogischen Set- tings Kindern möglichst vielfältige sprachliche Angebote zu machen, um die Persönlichkeitsentwicklung umfassend anzuregen. 10
Literacy und Literacy - Kinderbücher/Reime/Lieder - spielt eine wichtige Rolle auch Vielfalt bei der Prägung gesellschaftlicher Normen und Wertvorstellungen. • Durch die Auswahl kann man Vielfalt als Normalität erlebbar machen, den Umgang damit einüben, Fragen aktiv aufgreifen und Konflikte bearbeiten. • Kinderliteratur/Reime/Lieder können aber auch Stereotypen, Vorurtei- le und rassistische Ausgrenzung und Abwertung festigen. Aus diesem Grund sind reflektierte Kriterien für die Lektüreauswahl in Bezug auf eine vorurteilsfreie Wertehaltung unabdingbar. Fazit Alle Kinder sollen die Möglichkeit haben, Literacy-Erfahrungen schon sehr früh machen zu können. Hierfür gibt es unzählige Möglichkeiten und Ideen, die ganz individuell und passgenau eingesetzt werden können. Bei der Auswahl von Materialien müssen pädagogische Fachkräfte auf bestimmte Kriterien achten: Gute Materialien sollten positive Botschaften aussenden. Materialtisch • Vielfältige mehrsprachige Bücher und Spiele • Ergänzende Materialien wie Puppen, Hautfarbenstiften • Die ausgelegten Anregungen für die Praxis wurden für die Teilnehmen- den zur Ansicht gestellt sowie auch während des Workshops eingebun- den. 11
WS 4 & 13: Familien mitgedacht! Der Einbezug von Familiensprachen Referent*innen: Prof. Dr. Timm Albers und Asmaa El Makhoukhi Kontakt: timm.albers@upb.de Einstieg in den Die Referent*innen begannen die gemeinsame Arbeit im WS mit einer Workshop Warm-Up-Übung: „Was hast Du gesagt?“. Einbindung von In einem wissenschaftlichen Input stellte Prof. Albers die theoretische Familien Fundierung zur Bedeutung der Einbindung von Familien im Kontext von Mehrsprachigkeit und durchgängiger Sprachbildung dar. Reflexion der Oft sind es subjektive Theorien über Mehrsprachigkeit oder über die Haltung Einbeziehung von Familien, welche eine erste Barriere darstellen. Anhand der negativen sowie der positiven Spirale in der Argumentation inklusiver Bildungsverläufe/Wahrnehmung von Mehrsprachigkeit verdeutlichte Prof. Albers, wie die eigene Haltung nicht nur die Sicht der Dinge, sondern ganze Prozesse steuern kann. Brückenange- „Kulturen überbrücken – Integration von Kindern mit Fluchterfahrung in bote Kindertageseinrichtungen“ ist ein Projekt der Ruhr-Universität Bochum (Prof. Dr. Birgit Leyendecker) und der Universität Paderborn (Prof. Dr. Timm Albers), das vom MKFFI des Landes Nordrhein-Westfalen (Projekt- laufzeit: 01/2016 bis 12/2017) gefördert wird. Ziel des Projektes ist die Evaluation von Maßnahmen zur Integration von Kindern und Familien mit Fluchterfahrung in Kindertagesstätten unter besonderer Berücksichtigung niedrigschwelliger Angebote, sog. „Brü- ckenprojekte“. Brückenprojekte sind niedrigschwellige Betreuungsangebote, die Kinder und ihre Eltern an institutionalisierte Formen der Kindertagesbetreuung heranführen. Zielgruppe sind Kinder der Altersgruppe vor Schuleintritt aus Familien mit Fluchterfahrung und vergleichbaren Lebenslagen und ihre Familien. Betreuungsformen sind z.B. Eltern-Kind-Gruppen, Spielgruppen, Kinder- tagespflegeangebote, mobile Angebote oder sonstiges, wie Elterncafés. Erste Ergebnisse Aus Sicht der pädagogischen Fachkräfte sind Herausforderungen in der Arbeit mit Kindern und Familien mit Fluchterfahrung oder ähnlichen Lebenslagen: • Umgang mit Emotionen, Traumata und Fluchterfahrung • Sprachbarrieren (bezogen auf die Eltern) • Interkulturalität • Vermittlung von Regeln und Grenzen 12
Lösungsansätze für die Herausforderungen in der Arbeit mit Kindern und Familien mit Fluch- terfahrung sind aus Sicht der pädagogischen Fachkräfte: • Geborgenheit, Vertrauen, Verlässlichkeit schaffen • Strukturierter Tagesablauf, transparente Strukturen • Einbindung der Familien sowie Austausch • Einsatz von Sprachförderung und Dolmetschern • Externe Unterstützungsangebote einholen und anbieten Gewünscht werden hierfür Fortbildungen sowie geeignete Materialien. Perspektiven Familien mit Migrationsgeschichte sind heterogen bezogen auf • Personenbezogene Aspekte: Persönlichkeit, Bildungsbiografie (Alphabetisierung, Sprach- kenntnisse) • Aspekte, die die kulturelle Einbindung betreffen: Nationalität, Religion, ethnische Identität, Werte • Aspekte von Migration und Flucht: Erlebnisse während der Flucht, Belastungen, Wohnsitua- tion und Zugang zu Unterstützungssystemen • Informationen über Herkunftsländer • Unterschiedliche „Familienkulturen“ Zusammenar- Als gutes Beispiel für eine gelingende Zusammenarbeit mit Familien im Kontext von Mehrspra- beit mit Familien chigkeit und Sprachbildung wurden die Programme Griffbereit und Rucksack KiTa dargestellt, im Kontext von wobei Griffbereit vertieft behandelt wurde. Mehrsprachigkeit Griffbereit-Gruppen sind zwei- oder mehrsprachige Spielgruppen, die mit einem Programm und durchgän- arbeiten, das die Erstsprachen(n)-Kompetenz (Familiensprachen), erste Deutschkenntnisse giger Sprachbil- und die Allgemeinentwicklung bei 1-3jährigen Kindern fördern will. dung Akteure im Griffbereit-Programm sind die Eltern, die Familien selbst, die im Rahmen des Pro- grammes als Experten für die Förderung der Familiensprache(n) angesprochen und gestärkt werden. Begleitet werden sie von dafür ausgebildeten Elternbegleiter*innen. Griffbereit wird in Kindertageseinrichtungen, Familienzentren, Familienbildungsstätten und in Migrantenorganisationen durchgeführt. Gruppenar- Die Teilnehmer*innen des Workshops erhielten den Arbeitsauftrag Ebenen für einen Einbe- beitsphase zug der Familiensprachen im Kita-Alltag zu erörtern. Die Gruppen sollten differenzieren nach Einsatzmöglichkeiten in 1. Räumlichkeiten insgesamt (Eingangsbereich, Flur, Gruppenräume,… 2. Ablauf in den Gruppen/im pädagogischen Alltag(Morgenkreis, Mittagessen, Spielsituatio- nen…) und 3. besondere Termine / Veranstaltungen / Feste. Ergebnisse aus Zu 1: große Weltkarte mit Fähnchen, Bilderleiste der Kinder mit Flaggen zu gesprochenen der Arbeitsgrup- Sprachen, mehrsprachige Beschilderungen, Kulturecke, mehrsprachige Begrüßungsformen, penphase Fotos der Kinder aus der Einrichtung,… Zu 2:Lieder und Instrumente der Welt ( Lieder, die zu Anlassen gespielt werde: Freude, Trauer, Anbetung,…) Finger- und Singspiele in mehreren Sprachen, Mehrsprachiges Lesebuch mit allen Familiensprachen, Lesepatenschaften, Elterncafés, Welche Sprache sprechen Tiere?, Ausflüge Zu 3: Besuch eines Supermarktes, Muttersprachler einladen, Sprachworkshops, Sprachenta- ge, Bücherausstellung, Tag der Rituale, interkulturelle Woche, kulturelles Rudelsingen, gemein- sames Kochen Eine vierte Gruppe befasste sich mit Notwendigkeiten zur Umsetzung in Anlehnung aus den Erkenntnissen aus dem Vortag. Zentral für die Einbindung von Mehrsprachigkeit sind: Starke Partner, eigene Haltung, Ressourcenorientierung Eltern und Kind und Team, vorurteilf- reies Miteinander, interkulturelle Kompetenz des Teams und Bereitschaft für Veränderungs- und Lernprozesse 13
WS 6 & 15: Mehrsprachigkeit durch handlungs- und bewegungsorientierte Ansätze unterstützen Referentin: Stefanie Rieger Kontakt: stefanie.rieger@nifbe.de Einstieg in den Die Referentin begann den WS mit einem bewegten Spiel: „Heulboje“. Workshop Dieses Spiel wurde in einer Fremdsprache angeleitet. Spielbeschreibung: Spieler*innen befinden sich auf dem Meer, es ist Nacht und sehr stür- misch. Die Boote möchten zum Hafen zurückkehren, dafür weist ihnen ein Leuchtturm den Weg. Da es im Meer viele Felsen gibt, müssen die Boote aufpassen, dass sie nicht dagegen fahren – dabei helfen ihnen Heulbojen. Für das Spiel wird ein Leuchtturm benötigt, der auf der einen Seite des Raumes steht und durch ein „huihuihui“-Geräusch auf sich und den Hafen aufmerksam macht. Die Boote (je nach Größe der Gruppe etwa 10 Freiwil- lige) stehen auf der anderen Seite des Raumes, mit geschlossenen Augen. Zwischen ihnen und dem Hafen sind die Heulbojen verteilt, die, je nach Annäherung eines Bootes, Summgeräusche von sich geben. Ziel des Spieles ist es, dass die Boote sicher im Hafen ankommen, geleitet durch das Geräusch des Leuchtturms und der Heulbojen. Reflexion des Das Spiel wird gemeinsam reflektiert. Spiels (allein, im Folgend werden ausgewählte Rückmeldungen der TN aufgelistet. Plenum) • TN äußerten unterschiedliche Gefühle: Allein; unsicher; getragen, weil alle anderen auch nichts verstanden haben; überfordert; interessiert; Spaß am Spiel; gut aufgehoben durch wertschätzende Atmosphäre; Sicherheit mir wird hier nichts passieren;… • TN haben sich an den anderen orientiert, an Schlüsselworten, an wie- derkehrenden Worten – erstes Erkennen, an Gestik, Mimik oder fühlten sich orientierungslos; … • Für die pädagogische Praxis gaben die TN an, Folgendes mitzunehmen: Gefühle der Kinder genauso unterschiedlich wie die von uns Erwachse- nen; Bilder, Mimik und Gestik können unterstützend wirken; gerade bei Sprachanfängern auf wiederkehrende Worte achten (Bsp. nicht 5 Worte für ein und denselben Gegenstand verwenden – Puschen, Hausschu- he, Schlappen,..); wertschätzende und offene Atmosphäre auch durch Tonfall, Berührung, Mimik und Gestik deutlich machen; … • Fokus auf Bewegungs- und Handlungsorientierung: Kinder spielen gern – Spiel an sich ist ein Motivator sich zu beteiligen; je weniger hoch die sprachliche Anforderung ist, desto mehr können sich sprachschwäche- re Kinder von Anfang an beteiligen; Aufbau auf sprachunabhängigen Bewegungskompetenzen (Erfahrung von Selbstwirksamkeit, Kontakt- aufnahme durch Bewegung..); … 14
Ableitung von In einem Vortrag wurden folgende Strategien mehrsprachiger Kindern Strategien mehr- besprochen: sprachiger Kinder • Soziale Strategien (Albers, 2011) aus der Literatur • Kognitive Strategien (Albers, 2011) • Gleichaltrige Kinder als Ressource (Long et al., 2004; Licandro & Lüdt- ke, 2013) Spiel Gemeinsam mit den TN wird ein weiteres Spiel gespielt. Reifenstecher Spielbeschreibung: Alle Kinder wählen für sich ein imaginäres Fahrzeug aus, laufen umher und machen das entsprechende Geräusch. Ein Kind ist der Reifenstecher, er versucht die anderen Kinder zu ticken, “um ihre Reifen zu zerstechen“. Wenn der Reifenstecher ein Kind getickt bzw. seine Reifen zerstochen hat, geht die Luft aus den Reifen heraus und das Kind sinkt langsam mit pfffffffft-Geräusch zu Boden. Die anderen Mitspieler*innen können die Fahrzeuge mit zerstochenen Reifen wieder aufpumpen, indem sie die Hände auf die Schultern des Kin- des legen und mit einem Pumpgeräusch die Reifen wieder mit Luft füllen. Sind die Reifen aufgepumpt, können die Kinder wieder weiter laufen bzw. die Fahrzeuge wieder herumfahren. Während des Aufpumpens dürfen die beiden Kinder nicht gefangen werden. Bei diesem Spiel geht es auch um den bewussten Wechsel zwischen An- und Entspannungszuständen sowie um die Lautbildung. Reflektion Viele sprachunabhängige Kompetenzen können im Spiel genutzt wer- den – alle Kinder können mitspielen und sich als selbstwirksam erleben (anderen helfen, die getickt wurden..); einfache und bekannte Fahrzeuge können ausgewählt werden, unterstützt durch Bildkarten wird es noch einfacher; Gespräch darüber welche Fahrzeuge warum geeignet sind; Wortschatzentwicklung; Zusammengehörigkeitsgefühl; Gemeinschafts- erlebnis; … Fakten zur Fakten zur mehrsprachigen Entwicklung wurden gemeinsam mit den mehrsprachigen TN behandelt. Entwicklung 1. Die Sprachentwicklung von ein- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern verläuft gleich schnell ► Ja; Möglichkeit einer langsameren Sprachentwicklung besteht, aber Rückständ werden meist schnell aufgeholt Meilensteine der Sprachentwicklung erreichen alle Kinder im selben Alter. Auch bei einsprachig aufwachsenden Kindern verläuft die Sprachentwicklung in einem individuell unterschiedlichen Tempo (vgl. Chilla, 2011) 2. Die Mischung von Sprachen bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern hat keine negativen Konsequenzen und ist ganz normal! ► Ja! „Code-Mixing“ oder „Code-Switching“ tritt oft bei mehr- sprachigen Kindern auf und ist völlig normal Prof. Panagiotopoulou „quersprachige Kompetenz“ Wertvolle Funktion und Ausdruck hoher Sprachkompetenz ist Ausdruck gelebter Mehrsprachigkeit (vgl. Paradis et al., 2011; Auer, 2009) 15
Fakten zur 3. Einsprachige Kinder haben weniger Sprachentwicklungsstörungen mehrsprachigen (SES) als mehrsprachige Kinder! Entwicklung ► Nein! SES sind gleich häufig (ca. 6-8%) Mehrsprachigkeit ist nicht ursächlich für eine SES. Selbst bei SES ist Mehrsprachigkeit wahrscheinlich nicht zusätzlich erschwerend. (vgl. Scharff Rethfeld, 2013) 4. Kinder sollen erst eine Sprache (Muttersprache) richtig lernen und dann mit der nächsten beginnen. ► Nein! Mehrsprachigkeit stellt keine Überforderung dar! alle Menschen sind prinzipiell dafür ausgestattet, mehrere Sprachen gleichzeitig zu lernen die Bedingungen sind bei den Jüngsten (0-3 Jahre) besonders günstig (vgl. z.B. Chilla & Box-Foyer, 2016) 5. Die Aufgabe der Eltern mehrsprachig aufwachsender Kinder ist es, so viel Deutsch wie möglich mit ihren Kindern zu sprechen, unabhängig davon, was ihre eigene Erstsprache ist. ► Nein! Eltern sprechen die Sprache, die sie am besten beherr- schen (korrekte) Sprachvorbilder sind extrem wichtig Wertschätzung der Sprachen ist entscheidend (vgl. Chilla, 2011; Jenny, 2008; Owens, 2008) Im Beratungsfall schauen, was für die einzelne Familie aus welchen Gründen passend ist 6. Der Besuch einer Kita und der dortige Kontakt mit der Sprache rei- chen aus, um Deutsch zu lernen. ► Ja, ist aber abhängig von: Quantität des Besuchs: möglichst frühzeitig und ausreichend viele Stunden Qualität des sprachl. Inputs: je optimaler der sprach- förderliche Umgang in der Kita, desto einfacher/schneller kann die Sprache gelernt werden. (vgl. Chilla, 2011; Jenny, 2008; Owens, 2008) Spiel: Reise ins Spielbeschreibung: Weltall Die Kinder verwandeln sich zu Astronauten und machen eine Reise zu den unterschiedlichsten Planeten. Zunächst wird gemeinsam der Raumanzug angezogen, der Helm aufgesetzt und in die Rakete eingestiegen. Nach dem gemeinsamen Klatsch-Start auf dem Boden mit: Knall, knall, knall, wir fliegen jetzt ins All und dem Runterzählen von 10 auf 0, fliegen alle Astronauten durch den Weltraum. Die Spielleiterin sucht sich den ers- ten Landeplaneten aus: Der Stampfplanet! Nachdem alle Kinder aus ihren Astronautenanzügen ausgestiegen sind (stimmlich und pantomimisch begleiten), werden sie vom Planetenfieber angesteckt und erkunden den Planeten stampfend! Bald geht’s dann weiter zu weiteren Planeten: Hüpf; Lach; Schleich; Trampel; Pfeif; Popo-Klatsch etc. Mal schauen, welche Planeten die Astronauten noch entdecken! Am Ende des Spiels nicht die Rückreise zur Erde vergessen! Dazu wird der Spruch einfach abgewandelt zu „knall, knall, knall, wir fliegen aus dem All…“ (Zimmer, 2016, S. 212f) 16
Reflexion des Was macht dieses Spiel geeignet, Mehrsprachigkeit durch Bewegung zu vorangegangenen unterstützen? Welche Kriterien können für andere Spiele/Handlungen Spiels übernommen werden? Viele sprachunabhängige Kompetenzen – alle Kinder können mitspielen; wiederkehrende Reime und Wörter erleichtern das Lernen; unterstützt durch Bildkarten; Gespräch über Weltraum und Planeten kann sich an- schließen oder vorausgehen; Wortschatzentwicklung; Zusammengehörig- keitsgefühl; Gemeinschaftserlebnis; Kinder können selbst Vorschläge für Planeten einbringen und Spielleitung übernehmen; … Abschließend Abschließend wurde die Bedeutung der Fachkräfte besprochen: Nicht Herausstellung nur die Gestaltung eines bewegungs- und handlungsorientierten Alltags der Bedeutung ist bedeutsam, sondern auch die Fachkraft mit ihren Einstellungen und der Fachkräfte Sichtweisen nimmt entscheidenden Einfluss. • Die Einstellung der päd. Fachkraft zur Integration der Erstsprache des Kindes hat großen Einfluss auf die Wortschatzentwicklung im Deut- schen bei DAZ-Kindern (Kratzmann, Lehrl & Ebert, 2013) • Kinder mit einer niedrigeren Sprachkompetenz erhalten von der päda- gogischen Fachkraft weniger Zuwendung • In der Interaktion werden seltener Sprachbildungsstrategien eingesetzt • Die Betreuungsperson zeigt weniger handlungsbegleitendes Sprechen in der Interaktion mit Kindern mit einer niedrigeren rezeptiven Sprach- leistung • Kinder mit einer niedrigeren produktiven Sprachleistung interagieren seltener mit ihren Peers (Albers, Bendler, Lindmeier, Schröder, 2013) • Bei sprachauffälligen Kindern findet man besonders ungünstige Inter- aktionsstile, gekennzeichnet durch einen mehr direktiven und reduzier- ten Input! • Der Pygmalion-Effekt Robert Rosenthal und Lenore F. Jacobson (1964) wiesen experimentell nach, dass ein Lehrer, dem suggeriert wird, dass einige Schüler(innen) besonders begabt sind und diese besonders hohes Leistungspotenzial hatten, diese so fördert, dass sie am Ende auch aufgrund größerer per- sönlicher Zuwendung (nicken, anlächeln), höherer Leistungsanforderun- gen, längerer Wartezeiten bei Antworten und häufigeren und verstärkten Lobes und Tadels faktisch ihre Leistungen steigerten. 17
WS 7 & 16: Hocus und Lotus – wie Kinder eine weitere Sprache erlernen können Referentinnen: Martina Rüschenbaum, Pinelopi Kouloukourgiotou, Eveline Kruse Kontakt: livia.daveri@bra.nrw.de Einstieg in den Die Referentinnen führten eine Hocus und Lotus-Einheit in Griechisch Workshop mit den Teilnehmenden durch. Somit wurde die direkte Anwendung des Konzeptes konkret gezeigt und die Teilnehmer*innen konnten erfahren und fühlen, wie die Methode funktioniert und was diese bewirkt. Besonderheiten Auf folgende Inhalte gingen die Referentinnen ein: des Konzeptes Gute Beziehung / Gute Kommunikation Format / Erzählformate Acting-out, Mini-Musical, Bilderbücher, Zeichentrickfilme, Lieder und flankierende Aktivitäten Strukturierung der Materialien Informationen über die Schulung zu „magic teacher“ Sprach- Theoretische Grundlagen des Konzeptes Hocus und Lotus: entwicklung Wiederholung Gute Beziehung / Blickkontakt Gute Kommunikation „Magische“ Lehrperson (Erzieher*in) Einbezug der Familien Erfassung der Hocus & Lotus wird von den KI als effektives Programm für das Erlernen mehrsprachigen der Zielsprache Deutsch verwendet, kann aber auch für die Vermittlung Lebenswelt von weiteren Sprachen wie z.B. Italienisch, Französisch, Englisch, Spa- nisch, Russisch und Türkisch eingesetzt werden. In den Geschichten von Hocus und Lotus geht es immer auch um die Beziehung zu anderen, den Wunsch nach Kommunikation, Freundschaften, Lernen und Probieren. Eine der wesentlichen Botschaften im Programm ist, dass Kinder erst mit anderen Menschen reden, wenn sie Lust haben, dies zu tun, daher sind der Aufbau einer guten, positive Beziehung zum Kind sowie Wertschät- zung und Akzeptanzgrundlegende Bedingung. 18
Unterstützung Der Erwerb weitere Sprachen wird gezielt unterstützt, z.B. Deutsch oder des Mehrspra- eine weitere allen Kindern noch unbekannte Sprache chigkeitserwerbs Die Mehrsprachigkeit der Kinder/Familien kann anhand von begleitenden Aktivitäten sichtbar und hörbar gemacht werden Elternpartizipation/ Elternkooperation Fazit Kinder, die in der Familie mit einer anderen Sprache als Deutsch auf- wachsen, können mit Hocus und Lotus sehr schnell und sehr effektiv die deutsche Sprache erwerben. Das Programm kann aber auch für weitere Sprachen angewendet werden, z.B. für Englisch, Französisch, Italienisch usw. Aufgrund der Art und Weise, wie Sprache hier vermittelt wird sowie der kindgerechten Themen, ist diese Methode von Kindern sehr beliebt. Die Familiensprachen der Kinder können im Rahmen von Begleitaktivitä- ten ebenfalls miteinbezogen und unterstützt werden. Materialtisch Hocus und Lotus-Materialien: CDs, DVDs, Bilderbücher, Teacher-KiT, Kin- dermaterialien, Kuschelfiguren Hous und Lotus, ergänzende Aktivitäten und Spiele. Die ausgelegten Anregungen für die Praxis wurden für die Teilnehmenden zur Ansicht gestellt sowie auch während des Workshops eingebunden. 19
WS 8 & 17: Mehrsprachigkeit aus logopädischer Sicht Referentin: Tanja Jahn Kontakt: jahn.tanja@web.de Einstieg in den Mit Hilfe von Sprachenportraits sensibilisiert die Referentin die Teilneh- Workshop menden für die Mehrsprachigkeit in der Arbeit mit Kindern und Eltern. • Teilnehmende gestalten eigene Sprachenportraits Besonderheiten Mehrsprachig oder bilingual ist, wer regelmäßig mehr als eine Sprache der mehrsprachi- verwendet (Grosjean 2008, S. 10) und in der Lage ist, in allen seinen Spra- gen Entwicklung chen Alltagsgespräche zu führen (Myers-Scotton 2006, S. 65). An Hand von Beispielen wurden Besonderheiten der mehrsprachigen Entwicklung vorgestellt und diskutiert. Insbesondere beim Code-mixing und code-switchen gibt es viele Vorurtei- le, die die Referentin aufklärt: • Mischt ein Kind seine beiden Sprachen, dann zeigt das, dass das Kind die Sprachen nicht richtig erwirbt. FALSCH • Sprachmischungen zeigen, dass das Kind im Denken verwirrt ist. FALSCH • Mehrsprachigkeit ist nur gut für Kinder, die sprachbegabt, intelligent und normal entwickelt sind. FALSCH • Der Erwerb mehrerer Sprachen führt zu sprachlichen und kognitiven Beeinträchtigungen. FALSCH Bedeutung der Erstsprache(n) • Je besser die Fähigkeiten in der Erstsprache, desto bessere Vorausset- zungen für den Erwerb weiterer Sprachen! = Interdependenzhypothese • Kinder mit Migrationshintergrund absolvieren die Schule erfolgreicher, wenn ihre Erstsprache weiter gefördert wird. Lauterwerb und Betonung • Partnerübung zur Lautentwicklung im Deutschen, Türkischen, Russi- schen und Arabischen. Ebenso wird darauf hingewiesen welche deut- schen Laute bzw. grammatikalischen Formen es in anderen Sprachen nicht gibt. So gibt es bspw. in der türkischen Sprache keine bestimmten Artikel, Hilfsverben oder Präpositionen (Scharff Rethfeldt, 2016) • Praxisorientierte Gruppenübung zur Prosodie (Trochäus)(KonLab-Pro- gramm, Zvi Penner) • gemeinsames Ausprobieren- Körperbewegung, Kennenlernen der Sym- bolik für die Arbeit mit den Kindern 20
Sprach- Merkmale des Mehrsprachigkeitserwerbs entwicklung: Einflussfaktoren (Scharff Rethfeld, 2013) Mehrsprachiger • Allgemeine Entwicklung: Sprachbegabung, Motivation Grammatiker- • Umfeld: Notwendigkeit zur Kommunikation, Sprachanregung und – werb gebrauch • Sprachspezifische Variablen: Sprachstrukturen • Sozioökonom. Status: Bildungsstand der Eltern, Sozialprestige der Sprachen/Kulturen • Alter des Kindes: Zeitpunkt des Sprachkontaktes, Erfahrung • Zeit Erfassung der Mehrsprachigkeit ist kein Grund für eine Sprachentwicklungsstörung! mehrsprachigen Eine primäre Sprachentwicklungsstörung bei bilingualen Kindern ist Lebenswelt dadurch gekennzeichnet, dass sich die Art der Störung in allen Sprachen zeigt, die das Kind erwirbt. Eltern die Angst nehmen- es führt nicht zu sprachlichen Beeinträchtigun- gen, wenn mehrsprachig mit den Kindern gesprochen wird. Mehrsprachigkeit als inklusiven pädagogischen Ansatz sehen Unterstützung Elternpartizipation/ Elternkooperation (Melhuish et al. 2008) Bezugsper- des Mehrspra- sonen mit hohem Home-Learning-Environment Faktor chigkeitserwerbs • Sprechen viel mit ihren Kindern • Bilden grammatikalisch anspruchsvolle Sätze • Unterstreichen das Gesagte mit Mimik & Gestik • Stellen offene Fragen • Regen das Kind an, in die Zukunft oder Vergangenheit zu schauen • Sprechen über Erzähltes, Vorgelesenes, lesen Bilderbücher dialogorien- tiert vor Bezugspersonen mit niedrigem Home-Learning-Environment Faktor • Sprechen wenig mit ihren Kindern • Bilden häufig knappe, befehlsartige Sätze • Setzen wenig Blickkontakt, Mimik & Gestik ein • Stellen eher geschlossene Fragen • Beziehen sich sprachlich auf das Hier & Jetzt • Lesen eher monologisch vor Sprachförderndes Verhalten „Die beste Sprachförderung ist eine gute Beziehung zum Kind.“ Materialtisch • vielfältige Fachliteratur • Diagnostik-Materialien • Sprachspiele und -materialien Die ausgelegten Anregungen für die Praxis wurden für die Teilnehmenden zur Ansicht gestellt sowie auch während des Workshops eingebunden. 21
WS 9 & 18: Mehrsprachigkeit im Übergang Kita – Grundschule Referentinnen: Svenja Butzmühlen und Jutta Kind-Kolb Kontakt: svenja.butzmuehlen@dkjs.de Einstieg in den Die Referentinnen begannen die gemeinsame Arbeit in den WS‘s mit einer Workshop soziometrischen Übung zum Warm-Up und zum gegenseitigen Kennen- lernen. Die Deutsche Svenja Butzmühlen (DKJS) stellte die Stiftung vor und gab einen Über- Kinder- und Ju- blick über einige Programme im Themenfeld Übergang Kita - Grundschu- gendstiftung und le. Sie stellte Publikationen und Arbeitsmaterialien aus verschiedenen ihre Programme Programmen zur Verfügung, die für die praktische Arbeit im Übergang zum Kita – Schule, in der Zusammenarbeit mit Eltern/Familien und in der sprachlichen Bildung entwickelt worden sind. Die DKJS hat sich, seit ihrer Gründung vor 23 Jahren, auf die Fahne geschrieben, verschiedene Akteure zusammenzubringen, um gemein- sam gute Antworten auf Fragen im Bildungssystem zu finden, damit alle Kinder in Deutschland mit guten und gleichen Chancen aufwachsen können. Frühe Bildung und Schulerfolg, einschließlich dem Übergang Kita – Grundschule, sowie Vielfalt und Inklusion sind einige der zentralen Handlungs- und Themenfelder der DKJS. Das Modellpro- Das Modellprogramm „Bildung braucht Sprache” unterstützte von 2014 gramm „Bildung bis Anfang 2017 ausgewählte Kitas und Grundschulen in Nordrhein-West- braucht Spra- falen (4 Modellregionen) dabei, die Sprachbildung und -förderung zu che“ verbessern. Dabei standen folgende Fragen im Mittelpunkt: Wie kann ein möglichst nahtloser Übergang der sprachlichen Bildung von der Kita in die Grundschule durchgängig gestaltet werden? Wie kann eine sprachliche Bildung in Deutsch und den Herkunftssprachen mehrsprachiger Kinder er- folgen? Wie können Pädagog*innen in Kitas und (Ganztags-)Schulen ihre Konzepte und Methoden der (mehr-)sprachlichen Bildung aufeinander ab- stimmen? Und wie gelingt eine gute, partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Eltern bzgl. der sprachlichen Bildungsprozesse der Kinder? Zur Beantwortung dieser zentralen Fragestellungen leistete „Bildung braucht Sprache“ als gemeinsames Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Stiftung Mercator einen wichtigen Beitrag. Mehrsprachigkeit Im Modellprogramm gab es weder Vorgaben von zu adaptierenden Ein- und pädagogi- richtungs- oder Übergangskonzepten noch vorgegebene Materialien zu sche Haltung (mehr-)sprachlicher Bildung. Ausgangspunkt waren die Erfahrungen und Bedarfe in den Einrichtungen der Modellregionen und somit offene, aber zielgerichtete Entwicklungsprozesse, die die Pädagog*innen in den Kitas und Schulen zu den Gestaltern machten. Gleichzeitig wurde das Pro- gramm wissenschaftlich (Educert GmbH) und fachpolitisch (Beratungs- gremium auf Landesebene) beraten und begleitet. 22
Im Zentrum der Programmarbeit in den Modellregionen standen die Begleitung einer gemeinsamen Reflexion der pädagogischen Arbeit und Haltung, die Unterstützung von kollaborativem Arbeiten der Pädagog*in- nen aus Kitas und Schulen, gemeinsam mit den Familien der Kinder, sowie die Vernetzung mit den regionalen Bildungsakteuren. Die Kinder standen dabei im Fokus: mit ihren vielfältigen Lebenswelten, mit ihren Sprachschätzen, ihren individuellen sprachlichen Interessen und Bildungsbedürfnissen, den jeweiligen sprachlichen Entwicklungen, mit ihren Beziehungen, ihrer Neugier. Als Basis für eine mehrsprachliche Bildung wurde eine offene, selbstreflexive pädagogische Haltung erachtet, die in den Kitas und den vielfältigen Übergangsprojekten eine im Alltag gelebte lustvolle Kreuz- und Quersprachigkeit entstehen ließ. Coaching vor Ort In den Kitas: durch Praxisbe- Umsetzung wirksamer Sprachbildungsansätze im Alltag durch gleitung • Stärkung in der professionellen Haltung, • bedarfsorientierten Erwerb von Fachwissen und • Ausbau von Kooperations- und Netzwerkkompetenzen. ►Veränderung der Einrichtungskultur durch Einbezug der gesamten Kita-Teams. Mit Tandems aus Kitas und Grundschulen: • Stärkung der Kooperationsstrukturen. • Verständigung auf ein gemeinsames Verständnis und gemeinsamer Konzepte von (mehr-)sprachlicher Bildung. • Entwicklung gemeinsamer Projekte und Materialien. Praxiseinblicke Jutta Kind-Kolb (Praxisbegleiterin im Programm) stellte zahlreiche kon- krete Beispiele aus der Vor-Ort-Arbeit in ihrer Modellregion vor, die Svenja Butzmühlen durch Erfahrungen und Ergebnisse der weiteren Regionen ergänzte. Ein Kurzfilm, Anschauungsmaterialien und zahlreiche Fotos dienten der konkreten Verdeutlichung. Dabei differenzierten die Referen- tinnen die Praxiseinblicke nach Beispielen • aus Kitas • von Kita-Grundschul-Kooperationen • des partnerschaftlichen Zusammenspiels von Pädagog*innen und Eltern (bzgl. des Einbezugs der Familiensprachen) • sozialräumlicher Vernetzung sowie • Anbindung an kommunale Strukturen und Konzepte. Austauschpha- In den Austauschphasen berichteten die Teilnehmer*innen der WS in sen lebhaften Diskussionen insbesondere von ihren individuellen Heraus- forderungen bezüglich der institutionenübergreifenden Kooperationen auf unterschiedlichen Ebenen und tauschten schwierige Erfahrungen genauso wie auch Erfolge offen aus. Unter den Teilnehmer*innen waren auch Personen aus zwei der Modellregionen des Programms „Bildung braucht Sprache“, die spontan aus ihren verschiedenen Perspektiven (Bildungsverwaltung/KI und pädagogische Praxis) Erfahrungen aus dem Programm ergänzten. Weitere Infor- https://www.dkjs.de/themen/fruehe-bildung/ mationen und Hier findet sich auch eine Broschüre zum Download: Materialien „Sprachbildung gemeinsam gestalten: Leitfaden zur Qualitätsentwicklung für Kitas und den Übergang in die Grundschule“ 23
WS 10: Bilinguale KiTas – Erfolge, Stolpersteine und inklusives Denken (Italienisch-Deutsch) Referentin: Antonietta Abbruscato Kontakt: info@zebra-kita.de Einstieg in den Zu Beginn erfolgte die Vorstellung des Aufbaus der beiden Zebra-KiTas in Workshop Köln, der Historie und des Konzeptes. Konzeption Die Zebra-KiTas orientieren sich am Konzept der Reggio-Pädagogik, die ihren Ursprung in der italienischen Stadt Reggio Emilia hat und bei dem die individuelle Selbstentfaltung und -verwirklichung des Kindes im Vordergrund steht. In den KiTas wird die Immersionsmethode, also das Eintauchen in die Sprache, angewandt. Alle Erzieher/innen sind zweispra- chig (Deutsch/Italienisch). Biliguale KiTas In den bilingualen (dt/it) Zebra-Kitas werden Kinder aus verschiedenen Herkunftsnationen betreut. Die große Mehrheit sind Kinder aus Familien mit italienischer Migrationsgeschichte. Darunter befinden sich aber auch Kinder, deren Erstsprache weder Italienisch noch Deutsch ist oder Kinder, die einsprachig (Deutsch oder Italienisch) aufwachsen. Per Videosequenzen zu Situationen, in denen Kinder situativ Sprache anwenden, sind im Workshop die Methoden, Stolpersteine und Herausfor- derungen für die Erzieher/innen und die Kita verdeutlicht worden. Nach jeder Videosequenz haben die Referentinnen gemeinsam mit den Teilneh- mer/innen die gezeigten Situationen analysiert und anschließend auf ihre Wirksamkeit hin bewertet. Fazit Als Fazit konnte den Teilnehmenden mitgegeben werden, dass die in den KiTas vorrangig angewandte Prinzip „One person one language“ nicht für jedes Kind in der Zebra-Kita greife. Besonders Kinder, die mit den Sprachen Deutsch und Italienisch aufwachsen, würden davon profitieren. Daher will die Kita ihr Konzept erweitern, weitere Sprachen inkludieren, so dass auch Kinder aus Familien mit einer Familiensprache oder einer Familiensprache, die weder deutsch noch italienisch ist, effektiv gefördert werden können. Zum Abschluss sind im Workshop verschiedene weitere Methoden und deren Vor- und Nachteile vorgestellt worden. Rückmeldungen Der Workshop war für die Teilnehmenden relevant und hilfreich, da sie der Teilneh- teilweise selbst als Erzieher*innen in bilingualen Kitas arbeiten oder in mer*innen Zukunft arbeiten werden. 24
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