DOKUMENTATION Tagung "Tatort Wohnen" am 06.12.2019 im Hospitalhof Stuttgart - SOZIALE STADTENTWICKLUNG UND GEMEINWESENARBEIT
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Landesarbeitsgemeinschaft SOZIALE STADTENTWICKLUNG UND GEMEINWESENARBEIT Baden-Württemberg e.V. DOKUMENTATION Tagung „Tatort Wohnen“ am 06.12.2019 im Hospitalhof Stuttgart
BEGRÜSSUNG Vor Beginn der Veranstaltung fanden sich die Tagungs- der Teilnehmerinnen und Teilnehmer bestand nicht nur teilnehmenden und die Akteure ab 9:30 Uhr zu einem aus Vertreterinnen und Vertretern der Stadtverwaltungen, Begrüßungskaffee im Foyer des Hospitalhofs in Stuttgart ein. sondern auch aus interessierten Studierenden. Sven Fries erläuterte kurz den Programmablauf der Ansprache Dr. Sven Fries, Beisitzer/Mitglied des Tagung und übergab das Wort an Gerald Lackenberger. Planungsteams LAG Sven Fries eröffnete die Veranstaltung und ging auf den Begrüßung Gerald Lackenberger, Titel „Tatort Wohnen – quartierbezogen, kooperativ Vereinsvorsitzender LAG (s. Anhang 1, S. 16) und fair“ ein: bei dem Titel wurde bewusst der Begriff „bezahlbar“ weggelassen, denn bezahlbar ist alles, es Gerald Lackenberger stellte kurz die vier Workshops fragt sich nur von wem und wo. vor und ging auf den Grund für die Initiative für die Tagung „Tatort Wohnen“ ein: Lösungen für die Woh- Sven Fries fasste zusammen, welche Akteure anwe- nungsnot müssen gefunden werden, um den Anstieg send waren: Vertreterinnen und Vertreter des Ministe- der Armutsbevölkerung zu verhindern. Daher sind die riums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden- Tagungsteilnehmenden und die Akteure zum Austausch Württemberg, des Ministeriums für Soziales und zusammengekommen, um gemeinsam eine Offensive Integration Baden-Württemberg, des Städtetags für bezahlbaren Wohnraum zu finden. Baden-Württemberg und der IBA 2027 GmbH. Der Kreis 2
1. VORTRAG – VERA VÖLKER „ENGAGEMENT UND AKTIVITÄTEN IN DER STADTERNEUERUNG“ Vera Völker, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg (s. Anhang 2, S. 18) 3
2. VORTRAG – DR. ANGELA POSTEL „TATORT QUARTIER 2020 - EINE SPURENSICHERUNG AUS DEM SOZIALMINISTERIUM“ Dr. Angela Postel, Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg (s. Anhang 3, S. 26) 4
3. VORTRAG – TINA MUHR „WOHNEN MORGEN. PERSPEKTIVEN DER IBA‘27“ Tina Muhr, Projektleiterin IBA 2027 StadtRegion Stuttgart (s. Anhang 4, S. 33) 5
4. VORTRAG – BENJAMIN LACHAT „DIE STÄDTE IM FADENKREUZ – DIE POSITION DES STÄDTETAGS“ Benjamin Lachat, Städtetag Baden-Württemberg (s. Anhang 5, S. 50) 6
WORKSHOPS ZUSAMMENFASSUNG DER VIER WORKSHOPS Die Teilnehmenden hatten sich vorab für zwei der vier Um 11:30 Uhr begann die erste Workshoprunde und die angebotenen Workshops angemeldet und konnten Teilnehmenden verteilten sich auf die Seminarräume. sich in zwei Workshop-Runden aktiv in Diskussionen Nach der Mittagspause um 13:30 Uhr begann die zweite einbringen. Workshoprunde. WORKSHOP 1: KOSTENGÜNSTIGES WOHNEN IN MANNHEIM – MIT UND OHNE FÖRDERUNG Matthias Henes, GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH Moderation: Jörg Ackermann, Stadt Mannheim Beide Workshoprunden waren gut besucht, wobei die und Sanieren/Modernisieren in Mannheim anhand von Teilnehmenden sehr interdisziplinär aufgestellt waren. Beispielen insbesondere aus den beiden Programmge- DerTeilnehmendenkreis setzte sich sowohl aus dem Kreis bieten der Städtebaulichen Erneuerung „Schönau-Mit- der städtebaulich Planenden als auch aus Teilnehmen- te“ und Schönau-Nordwest“. Im Zuge der Modernisie- den mit dem Hintergrund Sozialarbeit/Gemeinwesenar- rung werden neben der energetischen Ertüchtigung der beit zusammen. Neben Stadtplanerinnen und Stadtpla- Wohngebäude auch Grundrisse verändert beziehungs- nern nahmen auch Studierende verschiedener Fächer, weise Wohnungszuschnitte optimiert und mehrere Woh- Stadtteilmanager/innen und weitere Interessenvertreter/ nungen barrierefrei/barrierearm umgebaut und zugäng- innen aus dem Umfeld des Wohnens teil. lich gemacht. Darüber hinaus tragen auch Neubauten im Rahmen der Landeswohnraumförderung anstelle In seinem Sachvortrag erläuterte Matthias Henes von nicht mehr sanierungsfähiger Gebäude zur Optimierung Seiten der GBG-Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft des Wohnungsgemenges und damit zu einer besseren mbH verschiedene Modelle für kostengünstiges Bauen Durchmischung der Bevölkerung bei. 7
Bei der anschließenden Aussprache zu dem detaillierten lich machen würden. Vortrag von Matthias Henes wurde sehr positiv gewer- Als Beispiel wurde genannt, dass in Freiburg eine Miet- tet, dass die Kostenerstattung an die GBG, die bei Sa- bindungsfrist von 25 Jahren bei Neubauten üblich sei. nierungsmaßnahmen über das Programm „Die Soziale Stadt“ bis zu 35% Kosten der Modernisierung und Sa- Festgestellt wurde auch, dass die Erstellung von kosten- nierung betragen kann bzw. die Vergünstigungen über günstigem Wohnraum sehr stark davon abhängig sei, ob die Landeswohnraumförderung im Verhältnis 1:1 an die man den Baugrund erst erwerben müsse oder ob man Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden. ihn wegen einer Freilegung durch Abbruch oder über die allgemeine Vorratshaltung bereits im Bestand habe. So beträgt die Miete im Stadterneuerungsgebiet „Schö- nau-Nordwest“ in Mannheim nach der Sanierung max. Zur Debatte wurde darüber hinaus gestellt, welche Fol- 6,50 /m² und bei barrierearmen (zum Beispiel über Fahr- gen beispielsweise die Option einer Privatisierung eines stühle erschlossenen und umgebauten) Wohnungen kommunalen Wohnungsunternehmens wie der GBG max. 7,50 €/m². Auch die im Rahmen der Landeswohn- Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH haben raumförderung zu erstellenden Wohnungen beispiels- könnte. weise im Stadterneuerungsgebiet „Schönau-Mitte“ kön- nen voraussichtlich mit 7,50 €/m² angeboten werden. Zusammenfassend wurde deutlich, dass es kosten- günstiges Wohnen eigentlich nur unter der Vorausset- Etwas kritisch wird von den Workshopteilnehmerinnen zung geben könne, dass eine Förderung der Vorhaben und –teilnehmern gesehen, dass eine Mietbindung in bspw. über Sanierungszuschüsse über das Städtebau- den Modernisierungsvereinbarungen lediglich für einen förderungsprogramm oder bei Neubauten über die Zeitraum von 10 Jahren vereinbart wurde, da man sich Landeswohnraumförderung möglich sei. Andere Ein- eine langfristigere Absicherung für die Mieterinnen und sparmöglichkeiten, die über eine kostengünstige Miete Mieter wünschen würde. weitergegeben werden könnten, werden grundsätzlich nur über Einschränkungen bei der Qualität, wie bspw. Gerade nach dem Ablauf der Frist könnte es im Einzel- eine Reduzierung bei den Wohnraumgrößen, geringere fall zu erheblichen Mietsteigerungen kommen, die einen energetische Standards oder allgemein bei der Ausstat- Verbleib der bisherigen Mieter in der Wohnung unmög- tung der Wohnungen gesehen. 8
WORKSHOP 2: HÄUSER KOLLEKTIV ANEIGNEN, BEZAHLBAREN WOHNRAUM GARANTIEREN – DAS MIETSHÄUSER SYNDIKAT Helma Haselberger, BAUVEREIN „Wem gehört die Stadt?“ Moderation: Dr. Clemens Back, Freiburg Der Workshop fand im Saal mit ca. 30 TeilnehmerInnen für Gruppen und politische Initiativen, und das alles in in zwei Durchläufen statt. Die Architektin Helma Hasel- Selbstorganisation. Dazu kommt das Bedürfnis nach berger, selbst 15 Jahre Bewohnerin eines Mietshäuser- Gemeinschaft und nach Räumen, die nicht einer Ver- projektes in Freiburg stellte das Projekt vor. wertungslogik unterliegen. Die Schaffung von Gemein- eigentum lässt diese Räume entstehen und der dauer- Das Ziel: Gemeineigentum an Haus und Grund, bezahl- hafte Verzicht auf Reprivatisierung schützt sie vor dem barer Wohnraum für Menschen mit wenig Geld, Raum spekulativen Immobilienmarkt. Belebt werden sie aber 9
erst durch die Eigenständigkeit und die Selbstorganisa- Menschen, Projekte ohne und mit gewerblicher Nutzung tion der einzelnen Hausgemeinschaften. Eine besondere (zurzeit ca. 150 Projekte in über 40 Städten - bundesweit). Beteiligungsstruktur zwischen Hausprojekten und Syndi- Vermehrt organisieren MieterInnen den Kauf ihrer Häu- katsverbund bringt beides zusammen: Der Verbund si- ser, um der Spekulation mit ihrem Wohnraum zuvor zu chert die Unverkäuflichkeit des Gemeineigentums, und kommen. Viele Menschen im Syndikat teilen ihre Erfah- die Hausprojekte bewahren ihre Unabhängigkeit bei rung mit interessierten Gruppen und beraten diese bei dessen Nutzung. Das Mietshäuser Syndikat ist weder der Verwirklichung von neuen Projekten. auf staatliche Hilfen noch auf Wohltätigkeit angewiesen. Es ist selbstorganisiert, eigenständig und solidarisch In der abschließenden Diskussion wurde viel Interesse finanziert. Die Projekte im Syndikat sind vielfältig: Es gezeigt, aber auch viele Bedenken geäußert, fast als ob gibt Häuser mit einzelnen Wohnungen und Haus-WGs, es unmöglich sei, eine Utopie umzusetzen. Es bedarf Kleinstprojekte mit sechs und Mietshäuser mit über 280 noch viel Information und Überzeugungsarbeit. 10
WORKSHOP 3: ZUR TAT SCHREITEN: DIE BAUGENOSSENSCHAFT NEUES HEIM ALS INITIATOR UND MOTOR FÜR WOHNUNGSBAU UND QUARTIERSENTWICKLUNG Martin Gebler, Neues Heim – die Baugenossenschaft e.G. Moderation: Jessica Baisch, Büro Stadtberatung Dr. Sven Fries Zu Beginn der ersten Workshoprunde stellten die Work- und bei Bedarf auch unterstütztes Leben im eigenen shopteilnehmerinnen und -teilnehmer einige Fragen Quartier und den eigenen vier Wänden zu ermöglichen zum Konzept der Baugenossenschaften im Allgemeinen. (24-Stunden-Versorgungssicherheit im Quartier). Dieses Martin Gebler, Prokurist der Baugenossenschaft „Neu- anvisierte WohnquartierPlus (WQ+) soll der veränderten es Heim – die Baugenossenschaft“ (BGNH) ging auf die Sozialstruktur in dem vor ca. 70 Jahren aufgesiedelten Fragen ein und stellte Bezüge zur BGNH her. Die BGNH Nachkriegsquartier Rechnung tragen (21,5% der Be- ist nicht renditeorientiert und hat zum Ziel, eine gute völkerung über 65 Jahre). Neben einem WohnCafé als Mischung im Quartier herzustellen. Eine Herausforde- zentralem Treffpunkt und Anlaufstelle im Quartier sollen rung, auf die jede Baugenossenschaft stößt, ist dabei eine Tagespflege sowie weitere Einrichtungen für das der demografische Wandel. Wohnen und Leben im Alter geschaffen werden (z.B. ambulant betreute Pflegeapartments, niederschwellige Langjährige Mieterinnen und Mieter bringen Konti- Angebote im WohnCafé). In Neubauten soll darüber nuität in die Baugenossenschaft. Dadurch entsteht oft hinaus auch Wohnraum für junge Familien und Menschen auch Gemeinschaft, welche wiederum ein hohes Poten- mit Behinderungen entstehen. Das Konzept ist offen an- tial bei der Entwicklung von Bestandsquartieren bietet. gelegt und kann im Zuge der Quartiersentwicklung ste- Wohnen darf dabei nicht isoliert betrachtet werden, tig modular und angepasst an die Rahmenbedingungen sondern es muss ein Bezug zwischen Wohnen und dem und Möglichkeiten im Stadtteil weiterentwickelt werden. ganzen Quartier hergestellt werden. In der zweiten Workshoprunde wurde das Quartier am Im weiteren Verlauf des Workshops wurde auf das Wiener Platz in Stuttgart-Feuerbach in den Fokus ge- Quartier in Stuttgart-Rot eingegangen, das Vorbild- rückt. Am Wiener Platz, direkt am Feuerbacher Bahnhof charakter in der Zukunft haben soll. Die BGNH möch- gelegen, soll nach aufwändiger Instandsetzung der Flä- te gemeinsam mit verschiedenen Projektpartnern ein che ein innovatives, nachhaltiges und multifunktionales Konzept zur Weiterentwicklung von innovativen, sozial- Quartier entstehen. raumorientierten Versorgungsstrukturen entwickeln und gleichzeitig weitere, vernetzte Angebote schaffen. Ziel In mehreren Baulosen sollen verschiedene Wohnformen ist, den Bewohnern ein möglichst langes, eigenständiges und soziale Einrichtungen geschaffen werden. Eine 11
KITA, ein inklusives Café und eine Tagespflege sollen Familien auch Cluster-Wohnungen und Wohnraum die verschiedenen Wohnformen ergänzen: barrierefrei, für Studierende. Herzstück der Gemeinschaft ist ein für mittlere Einkommensbezieher, gefördert, zur mittel- Kommunikations-Waschsalon mit Kreativbereich: Die baren Belegung, mit Betreuung - ein bunter Mix soll „waschBAR“, die ergänzt durch digitale Elemente Treff- Lebendigkeit und Miteinander ins Quartier bringen. punkt der Hausgemeinschaft werden soll. Dort sollen neue Entscheidungsstrukturen erprobt werden, um die Im Rahmen einer Mieterbaugemeinschaft unter dem waschBAR im nächsten Schritt für das Areal und dann Dach der BGNH wird dabei der genossenschaftliche für das Quartier zu öffnen. Auch der gemeinschaftlich Gedanke ins Quartier transportiert: Dieses Konzept genutzte Innenhof soll nach partizipativer Entwicklung schafft langfristige Perspektiven und Sicherheit für die einer Entscheidungs- und Nutzungsstruktur in die Kom- Bewohner bei hoher Partizipation und Flexibilität. Es munikation zum Quartier einbezogen werden. entstehen neben Wohneinheiten für Singles/Paare/ Stichpunkte zur Diskussion im Rahmen des Workshops ZENTRALE AKTEURE, PLANUNGSPROZESSE, INITIATOREN, INNOVATION, STRATEGIE, „GUERILLA- ERLAUBNIS GANZHEITLICH UND PARTNERSCHAFTEN, NEUE KONZEPTE HALTUNG TAKTIK“ VS. INITIATIVE NEU DENKEN EINBINDUNG QUARTIERSMANAGMENT QUARTIERSBEGRIFF • Träger von Quartiersarbeit? • „daheim fühlen“ GRÜNDUNG NEUER (WOHNUNGS-) GENOSSENSCHAFTEN • Quartiersgenossenschaften • Verbindungen als Dach? • Vernetzung BÜRGERGERTRAGENE VEREINE WOHNUNGSVERSORGUNG BESTANDSGENOSSENSCHAFTEN • selbst Experte werden FÜR ALLE ZIELGRUPPEN satzungsgemäßer Auftrag und demografische Entwicklung • Institutionen + Akteure VS. GUT DURCHMISCHTE als Motivation und Mission für Quartiersentwicklung als Teil davon QUARTIERE NACHHALTIGKEIT VON MINDESTGRÖSSEN/ANFORDERUNG AN NEUE AKTEUREN + INITIATOREN GENOSSENSCHAFTEN VS. KOOPERATION BESTEHENDER PARTNER GENOSSENSCHAFTEN ODER KOMMUNEN ALS BAUGENOSSENSCHAFTEN QUARTIERSMANAGER? IM ENTWICKLUNGSPROZESS 12
WORKSHOP 4: IMPULSE AUS DEM LÄNDLICHEN RAUM: QUARTIER FÜR ALLE – EIN ATTRAKTIVES, INNERÖRTLICHES WOHNQUARTIER ENTSTEHT MIT BREITER BÜRGERBETEILIGUNG Florian Steinbrenner, Gemeinde Gottmadingen Moderation: Nadia Kasper-Snouci, LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GMBH, Stuttgart Der Bauamtsleiter Florian Steinbrenner der Gemein- von vornherein geklärt und eine frühzeitige, uneinge- de Gottmadingen (ca. 12.000 Einwohner) informiert zu schränkte und ehrliche Beteiligung gewährleistet. Beginn des Workshops anhand von Plakaten über das geplante neue Quartier. Anschließend erläutert er die Die weitere Entwicklung und Planung des Quartiers er- Fragen der Anwesenden. Der Workshop dient damit in folgt in hohem Maße durch die Bürgerinnen und Bürger erster Linie einem Best-Practice-Austausch und weniger selbst. In einem „Pflichtenheft“ werden beispielsweise der Diskussion grundlegender und zukunftsweisender Vorgaben für die künftigen Bauherren formuliert, die Fragestellungen. Im Folgenden sind das Projekt sowie durch den Gemeinderat beschlossen werden sollen. Die die wichtigsten Inhalte des Workshops zusammenge- Bürgerinnen und Bürger werden im Rahmen verschie- fasst. dener Beteiligungsformate eingebunden. So finden beispielsweise Exkursionen zu best-practice-Beispielen Die im Ortskern liegende Realschule wird abgebrochen statt, Quartiersrundgänge, Werkstätten und Fachforen. und an einem anderen Standort neu errichtet. Das neue Darüber hinaus bringen sich die Bürgerinnen und Bürger Schulzentrum soll im Jahr 2021 eröffnet werden. Auf dem regelmäßig in einem ehrenamtlich betriebenen Quartier- rund zwei Hektar großen Areal der alten Schule soll dann scafé in den Prozess ein. Dabei unterstützt die Gemeinde ein neues und lebendiges Wohnquartier entstehen. Da- zum Beispiel durch Bereitstellung der Rauminfrastruktur bei sollen verschiedene zukunftsfähige Wohnformen und und der Bewirtung. Bei der breit angelegten Beteiligung soziale Infrastrukturen realisiert werden: Mehrgeneratio- wird auch niederschwellig gearbeitet, beispielsweise nenwohnen, Baugruppen, Wohnen für Familien, sozialer durch Einbindung von Kindern im Rahmen einer Spiel- Wohnungsbau sowie Quartiersplatz und soziale Begeg- platzbeteiligung. Begleitet wird der ganze Prozess von nungsflächen. Dies waren die groben Leitplanken, die einer Lenkungsgruppe bestehend aus Vertretern der den Bürgerinnen und Bürgern als gesetzt vorgegeben Gemeinderatsfraktionen, ausgewählten Bürgerinnen wurden. Damit waren die „Spielräume und Spielregeln“ und Bürgern, Akteuren/Multiplikatoren (u.a. Flüchtlings- 13
arbeiter, Schülersprecher etc.) und Verwaltungsmitarbei- einen erfolgreichen Prozess: Offenheit, Ehrlichkeit, Mut tern. Auf diese Art und Weise ist es tatsächlich gelungen, und ein Initiator, der mit Überzeugung dahinter steht. nicht nur die üblichen Zielgruppen einzubinden, sondern Offenheit und Ehrlichkeit im Prozess bedeutet beispiels- nahezu alle Bevölkerungsgruppen (auch Migranten und weise auch die Finanzplanung transparent darzulegen. Jugendliche) zu erreichen. Dieser enge Zusammenhalt, Einig sind sich die Anwesenden aber auch, dass der Er- das hohe Bürgerengagement und die lebendige Ver- folg eines solches Prozesses nicht nur von einem über- einsstruktur stellt dabei aus Sicht der Anwesenden eine zeugten Initiator abhängig ist, sondern mit einer ganzen wichtige Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Reihe von Personen steht und fällt und nicht zuletzt der Prozess dar, was als Vorteil des ländlichen Raums bezie- Team-Gedanke und die Multiprofessionalität ein ent- hungsweise kleinerer Gemeinden anerkannt wird. Dieses scheidendes Erfolgskriterium darstellt. Wichtig sind eine Engagement muss über einen längeren Zeitraum auf- engagierte Verwaltung, ein Gemeinderat, der sich be- rechterhalten und im Sinne der Nachhaltigkeit im neu- wusst und im Vertrauen auf gute Ergebnisse im Prozess en Quartier verstetigt werden. Dabei setzt die Gemein- zurückhält (wohl aber die letzte Entscheidung trifft) sowie de auch weiterhin auf eine starke ehrenamtliche Basis, die richtigen Bürgerinnen und Bürger, die sich mit ihrer will die Verantwortung aber nicht gänzlich aus der Hand Gemeinde und dem neuen Quartier identifizieren. Eine geben und schließt auch eine künftige Förderung, z.B. entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Durchfüh- durch Schaffung weiterer hauptamtlicher Stellenanteile, rung eines solchen Prozesses kommt auch dem extern nicht aus. Aus Sicht der Anwesenden ist es wichtig, das beauftragten Büro zu, das durch innovative Ideen und Engagement nicht an eine bestimmte Einrichtung (z.B. Anregungen den Prozess bereichert und die Verwaltung Schule) anzudocken, sondern in Verantwortung der Ge- enorm entlastet, zum Beispiel in den Bereichern Förder- meinde aufrecht zu erhalten. mittelakquisition, Beteiligungskonzeption, Öffentlich- keitsarbeit, Moderation etc.. Für die Gemeinde Gottmadingen war der Weg der breit angelegten Bürgerbeteiligung von Anfang an selbstver- Das Projekt wird im Rahmen der Programme „Quartier ständlich. Die Gemeinde hat bereits in der Vergangen- 2020“, „Nachbarschaftsgespräche“ und „Quartiersim- heit verschiedene Erfahrungen mit Bürgerbeteiligung pulse“ unterstützt. Die Finanzierung des breit angeleg- sammeln können und steht daher dem Thema offen und ten Beteiligungsprozesses erfolgt damit zum Großteil positiv gegenüber. Dies sei dem Referenten und Teil- durch Fördermittel. nehmenden zufolge eine der Grundvoraussetzungen für 14
ABSCHLUSS, AUSBLICK UND ABSCHIED Gerald Lackenberger LAG Soziale Stadtentwicklung e.V. Die Workshopleiterinnen und -leiter präsentierten Gerald Lackenberger bedankte sich bei allen Anwesenden, abschließend in wenigen Minuten die zentralen Punkte, dank vieler Diskussionen fand ein reger Ausrausch statt, die in den jeweiligen Workshops diskutiert wurden. der weit entfernt von monologhaften Gesprächen war. Bei einem Gallery Walk konnten die Zeichnungen des Schnell-zeichners Rainer Simon, der die Tagung auf Er verwies auf die Homepage der LAG soziale Stadtent- kreative Weise dokumentiert hat, betrachtet werden. wicklung (https://lag-sozialestadtentwicklung-bw.de/start) und motivierte die Anwesenden zur Mitgliedschaft in der LAG. Layout, Gestaltung und Ausarbeitung der Dokumentation entstanden in Zusammenarbeit mit den Referen- tinnen und Referenten und dem Büro Stadtberatung Dr. Sven Fries in ehrenamtlicher Arbeit. 15
ANHANG 1 BEGRÜßUNG Gerald Lackenberger,Vereinsvorsitzender LAG Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Sie zu unserer Fachtagung „Tatort Wohnen – quartiersbezogen, kooperativ und fair“ sehr herzlich begrüßen. Unsere heutige Fachtagung ist zugleich das immerhin schon 14. Landesnetzwerktreffen der LAG Soziale Stadtent- wicklung und Gemeinwesenarbeit Baden-Württemberg. Wir sind heute hier zusammen gekommen in der außergewöhnlichen Konstellation, dass heute hier zwei Ministe- rien vertreten sind, nämlich das Sozialministerium mit Frau Dr. Angela Postel, die ich sehr herzlich begrüße und Frau Vera Völker vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau – wenn ich es jetzt richtig vortrage – Frau Völker auch Ihnen ein herzliches Willkommen. Es freut uns sehr, dass heute beide Ministerien zusammen erstmalig hier vertreten sind. Eine gute Sache. Herrn Benjamin Lachat vom Städtetag Baden-Württemberg werde ich nachher begrüßen, da er sich leider etwas verspätet. Frau Tina Muhr von der IBA 2027 begrüße ich ebenfalls sehr herzlich und bin schon ganz gespannt drauf. Die IBA als Experimentierfeld neuer Wohnformen und neuer Ideen kann hier Impulse geben. Ferner begrüße ich sehr herzlich Herrn Matthias Henes von der GBG Mannheim der im Workshop heute Mittag berichtet, wie kostengünstiges Wohnen in Mannheim geht. Darauf bin ich auch sehr gespannt – ich würde mich ja am liebsten vierteilen, damit ich an allen Workshops teilnehmen kann, was natürlich nicht geht. Frau Helma Haselberger vom Mietshäusersyndikat in Freiburg und dem BAUVEREIN „Wem gehört die Stadt?“ aus Freiburg begrüße ich ebenfalls sehr herzlich. Wer es noch nicht gehört hat, das Mietshäusersyndikat wird gerade bundesweit sehr bekannt mit seiner Methode des Schaffens von Wohnraum außerhalb der üblichen Marktbedin- gungen. Für den Workshop „Die Baugenossenschaft NEUES HEIM als Initiator und Motor für Wohnungsbau und Quartiers- entwicklung“ begrüße ich Herrn Martin Gebler sehr herzlich. Für den nächsten Workshop gehen wir vom städtischen in den ländlichen Raum. Dazu begrüße ich herzlich Herrn Florian Steinbrenner von der Gemeinde Gottmadingen, der uns Impulse aus dem ländlichen Raum im Workshop vorstellt. Quartier für Alle – ein attraktives, innerörtliches Wohnquartier entsteht mit breiter Bürgerbeteiligung. Viele denken ja bei dem Begriff „soziale Stadtentwicklung“ nur an die großen Städte im Land und das Städtebau- förderprogramm Soziale Stadt sei nur für Kommunen mit mehr als 50.000 Einwohnern. Was aber alles nicht stimmt. Es gibt mittlerweile auch Förderungen in deutlich kleineren Kommunen mit 10 oder 20.000 Einwohnern. Das ist heute ganz normal. Im Workshop geht es heute explizit um den ländlichen Raum, Quartiere für alle, innerörtliche Wohnquartiere und das Thema Bürgerbeteiligung, das uns als LAG ganz wichtig ist. Wir haben ja die Situation, dass wenn es ums Bauen und Wohnen geht immer die Planer und die Architekten zusammensitzen. Auf einer Veranstaltung der Baukultur Baden-Württemberg habe ich mal gesagt, dass wenn die Architekten dort Wohnen müssten, was sie da planen, würde das oft ganz anders aussehen. Deswegen sagen wir von der LAG, es ist ganz wichtig, die Bewohnerschaft, die Quartiersbevölkerung ganz frühzeitig in Planungen mit einzubeziehen und das Expertenwissen, das sie als Menschen vor Ort haben, mit abzuholen, einfließen zu lassen in die Planungen, echte Mitbestimmungsmöglichkeiten zu eröffnen. Gerade auch im Anbetracht der Tatsache, dass Bebauung zuneh- mend auf Widerstand stößt. Ich kann es gerade berichten, ich bin aus Freiburg und wir hatten im Frühjahr einen Bürgerentscheid zum Thema Stadterweiterung, es soll in Freiburg ein neuer Stadtteil gebaut werden für 20.000 Einwohner. Dazu gab es eine heftige Gegenbewegung, da gibt es Leute die haben ein großes Problem mit dem Thema Veränderung. Sie erleben das vielleicht auch in ihren Kommunen, wenn sie das Thema Innenentwicklung betreiben wollen. Da stoßen sie vielfach auf großen Widerstand. Teilweise vielleicht zu recht, teilweise aber auch irrational, weil die Leute Ängste entwickeln, emotionale Bindungen im Quartier haben und wenn dann etwas pas- siert, was nicht gescheit kommuniziert ist, dann erzeugt das Angst und Widerstand. Und deswegen ist das Thema Beteiligung, frühzeitiger Miteinbezug der Bewohnerschaft ein ganz hoch anzusiedelndes Thema. Dafür stehen wir auch als LAG. Es gibt niemand in Baden-Württemberg, der das so gut könnte wie wir. Leider können wir es nicht 16
machen, weil wir sind ein rein ehrenamtlicher Verein, wir sind sechs, sieben Leute, die ich ihnen gleich auch gerne vorstelle, die sich für das Thema stark machen. Wir haben es bislang leider nicht geschafft, etwas wie eine institu- tionelle Förderung zu bekommen obwohl es uns als Verein bereits seit 2008 gibt und die LAG seit 2004 besteht. In Hessen, in Niedersachen in Nordrhein-Westphalen und anderen Bundesländern gibt es das sehr wohl. Da werden LAGs wie unsere institutionell gefördert und übernehmen wichtige Aufgaben wie die, die ich gerade beschrieben habe und um Beteiligungsprozesse zu organisieren und durchzuführen und um Initiativen vor Ort zu unterstützen. Ich möchte Ihnen jetzt ganz kurz das Team vorstellen. Das ist zunächst der Herr Sven Fries vom Büro Stadtberatung aus Ostfildern. Ihn haben Sie bereits eben kennengelernt. Dann darf ich Ihnen vorstellen Herrn Dieter Gohl von der Stadt Bruchsal, der hier vorne das Entré managt. Herrn Clemens Back aus Freiburg darf ich Ihnen vorstellen, ein ehemaliger Gemeinwesenarbeiter, jetzt eher weniger im Ruhestand. Dann folgen Herr Jörg Ackermann von der Stadt Mannheim und Herr Rainer Zingler, auch von der Stadt Mannheim. Frau Nadia Kasper-Snouci als jüngs- tes Mitglied in unserem Planungsteam, darf ich Ihnen ebenfalls vorstellen. Wir haben das Thema Wohnen hier heute aufgerufen. Tatort Wohnen. Wenn man das Wort Tatort hört kann man an die Fernsehsendung denken. Ich hatte mir überlegt ob ich nicht zu Beginn die Musik laufen lasse. Ich hab’s dann sein lassen um nicht zu übertreiben. Aber die große Frage nach dem Wohnen ist ja überall in den Kommunen und gerade in den Ballungsräumen um Stuttgart herum, um Freiburg herum, um Mannheim und Karlsruhe herum. Selbst im ländlichen Raum, im Breisgau-Hochschwarzwald, wo früher Wohnungsleerstand zu erwarten war, gehen die Mieten durch die Decke. Kaufpreise für Wohnungen haben sich seit 2008 verdoppelt. Ich selbst bin Besitzer einer kleinen Eigentumswohnung, erworben 2007, die könnte ich wohl heute für das dop- pelte wiederverkaufen. Allerdings gehört die Hälfte der Wohnung noch der finanzierenden Bank. Und den Gewinn will ich der nicht gönnen. Ein großes Problem in den Städten ist, und ich sehe das selbst in meiner alltäglichen Arbeit als Quartiersarbeiter in Freiburg in einem Stadtteil, der Armutsquartiere hat. Also Quartiere mit hohem Anteil von materiell armen Menschen, die Transferleistungen beziehen oder wegen geringem Bildungsniveau heute im Niedriglohnsektor beschäftigt sind. Wohnen ist dort und nicht nur dort das Brennthema Nummer eins. Junge Leute, die aus den Familien raus wollen, finden keinen Wohnraum. Ich habe Familien, die mit sechs Personen in zwei Zimmerwohnun- gen leben. Das ist eher die Regel wie die Ausnahme, zumindest in bestimmten Quartieren. Das sind Fragen, die uns umtreiben und da brauchen wir dringend Lösungen. Ich denke, wir sind heute hier eine ganze Menge schlauer Leute, die vielleicht auch Ideen haben. Lassen sie uns den Inputs zuhören, Ideen entwi- ckeln, diese zusammenzutragen und vielleicht kommen wir irgendwann zu einem Punkt, dass wir gemeinsam zu einer Art Offensive für Wohnungsbau kommen. Der Herr Fries hat gesagt, alles ist bezahlbar, dem würde ich ein bisschen widersprechen. Für jemanden, der Transferleistungen bezieht ist nicht alles bezahlbar und die Kommu- nen bezahlen schon längst nicht alles, das ist schwierig. Aber wir können nach Wegen suchen, wie dem begegnet werden kann und zwar nicht nur von der baulichen Seite, die ist auch wichtig. Ich weiß natürlich, dass wenn Bau- grundstücke sehr teuer sind, ist der Bau auch teuer. Das wissen wir alle. Aber es gibt darüber hinaus Möglichkeiten und Lösungen. Man muss nich gleich mit den Totschlagargumenten anfangen. Deswegen lassen sie ihrer Fantasie freien Lauf. Ich wünsche uns einen schönen, spannenden und interessanten Austausch untereinander und vielleicht kriegen wir zum Ende Veranstaltung so etwas wie eine Verabredung hin, uns bald wieder zu treffen und zu sagen, wir machen eine Offensive für Wohnen in Baden-Württemberg, wo alle wichtigen beteiligten Player an einem Strang ziehen. Damit kriegen wir vielleicht mehr gewuppt, wie bislang. Dann wünsche ich uns allen jetzt ein spannendes Landesnetzwerktreffen. Herzlichen Dank. 17
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ANHANG 3 „TATORT QUARTIER 2020 - EINE SPURENSICHERUNG AUS DEM SOZIALMINISTERIUM“ Dr. Angela Postel, Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg 26
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ANHANG 4 „WOHNEN MORGEN. PERSPEKTIVEN DER IBA‘27“ Tina Muhr, Projektleiterin IBA 2027 StadtRegion Stuttgart 33
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