Don Giovanni Drama giocoso in zwei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart - Bühnen Halle
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Theaterpädagogisches Begleitmaterial Für Pädagog*innen Oper Halle Don Giovanni Drama giocoso in zwei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart Ab 16 Jahren Schulabonnement, Kartenreservierung und Verkauf Oper Halle Karin Preuk Universitätsring 24 Tel. 0345 5110-776 I Fax 0345 5110-781 06108 Halle (Saale) Karin.preuk@buehnen-halle.de
Wegweiser für das Begleitmaterial Stückinfo Interview Sekundär- Vor - und Informationen Nachbereitung Seite 5 Seite 11 Seite 14 Seite 17 Handlung Gedanken Traumdeutung Aufwärmübungen eines und Symbolik in Seite 6 Gesprächs Don Giovanni Seite 18 Rollen- mit Nina Rhythmuskreis konstellation Kupzcyk und Seite 16 Martin Italienisch für Seite 19 Seite 7 Kukulies Anfänger*innen Rollenkarten Zur Musik Seite 24 Seite 8 Fantasiereise zur Der Komponist Ouvertüre Seite 8 Seite 25 Die Regisseurin Fragebogen zur Nachbereitung Seite 9 Zur Werks- geschichte
Zur ZurInszenierung Inszenierung Don Giovanni Oper von Wolfgang Amadeus Mozart l Libretto von Lorenzo da Ponte Premiere am 29. Februar 2020, Oper – Großer Saal Dauer ca. 3h 15 Minuten, mit Pause Künstlerische Produktion: Musikalische Leitung: Michael Wendeberg Regie: Nina Kupzcyk Bühne: Martin Kukulies Kostüm: Mechthild Feuerstein Dramaturgie: Michael v. zur Mühlen Einstudierung: Peter Schedding Choreinstudierung: Johannes Köhler Beleuchtung: Peter Erlenkötter Inspizient: Berd Bunk Regieassistenz: Matthias Hüstebeck Ausstattungsassistenz: Yaroslava Sydorenko Souffleuse: Anke Hoheisel Rollen: Don Giovanni: Andrii Chakov Donna Anna: Liudmila Lokaichuk Don Ottavio: Robert Sellier Komtur: Ki-Hyun Park Donna Elvira: KS Romelia Lichtenstein Leporello: Michael Zehe Masetto: Johannes Wedeking Zerlina: Vanessa Waldhart Das Kind: Arthur Burse, Gustav Leonard Chor der Oper Halle Staatskapelle Halle Theaterpädagogische Betreuung: Frauke Kuhfuß-Knauer Musiktheaterpädagogik Oper Halle E-Mail: frauke.kuhfuss@buehnen-halle.de I Tel.: 0354 / 5110 531 Theaterpädagogisches Begleitmaterial: 4 Inhalt: Theresia Thamm, Frauke Kuhfuss-Knauer Layout: Julia Andreyeva Fotos: Falk Wenzel
Zur Inszenierung Handlung Die Charaktere: Don Giovanni (DG), Donna Elvira 1. Akt (DE) Donna Anna (DA), Zerlina (ZE), Komtur (KO), Don Ottavio (DO), Leporello (LE), Masetto (MA), DG+L in DA Schlafzimmer, KO Chor (C) kommt hinzu und wird ermordet Nr. 1: Introduktion DA+DO schwören Rache Nr. 2: Rezitativ und Duett DG+L treffen auf DE, Nr. 3: Arie L zeigt ihr das Register Nr. 4: Arie Nr. 5: Chor Hochzeit von ZE+MA, DG+L kommen hinzu, Nr. 6: Arie alle gehen auf sein Schloss Nr. 7: Duettino Nr. 8: Arie DA, DO, DE suchen Rache an DG Nr. 9: Quartett und tauchen verkleidet auf Nr. 10: Rezitativ, Arie Nr. 11: Arie DG bedrängt ZE, DE stört die beiden Nr. 12: Arie ZE schreit nach Hilfe, das Fest wird beendet, DG+L fliehen Nr. 13: Finale L will DG verlassen, er Nr. 14: Duett 2. Akt drängt ihn zum bleiben Nr. 15: Terzett DG+L tauschen die Kleider, L soll Nr. 16: Kanzonette DE verführen, sie stellt ihn bloß Nr. 17: Arie L wird verfolgt, demaskiert Nr. 18: Arie sich, kann aber fliehen Nr. 19: Sextett L+DG treffen sich auf dem Friedhof Nr. 20: Arie wieder, Geist des K erscheint – Nr. 21: Arie Prophezeiung: Mord wird gerächt Nr. 21a: Duett Fest auf dem Schloss: DE erscheint, Nr. 21b : Rezitativ und Arie will DG gewinnen, K kommt hinzu Nr. 22: Duett K rächt sich an DG und dieser stirbt im Nr. 23: Rezitativ und Arie Flammeninferno, da er nichts bereut Nr. 24: Finale Alle anderen Figuren treten Zur Handlung: Don Giovanni ist ein junger Adeliger aus Spanien. erneut auf und berichten von Mit seinem Diener Leporello reist er durch die Lande und trifft DG Untergang dabei auf viele Frauen, deren Herzen er erobern will. Die Handlung ist geprägt von Eifersucht, Racheakten und dem Hinterhalt, der alle Beteiligten zu unbedachtem Handeln drängt.
Zur Inszenierung Rollenkonstellation KOMTUR Geist des Komturs DONNA Rache & Mord ANNA ZERLINA DON OTTAVIO DON Rache-Bündnis GIOVANNI MASETTO DONNA ELVIRA LEPORELLO Anregung: Die Schüler*innen können im Unterricht nach dem Opernbesuch weitere Pfeile oder Beschriftungen einfügen, die sie für wichtig halten. Anschließend gemeinsames Diskutieren. 6
Zur Inszenierung Zur Musik… Prägend für Mozarts Musikstil waren zwei Punkte: Zum einen die direkten Einflüsse von vorrangig süddeutschen und italienischen Stilelemente der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Zum anderen die Verwendung verschiedenster Musikstile aus vergangenen Epochen. Die direkten, meist lokalen Einflüsse, stammten zunächst von Mozarts Vater Leopold, der ihm neben dem ersten Klavier- und Geigenunterricht auch Kompositionsstunden gab. Ein eindrucksvolles Beispiel für Mozarts Fähigkeit, diese Stilelemente einzubinden und nachzuahmen, liefert der Streit um die beiden „Lambacher Sinfonien“, von denen eine von Leopold, die andere vom nur 10 Jährigen Wolfgang Amadeus Mozart stammt – lange war jedoch unklar, welche Sinfonie wem zuzuordnen ist. Auf seinen Reisen nach Italien lernte der junge Mozart dann vor allem die italienische Oper kennen, aus der er zahlreiche Stilelemente übernahm. Darunter auch das sogenannte „zweite Finale“ am Ende des ersten Teils (meist am Ende 2. Akts) – wie auch bei Don Giovanni. Der Einfluss von Musikstilen vergangener Epochen lässt sich an der Verwendung des sogenannten Kontrapunktes erkennen, eine Technik, die aus dem Barock stammt. Kontrapunkt bedeutet so viel wie „Punkt gegen Punkt“, also „Note gegen Note“, und steht für eine möglichst vielstimmige (polyphone) Musik. In seinen Kompositionen fügte Mozart den für seine Zeit typischen, eher einstimmigen und den barocken, polyphonen Stil zusammen. Zudem gelang ihm so die perfekte Verbindung des scheinbar Leichten und Eingängigen mit musikalisch Schwierigem und anspruchsvoller Technik. Als Meister der Nachahmung entwickelte Mozart so Musik von großer Kreativität und Komplexität. Die fettgedruckten Begriffe im Text können als Anregung dienen und im Musikunterricht als Vorbereitung auf das Stück erneut aufgegriffen werden. Quelle: Kunze, Stefan: Mozarts Opern, Stuttgart 1996 Es liegt geradezu etwas Geheimnisvolles darin, daß in dieser Oper der Held den Nebenfiguren seine Kraft mitteilt, daß sein Leben zugleich das in ihnen wirksame Lebensprinzip ist. Seine Leidenschaft setzt die anderen in Bewegung, sie hallt wider von allen Seiten und klingt überall durch. (…) Jede Existenz ist im Verhältnis zu seiner nur abgeleitet. Sören Kierkegaard Quelle: Kierkegaard, Sören: Der innere Bau der Oper, in: Don Giovanni. Texte Materialien, Kommentare, hrsg. von Attila Csampai und Dietmar Holland, Reinbek 1981, S. 234 Weitere Infos zur Inszenierung hier.
Zur Inszenierung Der Komponist… Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791), das Wunderkind aus Salzburg. Bereits mit vier Jahren erhielt er von seinem Vater Leopold Mozart Klavierunterricht, diese frühzeitige Auseinander- setzung mit Musik und das väterliche Erbe prägten seine Erfolge. Mit sieben Jahren unternahm er die erste Konzertreise und seine erste Oper entstand im Alter von nur elf Jahren. Stets wurde er begleitet vom Vater und seiner Schwester Anna Maria Mozart (‚Nannerl‘). Mozarts umfangreiches Werkverzeichnis wuchs mit den Jahren kontinuierlich auf über 600 Werke an. Er schrieb unter anderem Solokonzerte, geistliche Messen, Singspiele und Symphonien. Die meisten seiner Opern entstanden in seiner Zeit als freischaffender Komponist in Wien, darunter Figaros Hochzeit, Don Giovanni, Così fan tutte und Die Zauberflöte. Inspirationen für seine Opern sammelte er auf mehreren Reisen nach Italien, dem Land der Opern. Im Alter von nur 35 Jahren Bild: Stiftung Mozarteum verstarb er in Wien. Quelle: Stiftung Mozarteum Salzburg (Zugriff: https://mozarteum.at/wegezumozart/?p=wissenswertes-ueber-mozart, 6. April 2020) Die Regisseurin… Nina Kupzcyk (geb. in Bremen) kam schon in ihrer frühen Kindheit mit Musik und Tanz in Kontakt, sie lernte bereits mit vier Jahren Geige zu spielen und wurde unter anderem auch von ihrem Vater unterrichtet. Als Jungstudentin begann sie mit 16 Jahren erste Kurse an der Hochschule der Künste in Bremen zu belegen. Später studierte Nina Kupzcyk Musiktheaterregie an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. Zeitgleich schloss sie außerdem ein Studium der Psychologie ab. Dieser Einfluss spiegelt sich auch in vielen ihrer Inszenierungen wieder, wie auch in Don Giovanni. Die Inszenierung übernahm Kupzcyk kurzfristig von Florian Lutz, dem Intendanten des Hauses. Mit der Philharmonie Luxemburg arbeitet sie an mehrsprachigen Bild: Max van der Rose Inszenierungen, die auch ein junges Publikum ansprechen und entwickelt dabei auch neue Formate des Musiktheaters, wie die 8
Zur Inszenierung Inszenierungen von Peer Gynt, Der Zauberlehrling oder Aschenputtel. 2013 gründete sie gemeinsam mit dem Künstler Max van der Rose das internationale Künstlerkollektiv „Transform23“, das sich mit modernen Medien und Theater im Zusammenspiel auseinandersetzt und Kunst und Technologie zusammenbringen möchte. Kupzcyk arbeitet außerdem als Autorin und veröffentlicht Prosatexte und Artikel in diversen Medien. Don Giovanni ist ihre erste Inszenierung an der Oper Halle. Quelle: Bühnen Halle (Zugriff: https://buehnen-halle.de/nina_kupzcyk, 6. April 2020), Nina Kupzcyk (Zugriff: ninakupzcyk.com, 6. April 2020) Zur Werksgeschichte _________________________________________________________________________________ Zwischen Eroberungen, Racheakten und moralischen Abgründen lieferte Wolfgang Amadeus Mozart mit Don Giovanni die „Oper aller Opern“ (E.T.A. Hoffmann). Nach dem Erfolg von Mozarts Hochzeit des Figaros 1786 erhält der bereits bekannte Komponist den Kompositionsauftrag über ein weiteres Werk für die Oper in Prag. Im Januar 1787 unterzeichnet er den Vertrag und beriet sich zugleich mit dem Textdichter Lorenzo da Ponte, der bereits das Libretto (Text einer Oper) für Die Hochzeit des Figaros verfasst hatte. Nicht besonders überraschend entscheiden sich die beiden Künstler für den literarischen Stoff des Don Juan, ein beliebter Stoff, der im damaligen Trend von Opernkompositionen lag. Aus der damals gängigen Opernsprache italienisch wurde aus dem spanischen „Don Juan“ dann Don Giovanni. Erst im Juni 1787 wurde das Libretto für die Oper fertiggestellt, so dass dem Komponisten wenig Zeit blieb die Musik zu komponieren. Laut einer ursprünglichen Absprache sollte die neue Oper Mozarts bereits Anfang Oktober aufgeführt werden, als Festoper zum Besuch der Großherzogin Maria Theresia von Toskana. Aufgrund von zeitlichen Problemen während der Komposition und der Einstudierung wurden diese Pläne jedoch verworfen und man führt Die Hochzeit des Figaros ein weiteres Mal auf. Don Giovanni feierte erst am 29. Oktober 1787 seine Uraufführung und Quellen zufolge soll Wolfgang Amadeus Mozart die Ouvertüre erst am Tag vorher fertiggestellt haben. Bild: Stavovské divadlo (Ständetheater Prag)
Zur Inszenierung Der originale Titel dem Mozart dem Werk gab lautet: „Il dissoluto punito ossia Il Don Giovanni. Dramma giocoso in due atti“, was übersetzt ungefähr bedeutet: „Der bestrafte Wüstling oder Don Giovanni. Komische Oper in zwei Akten“. Die vier Aufführungen in Prag fanden im Gräflich Nostitzschen Nationaltheater (auf dem Bild zu sehen) statt und wurden von dem Komponisten persönlich dirigiert. Außerdem besetzte er viele der Solisten aus dem Figaro erneut auch in dieser Oper, so wie den Bassisten Luigi Bassi als Don Giovanni oder Caterina Bondini als Zerlina. Auf Wunsch des Kaisers Joseph II. wurden weitere Aufführungen der Oper in Wien geplant. Für diese Wiederaufnahme des Werks im Mai 1788 komponiert Mozart einige neue Nummern, um den hohen Erwartungen des Wiener Publikums Stand halten zu können. Außerdem wurde auch eine vollständig neue Besetzung engagiert, unter den Solist*innen fand sich auch die Schwägerin Mozarts, die Sopranistin Aloisia Lange. Verglichen zu dem großen Erfolg in Prag, blieb jedoch die Begeisterung des Publikums in Wien aus. Heute gehört Don Giovanni zu den meistgespielten Opern weltweit. Quelle: Kunze, Stefan: Il dissoluto punito ossia Il Don Giovanni, in: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters, hrsg. von Carl Dahlhaus, Bd. 4, S. 314 – 327 Es scheint als sei Don Giovanni nur in dem Maße begreifbar, wie ihn die Menschen begreifen wollen und können. Götz Friederich Quelle: Friedrich, Götz: Musiktheater. Ansichten, Einsichten, Frankfurt a.M. 1986, S. 97 10
Interview Auszug eines Gespräches mit der Regisseurin und dem Bühnenbildner Nina Kupzcyk und Martin Kukulies Kurz vor der Premiere von Don Giovanni traf sich Musiktheaterpädagogin Frauke Kuhfuss-Knauer zu einem Gespräch mit der Regisseurin Nina Kupzcyk und dem Bühnenbildner Martin Kukulies. Im Folgenden haben wir einige Gedanken der beiden festgehalten, um die Entstehung der Inszenierung zu erläutern und die versteckten Intentionen zu verstehen. Nina Kupzcyk hat die Inszenierung des Don Giovanni sehr kurzfristig von dem Intendanten Florian Lutz übernommen. Eine Opernproduktion wird normalerweise meist schon ein Jahr vor der Premiere (erste Aufführung einer neuen Inszenierung) vom Inszenierungsteam (Regisseur*in, Dramaturg*in, Musikalische Leiter*in, Bühnenbildner*in und Kostümbildner*in) geplant. Etwa ein halbes Jahr vor der Premiere werden dann Bühne und Kostüme in Zeichnungen und Modell vorgestellt und in der Bauprobe mit vorhandenen Bühnenteilen angedeutet. Anschließend werden die technischen Zeichnungen angefertigt und zur Herstellung der Bühne an die einzelnen Theaterwerkstätten weitergegeben. Bei dem Don Giovanni in Halle war das Konzept der Inszenierung also schon vorgegeben und das Bühnenbild gebaut sowie die meisten Kostüme angefertigt. In enger Absprache mit dem Inszenierungsteam hat die Regisseurin in dem Rahmen ein neues Konzept entwickelt. Im Gespräch, das hier ausschnittsweise zusammengefasst wurde, haben sie und der Bühnenbildner ihre Inszenierung umrissen. Don Giovanni in der Oper Halle beginnt in liegt. Die Szene ist der Beginn von allem Bösen, einem Altersheim. Nina Kupzcyk erklärt, dass was in den zwei Akten der Oper folgt. sie Altwerden in unserer Gesellschaft auch als das Abschiednehmen von allen Sehnsüchten des Lebens sieht. Ihre Befürchtung, was passiert, wenn wir diese Ängste nicht ablegen und sie stattdessen verdrängen, setzt sie in der Inszenierung um: denn Don Giovanni ist ihrer Meinung nach, eine Geschichte über Moral, über den Prozess zwischen Richtig und Falsch. Beispielhaft erläutert sie damit auch die erste Szene. Ein Kind sieht die sterbende Mutter und muss feststellen, dass es nicht nur Gut oder Böse Florian Lutz plante Don Giovanni als Mann im gibt, sondern dass alles im Leben dazwischen schwarzen Mantel, der im Altersheim Unruhe stiftet. Das hat für Nina Kupzcyk eine tiefergehende Bedeutung bekommen.
Interview So steht für sie die Bühne als ein Sehnsuchtsort steht für unsere Angst, er ist unser Schatten, vor dem Publikum und das Altersheim der uns verfolgt. Damit dient er auch als symbolisch als Raum, der die Angst vor den Katalysator, der unsere schlechten Eigen- verlorenen Sehnsüchten schürt. schaften ans Tageslicht bringt. Wir können uns nicht vorstellen, wozu pathologisch veranlagte Als Regisseurin sieht Nina Kupzcyk Don Menschen fähig sind, das übersteigt unsere Giovanni als das Abbild einer Gesellschaft, die Fähigkeiten. Deshalb hält Kupzcyk die sich nicht mit Moral auseinandersetzt und Auseinandersetzung mit den eigenen dunklen wegsieht, sie nennt es „Schattengesellschaft“. Phantasien und die Reflektion über das Im Interview erklärt sie es mit einem Unfassbare für sehr wichtig, um das Böse passenden Beispiel: in der U-Bahn wird annähernd begreifen zu können. jemand angerempelt und niemand bietet Hilfe an. Aber eine Gesellschaft muss sich ihrer Martin Kukulies, der Bühnenbildner, ergänzt, Meinung nach damit beschäftigen und dass auch die “Registerarie” des Leporellos die reflektieren, was die Vergangenheit aus- Figur Don Giovanni erklärt. Leporello, der machte. So zeigen es auch die Erfahrungen mit Diener Don Giovannis, berichtet Elvira, die der Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Giovanni verzweifelt liebt, von all den Kupzcyk möchte mit der halleschen Insze- tausenden Geliebten seines Herren. Er nierung gerade deshalb Klischee-Bilder auf die verführt Frauen, egal welchen Alters und Bühne bringen, um einen Diskurs in der unabhängig davon, wie sie aussehen. Er nimmt Gesellschaft anzuregen. Don Giovanni ist für jede - so wie der Tod, meint Kukulies. Don die Regisseurin zudem das Sinnbild eines Giovanni ist für die beiden eine Todesfigur und Süchtigen, der sich mit Wollust an den Leiden wird dementsprechend auch zum Eingang der der Frauen, die er verführt, begeistert. Als Inszenierung in einem Totenhemd gezeigt. Am studierte Psychologin erkennt sie in ihm ein Ende des 1. Aktes gibt es Feuer auf der Bühne. Muster: er verspürt nicht die Lust an der Eine Puppe wird symbolisch als Opfer Vergewaltigung selbst, sondern an dem verbrannt, um die von Don Giovanni ent- Gedanken, dass seine Opfer ihre Tugend und fachten Triebe der anderen zu stillen. Also wird damit ein Stück Unschuld verlieren. Mit der die Strohpuppe quasi als Ersatz für Don Demütigung von Menschen im Rollstuhl Giovanni verbrannt, da sie seiner nicht habhaft übergeht Don Giovanni außerdem die werden können. Schamgrenze, was das Mitleid im Publikum anregen soll. In den Worten von Nina Kupzcyk ist die Inszenierung ein „richtig hartes Stück“. Nina Kupzcyk erklärt, dass die Menschen, die nicht mehr erreichbar sind, die den Menschen und der Gesellschaft abhandengekommen und uneinsichtig in Bezug auf Unrecht sind, psychologisch gesehen die Bösen -oder im Fall von Don Giovanni –das Böse sind. Dabei geht Don Giovanni durch die Zeiten und steht quasi als Archetypus unabhängig von einer bestimmten Epoche oder eines bestimmten Donna Elvira ist für Kupzcyk die stärkste Figur Alters. Wir sehen auf der Bühne also nicht der Oper. Sie hat Mitleid mit Don Giovanni. Er durchgängig den jungen, kraftstrotzenden verfällt dem Tod, niemand kann an ihn Verführer, sondern auch einen alten. Giovanni herankommen. Elvira aber hat immer an ihn 12
Interview geglaubt, sie ist die Stärkste, weil sie Liebe in sich trägt. Ihr Schicksal ist allerdings, dass sie Kupzcyk gibt den Hinweis auf das komische den Falschen zur falschen Zeit liebt. Auf die Element des Don Giovanni, auf die Leichtigkeit, Frage, warum die Inszenierung Don Giovanni die trotz der Dramatik in der Musik vorhanden für junge Menschen interessant und wichtig ist, aber auch auf den symbolischen Charakter ist, geht sie auf das Mitleid in unserer Gesell- einer Schildkröte, die einige Menschenalter schaft ein, ohne dass der moralische Kompass überlebt. verloren gehe. Mitleid hält sie für wesentlich und sie möchte eine Sensibilisierung dafür Es bleiben für Nina Kupczyk am Ende die auch und gerade für junge Menschen mit ihrer Fragen, wie wir uns eigentlich als Menschen Inszenierung erreichen. definieren und was unsere Sehnsüchte und Bedürfnisse sind. Diese Fragen gibt sie den Am Ende bleibt für die Interviewenden noch Zuschauer*innen mit auf den Weg. offen, warum an einigen Stellen der Inszenierung eine Schildkröte über die Bühne schleicht. Dafür gibt es für das Inszenierungs- team keine klare Antwort, die Schildkröte ist ein Bild, dass jede Zuschauer*in sicher anders deutet. Fotos: Falk Wenzel Weiterführende Literatur Für weitere Informationen zu Mozarts Don Giovanni empfehlen wir folgende Literatur: • Dahlhaus, Carl: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters, Bd. 4 – Artikel von Stefan Kunze S. 314 – 327 -> Der Artikel enthält umfangreiche Informationen zum Hintergrund von Don Juan, zur Uraufführung, Komposition, Musik und den einzelnen Rollen, sowie zeitgenössische Reaktionen • Schreiber, Ulrich: Opernführer für Fortgeschrittene -> Das Buch greift die Geschichte des Musiktheaters anspruchsvoll auf und erläutert außerdem die wichtigsten Werke, so auch Don Giovanni • Leopold, Silke: Who’s who in der Oper -> Dieses Lexikon gibt alphalbethisch sortiert Auskunft über alle Rollen wichtiger Opern, so kann beispielsweise ein kurzer Artikel über Donna Anna oder den Komtur gelesen werden • Brinkmann, Rainer O.: Don Giovanni Szenische Interpretation -> Herausgegeben von der Staatsoper Berlin gibt dieses Material Hilfestellungen und Ideen für Spieltechniken der Szenischen Interpretation, Auszüge daraus finden sich auch im letzten Kapitel ab Seite 20
Sekundärinformation Traumdeutung und Symbolik in Don Giovanni In Don Giovanni werden verschiedene Personen und unterschiedliche Charakterzüge gezeigt, die auf viele Weisen zu verstehen sind. Auch die hallesche Inszenierung ist eine eigene Interpretation von Mozarts Werk. Es werden zahlreiche starke Bilder auf der Bühne gezeigt, für die wir im folgenden Teil die Auslegungen aus der Traumdeutung und Symbolik recherchiert und einander gegenübergestellt haben. Das Schwein Traumdeutung Ein Schwein steht grundsätzlich für Gier. Außerdem steht es für sexuelle Befreiung und auch die Ablehnung des Sexuell-Leiblichen. Des Weiteren kann es als Symbol des Niederen betrachtet werden, denn ein Schwein wühlt im Dreck und verkörpert Faulheit und Völlerei. Bei Sigmund Freud, dem wohl größten Tiefenpsychologe des 20. Jahrhunderts, ist das Schwein ein sexuelles Symbol. Er bezieht es auf Circe, aus der griechischen Mythologie, die die Männer in Schwein verwandelt. In dieser Inszenierung ist das Schwein möglicherweise ein Charakterzug von Don Giovanni. Symbolik Symbolisch gesehen steht das Schwein in vielen Kulturen für große Fruchtbarkeit und als Glückssymbol. Die im Schlamm wühlende Sau führte aber auch zu einer negativen Ausdeutung, auch als ein Bild des in seine Sünden zurückfallenden Menschen. Ein Ebersteht für Brutalität und wird zum Symbol des Bösen. Die Schildkröte Traumdeutung Eine Schildkröte im Traum bezieht sich im Wesentlichen auf den Panzer. Nach W. Reich spricht man davon, dass sich der/die Träumende hinter einem „Charakterpanzer“ versteckt. So bleibt das Wesentliche verborgen. Die Schildkröte in der halleschen Inszenierung bringt etwas Rätselhaftes mit sich und sorgt für Verwirrungen im Publikum. Hinter dem Gesehenen verbirgt sich eine weitere Ebene, die nicht sofort eingeordnet werden kann und auch für ein Teil von Don Giovannis Charakter stehen kann. Symbolik Die Schildkröte ist dank ihrer langen Lebensdauer ein Symbol der Unsterblichkeit und in der griechischen Mythologie auch der geschlechtlichen Reinheit. Im Altertum diente der Panzer der Schildkröte als Resonanzboden für Musikinstrumente. 14
Sekundärinformation Das Kind Traumdeutung Ein Kind kann Wesensteile bedeuten, die erwachsen werden wollen. Kinder sprechen die Wahrheit und können so auch diese Rolle einnehmen. Nach Sigmund Freud kann ein Kind außerdem, die eigene Person darstellen, wie es auch in dieser Inszenierung eingesetzt wird, oder das eigene Genital, so dass auch Sexualität mit diesem Traumsymbol verbunden ist. Ein Kind steht allgemein für Lebenskraft und Daseinsfreude. Die Regisseurin des Stückes setzt das Kind auch immer wieder als Schatten von Don Giovanni ein, der in die Handlung dessen eingreift. Rollstuhl Traumdeutung Die Rollstühle und die Rollatoren in der Inszenierung sind e Kurzdefinition: eine der wichtigsten Requisiten, die sich auf der Bühne finden. Auch Don Ottavio wird im Rollstuhl oder mit Traumdeutung Krücken gezeigt. In der Traumdeutung steht der Rollstuhl für Behinderung und Leiden, aber andererseits auch Die Traumdeutung bezeichnet Konzepte, dafür, dass man nicht mehr vor den eigenen Problemen die versuchen Handlungen, Bilder und wegläuft. Außerdem wird ihm auch ein positiver Aspekt Gefühle aus Träumen eine symbolische zugeschrieben, denn trotz einer körperlichen Bedeutung zu verleihen und sie Einschränkung, bewegt man sich fort und stellt sich den methodisch zu erläutern. Problemen. In der Inszenierung stehen die Rollstühle auch für ein Ausgeliefertsein an Don Giovanni und die Die zeitgenössische Traumdeutung Ausweglosigkeit, die sich den anderen Charakteren bezieht sich auf die Erkenntnisse von offenbart. Sigmund Freud (1856-1939), der das Erlebte im Traum eines Menschen als wichtige Informationsquelle über das Unbewusste im Geiste einordnete. In seinem Hauptwerk Die Traumdeutung nennt er diesen Ansatz „Traumanalyse“. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Traumdeutung Quelle: Vollmar, Klausbernd: Handbuch der Traumsymbole, Königsfurt 2003; Lurker, Manfred: Wörterbuch der Symbolik, Stuttgart 1991
Sekundärinformation Italienisch für Anfänger*innen Mozart komponierte Don Giovanni auf ein italienisches Libretto (Text der Oper) von Lorenzo da Ponte, was zu dieser Zeit in der Oper üblich war. Heute sprechen nur noch wenige Opernbesucher*innen italienisch. Um es dennoch zu ermöglichen, dass die Handlung mitverfolgt werden kann, werden heutzutage sogenannte Übertitel (Texte auf einer Tafel oberhalb des Portals) eingesetzt. Ihre Funktion ist es, dem Publikum das Gesungene verständlich zu machen, da auch die Handlungen sehr komplex sein können. In den meisten Fällen, so auch bei dieser Inszenierung, werden die Texte wortwörtlich übersetzt. Trotz der Übertitel kann es hilfreich sein einige Vokabeln aus dem Italienischen zu kennen. Italienisch ist übrigens ohnehin die Sprach der Musik, Anweisungen in den Noten für Musiker*innen und Sänger*innen, wie sie etwas zu spielen/singen haben (z.B. Tempo oder Lautstärke) erfolgen auf Wusstest du, Italienisch (z.B. allegro – schnell oder forte – laut). dass… Ciao! Buongiorno! – Hallo! Guten Tag! … der Diener Don Giovannis der Obwohl Don Giovanni sich über alle Regeln hinwegsetzt, vergisst Namensgeber für die heute er nicht die Formen des Anstands und begrüßt auch die bekannte „Leporellofaltung“ und verkleideten Edelleute auf seinem Fest höflich. Ein Gruß den das „Leporelloheft“ ist? Denn in der auch Mozart verwendet haben wird, wenn er sich mit den sogenannten „Registerarie“ (Nr. 4 Solist*innen zur Probe für Don Giovanni getroffen hat. Arie) im ersten Akt singt der Diener Leporello von den vielen Frauen, die Mio bene – mein Geliebter Don Giovanni während seiner Donna Elvira, die verzweifelt versucht Don Giovanni zum Guten Reisen in ganz Europa getroffen hat. zu bekehren, spricht immer wieder zu ihm und offenbart ihre Er breitet sein Register vor Donna echten Gefühle für ihn. Elvira aus und singt: innamorata/o – verliebt „Schöne Donna, Zerlina und Massetto wollen heiraten und empfinden starke dies genaue Register, es enthält seine Gefühle füreinander, aber für Don Giovanni sind die Frauen nur Liebesaffären; der Verfasser des Werks ein Spiel oder verliebt er sich auch mal? steht vor Ihnen, wenn’s gefällig; so gehen wir es durch. In Italien 640, hier Mancava questo inver. – Das hatte noch gefehlt. in Deutschland 230, 100 in Frankreich Die Ereignisse überstürzen sich als sich alle Beteiligten auf dem und 90 in Persien, aber in Spanien, ja, Hochzeitsfest treffen und Don Giovanni Interesse an der Braut in Spanien schon 1003.“ entwickelt. (übersetzt aus dem Italienischen) morte – Tod Aufgrund der besonderen Faltung Ganz dramatisch wird die Handlung vom Tod des Komturs des Hefts in den Inszenierungen eröffnet, eine Tat Don Giovannis, die ihn noch bis zum Ende erhielten die Hefte ihren Namen. weiterverfolgt. 16
Unterrichtsmaterial Theaterpädagogische Anregungen Vor den nachfolgenden Übungen empfehlen sich einfache Warm-Ups oder Spiele aus dem Fundus des szenischen Spiels wie z.B. Das kotzende Känguru, SiSaSu, Zip-Boing, Katz-und-Maus Hasi und Jäger Die Gruppe steht im Kreis, der Spielleiter gibt Impulse nach links (Verschreckter Hase: Huch!, Suppenkasper: igittigitt!) und nach rechts (Jäger: peng!, Buddha: Ommmmm!) weiter. Die Teilnehmer*innen geben die Impulse jeweils nach links oder rechts weiter. Bei dieser Übung können zunächst zwei Impulse weitergegeben werden und bei einer geübten Gruppe alle vier. Zu jedem Impuls kann außerdem eine bestimmte Bewegung und Gestik festgelegt werden. Si – Sa – Su Die Gruppe steht im Kreis. Der Spielleiter*in zeigt Haltung wie ein Samureikämpfer, mit einem Schwert in beiden Händen. Mit Si geht das Schwert nach unten (dabei auch eine Person zielen), mit Sa reißt der/die Getroffene selbst ein Schwert hoch, mit Su ziehen beide Nachbar*innen mit den imaginären Schwerten auf die Mitte von Sa. Wichtig ist: Tempo einfordern und einen gemeinsamen Rhythmus finden. Möglich ist auch, dass rausfliegt, wer zu langsam ist oder einen Fehler macht. Zip-Boing Die Gruppe steht im Kreis. Der/die Spielleiter*in gibt: 1. Zip-Impuls zu einer Seite (zum Nachbarn wenden, in die Hände klatschen mit dem Wort „Zip“) 2. Boing-Impuls: das Zip wird durch ein „Boing“ gestoppt (sich dem Zip vom Nachbarn mit erhobenen Armen entgegenstellen, das Zip prallt ab) – das Zip wechselt dadurch die Richtung 3. Pau-Impuls: mit „Pau“ (Arm und ausgestreckt auf einen Mitspieler weisend) wird der Impuls quer durch den Kreis an eine andere Stelle geschickt. Danach folgt ein Zip in eine Richtung. 4. Hände hoch: vermeintlich mit einer Waffe auf einen Mitspieler zielend sagt man „Hände hoch!“, die/der antwortet mit „Ich wars nicht“ und gibt ein Zip weiter.
Unterrichtsmaterial Rhythmuskreis Die Teilnehmer*innen stehen im Kreis. Der/die Spielleiter*in gibt einen 4/4-Rhythmus als einfachen Grundschritt vor: 1 2 Schritt nach rechts, linken Fuß anstellen. 3 4 Schritt nach links, rechten Fuß anstellen. Wenn der Grundschritt sicher ist, kann dazu laut Text gesprochen werden. Beispiel: Metrum (4/4): 1 2 3 4 Satz: Der Ver-füh-rer Don Gio-van-ni Wichtig: Die Spielleiter*in Metrum (4/4): 1 2 3 4 sollte den Rhythmuskreis Satz: Die schö-ne Don-na An-na vorher selbst gut üben, um ihn souverän anzuleiten. Die Metrum (4/4): 1 2 3 4 Koordination von Füßen im Satz: Le-po-rel-lo ist der Die-ner Grundrhythmus, der Sprache und dem Klatschen ist nicht Metrum (4/4): 1 2 3 4 einfach und erfordert Satz: Zer-li-na glaubt Don Gio-van-ni Konzentration von allen. Ist der Grundschritt in Verbindung mit dem Text sicher, kann die Gruppe auf den jeweils unterstrichenen Silben klatschen. Experimentieren Sie mit der Lautstärke des Sprechens -bis der Text beispielsweise ganz wegfällt und nur Grundschritt und Klatschen zu hören sind. Wenn die Schüler*innen durcheinanderkommen, sollten sie gemeinsam auf den Grundschritt zurückgehen und nacheinander Sätze und Klatschen wieder dazu nehmen. Geübte Gruppen können am Ende die drei unterschiedlichen Rhythmen gleichzeitig machen, dazu müssen sie in drei Gruppen eingeteilt werden. Alle beginnen im Grundschritt, dann steigt die erste Gruppe ein, wenn sie sicher ist die zweite usw. 18
Unterrichtsmaterial Rollenkarten für die szenische Interpretation im Unterricht ZIEL DIESER ÜBUNG: Mit den Rollenkarten bieten sich vielfältige Möglichkeiten der Einfühlung in die Rollen an • Rollenkarten an die Schüler*innen austeilen, durchlesen lassen • Im Gehen laut jeder für sich den ersten Text in Ich-Form vorlesen • Jeder für sich verschiedene Varianten des Vorlesens und einer Haltung dazu ausprobieren (unter Anleitung der Spielleiter*in laufen, stoppen, Haltungen einnehmen, verschieden Gänge ausprobieren, ebenso „Wie begegnet deine Rolle den anderen?“ etc.) • In den jeweiligen Rollengruppen (z.B. alle Zerlinas) zusammenfinden, die Fragen zur Rolle diskutieren (s.u.) Fragen an die Rolle: Wie alt bist Du? Wie und wo lebst Du? Mit welchen Menschen und welcher sozialen Umgebung? Welchem Milieu gehörst Du an? Wo hältst Du Dich meistens auf? Hast Du eine Familie? Wenn ja – was bedeutet sie für Dich? Wen magst Du, wen nicht und warum? Hast Du Freunde oder Freundinnen? Wenn ja, was machst Du mit Ihnen? Liebst Du jemanden und was bedeutet Dir das? Magst Du Dich selbst? Was erwartest Du vom Leben? Wie wirst Du von anderen gesehen? Welche Träume hast Du? Worunter leidest Du? Wie ist Deine materielle Situation? Was für einen Beruf hast Du? Liebst Du Deine Arbeit? Warum? Was hältst du von Don Giovanni? Welche Beziehung hast du zu ihm? Wie stehst du zu seiner Lebenseinstellung? Die Rollen vorstellen: • (die Bühne als Ort vorher bestimmen und bei jedem Auftritt mit den Zuschauenden einen akustischen Vorhang machen) • Als Rollengruppen gemeinsam auftreten (mit Auftrittsmusik), Gehhaltung der Rolle, Stehhaltung • Rollenkarten-Text chorisch in Ich-Form vorlesen • dann einzeln vortreten und das Zitat mit Haltung zur Rolle vorlesen • Applaus, verbeugen, Abgang
Unterrichtsmaterial Rollenkarten Don Giovanni Du bist Don Giovanni, ein spanischer Edelmann im 18. Jahrhundert. Du bist Anfang 20, aber schon lange erwachsen. Du hast ein eigenes Schloss, Bedienstete, einen Diener der dir ständig zur Seite steht, Leporello. Deine Lieblingsbeschäftigung ist das Verführen von Frauen, wobei dir egal ist, welchen Stand oder welches Ansehen sie haben. Manchmal brauchst du jeden Tag eine neue Frau, vielleicht sogar mehrere. Dein Diener führt Buch darüber und hat schon 2065 zusammengezählt. Wenn du eine Frau siehst, die dir gefällt, tust du alles, um sie zu erobern. Zu deinem Schloss gehören viele Ländereien, deine Nachbarn sind der Komtur und Don Ottavio, der etwa in deinem Alter ist und eine ähnliche Stellung hat. Du bist schon viel herumgereist – Italien, Frankreich, Deutschland, Türkei – zuletzt warst du in Burgos, Nordspanien, und hast dort Donna Elvira kennengelernt, eine Bürgerliche, mit der du einige Nächte verbracht hast. Du hast sie zu deiner Gattin erklärt, bist aber sofort abgereist. Donna Anna kennst du schon länger und weißt, dass sie an Don Ottavio versprochen ist. Dennoch ist für dich aktuell von Interesse. Zitat: „Folge mir in mein Schlößchen, und dort, mein Täubchen, wirst du mein Weibchen“ Donna Elvira Du bist Donna Elvira, eine Dame aus Burgos. Du bist Anfang 20, bürgerlicher Herkunft und kommst aus reichem Elternhaus. Vor einigen Wochen hast du Don Giovanni kennengelernt, einen jungen Adligen aus Sevilla, der zu Gast bei dir war. Er hat dich nach kurzer Zeit zu seiner Gattin ernannt. Du hast dich darüber gefreut, aber danach ist er sofort verschwunden. Du bist ihm mit einer Zoffe nachgereist bis Sevilla, eine beschwerliche Fahrt über ca. 500 km in der Kutsche. In Sevilla wohnst du in einer Herberge, dein Zimmer liegt im ersten Stock. Hier in Sevilla kennst du außer Don Giovanni und dessen Diener Leporello niemand. Zitat: „Gerecht ist der Himmel: Ich fand dich wieder, um mich an dir zu rächen“ 20
Unterrichtsmaterial Rollenkarten Leporello Du bist Leporello, der Diener von Don Giovanni, den du überall hin zu begleiten hast, um seine Wünsche zu erfüllen. Manchmal hast du keine Lust mehr dazu und willst lieber kündigen. Du bist 21 Jahre alt und wohnst auf dem Schloss von Don Giovanni in einer Dienstbotenwohnung. Neben den alltäglichen Arbeiten wie Servieren und Organisieren musst du Don Giovanni auch auf seinen Reisen begleiten und ständig bei seinen Liebesaffären als Wache, Vermittler oder Schuldigere herhalten. Über diese Affären hast du Buch zu führen und so hast du ein Register von 2065 Frauen. Du bist oft der Dumme bei diesen Abenteuern, manchmal machst du aber auch eine nette Bekanntschaft, Don Giovannis Gutsnachbarn, Don Ottavio und den Komtur kennst du schon länger, die drei Männer kommen oft in geschäftlichen Dingen zusammen. Die letzte Reise ging nach Burgos, Nordspanien, wo er Donna Elvira kennenlernte und kurzfristig zu seiner Gattin machte, was bei ihm aber öfter vorkommt. Wegen ihrer Ansprüche musstet ihr schnell die Stadt verlassen und seid nach Sevilla zurückgekehrt. Zitat: „Seine tollen Abenteuer werden mein Verderben sein“ Komtur Du bist der Komtur, ein spanischer Edelmann aus dem 18. Jahrhundert. Du bist Leiter eines geistlichen Ritterordens und trägst als Zeichen deines Ansehens und Amtes das Komturkreuz. Du bist 50 Jahre alt, lebst in einem herrschaftlichen Schloss, hast viele Bedienstete eine Tochter, Donna Anna, die ihre eigene Wohnung im Seitenflügel hat. Die Nachbarn deines Schlosses sind Don Giovanni und Don Ottavio, die du beide gut kennst und mit denen du manchmal geschäftlich als Gutsnachbar zu tun hast. Deine Tochter wird Don Ottavio in den nächsten Tagen heiraten, die Hochzeitsvorbereitungen haben schon angefangen. Don Giovanni hast du lange nicht mehr gesehen, weil er viel in Europa herum gereist ist. Zu deiner Tochter hast du eine sehr tiefe Beziehung, da sie dich sehr an deine verstorbene Frau erinnert. Zitat: „Mit eitlem Vorwand weichst du mir aus?“
Unterrichtsmaterial Rollenkarten Donna Anna Du bist Donna Anna, eine spanische Adlige aus dem 18. Jahrhundert. Du bist 24 Jahre alt. Am Rande von Sevilla bewohnst du eine eigene Wohnung im Seitenflügel vom Schloss deines Vaters, des Komturs. Dort bist du in der Regel von Dienstboten umgeben. Die Nachbarn eures Schlosses sind Don Ottavio und Don Giovanni, die du beide auch kennst, und von denen du weißt, dass sie manchmal geschäftlich als Gutsnachbarn miteinander zu tun haben. Don Ottavio wirst du in den nächsten Tagen heiraten, die Hochzeitsvorbereitungen haben schon angefangen. Don Giovanni hast du lange nicht mehr gesehen, weil er viel in Europa herumgereist ist. Zu deinem Vater hast du eine sehr tiefe Beziehung, deine Mutter lebt nicht mehr. Zitat: „Immerdar bleibt mein Herz dir treu ergeben.“ Don Ottavio Du bist Don Ottavio, ein spanischer Adliger aus dem 18. Jahrhundert. Du bist 25 Jahre alt. Du wohnst in der Nähe von Sevilla und besitzt ein eigenes Schloss mit vielen Ländereien, die von deinen Untertanen bewirtschaftet werden. Deine Nachbarn sind der Komtur und Don Giovanni, der etwa in deinem Alter ist und mit dem du auf Grund der gleichen Standeszugehörigkeit öfter zu tun hast. Du bezeichnest ihn als Freund und Edelmann. Donna Anna, die Tochter des Komturs, ist dir zur Heirat versprochen worden und der Tag der Hochzeit steht kurz bevor, du kannst es kaum noch erwarten. Du hast Zugang zu Donna Annas Wohnung im Schloss ihres Vaters, musst dort jedoch Rücksicht auf die ständig anwesenden Dienstboten nehmen. Zitat: „Nein, nicht eher will ich weichen, bis mir Klarheit wird und Licht“ 22
Unterrichtsmaterial Rollenkarten Zerlina Du bist Zerlina, eine junge Bäuerin. Heute ist der Tag deiner Hochzeit mit Masetto. Du hast bisher bei deinen Eltern gewohnt, der Hof liegt vor den Toren Sevillas. Vom heutigen Tag an wirst du mit Masetto zusammenwohnen und ihm auf seinem Hof zur Seite stehen. Mit euren Familien und Freunden feiert ihr diesen Tag natürlich ganz besonders: zuerst geht es in die Kirche, danach gibt es einen Umzug durch die Straßen der Stadt mit Musik und Tanz. Für den Abend ist noch ein gemeinsames Beisammensein geplant. Die adligen Herren der Umgebung, Don Ottavio, Don Giovanni und den Komtur kennst du aus Erzählungen und weil du sie manchmal in der Stadt siehst. Zitat: „Und ich bin die glückliche Braut!“ Masetto Du bist Masetto, ein junger Bauer. Heute ist der Tag deiner Hochzeit mit Zerlina. Nach diesem Tag wird sie zu dir ziehen und gemeinsam werdet ihr deinen Hof bewirtschaften, der vor den Toren Sevillas liegt. Mit euren Familien und Freunden feiert ihr diesen Tag natürlich ganz besonders: zuerst geht es in die Kirche, danach gibt es einen Umzug durch die Straßen der Stadt mit Musik und Tanz. Für den Abend ist noch ein gemeinsames Beisammensein geplant. Die adligen Herren der Umgebung, Don Ottavio, Don Giovanni und den Komtur kennst du aus Erzählungen und weil du sie manchmal in der Stadt siehst. Du hältst nicht viel von ihnen, da dir ihre rücksichtslose Lebensweise nicht gefällt. Zitat: „Ja, wir Männer sind die wahrlich guten Narren.“
Unterrichtsmaterial Unterrichtsmaterial Welch ein Bild enthüllt sich meinen Augen! Methode: Fantasiereise zur Ouvertüre Ziel: Entspannungsübung, Einfühlung in Ort und Zeit des Geschehens Es wird eine Fantasiereise durchgeführt, die die Schüler*innen in Ort und Zeit der Oper versetzen soll. Während der/die Lehrer*in den folgenden Text vorliest, liegen die Schüler*innen auf dem Rücken und entspannen sich. Zwischendrin beginnt die Musik der Ouvertüre und erklingt parallel zum vorgelesenen Text. Der Fantasiereise kann sich eine Reflexion zum Thema „Dramma giocoso – Heiteres Drama“ anschließen, denn der Beginn der Musik und die Friedhofszene verweisen auch auf den tragischen Charakter der Oper. Fantasiereise: Ihr begebt euch in Gedanken zum Flughafen und steigt dort in eine Maschine, die sehr futuristisch aussieht. Es ist eine Zeitmaschine, die euch 200 Jahre weit in die Vergangenheit bringen soll. Ihr betretet sie mit gemischten Gefühlen, aber die Neugier überwiegt und schon steigt das Gefährt in die Lüfte. Ihr erkennt unter euch die Landschaft: zuerst überfliegt ihr den Rhein, dann kommen die französischen Alpen, Marseille, ein Stückchen Mittelmeer und wieder das Festland. Es ist Spanien und ihr fliegt über die trockene Sierra Nevada bis in den Süden des Landes, nach Sevilla. Plötzlich wird die Maschine von einer Turbulenz ergriffen, schwankt und dreht sich in einem Zeitstrudel. Ihr verliert die Orientierung, es wird dunkler vor den Augen und da hört ihr plötzlich eine Musik. (Ouvertüre von Anfang bis nach den punktierten Rhythmen abspielen, ca. 0:00 bis 2:00) Ihr spürt, dass ihr in einer anderen Welt angekommen seid und als ihr euch umschaut, entdeckt ihr, dass ihr auf einem Friedhof gelandet seid: es ist Nacht, um euch herum gemauerte Gräber, Statuen von Engeln, Marienfiguren und berühmten Herrschern. Euch ist unheimlich zumute, ihr lauft zwischen den Gräbern umher, schaut euch alles an und sucht den Ausgang. (Ouvertüre bis Ende abspielen) Da endlich findet ihr ihn und gelangt auf die Straße, die euch nach Sevilla führt. Hier sind schon viele Menschen, die am frühen Morgen in die Stadt wollen, vor allem Bauern und Bäuerinnen, die dort ihre Waren verkaufen wollen. Ihr folgt dem Weg und entdeckt plötzlich hinter einer Wegbiegung ein wunderschönes Schloss, das ihr aus der Nähe betrachten wollt. Ihr folgt dem Weg und entdeckt plötzlich hinter einer Wegbiegung ein wunderschönes Schloss, das ihr aus der Nähe betrachten wollt. Jetzt betretet ihr den Garten des Schlosses – einen französischen Garten mit vielen Hecken, dazwischen angelegte Blumenbeete, Wege, die manchmal wie ein Labyrinth verschlungen sind, Pavillons, die zum Verweilen im Schatten einladen, Wasserspiele, Springbrunnen und Skulpturen aus der griechischen Mythologie. Ihr geht auf das Schloss zu und erreicht die Terrasse davor. Die angelegt Natur des Gartens findet sich in der Architektur des Schlosses wieder: in den Bemalungen der Wände und Decken, den Verzierungen der Säulen, auf den Bildern, ja sogar auf den Möbeln. Auf der Terrasse hört man Musik, die aus dem Schloss kommt. Ihr folgt den Klängen und gelangt in einen großen Saal. Hier findet ein festlicher Ball statt: die geladenen Gäste mit hohen Perücken, weiten Reifröcken, edlen Anzügen und kostbarem Kostümaufputz tanzen ein Menuett. Alles glänzt, alle zeigen Haltung und Würde. Auf einer Empore spielt das Hoforchester, dem ihr noch eine Weile lang zuhört. 24
Unterrichtsmaterial Fragebogen zur Nachbereitung Aufführung Don Giovanni an der Oper Halle am ______________________ Fragen beantwortet von (Name, Klasse, Schule): _________________________________ Wie war deine Erwartung? Wie hattest du dich auf den Vorstellungsbesuch vorbereitet? Wie war dein erster Eindruck? In welcher Zeit ist die Inszenierung angesiedelt? Wo liegt die Besonderheit? Gibt es einen Umbruch? Wie wird die Geschichte erzählt? (Bsp. naturalistisch, comichaft, überzeichnet, stilisiert, etc.) Wie könnte man die Bühne / die Kostüme beschreiben? Welche Bühnentechnik wird eingesetzt? Welche Rollen sind dir besonders in Erinnerung geblieben? Und warum? Wie haben die Darsteller*innen die Inszenierung umgesetzt? Und warum? Hat dich die Musik berührt? Welche Musikstile hast du rausgehört? Wie hast du das Orchester wahrgenommen? Was war ansonsten ungewöhnlich / außergewöhnlich an der Aufführung? Und zum Schluss – wem würdest du die Aufführung weiterempfehlen, wem nicht?
Literatur- und Quellenverzeichnis Seite 7: Kunze, Stefan: Mozarts Opern, Stuttgart 1996 Seite 8: Stiftung Mozarteum Salzburg (Zugriff: https://mozarteum.at/wegezumozart/?p=wissenswertes-ueber-mozart, 6. April 2020) Seite 8, 9: Bühnen Halle (Zugriff: https://buehnen-halle.de/nina_kupzcyk, 6. April 2020); Nina Kupzcyk (Zugriff: https://ninakupzcyk.com, 6. April 2020) Seite 9, 10: Kunze, Stefan: Il dissoluto punito ossia Il Don Giovanni, in: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters, hrsg. von Carl Dahlhaus, Bd. 4, S. 314 – 327 https://de.wikipedia.org/wiki/Traumdeutung Seite 14, 15: Vollmar, Klausbernd: Handbuch der Traumsymbole, Königsfurt 2003; Lurker, Manfred: Wörterbuch der Symbolik, Stuttgart 1991 Seite 15: Traumdeutung Wikipedia ( Zugriff: https://de.wikipedia.org/wiki/Traumdeutung, 6. April 2020) Seite 19 – 24: Brinkmann, Rainer O.: Don Giovanni. Szenische Interpretation von Musiktheater, hrsg. von der Staatsoper Unter den Linden im Schillertheater und ISIM – Institut für Szenische Interpretation von Musik und Theater, Berlin Fotos der Inszenierung Seite 11, 12, 13, 15: Falk Wenzel 26
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