Doping im Sport - neue Entwicklungen - Doping et sport - nouveaux développements

Die Seite wird erstellt Kenneth Schweizer
 
WEITER LESEN
C U R R I C U LU M                   Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089      1081

Doping im Sport – neue Entwicklungen
Doping et sport – nouveaux développements
Matthias Kambera,b, Bruno Müllera,c, Emanuel R. Christc
a
    Fachkommission für Doping-Bekämpfung, Geschäftsstelle, Swiss Olympic Association, Bern
b
    Sportwissenschaftliches Institut des BASPO, Magglingen, c Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinik, Inselspital, Bern

Quintessenz                                                                    Quintessence
 Seit 1967 basiert die Dopingbekämpfung auf einer                              Depuis 1967 la lutte contre le doping se base sur une
Liste mit verbotenen Substanzklassen und Methoden, wel-                        liste des classes de substances et méthodes interdites,
che jedes Jahr überarbeitet und seit dem 1. Januar 2004                        revue et corrigée chaque année et éditée depuis le 1er jan-
neu von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) heraus-                            vier 2004, et c’est nouveau, par l’Agence mondiale anti-
gegeben wird.                                                                  dopage (AMA).
 In der Dopingliste 2004 sind folgende Substanzklassen                         Dans la Liste des substances dopantes 2004, les clas-
verboten: Stimulantien, Narkotika, Cannabinoide, Anabo-                        ses de substances suivantes sont interdites: stimulants,
lika, Peptidhormone, Beta-2-Agonisten, antiöstrogen wir-                       narcotiques, cannabinoïdes, anabolisants, hormones pep-
kende Substanzen, maskierende Substanzen (u.a. Diure-                          tidiques, bêta-2-agonistes, substances à effet antiœstro-
tika) und Glukokortikoide.                                                     gène, substances masquantes (notamment diurétiques) et
                                                                               glucocorticoïdes.
 Bei psychischen Auffälligkeiten, unphysiologisch stark
ausgeprägter Muskelmasse, akromegalen Stigmata, Zei-                            En présence de symptômes psychiques particuliers,
chen der Androgenisierung bei Frauen, starker Akne bei                         d’une masse musculaire augmentée, non physiologique, de
Männern, Hodenatrophie, Gynäkomastie, Striae distensae                         stigmates acromégales, de signes d’androgénisation chez
oder rubrae bei Frauen und Männern und Hepatosteatose                          les femmes, d’acné marquée, d’atrophie testiculaire, de
sollte Doping in der Differentialdiagnose stets mitberück-                     gynécomastie chez les hommes, de vergetures marquées
sichtigt werden.                                                               ou pourpres chez les femmes et les hommes et de stéatose
                                                                               hépatique, le dopage doit figurer dans le diagnostic diffé-
 Wird eine in der Dopingliste 2004 aufgeführte Sub-                           rentiel.
stanzklasse therapeutisch eingesetzt, so ist eine Ausnah-
mebewilligung zu therapeutischen Zwecken (ATZ) zu be-                           Si une classe de substance figurant dans la Liste des
antragen, wobei zwei verschiedene Verfahren zur Anwen-                         substances dopantes 2004 est utilisée à visée thérapeu-
dung gelangen, je nach verwendetem Therapeutikum                               tique, il faut demander une autorisation exceptionnelle
(Formulare: www.swissolympic.ch).                                              à visée thérapeutique, et il y a deux procédures différen-
                                                                               tes selon le médicament utilisé (formulaires: www.swiss-
 Aktuelle Informationen zum Thema Doping sind                                 olympic.ch).
immer unter www.dopinginfo.ch auffindbar.
                                                                                Les dernières informations sur le dopage peuvent tou-
                                                                               jours être consultées sous www.dopinginfo.ch.
                                                                                                                      Traduction Dr G.-A. Berger

                       CME zu diesem Artikel finden Sie                        Vous trouverez les questions à choix multiple
                       auf S. 1103 oder im Internet unter                      concernant cet article à la page 1104 ou sur internet
                       www.smf-cme.ch                                          sous www.smf-cme.ch
C U R R I C U LU M              Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089   1082

Allgemeine Definition                               Aktuelle Definition

1952 unternahm der deutsche Sportärztebund          Der WADC hat zu einer grundlegenden Ände-
einen ersten Versuch, Doping zu definieren und      rung der Definition von Doping geführt. Zusätz-
zu verbieten. Die Definition bezog sich lediglich   lich haben sich die Kriterien zur Aufführung von
auf den Wettkampf und schloss somit die Wett-       Substanzen und Methoden in der Dopingliste ge-
kampfvorbereitung aus. Zudem musste die «Ab-        ändert.
sicht der Leistungssteigerung» erfüllt sein, was
in der Praxis schwer zu beweisen war.               Gemäss Artikel 2 des WADC gilt einer
                                                    (oder mehrere) der folgenden Tatbestände
Dopingdefinition                                    als Doping
Deutscher Sportärztebund (1952)                     – Das Vorhandensein einer verbotenen Sub-
Als Doping gilt die Einnahme eines jeden Medi-         stanz, ihrer Metaboliten oder diagnostischer
kamentes – ob es wirksam ist oder nicht – mit          Marker in einer Dopingprobe.
der Absicht der Leistungssteigerung während         – Der Gebrauch oder versuchte Gebrauch einer
des Wettkampfes.                                       verbotenen Substanz oder einer verbotenen
Verschiedene andere Versuche, wie z.B. derje-          Methode.
nige des Europarates von 1963, Doping im Sport      – Verweigerung einer Dopingkontrolle.
in medizinischer und juristischer Hinsicht klarer   – Verstoss eines Athleten gegen die Bestim-
zu definieren, scheiterten an der Komplexität des      mungen über die Verfügbarkeit zu Doping-
Problems. «Doping» bezeichnet keine einheit-           kontrollen (insbesondere Angaben über Auf-
liche Substanz oder Methode. Zudem kamen               enthaltsorte, sogenannte «whereabouts in-
immer wieder neue innovative leistungsstei-            formation»).
gernde Mittel auf den Markt, was die Etablierung    – Verfälschen oder versuchtes Verfälschen
einer Definition erschwerte.                           einer Dopingprobe.
                                                    – Besitz von verbotenen Substanzen durch
                                                       Athleten oder durch deren Umfeld in Verbin-
Dopingbekämpfung
                                                       dung mit Athleten, falls keine gültige Ausnah-
                                                       mebewilligung zu therapeutischen Zwecken
Nach spektakulären Dopingfällen der 60er Jahre
                                                       (ATZ) vorhanden ist.
beschloss das Internationale Olympische Komi-
                                                    – Handel mit verbotenen Substanzen oder ver-
tee (IOK) 1967, den Kampf gegen Doping welt-
                                                       botenen Methoden.
weit voranzutreiben und zu harmonisieren, und
                                                    – Abgabe, versuchte Abgabe verbotener Sub-
gründete dazu eine eigene medizinische Kom-
                                                       stanzen und Methoden oder sonstige Kompli-
mission. Diese Kommission verzichtete auf eine
                                                       zenschaft im Zusammenhang mit einer Ver-
eigentliche Definition von Doping und verbot
                                                       letzung der Dopingbestimmungen.
statt dessen Substanzklassen und Methoden. Seit
dieser Zeit basiert die Dopingbekämpfung auf
                                                    Artikel 4.3 des WADC bestimmt die Kriterien
einer Liste mit verbotenen Substanzklassen und
                                                    zur Aufführung von Substanzen und
Methoden, welche jedes Jahr überarbeitet wird,
                                                    Methoden in der Dopingliste. Dabei müssen
und bis Ende 2003 von der medizinischen Kom-
                                                    zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt sein:
mission des IOK herausgegeben worden ist. Seit
                                                    – Medizinische oder andere wissenschaftliche
dem 1. Januar 2004 ist dafür neu die Welt-Anti-
                                                       Evidenz, pharmakologische Effekte oder Er-
Doping-Agentur (WADA) zuständig. Am 5. März
                                                       fahrung, dass die Substanz oder Methode
2003 wurde in Kopenhagen zudem der Welt-
                                                       das Potenzial hat, die sportliche Leistung zu
Anti-Doping-Code (WADC) der WADA angenom-
                                                       erhöhen.
men [1]. Darin wird die internationale Führung
                                                    – Medizinische oder andere wissenschaftliche
und Harmonisierung der Dopingbekämpfung
                                                       Evidenz, pharmakologische Effekte oder Er-
der WADA übertragen. Eine ihrer Hauptauf-
                                                       fahrung, dass der Gebrauch einer Substanz
gaben ist die Definition von Doping und die Her-
                                                       oder Methode ein tatsächliches oder poten-
ausgabe der Dopingliste. Die (nationalen) Sport-
                                                       zielles Gesundheitsrisiko darstellt.
organisationen hatten bis zu den Olympischen
                                                    – Die Einschätzung durch die WADA, dass der
Spielen 2004 in Athen Zeit, ihre Reglemente dem
                                                       Gebrauch einer Substanz oder Methode den
Code und den entsprechenden Standards an-
                                                       in der Einführung des WADC beschriebenen
zupassen. Die Regierungen ihrerseits werden
                                                       Sportgeist, den «spirit of sport», verletzt.
angehalten, bis zu den Olympischen Winterspie-
len 2006 in Turin eine zurzeit durch die UNESCO
in Ausarbeitung befindliche Konvention gegen
Doping zu unterzeichnen.
C U R R I C U LU M                Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089    1083

                                   Verbotene Substanzklassen                               den. Stimulantien haben vielfach die Struktur von
                                   und Methoden                                            Phenylalkylaminen und sind struktur- und wir-
                                                                                           kungsmässig den körpereigenen Katecholaminen
                                   In der Dopingliste 2004 sind folgende Substanz-         Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin verwandt.
                                   klassen (S) und Methoden (M) verboten:                  Im Sport wurde vor allem mit Substanzen expe-
                                   S1. Stimulantien.                                       rimentiert, die gleichzeitig zentralnervöse und
                                   S2. Narkotika.                                          periphere Wirkungen aufweisen. Einerseits
                                   S3. Cannabinoide.                                       wollte man damit eine erhöhte Wachheit, Wett-
                                   S4. Anabolika (exogene und endogene anabol              kampfaggressivität und Motivation erwirken und
                                       androgene Steroide sowie andere anabol              andererseits Herz-Kreislauf-System und Ener-
                                       wirkende Substanzen).                               giestoffwechsel anregen [2].
                                   S5. Peptidhormone.                                      Die wirksamsten und bis vor kurzem am meisten
                                   S6. Beta-2-Agonisten.                                   verwendeten Substanzen waren die Ampheta-
                                   S7. Antiöstrogen wirkende Substanzen (nur für           mine, die vor allem im Radsport und Fussball
                                       Männer verboten).                                   zum Einsatz kamen. Verschiedene Untersuchun-
                                   S8. Maskierende Substanzen.                             gen [3, 4] zeigten, dass die sportliche Leistung
                                   S9. Glukokortikoide.                                    durch die Einnahme von Amphetaminen tat-
                                   M1. Erhöhung der Transportkapazität (des Blu-           sächlich gesteigert werden kann.
                                       tes) für Sauerstoff.                                Aufgrund der häufigen Zwischenfälle mit Am-
                                   M2. Pharmakologische, chemische und physika-            phetaminen mit teilweise tödlichem Ausgang
                                       lische Manipulation.                                (1960: Knut Jensen, dänischer Radfahrer; 1967:
                                   M3. Gendoping.                                          Tom Simpson, britischer Radfahrer), verbot das
                                                                                           IOK 1968 diese Substanzen für den Wettkampf,
                                   Die Substanzklassen S4, S5, S6 (Salbutamol, falls       nicht aber für die Vorbereitungsphase (Training).
                                   die Konzentration im Urin höher als 1000 ng/ml          Amphetamine waren somit Auslöser für die
                                   ist), S7 und S8 sowie die Methoden M1, M2 und           Einführung von Dopingbestimmungen und -kon-
                                   M 3 sind nicht nur im Wettkampf, sondern auch           trollen. Wegen des Suchtpotentials unterliegen
                                   im Training verboten.                                   zudem Amphetamine und deren Derivate dem
                                   Weiter sind Alkohol, Betablocker und Diuretika          Betäubungsmittelgesetz (Tab. 1 p).
                                   in gewissen Sportarten verboten. Die jeweils            Einige der verbotenen Stimulantien wie Ephe-
                                   aktuelle Dopingliste kann im Internet unter             drin und Methylephedrin sind in vielen, auch
                                   www.dopinginfo.ch oder www.swissolympic.ch              rezeptfrei erhältlichen Medikamenten gegen Er-
                                   eingesehen werden.                                      kältungserkrankungen enthalten. Bis vor einigen
                                   Untenstehend sind die Wirkungen und Neben-              Jahren betrafen positive Dopingresultate viel-
                                   wirkungen der wichtigsten Substanzklassen auf-          fach solche Medikamente, die therapeutisch und
                                   geführt.                                                nicht mit dem Ziel der Leistungssteigerung
                                                                                           eingenommen/verschrieben worden sind. Um
                                                                                           dieser Tatsache Rechnung zu tragen, wurden
                                   Stimulantien
                                                                                           deshalb für Stimulantien «Toleranzgrenzen» er-
                                                                                           lassen. Für Ephedrin und Methylephedrin bei-
                                   Stimulantien (auch Psychostimulantien genannt)
                                                                                           spielsweise sind maximale Urinkonzentrationen
                                   sind Wirkstoffe, welche die allgemeine, zentrale
                                                                                           von 10 mg/ml festgelegt worden. Um Kompli-
                                   und/oder periphere Körperaktivität erhöhen.
                                                                                           kationen zu vermeiden, ist es in Einzelfällen
                                   Dies ist mit einer kurzfristigen Steigerung der
                                                                                           aber angezeigt, ephedrinhaltige Medikamente
                                   körperlichen Leistung und der Stimmung verbun-
                                                                                           rechtzeitig vor einem Wettkampf abzusetzen.
                                                                                           Alternativ ist darauf zu achten, dass im Falle von
Tabelle 1. Wirkungen und Nebenwirkungen von Stimulantien.
                                                                                           banalen Erkältungserkrankungen dopingfreie
Wirkungen                                   Nebenwirkungen                                 Medikamente zum Einsatz gelangen. Bei der
Steigerung der Herzleistung,                Kardiovaskuläre Probleme, Stresssymptome,      Fachkommission für Dopingbekämpfung von
Erhöhung von Puls und Blutdruck             Schlaflosigkeit                                Swiss Olympic (FDB) ist eine Liste unbedenk-
Positive Beeinflussung des Nährsubstrat-    Temperaturerhöhung, Hitzestau, Hitzschlag      licher Medikamente erhältlich.
Abbaus (Lipolyse und Glykogenolyse),        verstärkte Stresssymptome, Störung der         Seit dem 1. Januar 2004 sind auch schwach
Erhöhung von Grund- und Leistungsumsatz     Regenerationsfähigkeit (fehlende Erholung      wirksame Stimulantien wie Koffein, Phenyl-
                                            nach Sportausübung)                            ephrin, Phenylpropanolamin, Pipradol, Pseudo-
Erhöhung des Atemminutenvolumens                                                           ephedrin und Synephrin nicht mehr auf der
(zentrale Stimulation, Bronchodilatation)                                                  Dopingliste und somit ohne Einschränkungen
Zentralnervöse Beeinflussung: Euphorie,     Psychische Störungen wie Unrast, Erregung,     erlaubt. Die Labors sind aber verpflichtet, die Ana-
Steigerung der Leistungsbereitschaft        Schlaflosigkeit, Desorientierung, Ängstlich-   lyseresultate für diese Substanzen der WADA zu
                                            keit, Halluzinationen, Paranoia, Sucht         melden. Mit diesem «Überwachungsprogramm»
Verzögertes Eintreten des Erschöpfungs-     Verbrauch von vitalen Energie-Ressourcen       will die WADA sicherstellen, dass entsprechende
gefühls (u.a. durch Erhöhung der            durch Unterdrückung des Ermüdungs-             Medikamente nicht wieder vermehrt im Sport
Laktattoleranz)                             gefühls, schwere Erschöpfungszustände, Tod
                                                                                           zum Einsatz gelangen.
C U R R I C U LU M              Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089   1084

                                  Narkotika                                             Verbotes auf alle Sportarten ausgesprochen und
                                                                                        es den internationalen Verbänden überlassen
                                  Die im Sport während des Wettkampfes verbo-           wollen, ob sie Cannabinoide in ihrem Sport
                                  tenen Narkotika (auch Narkoanalgetika) sind           verbieten wollen. Die WADA hat aber anders ent-
                                  starke Schmerzmittel aus der Klasse der Opiate.       schieden und den Cannabinoidkonsum als Do-
                                  Sie wirken auf Rezeptoren im zentralen Ner-           ping eingestuft, obwohl sie in den meisten Sport-
                                  vensystem und verändern unter anderem das             arten nicht leistungssteigernd wirken. Als Tole-
                                  Schmerzempfinden. Narkoanalgetika werden              ranzgrenze wurde 15 ng/ml Carboxy-THC vorge-
                                  vor allem in Sportarten eingesetzt, bei denen         geben. Durch Festlegung einer Toleranzgrenze
                                  Schmerzen entstehen können (z.B. Kampfsport-          soll vermieden werden, dass Passivrauchen zu
                                  arten). In geringen Dosen wirken sie antidepres-      einem positiven Dopingresultat führen kann.
                                  siv und euphorisierend. Werden sie kombiniert
                                  mit Stimulantien eingenommen, können sie zu
                                  einem eigentlichen Leistungsrausch mit Unter-         Anabolika
                                  drücken warnender Schmerzsignale führen. Im
                                  Sport sind Narkotika seit 1968 verboten.              Anabolika wirken zur Hauptsache durch positive
                                  Bis vor wenigen Jahren waren zudem kodein-            Beeinflussung der Muskelmasse (sog. «lean body
                                  und dihydrokodeinhaltige Medikamente wäh-             mass») und der Muskelkraft [5]. Auf der Doping-
                                  rend eines Wettkampfes verboten. Dies wegen           liste werden mit Anabolika androgen-anabole
                                  des Morphiums, eines der aktiven Metaboliten          Steroidhormone und andere aufbauend wir-
                                  von Kodein. Neuerdings sind Medikamente, die          kende Substanzen (z.B. Clenbuterol) bezeichnet.
                                  Kodein, Dihydrokodein sowie Dextrometorphan           Anabole Steroide werden im Sport seit den 50er
                                  enthalten, aber wieder erlaubt. Durch Verbesse-       Jahren eingesetzt. Im Vordergrund standen zu-
                                  rung der Analytik kann nämlich nun das Verhält-       nächst Disziplinen, die Kraft, Schnelligkeit und
                                  nis von Kodein zu Morphin erfasst werden. Wenn        Muskelmasse verlangten. Später gelangten Ana-
                                  neben Morphin (in einer Menge von weniger             bolika aber auch in anderen Sportarten zur
                                  als 1 mg/ml) auch Kodein gefunden wird, so gilt       Anwendung. 1974 nahm die medizinische Kom-
                                  die Dopingprobe als negativ (Tab. 2 p).               mission des IOK die anabolen Steroide in die
                                                                                        Dopingliste auf, und 1976 wurde an den Olym-
                                                                                        pischen Spielen von Montreal erstmals auf
                                  Cannabinoide
                                                                                        derartige Substanzen getestet. Dabei entfielen
                                                                                        11 von den total 12 vorgefundenen verbotenen
                                  Seit dem 1. Januar 2004 sind Cannabinoide für
                                                                                        Substanzen in die Kategorie anabole Steroide.
                                  alle Sportarten im Wettkampf verboten. Die FDB
                                                                                        Den verbesserten Nachweismethoden Rechnung
                                  hatte sich bei der Vernehmlassung zur neuen
                                                                                        tragend, wurde in der Folge vermehrt reines
                                  Liste im Juni 2003 gegen diese Ausweitung des
                                                                                        Testosteron eingesetzt (zur Hauptsache in pa-
                                                                                        renteraler Form), da damals exogen zugeführtes
Tabelle 2. Wirkungen und Nebenwirkungen von Narkotika.                                  Testosteron noch nicht von endogenem differen-
                                                                                        ziert werden konnte. Durch Einführung des
Wirkungen                            Nebenwirkungen
                                                                                        Quotienten Testosteron/Epitestosteron gelang
Linderung des durch Sport            Sucht, Betäubung, Koma, Tod                        daraufhin jedoch auch der Nachweis von Testo-
verursachten Schmerzes
                                                                                        steron-Doping. Umfangreiche Untersuchungen
Beruhigende Wirkung                  Verminderte Konzentration und Koordination         hatten ergeben, dass normalerweise das Verhält-
                                                                                        nis endogenes Testosteron zu seinem (gleich-
                                                                                        zeitig zu Testosteron endogen produzierten)
Tabelle 3. Wirkungen und Nebenwirkungen von anabolen Steroiden.
                                                                                        Epimeren Epitestosteron 0,8 bis 1,5 beträgt.
Wirkungen                            Nebenwirkungen                                     Exogen zugeführtes Testosteron erhöht dieses
Erhöhung der Skelettmuskelmasse      Beeinflussung der Lipidkonzentrationen             Verhältnis. Abgestützt auf epidemiologische
                                                                                        Daten wurde von der medizinischen Kommis-
Androgenisierung                     Akne
                                     Beeinflussung der Psyche (Aggressivität)           sion des IOK deshalb ein Grenz-Quotient von 6:1
                                     Suppression eigener endogener anaboler             festgelegt und Testosteron 1984 verboten [6]
                                         Steroidhormone (Libidoabfall, Hodenatrophie)   (Tab. 3 p).
                                     Verstärkung der sekundären männlichen              Im Gegensatz zu früher eingesetzten, peroral
                                         Sexualmerkmale beim Mann                       verabreichten Methyltestosteronen sind die
                                     Gynäkomastie durch Zunahme der Östrogen-
                                                                                        heute therapeutisch verwendeten Testosteron-
                                         bildung aus Testosteron beim Mann
                                                                                        präparate nicht hepatotoxisch. Seit dem 1. Ja-
                                     Virilisierung bei Frauen
                                                                                        nuar 2004 werden die anabol androgenen
Stimulation der Erythropoese         Erhöhte Blutviskosität, Thromboembolien
                                                                                        Steroide (AAS) in der Dopingliste in die Klassen
Verbesserte Regeneration             Erhöhte Anfälligkeit für Verletzungen              der exogenen AAS (wie z.B. Fluoxymesteron,
                                     an Bändern und Sehnen
                                                                                        Nandrolon, Stanozolol) und der endogenen AAS
Knochenaufbau                        Stopp des Längenwachstums durch Schluss der        (wie z.B. Androstendion, Dehydroepiandrosteron
                                     Epiphysenfuge bei Einsatz prä- oder peripubertär
                                                                                        DHEA, Testosteron) aufgeteilt. Bei den exogenen
C U R R I C U LU M                Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089   1085

                                    AAS gilt eine Dopingprobe als positiv, wenn sie           Erythropoietin (EPO)
                                    vom Labor mit verlässlichen analytischen Me-              Das 1985 erstmals gentechnologisch hergestellte
                                    thoden nachgewiesen werden kann. Bei den                  EPO wurde zu therapeutischen Zwecken 1987 in
                                    endogenen AAS muss das Labor die entspre-                 Europa eingeführt. Bereits an den Olympischen
                                    chende Substanz oder ihre Metabolite, diagno-             Spielen in Calgary 1988 wurde erstmals öffent-
                                    stische Marker mit Beweischarakter oder rele-             lich über die Anwendung von EPO im Team der
                                    vante Verhältnisse nachweisen (z.B. einen patho-          sowjetischen Langläuferinnen und -läufer spe-
                                    logischen Testosteron/Epitestosteron-Quotienten).         kuliert. Im gleichen Jahr verbot der Internatio-
                                    Als weitere Neuerung gilt ab 1.1.2004, dass               nale Skiverband FIS EPO als Dopingmittel. Zwi-
                                    neben den in der Liste aufgeführten AAS auch              schen 1987 und 1990 wurden verschiedene To-
                                    deren «Analoge» verboten seien. Mit diesem                desfälle im Radsport und Orientierungslauf mit
                                    neuen Begriff wurde von der früheren, bewähr-             EPO-Missbrauch in Zusammenhang gebracht.
                                    ten Version «und andere Substanzen mit ähn-               Deshalb wurde 1990 EPO vom IOC auf die Do-
                                    licher chemischer Struktur oder ähnlicher phar-           pingliste gesetzt. Eine Nachweismethode stand
                                    makologischer Wirkung» abgewichen. Die Ereig-             jedoch nach wie vor nicht zur Verfügung. Da ein
                                    nisse um das Designersteroid Tetrahydro-Gestri-           verbreiteter EPO-Missbrauch wahrscheinlich
                                    non (THG) haben jedoch gezeigt, dass diese Än-            war, führten der Internationale Skiverband (FIS)
                                    derung zu Problemen führen kann. Bei THG han-             und der Radverband (UCI) erstmals Blutkontrol-
                                    delt es sich um ein bisher unbekanntes Steroid            len vor den Wettkämpfen ein. Wurden Grenz-
                                    auf der Basis von Gestrinon. Gestrinon selber             werte für Hämatokrit (UCI) oder Hämoglobin
                                    fand 1978 Eingang in die medizinische Literatur.          (FIS) überschritten, durften die Athleten aus me-
                                    Es wurde ursprünglich als lang wirksames ora-             dizinischen Gründen nicht an den Wettkämpfen
                                    les Verhütungsmittel entwickelt («Wochenpille»).          teilnehmen. Diese Kontrollen wurden als «Ge-
                                    Durch chemische Modifikation dieses Ovula-                sundheitskontrollen» deklariert, und nicht als
                                    tionshemmers ist eine anabole Substanz ent-               Dopingkontrollen, da die Resultate juristisch ge-
                                    standen, also eine Substanz mit ähnlicher phar-           sehen nicht Beweischarakter haben.
                                    makologischer Wirkung, jedoch ohne Analogie               Dank staatlichem Eingriff (Zollfahndung, Polizei-
                                    zu den bisherigen AAS.                                    razzien) an der Tour de France wurden 1998
                                    Die WADA hat deshalb in einer Mitteilung vom              grossflächige Dopingpraktiken aufgedeckt. Dies
                                    26. März 2004 erklärt, dass per sofort wieder auf         erhöhte den Druck, Testmethoden zum Nach-
                                    die frühere Praxis zurückgegriffen werden soll            weis von EPO-Doping zu entwickeln.
                                    (d.h. als Analoge gelten: «andere Substanzen mit          Im Jahre 2000 wurde erstmals ein Nachweisver-
                                    ähnlicher chemischer Struktur oder ähnlicher              fahren für EPO aus dem Urin publiziert [7].
                                    pharmakologischer Wirkung»).                              Erprobt wurde diese Nachweismethode anläss-
                                                                                              lich der Olympischen Spiele in Sydney mit einer
                                                                                              kombinierten Methode aus Blut und Urin.
                                    Peptidhormone
                                                                                              Im Jahre 2001 wurde in einem Urteil des Inter-
                                                                                              nationalen Sportschiedsgerichts in Lausanne
                                    Die im Sport verbotenen Peptidhormone sind
                                                                                              (TAS) die direkte Nachweismethode von EPO aus
                                    Erythropoietin (EPO), Wachstumshormon (Human
                                                                                              dem Urin als wissenschaftlich genügend ausge-
                                    Growth Hormone, HGH), Choriongonadotropin
                                                                                              reift bezeichnet. An den Olympischen Spielen in
                                    (hCG), tierische, humane und synthetische Gona-
                                                                                              Salt Lake City 2002 wurden daraufhin mehrere
                                    dotropine, Insulin, Kortikotropine, sowie deren
                                                                                              Langläuferinnen und -läufer des Dopings mit
                                    Releasingfaktoren (z.B. CRH). Bei hCG und den
                                                                                              einer neuen Form von EPO (Darbepoietin alpha
                                    Gonadotropinen gilt das Verbot nur für Männer.
                                                                                              = Nespo; ein Depot-EPO) überführt (Tab. 4 p).
                                    HCG wird nicht selten in Kombination mit AAS
                                    verwendet und soll in dieser Kombination die
                                                                                              Wachstumshormon
                                    durch die AAS bedingte Suppression eigener
                                                                                              (Human Growth Hormone, HGH)
                                    endogener anaboler Steroidhormone (Libido-
                                                                                              Die Tatsache, dass HGH bereits in den frühen
                                    abfall, Hodenatrophie) beheben.
                                                                                              80er Jahren als Anabolikum im «The Under-
                                    Was Peptidhormone anbelangt, so spielen im
                                                                                              ground Steroid Handbook» in Kalifornien be-
                                    Sport vor allem aber HGH und Insulin im Kraft-
                                                                                              schrieben wurde, zeugt davon, dass es bereits
                                    bereich, und EPO bei Ausdauerprüfungen eine
                                                                                              damals missbräuchlich im Sport eingesetzt
                                    wichtige Rolle: Deswegen werden diese drei Hor-
                                                                                              wurde. Allerdings handelte es sich damals um
                                    mone im folgenden speziell behandelt.
                                                                                              HGH, welches aus Kadaver-Hypophysen extra-
                                                                                              hiert wurde – mit den bekannten assoziierten Ri-
Tabelle 4. Wirkungen und Nebenwirkungen von EPO.                                              siken (Creuzfeldt-Jakob-Krankheit). In den spä-
                                                                                              ten 80er Jahren konnte HGH biotechnologisch
Wirkungen                                    Nebenwirkungen                                   hergestellt werden, was aufgrund der verbesser-
Erhöhung der Erythrozytenzahl                Bluthochdruck                                    ten Verfügbarkeit und Sicherheit zu einer expo-
verbesserte Sauerstoff-Transport-Kapazität   erhöhte Blutviskosität                           nentiellen Zunahme der Erkenntnisse über die
verbesserte Ausdauerleistung                 Thromboembolien (im Extremfall mit Todesfolge)
                                                                                              Wirkung dieses Hormons beim Erwachsenen
C U R R I C U LU M             Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089   1086

                               führte. Diese Erkenntnisse basierten vor allem       verschiedenen Isomeren sezerniert wird, der
                               auf kontrollierten Studien von erwachsenen Pa-       grösste Anteil in Form der 22kDa, ein kleinerer
                               tienten mit kompletten Wachstumshormonman-           Anteil (max. 10%) in Form der 20kDa-Isomere.
                               gel aufgrund hypothalamisch-hypophysärer Pa-         Bei exogen zugeführtem HGH wird der Anteil des
                               thologien (meist Tumoren). Bei diesen Patienten      22kDa grösser, was zu einem erhöhten Quotien-
                               führte eine HGH-Ersatztherapie zu einer Zu-          ten 22kDa/20kDa führt, worauf der Nachweis
                               nahme der Muskelmasse mit gleichzeitiger Ab-         basiert. Der Nachweis ist jedoch nur mit einer
                               nahme der Fettmasse [8]. Metabolische Untersu-       Blutprobe möglich. Die entsprechende Methode
                               chungen konnten nachweisen, dass HGH die             wurde anlässlich der Olympischen Spiele in
                               Proteinsynthese fördert bei gleichzeitiger Erhö-     Athen eingeführt.
                               hung der Lipolyse, was die beobachtete Ände-         Aus ethischen Gründen wurde die Wirksamkeit
                               rung der Körperzusammensetzung nach HGH-             von HGH als Doping in keiner Studie nachge-
                               Therapie erklären kann. Die erhöhte Lipolyse ih-     wiesen. Von Patienten mit Akromegalie ist
                               rerseits scheint für die durch HGH verursachte       jedoch bekannt, dass bei zu hoher HGH-Sekre-
                               Insulin-Resistenz verantwortlich zu sein [9]. Spä-   tion die Mortalität im Vergleich zu der entspre-
                               ter konnten Wirkungen auf den Knochen (ana-          chenden Kontrollpopulation deutlich erhöht ist
                               bol) und das Herz-Kreislauf-System nachgewie-        [12]. Insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankun-
                               sen werden (Erhöhung des Preloads, Verminde-         gen, möglicherweise auch Neoplasien sind deut-
                               rung des Afterloads, direkte anabole Wirkung         lich gehäuft. Selbst Sportmedizinern ist häufig
                               auf den Herzmuskel). Die im Durchschnitt um 10       zu wenig bewusst, welchen nicht unerheblichen
                               bis 15% verringerte physische Leitungsfähigkeit      Risiken sich Athleten beim HGH-Doping ausset-
                               des HGH-defizienten Patienten im Vergleich zu        zen (Tab. 5 p).
                               einer gesunden Kontrollpopulation ist ein charak-
                               teristisches Symptom, welches sich durch HGH-        Insulin
                               Substitution verbessert. Die Wirkung von HGH auf     1998, anlässlich der Olympischen Winterspiele
                               die Muskulatur und das Herz-Kreislauf-System         in Nagano, wurde das Internationale Olympische
                               sind wahrscheinlich dafür verantwortlich [8].        Komitee (IOC) erstmals auf Insulin als mögliche
                               Diese Resultate, erstmals 1989 im New England        Doping-Substanz aufmerksam. Ein russischer
                               Journal of Medicine [9] und im Lancet [10] von       Spotmediziner fragte nämlich nach, ob die Ver-
                               zwei unabhängigen Europäischen Gruppen               wendung von Insulin auf insulinabhängige Dia-
                               publiziert, blieben nicht unbemerkt. Obwohl          betiker beschränkt sei. Das IOC handelte unver-
                               keine konkreten Zahlen vorliegen, beweisen ver-      züglich und setzte Insulin auf die Liste verbote-
                               schiedene Zwischenfälle eindeutig, dass HGH als      ner Substanzen. In England wurde daraufhin die
                               Doping eingesetzt wurde: Anlässlich der Tour de      Verwendung von Insulin v.a. in der Bodybuilder-
                               France 1998 wurde in einem Auto grössere Men-        Szene bestätigt [13].
                               gen von HGH-Ampullen entdeckt, HGH wurde             Die metabolischen Effekte des Insulins wurden
                               bei einem Trainer einer Schwimm-National-            hauptsächlich am Insulin-defizienten Patienten
                               mannschaft anlässlich der Olympischen Spiele in      erforscht (d.h. am Patienten mit Typ-1-Diabetes).
                               Sydney im Jahre 2000 gefunden und 6 Monate           Es ist hinlänglich bekannt, dass Insulin neben
                               vor den Olympischen Spielen 2000 wurden eine         der Hemmung der hepatischen Glukoneogenese
                               grosse Anzahl an HGH-Ampullen aus einer Apo-         die Aufnahme von Glukose in den Skelettmuskel
                               theke in Sidney entwendet. Zusätzlich gestand        erleichtert [13]. Letzteres führt zu einem Glyko-
                               Ben Johnson, dass er nebst anabolen Steroiden        genaufbau. Glykogen wiederum ist ein wichtiger
                               über längere Zeit HGH als Doping verwendet           Energie-Speicher des Muskels, welcher bei
                               hatte. Der Nachweis von anabolen Steroiden           sportlichen Anstrengungen verwendet werden
                               führte bei ihm bekannterweise zur Aberkennung        kann. Es ist bis anhin jedoch nicht ausreichend
                               der Olympischen Goldmedaille von Seoul.              nachgewiesen, dass grössere Glykogenspeicher
                               HGH war bis anhin wahrscheinlich weit verbrei-       tatsächlich zu einer Verbesserung der sport-
                               tet, weil ein direkter Nachweis nicht möglich        lichen Leistungsfähigkeit führen [14].
                               war. Inzwischen ist es jedoch gelungen, exoge-       Etwas weniger bekannt ist die Wirkung von
                               nes HGH im Serum nachzuweisen [11]. Der Test         Insulin auf den Protein-Stoffwechsel: Insulin
                               basiert auf dem Prinzip, dass endogenes HGH in       hemmt den Protein-Abbau. Diabetiker, welche
                                                                                    mit Insulin behandelt werden, weisen mehr
                                                                                    Muskelmasse auf als gesundes Kontroll-Kollektiv
Tabelle 5. Wirkungen und Nebenwirkungen von HGH beim HGH-defizienten Patienten.
                                                                                    [15]. Diese Tatsache macht Insulin-Doping für
Wirkungen                                  Nebenwirkungen                           Sportarten attraktiv, bei welchen eine grosse
Erhöhung der Muskelmasse, Abbau des        Insulinresistenz, Akromegalie            Muskelmasse Vorteile bringt.
   Körperfettanteils                       Wasserretention (symptomatisch           Gesicherte Daten, dass Insulin-Doping bei Ath-
Verbesserung der kardiovaskulären              mit Karpaltunnel-Syndrom CTS,        leten wirklich zu vermehrter Muskelmasse und
   «Performance»                               Arthralgien)                         Leistungsfähigkeit führt, sind nicht vorhanden.
Erhöhung der Knochendichte                                                          Ebenso fehlen Angaben, wie Insulin im Sinne
Verbesserung der Lebensqualität
                                                                                    von Doping genau einzusetzen ist, respektive
C U R R I C U LU M              Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089   1087

appliziert werden muss. Es sind hierzu profunde     auch in freier und somit biologisch aktiver Form
Kenntnisse der Insulinwirkung notwendig, um         vorliegen. Dies hat für die Athleten uner-
insbesondere Hypoglykämien zu vermeiden.            wünschte Wirkungen wie Gynäkomastien zur
Eine sichere Nachweis-Methode von Insulin im        Folge. Substanzen mit antiöstrogenem Effekt
Blut oder Urin kommt aktuell nicht zur Anwen-       wirken in diesem Sinne korrigierend ein.
dung. Hingegen genügt aufgrund des WADA-
Codes bereits der Besitz von Insulin bei nicht-
                                                    Maskierende Substanzen
diabetischen Athleten als Doping.
                                                    Unter dieser Substanzklasse fallen Diuretika, Epi-
Beta-2-Agonisten                                    testosteron, Probenecid und Plasmaexpander.
                                                    Epitestosteron wurde um ca. 1980 vor allem in
In der Dopingliste vom 1.1.2004 werden Beta-        der ehemaligen DDR eingesetzt, um den durch
2-Agonisten erstmals als eigene Substanzklasse      Anabolika-Einsatz beeinflussten Testosteron/Epi-
genannt, vorher waren sie als Untergruppe der       testosteron-Quotienten wieder auszugleichen.
Anabolika aufgeführt. Alle Beta-2-Agonisten         Probenecid beeinflusst die Ausscheidung von
sind im Wettkampf verboten. Einzig Formoterol,      Steroiden und mit Plasmaexpandern wird ver-
Salbutamol, Salmeterol und Terbutalin sind für      sucht, bei EPO-Missbrauch den Hämatokrit wie-
die Behandlung von Asthma – speziell auch an-       der abzusenken.
strengungsinduziertes Asthma (bei Ausdauer-
sportlern sehr verbreitet) – und bronchialer        Diuretika
Hyperreagibilität zugelassen. Die genannten         Diuretika finden ihre Anwendung vor allem bei
Substanzen müssen per inhalationem zugeführt        Sportarten mit Gewichtsklassen wie zum Bei-
werden. Vorgängig ist eine Ausnahmebewil-           spiel Gewichtheben, Judo oder Ringen. Diuretika
ligung zu therapeutischen Zwecken (ATZ) zu be-      ermöglichen durch Ausscheiden von hohen
antragen, wobei das einfache Verfahren zur          Urinmengen eine vorübergehende relevante
Anwendung gelangt (siehe unten).                    Gewichtsabnahme, was in Grenzfällen den Athle-
Für Salbutamol wurde dabei ein Urinwert von         ten erlaubt, in einer tieferen Gewichtsklasse an-
mehr als 1000 ng/ml als Toleranzgrenze festge-      zutreten. Die anschliessende Flüssigkeits-Wie-
legt. Wird dieser Wert überschritten, so wird von   deraufnahme stellt dann das frühere und für den
einem positiven Dopingbefund (Verstoss gegen        Wettkampf in einer bestimmten Gewichtsklasse
das Dopinggesetz mit einer anabolen Substanz)       zu hohe Gewicht wieder her, was den Athleten in
ausgegangen, und zwar in der Annahme, dass          den genannten Sportarten Vorteile verschafft. Im
Salbutamol oral zugeführt worden sei. Doping        Bereiche des Bodybuildings verhelfen Diuretika
mit anabolen Substanzen hat eine wesentlich hö-     durch Dehydratation zur verbesserten Darstel-
here Strafe zur Folge. In der Schweiz wurde der     lung des Muskelreliefs. Diuretika sind aber auch
Salbutamolkonzentrations-Cutpoint von mehr          in anderen Sportarten zu finden. Dort dienen sie
als 1000 ng/ml erst in einer Dopingkontrolle        der Beeinflussung der Konzentrationsverhält-
überschritten. Nachuntersuchungen in diesem         nisse anderer Substanzen im Urin (Verdünnung),
Fall haben jedoch ergeben, dass ein derart hoher    was den Nachweis verbotener Substanzen er-
Urinwert in extremen Einzelfällen auch bei kor-     schweren kann. Aus diesen Gründen verbot das
rekter inhalatorischer Anwendung erreicht wer-      IOC 1988 die Anwendung von Diuretika.
den kann [16]. In der aktuellen Dopingliste wird
deshalb präzisiert, dass vor einer abschliessen-
                                                    Glukokortikoide
den Beurteilung der Sportler beweisen muss,
dass der gefundene Wert durch eine therapeuti-
                                                    Seit dem 1.1.2004 ist der Gebrauch der Glu-
sche Anwendung zustande gekommen ist.
                                                    kokortikoide in allen Sportarten für die Wett-
                                                    kampfphase geregelt. Dabei sind orale, rektale,
Antiöstrogen wirkende Substanzen                    intravenöse oder intramuskuläre Anwendungen
                                                    verboten. Für diese Anwendungsarten muss
Diese Substanzklasse ist nur bei Männern verbo-     deshalb eine Ausnahmebewilligung zu thera-
ten. Bei Männern werden Androgene, zur Haupt-       peutischen Zwecken (ATZ, Standardverfahren)
sache Testosteron, durch Aromatasen in peri-        beantragt werden. Alle anderen Anwendungs-
pheren Geweben zu Östrogenen konvertiert.           formen (z.B. inhalativ, intraartikulär, topisch)
Dies hat zur Folge, dass eine exogene Zufuhr von    bedingen eine ATZ nach einfachem Verfahren.
exogenen anabolen Steroiden indirekt auch zu        Mit dieser Regelung wollte die WADA den Miss-
supraphysiologischen Östradiolkonzentrationen       brauch der Glukokortikoide bekämpfen. Unseres
führt (erhöhte Verfügbarkeit von Substrat für die   Erachtens ist dies nicht gelungen, da einerseits
Aromatase). Zusätzlich verdrängen die Andro-        der Gebrauch im Training damit nicht erfasst
gene Östradiol kompetitiv aus der Proteinbin-       wird und andererseits es nicht möglich ist, ana-
dung im Plasma (Sex Hormon Binding Globulin),       lytisch etwas über die Anwendungsart auszu-
was dazu führt, dass die Östrogene vermehrt         sagen. Zudem bringt das Verfahren einen enor-
C U R R I C U LU M              Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089   1088

men administrativen Aufwand mit sich, der be-      Für Formoterol, Salbutamol, Salmeterol und
handelnde Fachpersonen davon abhalten kann,        Terbutalin sowie alle lokal, topisch oder intra-
Glukokortikoide zu verwenden, obwohl sie in        artikulär applizierten Steroide gelangt dabei das
vielen Fällen die beste Behandlung darstellen.     einfache Verfahren zur Anwendung («Verein-
                                                   fachtes Verfahren»). Kortikosteroide sind dabei
                                                   grundsätzlich nur für die Wettkämpfe verboten.
Verbotene Methoden
                                                   In der Vorbereitungsphase kann z.B. eine Epi-
                                                   kondylitis ohne Meldung mit einer Diprophos-
Erhöhung der Transportkapazität
                                                   Injektion behandelt werden.
für Sauerstoff
                                                   Alle übrigen in der Dopingliste aufgeführten Sub-
Unter dieser Methode fallen einerseits das Blut-
                                                   stanzklassen erfordern ein sogenanntes Stan-
doping und die Anwendung von Produkten,
                                                   dardverfahren. Grundsätzlich sind natürlich nur
welche die Aufnahme, den Transport oder die
                                                   aufgeführte Dopingmittel antragspflichtig.
Abgabe von Sauerstoff erhöhen. Dies können vor
                                                   Konkretes Vorgehen: die Formulare können
allem modifizierte Hämoglobinpräparate, Per-
                                                   über www.dopinginfo.ch oder www.swissolym-
flurane oder Efaproxiral (RSR13) sein.
                                                   pic.ch heruntergeladen werden.
Unter Blutdoping versteht man das Zuführen von
                                                   Standardverfahren werden ca. alle 14 Tage
fremdem Blut – Fremdblutdoping – oder eigenem
                                                   durch die ATZ-Kommission, welcher 4 Medizi-
Blut – Eigenblutdoping – vor einer Ausdauer-
                                                   ner angehören, beurteilt. Es ist dabei diesen
leistung. Dadurch wird die Erythrozytenzahl
                                                   Ärzten vorbehalten, zusätzliche Experten zur
vermehrt, womit die Voraussetzungen für eine
                                                   abschliessenden Beurteilung zuzuziehen. Das
Ausdauerleistung verbessert werden. Mögliche
                                                   Gesuch für ein Standardverfahren muss minde-
Nebenwirkungen von Blutdoping sind erhöhte
                                                   stens 3 Wochen vor Therapiebeginn der FDB zu-
Belastung von Herz und Kreislauf, zur Haupt-
                                                   gestellt werden.
sache aber Thromboembolien.
                                                   Die Zeugnisse, welche im 2003 wegen einer
Blutdoping wurde ab 1990 zunehmend durch
                                                   Betamimetika-Therapie bei Asthma-Patienten
EPO-Doping abgelöst. Erst seit der Einführung
                                                   eingesandt wurden, haben eine Gültigkeit von
einer sicheren Nachweismethode für EPO hat
                                                   einem Jahr. Für zu inhalierende Kortikosteroide
das Blutdoping wieder an Bedeutung zugenom-
                                                   gilt die gleiche Gültigkeitsdauer. Die Diagnosen
men. Die kürzlich in der Presse erschienenen
                                                   Asthma, anstrengungsinduziertes Asthma und
Aussagen aus dem Radsport zeichnen dabei ein
                                                   bronchiale Hyperreagibilität, welche eine inha-
erschreckendes Bild. So sollen von einzelnen
                                                   latorische Behandlung mit Betamimetika und/
Equipen Athleten, welche eine identische Blut-
                                                   oder Steroiden rechtfertigen, müssen spirome-
gruppe wie der Teamleader aufwiesen, gezielt
                                                   trisch dokumentiert werden können. Es reicht
angeworben worden sein, um die Voraussetzun-
                                                   jedoch der Hinweis, dass beweisende spirome-
gen für diese Form des Dopings zu schaffen. Die
                                                   trische Befunde vorliegen. Die entsprechenden
WADA ist zurzeit damit beschäftig, einen Test
                                                   Akten selber müssen nicht mehr eingereicht
zum Nachweis von Blutdoping zu entwickeln.
                                                   werden (Neuerung), können aber jederzeit von
                                                   der ATZ-Kommission nachverlangt werden.
Pharmakologische, chemische und
                                                   Eine erneute Lungenfunktionsprüfung wird nach
physikalische Manipulation
                                                   3 Jahren verlangt.
Seit der Einführung von Dopingkontrollen wurde
                                                   Für die perorale, intramuskuläre, rektale (inkl.
immer wieder versucht, Dopingproben zu mani-
                                                   Suppositorien) Anwendung von Glukokortikoiden
pulieren. Dies kann zum Beispiel durch das Aus-
                                                   wird eine Ausnahmebewilligung mittels Stan-
tauschen mit Fremdurin, durch Verdünnen des
                                                   dardverfahren benötigt (jedoch nur für die Wett-
eigenen Urins, durch Einbringen von «saube-
                                                   kampfphase).
rem» Fremdurin in die Blase mittels Katheteri-
sierung vor Urinabgabe, durch chemisch-phar-
makologische Veränderung der Urinausschei-
                                                   Thema Doping in der Arztpraxis
dung oder mittels maskierender Substanzen
geschehen. Nach den geltenden Bestimmungen
                                                   In der täglichen Praxis wird man mit dem Thema
ziehen Manipulationen von Dopingproben für
                                                   Doping zur Hauptsache dann konfrontiert, wenn
den Sportler die gleichen Konsequenzen wie ein
                                                   bei einem Verbandsportler therapeutisch eine
positiver Dopingbefund nach sich.
                                                   Substanz zur Anwendung gelangen soll, die in
                                                   der Dopingliste 2004 aufgeführt ist. Es muss in
Ausnahmebewilligungen                              einem solchen Falle eine Ausnahmebewilligung
zu therapeutischen Zwecken ATZ                     zu therapeutischen Zwecken (ATZ) beantragt
                                                   werden. Anspruchsvoller ist der Umgang mit Pa-
Wird eine in der Dopingliste 2004 aufgeführte      tienten, welche einen Missbrauch verneinen, der
Substanzklasse therapeutisch eingesetzt, so ist    jedoch aufgrund klinischer oder laborchemi-
eine Ausnahmebewilligung zu therapeutischen        scher Parameter vermutet werden muss. Nicht
Zwecken (ATZ) zu beantragen.                       selten schämen sich Anwender auch ihrer Prak-
C U R R I C U LU M                       Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089               1089

                               tiken, was im Interview miteinbezogen werden                      Wird Doping vermutet, so sind folgende
                               muss. Viele Doping-Substanzen haben zudem                         Laboruntersuchungen hilfreich:
                               Suchtpotential. Davon Betroffene benötigen des-                   – Bei Anabolika-Mussbrauch: LH-Bestimmung
                               halb unbedingt ärztlichen Rat und Betreuung,                         (exogene AAS supprimieren LH, insbeson-
                               wobei das therapeutische Ziel immer die Absti-                       dere bei Männern), ALAT und ASAT (Hepato-
                               nenz sein muss.                                                      steatose).
                                                                                                 – Bei Kortikoidmissbrauch: Kortisol (kann in-
                               Doping muss vor allem bei folgenden                                  folge exogener Zufuhr von Steroiden suppri-
                               klinischen Befunden erwogen werden:                                  miert sein).
                               – Psychische Auffälligkeiten (Erregung, Unrast,                   – Bei EPO und Anabolika-Missbrauch: Hämo-
                                   Schlaflosigkeit, Desorientierung, Euphorie).                     globin, Hämatokrit.
                               – Unphysiologisch stark ausgeprägte Muskel-                       – Bei HGH-Missbrauch: IGF-I (Sensitivität und
                                   masse.                                                           Spezifizität juristisch nicht ausreichend).
                               – Akromegale Stigmata (Vergrösserung der
                                   Zahnabstände, Akren, Schwitzen).
                               – Zeichen der Androgenisierung bei Frauen;                        Standesrecht
                                   Menstruationszyklusunregelmässigkeiten.
                               – Starke Akne bei Männern.                                        Nach den Ereignissen an der Tour de France
                               – Hodenatrophie (Hodengrösse deutlich
Sie können auch lesen