Doping im Sport - neue Entwicklungen - Doping et sport - nouveaux développements
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C U R R I C U LU M Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089 1081 Doping im Sport – neue Entwicklungen Doping et sport – nouveaux développements Matthias Kambera,b, Bruno Müllera,c, Emanuel R. Christc a Fachkommission für Doping-Bekämpfung, Geschäftsstelle, Swiss Olympic Association, Bern b Sportwissenschaftliches Institut des BASPO, Magglingen, c Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsklinik, Inselspital, Bern Quintessenz Quintessence Seit 1967 basiert die Dopingbekämpfung auf einer Depuis 1967 la lutte contre le doping se base sur une Liste mit verbotenen Substanzklassen und Methoden, wel- liste des classes de substances et méthodes interdites, che jedes Jahr überarbeitet und seit dem 1. Januar 2004 revue et corrigée chaque année et éditée depuis le 1er jan- neu von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) heraus- vier 2004, et c’est nouveau, par l’Agence mondiale anti- gegeben wird. dopage (AMA). In der Dopingliste 2004 sind folgende Substanzklassen Dans la Liste des substances dopantes 2004, les clas- verboten: Stimulantien, Narkotika, Cannabinoide, Anabo- ses de substances suivantes sont interdites: stimulants, lika, Peptidhormone, Beta-2-Agonisten, antiöstrogen wir- narcotiques, cannabinoïdes, anabolisants, hormones pep- kende Substanzen, maskierende Substanzen (u.a. Diure- tidiques, bêta-2-agonistes, substances à effet antiœstro- tika) und Glukokortikoide. gène, substances masquantes (notamment diurétiques) et glucocorticoïdes. Bei psychischen Auffälligkeiten, unphysiologisch stark ausgeprägter Muskelmasse, akromegalen Stigmata, Zei- En présence de symptômes psychiques particuliers, chen der Androgenisierung bei Frauen, starker Akne bei d’une masse musculaire augmentée, non physiologique, de Männern, Hodenatrophie, Gynäkomastie, Striae distensae stigmates acromégales, de signes d’androgénisation chez oder rubrae bei Frauen und Männern und Hepatosteatose les femmes, d’acné marquée, d’atrophie testiculaire, de sollte Doping in der Differentialdiagnose stets mitberück- gynécomastie chez les hommes, de vergetures marquées sichtigt werden. ou pourpres chez les femmes et les hommes et de stéatose hépatique, le dopage doit figurer dans le diagnostic diffé- Wird eine in der Dopingliste 2004 aufgeführte Sub- rentiel. stanzklasse therapeutisch eingesetzt, so ist eine Ausnah- mebewilligung zu therapeutischen Zwecken (ATZ) zu be- Si une classe de substance figurant dans la Liste des antragen, wobei zwei verschiedene Verfahren zur Anwen- substances dopantes 2004 est utilisée à visée thérapeu- dung gelangen, je nach verwendetem Therapeutikum tique, il faut demander une autorisation exceptionnelle (Formulare: www.swissolympic.ch). à visée thérapeutique, et il y a deux procédures différen- tes selon le médicament utilisé (formulaires: www.swiss- Aktuelle Informationen zum Thema Doping sind olympic.ch). immer unter www.dopinginfo.ch auffindbar. Les dernières informations sur le dopage peuvent tou- jours être consultées sous www.dopinginfo.ch. Traduction Dr G.-A. Berger CME zu diesem Artikel finden Sie Vous trouverez les questions à choix multiple auf S. 1103 oder im Internet unter concernant cet article à la page 1104 ou sur internet www.smf-cme.ch sous www.smf-cme.ch
C U R R I C U LU M Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089 1082 Allgemeine Definition Aktuelle Definition 1952 unternahm der deutsche Sportärztebund Der WADC hat zu einer grundlegenden Ände- einen ersten Versuch, Doping zu definieren und rung der Definition von Doping geführt. Zusätz- zu verbieten. Die Definition bezog sich lediglich lich haben sich die Kriterien zur Aufführung von auf den Wettkampf und schloss somit die Wett- Substanzen und Methoden in der Dopingliste ge- kampfvorbereitung aus. Zudem musste die «Ab- ändert. sicht der Leistungssteigerung» erfüllt sein, was in der Praxis schwer zu beweisen war. Gemäss Artikel 2 des WADC gilt einer (oder mehrere) der folgenden Tatbestände Dopingdefinition als Doping Deutscher Sportärztebund (1952) – Das Vorhandensein einer verbotenen Sub- Als Doping gilt die Einnahme eines jeden Medi- stanz, ihrer Metaboliten oder diagnostischer kamentes – ob es wirksam ist oder nicht – mit Marker in einer Dopingprobe. der Absicht der Leistungssteigerung während – Der Gebrauch oder versuchte Gebrauch einer des Wettkampfes. verbotenen Substanz oder einer verbotenen Verschiedene andere Versuche, wie z.B. derje- Methode. nige des Europarates von 1963, Doping im Sport – Verweigerung einer Dopingkontrolle. in medizinischer und juristischer Hinsicht klarer – Verstoss eines Athleten gegen die Bestim- zu definieren, scheiterten an der Komplexität des mungen über die Verfügbarkeit zu Doping- Problems. «Doping» bezeichnet keine einheit- kontrollen (insbesondere Angaben über Auf- liche Substanz oder Methode. Zudem kamen enthaltsorte, sogenannte «whereabouts in- immer wieder neue innovative leistungsstei- formation»). gernde Mittel auf den Markt, was die Etablierung – Verfälschen oder versuchtes Verfälschen einer Definition erschwerte. einer Dopingprobe. – Besitz von verbotenen Substanzen durch Athleten oder durch deren Umfeld in Verbin- Dopingbekämpfung dung mit Athleten, falls keine gültige Ausnah- mebewilligung zu therapeutischen Zwecken Nach spektakulären Dopingfällen der 60er Jahre (ATZ) vorhanden ist. beschloss das Internationale Olympische Komi- – Handel mit verbotenen Substanzen oder ver- tee (IOK) 1967, den Kampf gegen Doping welt- botenen Methoden. weit voranzutreiben und zu harmonisieren, und – Abgabe, versuchte Abgabe verbotener Sub- gründete dazu eine eigene medizinische Kom- stanzen und Methoden oder sonstige Kompli- mission. Diese Kommission verzichtete auf eine zenschaft im Zusammenhang mit einer Ver- eigentliche Definition von Doping und verbot letzung der Dopingbestimmungen. statt dessen Substanzklassen und Methoden. Seit dieser Zeit basiert die Dopingbekämpfung auf Artikel 4.3 des WADC bestimmt die Kriterien einer Liste mit verbotenen Substanzklassen und zur Aufführung von Substanzen und Methoden, welche jedes Jahr überarbeitet wird, Methoden in der Dopingliste. Dabei müssen und bis Ende 2003 von der medizinischen Kom- zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt sein: mission des IOK herausgegeben worden ist. Seit – Medizinische oder andere wissenschaftliche dem 1. Januar 2004 ist dafür neu die Welt-Anti- Evidenz, pharmakologische Effekte oder Er- Doping-Agentur (WADA) zuständig. Am 5. März fahrung, dass die Substanz oder Methode 2003 wurde in Kopenhagen zudem der Welt- das Potenzial hat, die sportliche Leistung zu Anti-Doping-Code (WADC) der WADA angenom- erhöhen. men [1]. Darin wird die internationale Führung – Medizinische oder andere wissenschaftliche und Harmonisierung der Dopingbekämpfung Evidenz, pharmakologische Effekte oder Er- der WADA übertragen. Eine ihrer Hauptauf- fahrung, dass der Gebrauch einer Substanz gaben ist die Definition von Doping und die Her- oder Methode ein tatsächliches oder poten- ausgabe der Dopingliste. Die (nationalen) Sport- zielles Gesundheitsrisiko darstellt. organisationen hatten bis zu den Olympischen – Die Einschätzung durch die WADA, dass der Spielen 2004 in Athen Zeit, ihre Reglemente dem Gebrauch einer Substanz oder Methode den Code und den entsprechenden Standards an- in der Einführung des WADC beschriebenen zupassen. Die Regierungen ihrerseits werden Sportgeist, den «spirit of sport», verletzt. angehalten, bis zu den Olympischen Winterspie- len 2006 in Turin eine zurzeit durch die UNESCO in Ausarbeitung befindliche Konvention gegen Doping zu unterzeichnen.
C U R R I C U LU M Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089 1083 Verbotene Substanzklassen den. Stimulantien haben vielfach die Struktur von und Methoden Phenylalkylaminen und sind struktur- und wir- kungsmässig den körpereigenen Katecholaminen In der Dopingliste 2004 sind folgende Substanz- Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin verwandt. klassen (S) und Methoden (M) verboten: Im Sport wurde vor allem mit Substanzen expe- S1. Stimulantien. rimentiert, die gleichzeitig zentralnervöse und S2. Narkotika. periphere Wirkungen aufweisen. Einerseits S3. Cannabinoide. wollte man damit eine erhöhte Wachheit, Wett- S4. Anabolika (exogene und endogene anabol kampfaggressivität und Motivation erwirken und androgene Steroide sowie andere anabol andererseits Herz-Kreislauf-System und Ener- wirkende Substanzen). giestoffwechsel anregen [2]. S5. Peptidhormone. Die wirksamsten und bis vor kurzem am meisten S6. Beta-2-Agonisten. verwendeten Substanzen waren die Ampheta- S7. Antiöstrogen wirkende Substanzen (nur für mine, die vor allem im Radsport und Fussball Männer verboten). zum Einsatz kamen. Verschiedene Untersuchun- S8. Maskierende Substanzen. gen [3, 4] zeigten, dass die sportliche Leistung S9. Glukokortikoide. durch die Einnahme von Amphetaminen tat- M1. Erhöhung der Transportkapazität (des Blu- sächlich gesteigert werden kann. tes) für Sauerstoff. Aufgrund der häufigen Zwischenfälle mit Am- M2. Pharmakologische, chemische und physika- phetaminen mit teilweise tödlichem Ausgang lische Manipulation. (1960: Knut Jensen, dänischer Radfahrer; 1967: M3. Gendoping. Tom Simpson, britischer Radfahrer), verbot das IOK 1968 diese Substanzen für den Wettkampf, Die Substanzklassen S4, S5, S6 (Salbutamol, falls nicht aber für die Vorbereitungsphase (Training). die Konzentration im Urin höher als 1000 ng/ml Amphetamine waren somit Auslöser für die ist), S7 und S8 sowie die Methoden M1, M2 und Einführung von Dopingbestimmungen und -kon- M 3 sind nicht nur im Wettkampf, sondern auch trollen. Wegen des Suchtpotentials unterliegen im Training verboten. zudem Amphetamine und deren Derivate dem Weiter sind Alkohol, Betablocker und Diuretika Betäubungsmittelgesetz (Tab. 1 p). in gewissen Sportarten verboten. Die jeweils Einige der verbotenen Stimulantien wie Ephe- aktuelle Dopingliste kann im Internet unter drin und Methylephedrin sind in vielen, auch www.dopinginfo.ch oder www.swissolympic.ch rezeptfrei erhältlichen Medikamenten gegen Er- eingesehen werden. kältungserkrankungen enthalten. Bis vor einigen Untenstehend sind die Wirkungen und Neben- Jahren betrafen positive Dopingresultate viel- wirkungen der wichtigsten Substanzklassen auf- fach solche Medikamente, die therapeutisch und geführt. nicht mit dem Ziel der Leistungssteigerung eingenommen/verschrieben worden sind. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, wurden Stimulantien deshalb für Stimulantien «Toleranzgrenzen» er- lassen. Für Ephedrin und Methylephedrin bei- Stimulantien (auch Psychostimulantien genannt) spielsweise sind maximale Urinkonzentrationen sind Wirkstoffe, welche die allgemeine, zentrale von 10 mg/ml festgelegt worden. Um Kompli- und/oder periphere Körperaktivität erhöhen. kationen zu vermeiden, ist es in Einzelfällen Dies ist mit einer kurzfristigen Steigerung der aber angezeigt, ephedrinhaltige Medikamente körperlichen Leistung und der Stimmung verbun- rechtzeitig vor einem Wettkampf abzusetzen. Alternativ ist darauf zu achten, dass im Falle von Tabelle 1. Wirkungen und Nebenwirkungen von Stimulantien. banalen Erkältungserkrankungen dopingfreie Wirkungen Nebenwirkungen Medikamente zum Einsatz gelangen. Bei der Steigerung der Herzleistung, Kardiovaskuläre Probleme, Stresssymptome, Fachkommission für Dopingbekämpfung von Erhöhung von Puls und Blutdruck Schlaflosigkeit Swiss Olympic (FDB) ist eine Liste unbedenk- Positive Beeinflussung des Nährsubstrat- Temperaturerhöhung, Hitzestau, Hitzschlag licher Medikamente erhältlich. Abbaus (Lipolyse und Glykogenolyse), verstärkte Stresssymptome, Störung der Seit dem 1. Januar 2004 sind auch schwach Erhöhung von Grund- und Leistungsumsatz Regenerationsfähigkeit (fehlende Erholung wirksame Stimulantien wie Koffein, Phenyl- nach Sportausübung) ephrin, Phenylpropanolamin, Pipradol, Pseudo- Erhöhung des Atemminutenvolumens ephedrin und Synephrin nicht mehr auf der (zentrale Stimulation, Bronchodilatation) Dopingliste und somit ohne Einschränkungen Zentralnervöse Beeinflussung: Euphorie, Psychische Störungen wie Unrast, Erregung, erlaubt. Die Labors sind aber verpflichtet, die Ana- Steigerung der Leistungsbereitschaft Schlaflosigkeit, Desorientierung, Ängstlich- lyseresultate für diese Substanzen der WADA zu keit, Halluzinationen, Paranoia, Sucht melden. Mit diesem «Überwachungsprogramm» Verzögertes Eintreten des Erschöpfungs- Verbrauch von vitalen Energie-Ressourcen will die WADA sicherstellen, dass entsprechende gefühls (u.a. durch Erhöhung der durch Unterdrückung des Ermüdungs- Medikamente nicht wieder vermehrt im Sport Laktattoleranz) gefühls, schwere Erschöpfungszustände, Tod zum Einsatz gelangen.
C U R R I C U LU M Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089 1084 Narkotika Verbotes auf alle Sportarten ausgesprochen und es den internationalen Verbänden überlassen Die im Sport während des Wettkampfes verbo- wollen, ob sie Cannabinoide in ihrem Sport tenen Narkotika (auch Narkoanalgetika) sind verbieten wollen. Die WADA hat aber anders ent- starke Schmerzmittel aus der Klasse der Opiate. schieden und den Cannabinoidkonsum als Do- Sie wirken auf Rezeptoren im zentralen Ner- ping eingestuft, obwohl sie in den meisten Sport- vensystem und verändern unter anderem das arten nicht leistungssteigernd wirken. Als Tole- Schmerzempfinden. Narkoanalgetika werden ranzgrenze wurde 15 ng/ml Carboxy-THC vorge- vor allem in Sportarten eingesetzt, bei denen geben. Durch Festlegung einer Toleranzgrenze Schmerzen entstehen können (z.B. Kampfsport- soll vermieden werden, dass Passivrauchen zu arten). In geringen Dosen wirken sie antidepres- einem positiven Dopingresultat führen kann. siv und euphorisierend. Werden sie kombiniert mit Stimulantien eingenommen, können sie zu einem eigentlichen Leistungsrausch mit Unter- Anabolika drücken warnender Schmerzsignale führen. Im Sport sind Narkotika seit 1968 verboten. Anabolika wirken zur Hauptsache durch positive Bis vor wenigen Jahren waren zudem kodein- Beeinflussung der Muskelmasse (sog. «lean body und dihydrokodeinhaltige Medikamente wäh- mass») und der Muskelkraft [5]. Auf der Doping- rend eines Wettkampfes verboten. Dies wegen liste werden mit Anabolika androgen-anabole des Morphiums, eines der aktiven Metaboliten Steroidhormone und andere aufbauend wir- von Kodein. Neuerdings sind Medikamente, die kende Substanzen (z.B. Clenbuterol) bezeichnet. Kodein, Dihydrokodein sowie Dextrometorphan Anabole Steroide werden im Sport seit den 50er enthalten, aber wieder erlaubt. Durch Verbesse- Jahren eingesetzt. Im Vordergrund standen zu- rung der Analytik kann nämlich nun das Verhält- nächst Disziplinen, die Kraft, Schnelligkeit und nis von Kodein zu Morphin erfasst werden. Wenn Muskelmasse verlangten. Später gelangten Ana- neben Morphin (in einer Menge von weniger bolika aber auch in anderen Sportarten zur als 1 mg/ml) auch Kodein gefunden wird, so gilt Anwendung. 1974 nahm die medizinische Kom- die Dopingprobe als negativ (Tab. 2 p). mission des IOK die anabolen Steroide in die Dopingliste auf, und 1976 wurde an den Olym- pischen Spielen von Montreal erstmals auf Cannabinoide derartige Substanzen getestet. Dabei entfielen 11 von den total 12 vorgefundenen verbotenen Seit dem 1. Januar 2004 sind Cannabinoide für Substanzen in die Kategorie anabole Steroide. alle Sportarten im Wettkampf verboten. Die FDB Den verbesserten Nachweismethoden Rechnung hatte sich bei der Vernehmlassung zur neuen tragend, wurde in der Folge vermehrt reines Liste im Juni 2003 gegen diese Ausweitung des Testosteron eingesetzt (zur Hauptsache in pa- renteraler Form), da damals exogen zugeführtes Tabelle 2. Wirkungen und Nebenwirkungen von Narkotika. Testosteron noch nicht von endogenem differen- ziert werden konnte. Durch Einführung des Wirkungen Nebenwirkungen Quotienten Testosteron/Epitestosteron gelang Linderung des durch Sport Sucht, Betäubung, Koma, Tod daraufhin jedoch auch der Nachweis von Testo- verursachten Schmerzes steron-Doping. Umfangreiche Untersuchungen Beruhigende Wirkung Verminderte Konzentration und Koordination hatten ergeben, dass normalerweise das Verhält- nis endogenes Testosteron zu seinem (gleich- zeitig zu Testosteron endogen produzierten) Tabelle 3. Wirkungen und Nebenwirkungen von anabolen Steroiden. Epimeren Epitestosteron 0,8 bis 1,5 beträgt. Wirkungen Nebenwirkungen Exogen zugeführtes Testosteron erhöht dieses Erhöhung der Skelettmuskelmasse Beeinflussung der Lipidkonzentrationen Verhältnis. Abgestützt auf epidemiologische Daten wurde von der medizinischen Kommis- Androgenisierung Akne Beeinflussung der Psyche (Aggressivität) sion des IOK deshalb ein Grenz-Quotient von 6:1 Suppression eigener endogener anaboler festgelegt und Testosteron 1984 verboten [6] Steroidhormone (Libidoabfall, Hodenatrophie) (Tab. 3 p). Verstärkung der sekundären männlichen Im Gegensatz zu früher eingesetzten, peroral Sexualmerkmale beim Mann verabreichten Methyltestosteronen sind die Gynäkomastie durch Zunahme der Östrogen- heute therapeutisch verwendeten Testosteron- bildung aus Testosteron beim Mann präparate nicht hepatotoxisch. Seit dem 1. Ja- Virilisierung bei Frauen nuar 2004 werden die anabol androgenen Stimulation der Erythropoese Erhöhte Blutviskosität, Thromboembolien Steroide (AAS) in der Dopingliste in die Klassen Verbesserte Regeneration Erhöhte Anfälligkeit für Verletzungen der exogenen AAS (wie z.B. Fluoxymesteron, an Bändern und Sehnen Nandrolon, Stanozolol) und der endogenen AAS Knochenaufbau Stopp des Längenwachstums durch Schluss der (wie z.B. Androstendion, Dehydroepiandrosteron Epiphysenfuge bei Einsatz prä- oder peripubertär DHEA, Testosteron) aufgeteilt. Bei den exogenen
C U R R I C U LU M Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089 1085 AAS gilt eine Dopingprobe als positiv, wenn sie Erythropoietin (EPO) vom Labor mit verlässlichen analytischen Me- Das 1985 erstmals gentechnologisch hergestellte thoden nachgewiesen werden kann. Bei den EPO wurde zu therapeutischen Zwecken 1987 in endogenen AAS muss das Labor die entspre- Europa eingeführt. Bereits an den Olympischen chende Substanz oder ihre Metabolite, diagno- Spielen in Calgary 1988 wurde erstmals öffent- stische Marker mit Beweischarakter oder rele- lich über die Anwendung von EPO im Team der vante Verhältnisse nachweisen (z.B. einen patho- sowjetischen Langläuferinnen und -läufer spe- logischen Testosteron/Epitestosteron-Quotienten). kuliert. Im gleichen Jahr verbot der Internatio- Als weitere Neuerung gilt ab 1.1.2004, dass nale Skiverband FIS EPO als Dopingmittel. Zwi- neben den in der Liste aufgeführten AAS auch schen 1987 und 1990 wurden verschiedene To- deren «Analoge» verboten seien. Mit diesem desfälle im Radsport und Orientierungslauf mit neuen Begriff wurde von der früheren, bewähr- EPO-Missbrauch in Zusammenhang gebracht. ten Version «und andere Substanzen mit ähn- Deshalb wurde 1990 EPO vom IOC auf die Do- licher chemischer Struktur oder ähnlicher phar- pingliste gesetzt. Eine Nachweismethode stand makologischer Wirkung» abgewichen. Die Ereig- jedoch nach wie vor nicht zur Verfügung. Da ein nisse um das Designersteroid Tetrahydro-Gestri- verbreiteter EPO-Missbrauch wahrscheinlich non (THG) haben jedoch gezeigt, dass diese Än- war, führten der Internationale Skiverband (FIS) derung zu Problemen führen kann. Bei THG han- und der Radverband (UCI) erstmals Blutkontrol- delt es sich um ein bisher unbekanntes Steroid len vor den Wettkämpfen ein. Wurden Grenz- auf der Basis von Gestrinon. Gestrinon selber werte für Hämatokrit (UCI) oder Hämoglobin fand 1978 Eingang in die medizinische Literatur. (FIS) überschritten, durften die Athleten aus me- Es wurde ursprünglich als lang wirksames ora- dizinischen Gründen nicht an den Wettkämpfen les Verhütungsmittel entwickelt («Wochenpille»). teilnehmen. Diese Kontrollen wurden als «Ge- Durch chemische Modifikation dieses Ovula- sundheitskontrollen» deklariert, und nicht als tionshemmers ist eine anabole Substanz ent- Dopingkontrollen, da die Resultate juristisch ge- standen, also eine Substanz mit ähnlicher phar- sehen nicht Beweischarakter haben. makologischer Wirkung, jedoch ohne Analogie Dank staatlichem Eingriff (Zollfahndung, Polizei- zu den bisherigen AAS. razzien) an der Tour de France wurden 1998 Die WADA hat deshalb in einer Mitteilung vom grossflächige Dopingpraktiken aufgedeckt. Dies 26. März 2004 erklärt, dass per sofort wieder auf erhöhte den Druck, Testmethoden zum Nach- die frühere Praxis zurückgegriffen werden soll weis von EPO-Doping zu entwickeln. (d.h. als Analoge gelten: «andere Substanzen mit Im Jahre 2000 wurde erstmals ein Nachweisver- ähnlicher chemischer Struktur oder ähnlicher fahren für EPO aus dem Urin publiziert [7]. pharmakologischer Wirkung»). Erprobt wurde diese Nachweismethode anläss- lich der Olympischen Spiele in Sydney mit einer kombinierten Methode aus Blut und Urin. Peptidhormone Im Jahre 2001 wurde in einem Urteil des Inter- nationalen Sportschiedsgerichts in Lausanne Die im Sport verbotenen Peptidhormone sind (TAS) die direkte Nachweismethode von EPO aus Erythropoietin (EPO), Wachstumshormon (Human dem Urin als wissenschaftlich genügend ausge- Growth Hormone, HGH), Choriongonadotropin reift bezeichnet. An den Olympischen Spielen in (hCG), tierische, humane und synthetische Gona- Salt Lake City 2002 wurden daraufhin mehrere dotropine, Insulin, Kortikotropine, sowie deren Langläuferinnen und -läufer des Dopings mit Releasingfaktoren (z.B. CRH). Bei hCG und den einer neuen Form von EPO (Darbepoietin alpha Gonadotropinen gilt das Verbot nur für Männer. = Nespo; ein Depot-EPO) überführt (Tab. 4 p). HCG wird nicht selten in Kombination mit AAS verwendet und soll in dieser Kombination die Wachstumshormon durch die AAS bedingte Suppression eigener (Human Growth Hormone, HGH) endogener anaboler Steroidhormone (Libido- Die Tatsache, dass HGH bereits in den frühen abfall, Hodenatrophie) beheben. 80er Jahren als Anabolikum im «The Under- Was Peptidhormone anbelangt, so spielen im ground Steroid Handbook» in Kalifornien be- Sport vor allem aber HGH und Insulin im Kraft- schrieben wurde, zeugt davon, dass es bereits bereich, und EPO bei Ausdauerprüfungen eine damals missbräuchlich im Sport eingesetzt wichtige Rolle: Deswegen werden diese drei Hor- wurde. Allerdings handelte es sich damals um mone im folgenden speziell behandelt. HGH, welches aus Kadaver-Hypophysen extra- hiert wurde – mit den bekannten assoziierten Ri- Tabelle 4. Wirkungen und Nebenwirkungen von EPO. siken (Creuzfeldt-Jakob-Krankheit). In den spä- ten 80er Jahren konnte HGH biotechnologisch Wirkungen Nebenwirkungen hergestellt werden, was aufgrund der verbesser- Erhöhung der Erythrozytenzahl Bluthochdruck ten Verfügbarkeit und Sicherheit zu einer expo- verbesserte Sauerstoff-Transport-Kapazität erhöhte Blutviskosität nentiellen Zunahme der Erkenntnisse über die verbesserte Ausdauerleistung Thromboembolien (im Extremfall mit Todesfolge) Wirkung dieses Hormons beim Erwachsenen
C U R R I C U LU M Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089 1086 führte. Diese Erkenntnisse basierten vor allem verschiedenen Isomeren sezerniert wird, der auf kontrollierten Studien von erwachsenen Pa- grösste Anteil in Form der 22kDa, ein kleinerer tienten mit kompletten Wachstumshormonman- Anteil (max. 10%) in Form der 20kDa-Isomere. gel aufgrund hypothalamisch-hypophysärer Pa- Bei exogen zugeführtem HGH wird der Anteil des thologien (meist Tumoren). Bei diesen Patienten 22kDa grösser, was zu einem erhöhten Quotien- führte eine HGH-Ersatztherapie zu einer Zu- ten 22kDa/20kDa führt, worauf der Nachweis nahme der Muskelmasse mit gleichzeitiger Ab- basiert. Der Nachweis ist jedoch nur mit einer nahme der Fettmasse [8]. Metabolische Untersu- Blutprobe möglich. Die entsprechende Methode chungen konnten nachweisen, dass HGH die wurde anlässlich der Olympischen Spiele in Proteinsynthese fördert bei gleichzeitiger Erhö- Athen eingeführt. hung der Lipolyse, was die beobachtete Ände- Aus ethischen Gründen wurde die Wirksamkeit rung der Körperzusammensetzung nach HGH- von HGH als Doping in keiner Studie nachge- Therapie erklären kann. Die erhöhte Lipolyse ih- wiesen. Von Patienten mit Akromegalie ist rerseits scheint für die durch HGH verursachte jedoch bekannt, dass bei zu hoher HGH-Sekre- Insulin-Resistenz verantwortlich zu sein [9]. Spä- tion die Mortalität im Vergleich zu der entspre- ter konnten Wirkungen auf den Knochen (ana- chenden Kontrollpopulation deutlich erhöht ist bol) und das Herz-Kreislauf-System nachgewie- [12]. Insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankun- sen werden (Erhöhung des Preloads, Verminde- gen, möglicherweise auch Neoplasien sind deut- rung des Afterloads, direkte anabole Wirkung lich gehäuft. Selbst Sportmedizinern ist häufig auf den Herzmuskel). Die im Durchschnitt um 10 zu wenig bewusst, welchen nicht unerheblichen bis 15% verringerte physische Leitungsfähigkeit Risiken sich Athleten beim HGH-Doping ausset- des HGH-defizienten Patienten im Vergleich zu zen (Tab. 5 p). einer gesunden Kontrollpopulation ist ein charak- teristisches Symptom, welches sich durch HGH- Insulin Substitution verbessert. Die Wirkung von HGH auf 1998, anlässlich der Olympischen Winterspiele die Muskulatur und das Herz-Kreislauf-System in Nagano, wurde das Internationale Olympische sind wahrscheinlich dafür verantwortlich [8]. Komitee (IOC) erstmals auf Insulin als mögliche Diese Resultate, erstmals 1989 im New England Doping-Substanz aufmerksam. Ein russischer Journal of Medicine [9] und im Lancet [10] von Spotmediziner fragte nämlich nach, ob die Ver- zwei unabhängigen Europäischen Gruppen wendung von Insulin auf insulinabhängige Dia- publiziert, blieben nicht unbemerkt. Obwohl betiker beschränkt sei. Das IOC handelte unver- keine konkreten Zahlen vorliegen, beweisen ver- züglich und setzte Insulin auf die Liste verbote- schiedene Zwischenfälle eindeutig, dass HGH als ner Substanzen. In England wurde daraufhin die Doping eingesetzt wurde: Anlässlich der Tour de Verwendung von Insulin v.a. in der Bodybuilder- France 1998 wurde in einem Auto grössere Men- Szene bestätigt [13]. gen von HGH-Ampullen entdeckt, HGH wurde Die metabolischen Effekte des Insulins wurden bei einem Trainer einer Schwimm-National- hauptsächlich am Insulin-defizienten Patienten mannschaft anlässlich der Olympischen Spiele in erforscht (d.h. am Patienten mit Typ-1-Diabetes). Sydney im Jahre 2000 gefunden und 6 Monate Es ist hinlänglich bekannt, dass Insulin neben vor den Olympischen Spielen 2000 wurden eine der Hemmung der hepatischen Glukoneogenese grosse Anzahl an HGH-Ampullen aus einer Apo- die Aufnahme von Glukose in den Skelettmuskel theke in Sidney entwendet. Zusätzlich gestand erleichtert [13]. Letzteres führt zu einem Glyko- Ben Johnson, dass er nebst anabolen Steroiden genaufbau. Glykogen wiederum ist ein wichtiger über längere Zeit HGH als Doping verwendet Energie-Speicher des Muskels, welcher bei hatte. Der Nachweis von anabolen Steroiden sportlichen Anstrengungen verwendet werden führte bei ihm bekannterweise zur Aberkennung kann. Es ist bis anhin jedoch nicht ausreichend der Olympischen Goldmedaille von Seoul. nachgewiesen, dass grössere Glykogenspeicher HGH war bis anhin wahrscheinlich weit verbrei- tatsächlich zu einer Verbesserung der sport- tet, weil ein direkter Nachweis nicht möglich lichen Leistungsfähigkeit führen [14]. war. Inzwischen ist es jedoch gelungen, exoge- Etwas weniger bekannt ist die Wirkung von nes HGH im Serum nachzuweisen [11]. Der Test Insulin auf den Protein-Stoffwechsel: Insulin basiert auf dem Prinzip, dass endogenes HGH in hemmt den Protein-Abbau. Diabetiker, welche mit Insulin behandelt werden, weisen mehr Muskelmasse auf als gesundes Kontroll-Kollektiv Tabelle 5. Wirkungen und Nebenwirkungen von HGH beim HGH-defizienten Patienten. [15]. Diese Tatsache macht Insulin-Doping für Wirkungen Nebenwirkungen Sportarten attraktiv, bei welchen eine grosse Erhöhung der Muskelmasse, Abbau des Insulinresistenz, Akromegalie Muskelmasse Vorteile bringt. Körperfettanteils Wasserretention (symptomatisch Gesicherte Daten, dass Insulin-Doping bei Ath- Verbesserung der kardiovaskulären mit Karpaltunnel-Syndrom CTS, leten wirklich zu vermehrter Muskelmasse und «Performance» Arthralgien) Leistungsfähigkeit führt, sind nicht vorhanden. Erhöhung der Knochendichte Ebenso fehlen Angaben, wie Insulin im Sinne Verbesserung der Lebensqualität von Doping genau einzusetzen ist, respektive
C U R R I C U LU M Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089 1087 appliziert werden muss. Es sind hierzu profunde auch in freier und somit biologisch aktiver Form Kenntnisse der Insulinwirkung notwendig, um vorliegen. Dies hat für die Athleten uner- insbesondere Hypoglykämien zu vermeiden. wünschte Wirkungen wie Gynäkomastien zur Eine sichere Nachweis-Methode von Insulin im Folge. Substanzen mit antiöstrogenem Effekt Blut oder Urin kommt aktuell nicht zur Anwen- wirken in diesem Sinne korrigierend ein. dung. Hingegen genügt aufgrund des WADA- Codes bereits der Besitz von Insulin bei nicht- Maskierende Substanzen diabetischen Athleten als Doping. Unter dieser Substanzklasse fallen Diuretika, Epi- Beta-2-Agonisten testosteron, Probenecid und Plasmaexpander. Epitestosteron wurde um ca. 1980 vor allem in In der Dopingliste vom 1.1.2004 werden Beta- der ehemaligen DDR eingesetzt, um den durch 2-Agonisten erstmals als eigene Substanzklasse Anabolika-Einsatz beeinflussten Testosteron/Epi- genannt, vorher waren sie als Untergruppe der testosteron-Quotienten wieder auszugleichen. Anabolika aufgeführt. Alle Beta-2-Agonisten Probenecid beeinflusst die Ausscheidung von sind im Wettkampf verboten. Einzig Formoterol, Steroiden und mit Plasmaexpandern wird ver- Salbutamol, Salmeterol und Terbutalin sind für sucht, bei EPO-Missbrauch den Hämatokrit wie- die Behandlung von Asthma – speziell auch an- der abzusenken. strengungsinduziertes Asthma (bei Ausdauer- sportlern sehr verbreitet) – und bronchialer Diuretika Hyperreagibilität zugelassen. Die genannten Diuretika finden ihre Anwendung vor allem bei Substanzen müssen per inhalationem zugeführt Sportarten mit Gewichtsklassen wie zum Bei- werden. Vorgängig ist eine Ausnahmebewil- spiel Gewichtheben, Judo oder Ringen. Diuretika ligung zu therapeutischen Zwecken (ATZ) zu be- ermöglichen durch Ausscheiden von hohen antragen, wobei das einfache Verfahren zur Urinmengen eine vorübergehende relevante Anwendung gelangt (siehe unten). Gewichtsabnahme, was in Grenzfällen den Athle- Für Salbutamol wurde dabei ein Urinwert von ten erlaubt, in einer tieferen Gewichtsklasse an- mehr als 1000 ng/ml als Toleranzgrenze festge- zutreten. Die anschliessende Flüssigkeits-Wie- legt. Wird dieser Wert überschritten, so wird von deraufnahme stellt dann das frühere und für den einem positiven Dopingbefund (Verstoss gegen Wettkampf in einer bestimmten Gewichtsklasse das Dopinggesetz mit einer anabolen Substanz) zu hohe Gewicht wieder her, was den Athleten in ausgegangen, und zwar in der Annahme, dass den genannten Sportarten Vorteile verschafft. Im Salbutamol oral zugeführt worden sei. Doping Bereiche des Bodybuildings verhelfen Diuretika mit anabolen Substanzen hat eine wesentlich hö- durch Dehydratation zur verbesserten Darstel- here Strafe zur Folge. In der Schweiz wurde der lung des Muskelreliefs. Diuretika sind aber auch Salbutamolkonzentrations-Cutpoint von mehr in anderen Sportarten zu finden. Dort dienen sie als 1000 ng/ml erst in einer Dopingkontrolle der Beeinflussung der Konzentrationsverhält- überschritten. Nachuntersuchungen in diesem nisse anderer Substanzen im Urin (Verdünnung), Fall haben jedoch ergeben, dass ein derart hoher was den Nachweis verbotener Substanzen er- Urinwert in extremen Einzelfällen auch bei kor- schweren kann. Aus diesen Gründen verbot das rekter inhalatorischer Anwendung erreicht wer- IOC 1988 die Anwendung von Diuretika. den kann [16]. In der aktuellen Dopingliste wird deshalb präzisiert, dass vor einer abschliessen- Glukokortikoide den Beurteilung der Sportler beweisen muss, dass der gefundene Wert durch eine therapeuti- Seit dem 1.1.2004 ist der Gebrauch der Glu- sche Anwendung zustande gekommen ist. kokortikoide in allen Sportarten für die Wett- kampfphase geregelt. Dabei sind orale, rektale, Antiöstrogen wirkende Substanzen intravenöse oder intramuskuläre Anwendungen verboten. Für diese Anwendungsarten muss Diese Substanzklasse ist nur bei Männern verbo- deshalb eine Ausnahmebewilligung zu thera- ten. Bei Männern werden Androgene, zur Haupt- peutischen Zwecken (ATZ, Standardverfahren) sache Testosteron, durch Aromatasen in peri- beantragt werden. Alle anderen Anwendungs- pheren Geweben zu Östrogenen konvertiert. formen (z.B. inhalativ, intraartikulär, topisch) Dies hat zur Folge, dass eine exogene Zufuhr von bedingen eine ATZ nach einfachem Verfahren. exogenen anabolen Steroiden indirekt auch zu Mit dieser Regelung wollte die WADA den Miss- supraphysiologischen Östradiolkonzentrationen brauch der Glukokortikoide bekämpfen. Unseres führt (erhöhte Verfügbarkeit von Substrat für die Erachtens ist dies nicht gelungen, da einerseits Aromatase). Zusätzlich verdrängen die Andro- der Gebrauch im Training damit nicht erfasst gene Östradiol kompetitiv aus der Proteinbin- wird und andererseits es nicht möglich ist, ana- dung im Plasma (Sex Hormon Binding Globulin), lytisch etwas über die Anwendungsart auszu- was dazu führt, dass die Östrogene vermehrt sagen. Zudem bringt das Verfahren einen enor-
C U R R I C U LU M Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089 1088 men administrativen Aufwand mit sich, der be- Für Formoterol, Salbutamol, Salmeterol und handelnde Fachpersonen davon abhalten kann, Terbutalin sowie alle lokal, topisch oder intra- Glukokortikoide zu verwenden, obwohl sie in artikulär applizierten Steroide gelangt dabei das vielen Fällen die beste Behandlung darstellen. einfache Verfahren zur Anwendung («Verein- fachtes Verfahren»). Kortikosteroide sind dabei grundsätzlich nur für die Wettkämpfe verboten. Verbotene Methoden In der Vorbereitungsphase kann z.B. eine Epi- kondylitis ohne Meldung mit einer Diprophos- Erhöhung der Transportkapazität Injektion behandelt werden. für Sauerstoff Alle übrigen in der Dopingliste aufgeführten Sub- Unter dieser Methode fallen einerseits das Blut- stanzklassen erfordern ein sogenanntes Stan- doping und die Anwendung von Produkten, dardverfahren. Grundsätzlich sind natürlich nur welche die Aufnahme, den Transport oder die aufgeführte Dopingmittel antragspflichtig. Abgabe von Sauerstoff erhöhen. Dies können vor Konkretes Vorgehen: die Formulare können allem modifizierte Hämoglobinpräparate, Per- über www.dopinginfo.ch oder www.swissolym- flurane oder Efaproxiral (RSR13) sein. pic.ch heruntergeladen werden. Unter Blutdoping versteht man das Zuführen von Standardverfahren werden ca. alle 14 Tage fremdem Blut – Fremdblutdoping – oder eigenem durch die ATZ-Kommission, welcher 4 Medizi- Blut – Eigenblutdoping – vor einer Ausdauer- ner angehören, beurteilt. Es ist dabei diesen leistung. Dadurch wird die Erythrozytenzahl Ärzten vorbehalten, zusätzliche Experten zur vermehrt, womit die Voraussetzungen für eine abschliessenden Beurteilung zuzuziehen. Das Ausdauerleistung verbessert werden. Mögliche Gesuch für ein Standardverfahren muss minde- Nebenwirkungen von Blutdoping sind erhöhte stens 3 Wochen vor Therapiebeginn der FDB zu- Belastung von Herz und Kreislauf, zur Haupt- gestellt werden. sache aber Thromboembolien. Die Zeugnisse, welche im 2003 wegen einer Blutdoping wurde ab 1990 zunehmend durch Betamimetika-Therapie bei Asthma-Patienten EPO-Doping abgelöst. Erst seit der Einführung eingesandt wurden, haben eine Gültigkeit von einer sicheren Nachweismethode für EPO hat einem Jahr. Für zu inhalierende Kortikosteroide das Blutdoping wieder an Bedeutung zugenom- gilt die gleiche Gültigkeitsdauer. Die Diagnosen men. Die kürzlich in der Presse erschienenen Asthma, anstrengungsinduziertes Asthma und Aussagen aus dem Radsport zeichnen dabei ein bronchiale Hyperreagibilität, welche eine inha- erschreckendes Bild. So sollen von einzelnen latorische Behandlung mit Betamimetika und/ Equipen Athleten, welche eine identische Blut- oder Steroiden rechtfertigen, müssen spirome- gruppe wie der Teamleader aufwiesen, gezielt trisch dokumentiert werden können. Es reicht angeworben worden sein, um die Voraussetzun- jedoch der Hinweis, dass beweisende spirome- gen für diese Form des Dopings zu schaffen. Die trische Befunde vorliegen. Die entsprechenden WADA ist zurzeit damit beschäftig, einen Test Akten selber müssen nicht mehr eingereicht zum Nachweis von Blutdoping zu entwickeln. werden (Neuerung), können aber jederzeit von der ATZ-Kommission nachverlangt werden. Pharmakologische, chemische und Eine erneute Lungenfunktionsprüfung wird nach physikalische Manipulation 3 Jahren verlangt. Seit der Einführung von Dopingkontrollen wurde Für die perorale, intramuskuläre, rektale (inkl. immer wieder versucht, Dopingproben zu mani- Suppositorien) Anwendung von Glukokortikoiden pulieren. Dies kann zum Beispiel durch das Aus- wird eine Ausnahmebewilligung mittels Stan- tauschen mit Fremdurin, durch Verdünnen des dardverfahren benötigt (jedoch nur für die Wett- eigenen Urins, durch Einbringen von «saube- kampfphase). rem» Fremdurin in die Blase mittels Katheteri- sierung vor Urinabgabe, durch chemisch-phar- makologische Veränderung der Urinausschei- Thema Doping in der Arztpraxis dung oder mittels maskierender Substanzen geschehen. Nach den geltenden Bestimmungen In der täglichen Praxis wird man mit dem Thema ziehen Manipulationen von Dopingproben für Doping zur Hauptsache dann konfrontiert, wenn den Sportler die gleichen Konsequenzen wie ein bei einem Verbandsportler therapeutisch eine positiver Dopingbefund nach sich. Substanz zur Anwendung gelangen soll, die in der Dopingliste 2004 aufgeführt ist. Es muss in Ausnahmebewilligungen einem solchen Falle eine Ausnahmebewilligung zu therapeutischen Zwecken ATZ zu therapeutischen Zwecken (ATZ) beantragt werden. Anspruchsvoller ist der Umgang mit Pa- Wird eine in der Dopingliste 2004 aufgeführte tienten, welche einen Missbrauch verneinen, der Substanzklasse therapeutisch eingesetzt, so ist jedoch aufgrund klinischer oder laborchemi- eine Ausnahmebewilligung zu therapeutischen scher Parameter vermutet werden muss. Nicht Zwecken (ATZ) zu beantragen. selten schämen sich Anwender auch ihrer Prak-
C U R R I C U LU M Schweiz Med Forum 2004;4:1081–1089 1089 tiken, was im Interview miteinbezogen werden Wird Doping vermutet, so sind folgende muss. Viele Doping-Substanzen haben zudem Laboruntersuchungen hilfreich: Suchtpotential. Davon Betroffene benötigen des- – Bei Anabolika-Mussbrauch: LH-Bestimmung halb unbedingt ärztlichen Rat und Betreuung, (exogene AAS supprimieren LH, insbeson- wobei das therapeutische Ziel immer die Absti- dere bei Männern), ALAT und ASAT (Hepato- nenz sein muss. steatose). – Bei Kortikoidmissbrauch: Kortisol (kann in- Doping muss vor allem bei folgenden folge exogener Zufuhr von Steroiden suppri- klinischen Befunden erwogen werden: miert sein). – Psychische Auffälligkeiten (Erregung, Unrast, – Bei EPO und Anabolika-Missbrauch: Hämo- Schlaflosigkeit, Desorientierung, Euphorie). globin, Hämatokrit. – Unphysiologisch stark ausgeprägte Muskel- – Bei HGH-Missbrauch: IGF-I (Sensitivität und masse. Spezifizität juristisch nicht ausreichend). – Akromegale Stigmata (Vergrösserung der Zahnabstände, Akren, Schwitzen). – Zeichen der Androgenisierung bei Frauen; Standesrecht Menstruationszyklusunregelmässigkeiten. – Starke Akne bei Männern. Nach den Ereignissen an der Tour de France – Hodenatrophie (Hodengrösse deutlich
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