Neue psychoaktive Substanzen - Informationen und Erkenntnisse zu "Legal Highs" aus polizeilicher Sicht
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Neue psychoaktive Substanzen Informationen und Erkenntnisse zu „Legal Highs“ aus polizeilicher Sicht Martin Hinz Zentralstelle Rauschgiftkriminalität im Landeskriminalamt Niedersachsen sg33-1@lka.polizei.niedersachsen.de mit Unterstützung von Dr. Christian Vidal, KTI des LKA NI 1
Heroin Amphetamin te Kokain Methamphetamin il s yn LSD Methadon ch s etc. the ti th et is y n c NpS ll s vo h Marihuana Haschisch Khat Pilze biogen 3
NpS - Neue psychoaktive Substanzen • „Neuer“ Suchtstoff […] • Nicht in Übereinkommen der UN von 1961 und 1971 kontrolliert • Gefahr für die öffentliche Gesundheit wie gelistete Substanzen Weltweit zwischen 2009 und 2012 insgesamt 253 neue Substanzen festgestellt. Zahl der bekannt gewordenen NpS höher als die international gelisteten 235 Substanzen In Deutschland Einstufung abhängig von der Erfassung in den Anlagen des BtMG 4
NpS - Neue psychoaktive Substanzen • Synthetische Cannabinoide • Synthetische Cathinone • Ketamine • Phenylethylamine • Piperazine • Pflanzenbasierte Substanzen • Sonstige Substanzen 5
Neue psychoaktive Substanzen dazu gehören auch „Legal Highs“ ...Substanzen, die als Rauschmittel zur Anwendung kommen und (noch) nicht in den Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführt sind... ...werden als Kräutermischungen, Badesalze, Pflanzendünger oder Research Chemicals (RC) vertrieben... ...sind sie wirklich l e g a l ??? 6
Ein modellhafter Blick auf das BtMG Der Gesetzgeber möchte das Bewegen dieser Mutter unterbinden: illegal! Er verbietet daher diesen Schraubenschlüssel. legal! 7
Folgerung... Betäubungsmittel im Sinne des Gesetzes kann nur sein, was in den Anlagen I bis III explizit genannt ist Keine Handhabe nach dem BtMG, wenn die Stoffe dort nicht aufgeführt sind Überhaupt keine Handhabe ??? 8
Bisherige Verfahrensweise in Deutschland • für Handel kommt Anwendung des AMG in Betracht § 2 Arzneimittelbegriff (1) Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, 1. die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder 2. die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder b) eine medizinische Diagnose zu erstellen. 9
Zusätzlich galt bisher... Die so als Arzneimittel klassifizierten „Legal Highs“ haben keinen therapeutischen Nutzen und haben schädliche Wirkungen Es handelt sich gem. § 5 Abs. 2 AMG um bedenkliche Arzneimittel Inverkehrbringen gem. § 5 Abs. 1 AMG verboten und nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bewährt 10
Zwischenfazit Besitz und Erwerb sind straffrei, solange die Stoffe nicht dem BtMG unterliegen Handel kann nach den Bestimmungen des AMG geahndet werden 11
Aber: BGH Anfrage an EuGH Schlussantrag des Generalanwalts vom 12.06.2014 …eine Zubereitung auf der Grundlage von Kräutern und synthetischen Cannabinoiden, die geeignet ist, die menschlichen physiologischen Funktionen zu beeinflussen, deren ausschließlich zu Entspannungszwecken vorgenommene Verabreichung aber nicht zur Vorbeugung oder Heilung einer Krankheit bestimmt ist…wird nicht vom Arzneimittelbegriff erfasst Entscheidung des EuGH steht noch aus! 12
Hase und Igel Prinzip 24. BtMÄndV vom 22.01.2010: Aufnahme in BtMG, Anlage II: • Aminoalkylindole: JWH-018 JWH-019 JWH-073 Indol JWH-018 JWH-073 JWH-019 John W. Huffman, Clemson University, South Carolina • 4 homologe nicht-klass. Cannabinoide der CP-47,497-Serie Hauptvertreter CP-47,497: hexyl nonyl octyl cis-3-[2-hydroxy-4(1,1-dimethylheptyl)phenyl]-cyclohexan-1-ol , h k e iten Möglic tern t e i beg renz zu erwe i un ilien quas ekülfam 1 3 5 7 9 Mol 2 4 6 8 13
Hase und Igel Prinzip… Prinzip…. NpS s t a n d en n i 20 12 Im Ju a u f de r stan z e n 28 S ub Stand l i s t e“ heute „Warte wurde n bere 59 Su i ts bstanz neu d en em B tMG unters tellt! 14
Perspektiven • Bundesregierung prüft auf Grund eines vom BMG in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens eine Erweiterung des BtMG • Stoffgruppenunterstellung in neuer Anlage IV ? • VORTEIL: BtMG erlaubt weiterreichende Maßnahmen Abschreckung durch höhere Strafandrohung • NACHTEIL: Kriminalisierung der Konsumenten 15
Vorschlag der EU- EU-Kommission 16
Was sind Kräutermischungen? • Pflanzliches Trägermaterial • Synthetische Wirkstoffe zugesetzt • Verpackungsgrößen meist 1-3 g • Aluminiumkaschierte, bunt bedruckte Plastiktütchen • Vermarktung als Räucherwerk oder Potpourri • Konsum durch Rauchen in der Bong oder als Joint • Sollen in der Regel wie Cannabis wirken 17
Was sind „Badesalze“, „Dünger“ und Co? • meist reine ggf. gestreckte Wirkstoffe • häufig Wirkung wie Amphetamine / Cathinone • Verpackungsgrößen meist 1-3 g • Aluminiumkaschierte, bunt bedruckte Plastiktütchen • Großes Wirkstoffspektrum • Konsum schniefen, schlucken oder auch spritzen 18
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„Push“: RCS-4 21
Historie • SPICE seit 2004 auf dem Markt • Mitte 2008 erste Hinweise auf „neue Droge“ bei LKA NI eingegangen • Vermehrte Berichterstattung über SPICE auch in den Medien • Ende 2008 wurden synthetische Cannabinoide in Kräutermischungen nachgewiesen (CP 47,497- Homologe und JWH-018) 22
Historie • Anfang 2009 wurden die ersten synthetischen Cannabinoide per Eilverordnung dem BtMG unterstellt • Anfang 2010 Aufnahme weiterer Substanzen in die Anlagen des BtMG • Auftauchen neuer Produkte mit neuen Wirkstoffen 23
Lageübersicht 24
Entwicklung klassische „harte Drogen“ 3500 Fallzahlen PKS Niedersachsen 3000 2500 Heroin 2000 Kokain Amphetamin Ecstasy 1500 1000 500 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 25
„Legal Highs“ Keine PKS-Zahlen Keine valide statistische Erfassung Hilfskriterien erforderlich 26
Berichte über schwerwiegende Folgen des Konsums von Kräutermischungen werden von den Medien aufgegriffen 27
Europaweit 2013 an EU-Frühwarnsystem 81 NpS gemeldet mehr als 350 Substanzen werden überwacht Bundesweit 2010 bis 2014 (25. Juni) 392 Fälle von Intoxikationen mit 493 Betroffenen 2010 bis 2014 (25. Juni) 17 Todesfälle 28
Intoxikationen Todesfälle 200 8 180 Fälle 7 Tote Betroffene 160 6 140 5 120 100 4 80 3 60 2 40 20 1 0 0 2010 2011 2012 2013 2010 2011 2012 2013 2014 im Zusammenhang mit NpS in Deutschland Quelle: BKA 29
Intoxikationen • Vermutlich hohes Dunkelfeld • in Niedersachsen einige Fälle bekannt • auch bereits Todesfälle i.Z.m. KM und anderen LH 30
Intoxikationen Typische Symptome: • Übelkeit, heftiges Erbrechen • Herzrasen • völliger Orientierungsverlust und Wahnvorstellungen • Lähmungserscheinungen, Bewegungsunfähigkeit • Kreislaufzusammenbruch, Bewusstseinsverlust • teilweise Ausfall der vitalen Funktionen, insb. der Atmung hauptsächlich jugendliche Konsumenten, z.T. Kinder meist intensivmedizinische Betreuung notwendig in mehreren Fallen waren Wiederbelebungsmaßnahmen oder künstliche Beatmung notwendig 31
„Legal Highs“ über 960 verschiedene Produkte von Kräutermischungen bekannt ca. 40 verschiedene Wirkstoffe ca. 460 verschiedene Produkte als Badesalze, Dünger etc. bekannt mind. 30 verschiedene Wirkstoffe 32
Vertriebswege für „Legal Highs“ Internet Head-Shops sonstige Verkaufsstellen (z.B. Videotheken und Kioske) 33
Herkunft der „Grundstoffe“ 34
Weltumspannende Netzwerke Domaininhaber Paketabsender Webserver mutmaßl. Rechnungsadresse Produktion 35
Rechnung versus Lieferschein 36
Prävention 37
präventive Maßnahmen... sollten die potentiellen Zielgruppen über: • die harmlos wirkenden Produktpräsentationen • die mit dem Konsum verbundenen Risiken • mögliche Strafbarkeit gem. BtMG oder AMG informieren und • vor weiterem Konsum abschrecken • bzw. einen Konsumbeginn verhindern. Bei reduzierter Produkt-Nachfrage würde auch der lukrative Absatzmarkt für Händler beeinträchtigt werden. 38
präventive Maßnahmen... Sensibilisierung der Arbeitsbereiche – --Jugend-- in den Polizeiinspektionen z.B. zwecks Durchführung von Info- Veranstaltungen in Schulen 39
präventive Maßnahmen... Erarbeiten entsprechender Informationsbeiträge für Broschüren und Flyer, die an: • Kinder und Jugendliche • Eltern • Lehrkräfte • Jugendzentren, Vereine usw. gerichtet sind. 40
präventive Maßnahmen... Sensibilisierungsgespräche i. S. von sog. Gefährderansprachen bei Headshop-Betreibern in denen über potentielle Strafbarkeit und Phänomenologie informiert wird. 41
präventive Maßnahmen... Konsumenten darauf hinweisen, dass beim Führen eines Fahrzeuges (Kfz, Kraftrad, Fahrrad) im Rauschzustand die §§ 315c, 316 StGB zum Tragen kommen können. Mitteilungen der Polizei an Fahrerlaubnisbehörden. 42
präventive Maßnahmen... Nicht angesprochen werden sollte die fehlende Nachweismöglichkeit des Konsums durch spezielle Schnelltests, da dies bei Konsuminteressierten zum Konsum motivieren könnte. Sinnvoll ist aber die Information, dass einige Substanzen aber jetzt schon über Blutproben nachgewiesen werden können. 43
präventive Maßnahmen... Hinwirken auf eindeutiges und umfassendes Verbot entsprechender Produkte, um Erwerbsmöglichkeiten zu erschweren 44
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! 45
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