Dossier zum Thema RZU-Weiterbildung "Aktive kommunale Liegenschaftspolitik"
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Dossier zum Thema RZU-Weiterbildung «Aktive kommunale Liegenschaftspolitik» RZU | Planungsdachverband Region Zürich und Umgebung | Seefeldstrasse 329 | 8008 Zürich Telefon +41 (0)44 387 10 40 | info@rzu.ch | www.rzu.ch
Impressum RZU | Planungsdachverband Region Zürich und Umgebung Seefeldstrasse 329, 8008 Zürich +41 (0)44 387 10 40, info@rzu.ch, www.rzu.ch Weiterbildungsveranstaltung: Donnerstag, 19. September 2019, 13.30 – 17.30 Uhr ara glatt, Orion-Strasse 165, 8152 Opfikon Zitiervorschlag: RZU | Planungsdachverband Region Zürich und Umgebung (2019): Dossier zum Thema - RZU-Weiterbildung «Aktive kommunale Liegenschaftspolitik» Alle Rechte vorbehalten: © RZU, 19. September 2019 RZU | Planungsdachverband Region Zürich und Umgebung | Seefeldstrasse 329 | 8008 Zürich Telefon +41 (0)44 387 10 40 | info@rzu.ch | www.rzu.ch
DOSSIER ZUM THEMA Ausgewählte Artikel zum Thema • Aktive Bodenpolitik – Puzzleteil gegen die Zersiedelung (NZZ 04.03.2016) • Viele Wege gegen die Wohnungsnot: Die Strategien der Kantone (AGZ 12.12.2018) • Parlament verwirft Wohninitiative (Tages-Anzeiger 12.03.2019) • «Die Lage ist prekär»: Günstiger Wohnraum wird zur Mangelware (LTZ 28.04.2019) • Mit radikalen Mitteln zu billigen Wohnungen (NZZ 01.07.2019) • Verbot von Luxussanierungen und Wohnsitzpflicht (NZZ 01.07.2019) • Boden verkaufen verboten (NZZ 04.03.2016) • Warum Genossenschaftsmieten günstig sind (NZZ 21.07.2018) BWO (Hg.) / EBP (2017): Wohnungen im Eigentum von Gemeinden und Kantonen • Zusammenfassung Wohnen Schweiz (2018): Der gemeinnützige Wohnungsbau in der Schweiz • Der gemeinnützige Wohnungsbau • Handlungsmöglichkeiten für Gemeinden • Zahlen und Fakten Zeitschrift WOHNEN, April 2019 • Interview mit Philippe Thalmann, Präsident der Eidg. Kommission für Wohnungswesen (EWK): «Genossenschaften haben ganz klar eine preisdämpfende Wirkung» BWO (Hg.) / Wüest Partner AG (2017): Baurecht unter der Lupe • Glossar zum Baurecht • Übersicht zu Vorgaben und Beschränkungen bei Baurechtsvergabe BWO (2013): Preisgünstiger Wohnraum. Ein Baukasten für Städte und Gemeinden • Eignung der Massnahmen für unterschiedliche Rahmenbedingungen und Absichten RZU | Planungsdachverband Region Zürich und Umgebung | Seefeldstrasse 329 | 8008 Zürich Telefon +41 (0)44 387 10 40 | info@rzu.ch | www.rzu.ch
Ausgewählte Artikel zum Thema Aktive Bodenpolitik – Puzzleteil gegen die Zersiedelung Kommentar von Paul Schneeberger in der NZZ vom 04.03.2016 Auch wenn eine Mehrheit in Bezug auf die bauliche Entwicklung ein ländliches Ideal pflegt: Bedingt durch das Zusammenfallen von kleiner Fläche, hohem Wohlstand und beträchtlichem Bevölkerungswachstum, befindet sich die Schweiz in einem Verstädterungsprozess – auch und gerade dort, wo man Siedlungen noch Dörfer nennt. Spätestens seit der Revision des Raumplanungsgesetzes vor genau drei Jahren, durch die aus dem abstrakten Gebot des haushälterischen Umgangs mit dem Boden eine ernstzunehmende Vorgabe wurde, kommt einem klugen Management der knappen Ressource eine grosse Bedeutung zu. Laisser-faire auf diesem Feld war gestern. Unter dem Strich geht es darum, ein geeignetes Puzzle an Massnahmen zu finden, durch das sich die Zersiedelung eindämmen und damit dafür sorgen lässt, dass nicht plötzlich jede weitere Entwicklung blockiert wird. Dass ein solches Szenario nicht aus der Luft gegriffen ist, haben die Bemühungen der Kantone in den letzten zehn Jahren, Flächen zu identifizieren, auf denen sich grössere Unternehmen ansiedeln lassen, deutlich gemacht. Dabei zeigte sich, dass auch in deindustrialisierten Gegenden mit ihren einst vielen baulichen Brachen bloss noch ungünstig parzellierte oder gelegene Flächen übrig sind. Eine Antithese zu diesem Trend markierte der Kanton Solothurn, der zu diesem Zweck auf eine aktive Bodenpolitik setzte. Er schuf nicht nur den planerischen Rahmen, um seine Attraktivität als Arbeitsregion zu sichern, sondern erwarb dafür auch entsprechende Flächen. Die auf Mittel- bis Langfristigkeit angelegte Strategie ging zum Teil schon auf. Als sich das amerikanische Biotechnologieunternehmen Biogen weltweit auf die Suche nach einem neuen Produktionsstandort machte, wurde es nicht im Standortkanton seines Schweizer Sitzes fündig, in Zug, sondern am Jurasüdfuss. Dort waren die gewünschten 22 Hektaren nicht nur vorhanden, sondern auch unmittelbar verfügbar, weil der Kanton auf Industriebrachen sukzessive Parzellen erworben hatte. Was der Mittellandkanton im Hinblick auf seine wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit in den letzten Jahren unternahm, hat in den seit je durch bauliche Dichte herausgeforderten Städten eine jahrzehntelange Tradition. Dort und in Agglomerationsgemeinden erlebt die aktive Bodenpolitik auf direktdemokratischem Weg gerade wieder einen Aufschwung, wie das vergangene Wochenende in Basel, Emmen und Köniz deutlich gemacht hat. Während in der Berner Vorstadt ein dritter Rahmenkredit für den Erwerb von Grundstücken durch die Gemeinde vom Volk durchgewinkt wurde, war an Rhein und Reuss Volksinitiativen Erfolg beschieden, die sich gegen den «Ausverkauf» der kommunalen Landreserven wandten. Bestimmungen, die wie in Basel den Status quo an kommunalem Grundeigentum als Minimum fixieren, sind überzogen und beeinträchtigen die Möglichkeiten der Städte und Gemeinwesen, auf diesem Feld auf die Herausforderungen der jeweiligen Zeit adäquat zu reagieren. RZU | Planungsdachverband Region Zürich und Umgebung | Seefeldstrasse 329 | 8008 Zürich Telefon +41 (0)44 387 10 40 | info@rzu.ch | www.rzu.ch
Es besteht die Gefahr, dass der zusätzliche Handlungsspielraum, der dadurch kurzfristig geschaffen werden mag, mittel- und langfristig zum Bumerang wird. Entscheidend aber ist, im Auge zu behalten, dass der Erwerb von Grundeigentum durch die öffentliche Hand lediglich ein Mittel ist und nicht ein Ziel. Deutlich wird das zum Beispiel in Biel, wo die Stadt über hundert Jahre hinweg systematisch Land gekauft hat und heute ein Viertel ihres Territoriums selber besitzt, was ein Rekord in der Schweiz ist. Die Stadt schuf damit nicht nur Voraussetzungen für günstigen Wohnraum, sondern konnte dadurch auch aktiv zur Überwindung der Uhrenkrise beitragen. Demnächst laufen dort Verträge mit Baurechtsnehmern aus, und es ist noch nebulös, welche Strategie die Stadt als Eigentümerin im Spannungsfeld zwischen sozialem Wohnungsbau, den Einnahmen aus Baurechtszinsen und dem Gebot der baulichen Verdichtung verfolgen wird. Ein bestimmtes Mass an öffentlichem Grundeigentum ist ein wesentlicher Hebel, um der notwendigen baulichen Verdichtung unter Berücksichtigung qualitativer Aspekte innert nützlicher Frist zum Durchbruch zu verhelfen. Es ist aber nicht das einzige Teil des Puzzles, das in Summe dazu führt, dass die faktische Verstädterung der Schweiz nicht zu einer Reduktion der Lebensqualität führt. Viele Wege gegen die Wohnungsnot: Die verschiedenen Strategien der Kantone Aargauer Zeitung vom 12.12.2018 Bekannt ist Wohnungsknappheit als Problem der Grossstädte. Aber nicht nur: Auch kleinere Gemeinden überlegen sich Eingriffe in den Wohnungsmarkt, um eine soziale Durchmischung trotz steigender Preise zu erreichen. Meist sind es Ortschaften im Umfeld grosser Ballungszentren: Horw etwa, Muttenz, Stäfa, Zug. Aber auch hochtouristische Orte wie St. Moritz kämpfen dagegen an, wie der Markt das Stadtgefüge bestimmt. «Die Lage präsentiert sich regional unterschiedlich», sagt Martin Tschirren vom Schweizerischen Städteverband. Nach und nach sei das Wohnungswesen zum generellen Problem der Städte geworden. «Ziel ist, dass guter und erschwinglicher Wohnraum für die ganze Bevölkerung zur Verfügung steht.» Es ist deshalb nicht ganz einfach, den Überblick zu behalten: Manches wird auf Gemeinde-, einiges auf Kantonsebene geregelt. Dabei gibt es grosse Unterschiede, wenngleich viele auf die Unterstützung von Genossenschaften setzen. Neun Kantone verfügen über ein eigenes Förderprogramm: Genf kennt Wohnförderprogramme seit den 70ern. Massnahmen reichen heute von der Bodenabgabe im Baurecht über Steuererleichterungen für Genossenschaften bis zu einem Geldtopf, den der Kanton jährlich mit 35 Millionen Franken äufnet – bis der Anteil von Wohnungen mit Mietobergrenze 20 Prozent beträgt. Daneben liefert der Staat Mietzinszuschüsse. Nicht ganz so grosszügig zeigt sich der Kanton Neuenburg. Er steuert den genossenschaftlichen Wohnungsbau über Bodenabgaben sowie Darlehen und Bürgschaften. 2014 beschloss das Parlament einen Rahmenkredit von zusätzlichen 18 Millionen Franken zur Wohnraumförderung. Das Wallis richtet sein 2|5
Förderprogramm auf die Berggemeinden aus. Natürliche Personen können A-fonds-perdu-Beiträge geltend machen, juristische Personen können Darlehen mit tiefen Zinsen beantragen. Bislang hat nur ein Bauträger von einem Darlehen profitiert. Spitzenreiter im Bereich des genossenschaftlichen Wohnens ist Zürich. Genossenschafter profitieren von zinslosen Darlehen bei Neubau oder Gesamterneuerung (20 Jahre Laufzeit) und Erwerb (10 Jahre). Die Stadt hat das kantonale Programm ausgebaut; heute ist jede vierte Wohnung in Zürich gemeinnützig strukturiert. Das neue Ziel lautet nach einer Abstimmung 2011 ein Drittel. Der vergangene Juni markiert einen Wendepunkt in der Wohnpolitik von Basel- Stadt: Das Stimmvolk schrieb das «Recht auf Wohnen» gleich in die Verfassung. Wie umgesetzt wird, dass jeder Bewohner Anspruch auf eine bezahlbare Wohnung geltend machen kann, steht noch aus. Dabei zahlt Basel-Stadt schon jetzt hohe Summen in Form von Familienmietzinsbeiträgen, übernimmt Beratungen für Genossenschaften und stellt Land im Baurecht zur Verfügung. Die sogenannte Subjekthilfe, also finanzielle Zuwendung an Bedürftige, kennt auch der Kanton Waadt. Daneben sieht das kantonale Förderprogramm fixe Beiträge an genossenschaftliche Bauträger während maximal 15 Jahren vor. Diese dienen dazu, die Mieten zu senken und werden nicht zurückerstattet. Baselland kennt dies seit 2011. Geknüpft sind Beiträge an Bedingungen, etwa zum Energiestandard der Gebäude. Eine Besonderheit des Zuger Modells ist, dass sich das Angebot nicht nur an Genossenschaften richtet. Auch wenn hauptsächlich sie es sind, die davon Gebrauch machen. Zug spricht Beiträge zur Verbilligung der Mietzinse und gewährt Darlehen mit Laufzeiten von bis zu zwanzig Jahren. Erst im vergangenen Jahr hat das Stimmvolk von Nidwalden einem Förderprogramm zugestimmt, die Umsetzung gedeiht erst noch. Parlament verwirft Wohninitiative Tages-Anzeiger vom 12.03.2019 Die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» ist im Parlament nicht mehrheitsfähig. Der gemeinnützige Wohnungsbau profitiert aber trotzdem. Ein Rahmenkredit von 250 Millionen Franken soll in den nächsten zehn Jahren preisgünstigen Wohnraum fördern. Nach dem Nationalrat hat gestern auch der Ständerat den indirekten Gegenentwurf des Bundesrats angenommen und damit einen Mittelweg eingeschlagen. Die Aufstockung der Mittel für den Fonds de Roulement soll der Initiative des Mieterverbands den Wind aus den Segeln nehmen. Die Erhöhung der Bundesmittel tritt in Kraft, sobald die Volksinitiative zurückgezogen oder abgelehnt worden ist. Das Volksbegehren verlangt, dass der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen das Angebot an preisgünstigen Mietwohnungen fördert. Mindestens 10 Prozent der neu gebauten Wohnungen müssten im Eigentum von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus sein. Das Ziel soll unter anderem mit Vorkaufsrechten für Kantone und Gemeinden erreicht werden. 3|5
Limmattal: «Die Lage ist prekär»: Günstiger Wohnraum wird zur Mangelware Limmattaler Zeitung vom 28.04.2019 Zahlreiche neue Quartiere werden derzeit in der Region aus dem Boden gestampft. Eine Studie bringt zutage, dass verglichen mit der Stadt Zürich markant weniger genossenschaftliche und gemeinnützige Neubau-Wohnungen erstellt werden. Teilweise seit Jahren ist die Politik bestrebt, Genossenschaften zu fördern – die Widerstände sind jedoch gross. In den kommenden Jahren werden mehrere hundert Wohnungen auf den Limmattaler Immobilienmarkt gespült. Erst feiert die Baugenossenschaft des eidgenössischen Personals die Einweihung von rund 150 Genossenschaftswohnungen im Dietiker Quartier Limmatfeld. Ein Jahr später ist Schlieren mit der Stadtsiedlung Reitmen am Zug. Im westlichsten Zipfel der Stadt werden insgesamt rund 180 Wohnungen erstellt, wo früher mit Autos gehandelt wurde. Ebenfalls im Sommer 2020 soll die Geistlich-Überbauung beim Bahnhof Schlieren bezogen werden. Dort kommen rund 220 Mietwohnungen sowie knapp 80 Alterswohnungen dazu. Gegenüber der ehemaligen NZZ-Druckerei wird das Schindler-Areal verdichtet. 150 Wohnungen sollen erstellt werden, wo heute nur 50 sind. Zudem ist die Sanierung der beiden prägnanten blauen Wohnhochhäuser geplant. Solche Neubau-Gebiete sind beliebte Wohnlagen, da sie viel Komfort und meist einen hohen Ausbaustandard bieten. Ob sie sich in der Stadt Zürich oder in der Agglomeration befinden, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Dies brachte eine jüngst publizierte Studie der statistischen Ämter von Stadt und Kanton Zürich zutage. Untersuchungsgegenstand war die Struktur von insgesamt 16 Neubau-Siedlungen. Zehn davon befinden sich auf dem Gebiet der Stadt Zürich und jeweils drei im Limmat- sowie im Glattal. Aus der Region wurden das Dietiker Limmatfeld, Schlieren West und der Rietpark in Schlieren in die Erhebung aufgenommen. Eine der Erkenntnisse ist, dass sich die Bewohner der Siedlungen nicht gross unterscheiden bezüglich ihrer Ausbildung und ihres Einkommens. In der Stadt wie auch in der Agglomeration sind die Bewohner von Neubau-Gebieten überdurchschnittlich oft Akademiker. Vergleichbar sind auch die Wohnungspreise in den Neubau-Gebieten, ob sie nun in Opfikon, Albisrieden oder Dietikon stehen. Ein grosser Unterschied tut sich aber beim gemeinnützigen und genossenschaftlichen Wohnungsbau auf. So wird in der Stadt Zürich bei mehreren Überbauungen ein grosser Teil gemeinnütziger Wohnungen erstellt. Etwa bei jener in der Manegg und beim Mattenhof sind es über 50 Prozent, bei der Ruggächern- und Leutschenbach-Überbauung sind es knapp 50 Prozent. Ein anderes Bild zeigt sich bei den Limmattaler Projekten. Hier machen genossenschaftliche Wohnungen jeweils unter fünf Prozent aus. Was heisst dies für die Zukunft? Verfügt das Limmattal dereinst noch über genügend preisgünstige Wohnungen? Immerhin wies der Anteil von Genossenschafts- oder gemeinnütziger Wohnungen in der Stadt Zürich 2018 einen Anteil von satten 24,6 Prozent auf. In Dietikon beträgt er lediglich 7,3 Prozent oder 913 Wohnungen. 4|5
Bereits 2011 reichte der Dietiker Gemeinderat Ernst Joss (AL) eine Interpellation ein, in der er die Stadt aufforderte, Wohnbaugenossenschaften und den Bau kostengünstiger Wohnungen zu unterstützen. Damals zeigte sich die Stadt offen und verwies darauf, dass die Familienfreundlichkeit eines der Regierungsziele sei. Das sei noch heute so, sagt Bauvorstand Anton Kiwic (SP): «Der aktuelle Stadtrat verfolgt das Thema gemeinnütziger Wohnungsbau mit sehr hoher Priorität. Es ist uns wichtig, den potenziell nachteiligen Entwicklungen der Stadterneuerung mit diesem Instrument Gegensteuer zu geben.» Dies geschehe, wie am Beispiel der Siedlung Schachenmatt ersichtlich, mittels Abgabe von Land im Baurecht zu günstigen Konditionen, wie Jürg Bösch, Leiter des Dietiker Stadtplanungsamts, auf Anfrage sagt. Aber Bösch verweist darauf, dass Dietikon in diesem Bereich nicht mit Zürich verglichen werden könne: «Zürich verfügt über eine jahrzehntelange Tradition im sozialen Wohnungs- bau. Die geschichtlichen und politischen Unterschiede zu Dietikon sind zu gross», sagt er. Doch sei man bestrebt, den Prozentsatz laufend zu steigern. «Dass dies möglich ist, zeigt die Entwicklung der vergangenen Jahre», so Bösch. Damit meint er beispielsweise die Siedlungen Limmatblick und Schachenmatt der Genossenschaft Eigengrund oder die Siedlung Guggenbühl der gemeinnützigen Baugenossenschaft Limmattal. All diese Projekte wurden nach der Interpellation von Joss erstellt. Auch in Schlieren ist man sich des Problems bewusst. Seit 2012 wurden in der Stadt rund 2000 Wohnungen erstellt, keine davon von einer gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft. «Diese sind zwar gewillt, konnten bei Baulandverkäufen gegenüber institutionellen Investoren aber schlicht nicht mithalten», sagt Finanz- und Liegenschaftsvorsteherin Manuela Stiefel (FDP). Durch die hohe Bautätigkeit in der Stadt schrumpfte der Anteil genossenschaftlicher Wohnungen seit 2012 von rund 18 auf aktuell 14 Prozent. Anstatt den Anteil erhöhen zu wollen, ist der Stadtrat darauf bedacht, dass er nicht weiter schmilzt. «Es ist unser Ziel, den Anteil auf dem heutigen Niveau zu halten», so Stiefel. Hierfür ist der Handlungsspielraum aber begrenzt. 2013 wurden zwei Baurechtsverträge mit der Liberalen Baugenossenschaft Schlieren um zweimal 15 Jahre verlängert, damit diese längerfristig planen kann. Der Fokus des Stadtrates liegt aber nicht primär auf der Förderung von Genossenschaften. Viel eher befürchte er eine Knappheit an Wohnraum für Senioren. «Die Lage ist prekär. Wie aus der Altersstrategie 2015 hervorgeht, werden rund 500 Alterswohnungen gesucht», sagt Stiefel weiter. Um dem entgegenzuwirken, sei man mit Baurechtsnehmern, Wohnbaugenossenschaften und Investoren in ständigem Austausch. Aktuell ist Schlieren Baurechtsgeberin für 11 laufende Wohnbaurechtsverträge. Neun davon wurden mit Wohnbaugenossenschaften abgeschlossen und zwei mit Aktiengesellschaften. Aktuell prüft die Stadt frühzeitige Vertragsverlängerungen. Zudem werden Wohnbaugenossenschaften in der Immobilienstrategie 2035, die derzeit erstellt wird, thematisiert. Trotzdem sieht es für den gemeinnützigen Wohnungsbau in Schlieren nicht rosig aus. «Es wird sehr schwierig werden, bei den wenigen verfügbaren Bauparzellen die Genossenschaften ins Rennen zu bringen.» Man sehe jedoch einen Ansatz darin, dass Bestandesliegenschaften und ältere Gebäude in Zusammenarbeit zwischen Stadt und Wohnbaugenossenschaften erworben werden könnten, so Stiefel. 5|5
Montag, 1. Juli 2019 SCHWEIZ 9 Ein zu schwer beladener Lastwagen führte 1919 zu einem Nach dem Ja der St. Galler Stimmbürger Brückeneinsturz, der die Stadt Freiburg hart traf SEITE 10 erhält die Hochschule einen neuen Campus SEITE 11 Mit radikalen Mitteln zu billigen Wohnungen In verschiedenen Schweizer Städten waren Initiativen erfolgreich – nun wird das Anliegen auf eidgenössischer Ebene aktuell Einen «Mietendeckel» wie tung dagegen mit 62 Prozent Nein-Stim- men abgelehnt. in Berlin gibt es in Schweizer Auch in zeitlicher Hinsicht läuft die Städten noch nicht. Doch auch Sache für die Initianten nicht optimal. hierzulande wird der Ruf Ernst Hauri, der Direktor des Bundes- nach erschwinglichen amts für Wohnungswesen (BWO), stellt Wohnungen immer lauter. Im nämlich eine Entspannung fest, die in den Städten noch kaum zu spüren sei. Er nächsten Jahr kommt es zum führt dies unter anderem auf die Ver- gesamtschweizerischen Testlauf. zögerungen zurück, die für das politische System der Schweiz typisch sind. «In den ERICH ASCHWANDEN, DANIEL GERNY Städten beginnen die Massnahmen erst jetzt langsam zu greifen, die das Volk Mit der Linken, die die Basler Politik teilweise schon vor Jahren beschlossen prägt und gestaltet, hat Peter Meier nicht hat.» Hauri rechnet damit, dass es auch viel am Hut: Während zwanzig Jahren in den Boomregionen einfacher werden sass der mittlerweile 85-Jährige für die sollte, eine Wohnung zu finden. Tatsäch- CVP im Kantonsparlament, präsidierte lich steigt die Leerwohnungsziffer in vie- lange den Verwaltungsrat der Basler len Städten bereits wieder spürbar an. Verkehrsbetriebe und plädiert noch Gleichzeitig geht Hauri davon aus, immer für investorenfreundliche Rah- dass auch in den nächsten Jahren mehr menbedingungen. Nun aber unterstützt Wohnungen in Städten gesucht werden. er eine kantonale Mieterschutz-Initia- Dort sind die Arbeitswege kurz, die Kin- tive, die alles Bisherige in den Schatten derbetreuung einfacher zu bewerkstelli- stellt: Am ersten Tag nach ihrer An- gen und das Dienstleistungs- und Kultur- nahme, so sieht sie vor, «sind Bewilli- angebot gross. Dieser Trend und die Tat- gungsverfahren für Bauvorhaben für sache, dass es in den Städten zunehmend Sanierung, Umbau,Abbruch und Zweck- weniger grosse Areale gebe, welche um- entfremdung (inklusive Umwandlung in genutzt werden könnten, sorgten dafür, Stockwerkeigentum) von Mehrfamilien- dass das Angebot insgesamt knapp häusern zu sistieren». Während dreier bleibe. Für Mieter bleiben Schweizer Jahre dürften praktisch nur noch ge- Städte ein schwieriges Pflaster. meinnützige Wohnungen erstellt oder im Vor allem in Zürich, Basel und Genf ist es für junge Familien schwierig, eine bezahlbare Unterkunft zu finden. KARIN HOFER / NZZ Notfall gebaut und renoviert werden – also beispielsweise wenn unmittelbarer Schaden an der Bausubstanz droht. Initiative und angemessenen Sanierung – wie sie ur- wie Martin Tschirren vom Städteverband zerisch auf Anklang stossen, wie es sich Kündigung nach 27 Jahren sprünglich geplant worden sei – wären die beobachtet:«Im Zuge von Ersatzneubau- der Mieterverband wünscht, scheint Gegenvorschlag Mieten nur moderat gestiegen. «Das wäre ten und Sanierungen gehen im untersten allerdings eher unwahrscheinlich. Die Si- Das Volksbegehren ist die Folge von vier in Ordnung gewesen», sagt er. Die mit Preissegment Wohnungen verloren, und tuation auf dem Wohnungsmarkt ist ase. · Der Mieterverband will mit der Wohnschutzinitiativen, die im Kanton einem Umzug verbundenen höheren auch für vergleichsweise preisgünstige regional nämlich sehr unterschiedlich. Volksinitiative «Mehr bezahlbare Woh- Basel-Stadt vor einem Jahr überraschend Mietkosten sind für ihn aber nur das eine. Wohnungen braucht es inzwischen ein be- Mühe, eine bezahlbare Wohnung zu fin- nungen» den Staat verpflichten, mindes- klar angenommen wurden. Doch noch Fast schlimmer sei der Verlust der Nach- trächtliches Einkommen.» den, bekunden vor allem Bewohner der tens 10 Prozent aller neuen Wohnungen immer fehlen die gesetzlichen Grund- barschaft und der gewohnten Umgebung: grossen Städte Zürich, Basel und Genf. dem gemeinnützigen Wohnungsbau zur lagen. Von einer Durchsetzungsinitiative «Es fliegt hier alles auseinander.» Vorbild Berlin Neben diesen Grosszentren weisen ge- Verfügung zu stellen. Kantonen und Ge- will Beat Leuthardt vom Basler Mieter- Geschichten wie die von Peter Meier mäss der Immobilienberatungsfirma meinden soll ein Vorkaufsrecht zugestan- verband nicht sprechen – doch genau zeigen, dass «bezahlbarer Wohnraum» in Noch ist es in der Schweiz nicht so weit Wüest Partner auch die Städte Zug, den werden. Ausserdem verlangt die Ini- darum geht es: 62 Prozent der Basler be- den Städten nicht mehr nur ein Thema wie in Berlin, wo die Stadtregierung Baar, Wetzikon, Dietikon, Uster und tiative, dass Areale des Bundes und bun- fürworteten dieWohnschutzinitiative,die für links-grüne Sozialromantiker ist. Das rückwirkend auf den 18. Juni einen Dübendorf einen geringen Anteil an er- desnaher Betriebe an gemeinnützige Bau- vor Luxussanierungen schützen sollte. Thema hat den Mittelstand erreicht. Die «Mietendeckel» einführen will. Damit schwinglichen Wohnungen auf. träger abgegeben werden. Bundesrat und Ein halbes Jahr später kündigte die Regie- Zuwanderung und die neue Anziehungs- würden die Mieten in der deutschen Parlament lehnen die Initiative ab, neh- rung eine «investorenfreundliche Umset- kraft der Städte hat in den letzten Jahren Hauptstadt fünf Jahre lang eingefroren. Überangebot auf dem Land men die Anliegen aber in einem indirek- zung» an. Seither ist nicht viel passiert. zu einer ungewohnten Dynamik geführt. Ausgenommen von dieser Massnahme ten Gegenvorschlag auf: Eine Erhöhung Der Mieterverband erhöht darum den Oft ist zudem die bestehende Bau- sind nur Neubauten. Doch auch hierzu- Demgegenüber hat die rege Bautätig- des Rahmenkredits um 250 Millionen Druck – und nicht nur er.Auch Mieter wie substanz überaltert und der Sanierungs- lande wurden in den letzten Jahren zahl- keit in den letzten Jahren dazu geführt, Franken soll in den nächsten zehn Jahren Peter Meier ärgern sich über die zöger- bedarf hoch. Höhere Ansprüche bei der reiche Initiativen angenommen, die dass in gewissen Agglomerationen und preisgünstigenWohnraum fördern.Damit liche Haltung der Politik: «Das Volk hat Energieeffizienz und das Bedürfnis nach preisgünstiges Wohnen fördern und in ländlichen Regionen ein Überangebot könnten aus dem Fonds wie bisher jähr- gesprochen,also ist die Initiative auch um- Verdichtung führen zusätzlich zur Ver- den Markt eingreifen. Der schweizeri- entstanden ist. Dort besteht deshalb lich 1500 Wohnungen gebaut werden. So- zusetzen.» Nach 27 Jahren muss Meier sel- teuerung. Und nicht zuletzt kurbelt die sche Mieterverband will dieses Prinzip kein politisches Interesse, in den Woh- wohl National- wie auch Ständerat stimm- ber seine Wohnung in einem Kleinbasler Suche der Pensionskassen und anderer mit seiner Volksinitiative «Mehr bezahl- nungsmarkt einzugreifen. Die unter- ten für den entsprechenden indirekten Hochhaus verlassen,weil die Liegenschaft Investoren nachAnlagemöglichkeiten die bare Wohnungen» nun auf das ganze schiedliche Sensibilität zeigt sich exem- Gegenentwurf des Bundesrats, der eine von Grund auf saniert werden soll. Rund Bau- und Sanierungstätigkeit an. Wäh- Land ausweiten (vgl. Zusatztext). plarisch in Luzern. In der Stadt Luzern Aufstockung der Bundesgelder für den 200 Mieter erhielten deshalb kürzlich die rend sich dies auf dem Land in einem In verschiedenen Städten wurden sprach sich das Stimmvolk 2012 für eine Fonds de Roulement vorsieht.Aus diesem Kündigung. Die Totalsanierung habe vor Überangebot äussert,geraten in den Städ- Volksinitiativen angenommen, welche Verstärkung der Wohnbauförderung kann der Verband Wohnbaugenossen- allem Renditegründe, vermutet Meier. ten Mieter unter Druck,die lange von tie- preisgünstige Wohnungen schaffen sol- aus. Auf kantonaler Ebene wurde eine schaften Schweiz gemeinnützigen Bau- Das Haus sei in gutem Zustand. Bei einer fen Bestandesmieten profitiert hatten, len. Dass solche Rezepte gesamtschwei- Volksinitiative mit ähnlicher Stossrich- trägern zinsgünstige Darlehen gewähren. Verbot von Luxussanierungen und Wohnsitzpflicht Die wichtigsten Rezepte der Stadtregierungen, um preisgünstigen Wohnraum zu schaffen ERICH ASCHWANDEN, DANIEL GERNY überbauen. Diese Vorschriften führen barer Wohnungen zugeführt werden. Im ein Vorkaufsrecht des Kantons und der werden. Die Initiative ist aber noch nicht gemäss einer Untersuchung des Immo- Gegenzug erhielt der Investor einen Gemeinden für geeignete Grundstücke umgesetzt. Beat Leuthardt, Geschäfts- bilien-Beratungsunternehmens Wüest Ausnützungsbonus von 10 Prozent. Der zur Förderung des gemeinnützigen Woh- leiter des Basler Mietverbandes, spricht Mindestquote für gemeinnützige Partner dazu, dass in Städten mit min- Deal Auf- und Einzonungen gegen einen nungsbaus enthält. Eine ähnliche Rege- jedoch von einem «Leuchtturmprojekt» Wohnungen: Nicht in allen Städten ist destens 10 000 Haushalten inzwischen bestimmten Anteil an erschwinglichen lung kennt bereits der Kanton Genf. mit Ausstrahlung auf die ganze Schweiz. der Anteil an gemeinnützigen Wohnun- fast jede zehnte Wohnung eine Genos- Wohnungen ist seither in vielen Gemein- gen gleich hoch. In Zürich liegt er mit senschaftswohnung ist. den zum Standard bei neuen Projekten Bewilligungspflicht für Sanierun- Wohnsitzpflicht: Auf dem Basler rund 20 Prozent doppelt so hoch wie in geworden. gen: Die baselstädtische Kantonsverfas- Bruderholz werden an Toplage neue Basel. Deshalb fordern die Jungsozialis- Spezielle Planungszonen: Eine Vor- sung schreibt seit letztem Jahr vor, dass Wohnungen erstellt. Doch ein Apparte- ten für das Basler Klybeckareal einen reiterrolle bei der Einführung dieses Verkaufsverbot: In Winterthur und in Zeiten von Wohnungsnot eine befris- ment sollen nur Personen kaufen kön- Mindestanteil von zwei Dritteln der Instrumentes vor rund zehn Jahren Basel dürfen die Stadtregierungen ihre tete Bewilligungspflicht für Renovatio- nen, die in Basel auch ihren Wohnsitz Bruttogeschossfläche für gemeinnützi- spielte die Stadt Zug. Dort zeigt sich auf- Liegenschaften nicht mehr verkaufen, nen und Umbauten sowie für den Ab- haben. Das hat das Kantonsparlament gen Wohnraum. Auf dem ehemaligen grund der Zuwanderung von zahlungs- sondern können sie nur noch im Baurecht bruch von bezahlbaren Mietwohnungen beschlossen. Damit will es verhindern, Industrieareal mitten in der Stadt sollen kräftigen Mietern und Eigentümern die abgeben. Die Stimmberechtigten wollen eingeführt werden kann. Als Wohnungs- dass sich auswärtige Grossverdiener nie- in den nächsten Jahren schrittweise Woh- Wohnungsknappheit besonders akzentu- damit die Bodenspekulation stoppen. not gilt ein Leerwohnungsbestand von derlassen – die ihre Steuern jedoch an nungen für 20 000 Personen entstehen. iert. In vier Arealen, die von der Land- unter 1,5 Prozent. Der Staat muss ausser- einem anderen Ort bezahlen. Ob eine Auch die Luzerner Stadtregierung will wirtschafts- in Wohnzonen umgewandelt Vorkaufsrecht: Der KantonWaadt hat dem dafür sorgen, dass die Mieter vor solche Vorschrift aber mit der Niederlas- private Grundeigentümer dazu ver- wurden, musste mindestens die Hälfte vor kurzem ein Gesetz zur Förderung des Verdrängung durch Kündigungen und sungsfreiheit vereinbar ist, ist offen. Der- pflichten, ihre Areale gemeinnützig zu der Geschossflächen dem Bau bezahl- bezahlbaren Wohnraums umgesetzt, das Mietzinserhöhungen wirksam geschützt zeit wird die Frage gerichtlich geklärt.
Freitag, 4. März 2016 SCHWEIZ 13 Neuö Zürcör Zäitung Nach dem Nein zur Initiative gegen die Heiratsstrafe Eines der grausamsten Tötungsdelikte der letzten Jahre will die CVP weiterkämpfen SEITE 14 wird ab Montag vor Gericht verhandelt SEITE 17 Boden verkaufen verboten FDP-Unmut über Müllers Grüne und Linke greifen mit radikalen Vorstössen in die Stadtentwicklung ein Vorpreschen Inländervorrang in der Kritik In mehreren Städten wurden FDP-Chef Müller will die Volksinitiativen angenommen, verfahrene Situation um die die den Behörden den Verkauf Personenfreizügigkeit mit einem von Grundstücken verbieten Inländervorrang lösen – nicht zur oder erschweren. Damit Freude aller Fraktionsmitglieder. verlieren die Behörden die notwendige Handlungsfreiheit. SIMON HEHLI, BERN ERICH ASCHWANDEN, VALERIE ZASLAWSKI Mitte Februar lancierte FDP-Präsident Philipp Müller in der «NZZ am Sonn- «Ihr kauft und verkauft das Land, wie tag» die Idee, die Probleme bei der Um- Hosenstoff nach Ellen. Ein Fetzen da setzung der Masseneinwanderungsin- und dort ein Band, als wären’s Bagatel- itiative mit einem Inländervorrang zu len. Ihr handelt wie mit Speck und Kohl lösen. Doch damit sind längst nicht alle und Fischen und Kommoden. Und dabei FDP-Parlamentarier einverstanden – geht’s um ein Monopol und geht’s um sowohl was das Vorgehen als auch was unsern Boden», schrieb der Basler den Inhalt betrifft. Im Prinzip ist ein In- Architekt Hans Bernoulli (1876–1958) ländervorrang nicht mit der Personen- einst. Seit Jahrhunderten treibt die freizügigkeit zu vereinbaren. Bodenfrage die Menschen um. Zuletzt am vergangenen Abstimmungssonntag, Nicht ausdiskutiert als im Kanton Basel-Stadt die Bodenini- tiative mit 67 Prozent Ja-Stimmen ange- Ein Fraktionsmitglied stört sich daran, nommen wurde. Ein Volksbegehren mit dass Müller mit einer persönlichen Idee dem gleichen Namen fand in der zweit- an die Öffentlichkeit gegangen sei, über grössten Luzerner Stadt Emmen 51 Pro- die zuvor parteiintern nicht breit disku- zent Zustimmung. Im Gegensatz zu tiert worden sei. Er habe am Vorabend Basel hat Emmen in den vergangenen eine E-Mail erhalten mit einem Hinweis, Jahren viele Grundstücke verkauft und dass der Artikel erscheinen werde. «Das besitzt nur noch wenig Baulandreserven. ist nicht ideal – denn wenn der Präsident Die Stossrichtung der beiden Volks- Die Gegner der Basler Bodeninitiative befürchten auch Nachteile für Unternehmen (im Bild Novartis). ADRIAN BAER / NZZ das macht, gerät die Partei unter Zug- begehren ist praktisch identisch. Die zwang: Es entsteht die Erwartung, dass Basler Initiative verlangt, dass der Kan- sich die FDP hinter den Vorschlag stellt.» ton sein Land – ihm gehören 40 Prozent Ein Westschweizer Freisinniger stört sich – grundsätzlich nicht mehr verkauft, stückes, auf dem ein privater Unterneh- tausch-Geschäft mit dem Kanton 2009 reform von Anfang des 20. Jahrhun- an der Kakofonie der Vorschläge rund ausser er befindet sich in finanzieller mer eine Event- und Sporthalle für 4000 Land am Rhein erwarb, unattraktiv sei. derts mit, die fordere, der Boden müsse um die Zuwanderungsinitiative. «Da Not: «Bebbi, gib s’Land nid uss dr Zuschauer realisiert. Der Verkauf er- In der Praxis zeigt sich, dass Kantone öffentlich sein. Doch eine aktive Bo- wird viel Lärm um nichts gemacht.» Der Hand!», hiess es vonseiten der Initian- folgt zweistufig. Dem Investor wird zu- und Gemeinden häufig von sich aus eine denpolitik zu betreiben, sei ursprüng- Zürcher Hans-Peter Portmann sieht den ten. Auch die Initianten in Emmen mit erst ein Kaufrecht über fünf Jahre einge- aktive Bodenpolitik betreiben. Dass lich kein linkes, sondern ein urfreisinni- Grund für den Unmut in der FDP hin- seinen 30 000 Einwohnern verlangen, räumt. Sollte sich die Sporthalle in die- Boden angesichts der zunehmenden ges Anliegen. «Es waren von der FDP gegen darin begründet, dass die interne dass Liegenschaften im Besitz der Ge- sem Zeitraum nicht realisieren lassen, Zersiedelung und der Nachfrage nach geprägte Stadtregierungen, die in Zü- Diskussion über das weitere Vorgehen fällt die Parzelle zurück an die Stadt. gut erschlossenen, grossen Grundstü- rich und Basel, aber auch in Bern die viel zu lange nicht geführt worden sei. Die Basler Initianten wollen dem cken das neue Gold ist, durfte der Kan- Handlungsfreiheit erhalten haben, in- Der Waadtländer Olivier Feller äus- Puzzleteil Kanton Basel-Stadt gemäss eigener Ein- ton Solothurn erfahren. Als 2008 die dem sie grosse Landstücke gekauft sert inhaltliche Kritik: «Wir sollten nicht schätzung kein faktisches Verkaufsver- Zellulose-Fabrik in Luterbach ihren Be- haben», sagt der Chefredaktor der Zeit- einen zentralen Begriff aus der von uns gegen die Zersiedelung bot auferlegen. Dieser hat gemäss Initia- trieb aufgeben musste, erkannten die schrift «werk, bauen + wohnen». In bekämpften Initiative wie den Inländer- Kommentar auf Seite 11 tivtext die Möglichkeit, Immobilien aus kantonalen Behörden die strategische Zürich sei dies im Lettenquartier sowie vorrang übernehmen und zu unserem seinem Portfolio zu veräussern, sofern Bedeutung des riesigen Areals. Sukzes- im Friesenberg und in Wollishofen der eigenen Anliegen machen.» In der «die Nettoveränderung von vergleich- sive kaufte der Kanton in der Folge Par- Fall gewesen. Romandie sei der mit «Préférence natio- meinde grundsätzlich nicht veräussert baren Immobilien innerhalb des eigenen zelle um Parzelle auf und war im richti- Kurz hat zwar Verständnis für das nale» übersetzte Ausdruck kontaminiert werden dürfen. Sie können jedoch im Kantonsgebiets jeweils über fünf Jahre gen Moment bereit. Dann nämlich, als Anliegen der Initianten, hält aber das – denn er stammt vom rechtsextremen Baurecht zur Nutzung überlassen wer- ausgeglichen oder positiv ist». Übersetzt der amerikanische Biotechkonzern Bio- Vorgehen für fragwürdig. Mit solchen französischen Front national. Feller den. Beide Begehren wurden von linken heisst das: Verkauft der Kanton inner- gen in der ganzen Schweiz Land für eine Volksbegehren schränke man die Hand- sieht ausserdem ein Umsetzungspro- Parteien und Wohnbaugenossenschaf- halb dieser fünf festgelegten Jahre Land, grosse neue Produktionsanlage suchte. lungsfreiheit der Gemeinden unnötig blem: Für die Arbeitgeber wäre es ein ten initiiert und reüssierten gegen die muss er gleichwertiges Land zurück- Nur in Luterbach standen im letzten ein. «Bodenpolitik ist eine strategische gewaltiger Aufwand, wenn sie immer geschlossene Front der bürgerlichen kaufen; kauft er Land, darf er entspre- Sommer die notwendigen zusammen- Angelegenheit und keine ideologische», beweisen müssten, dass sie für eine Parteien. Beflügelt von den Erfolgen, chend auch welches verkaufen. hängenden, eingezonten und erschlosse- sagt der Historiker überzeugt. Nur wenn Stelle kein Personal im Inland fänden. haben die Grünen der Stadt Luzern be- Diesen von der Initiative geforderten nen Freiflächen zur Verfügung. Andere eine gewisse Mobilität in der Bodenpoli- Diese Bedenken – auch bei anderen reits am Montag die Lancierung ihrer «Zwang zur Kompensation» kritisiert Kantone, die die Neuansiedlung mit tik erhalten bleibe, könnten Stadtregie- Freisinnigen – konnte Müller am Diens- eigenen Bodeninitiative beschlossen. das Gegenkomitee «Nein zur Bodenini- rund 400 neuen Arbeitsplätzen eben- rungen ungünstig oder isoliert gelegene tag offensichtlich nicht ausräumen, als er tiative». Wie Andreas Zappalà, Ge- falls gerne an Land gezogen hätten, hat- Parzellen verkaufen und den Erlös in für seine Ideen der Fraktion vorstellte. Eine Aktivere Westschweiz schäftsführer des Hauseigentümerver- ten das Nachsehen. die Stadtentwicklung wichtigere Grund- Diskussion fand nicht statt, eine solche bands Basel-Stadt, auf Anfrage sagt, stücke investieren. Auflagen etwa zu will die FDP in der dritten Sessions- «Mit der Tendenz zur inneren Verdich- werde durch die Vorlage einerseits der Ideologischer Hintergrund Ausnützung, Mischung der Wohnungen woche führen, wenn auch die Pläne des tung liegt es nahe, dass die Gemeinden Verkauf von Boden erschwert, anderer- oder zur Verkehrserschliessung könne Bundesrates auf dem Tisch liegen. Hans- zunehmend bewusster mit ihren Land- seits führe dieser Zwang dazu, dass der Gemäss dem Historiker Daniel Kurz ist die öffentliche Hand dann machen, Peter Portmann hat dafür einen Vor- reserven umgehen», erklärt Michael Kanton nicht benötigtes Land kaufen es kein Zufall, dass die Bodeninitiati- wenn sie die Baugrundstücke besitze. schlag parat, der an Müllers Idee an- Bützer, stellvertretender Direktor des müsse. Ausserdem moniert er, dass das ven in erster Linie vonseiten der Grü- Die Erfahrungen in Basel-Stadt und knüpft. Der Inländervorrang könnte aus Schweizerischen Gemeindeverbandes. Baurecht für grosse Unternehmen wie nen lanciert werden. Dabei schwinge Emmen werden zeigen, wie sich die seiner Sicht als «EU-kompatibelste» Doch diese Tendenz sei je nach Landes- zum Beispiel die Novartis, die im Ab- immer noch die Idee einer Boden- Restriktionen auswirken. Variante ausgearbeitet werden. teil unterschiedlich ausgeprägt. In der Westschweiz mit ihrem etatistisch ge- Gegenvorschlag zu «Rasa» prägten Staatsverständnis erwarteten die Bürger seit langem, dass die öffent- Bestätigung für das vorbildliche Modell von Köniz Portmann will dem Volk einen Gegen- liche Hand eine aktive Bodenpolitik be- vorschlag zur Rasa-Initiative unterbrei- treibe. Im Gegensatz dazu gebe es bei- zas. V Der Gemeinderat des Berner Vor- das Volk das letzte Wort. Gegen die Vor- Hunderttausender-Stadt; Einfamilien- ten. Damit würde im Gegensatz zur spielsweise in der Zentralschweiz Ge- orts Köniz kann Liegenschaften für ins- lage hatte sich nur die SVP ausgespro- häuser wurden aus dem Boden ge- Initiative nicht der ganze Zuwande- meinden, wo die Behörden bewusst ent- gesamt 25 Millionen Franken in eigener chen. Nicht alle Landgeschäfte des Ge- stampft, Wohnblöcke hochgezogen. rungsartikel 121a aus der Verfassung ge- schieden hätten, die Siedlungsentwick- Kompetenz kaufen – rasch, unkompli- meinderats hätten in der Vergangenheit Nach 1970 kippte die Stimmung. Die strichen – sondern nur die Passagen, die lung und die Bodenpolitik eher dem ziert und wenn nötig auch diskret. Dies überzeugt, machte die Partei geltend. Bevölkerung wehrte sich gegen die jährliche Höchstzahlen und Kontingen- Markt zu überlassen. ist bei Grundstücken und Immobilien Ein «Blankocheck» für «spekulative Pläne; Auszonungsinitiative um Aus- te verlangen. Bestehen bliebe der Passus Radikale Instrumente wie Volks- der Fall, die für die Gemeindeentwick- Landgeschäfte» sei fehl am Platz. zonungsinitiative wurde lanciert. Heute über den Inländervorrang zur Ein- initiativen, die der öffentlichen Hand lung wichtig sind. 67,5 Prozent der Das Instrument ist nicht neu: Schon gilt die Könizer Wettbewerbskultur bei schränkung der Zuwanderung. den Verkauf von Bauland praktisch ver- Stimmberechtigten haben am Sonntag 1977 und 1984 wurden dem Gemeinde- der baulichen Weiterentwicklung als «Mit diesem Verfahren würden wir bieten, werden wohl die Ausnahme blei- Ja zum entsprechenden Rahmenkredit rat grosse Rahmenkredite gewährt, die vorbildlich; wo die Gemeinde grössere Handlungsspielraum gewinnen», sagt ben. Dass man aber die Einwohnerin- gesagt. Mit dieser finanziellen Unter- ihm erlaubten, auf dem Immobilien- Parzellen an Bauland vergibt, ist ein Portmann – und hofft, dass er die FDP- nen und Einwohner für als sinnvoll be- stützung kann die Exekutive ihre «ak- markt zu agieren und damit die Ent- Architekturwettbewerb zwingend. Ge- Fraktion für dieses Vorgehen gewinnen trachtete Veräusserungen von Bau- tive Bodenpolitik» weiterbetreiben. wicklung der Gemeinde zu beeinflussen. mäss Strategie des Gemeinderats wird kann. Er hält es für möglich, dass das parzellen gewinnen kann, zeigte sich Für alle anderen Fälle gilt auch in Die Könizer Behörden und die der Boden nur im Baurecht vergeben. Parlament Rasa-Initiative und Gegen- ebenfalls am Wochenende in der Stadt Köniz der normale Weg: Liegenschafts- 40 000 Bürgerinnen und Bürger sind für Wegen seiner Siedlungsentwicklung vorschlag im Schnellzugstempo durch- Luzern. Dort genehmigten die Stimm- käufe müssen vom Parlament geneh- ihr Ortsbild sensibilisiert: In den 1960er wurde Köniz 2012 mit dem Wakkerpreis berät, so dass es für eine Abstimmung im berechtigten den Verkauf eines Land- migt werden; ab 5 Millionen Franken hat Jahren träumten die Behörden von einer des Schweizer Heimatschutzes geehrt. November reichen würde.
30 FOKUS DER WIRTSCHAFT Samstag, 21. Juli 2018 Warum Genossenschaftsmieten günstig sind Das Wohnen in Genossenschaften ist selten so teuer wie auf dem freien Markt – eine Folge von Subventionen oder des Geschäftsmodells? Die niedrigen Mieten in Zürcher sowie einer Neuregelung der Genossen- Nirgends in der Schweiz gibt es so viele Genossenschaftswohnungen wie in Zürich schaftsfinanzierung auf etwa 165 Fr./m2 Genossenschaftswohnungen Anteil gemeinnützige Wohnungen und Jahr gesenkt, so dass die gleiche sorgen regelmässig für politische Wohnung heute nur noch gut 1400 Fr. in den Gemeinden, in % Streitereien. Grund genug, kostet, einen Viertel weniger. In einer 0 die Kostenstruktur beim vergleichbaren, weniger als 500 m ent- 5 genossenschaftlichen Wohnen fernten Mietliegenschaft, die zur glei- 10 chen Zeit erstellt wurde, zahlen Neu- unter die Lupe zu nehmen. 15 mieter heute etwa einen Viertel mehr als 25 bei der Erstvermietung. ANDREA MARTEL Steuerlich interessant Genossenschaftliches Wohnen, das be- deutet: ein aktives Nachbarschaftsleben, Diese Mietpreissenkungen haben tat- innovative Wohnformen sowie, beson- sächlich mit dem genossenschaftlichen ders in den Städten, günstige Mieten. Modell zu tun. Aber nicht mit irgend- Gerade die niedrigen Mietpreise geben einem «Gewinnverzicht», sondern mit oft zu politischen Diskussionen Anlass. der Tatsache, dass bei einer Genossen- Für die Kritiker können die Genossen- schaft die Bewohner nicht einfach nur schaften ihren Mitgliedern günstigen Mieter sind, sondern auch Eigentümer. Wohnraum offerieren, weil dieser durch Anders als konventionelle Mieter, die die öffentliche Hand subventioniert sich ihre Wohnung gewissermassen zu werde. Die Genossenschaften selber be- 100% fremdfinanzieren lassen, gehen die tonen hingegen, ihre tiefen Mieten hät- Genossenschafter mit ihrem Kapital- ten wenig bis gar nichts mit staatlicher anteil selber ins Risiko und dürfen dafür Unterstützung zu tun, dafür umso mehr auch eine angemessene Entschädigung mit der Tatsache, dass im genossenschaft- erwarten. Es ist ein Charakteristikum lichen Modell niemand einen Gewinn der Genossenschaft, dass diese Entschä- Datengrundlagen: aus der Liegenschaft herausziehe. Volkszählung 2000, gepoolte Strukturerhebung digung nicht in erster Linie über eine 2010–2014, Personenregister STATPOP und Verzinsung des Anteilkapitals läuft Was bedeutet «gemeinnützig»? Gebäude- und Wohnungsstatistik (GWS). (diese ist in der Regel beschränkt), son- QUELLE: BUNDESAMT FÜR WOHNUNGSWESEN (BWO) NZZ-Infografik/cke. dern über die Vergünstigung des «Pro- Zunächst gilt festzuhalten, dass Wohn- dukts», in diesem Fall des Wohnens. baugenossenschaften in der Schweiz, Damit ist das genossenschaftliche wenn sie gewisse Auflagen erfüllen, sich zum Prinzip der Genossenschaft passen; einen Teil der Risiken durch Rückbürg- Die Auflagen sind so umfangreich ge- Modell steuerlich gleich doppelt interes- tatsächlich um eine staatliche Förderung der Gewinn dient primär dazu, das Ver- schaften übernimmt. worden, dass viele Genossenschaften die sant: Zum einen kann die Genossen- bewerben können. Dies im Gegensatz zu mögen der Organisation zu äufnen – so Solche Finanzierungshilfen, auch städtischen Baurechte gar nicht mehr schaft mit den niedrigen Mieteinnahmen Genossenschaften in anderen Bereichen, haben viele Wohnbaugenossenschaften wenn dabei wenig Geld fliesst, können besonders attraktiv finden. Trotzdem ihren Gewinn, den sie versteuern muss, wie der Migros oder der Raiffeisen- über die Zeit ein grosses Immobilienver- die Kosten einer Genossenschaft und da- lässt sich schwer argumentieren, dass mit tief halten. Zum anderen ist die implizite Gruppe. Dies kommt daher, dass der mögen angehäuft, das sie zu Gestehungs- mit auch die Mieten deutlich senken. So dem tieferen Zins in erster Linie Leis- Gewinnausschüttung über die vergüns- Staat den verfassungsmässigen Auftrag kosten in den Büchern führen. Um als kann sich ein Gemeinnütziger zum nied- tungen der Baurechtsnehmer abgegol- tigten Mieten auch für die Genossen- hat, sich für zahlbaren Wohnraum einzu- gemeinnützig zu gelten, muss eine Wohn- rigen Preis einer Ersthypothek ver- ten werden. Denn wenn dies der Fall schafter steuerfrei. Über grosszügige Ab- setzen. Der Bund nimmt diesen Auftrag baugenossenschaft somit kaum zusätz- gleichsweise hoch verschulden, derweil wäre, müsste die Stadt bei ihren Berech- schreibungen kann die Genossenschaft wahr, indem er (neben Wohneigentum) lichen Auflagen nachkommen, ausser ein «gewöhnlicher» privater Investor da- nungen vom Marktwert des Baurechts zudem ihr eigenes Vermögen aufbauen. den sogenannt gemeinnützigen Woh- diese Prinzipien in ihren Statuten zu ver- für auf eine teure Mezzanine-Finanzie- ausgehen und diesen Wert dann im Um- Dieses Vermögen bleibt allerdings nungsbau unterstützt. Die Gemeinden ankern. Wenig verwunderlich, streben rung zurückgreifen müsste. Deren Zins fang der Gegenleistungen reduzieren. zweckgebunden und darf nicht plötzlich setzen ebenfalls auf die Kooperation mit denn auch die meisten Wohnbaugenos- kann wegen des höheren Risikos für den Seit 1966 gilt jedoch, dass der Baurechts- zu Marktpreisen veräussert werden. Das Gemeinnützigen, vermieten aber oft senschaften das Prädikat der Gemein- Kapitalgeber selbst im herrschenden zins nicht mehr nach dem «mässig ange- Beispiel Kraftwerk 1 zeigt schliesslich auch selber Liegenschaften. nützigkeit an; es ist das Ticket zur staat- Niedrigzinsumfeld rasch einmal 7% be- auch, dass sich ein privater Landerwerb Aber was bedeutet «gemeinnützig» in lichen Förderung, und diese ist finanziell tragen. Rechnet man das anhand eines zu Marktpreisen und öffentliche Förde- diesem Zusammenhang? Kann eine Ge- attraktiv. einfachen Zahlenbeispiels durch – 60% rung nicht ausschliessen. So hat die Ge- nossenschaft gemeinnützig sein? Im All- Dies will nicht heissen, dass die Ge- günstige Fremdfinanzierung zu 2% Zins nossenschaft das Land beim Hardturm gemeinen gilt eine Tätigkeit ja dann als nossenschaften keine weiteren Anforde- plus 30% teures Mezzanine-Kapital à 7% Anders als Mieter, die zwar von der Entwicklerin Allreal er- gemeinnützig, wenn sie ausschliesslich rungen an ihre Gemeinnützigkeit stellen: Zins (normale Private) im Vergleich mit sich ihre Wohnung zu worben, aber bei der Finanzierung profi- auf die Förderung des Gemeinwohls aus- Den meisten ist ein haushälterischer 90% günstige Fremdfinanzierung zu 2% tierte sie dann doch von vergünstigten gerichtet ist. Eine Genossenschaft hin- Umgang mit Wohnraum wichtig, weshalb (Gemeinnützige) –, ergibt sich, je nach 100% fremdfinanzieren Darlehen der öffentlichen Hand, mit gegen steht als «Selbsthilfeorganisation» sie Belegungsvorschriften erlassen.Viele Verzinsung des Eigenkapitals, eine Kos- lassen, gehen die denen sich die Kosten senken liessen. im Dienste ihrer Mitglieder. Eine Wohn- sehen sich auch verpflichtet, zu wachsen, um ihr Angebot an preisgünstigen Woh- tenersparnis von 35 bis 40%, die direkt auf die Mieten umgelegt werden kann. Genossenschafter mit Niedriger Flächenverbrauch nungen laufend auszubauen. Auch auf kantonaler und kommuna- ihrem Kapitalanteil ler Ebene wird der gemeinnützige Woh- selber ins Risiko. Es gibt also verschiedene Gründe, wes- Finanzierungshilfen Zustupf ans Eigenkapital nungsbau gefördert. Die Stadt Zürich halb das Wohnen in Genossenschaften kennt Restfinanzierungsdarlehen (ana- günstiger ist als in konventionellen Miet- können die Kosten Die öffentliche Förderung nimmt ver- log zum Fonds de Roulement) oder die wohnungen. Ein Grund liegt im Modell einer Genossenschaft schiedene Formen an. A-fonds-perdu- direkte Beteiligung am Anteilskapital selbst und hat damit zu tun, dass die Ge- Zahlungen gibt es auf Bundesebene von Genossenschaften. Ein zentrales setzten Verkehrswert» berechnet wird, nossenschafter die Besitzer der Immobi- und damit auch keine mehr, dafür vergünstigte Darlehen Instrument ist zudem die vergünstigte sondern als Anteil (13 bis 20%) der An- lie sind. Das Kapital, das sie in ihre Lie- deren Mieten oder (Rück-)Bürgschaften. Die Darle- Landabgabe. Da in Zürich mittlerweile lagekosten. Land an einer Toplage im genschaft investieren,wird ihnen indirekt hen, zirka 50 Mio. Fr. pro Jahr, fliessen kein Land mehr verkauft werden soll, Zürcher Seefeld wird damit (für ein über die vergünstigten Wohnkosten ver- deutlich senken. über den sogenannten Fonds de Roule- geht es vor allem um Baurechte, die den identisches Projekt) zum gleichen Preis zinst. Dieser Faktor kommt meist erst ment. Etwa 10% der gemeinnützigen Gemeinnützigen unter dem Marktpreis abgegeben wie im günstigeren Schwa- über die Zeit zum Tragen. In neu erstell- Wohnbauträger greifen auf diese Rest- abgegeben werden. mendingen, was zumindest im Fall der ten Liegenschaften von Genossenschaf- finanzierung von 5 bis 10% der Anlage- Inwiefern diese günstigen Baurechte teuren Lage eine Subventionierung dar- ten sind die Mieten oft nicht viel günsti- baugenossenschaft hat in erster Linie kosten zurück – tendenziell eher die jun- Subventionen darstellen, ist oft Gegen- stellen dürfte. ger als auf dem freien Markt, da die Ge- den Zweck, ihren Mitgliedern günstigen gen Genossenschaften, die selber nicht stand von Diskussionen. Solange mit Laut dem Verband Wohnbaugenos- stehungskosten für alle dieselben sind. Wohnraum zur Verfügung zu stellen. über genügend Sicherheiten verfügen, einer Vergünstigung Leistungen der senschaften Schweiz stehen etwa 15% Ein wesentlicher Faktor ist aber auch Im wohnpolitischen Kontext ist Ge- um an günstige Kredite heranzukom- Baurechtsnehmer abgegolten werden, der Genossenschaftswohnungen in die Förderung durch die öffentliche meinnützigkeit allerdings anders defi- men. Sie müssen dann nur noch 10%, handelt es sich nicht um eine Förderung. Zürich auf Land im Baurecht der Stadt, Hand. Die staatliche Unterstützung niert als etwa im Steuerrecht (Wohnbau- teilweise sogar nur noch 6% Eigenkapi- Gerade Baurechte zwischen der öffent- weitere 15% auf Land, das einst von der führt nicht nur dazu, dass Projekte reali- genossenschaften sind nicht steuer- tal bringen (in der Privatwirtschaft sind lichen Hand und gemeinnützigen Wohn- Stadt gekauft werden konnte. Der Gross- siert werden können, die auf dem Markt befreit). Aus Sicht des Wohnraumförde- 20 bis 40% üblich) und erhalten die über bauträgern sind oft mit Eigentums- teil (70%) wurde auf privat erworbenem nicht finanzierbar wären, sondern sie rungsgesetzes gilt eine Tätigkeit als 20 bis 25 Jahre rückzahlbaren Darlehen beschränkungen und Zusatzverein- Land errichtet, was von den Genossen- senken auch die Kapitalkosten deutlich. gemeinnützig und damit förderungs- zu einem reduzierten Zinssatz. Dieser barungen verbunden, die den Wert eines schaften gerne als Beweis dafür ins Feld Und schliesslich sind die günstigen Mie- würdig, wenn sie nicht gewinnstrebig ist liegt 2 Prozentpunkte unter dem Refe- Baurechts mindern und dadurch einen geführt wird, dass die tiefen Mieten ten auch ein Spiegel der Tatsache, dass und der Deckung des Bedarfs an preis- renzzinssatz, beträgt aber mindestens ermässigten Zins rechtfertigen. Zentral keine Folge von Begünstigungen der die typische Genossenschaftswohnung günstigem Wohnraum dient. Preisgünstig 1%. Erlaubt sind maximal 50 000 Fr. pro ist dabei besonders die Tatsache, dass im öffentlichen Hand seien, sondern in ers- bei den Gemeinnützigen kleiner ist als bedeutet dabei, dass die monatlich ver- Wohnung bzw. 3 000 000 Fr. insgesamt. Gegensatz zu privaten Baurechten kein ter Linie damit zu tun hätten, dass anders eine «konventionelle» Wohnung. Ob- langte Miete nicht höher sein darf als für Die EGW (Emissionszentrale für ge- Gewinn erwirtschaftet werden darf. als bei konventionellen Mietwohnungen schon Wohnraum bei ihnen günstig ist, die Deckung der Finanzierungs-, Unter- meinnützigeWohnbauträger) gibt zudem Hinzu kommen zahlreiche kostspielige niemand einen Gewinn herausziehe, son- lassen sich die geförderten Genossen- halts- und Betriebskosten inklusive regelmässig Anleihen heraus, mit denen Auflagen: Es muss ein Architekturwett- dern jeder Franken in der Genossen- schaften somit nicht zur Vergeudung ver- Rückstellungen und Abschreibungen nö- Genossenschaften nach der Erstfinan- bewerb durchgeführt, Kunst am Bau er- schaft bleibe. leiten – im Gegenteil. tig (sogenannte Kostenmiete). zierung auslaufende Kredite günstig re- möglicht werden, und es müssen Woh- Ein Beispiel verdeutlicht diesen finanzieren können. Bei der EGW han- nungen fürs Sozialamt sowie Räume für Effekt: Die Siedlung Hardturm der Ge- Mehr als reine Selbsthilfe delt es sich zwar um genossenschaftliche die Quartierversorgung bereitgestellt nossenschaft Kraftwerk 1 wurde Ende WOHNEN Selbsthilfe; aber dass diese Anleihen so werden. Zudem werden mittlerweile ein der 1990er Jahre auf Land erstellt, das zu IN GENOSSENSCHAFTEN Wohnbaugenossenschaften erfüllen günstig sind, liegt in erster Linie daran, Drittel subventionierte Wohnungen ver- Marktpreisen gekauft worden war. Bei Detaillierte Zahlen und Fakten zu Wohn diese Bedingungen fast automatisch. Da dass der Bund für sie bürgt und damit langt – also Wohnungen, die gezielt für der Erstvermietung im Jahr 2001 kostete baugenossenschaften in der Schweiz sowie es ihr Zweck ist, den Mitgliedern mög- ein gutes Rating ermöglicht. Gleiches bedürftige Personen vorgesehen sind eine Vier-Zimmer-Wohnung gut 1800 ein Video zum Thema finden Sie online. lichst günstigen Wohnraum zur Ver- gilt für die Bürgschaften der Hypothe- und für welche die Stadt einen Beitrag Fr., was einem Preis von zirka 215 Fr. pro fügung zu stellen, verlangen sie sowieso kar-Bürgschaftsgenossenschaft schwei- zahlt. Dort gelten dann strikte, von der m2 und Jahr entsprach. Seither wurde je- nzz.ch/wirtschaft nicht mehr Miete als nötig. Und auch zerischer Bau- und Wohnbaugenossen- Stadt kontrollierte Einkommens- und doch die Miete aufgrund von Anpassun- eine Gewinnausschüttung würde nicht schaften (HBG), bei denen der Bund Belegungsvorschriften. gen an die jeweiligen Referenzzinssätze
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