DUH Futtermittel-Radar - Erste-Hilfe für den Regenwald: Entwaldungsfreies Palmöl- und Soja-Futter in Deutschlands Ställen

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DUH Futtermittel-Radar - Erste-Hilfe für den Regenwald: Entwaldungsfreies Palmöl- und Soja-Futter in Deutschlands Ställen
DUH Futtermittel-Radar
Erste-Hilfe für den Regenwald: Entwaldungsfreies
Palmöl- und Soja-Futter in Deutschlands Ställen

Hintergrundpapier | Stand: 27.01.2022 (1. Aktualisierte Version)
DUH Futtermittel-Radar - Erste-Hilfe für den Regenwald: Entwaldungsfreies Palmöl- und Soja-Futter in Deutschlands Ställen
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Inhaltsverzeichnis

1. Kurzfassung der Ergebnistabelle zu den 68 Unternehmen........................................ 3

2. Zusammenfassung ................................................................................................... 8

3. Einleitung .............................................................................................................. 13

4. Vorgehen ............................................................................................................... 14

5. Hintergründe ......................................................................................................... 17
  Preiskampf auf dem Rücken von Menschen, Natur und Klima .................................. 17
  Werden Supermarktprodukte durch zertifiziertes Palmöl-Futter viel teurer? ........... 17
  Fleisch für den Export – unmöglich ohne Futtermittelimporte .................................. 17
  An welche Nutztiere werden Palmöl und Soja verfüttert? ........................................ 18
  Entwaldungsfreie Lieferketten – Palmöl und Soja allen voran ................................... 18
  Nachhaltigkeitszertifizierungen – großes Potential, erhebliche Schwächen .............. 19
  Alternative Futtermittel aus heimischen Rohstoffen................................................. 19
  Konsum tierischer Produkte nachhaltig gestalten ..................................................... 20

6. Ergebnisse und Diskussion ..................................................................................... 21
  Beteiligung von Unternehmen .................................................................................. 21
  Die Futtermittelindustrie .......................................................................................... 21
  Die Fleischwirtschaft................................................................................................. 22
  Milchwirtschaft und Eiproduzenten .......................................................................... 23
  Der Lebensmittelhandel ........................................................................................... 24
  Die Systemgastronomie ............................................................................................ 27

7. Schlussfolgerungen und Forderungen .................................................................... 31

8. Langfassung der Ergebnistabelle zu den 68 Unternehmen ..................................... 33

Hintergrundpapier | Palmöl und Soja in Deutschlands Ställen                                           Deutsche Umwelthilfe e.V.
DUH Futtermittel-Radar - Erste-Hilfe für den Regenwald: Entwaldungsfreies Palmöl- und Soja-Futter in Deutschlands Ställen
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1. Kurzfassung der Ergebnistabelle zu den 68 Unternehmen
    (Tabelle als Download verfügbar unter https://www.duh.de/futtermittel-radar/)

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                                                              tig zertifiziert (Meo Carbon Solutions, 2020). Insbe-
2. Zusammenfassung                                            sondere im Teilbereich der Nutztierfutter stagniert
Mit dem Futtermittel-Radar fordert die Deutsche               der Anteil nachhaltig zertifizierten Palmöls seit
Umwelthilfe (DUH) erstmals 68 Unternehmen                     2017 bei nur 25%. Bei Soja betrug der zertifiziert-
entlang der Lieferkette tierischer Erzeugnisse auf,           entwaldungsfreie Anteil in 2018 rund 22%.
schnellstmöglich nur noch nachhaltig-zertifi-                 Das Vorgehen
zierte, entwaldungsfreie Palmöl- und Soja-Futter-
mittel in der Tierhaltung sicherzustellen, sowie              Der versäumte Umstieg kann auf die mangelnde
                                                              Bereitschaft der Futtermittelanbieter, aber auch
den vermehrten Einsatz heimischer Futteralter-
                                                              auf das Wegschauen der Unternehmen entlang
nativen vorzugeben. Dazu wurden Unternehmen
                                                              der übrigen Lieferkette zurückgeführt werden. Der
von der Futtermittelbranche bis zum Handel und
                                                              Konsum von Fleisch, Eiern und Milchprodukten
der Gastronomie befragt. Palmöl und Soja aus un-              darf nicht weiter zur Zerstörung klimaschutzrele-
geprüften, unsicheren Anbaubedingungen mit er-                vanter Ökosysteme beitragen und laufende Klima-
höhtem Risiko für die Zerstörung wertvoller Öko-              schutzbemühungen nicht untergraben. Die Ver-
systeme und Menschenrechtsverletzungen müs-                   antwortung liegt bei allen Unternehmen, die maß-
sen endlich aus der Nutztierhaltung ausgeschlos-              geblich von tierischen Erzeugnissen profitieren.
sen werden. Denn für neue Plantagen in Asien                  Deshalb hat die DUH 68 Unternehmen entlang der
und Südamerika werden immer noch tropischer                   Lieferkette tierischer Erzeugnisse stichprobenar-
Regenwald und Savannen entlang des Äquators                   tig ausgewählt und im Zeitraum April bis Juli 2021
zerstört, was die Klimakrise weiter anheizt. Der              zu Stellungnahmen und neuen Selbstverpflichtun-
Umstieg auf nachhaltig zertifizierte Übersee-                 gen zu 100% nachhaltigen Palmöl- und Soja-Futter-
                                                              mitteln sowie dem verstärkten Einsatz heimischer
Ware kann dabei als erste Mindestmaßnahme für
                                                              Alternativen aufgefordert. Die befragten Unter-
den Schutz klimarelevanter und artenreicher
                                                              nehmen stammen aus sechs Wirtschaftszweigen:
Ökosysteme gesehen werden, da neue Rodungen
im zertifizierten Anbau verboten sind und die                       Futtermittelindustrie: Importeure bzw.
Ware demnach nur von lange bestehenden An-                           Einzel- und Mischfutterhersteller
                                                                    Fleischwirtschaft: Unternehmen, die ei-
bauflächen stammt. Das ist ein Anfang, doch auch
                                                                     gene Maren vertreiben und im Auftrag Ei-
der Umstieg auf heimische Futtermittel und eine
                                                                     genmarken für den Handel anfertigen
flächengebundene Tierhaltung müssen parallel                        Milchwirtschaft: Genossenschaftliche
verfolgt werden: Die Tierzahlen und der Konsum                       Molkereien und Markenhersteller
tierischer Produkte sollte schrittweise auf ein na-                 Legehennenhalter und Hersteller von Ei-
turverträgliches Niveau, das ohne umweltschädli-                     produkten
che Importe auskommt, reduziert werden. Das                         Lebensmitteleinzel- und Großhandel
Futtermittel-Radar liefert jetzt erstmal einen                      Systemgastronomie: Fast-Food-Ketten
Überblick darüber, welche Unternehmen sich an-                       bzw. Schnellrestaurants
hand konkreter Sofortmaßnahmen für den Re-
genwaldschutz einsetzen wollen.                               Das Resultat: Teils mutige Vorstöße einzel-
                                                              ner Unternehmen und zu viel träge Masse
Die mit der Unterzeichnung der Amsterdam Dekla-
                                                              Es konnte bei der Unternehmensanfrage eine
ration im Jahr 2015 beschlossene Zielvorgabe der
                                                              Rücklaufquote von 62% erreicht werden (42 aus
Bundesregierung zum Umstieg auf nachhaltiges,
                                                              68 Unternehmen). Diese fällt somit sehr hoch aus,
entwaldungsfreies Palmöl und Soja bis 2020 hatte              so dass die Futtermittelproblematik definitiv als
lediglich einen freiwilligen Charakter inne und
wurde verfehlt: 2019 waren erst geschätzte 83%
des in Deutschland konsumierten Palmöls nachhal-

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ein zentrales Thema der nachhaltigen Unterneh-
menspolitik einzustufen ist. In der zweiten Abfra-
gerunde Ende 2021 wurden 20 Antworten erhal-
ten – jedoch meist ohne neue Fortschritte be-
kanntzugeben: Nur eine neue Selbstverpflichtung
mit konkretem Stichdatum wurde eingereicht – zu
entwaldungsfreiem Soja ab 1.1.2023 (s. West-
fleisch).
Grün bewertet: Die Vorreiter – Klare Positi-
onierung gegen neue Regenwaldzerstö-
rung durch Palmöl oder Übersee-Soja                                  über alle Warengruppen hinweg selbst ver-
•    Erst vier Unternehmen geben an, schon heute                     pflichtet: Lidl Deutschland, BEWITAL agri und
     zu 100% nachhaltige Palmöl- oder Übersee-                       AGRAVIS Raiffeisen (beide Futtermittelanbie-
     Soja-Futtermittel zu verwenden, darunter nur                    ter), Fleischverarbeiter Danish Crown halbiert
     ein Unternehmen, das nach eigenen Angaben                       in 2022 seine Palmölmenge im Futter und ver-
     schon heute ausschließlich nachhaltig zertifi-                  zichtet ab 2023 vollständig auf Palmöl im Fut-
     ziertes Palmöl-Futter anbietet:                                 ter. In der zweiten Abfragerunde hat sich kein
                                                                     einziges, weiteres Unternehmen mit klarem
     o Palmöl: Deutsche Tiernahrung Cremer                           Stichdatum zu entwaldungsfreiem, nachhaltig
     o Soja: Arla Foods (Milch), Gutshof-Ei, Wie-                    zertifizierten Palmöl ab 1.1.2022 verpflichtet.
       senhof                                                        Dies macht nochmals deutlich, dass eine künf-
                                                                     tige gesetzliche Regelung gegen importierte
•    Zehn Unternehmen geben an, dass sie schon
                                                                     Entwaldung auf europäischer und deutscher
     heute kein Palmöl oder Übersee-Soja mehr in
                                                                     Ebene alle Verarbeitungsstufen von Palmöl
     der Fütterung einsetzen:
                                                                     und Soja abdecken sollte. Bleibt dies aus, wird
     o Kein Palmöl-Futter: dm, Dennree Gruppe                        es immer Unternehmen geben, die sich ver-
       (Bio-Markt), Vriesen-Hof (Ei), Gutshof-Ei,                    weigern, Vorgaben zur Entwaldungsfreiheit an
       Biovum mit Eggerhof (Ei), BayWA AG (Fut-                      vorgelagerte Lieferanten und verarbeitete
       termittelanbieter), Hochland Deutschland                      Produkte zu stellen.
       (Milch), Friesland Campina Germany
                                                                •    Soja: Nur ein Unternehmen hat sich im Som-
       (Milch)
                                                                     mer 2021 neu zu 100% nachhaltigem Über-
     o Kein Übersee-Soja-Futter: Biovum mit Eg-                      see-Soja über alle Warengruppen hinweg be-
       gerhof (Ei), Hochland Gruppe (Milch),                         reits ab 1.1.2023 selbst verpflichtet: Lidl
       Friesland Campina (Milch), Heinrich Nagel                     Deutschland (gilt für den deutschen Markt).
       und Volac Wilmar Feed Ingredients (Fut-                       Hinzu kam in der zweiten Abfragerunde im No-
       termittelanbieter; teils jedoch auf Palmöl                    vember 2021 jedoch das Fleischverarbeitungs-
       spezialisiert)                                                unternehmen Westfleisch, das mit der QS
                                                                     GmbH1 gemeinsam an der Weitergabe und
Gelb bewertet: Die Nachzügler – Erste-Hilfe
                                                                     Einhaltung einer verbindlichen Lieferanten-
zum schnellen Ausschluss neuer Rodungen                              Vorgabe zu entwaldungsfreiem Soja ab
•    Palmöl: Vier Unternehmen haben sich neu zu                      1.1.2023 arbeite – mit der Möglichkeit Vorga-
     100% nachhaltigem Palmöl ab dem 1.1.2022

1
 QS-Kurzportrait (2021): „QS ist der führende Standard für Lebensmittelsicherheit in Deutschland. 95% des frischen Schweine-
und Geflügelfleischs, 85% des Rindfleischs sowie 90% von Obst, Gemüse und Kartoffeln aus Deutschland sind QS-zertifiziert.
Ziel ist es, das Vertrauen der Verbraucher in sichere frische Lebensmittel täglich zu bestätigen.“

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       ben zu Palmöl ebenso in das Managementsys-                           o Palmöl: Heinrich Nagel bis 2025 in der
       tem aufzunehmen. Von dieser neuen Mög-                                 DACH-Region, später auf internationalem
       lichkeit sollten die fleischverarbeitenden Un-                         Markt, IKEA Deutschland bis 2025 welt-
       ternehmen und Lebensmittelunternehmen                                  weit (bei Geflügel in der EU, CAN und AUS
       aus dem Einzel- und Großhandel nun                                     bereits bis Ende 2021)
       schnellstmöglich Gebrauch machen und auf                             o Soja: Deutsche Tiernahrung Cremer bis
       nachhaltig zertifizierte, entwaldungsfreie                             1.1.2025 an allen Produktionsstandorten,
       Palmöl- und Soja-Futtermittel bestehen. Die                            Hauptgenossenschaft Nord bis 2025
       Futtermittelbranche steht dabei gleicherma-                            sämtliches vom Konzern importiertes Soja,
       ßen in der Verantwortung ihre Rohstoffbe-                              Danish Crown bei allen dänischen Produk-
       schaffung entsprechend zügig noch im Laufe                             tionsstandorten, ALDI SÜD und ALDI
       des Jahres 2022 anzupassen.
                                                                              NORD bis 31.12.2025 auf dem deutschen
•      Lidl Deutschland ist damit durch frühe Ziel-                           Markt, IKEA bei allen Warengruppen welt-
       jahre zu zertifiziert entwaldungsfreiem Palmöl                         weit bis 2025. Ein vollständiger Umstieg
       UND Soja das ambitionierteste Unternehmen                              auf entwaldungsfreies Palmöl- und Soja-
       im Lebensmittelhandel. Lidl gibt zudem als                             Futter erst bis 2025 scheint ein Anfang zu
       einziger Lebensmittelhändler an, in Bezug auf                          sein, ist angesichts der Klima- und Bio-
       entwaldungsfreies Palmöl und Soja an, auch                             diversitätskrise jedoch zu spät. Die DUH
       Fremdmarken zu überprüfen und sich Sankti-                             fordert weiterhin einen schnellstmögli-
       onen vorzubehalten. Kaufland hat der DUH in                            chen Umstieg auf entwaldungsfreie,
       der zweiten Abfragerunde mitgeteilt, mit einer                         nachhaltige Futtermittel.
       neuen Soja-Richtlinie verbindliche Vorgaben                    •     Einige Unternehmen erreichen bei Soja vor
       zu nachhaltigem, entwaldungsfrei zertifizier-                        2025 zumindest eine teilweise Umstellung
       ten Soja ab dem Jahr 2022 zu schaffen und dar-                       (Beispiele): ALDI SÜD und ALDI NORD geben
       über hinaus seine unternehmerischen Sorg-                            an, ab 1.1.2022 60% des Sojafutters nachhal-
       faltspflichten auszuweiten. Das Positionspa-                         tig zertifiziert bei Geflügel, Rind, Schwein und
       pier zu nachhaltigem Soja als Futtermittel                           Schaleneier zu erreichen (gilt für den deut-
       steht seit Ende Januar zum Download zur Ver-                         schen Markt). REWE erreicht nach eigenen
       fügung2. Eine Konkretisierung ab wann alle                           Angaben bereits bis 1.1.2021 100% nachhalti-
       Warengruppen mit Tiererzeugnissen umge-                              ges Sojafutter bei Frischfleischwaren, Eiern
       stellt werden und welche Länder dies schließ-                        und Milch.3 IKEA Deutschland hat bei Fleisch-
       lich umfassen wird, erfolgt laut Angaben des                         bällchen, Würsten und Lachs bereits umge-
       Unternehmens im Laufe des Jahres 2022.                               stellt, und erreicht dies für Geflügel bis 2021
       (Stand Januar 2022)
                                                                            in der EU, Kanada und Australien.
Orange bewertet: Die Zögerlichen – Später                             • Weitere Unternehmen wurden orange be-
oder teilweiser Ausschluss von Rodungen                                     wertet, wenn Sie in Teilsegmenten ihres Sor-
•      Weitere sieben Unternehmen wollen bis 2025                           timents oder anhand von Pilotprojekten auf
       über alle Warengruppen hinweg 100% nach-                             nachhaltiges, entwaldungsfreies Soja umge-
       haltiges Palmöl- oder Übersee-Soja-Futterfut-                        stellt haben oder beginnen sich der Thematik
       termittel sicherstellen – bezogen auf den                            anzunehmen und Lieferantengespräche zu
       deutschen Markt, die DACH Region oder inter-                         Palmöl oder Soja-Futtermitteln aufzunehmen
       national:                                                            (s. Langfassung der Ergebnistabelle in Kap. 6).

2   https://unternehmen.kaufland.de/unsere-verantwortung/machen-macht-den-unterschied/lieferkette.html#richtlinien-positionen
3Eine Umstellung in den Warengruppen nicht-frische Fleischwaren (TK usw.), Milchprodukte, Butter und Aquakulturprodukte wäre demnach
noch ausstehend. Ein Zieldatum zur Umstellung wurde bisher nicht bekanntgegeben.

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                                                                  bei den Fleischverarbeitern und Markenher-
                                                                  stellern im Bereich Milchprodukte war die
                                                                  Antwortrate gering. Von den großen Namen,
Orange oder rot bewertet: Bisher begrenz-                         wie z.B. McDonald’s, Vapiano, l’Osteria,
                                                                  Rothkötter, Tönnies, ALRA Foods oder
tes Engagement für den Ausschluss neuer
                                                                  Müllermilch hätten sich Bürger*innen sicher
Rodungen oder fehlende Angaben                                    konkretere Angaben und Zielsetzungen zum
•     Zwei Unternehmen haben in ihren RSPO                        Ausschluss neuer Rodungen für Nutztierfutter
      ACOP Berichten 2019 geäußert, dass erwartet                 erhofft. Einige der Unternehmen reagierten
      wird, 100% nachhaltiges Palmöl nur bei ent-                 jedoch auf die DUH Anfrage und gaben an, die
      sprechender Kundennachfrage zu erreichen:                   Thematik ernst zu nehmen und signalisierten,
      ggf. bis 2025 bei der Cefetra Group und bis                 zeitnah neue Ziele veröffentlichen zu wollen.
      2030 bei der Volac Wilmar Feed Ingredients.
                                                              DUH Forderungen an Politik & Wirtschaft
•     ADM Animal Nutrition strebt bisher an, erst
      bis 2030 sicher entwaldungsfreie Rohstoffe zu           Unser Klima und der Lebensraum von bedrohten
      erreichen (inkl. Palmöl und Soja). Es werden            Arten wie dem Orang-Utan darf nicht länger für
      bereits eigene Einkaufsrichtlinien zu nachhal-          das große Geschäft mit Fleisch und Milch aufs
      tigem Palmöl angewendet, jedoch nicht nach-             Spiel gesetzt werden. Deshalb lauten unsere For-
      haltig-zertifiziert nach einem Zertifizierungs-         derungen an die Politik, schnellstmöglich gesetzli-
      system. Hier ist das Unternehmen Olenex als             che Vorgaben einzuführen und an verantwor-
      verantwortlicher Betreiber mehrerer europäi-            tungsvoll agierende Unternehmen, sich bereits
      scher Raffinerien von ADM und Wilmar in der             vorher zu konkreten Maßnahmen selbst zu ver-
      Verantwortung.                                          pflichten und deren Umsetzung öffentlich nach-
                                                              vollziehbar darzustellen. Folgende Maßnahmen
                                                              sollten von politischen Entscheidungsträgern und
                                                              Unternehmen beachtet und umgesetzt werden:
    Bio-Lebensmittel auf dem Vormarsch:
    Förderung heimischer Futtermittel
    Viele der Unternehmen fördern bereits teil-
    weise Bio-Lebensmittel nach EU-Bio-Verord-
    nung oder den strengeren Verbands-Bio-Sie-
    geln (Bioland, Naturland, demeter, usw.). In der
    Bio-Haltung müssen Bio-Futtermittel verwen-
    det werden und es wird ein Mindestanteil von
    heimischen Futtermitteln vom eigenen Hof
    oder aus der Region vorgeschrieben. Bei
    Schweinen und Geflügel sind noch bis zu 5%
    konventionelle Eiweiß-Futtermittel (inkl. Soja)
    erlaubt. Diese werden jedoch schrittweise re-
    duziert. Bio-Palmöl wird laut Marktstudien des
    Forums für nachhaltiges Palmöl nicht in Futter-
    mitteln in Deutschland eingesetzt. Es kommen
    im Bio-Futter also andere Pflanzenöle aus öko-
    logischer Landwirtschaft zum Einsatz.

•     Neben IKEA und METRO haben leider keine
      weiteren Fast-Food-Ketten und Großhändler
      klare Umstellungsdaten zu 100% nachhalti-
      gem Palmöl- oder Soja-Futter genannt. Auch

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»    Schnellstmöglich ausschließlich nachhaltiges,                            und Milchwirtschaft und stattdessen Förde-
     entwaldungsfreies4 Palmöl in Futtermitteln –                             rung pflanzlicher Milch- und Fleischersatzpro-
     spätestens ab 1.1.2022 – und, wo möglich,                                dukte im In- und Ausland
     Bevorzugung heimischer bzw. europäischer                           »     Erhöhte Transparenz – Unternehmen müssen
     Pflanzenöle                                                              öffentlich angeben, woher Futtermittel ge-
                                                                              nau stammen, unter welchen Bedingungen
»    Schnellstmöglich ausschließlich nachhaltiges,
                                                                              diese produziert wurden und welche Nach-
     entwaldungsfreies5 Soja-Futtermittel sowie
                                                                              haltigkeitszertifizierungen dabei eingehalten
     eine schrittweise Erhöhung des Anteils euro-
                                                                              werden. Dazu sollten auch bestehende Be-
     päischer Eiweißpflanzen
                                                                              richtspflichten zur Verarbeitung meldepflich-
»    Speziell für den Handel gilt: Umstellung der                             tiger Rohstoffe angepasst werden.
     Eigenmarken und Auslisten von Fremdmar-
                                                                        »     Handelspoltischen Druck ausüben: Regierun-
     ken, die Anforderung in Bezug auf nachhal-
                                                                              gen von Anbauregionen bzw. -ländern, die
     tige, entwaldungsfreie Palmöl- und Soja-Lie-
                                                                              wiederholt Kooperations- bzw. Kompensati-
     ferketten nicht erfüllen, so dass das Sorti-
                                                                              onsangebote zum Regenwaldschutz ausschla-
     ment insgesamt entwaldungsfrei wird
                                                                              gen, keine alternativen Optionen aufzeigen o-
»    Verbindliche Vorgaben für glaubwürdige Zer-                              der Waldzerstörung gar aktiv vorantreiben8,
     tifizierungssysteme, die jegliche Zerstörung                             sollte schlussendlich mit zeitweisen Handels-
     kohlenstoff- oder artenreicher Ökosysteme in                             boykotten begegnet werden
     den Tropen und darüber hinaus sicher aus-
     schließen
»    Importvorgaben, die die Einfuhr nicht-nach-
     haltiger Palmöl- und Sojaprodukte, darunter
     Futtermittel, unterbinden – möglichst schnell
     im Rahmen eines EU-Gesetzesrahmens6 oder
     auf nationaler Ebene, wenn eine ambitio-
     nierte Einigung auf EU-Ebene nicht möglich ist
»    Tierwohlgerechte Haltung in Kombination
     mit einer Reduktion der Nutztierbestände auf
     ein umweltverträgliches Maß7: Unterstüt-
     zung deutscher Landwirte - insb. kleine und
     mittlere Höfe - mit höheren Abnahmepreisen
     bzw. Finanzierungshilfen, um eine Umstel-
     lung auf nachhaltigere Futtermittel und eine
     umweltverträglichere, tierwohlgerechte Tier-
     haltung vorzunehmen
»    Abkehr von der Exportorientierung der deut-
     schen Tierhaltung insbesondere der Fleisch-

4 z.B. zertifiziert nach RSPO oder einem gleichwertigen Zertifizierungssystem; Credits (Book& Claim-Ware) nur als Übergangslösung hin zu
physisch zertifizierter Ware (insb. SG)
5 z.B. zertifiziert nach einem der folgenden oder gleichwertigen Zertifizierungssystemen: ISCC + / ISCC EU, Donau Soja / Europe Soya, Pro-

Terra, BFA SS, CRS-CEFETRA und RTRS; Credits (Book&Claim-Ware) nur als Übergangslösung hin zu physisch zertifizierter Ware (insb. SG)
6 EU Verordnung gegen importierte Entwaldung und EU Lieferkettengesetz mit umwelt- und menschenrechtsbezogenen Sorgfaltspflichten
7 Schrittweise Entwicklung hin zu einer flächengebundenen Tierhaltung mit weniger Tieren, verringertem Bedarf an (Import-)Futtermitteln

und der Entschärfung der Stickstoffproblematik durch den Rückgang des Gülleeinsatzes auf den Feldern und den damit verbundenen Nit-
rateintrag in Grundwässer und Oberflächengewässer.
8 Zum Beispiel durch legale oder illegale Aktivitäten der Forst- bzw. Agrarindustrie, durch Urbanisierung oder andere Sektoren

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                                                               Deutschland verfüttert werden (Zahlen von
3. Einleitung                                                  2019), durch Eiweißpflanzen aus Europa derzeit in
Der Konsum und Export von konventionellen, tie-                diesen enormen Mengen nicht ohne Weiteres er-
rischen Erzeugnissen treibt seit Jahrzehnten die               setzbar. Die Problematik der Futtermittelimporte
Zerstörung der letzten primären und naturnahen                 und der damit verbundenen Tropenwaldabholzun-
Wälder und Ökosysteme an. Denn für Palmöl und                  gen ist jedoch vielen Konsument*innen noch nicht
Soja aus Südostasien und Südamerika wird immer                 bewusst, da das Thema der nachhaltigen Fütte-
noch neue Anbaufläche geschaffen. Dabei werden                 rung in der Nutztierhaltung erst allmählich für die
kohlenstoff- und biodiversitätsreiche Wälder,                  breite Öffentlichkeit sichtbar wird. Erst seit weni-
Moore und Savannen zerstört, deren Erhalt gegen                gen Jahren werden die Reduktion des Fleischkon-
das Fortschreiten des Klimawandels und dem dra-                sums und die nachhaltige, entwaldungsfreie Fütte-
matischen Biodiversitätsrückgang von großer Be-                rung der Nutztiere in den Medien verstärkt thema-
deutung ist. Solche Landnutzungsänderungen sind                tisiert.
inzwischen für rund elf Prozent der globalen Treib-            Die Futtermittelindustrie hat in Deutschland den
hausgasemissionen verantwortlich. Der Lebens-                  drittgrößten Anteil am deutschen Palmölver-
raumverlust betrifft zudem die letzten Hotspots                brauch – nach dem Energie- und Lebensmittelsek-
enormer und einzigartiger Artenvielfalt, z.B. in In-           tor. Der Futtermittel-Sektor hinkt seit 2017 dem
donesien, Brasilien und Kolumbien. Die fortschrei-             von der Bundesregierung in 2014 ausgerufenen
tende Ausdehnung der Landnutzung durch den                     Ziel, bis 2020 freiwillig auf 100 % nachhaltiges, ent-
Menschen ist neben dem Klimawandel der größte                  waldungsfreies Palmöl umzusteigen, hinterher.
Treiber des globalen Artensterbens.                            Während Palmöl als Bestandteil von Lebensmitteln
Für die Produktion von Fleisch, Eiern, Milchpro-               schon zu 90 % aus nachhaltig zertifiziertem und
dukten und werden in Deutschland Millionen von                 entwaldungsfreiem Anbau bezogen wird, liegt der
Tieren gehalten. Allein die Anzahl der in Deutsch-             nachhaltige Anteil bei Palmöl in Futtermitteln
land geschlachteten Masttiere lag 2019 bei über                erst bei 25 %. Insgesamt über alle Sektoren hin-
760 Millionen Tieren. Aufgrund der überhöhten                  weg wird in Deutschland 83% nachhaltiges
Anzahl der Nutztiere in Deutschland, die den mas-              Palmöl erreicht. Bei Soja lag der Anteil zertifiziert
siven Export von Fleisch- und Milchprodukten erst              entwaldungsfreier Ware im Jahr 2019 insgesamt
ermöglichen, lassen sich die Futtermittel auf hei-             bei 25%9.
mischen Flächen nicht mehr in ausreichender                    Der von der DUH im November 2020 durchge-
Menge produzieren. Stattdessen werden die Fut-                 führte „Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl in Fut-
termittel importiert. Palmöl aus Asien und Soja aus            termitteln“ hat für neue Bewegung gesorgt: Der
Südamerika – Soja häufig aus Südamerika, Palmöl                Verband Deutsche Tiernahrung signalisierte, dass
aus Südostasien. Sie werden dem Futter als güns-               die Futtermittelindustrie bereit sei, ausschließlich
tiges Fett und Eiweiß beigemischt. Der Konsum                  Palmöl aus sicheren, nachhaltigen Quellen zu be-
von tierischen Erzeugnissen in Deutschland steht               ziehen, insofern der Rest der Lieferkette dies klar
also in direkter Konkurrenz um Fläche für Ökosys-              unterstütze und den Mehraufwand mittrüge. Da-
teme von stark bedrohten Tierarten, die dort ihre              her sind nun gemeinsame Anstrengungen gefragt
natürliche Nahrung und Lebensraum finden.                      – durch Selbstverpflichtungen der Akteure auf al-
Während die rund 150.000 Tonnen für Futtermit-                 len Ebenen der Verarbeitung und des Handels.
tel importiertes Palmöl vor allem auf den geringe-
ren Preis des Palmöls gegenüber anderen Pflan-
zenölen zurückgeführt werden kann, scheinen die
rund 3,2 Mio. Tonnen Sojaschrot, die jährlich in

9
 IDH (2021) European Soy Monitor; Insights on the uptake of responsible and deforestation-free soy in 2019. June 2021. Pre-
pared for IDH by Schuttelaar & Partners. IDH: Utrecht, the Netherlands.

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                                                                         Lebensmitteleinzel- und Großhandel
4. Vorgehen                                                              Systemgastronomie: Fast-Food-Ketten
Die DUH hat das Futtermittel-Radar im Jahr 2021                           bzw. Schnellrestaurants
erstmals durchgeführt. Es wurde zunächst die                      Im Mai 2021 hat die DUH Erinnerungsschreiben
Positionierung der Unternehmen anhand von ge-                     per Mail an die Unternehmen versandt und bis Juli
nerellen Zielsetzungen und Selbstverpflichtungen                  Rückfragen gestellt, um die Einreichung von Stel-
zum Einsatz von ausschließlich entwaldungs-                       lungnahmen voranzutreiben. Im Zuge einer E-Mail-
freien, nachhaltigen Futtermitteln erfragt. Zum                   Benachrichtigung wurde den Unternehmen das
Nachweis entwaldungsfreier, nachhaltiger Ware                     Bewertungsergebnis vor Veröffentlichung des Be-
kommen überwiegend Zertifizierungen zum Ein-                      richts mitgeteilt und die Möglichkeit für abschlie-
satz, die für alle Unternehmen am Markt zugäng-                   ßende Rückmeldungen eingeräumt. Eine Bewer-
lich sind. Eine Bewertung der Unternehmensposi-                   tung wurde angepasst, wenn die zusätzlichen An-
tionierungen anhand der jeweils verwendeten Zer-                  gaben dies rechtfertigten. Die Auswertung der un-
tifizierungssysteme und deren Unterschiede fand                   ternehmensbezogenen Informationen erfolgte im
in diesem ersten Schritt noch nicht statt. Das Radar              Zeitraum Juni und Juli 2021. Bis zum 29. Juli einge-
dient somit als erste Bestandaufnahme der Unter-                  gangene Stellungnahmen bzw. öffentlich verfüg-
nehmenspositionen zur Nachhaltigkeit der in                       bare Informationen wurden noch im Futtermittel
Deutschland produzierten und eingesetzten Fut-                    Radar berücksichtigt. In einer zweiten Abfrage-
termittel und soll zugleich den Anlass für einen                  runde wurden die Unternehmen erneut im Sep-
schnellstmöglichen und vollständigen Umstieg auf                  tember 2021 von der DUH kontaktiert und rele-
ausschließlich nachhaltiges, entwaldungsfreies                    vante Informationen von Oktober 2021 bis Januar
Palmöl und Soja in der Futtermittelbranche dar-                   2022 in den Bericht aufgenommen (Aktualisierun-
stellen.                                                          gen in blauer Schrift markiert).
68 Unternehmen aus sechs verschiedenen Wirt-                      Auswahl und Bewertung der Unternehmen
schaftszweigen entlang der Lieferkette tierischer
Erzeugnisse wurden Ende März 2021 per Mail kon-                   Die befragten Unternehmen wurden von der DUH
taktiert und um eine Stellungnahme gebeten –                      auf Basis von Recherchen zu relevanten Marktteil-
zum aktuellen und künftigen Einsatz ausschließlich                nehmer*innen und Hinweisen von Teilneh-
nachhaltig zertifizierter Palmöl- und Soja-Futter-                mer*innen des Runden Tisches für nachhaltiges
mittel und zum verstärkten Einsatz heimischer Fut-                Palmöl in Futtermitteln10 der DUH vom November
termittel.                                                        2020 ausgewählt. Die Auswahl der Unternehmen
                                                                  im Futtermittel-Radar hat keinen Anspruch auf
Die befragten Unternehmen stammen aus sechs                       Vollständigkeit und wird in Zukunft bei Bedarf
Wirtschaftszweigen:                                               durch weitere Unternehmen ergänzt. So wird ge-
          Futtermittelindustrie: Importeure bzw.                 plant, das Unternehmen Heidemark als wichtigen
           Einzel- und Mischfutterproduzenten                     Putenproduzenten in der EU künftig mit einzube-
          Fleischwirtschaft: Unternehmen, die ei-                ziehen.
           gene Maren vertreiben und im Auftrag Ei-               Bei der Befragung wurde auf tierische Erzeugnisse
           genmarken für den Handel anfertigen                    und Produkte für den menschlichen Verzehr fokus-
           (insb. Masthühner, Schweine, Rinder)                   siert. Haustierfutter wurden nicht explizit mitbe-
          Milchwirtschaft: Genossenschaftliche                   trachtet. Für Tiernahrungs-Produkte werden laut
           Molkereien. Milchviehhaltung und Mar-                  Auskunft eines Einzelhändlers vor allem Schlacht-
           kenhersteller                                          nebenerzeugnisse, die für den menschlichen Ver-
          Legehennenhaltung und Hersteller von Ei-               zehr nicht eingesetzt werden, genutzt (mehrheit-
           produkten

10
     S. Präsentation auf der Projekt-Website unter https://www.duh.de/futtermittel-radar/

Hintergrundpapier | Palmöl und Soja in Deutschlands Ställen                                      Deutsche Umwelthilfe e.V.
– 15 –

lich aus der EU). Umstellungen im Rahmen des Fut-
temittel-Radars sollten demnach auch eine posi-
tive Wirkung auf die Haustierfuttermittel mit sich
bringen.                                                                Die Unternehmen wurden anhand der verfügba-
                                                                        ren Informationen mithilfe von Bewertungskrite-
Für die Beurteilung der Positionierung der Unter-                       rien entlang eines Ampelsystems beurteilt (siehe
nehmen zum Umstieg auf nachhaltige, entwal-                             Tabelle 1). Der aktuelle Anteil nachhaltiger Ware
dungsfreie und heimische Futtermittel wurden ne-                        oder heimischer Futtermittel wird fast nie angege-
ben den eingegangenen Email-Antworten bzw.                              ben und wurde der Einfachheit halber nicht mit in
Stellungnahmen auch öffentlich verfügbare Infor-                        die Bewertung einbezogen.
mationen von den Unternehmenswebseiten aus-
gewertet. Dazu zählen Webseitentexte, verschie-                         Bei Lebensmittelhändlern beziehen sich die Selbst-
dene Berichte und nachhaltigkeitsbezogenen Do-                          verpflichtungen zu nachhaltigen Palmöl-Futtermit-
kumente, wie Einkaufsrichtlinien oder Nachhaltig-                       teln auf ihre Eigenmarken.
keitsbroschüren sowie falls vorhanden ACOP-Be-                          Angabe von Stichdaten teils mit geographischer
richte auf der RSPO-Webseite. RSPO-Mitglieder                           Einschränkung
müssen jährlich ACOP-Berichte auf der RSPO-Web-
seite veröffentlichen, in denen auch zeitliche An-                      Die von den Unternehmen angegebenen Stichda-
gaben zur vollständigen Umstellung auf nachhaltig                       ten zum Umstieg auf ausschließlich nachhaltig zer-
zertifiziertes Palmöl gemacht werden.                                   tifiziertes Soja bzw. Palmöl beziehen sich teils auf
                                                                        die in Deutschland oder der EU vertriebenen Fut-
Tabelle 1: Legende zur Bewertung der Unternehmensanga-
                                                                        termittel oder tierischen Produkte und teilweise
ben zu existierenden Bestimmungen oder Absichten, nach-
haltig zertifizierte und entwaldungsfreie sowie europäi-                auch auf den internationalen Markt – umfasst
sche Futtermittel in der Tierhaltung einzusetzen.                       dann also alle weltweiten Standorte eines interna-
                                                                        tional tätigen Unternehmens bzw. einer Unterneh-
 Farbcode      Bewertung                                                mensgruppe. Einige Unternehmen geben auch un-
               Es wird angegeben, dass bereits auf 100%                 terschiedliche Stichjahre je nach Zielmarkt an (s.
               nachhaltig zertifiziertes Palmöl- bzw. Soja-             IKEA). Wenn der geographische Bezug vom Unter-
               Futtermittel umgestellt wurde bzw. vollstän-
       b                                                                nehmen angegeben wurde, wurde dies in der Aus-
               dig zu alternativen europäischen Futtermit-
       z                                                                wertung gekennzeichnet (s. Langfassung der Er-
               teln gewechselt wurde.
       w                                                                gebnistabelle). Um Entwaldung wirksam entge-
       .       Es wird ein Stichdatum zum Einsatz aus-
       d       schließlich nachhaltig zertifizierter Palmöl-            genzutreten, ist es erforderlich, dass weltweit auf
       e       bzw. Soja-Futtermittel bzw. zur vollständigen            Rohstoffe verzichtet wird, bei denen neue Entwal-
       s       Umstellung auf alternative europäische Fut-              dung nicht sicher ausgeschlossen werden kann.
       b       termittel angegeben. (Stichdatum zu nachhal-
       v                                                                Die DUH fordert deshalb, die auf Deutschland be-
       z       tigem Palmöl nicht später als 1.1.2022 und zu
       e                                                                grenzten Ziele höchstens als Zwischenschritt an-
       w       nachhaltigem Soja nicht später als 1.1.2023)
       r
       .                                                                zustreben und mittelfristig die gesamten Soja-
       m              Es wird angegeben, dass nachhaltig zertifi-
       d                                                                bzw. Palmöllieferketten der Unternehmen entwal-
       e              ziertes Palmöl oder Soja bzw. europäische
       e
       h
       s              Futtermittel befürwortet oder in Teilen ein-      dungsfrei zu gestalten – in Europa und weltweit.
       r
       b              gesetzt werden - ohne Angabe eines Stich-
       v                                                                Was heißt „nachhaltig“ und entwaldungsfrei?
       zte            datums zur vollständigen Umstellung.
         e
         w            Es bleibt intransparent, ob ein Umstieg auf       – Fokus auf die gängigsten Zertifizierungen
         r
         .n
          m           ausschließlich nachhaltig zertifizierte Palmöl-
          E
                                                                        Als Nachhaltigkeitszertifizierungen für Palmöl ge-
          d
          eb          und Soja-Futtermittel bzw. den vermehrten
          i
          e           Einsatz alternativer europäischer Futtermit-
                                                                        ben die Unternehmen den Runden Tisch für nach-
          hz
          sn
           rw         tel angestrebt und umgesetzt wird.                haltiges Palmöl (RSPO) an. Bei Sojafuttermitteln
           vst        Das Unternehmen hat auf die Anfrage der           beziehen sich die Unternehmen oft auf die in den
             ae.      DUH reagiert und Informationen beigesteu-         industrieeigenen FEFAC-Beschaffungsrichtlinien
              ed
              tr      ert.
               ne                                                       gelisteten Zertifizierungssysteme. Nicht alle diese
               zm
                Es                                                      Zertifizierungssysteme sind im Hinblick auf die
                e
                iv
                sh
                 ne
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Hintergrundpapier  te      | Palmöl und Soja in Deutschlands Ställen                                   Deutsche Umwelthilfe e.V.
                   m
                   n
                   zh
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Qualität der Standards und Wirksamkeit ausrei-                          nachhaltigem Palmöl oder Soja (z.B. durch Liefer-
chend. Sie schließen z.B. nicht alle legale Entwal-                     scheine) müssen von Unternehmen bisher nicht
dung aus. Basierend auf Benchmark-Studien11 zur                         veröffentlicht und auch nicht an relevante Behör-
Wirksamkeit der Systeme erkennt die DUH die Zer-                        den mitgeteilt werden. So besteht keine Pflicht, die
tifizierungssysteme ISCC + / ISCC EU, Donau Soja /                      Mengen des nachhaltigen Palmöl- oder Soja-Fut-
Europe Soya, ProTerra, BFA SS, CRS-CEFETRA und                          ters etwa beim Bundesamt für Statistik oder Bun-
RTRS als nachhaltig an. Im ersten Durchgang haben                       desamt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zu
wir (bei Soja) nur die Angaben der Unternehmen                          melden. Für abgesicherte Informationen bedarf es
und Selbstverpflichtungen zu nachhaltigem Soja                          seitens des Gesetzgebers und seiner Behörden zu-
berücksichtigt, ohne die Qualität der Standards zu                      sätzlicher Vorgaben.
prüfen.                                                                 Für die künftige Überprüfung der Zielerreichung
Als Ersatz von Übersee-Palmöl und -Soja (z.B. So-                       von 100 % nachhaltigem Palmöl- und Soja-Futter
jaschrot, ganze Sojabohnen) wurde die Förderung                         bleibt der DUH deshalb bis auf Weiteres keine an-
verschiedene europäischer Anbaufrüchte sowie                            dere Wahl, als sich weiterhin auf freiwillige Unter-
eine Förderung des Bio-Anbaus akzeptiert, da hier                       nehmensangaben zu beziehen. Die Selbstver-
bis auf die Tierarten Rind und Schwein nur noch                         pflichtungen bzw. Ankündigungen können Ver-
hofeigene oder regionale Futtermittel erlaubt sind                      braucher*innen zumindest ein schnelles „Aufho-
(bis zu 5% konventionelles Soja darf eingesetzt                         len“ des verpassten Ziels signalisieren. Dies soll je-
werden, Bio-Palmöl wird derzeit laut Marktstudien                       doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Un-
des Forums für Nachhaltiges Palmöl nicht verfüt-                        ternehmen ihre Ankündigungen nun zunächst in
tert). Anstelle von Palmöl kann in Futtermitteln                        die Realität umsetzen müssen und Verbrau-
z.B. Raps- oder Sonnenblumenöl verarbeitet wer-                         cher*innen sich nicht 100% darauf verlassen kön-
den. Auch an der Verwendbarkeit von Algen- und                          nen.
Insektenöl wird geforscht. Übersee-Soja kann
durch in Deutschland und Europa produziertes
Soja, Rapsschrot, Ackerbohne, Lupine, Erbse und
innovative Rohstoffe wie Insektenprotein ersetzt
werden. Langfristig sollten auch für europäisches
Soja die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards
verlangt werden.
Selbstverpflichtungen „verpflichten“ – künftig sind
jedoch gesetzliche Meldepflichten gefragt
Zu beachten ist, dass die Angaben der Unterneh-
men überwiegend freiwillige Auskünfte darstel-
len und es nicht ersichtlich ist, welche Angaben
ggf. durch unabhängige Dritte bestätigt wurden.
Die Validität der Unternehmensangaben konnte
im Rahmen des Futtermittel-Radars also nicht
überprüft werden. Nachweise12 zum Bezug von

11Kusumaningtyas, R. und Van Gelder, J.W. (März 2019), Setting the Bar for Deforestation-Free Soy in Europe; A Benchmark to Assess the
Suitability of Voluntary Standard Systems, Amsterdam, The Netherlands: Profundo, S. 3.
12Hersteller- und Handelsunternehmen setzen die Vorgabe zur Umstellung auf nachhaltig zertifizierte Palmöl- bzw. Soja-Futtermittel um,
indem sie diese in ihren (öffentlichen) Einkaufsrichtlinien und vertraulichen Einkaufsverträgen verankern. Das Einkaufspersonal muss dazu
angehalten werden, Nachhaltigkeitsaspekte zu Palmöl und Soja konsequent bei den Lieferanten abzufragen und Nachweise für die Einhal-
tung einzufordern.

Hintergrundpapier | Palmöl und Soja in Deutschlands Ställen                                                     Deutsche Umwelthilfe e.V.
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                                                              nehmen müssen allerdings schon jetzt aktiv wer-
5. Hintergründe                                               den, um die negativen Folgen und somit auch Kos-
                                                              ten des deutschen Fleischkonsums nicht ins Aus-
Preiskampf auf dem Rücken von                                 land zu verlagern. Vorreiterunternehmen machen
Menschen, Natur und Klima                                     vor wie es geht.

Das System der intensiven Tierhaltung hat sich in
                                                              Werden Supermarktprodukte durch
den letzten Jahrzehnten in Deutschland durchge-
setzt, da es mit den niedrigen Weltmarktpreisen               zertifiziertes Palmöl-Futter viel teu-
konkurrieren kann. Um den aggressiven Markt be-               rer?
dienen zu können, müssen die Produktionskosten
                                                              Eine repräsentative Umfrage aus dem Januar 2021
pro Tier gesenkt werden, d.h. nur wer viele Tiere
                                                              zeigt, dass Konsumentinnen und Konsumenten
hält, arbeitet wirtschaftlich. Da negative Folgen für
                                                              bereit sind, für ökologisch motivierte Mehrkosten
die Umwelt nicht eingepreist werden, sind tieri-
                                                              tierischer Produkte zu zahlen, wenn diese dem
sche Erzeugnisse aus der industriellen Tierhaltung
                                                              Wohle der Landwirtinnen und Landwirte, der Tiere
deutlich günstiger als Produkte, die naturverträg-
                                                              oder der Umwelt zugutekommen13.
lich und ökologisch erzeugt werden.
                                                              Im Fall von nachhaltigem Palmöl sind die Mehrkos-
Das Fleisch in Deutschland ist so billig, weil an-
                                                              ten bei der Verfütterung von zertifiziertem Palmöl
dere dafür bezahlen. Durch Waldrodungen z.B. für
                                                              nach dem Zertifizierungssystem Runder Tisch für
den Anbau von Palmöl- und Sojafuttermitteln wer-
                                                              Nachhaltiges Palmöl (RSPO), der lediglich Mini-
den wertvolle Lebensräume zerstört. Die dort le-
                                                              malanforderungen stellt, bisher sehr gering. So lie-
benden Menschen verlieren ihr Land und ihre Le-
                                                              gen die Zusatzkosten für RSPO-zertifiziertes
bensgrundlage. Klimagase werden freigesetzt, un-
                                                              Palmöl bezogen auf das Endprodukt auf Basis von
schätzbare Biodiversität geht verloren. Und die
                                                              Schätzungen der DUH weit unter einem Cent pro
dadurch verursachten Kosten für erforderlich wer-
                                                              Liter Milch, Zehnerpackung Eier oder Masthuhn.
dende Schutzmaßnahmen zahlen vor allem die
                                                              Die beispielhafte Berechnungsgrundlage kann im
Menschen in besonders bspw. durch die Klimakrise
                                                              Dokument zum Runden Tisch zu nachhaltigem
betroffenen Gebieten. Diese Verteilung ist unfair
                                                              Palmöl in Futtermitteln der DUH nachgelesen wer-
und die Kosten müssen umverteilt werden, sodass
                                                              den und ist zum Download verfügbar14.
der Preis umweltschädlicher Produkte auch direkt
von den Verursacherinnen und Verursachern ge-
zahlt wird. Subventionen dürfen nur noch für ge-              Fleisch für den Export – unmöglich
sellschaftlich erwünschte Leistungen wie dem Tier-            ohne Futtermittelimporte
schutz, Naturschutz oder die regionale Entwick-
                                                              Deutschland ist Exportweltmeister von Milchpul-
lung fließen.
                                                              ver und Schweinefleisch. Der Selbstversorgungs-
                                                              grad liegt hier weit über 100 Prozent. Auf 60 Pro-
Die gesamte Lieferkette vom Anbau der Futtermit-
                                                              zent der Landwirtschaftsflächen in Deutschland
tel bis hin zum fertigen tierischen Produkt muss
                                                              werden bereits Futtermittel für die Tierhaltung
strengen verbindlichen Sorgfaltspflichten unter-
                                                              angebaut. Trotzdem reichen diese Flächen bei
liegen, die Umweltzerstörung sowie Menschen-
                                                              Weitem nicht aus, um den Futterbedarf für die hei-
rechtsverletzungen sicher ausschließen. Die Politik
                                                              mische Tierproduktion zu decken. Die intensive
ist gefragt, mit dem EU-Lieferkettengesetz einen
                                                              Tierhaltung in Deutschland ist nur mit Futtermit-
rechtlichen Rahmen hierfür zu schaffen, die Unter-
                                                              telimporten, insbesondere von Eiweißfutter, mög-
                                                              lich. Der großflächige Soja-Anbau in Monokulturen

13
     https://www.simon-kucher.com/zh-hans/node/6241, 23.07.2021
14
     https://www.duh.de/futtermittel-radar/

Hintergrundpapier | Palmöl und Soja in Deutschlands Ställen                                  Deutsche Umwelthilfe e.V.
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aus Anbauländern wie Südamerika geschieht je-                    Auf künstliche Kälbermilch entfallen 10 %, auf
doch oft auf Kosten artenreicher Waldökosysteme,                 Schweinefutter 8 % der Palmöl-Futtermittel. 2 %
wie dem Trockenwald Cerrado und geht mit der                     des Palmöls wird an sonstige Nutztiere verfüttert
massiven Freisetzung von Treibhausgasen sowie                    (Meo Carbon Solutions, 2018). Der nachhaltige An-
dem Verlust der Artenvielfalt einher.                            teil bei Palmöl-Futtermitteln in Deutschland liegt
                                                                 insgesamt bei rund 25 % (Meo Carbon Solutions,
Palmöl- und Soja-Futtermittel aus ungeprüften,
                                                                 2020). Dabei hat die Futtermittelindustrie den
unsicheren Bezugsquellen mit erhöhtem Risiko
                                                                 drittgrößten Anteil am deutschen Palmölver-
für die Zerstörung wertvoller Ökosysteme und
                                                                 brauch – nach dem Energie- und Lebensmittelsek-
Menschenrechtsverletzungen müssen aus der                        tor. Palmöl als Bestandteil von Lebensmitteln wird
Futtermittelherstellung und Einsatz in der Nutz-                 schon zu 90 % aus nachhaltig zertifiziertem Anbau
tierhaltung ausgeschlossen werden. Zertifiziert                  bezogen.
nachhaltige Ware muss eine Mindestanforderung
                                                                 Bei den Soja-Futtermitteln wird der größte Anteil
an den Bezug entwaldungskritischer Rohstoffe wie
                                                                 mit 34 % in der Mastgeflügelhaltung eingesetzt,
Soja oder Palmöl darstellen, darüber hinaus sind                 gefolgt von 27 % für die Schweinehaltung und
weitere Prüfungen im Sinne einer umweltbezoge-                   23 % für die Milchviehhaltung. 11 % des Sojas ge-
nen und menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nö-                 langen in die Legehennenhaltung (Schätzungen
tig, um Schwachstellen von Zertifizierungssyste-                 auf Basis von Eurostat, 2020; FEFAC, 2019; Hoste,
men zu adressieren.                                              R., 2016). Für 100 g Hähnchenbrust werden so
                                                                 durchschnittlich 109 g Soja verfüttert15.
An welche Nutztiere werden Palmöl                                Auch der aus Norwegen oder Chile importierte
und Soja verfüttert?                                             Zuchtlachs wird häufig mit Soja gefüttert. Das Fut-
                                                                 ter des in Deutschland beliebten norwegischem
Palmöl wird im Futter u.a. als Bindungsmittel ein-
                                                                 Zuchtlachs z.B. besteht zu 25 Prozent aus Fisch-
gesetzt. Der Anteil von Palmöl im Futter beträgt
                                                                 mehl und -öl, zu 71 Prozent aus pflanzlichen In-
laut Auskunft von Unternehmen zwar häufig nur
                                                                 haltsstoffen (z.B. Soja und Raps) und zu 4 Prozent
wenige Prozent (0-2%), jedoch kommt über die
                                                                 aus anderen Zutaten.16
große Menge an eingesetzten Geflügelfutter eini-
ges an Palmölfutter zusammen. Und diese Menge
muss aus nachhaltigem, entwaldungsfreien Anbau
                                                                 Entwaldungsfreie Lieferketten                                –
bezogen werden, um Palmöl aus neuen Regen-                       Palmöl und Soja allen voran
waldrodungen vom Handel auszuschließen.                          Soja und Palmöl sind die beiden Rohstoffe, über
Immerhin werden durch den deutschen Konsum                       die die EU am stärksten zur globalen Entwaldung
von Tierprodukten auf Ebene der Futtermittel im-                 beiträgt17. Deshalb ist es immens wichtig, den
mer noch rund 113.000 Tonnen nicht-zertifizier-                  Konsum dieser beiden Rohstoffe ausschließlich auf
tes Palmöl als Futterbestandteil verbraucht (Meo                 nachhaltig angebaute Ware zu reduzieren, die Ent-
Carbon Solutions, 2020). Damit sind der Futtermit-               waldung sicher ausschließt.
tel- und Kerzensektor in Deutschland für den Groß-
teil des in Deutschland konsumierten ungeprüften,                Die deutsche Bundesregierung hat dies bereits
nicht-zertifizierten Palmöls verantwortlich.                     2015 beschlossen (Amsterdam Deklaration) und
                                                                 wollte dieses Ziel bis 2020 erreicht haben. Bis
Rund 80 % des Palmöls im Futtermittelsektor lan-                 heute liegt es jedoch noch in weiter Ferne. Es hat
den in der Mastgeflügel- und Legehennenhaltung.

15 https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/Naturschutz/Soja/Profundo_2020_Soja_Fleisch.pdf
16 https://www.duh.de/futter-bei-die-fische/
17 https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Report-Stepping-up-The-continuing-impact-of-EU-consumption-on-

nature-worldwide-FullReport.pdf, 23.07.2021

Hintergrundpapier | Palmöl und Soja in Deutschlands Ställen                                           Deutsche Umwelthilfe e.V.
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sich gezeigt, dass freiwillige Vorgaben nicht für ei-              die Schwächen zu eliminieren. Zudem müssen ge-
nen vollständigen Umstieg auf nachhaltiges Soja                    setzliche verpflichtende unternehmerische Sorg-
und Palmöl ausreichen. Deshalb muss die Politik                    faltspflichten dazu führen, dass Unternehmen zer-
schnellstmöglich verbindliche Vorgaben einfüh-                     tifizierte Produzenten und Verarbeitungsunter-
ren.                                                               nehmen stärker selbst kontrollieren und eigenver-
                                                                   antwortlich Verbesserungsmaßnahmen gegen
Nachhaltigkeitszertifizierungen – gro-                             Verstöße im Umwelt- und Menschenrechtsbereit
                                                                   einleiten.
ßes Potential, erhebliche Schwächen
                                                                   Weitere Informationen zu Stärken und Schwä-
Seit vielen Jahren gibt es Nachhaltigkeitszertifizie-
                                                                   chen von Zertifizierungen können Sie dem DUH
rungen für verschiedene Rohstoffe. Der Ansatz ist
                                                                   Leitfaden zur öffentlichen Beschaffung von nach-
gut: nachhaltige Anbaumethoden werden für Ver-
                                                                   haltigem Palmöl (vgl. Kapitel 2.4 ab S. 13) und der
braucherinnen und Verbraucher auf dem Produkt
                                                                   DUH Webseite entnehmen.
erkennbar und dadurch können diese bewusst
nachhaltige Kaufentscheidungen treffen. Damit
dieses System funktioniert, müssen allerdings fol-                 Alternative Futtermittel aus heimi-
gende Kriterien zutreffen:                                         schen Rohstoffen
»    Die Nachhaltigkeitsanforderungen müssen                       Anstelle von Palmöl kann in Futtermitteln z.B.
     umfassend sein, sowie regelmäßig an neue Er-                  Raps- oder Sonnenblumenöl verarbeitet werden.
     kenntnisse angepasst werden, um z.B. Waldro-                  Aber auch Olivenöl, Sojaöl und tierische Fette
     dungen und Menschenrechtsverletzungen                         können zum Einsatz kommen. Bei Sojaöl und tieri-
     wirkungsvoll auszuschließen.                                  schen Fetten muss die nachhaltige Herkunft je-
                                                                   doch genauso sichergestellt werden wie beim
»    Die Einhaltung der gesetzten Standards muss
                                                                   Palmöl (z.B. Abfallstoff). Zudem arbeiten Unter-
     von unabhängigen Kontrollstellen unangekün-
                                                                   nehmen an der Gewinnung und Verfütterung von
     digt und streng überprüft werden. Zudem
                                                                   Öl auf Basis von Algen und Insekten, welche mit
     muss es wirksame Anreizsysteme geben, die
                                                                   Abfällen gezüchtet werden.
     eine Umsetzung der Regeln und Tilgung der
     entstehenden Zusatzkosten ermöglichen.                        Übersee-Soja kann durch in Deutschland und Eu-
                                                                   ropa produziertes Soja, Rapsschrot, Ackerbohne,
Insbesondere zum zweiten Punkt gibt es noch viele
                                                                   Lupine, Erbse und ggf. durch andere Hülsenfrüchte
Schwächen und Verbesserungsbedarf. In der Ver-
                                                                   und innovative Rohstoffe wie Insektenprotein er-
gangenheit kam es immer wieder zu Verstößen ge-
                                                                   setzt werden. Insektenprotein haben laut Studien
gen die Standards, sodass das Vertrauen vieler
                                                                   sogar das Potential inne, ein Fünftel der Sojaim-
Verbraucherinnen und Verbraucher in die Nach-
                                                                   porte Großbritanniens einzusparen18. Weitere un-
haltigkeitszertifizierungen gelitten hat. Die Zertifi-
                                                                   terschiedliche Rohstoffalternativen werden von
zierungssysteme stehen in der Verantwortung,
                                                                   der Futtermittelindustrie genutzt, z.B. Maiskleber
dieses Vertrauen durch weitreichende Verbesse-
                                                                   und Kartoffeleiweiß in der Bio-Haltung.
rungen wiederherzustellen. Hierbei sind aber v.a.
auch Unternehmen gefragt, denn Sie haben einen                     Bei Fischfutter wird neben Fischmehl- und öl (z.B.
Großteil der Standards ins Leben gerufen oder                      aus Wildfang) auch Palmöl und Soja eingesetzt.
stützen ihre nachhaltige Beschaffung maßgeblich                    Eine Reihe sinnvoller pflanzlicher Substitute kön-
auf diese Systeme.                                                 nen aus Kartoffeln, Weizen, Mais oder Raps ge-
                                                                   wonnen werden. Auch Algenöl und Insekten wer-
Dennoch haben die Nachhaltigkeitszertifizierun-
                                                                   den als vielversprechende, umweltfreundlichere
gen viele Vorteile. Die Vorteile gilt es auszubauen,

18 https://www.feednavigator.com/Article/2021/07/02/WWF-and-Tesco-Insect-meal-could-reduce-the-UK-s-future-soy-imports-by-one-
fifth-if-scaled-up

Hintergrundpapier | Palmöl und Soja in Deutschlands Ställen                                             Deutsche Umwelthilfe e.V.
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Futteralternative entwickelt und verstärkt einge-
setzt. Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass
insbesondere durch Kombination pflanzlicher Pro-
teine eine Futterzusammensetzung erreicht wer-
den kann, die mit den auf Fischmehl und -öl basie-
renden Futtersorten vergleichbar ist. Es ist dabei
wichtig, dass bei jeder potentiellen Alternative die
Prüfung auf mögliche Umweltauswirkungen am
Anfang steht. (s. DUH Bericht „Futter bei die Fi-
sche“ ab S. 23).

Konsum tierischer Produkte nachhal-
tig gestalten
Jedem Menschen steht theoretisch eine Ackerflä-
che von 2000 m2 für die eigene Ernährung zur Ver-
fügung. In Wirklichkeit verbrauchen die Deutschen
für ihre Ernährungsweisen jedoch mehr als das
Doppelte. Zu Buche schlägt vor allem die indirekt
verbrauchte Ackerfläche durch den Anbau von Fut-
termitteln im Ausland für den heimischen Fleisch-
konsum.
Seit den 60er-Jahren hat sich die weltweite
Fleischproduktion pro Kopf mehr als verdoppelt.
In Deutschland hält der Trend des Vegetarismus
und sogar Veganismus zwar an, trotzdem konsu-
mieren die Deutschen durchschnittlich doppelt so
viel Fleisch wie von der Deutschen Gesellschaft für
Ernährung (DGE) aus Gesundheitsgründen emp-
fohlen und viel zu viel, um die ökologischen Belas-
tungsgrenzen unseres Planeten einzuhalten.
Denn für die Produktion von tierischen Erzeugnis-
sen wird heute ein Großteil der landwirtschaftli-
chen Fläche benötigt – rund 60% der Ackerfläche
Deutschlands. Die Umwandlung von natürlichen
Ökosystemen für zusätzliche Weideflächen und
den Futtermittelanbau, um den Fleischhunger in
Europa zu stillen, heizt das Klima an und beschleu-
nigt den Artenverlust. Laut Weltklimarat (IPCC) lie-
ßen sich die ernährungsbedingten Treibhaus-
gasemissionen um 80 Prozent senken, würden wir
unsere Ernährung hauptsächlich auf Getreide, Ge-
müse und Hülsenfrüchte umstellen.

Hintergrundpapier | Palmöl und Soja in Deutschlands Ställen   Deutsche Umwelthilfe e.V.
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6. Ergebnisse und Diskussion                                  Die Futtermittelindustrie
                                                              •   Die Futtermittelbranche ist bereits teilweise
Die Angaben der untersuchten Unternehmen und
                                                                  auf dem richtigen Weg. Deutsche Tiernah-
deren Einordnung werden in Tabelle 3 ab Seite 27
                                                                  rung Cremer, laut eigenen Angaben Deutsch-
abgebildet. Dabei wurden Angaben aus eingesen-
                                                                  lands führendes Futtermittelunternehmen
deten Stellungnahmen sowie Rechercheergeb-
                                                                  (produzierte insg. 2,6 Mio. Tonnen Futtermit-
nisse der öffentlich verfügbaren Informationen zu-
                                                                  tel in 2020), gibt an, Palmöl bereits seit 2020
sammengefasst dargestellt.
                                                                  zu 100% aus nachhaltig zertifiziertem, ent-
                                                                  waldungsfreien Anbau zu beziehen. Der
Beteiligung von Unternehmen                                       Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO)
•    Die Teilnahme am DUH Futtermittel-Radar                      wird dabei für den Bezug entwaldungsfreien
     fiel mit einer Rücklaufquote von 62% der                     Palmöls angegeben.
     Email-Anfragen sehr hoch aus. 42 aus 68 Un-
                                                              •   Beim Soja-Futtermittel wird bei einigen Futter-
     ternehmen haben Informationen zu Ihrer Posi-
                                                                  mittelunternehmen nach eigenen Angaben
     tionierung beigetragen, die teils nicht öffent-
                                                                  bereits teilweise auf nachhaltig und entwal-
     lich verfügbar waren. Einige Unternehmen ha-
                                                                  dungsfrei-zertifiziertes Übersee-Soja und eu-
     ben daraufhin ihre öffentlich verfügbaren Ein-
                                                                  ropäisches Soja gesetzt. Dabei kommen allge-
     kaufsrichtlinien bzw. Positionspapiere aktuali-
                                                                  mein anerkannte Zertifizierungssysteme für
     siert. Besonders die Futtermittelbranche, der
                                                                  entwaldungsfreien Anbau, wie ProTerra, Run-
     Lebensmittelhandel und die Systemgastrono-
                                                                  der Tisch für verantwortungsvolles Soja
     mie haben sich aktiv eingebracht und Infor-
                                                                  (RTRS), Donau Soja, Europe Soya und ISCC+
     mationen bereitgestellt.
                                                                  zum Einsatz, jedoch auch solche Zertifizierun-
•    Dies legt nahe, dass die nachhaltigere, entwal-              gen, die in den industrieeignen FEFAC-Ein-
     dungsfreie Fütterung nicht nur bei vielen Un-                kaufsrichtlinien gelistet sind. Nicht alle diese
     ternehmen bereits ein Thema ist, sondern dass                Zertifizierungssysteme sind im Hinblick auf die
     die Bedeutung der nachhaltigen Ausrichtung                   Qualität der Standards und Wirksamkeit aus-
     der Tierhaltung stark zugenommen hat und ei-                 reichend. Sie schließen z.B. nicht alle legale
     nen wettbewerbsrelevanten Faktor darstellen                  Entwaldung aus (Dies umfasst die Rodung von
     kann. Eine gentechnikfreie Fütterung und tier-               Wäldern, die die Zielländer gesetzlich nicht
     wohlgerechtere Haltung konnte zudem bei                      ahnden bzw. erlauben, jedoch aus Klima- und
     vielen Unternehmen bereits als zentrales                     Naturschutzsicht unbedingt erhalten bleiben
     Thema der Unternehmenskommunikation be-                      sollten).
     obachtet werden. Zudem werden verstärkt ve-
                                                              •   Beispielsweise gibt BEWITAL agri an, zu 65%
     getarische oder vegane Ersatzprodukte ange-
                                                                  zertifiziertes Soja einzusetzen (vsl. verschie-
     boten, bei denen gleichermaßen auf europäi-
                                                                  dene Zertifizierungessysteme). Das Unterneh-
     sches oder entwaldungsfreies, nachhaltiges
                                                                  men gab das Ziel an, ausschließlich Non-GMO
     Soja geachtet wird.
                                                                  Soja aus nachhaltigem Anbau, vorzugsweise
•    Nur 26 Unternehmen beteiligten sich nicht ak-                Donau Soja, einsetzen zu wollen, was begrüßt
     tiv am Futtermittel-Radar, haben aber wie alle               wird. Andere Unternehmen haben den Anteil
     Unternehmen die Chance, Informationen                        des zertifizierten Sojas bisher meist nicht
     nachzureichen oder an einer Wiederholung                     transparent gemacht. GS agri nutzt nach eige-
     der Anfrage teilzunehmen. Die DUH aktuali-                   nen Angaben bei der Soja-Beschaffung unter-
     siert die entsprechenden Informationen im                    schiedlichste Soja-Zertifizierungen, darunter
     Anschluss. Besonders von großen Fast-Food-                   die in Bezug auf legale und illegale Entwaldung
     Ketten und der Fleisch- und Milchwirtschaft                  anerkannten Systeme RTRS, ProTerra und
     erhofft sich die DUH im nächsten Durchgang                   ISCC+.
     neue Informationen und Zielvorgaben.

Hintergrundpapier | Palmöl und Soja in Deutschlands Ställen                                  Deutsche Umwelthilfe e.V.
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