Ein Bach wird aufgewertet - für Ringelnatter, Wasseramsel, Wiesel
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ls vor gut 100 Jahren viele Bäche und Der Rosshänggibach fliesst meistens durch A Flüsse in der Schweiz begradigt, kanali- siert oder in Röhren verlegt wurden, war man vielerorts stolz über die Zähmung der Wald im Schatten von Bäumen und Sträuchern. Er ist weitgehend begradigt und es fehlt die Dy- namik von ruhigen und rasch fliessenden Parti- wilden Gewässer und über den Landgewinn, en. Da wir im NVB mit Aufwertungsprojekten welcher sich mit der Begradigung meistens er- gute Erfahrungen gemacht hatten, wagten wir gab. uns im 2015 an eine neue Herausforderung. Heute sehen wir, wozu diese Massnahmen Wir hatten die Idee, den Bach für Fische, geführt haben. Aus den Gewässern sind Was- Amphibien und Reptilien attraktiver zu gestal- serstrassen geworden. Die Grundwasserspiegel ten, die Ufer mit Kleinstrukturen zu beleben haben sich landesweit abgesenkt, da sich die und das Bachbett mit Totholz und Steinriegeln Flüsse in die Tiefe gefressen haben. Die Auen- aus der Begradigung zu befreien. wälder sind vielerorts verschwunden und mit Da wir bis jetzt keine Erfahrung mit Gewäs- ihnen der Artenreichtum einer der wohl gros- serrenaturierungen hatten, wendete ich mich sartigsten und vielfältigsten Lebensräume für zuerst an den Oberingenieur Demian Schneider. Tier- und Pflanzenarten. Zwar werden landes- Renaturierungen sind grundsätzlich Sache der weit inzwischen wieder Flüsse und Bäche rena- Gemeinden. Doch da diese oft wenig Interesse turiert, doch überall regt sich Widerstand. an Renaturierungen zeigen, freute sich der Fruchtbares Land will niemand freiwillig herge- Oberingenieur über die Initiative eines Natur- ben. schutzvereins. Es folgten weitere Gespräche mit dem Was- Gespräche mit Wasserbauer, Renaturie- serbauer André Dällenbach, welcher eine Pro- rungsfonds und der Gemeinde Lyssach jektskizze anfertigte. Der Renaturierungsfond, Als der NVB Burgdorf vor acht Jahren einen das Fischereiinspektorat und die Waldabteilung Hochwasserdamm in der Gemeinde Lyssach mit musste auch ins Boot geholt und von der Idee Kleinstrukturen für Reptilien, Vögel und Insek- überzeugt werden. ten aufwertete, entdeckten wir in unmittelba- rer Nähe einen kanalisierten, schattigen Bach, den Rosshänggibach.
Ringelnatter Da bis zu diesem Zeitpunkt keine grossen Hindernisse auftauchten, wurde auch die Ge- meinde Lyssach zu einem Gespräch eingeladen. Als der Gemeinderat merkte, dass der Renatu- rierungsfonds den grössten Teil der Kosten von rund Fr 50 000.– übernimmt und der Kanton Bern einen weiteren Drittel, gab der Gemeinde- rat 2017 grünes Licht für das Projekt des 270 m langen Bachabschnittes. Baustart im September 2017 Nach zwei Jahren Vorarbeit und vielen Ge- und am neuen Weiher, wo sich rasch Weiden sprächen auch im Vorstand des NVB wurden im ansiedelten, knabberte er auch diese ab und September 2017 die ersten Bäume gefällt. Da schuf somit genügend Licht um den Weiher. zwei Teiche für Amphibien geschaffen wurden, Inzwischen sind in den beiden Teichen kamen auch schwere Maschinen zum Einsatz. Grasfrosch, Erdkröte und Bergmolch eingezo- Beide Tümpel wurden angrenzend an den Bach gen. Die neuen Holz- und Steinstrukturen sind angelegt. Steinriegel verhindern, dass Fische in von Zauneidechse, Mauereidechse und Blind- die Teiche gelangen können. Mit Totholz und schleiche besiedelt. Auch eine erste Ringelnat- Steinhaufen entstanden Hindernisse und Strö- ter wurde im Sommer 2019 gesichtet. Was- mungselemente im Bachbett. Damit der Bach seramsel und Eisvogel kommen gelegentlich auch besonnte Abschnitte bekam, wurden an am Bach und an den Teichen auf Futtersuche. In mehreren Stellen Bäume gefällt und Sträucher den Ast- und Steinhaufen sind Wiesel und auf den Stock gesetzt. Ast- und Steinhaufen Mauswiesel beobachtet worden. Der Arten- wurden an beiden Ufern angelegt, um weiteren reichtum auch bei den Pflanzen ist deutlich Reptilien wie der Ringelnatter Sonnenplätze sichtbar geworden. anzubieten. Solche Elemente fehlen heute an vielen Bächen und Flüssen. Sie sind wichtige Einladung Gemeinderat 2020 Lebensräume für unzählige wärmeliebende Tie- Im Sommer 2020 lud der Vorstand des NVB re. Burgdorf den Gemeinderat von Lyssach zu einer Begehung ein, mit dem Ziel, ihm die Schönhei- Der Biber als Landschaftsgestalter ten des neu geschaffenen Lebensraums aufzu- Biberspuren am Bach zeigten schon zu Be- zeigen. Das Interesse war gross, die Gespräche ginn, dass hier noch ein anderer Landschaftsge- beim Apero angeregt. Vorstand und Gemeinde- stalter aktiv war. Insbesondere in den Winter- rat lernten sich kennen. Auch solche Begegnun- 10 11 monaten fällt der Nager Bäume und Haseln, gen sind wichtig für eine gute Zusammenar- beit.
Wiesel Zauneidechse Ein Bach braucht Pflege Ein solcher Lebensraum braucht Pflege. Wir haben von Anfang an mit Schulklassen und Mit- gliedern einen Pflegeeinsatz pro Jahr am Bach eingeplant. Dann heisst es jeweils Asthaufen aufstocken, Steinhaufen von Brombeeren be- freien, Neophyten beseitigen … Nach dem Arbeitseinsatz ist immer ein schönes Resultat sichtbar. Zur Geselligkeit und den vielen anregenden Gesprächen kommt das befriedigende Gefühl dazu, etwas Wertvolles geleistet zu haben. Das ist in der heutigen Zeit, wo uns oft Ängste und Sorgen im Alltag beglei- ten von unschätzbarem grossem Wert. Zweite Aufwertung des Baches 2022? Der Rosshänggibach fliesst zum grossen Teil immer noch kanalisiert durch Wald und ein dass aus einem schattigen Kanal ein lebendiges Stück Wiese. Weshalb also noch lange zuwar- Fliessgewässer wird für Tiere, Pflanzen und ten, wenn der erste Teil geglückt ist? Menschen. Wer weiss, vielleicht können wir im Im Herbst 2020 und Frühling 2021 fanden 2022 einen weiteren Abschnitt für Amphibien, Gespräche und eine Begehung des oberen Reptilien und Vögel einweihen. Schön wärs. Wir Bachabschnittes statt. Die Erfahrungen des er- hoffen alle auf ein gutes Gelingen. ❑ sten Projektes waren hilfreich für das weitere Vorgehen. Es warten 400 m Bachlauf darauf, Text & Bilder: Manfred Eichele
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