Ein Blick in die Zukunft des Journalismus - special

 
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 Nordeuropa II: Wirtschaftsberichterstattung als Lifestylejournalismus, ein
 Qualitätsredaktor sucht Fehler, überraschende Geschichten, ein multimedialer
 Mediaconductor als Herrscher über acht Redaktionen.

Ein Blick in die Zukunft
des Journalismus
                  Text Sylvia egli von Matt                        Themen setzen. „Wir können nicht                 sen. Ein Beispiel sind die Lebensmit­

                  M
                                                                   mehr nur News schreiben, wir müs­                telpreise. „Wer versteht schon wirk­
                              itten in Stockholms Einkaufs­        sen die Themen setzen“, sagt Martin              lich, weshalb die Preise explodieren,
                              zone liegt das unscheinbare          Jönnson, Chef vom Dienst. „News do­              wenn es doch Rekordernten gibt“, sagt
                              Gebäude mit der Glasfassade,         minieren im Online-Journalismus. In              Martin Jönsson. Es sei Aufgabe der Zei­
                  die Tafel „SvD“ weniger sichtbar als die         der Tageszeitung geben wir zwar auch             tung, solche Fragen fundiert zu beant­
                  drei Buchstaben „NZZ“ an der Zürcher             einen Überblick, setzen aber unsere ei­          worten. Dazu reisen eine Redaktorin
                  Falkenstrasse. „SvD“ – „Svenska Dag­             genen Schwerpunkte. In den Maga­                 und ein Fotograf von „SvD“ nach Gua­
                  bladet“ hat aber durchaus Gemeinsam­             zinen schliesslich liefern wir Inspira­          temala und bringen eindrückliche Re­
                  keiten mit der „NZZ“. Beide sind etab­           tion.“ Diese Haltung zeigt sich beson­           portagen heim. Es sind kaum je freie
                  lierte alte Qualitätszeitungen mit einem         ders deutlich im Schwerpunkt Wirt­               Journalisten, die ins Ausland fliegen,
                  Fokus auf Wirtschaft und Kultur. „SvD“           schaft. 35 Redaktoren arbeiten in die­           die Reise ist auch bewusste Anerken­
                  – unabhängig konservativ geprägt – hat           sem Ressort. Ihre Aufgabe ist es, he­            nung und Mehrwert für die Festange­
                  sich allerdings im Gegensatz zur „NZZ“           rauszufinden, welche Themen die Le­              stellten.
                  von Traditionen gelöst und in eine mo­           serinnen betreffen, beeinflussen, in­               Den Artikeln wird in der Zeitung
                  derne Zeitung gewandelt.                         teressieren oder interessieren müs­              viel Platz eingeräumt, angereichert
                                                                                                                    mit weiteren Informationstexten.
                                                                                                                    Und vor allem mit grossen Infografi­
                                                                                                                    ken und Bildern – besonders gute Fo­
                                                                                                                    tos werden auf einer Doppelseite prä­
                                                                                                                    sentiert. Diese beiden Elemente wir­
                                                                                                                    ken in der Zeitung optimal, im Gegen­
                                                                                                                    satz etwa zum Computerbildschirm.
                                                                                                                       Von klassischer Wirtschaftsbericht­
                                                                                                                    erstattung also keine Spur – das Gan­
                                                                                                                    ze sieht eher aus wie eine edle Life­
                                                                                                                    stile-Geschichte. Genau das ist ge­
                                                                                                                    wollt. Man müsse eine Beziehung auf­
                                                                                                                    bauen zu den Lesern und „die Inhalte
                                                                                                                    so erzählen, wie sie es mögen“, sagt
                                                                                                                    Martin Jönssen. Männer wehren sich
                                                                                                                    nicht gegen diese Form, Frauen mö­
                                                                                                                    gen sie sehr. Sie sind es, die nun den
                                                                                                                    Wirtschaftsteil intensiv zur Kenntnis
                                                                                                                    nehmen und entscheidend zur Stei­
                                                                                                                    gerung der Auflage beitragen. Heu­
                  Tolles tägliches Design: Wirtschaftsfrontseite   Magazin am Wochenende: „Lastfyllt“ –             te sind 45 Prozent der Leser des Wirt­
                  der Stockholmer Zeitung „Svenska Dagbladet“:     wann werden die Tanker zum letzen Mal gefüllt,   schaftsbundes Frauen. Ein Spitzen­
                  „Die Rettung der Umwelt?“ und die Zapfsäule.     fragt „SvD“.                                     wert.

64 | Schweizer Journalist 08 + 09/2008
Mehr Selektion. Die Zeitung bekommt          fen. Darin geht es mehr um Sprache
auch von anderer Seite Anerkennung           als um Fakten. Lars Ryding gewichtet,
– Titelblätter werden mit Kunstprei­         geht Abläufen innerhalb der Redakti­
sen ausgezeichnet, die Zeitung insge­        on nach, die zu Fehlern führen. Er er­
samt immer wieder mit Awards. Mar­           klärt diese den Lesern und bespricht
tin Jönssen ist überzeugt, dass diese        sie mit den Kollegen. Er publiziert aber
Art Zeitung zu machen im Moment              ebenso gern weiterführendes Wissen
die richtige ist. In Zukunft werde man       der Leserinnen und vernetzt dieses
wohl noch selektiver agieren, noch we­       neu oder kommentiert es. „Wir wollen
niger und noch bessere Geschichten           deren Expertenwissen nutzen. Und
liefern müssen, tiefer recherchiert und      wir wollen zeigen, dass wir uns zwar
ganzheitlich erzählt. „Big issue“ ist        jeden Tag um hohe Qualität bemüh­
der Weg des „Svenska Dagbladet“, das         en und dennoch immer wieder Fehler
­heisst grosse, komplexe, relevante The­     passieren. Das erhöht unsere Glaub­
 men erklären und überraschend prä­          würdigkeit.“
 sentieren. Bei diesen Schwerpunkten
 arbeiten Journalisten, Fotografen, Bild­    Lesermarketing. Es ist ruhig mor­
 redaktoren, Infografiker und Designer       gens um 10 Uhr. Chef vom Dienst Mar­
 von Anfang an eng zusammen. Und             tin Jönssen erklärt die Zeitungsphilo­
 beziehen möglichst früh die Kennt­          sophie und führt durch die Redaktion.
 nisse der Leserinnen mit ein.               Er ist ein leidenschaftlicher Journa­
    Zum Beispiel zum Thema Autofah­          list, „einer der fortschrittlichsten und
 ren mit Etanol. Leser werden in einem       engagiertesten Schwedens“, sagt Ul­
 Inserat aufgerufen, Fragen zu formu­        lastine Ewenfeld, Studienrektorin an
 lieren, die sie in diesem Zusammen­         der Universität Göteborg. Dort wird
 hang gern beantwortet haben möch­           er 2008/09 eine Gastprofessur erhal­       Mr. Qualität:
 ten und von ihren Erfahrungen zu be­        ten, finanziert von einem Medienun­        Lars Ryding, Ex-          te. Solches Vorgehen mag der Grund
 richten. 150 Mails gingen in der Redak­     ternehmen. Journalismus als Team­          Auslandchef des           sein, weshalb vereinzelt auch zu hö­
 tion ein. Diese gewichtet, sucht nach       work, Journalismus als Dialog ist ei­      „Svenska Dagbladet“,      ren ist, dass „SvD“ „Dagens Nyheter“
 Antworten auf die Fragen und bringt         ne Grundphilosophie von „SvD“. Das         schreibt jeden Tag eine   kopiere. Aktueller ist ein zweites Pro­
 die besten Lesergeschichten in der Zei­     zeigt sich zuerst in der Organisation.     Kolumne zu Fehlern in     jekt: Vor Kurzem mussten alle Redak­
                                                                                        der eigenen Zeitung.
 tung, andere im Netz. Sie findet aber       Die rund 200 Mitarbeiter – Journalis­      Die Resonanz bei den      toren einen Leser mittels eines Leitfa­
 auch ideale Protagonisten für eine Re­      ten, Fotografen, vier Bildredaktoren       Lesern: 30 bis 40 Mails   dens interviewen. Entstanden ist ein
 portage – ein Paar z. B., das vor dem       und acht Infografiker – sitzen oder ste­   pro Tag.                  Buch, durch das man rund 200 Frau­
 Kauf eines neuen Autos steht und            hen alle im selben grossen, nicht ge­                                en, Männer, Jugendliche kennenlernt
 sich nicht einig ist. „SvD“ begleitet die   rade hohen Raum an zumeist höhen­                                    und sich mit deren Ansichten und
 beiden zur Garage und beschreibt den        verstellbaren Pulten. Dieses Regime                                  Medienverhalten auseinandersetzen
 Entscheidungsprozess. Insgesamt ent­        gilt seit sieben Jahren. Man baute da­                               kann. Die Leserschaft hat ein Gesicht
 stehen so attraktiver Lesestoff und Le­     mals, in einer finanziell sehr schwie­                               bekommen.
 serbindung zugleich. Wichtig aber ist       rigen Zeit, die Redaktion um – als of­                                  Beim Rundgang durch „Svenska
 der Redaktion, dass es die Journalis­       fensichtliches Zeichen des Wechsels.                                 Dagbladet“ spricht kaum jemand vom
 ten sind, die entscheiden, was publi­          Der Dialog wird aber auch und vor                                 integrierten Newsroom – obwohl Teile
 ziert wird, dass sie jederzeit den Lead     allem mit den Leserinnen und Lesern                                  der Redaktion kurz vor einem Um­
 haben. Sie bürgen für die Qualität.         gesucht. Man will wissen, was diese                                  zug in einen entsprechenden Erwei­
                                             wollen und zapft die Bedürfnisse auf                                 terungsbau stehen. Hier spricht man
Mister Quality. Auch ein anderes Ele­        allen Ebenen an. Auch beim Marke­                                    lieber von Inhalten.
ment der Zeitung schafft offenbar ei­        ting. Vor drei Jahren hat man Interes­
ne hohe Identifikation: die Stelle des       sierten drei Monate lang ein Abo ge­                                 Bloggende Journalisten. Das ist
„Qualitätsredaktors“. Lars Ryding, der       schenkt und gleich auch noch eines                                   bei Bo Hedin, Chefredaktor „SvD Di­
ehemalige Auslandchef, hat seine täg­        des Konkurrenten „Dagens Nyheter“.                                   gital Media“ nicht anders. Er sagt mit
liche, laut Jönssen sehr stark beachte­      Als Gegenleistung erwartete man ein                                  sichtlichem Stolz, dass „SvD“ bereits 20
te Kolumne zu Fehlern in der eigenen         tägliches sms mit der Info, welche                                   Blogs hat, von News über Garten zu
Zeitung. Die Leserinnen und Leser wer­       der beiden Zeitungen heute besser                                    Medien. Er ist überzeugt, dass in Zu­
den aufgefordert, solche zu melden. 30       sei. An Wochentagen waren die Mei­                                   kunft alle Journalisten bloggen wer­
bis 40 Mails erhält er pro Tag, verein­      nungen ausgeglichen, am Wochenen­                                    den. „Dabei geht es erst in zweiter Li­
zelte Briefe und einige Telefonanrufe –      de aber war „SvD“ klar schlechter. Da                                nie um die Antwort auf die Texte. Pri­
eine Stunde täglich ist die Leitung of­      wusste man, dass man handeln muss­                                   mär ist, dass die Journalisten >>>

                                                                                                        Schweizer Journalist 08 + 09/2008 | 65
special

 Erfolgsrezepte aus
 dem Norden
 >>>     und die Zeitung Expertise zei­      entstehen nicht im Alleingang. In Ber­
 gen kann und weiter ausbaut.“ Dies          gen beginnt das Teamwork bei der ers­
 bedingt den Blick nach aussen. „Unse­       ten Idee. Da sitzen Journalisten, Foto­
 re Konkurrenz ist heute weniger die         graf, AD zusammen und diskutieren
 benachbarte Qualitätszeitung, es sind       gleichberechtigt, wie die Geschichte
 Facebook und Co. „Deshalb“, so Kollege      am besten angegangen, erzählt, prä­
 Martin Jönssen, „ist es so wichtig, dass    sentiert und in den verschiedenen Ka­
 wir uns alle mit unserer Umgebung           nälen verkauft wird.
 ausserhalb der Medien intensiv befas­          Die Strukturen dazu wurden bei „BT“
 sen, dass wir verfolgen, was sich da ent­   vergleichweise früh geschaffen. Das
 wickelt und versuchen, gemeinsam ge­        Regionalblatt hatte als eine der ersten
 eignete Antworten darauf zu finden.“        Redaktionen einen sogenannten inte­
                                             grierten Newswoom. Alle Tagesverant­
 „Bergens Tidende“: Viel                     wortlichen sitzen – buchstäblich – im
                                             selben Boot. Die ovale Form als Schiffs­
 Energie für Spezielles                      metapher ist naheliegend, ist doch Ber­
 Bergen ist nicht der Nabel der Welt,        gen von Wasser umgeben. Sie über­
 aber die Zeitung Bergens gilt als Flagg­    zeugt aber vor allem im übertragenen                                     det“. Aber Fotografen werden geschult,
 schiff, rahmt Preise und Auszeich­          Sinn.                                                                    Interviews zu führen und Videofilme
 nungen ab. Das Geheimnis dürfte in             Das bewusste Gewichten zeigt sich                                     für die Website zu drehen.
 der Haltung liegen – und in Abläufen.       an verschiedenen Beispielen. Die Front­
    „Er du sulten nok. - Bist du hung­       seite etwa ist stark strukturiert, „die Ge­                              Wochenendzeitung. Online ist für
 rig genug?“ Das steht in grossen grau­      schichte soll hier überraschen, nicht das                                „BT“ sehr wichtig, doch auch da wird
 en Buchstaben auf stark rotem Hinter­       Layout“, erklärt Jensen. Klar ist auch,                                  klar gewichtet. Wenn die Redaktion ein
 grund. Es ist das Erste, das die rund 210   dass man unterscheidet zwischen An­                                      Thema recherchiert, das andere Medi­
 Redaktorinnen und Redaktoren, die 14        chors – bei Print, Radio und Fernsehen,-                                 enhäuser ebenfalls haben könnten,
 festangestellten Fotografen, die drei       und multimedialen Allroundern. Die                                       werden die Ergebnisse so schnell wie
 Bildredaktorinnen und die 15 Mitar­         Anchors sind sogenannte „Kanalspezi­                                     möglich im Netz publiziert. Wenn sie
 beitenden in Layout und Produktion se­      alisten“ und arbeiten nur in ihrem Me­                                   aber sicher ist, dass „BT“ die Geschichte
 hen, wenn sie an ihren Arbeitsort kom­      dium. Viele andere Journalisten produ­        Preissammler:              exklusiv hat, erscheint sie zuerst in der
 men.                                        zieren für Print und Web oder für Web-        Walter Jensen,             Zeitung. Wenn ein Ereignis am Tag im
    Dieser Hunger könnte es sein, der die    TV und Fernsehen. „Printjournalisten          Artdirector bei „Bergens   Netz gut dokumentiert werden konn­
 Regionalzeitung vorwärts treibt. Man        zu Fernsehgeschichten zu animieren            Tidene“ zeigt seine        te, erscheint er am anderen Tag kaum
 will besser sein als die anderen, einen     hat bisher nicht geklappt“, sagt Marga­       Auszeichnungen. Sein       mehr gedruckt.
 Schritt voraus. „BT“, wie man „Bergens      reta Björklund, noch „BT- Mitarbeiterin,      Credo: „Die Geschichte        Grid Grimelid, Ressortleiter Politik,
                                                                                           soll überraschen, nicht
 Tidende“ nennt , wurde 1868 gegrün­         künftig Chefredaktorin des ­„Vasa Bla­                                   denkt einen Schritt weiter. Für ihn ist
                                                                                           das Layout.“
 det und ist heute das viertgrösste Me­                                                                               es durchaus vorstellbar, dass die Artikel
 dienhaus Norwegens.                                                                                                  wochentags bald nur noch im Netz zur
                                                                                                                      Verfügung stehen – am Wochenende
 Teamwork. Die Mittel sind auch in                                                                                    aber eine besonders attraktive Zeitung
 Bergen nicht unbegrenzt – die Ambi­                                                                                  gedruckt wird. Auch dies wiederum im
 tionen müssen mit gezieltem Einsatz                                                                                  Sinne eines effizienten Mitteleinsatzes,
 der Ressourcen umgesetzt werden. Ein                                                                                 das nicht nur die finanzielle Seite des
 Rezept heisst: „Wir leisten seriöses All­                                                                            Medienunternehmens berücksichtigt,
 tagsgeschäft und schaffen uns Reser­                                                                                 sondern mindestens so stark die Be­
 ven – Zeit und Finanzen – für ausser­                                                                                dürfnisse der Leser: „Netz und Fernse­
 gewöhnliche Beiträge. Wir setzen Pri­                                                                                hen sind eher Fastfood, geeignet für die
 oritäten und suchen nach Synergien.                                                                                  schnelle Information während des Ta­
 Durch diese Beiträge werden wir ein­                                                                                 ges. Die Zeitung, wie wir sie sehen, ist
 malig, unique“, sagt Artdirector Wal­                                                                                ganz klar Slowfood, nachhaltiger, aber
 ter Jensen. Solche Geschichten aber                                                                                  auch teurer.“

66 | Schweizer Journalist 08 + 09/2008
kation wird bewusst gefördert und
                                                                                                         gefordert. Beginnend meistens bei
                                                                                                         der Idee einer Geschichte, über die
                                                                                                         Grundrecherche, die medienüber­
                                                                                                         greifend sein kann bis zur intensiven
                                                                                                         Diskussion um die Wahl des Blick­
                                                                                                         winkels in den einzelnen Sendern.
                                                                                                            Die Onlineredaktion bringt in der
                                                                                                         Regel eine neue Information zuerst,
                                                                                                         gefolgt vom Radio. Das Motto heisst:
                                                                                                         „Your news now“. „Es ist heute nicht
                                                                                                         mehr zu erklären, weshalb ein DR-
                                                                                                         Kunde eine Nachricht, die der Jour­
                                                                                                         nalist um 9.05 bekommt, erst 55 Mi­
                                                                                                         nuten später erhalten soll“, sagt Poul­
                                                                                                         sen. Eine Ausnahme gibt es, wenn ei­
                                                                                                         ne der Fernseh- oder Radiostationen
                                                                                                         eine eigene Geschichte recherchiert
                                                                                                         hat. Diese wird dann erst kurz vor
                                                                                                         der Sendung im Netz angefeatured.
                                                                                                            Bei meinem Besuch wird eine Dä­
                                                                                                         nin im Ausland entführt. Die Webre­
                                          Multimediales                                                  daktorin schreibt schnell ein Info, Fo­
Dänischer Rundfunk –                      Arbeiten:               Zu den acht Redaktionen kommen         tografen und Bildredaktoren suchen
eine Zentrale für acht                    Alle Redaktionen des    drei kleinere Konzertsäle hinzu und    nach Bildern. Die Radioredaktoren
                                          Dänischen Rundfunks,    ab Januar 2009 eine gewaltige Kon­     bauen ihre ersten Berichte entspre­
Redaktionen                               Radio und Fernsehen,    zerthalle für 1800 BesucherInnen,      chend ihren Zielgruppen darauf auf
Verantwortliche von acht öf­              werden unter einem      gebaut von Jean Nouvel, dem selben     – die Recherche geht weiter. Zu dis­
                                          Dach zentral geführt.
fentlich-rechtlichen Medienkanälen                                Pariser Architekten, der das KKL Lu­   kutieren gibt, welche der in ande­
suchen im gleichen Raum gemein­                                   zern plante. Der integrierte Nach­     ren Kanälen publizierten Informati­
sam nach der besten Form, Informa­                                richtenraum liegt zentral, Redakti­    onen die Fernsehstationen voraus­
tionen und Geschichten an die Ziel­                               onen, Dokumentation, Rechtsabtei­      setzen können. „Breaking news wer­
gruppen ihrer Kanäle zu bringen.                                  lung sind angedockt.                   den noch lange in allen Medien er­
   Per Bjerre steht als Einziger im                                  Der Bau wurde viel teurer als ge­   scheinen. Aber die Rolle von Fernse­
hellen Raum mit den Glaswänden,                                   plant und schaffte ein gewaltiges      hen und Radio muss überdacht wer­
die rund zwanzig Frauen und Män­                                  Problem. Werbegelder fliessen kei­     den“, sagt Nachrichtenchef Ulrik Ha­
ner sitzen rundherum. Wie ein Diri­                               ne in Dänemarks öffentlich-recht­      gerup.
gent, umgeben von seinem Orches­                                  liche Anstalt, auch das Fernse­           Kurze Zeit später: Ein junger Jour­
ter. Er heisst auch Mediaconductor –                              hen ist werbefrei. Den Verantwort­     nalist unterhält sich mit dem Diri­
und hat ziemlich viel Macht. Er ist es,                           lichen blieb nur das Sparen, des­      genten – es geht um ein Konzert, das
der heute den gesamten öffentlich-                                halb entliessen sie letztes Jahr 300   am Abend gefeatured wird. Noch
rechtlichen Rundfunk in Dänemark                                  Angestellte und reorganisierten das    sind sich Online- und TV-Redaktion
dirigiert. Vorne links sitzen Radio                               Unternehmen.„Keiner der 3000 Mit­      nicht einig über die Arbeitsteilung.
1,2,3,4, vorne rechts TV 1, TV2, hinten                           arbeitenden hier hat noch den glei­    Man versucht dies zu dritt auszudis­
sind der Teletext und Fotografen und                              chen Chef wie vorher“, sagt Ernst      kutieren. Gelingt es nicht, eine Lö­
hinten rechts ist die Webredaktion.                               Poulsen, Chefredaktor Online.          sung zu finden, entscheidet der Me­
Hier arbeiten alle zusammen, mög­                                    Dies hallt noch immer nach, wenn    diaconductor endgültig. Und kann
lichst Hand in Hand, koordiniert, ab­                             man auf dem Rundgang durchs Ge­        sich damit über die Chefs der einzel­
gesprochen. Dass da nicht immer Ei­                               bäude mit Journalisten spricht. Ver­   nen Kanäle setzen. Nicht immer ein­
nigkeit herrscht, mag kaum überra­                                unsicherung und Empörung sind zu       fach.
schen. Doch einer entscheidet ab­                                 spüren, neben einer positiven Beur­
schliessend – der Mediaconductor                                  teilung der Medienintegration.         Multimediaalltag. Die Rollen kön­
eben.                                                                Das Gebäude ist auf Transparenz     nen wechseln, wer sich aber überaus
                                                                  und Kommunikation ausgelegt mit        wohl fühlt in einem Medium, kann
Gewaltiger Bau. Das Ganze findet                                  vielen Durchblicken, Foyers, Gross­    auch bleiben. DR sieht die Gesamtre­
statt im neuen, grossen und luxuri­                               raumbüros. Nur drei Topmanager         daktion multimedial, nicht primär den
ösen Glasgebäude in Kopenhagen.                                   haben Einzelbüros. Die Kommuni­        einzelnen Journalisten. Doch >>>

                                                                                                Schweizer Journalist 08 + 09/2008 | 67
special

Erfolgsrezepte aus                                   beim Dänischen Rundfunk alle Vorge­
                                                     setzten immer mal wieder nach Mög­
                                                     lichkeit selbst. Oder sind zumindest
                                                                                            Diskutiert, reflektiert und auf den All­
                                                                                            tag heruntergebrochen werden vor
                                                                                            allem die vier Begriffe: Notwendig­
dem Norden                                           präsent in den Redaktionen.
                                                        „Hinzu muss ein professionelles
                                                                                            keit, Zugang/Bewusstsein, Gewinn
                                                                                            und Wettbewerb.
                                                     Change- und Innovationsmanage­            Weniger investiert scheint hinge­
             >>> für die Diskussion mit den an­      ment kommen“, unterstreicht Poul­      gen in die tägliche Qualitätssiche­
            deren müssen alle Grundkenntnisse        sen. Das kann zu einem rechten Teil    rung zu werden. Ernst Poulsen hört,
            aller Medien haben. Insgesamt bringt     gelernt werden. Beim DR besuchen       dass eine Radiomeldung falsch auf­
            Konvergenz bessere Qualität, da sind     alle Führungskräfte einen vier Mal     gebaut ist. Erstaunlich, dass diese in
                                                                                            der Ausgabe eine Stunde später nicht
                                                                                            korrigiert ist. Beim DR gibt es in der
>>>Für Grid Grimelid ist vorstellbar, dass die Artikel                                      Redaktion keinen Zweitleser mehr.
wochentags nur noch im Netz stehen – am Wochenende aber                                        Für die nahe Zukunft sehen Ver­
eine besonders attraktive Zeitung gedruckt wird.
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