Ein Haus, das Geschichte atmet - Holzbau Schmäh

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Ein Haus, das Geschichte atmet - Holzbau Schmäh
14 HAUSBESUCH · SIPPLINGEN                                              HAUSBLICK • MAI 2020 • MUE

 Ein Haus, das
 Geschichte atmet

               In Sipplingen, mitten im alten Dorfkern hinter
               der Kirche, haben die Schmähs ein altes
                Fachwerkhaus saniert
               I Von Doris Burger
                                                                Eine Konzession an die Mo-
                                                                derne muss möglich sein: Die
                                                                Dachreiter gab’s früher nicht.
Ein Haus, das Geschichte atmet - Holzbau Schmäh
MUE • MAI 2020 • HAUSBLICK                                                                             SIPPLINGEN · HAUSBESUCH 15

                                                                                                                                      Das kleine Ne-
                                                                                                                                      bengebäude links
                                                                                                                                      schirmt die Garten-
                                                                                                                                      terrasse etwas ab.

                                                                                              Glücklich über die
                                                                                              gelungene Sanie-     Erinnerung an die Zimmerleute der Fir-
                                                                                              rung: die Familie    ma Schmäh: Auch bei der Sanierung
                                                                                              Schmäh.              des Kirchturms waren sie beteiligt.

                Das Haus in Zahlen                    Gartenzugang. Dazu 2. Raum, Küche       und DG)
                                                      und Bad.                                Eigentümerin: Irmgard Möhr-
                Saniertes Kulturdenkmal, „Rebleute-   Erster Stock mit Blauer Stube, Küche,   le-Schmäh
                haus“ Baujahr 1662 und 1680.          Bad, Schlafraum über Laubengang         Architektin: Freie Architektin Di-
                Wohnfläche: Gesamtwohnfläche            zugänglich, Galerie im sichtbaren       pl.-Ing. Corinna Wagner-Sorg
                Haus 182 qm, 2 Einheiten: EG-Woh-     Dachstuhl über schmale Holztreppe       Bauleitung: Zimmermeister Sebasti-
                nung (60 qm) mit Keller (16 qm),      innen. Extra im Hof: Techniknebenge-    an Schmäh, Meersburg
                gesamt 76 qm. OG+ Dachgeschoss        bäude mit Gastherme und Brauch-         Gartenbau: Widenhorn, Gärten am
                gesamt 106 qm                         wassererwärmung, Abstellraum mit        See, Sipplingen
                EG: ehemaliger Kelterraum wurde       Gartenteil für die obere Wohnung.       Sanierungszeit: ab 2014 (Dachsiche-
                zum hohen Wohnraum, Lehmböden         Heizung: Fußbodenheizung (EG),          rungdurch die Gemeinde) bis Frühjahr
                mit Fußbodenheizung, direkter         Wandheizung im Lehmverputz (OG          2020 (Fertigstellung Außenanlage)
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16 HAUSBESUCH · SIPPLINGEN

Auferstanden aus Ruinen
                                                                                                                       HAUSBLICK • MAI 2020 • MUE

                                                                                                       Letzte Arbeiten, um
Das war der Zustand des Hauses vor                                                                     die historische Front
der Sanierung. Das einzig moderne Teil                                                                 wieder herzustellen
daran war die Satellitenschüssel.

Halb in sich zusammen
gesunken stand das
Haus da, eher eine
Ruine, denn ein Haus

E
      s war eines der ersten Häu-        man die älteren Teile als liegen-      während der Kirchturm Sipplin-          2013 haben die Schmähs das
      ser, die im Rebdorf Sip-           den Dachstuhl, die jüngeren als        gens mit seinen farbig glasierten     Haus entdeckt, nur noch ein
      plingen nach dem Dreißig-          stehenden.                             Ziegeln gut zu erkennen ist.          Schatten seiner selbst. Eingestuft
      jährigen Krieg neu gebaut             Wobei jünger relativ ist, der An-      Auch dessen Sanierung war          als Kulturdenkmal, doch kaum
wurden. 1662 war das, die Jah-           bau stammt von 1680. Zimmer-           ein Werk der Meersburger Firma        noch zu retten: Zusammenge-
reszahl ist belegt. Das Wirtschaf-       meister Marc Möller erklärt die        Holzbau Schmäh, die dafür 2019        sunken stand es da, das Dach
ten war endlich wieder möglich           Unterschiede: „Die liegende Kon-       einen Preis (Sanierung Katego-        halb eingedrückt, der Dachstuhl
geworden, Menschen und Land-             struktion schafft einen weiten         rie Dach) bekommen hat. Auf der       teils verrottet. Historische Bilder
schaften blühten auf. Der Rebbau         Raum ohne Balken“. An der hin-         Homepage finden sich spannen-         dokumentieren den Zustand, bei
über dem See lohnte sich trotz der       teren Wand dominiert ein blau-         de Details und Fotos: Gut erhalte-    dem die allermeisten Bauherren
steilen Hänge, der Wasserspie-           er Kubus, hinter den Schiebetü-        ne Biberschwanzziegel, teilweise      nur „Abreißen“ denken würden.
gel reflektierte das Sonnenlicht         ren liegt das Bad für das oberste      über 300 Jahre alt, wurden gebor-     „Hast du gehört, irgendein Ver-
und spendete im Herbst zusätz-           Stockwerk. Der neue Holzboden          gen, 12 500 Ziegel in aufwändi-       rückter hat das Eckteil24 gekauft.
lich Wärme. Der Platz im Dorf            ist bereit für die zukünftigen Be-     ger Arbeit eines Klinkerwerkes in     So blöd kannst ja gar nicht sein!“
war beengt, aber begehrt. Schon          wohner, frisch gelegt und geölt.       Leinfelden-Echterdingen nach-         Dieses Zitat hatten die Schmähs
eine Generation später konnten              Linkerhand, wenn man die            geformt, glasiert und gebrannt.       von zwei alten Sipplingern ge-
die Besitzer dieses Fachwerkhau-         schmale Treppe ins Dachge-             Entsprechend dem genauen              hört, als es im Gemeinderat um
ses anbauen, die Trennfuge zwi-          schoss hochgestiegen ist, kann         Musterplan, den eine Architek-        das Haus ging.
schen den beiden Gebäudeteilen           man über die Dächer des Dor-           tur-Studentin als Bachelor-Ar-          Doch Irmgard Möhrle-Schmäh,
ist auf der Hausrückseite noch gut       fes sehen, ein kleines Stückchen       beit gefertigt hatte, wurden sie      Geschäftsführerin einer Klinik
zu erkennen. Auch auf der Gale-          des Sees zeigt sich hier. Das muss     nach der Sanierung der gesamten       und verheiratet mit dem Zimmer-
rie: Im sichtbaren Dachstuhl sieht       man allerdings eher suchen,            Holzkonstruktion wieder verlegt.      meister und Firmenchef Sebas-
Ein Haus, das Geschichte atmet - Holzbau Schmäh
MUE • MAI 2020 • HAUSBLICK                                                                                                    SIPPLINGEN · HAUSBESUCH 17

                                                                                                                                                              Solche Räume
                                                                                                                                                              einzurichten ist
                                                                                                                                                              eher etwas für
                                                                                                                                                              Individualisten
                                                                                                                                                              als für IKEAlisten.

Die Blaue Stube im ersten Obergeschoss ist wohnlich und hell. Sie diente wohl als               Alt und neu beieinander: Holz und
repräsentative „Sommerstube“. B I L D E R : D O R I S B U R G E R , H O L Z B A U S C H M Ä H   Stahl halten die Treppe.

tian Schmäh, meint noch heu-                    Hauses schon in der ersten Phase
te: „Ich habe mich spontan in die               betreut hat.                                                                              Schwellen, schiefe Balken und schmale
Räume verliebt“. Besonders die                    Dagegen wäre sicherlich auch                                                            Gänge – da ist die Gemütlichkeit schon
„Blaue Stube“ im ersten Stock                   der Denkmalschutz gewesen, der                                                            gleichsam mit eingebaut.
hatte es ihr angetan.                           beim „Kulturdenkmal“ ein ge-
   Sie ist ein Schmuckstück des                 wichtiges Wort mitzureden hat.
Hauses und schimmert wieder                     Letztlich hat die Behörde, das
in matten Blautönen. Ein Sockel                 Landesamt für Denkmalpflege,
thront an der hinteren Wand, der                auch die Erhaltung des Rebleu-
Ofenbauer restauriert gerade ei-                tehauses verfügt. Die Vorbesitzer
nen passenden alten Kachelofen                  waren mehrfach mit Anträgen auf                                         Detail auf der
dafür. Auch der wurde in Sipplin-               eine Abriss-Genehmigung ge-                                             Hausrückseite -
gen entdeckt, das Originalstück                 scheitert.                                                              Die Holznägel
aus dem Rebleutehaus war leider                   Über die Jahre, von der ersten                                        (Mitte) werden
nicht mehr vorhanden. Ein elek-                 Begutachtung des alten Hauses                                           noch bündig
trisch beheizter Kachelofen soll                im Jahre 2007 bis zum Kaufver-                                          gearbeitet
es nun werden, dem Emissions-                   trag mit Irmgard Möhrle-Schmäh
schutz im alten Ortskern wird er                2014 hatten sich die Förderzusa-
besser gerecht. „Sonst hätten wir               gen des Landes erweitert. Ab 2015
zudem einen unschönen hohen                     wurde saniert: 2018 war das Ob-
Kamin aufsetzen müssen“, sagt                   jekt bereits beim „Tag des offenen
Möller, der die Sanierung des                   Denkmals“ dabei.
Ein Haus, das Geschichte atmet - Holzbau Schmäh
18 HAUSBESUCH · SIPPLINGEN

Wohnen auf schiefer Ebene
                                                                                                                     HAUSBLICK • MAI 2020 • MUE

Das Haus birgt ein
spannendes
Experiment: Man hat                                                   Holzbalken und Mauerwerk, mal sichtbar, mal verputzt,

die teils abfallenden                                                 machen den Reiz der Wohnräume aus.

Böden absichtlich
nicht begradigt

                                        E
                                             ine besondere Herausforde-
                                             rung, nicht nur für die Kü-
                                             chenbauer, sind die schiefen
                                             Wände und teils auch abfal-
                                        lenden Böden: Eine Murmel wür-
                                        de davonrollen, das sieht man
                                        mit dem bloßen Auge. Selbst-
                                        verständlich hätte man die Bö-
                                        den begradigen können, erklärt                                                                  Nicht der große
                                        Sebastian Schmäh: „Aber dann                                                                    Luxus, aber wozu
                                        hätten wir viel Raum verloren. So                                                               auch. Der Luxus
                                        wagen wir jetzt einmal die schie-                                                               ist die Geschichte
                                        fe Linie“, und er glaubt daran,                                                                 des Hauses.
                                        dass man sich mit der Zeit an die
                                        schrägen Böden in den unteren       Rest des Hauses abgetrennt wer-          war es, der das Projekt von An-
                                        Stockwerken gewöhnt.                den.                                     fang an maßgeblich betreut hat.
                                           Im Erdgeschoss setzte Holz-        Die beiden oberen Geschos-             Die beiden bauen die frühere
                                        bau Schmäh auf Lehmböden, mit       se, die „Bel Etage“ mit der blau-        Abseite wieder auf, die einst als
                                        einer Fußbodenheizung für den       en Stube und der Galerie bilden          Plumpsklo diente – vor der Woh-
                                        modernen Wohnkomfort ausge-         die zweite Einheit. Zugänglich ist       nung gelegen, draußen an der
                                        stattet. Der große Wohnraum mit     der 1. Stock von außen über die          frischen Luft. Jetzt soll es ein Ab-
                                        Gartenzugang beherbergte einst      Holztreppe und einen Lauben-             stellraum werden, „vielleicht mit
                                        die Kelter, war zwischenzeit-       gang, eine besondere Finesse des         einem passenden Innenstück als
                                        lich wohl als Schmiede genutzt.     alten Hauses. So hätte jede Partei       Erinnerung“, sagt der Zimmerer
                                        Eine Werkstatt oder einen The-      ihren eigenen Zugang, zwei Brief-        Möller. Von der Front aus sieht
                                        rapieraum könnte man sich hier      kästen sind schon montiert. Mie-         das Haus dann wieder originalge-
                                        gut wieder vorstellen. Das Erd-     ter sind noch nicht gefunden.            treu aus.
                                        geschoss verfügt über eine eige-      Auf dem Laubengang arbei-                 Die gesamte Außengestaltung
Hier kommt die Post rein für neue Be-   ne Küche und ein großes Bad, es     ten gerade Lucas von Schroeder           folgt den historischen Vorlagen.
wohner.                                 könnte als eigene Wohnung vom       mit Marc Möller. Von Schroeder           Ein Birnbaum und ein lila Flieder
Ein Haus, das Geschichte atmet - Holzbau Schmäh
MUE • MAI 2020 • HAUSBLICK                                                                       SIPPLINGEN · HAUSBESUCH 19
wurden am alten Standort neu                her im Hof, das Fensterglas in der
gepflanzt, ebenso ein Aprikosen-            Blauen Stube allerdings ist neu:
baum an der Südseite, der sogar             „Goetheglas“ (Histofein) nennt es
                                                                                                 Elektro-
                                                                                                 Greitmann
wieder ein Spalier erhalten soll.           sich und sieht aus wie historisch,
Das freut vor allem alte Sipplin-           uneben und changierend.
ger, die das Haus und die Vorbe-              Ein Musterhaus ist es gewor-                   Meersburg · Winzergasse 10 ·
sitzer noch kannten. Auch die Re-           den, mit unzähligen Beispie-                     ☎ 0 75 32/61 62 · Fax 0 75 32/18 97
ben erinnern an die Geschichte              len für gelungenes Sanieren. Da
des Dorfes, an vielen Ecken sind            staunten selbst etliche Architek-
sie noch zu finden. Das Kopfstein-          ten, die schon zu Besuch waren,
pflaster hat der Pflastermeister            um sich Anregungen zu holen.
wiederum hinter dem Sipplin-                Und vielleicht, das könnte man                              Ofenbau Reischmann, Kamine & Öfen
ger Rathaus entdeckt und herge-             sich gut vorstellen, bekommt das                            Nussdorfer Str. 55, 88662 Überlingen
schleppt, es sieht aus, als hätte es        Rebleutehaus 2020 wieder einen                                      Telefon 07551 4197
immer hier gelegen.                         Denkmalpreis, der nächste in der
                                                                                                           www.ofenbau-reischmann.de
   Manche Balken kamen aus                  stolzen Reihe der Firma. Die Be-
dem Dachstuhl des früheren Ho-              werbung wurde von der Bauherr-
tels Anker in Konstanz, das der             schaft schon eingereicht. Denn
neuen Synagoge Platz machte, Al-            wie sagte eine 85-jähriger Sip-
tholz wurde teilweise verwendet             plingerin, die als Kind in dem
und mit neuem ergänzt. Massive              Haus gewohnt hatte: „Das Alte ist
Fensterbänke aus Stein lagen frü-           doch noch etwas Wert!“

       LEHMBAU                                                                    Baustatik • Bauphysik • Glasstatik
       • traditionell                                                             Bauüberwachung • Bauberatung
       • modern
       • stylish

       Lehm ist urgemütlich,
       speichert Wärme und
       schafft ein gutes                                                          Lindauer Weg 1a • 88690 Uhldingen-Mühlhofen
       Raumklima
                                                                                      Fon 07556/93 38-0 • Fax 07556/93 38-29
       Wir sind seit 30 Jahren             Glück GbR                                  E-Mail: INFO@IGU-Tragwerksplanung.de
       im Lehmbau erfahren.                Schulgasse 1–3 · 78730 Lauterbach
                                           Tel.: 07422-3801 · lehmbau-glueck.de
                                                                                     Internet: www.IGU-Tragwerksplanung.de

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