Ausblick 2021: Neue Wege in die solare Zukunft - Solarenergie - WI-Energy
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Solarenergie Foto: Tesvolt Der neue Ladepark in Hilden zeigt, welchen Stellenwert die Sektorkopplung für die Energiewelt der Zukunft bekommt. Ausblick 2021: Neue Wege in die solare Zukunft Der Photovoltaikmarkt brummt weltweit - auch weil sich in der Vergangenheit entwickelte Geschäftsmodelle jetzt durchsetzen. SVEN ULLRICH E s ist ein beeindruckendes Pro- tet aber gleichzeitig auch die Last- und jekt, das da in Hilden entstanden Erzeugungskurven innerhalb des gesam- ist. Auf einer Fläche von 12.000 ten Systems, so dass das Netz, an das der Quadratmetern haben die Instal- Ladepark angeschlossen ist, nicht überlastet lateure von Rheinland Solar einen riesigen wird. Das Vorhaben ist beispielhaft dafür, solarer Carport errichtet. Daneben ste- wie die Sektorkopplung das Energiesystem hen noch zwei kleine Windkraftanlagen. in Zukunft bestimmen wird. „Es sollte nie Die Module erreichen eine Leistung von ein Bereich wie etwa nur der Stromsektor 384 Kilowatt. Mit dem Sonnen- und dem isoliert betrachtet werden. Nicht zuletzt die Windstrom werden die 44 Ladepunkt belie- Elektromobilität zeigt auf, dass eine Ener- fert, an denen die Fahrer von Elektroautos giewende nur sektorübergreifend gelingen ihre Akkus füllen können. Zusätzlich wird „Der Modulbereich entwickelt kann“, betont Simon Schandert, Geschäfts- der Ökostrom auch in den angrenzenden sich aktuell überproportional führer von Tesvolt. Während die Energie- Foto: Solarwatt Gebäuden genutzt. gut.“ wende im Stromsektor bereits erklecklich Ein dazugehöriges Speichersystem weit fortgeschritten ist, hängen der Verkehr kann einerseits zwei Megawattstunden Detlef Neuhaus, Solarwatt mit 5,6 Prozent und der Wärmebereich mit des Ökostroms zwischenlagern. Es glät- 14,5 Prozent an erneuerbaren Energien weit 66 ERNEUERBARE ENERGIEN 08/2020
Solarenergie „Stromkosten spielen in allen „Wer die finanziellen Möglichkeiten „Agrophotovoltaikanlagen ersetzen Betrieben eine immer stärkere hat, wird weiter in die eigene Solaran- schließlich die umstrittenen Folien- Foto: Baywa RE Rolle.“ lage investieren.“ schutzsysteme.“ Foto: IBC Solar Foto: Q-Cells Udo Möhrstedt, IBC Solar Jochen Endle, Q-Cells Stephan Schindele, Baywa RE hinterher. auch im Gewerbe. Neuhaus, Geschäftsführer von Solarwatt, die aktuellen Entwicklungen. „Mittler- Ganze Systeme aus einer Hand Schlummernder Riese: PV fürs weile verkaufen wir mehr als drei Viertel Die Unternehmen der Solarbranche reagie- Gewerbe der Anlagen mit Speicher beziehungsweise ren auf diese Anforderungen. Einfach ein Udo Möhrstedt, Geschäftsführer von Energiemanagementsystem.“ Für das Dresd- Produkt auf den Markt zu bringen reicht IBC Solar, sieht hier einen spannenden ner Unternehmen ist das der beste Grund, längst nicht mehr aus. „Immer mehr Wachstumsmarkt, der noch längst nicht intensiv an einem neuen Batteriespeicher zu Konsumenten werden gleichzeitig auch ausgeschöpft ist. „Stromkosten spielen in arbeiten. „Wir glauben, dass wir damit noch Energieerzeuger“, sagt Jürgen Reinert, allen Betrieben eine immer stärkere Rolle, einen weiteren Schritt nach vorne machen Vorstandssprecher des hessischen Wech- insbesondere wenn es um die Wirtschaft- werden, um den Systemanteil noch zu stei- selrichterherstellers SMA. „Ihr Anspruch ist lichkeit geht“, sagt er. „Das Potenzial der gern“, begründet Neuhaus den Schritt. es, ganzheitliche Systeme und Lösungen aus Photovoltaik in diesem Segment ist enorm. einer Hand zu erhalten. Auch die Einbin- Jeder Gewerbe- oder Industriebetrieb kann Vom Notstrom zum Inselnetz dung von Großspeichern und die Integration seine Stromkosten durch die Installation Das Energiemanagement wird durch die immer größerer Mengen von Solarenergie in einer Photovoltaikanlage senken – sei es immer stärkere Bedeutung des Eigenver- das Gesamtsystem erfordern perfekt aufein- auf dem Firmendach oder, wenn vorhan- brauchs wichtiger. So geht Daniel Hanne- ander abgestimmte Lösungen.“ den, auch auf ungenutzten Betriebsflächen mann, Geschäftsführer von Tesvolt, davon Vor diesem Hintergrund werde es zu mittels einer Freilandanlage.“ Zusätzliche aus, dass sich in Deutschland in Zukunft einem wichtigen Differenzierungsmerkmal Einsparungen seien durch die Integration Anlagen mit Speichern nur mit einem opti- in der Branche, nicht nur einzelne Kompo- eines Speichers möglich. mierten Eigenverbrauch rechnen. Das gilt nenten anbieten zu können, sondern ganz- Mit dem Schritt vom Komponentenher- auch für gewerbliche Systeme. Hier sieht er heitliche Lösungen, die den Bedürfnissen steller zum Komplettanbieter stellen sich neben dem Eigenverbrauch auch noch die der Kunden entsprechen. „Dazu gehören seit einiger Zeit viele Unternehmen der Kappung teurer Lastspitzen, die beispiels- zum Beispiel auch innovative Dienstleis- Solarbranche neu und zukunftssicher auf. weise beim Beladen von Elektroautos ent- tungen“, betont Reinert. Das gilt nicht nur „Der Modulbereich entwickelt sich aktuell stehen, als Geschäftsmodell. für den wachsenden Markt der privaten überproportional gut, aber auch der Anteil Dazu kommen noch die Inselnetze, die Eigenverbrauchsanlagen, wo sich die Sektor- der Photovoltaiksysteme am Gesamtum- mit erneuerbaren Energien ohne Speicher kopplung schon längst durchsetzt, sondern satz steigt immer weiter“, erklärt Detlef gar nicht möglich sind. Manche Projekte mit Tesvolt-Speichern setzen auch auf ein Halbinselnetz zur Notstromversorgung. „Mittlerweile verkaufen wir mehr als drei Viertel der „Mit unserer neuen Speicherlösung, die wir Anlagen mit Speicher oder Energiemanagementsystem.“ Anfang 2021 auf den Markt bringen, wird auch Ersatzstrom ein wichtiges Geschäfts- Detlef Neuhaus, modell sein“, stellt Daniel Hannemann in Solarwatt Aussicht. „International spielen vor . ERNEUERBARE ENERGIEN 08/2020 67
Solarenergie Foto: raisondtre - stock.adobe.com „In Deutschland besteht großes Potenzial allem Offgrid- und Microgridlösungen eine für schwimmende Photovoltaik.“ wichtige Rolle.“ Toni, Weigl Feste Verträge mit großen Kunden Baywa RE Im internationalen Geschäft geht es aber nicht nur um die Versorgung von Regionen mit schwachen Netzen. Dort hat sich im jektierer solche Projekte. So wird Beletric gieunternehmen, die sich mit Ökostrom ein- Großanlagengeschäft längst der Abschluss im kommenden Jahr gleich zwei Solarparks decken, den sie direkt aus dem Solar- oder von Stromlieferverträgen (Power Purchase – einen davon mit einer Leistung von 172 Windpark geliefert bekommen. Das wird Agreements – PPA) durchgesetzt. Diese Megawatt – errichten, deren Strom über sich auch in Europa und in Deutschland Entwicklung wird auch in den kommenden einen PPA verkauft werden soll. weiter durchsetzen. „Darüber hinaus gibt Jahren weitergehen. In Deutschland beginnt Bisher sind die PPA-Partner in Deutsch- es noch viele andere denkbare Konzepte dieses Geschäft ebenfalls. Mit einem Solar- land vor allem Stromanbieter. Das sieht in diesem Marktsegment: Von Leasing und park in Barth hat Baywa RE das Startsignal international anders aus. Hier sind es vor Pachtmodellen bis hin zu Mietstrommo- gegeben. Inzwischen planen weitere Pro- allem die großen Industrie- und Technolo- dellen oder einem direkten Stromverkauf“, erklärt Udo Möhrstedt von IBC Solar. Auch für solche Geschäftsmodelle sieht die Branche einen wachsenden Markt. „Die Anfangsinvestition für eine Solaranlage ist ja häufig noch die größte Hürde, um sich für den Eigenverbrauch von Solarstrom zu entscheiden“, weiß Jochen Endle, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Q-Cells. Mit Pacht-, Leasing- und Direktbelieferungs- modellen können Gewerbebetriebe und sogar große Industrieunternehmen von den sinkenden Kosten für den Solarstrom profitieren, ohne sich selbst um die Stro- „Die Zukunft liegt im Verkauf des pro- „Immer mehr Konsumenten werden merzeuger kümmern zu müssen. „Wer die duzierten Grünstroms.“ auch Energieerzeuger.“ finanziellen Möglichkeiten hat, wird auch Foto: WI Energy weiterhin in die eigene Solaranlage investie- Peter Maasem, WI Energy Jürgen Reinert, SMA ren“, sagt Endle. „Es ist aber nicht einzuse- Foto: SMA hen, warum nur finanzkräftige Kunden von Sonnenstrom profitieren sollen. Und einige 68 ERNEUERBARE ENERGIEN 08/2020
Solarenergie Unternehmen fokussieren ihre Investitio- „Aufgrund der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Ge- nen auf das Kerngeschäft, zum Beispiel den setzes lohnen sich Dachverpachtungen immer seltener.“ eigenen Maschinenpark und möchten sich mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage Peter Maasem, nicht beschäftigen.“ WI Energy Das ist inzwischen selbst in der Indus- trie angekommen. Auch die Europäische Kommission setzt mit ihrer Erneuerba- zen die Folientunnel, die bisher die empfind- teme“, weiß Schindele. Hier werden zudem ren-Richtlinie auf den Direktverbrauch von lichen Pflanzen vor Starkregen und Hagel keine Flächen verbraucht, die nicht ohnehin Solarstrom vor Ort. Die Politik zumindest geschützt haben. „In Europa entwickeln wir schon genutzt werden. in Deutschland wurde hier schon längst derzeit solche Projekte in den Niederlanden, Das gilt auch für andere Lösungen von der Realität überholt, kommt aber nur Frankreich, Deutschland und Österreich“, wie schwimmende Solaranlagen, deren träge in Bewegung. „Aufgrund der Novellie- sagt Stefan Schindele. Marktentwicklung derzeit beginnt. Hier wer- rung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes Auch wenn die Anlagen aufgrund des den die Generatoren auf Flächen errichtet, lohnen sich Projekte im Bereich der Dach- höheren Entwicklungs- und Montageauf- die ohnehin nicht anderweitig nutzbar sind. verpachtung immer seltener“, erklärt Peter wands teurer sind als einfache Solarparks, „In Deutschland besteht großes Potenzial Maasem, Geschäftsführer von WI Energy. gehen immer mehr Anfragen von Land- für schwimmende Photovoltaikanlagen. Der Projektierer aus Trier hat sich als Kom- wirten bei Baywa RE ein. Denn die Lösung Nach einer umfassenden Analyse beziffern plettserviceanbieter im Markt aufgestellt vereinfacht das Leben der Landwirte und wir das Potenzial auf ungeschützten und und verwaltet die Anlagen über die gesamte senkt deren Betriebskosten – zusätzlich zur ungenutzten Wasserflächen auf etwa 20 Lebenszeit. „Die Zukunft liegt hier in dem Stromproduktion. Denn die Folientunnel Gigawatt“, sagt Toni Weigl, Produktmanager Verkauf des produzierten Grünstroms von bedürfen aufwändiger Pflege und müssen Floating PV bei Baywa RE. „Die Weltbank oben nach unten. Dieses Modell haben wir ständig erneuert werden. Solche Ansätze geht weltweit von einem technisch umsetz- bereits in einem unserer Projekte umgesetzt steigern auch die Akzeptanz. „Denn die Agri- baren Potenzial von 400 Gigawatt allein auf und wollen auch in Zukunft weiter verfol- photovoltaikanlagen ersetzen schließlich die Süßwasserseen aus”, ergänzt Benedikt Ort- gen“, sagt Maasem. ebenfalls umstrittenen Folienschutzsys- mann, Chef der Solarsparte von Baywa RE. Agrarflächen doppelt nutzen Eigenverbrauch überall Derzeit seien aber Freiflächenanlagen auf- Allerdings sind solche Anlagen derzeit teu- grund der Rahmenbedingungen einfacher rer als Freiflächenanlagen. „Damit ein sol- umsetzbar, erklärt der Chef von WI Energy. ches Konzept in Deutschland also gängige Auch hier beginnen sich neue Märkte wie Praxis werden kann, müsste dieses zumin- die Kombination von Landwirtschaft mit dest initial gefördert werden“, sagt Weigl. Er der Solarstromproduktion immer schneller schlägt dazu spezielle Ausschreibungen für zu entwickeln. So hat Next2Sun jüngst das Technologien wie Floating PV oder Agri-PV erste kommerzielle Agriphotovoltaikprojekt vor. „Aufgrund besserer Förderungen sind mit seinen senkrecht aufgestellten bifacia- andere Länder wie beispielsweise Frankreich len Modulen umgesetzt. Das österreichische oder die Niederlande hier schon weiter als Unternehmen Elektrotechnik Leitinger hat Deutschland“, erklärt Weigl. diese Lösung zu einem Solarzaun weiter- Dort beginnt das Geschäft mit den entwickelt und rennt damit bei Landwirten schwimmenden Solaranlagen zu brummen. und Hauseigentümer in der Alpenrepublik Allein in den Niederlanden hat Baywa RE offene Türen ein. eine Projektpipeline von 110 Megawatt. Durch diese Weiterentwicklung In Frankreich sind zwei Projekte in Arbeit bekommt die Solaranlage auch noch einen und in Italien haben die Planungen für Zusatznutzen für die Landwirtschaft. Eine eine schwimmende Solaranlage begonnen. solche Doppelnutzung sieht Stefan Schin- Zudem hat Baywa RE Großbritannien, Spa- dele, Produktmanager Agrar-PV bei Baywa nien und Österreich als Markt im Blick. Auch RE, als Voraussetzung für eine echte Agri- in Deutschland laufen Verhandlungen mit photovoltaik. Deshalb setzt das Unterneh- „Elektromobilität zeigt auf, dass eine potenziellen Seeeigentümern und ein erstes men auch auf Ansätze, bestehende Hilfssys- Energiewende nur sektorübergreifend Projekt ist geplant. Hier hat Rheinland Solar teme für die landwirtschaftliche Nutzung gelingen kann.“ bereits eine Anlage auf dem See eines Kies- solar zu aktivieren. Das erste Projekt ent- werks umgesetzt. Um die Herausforderung Foto: Tesvolt stand in den Niederlanden. Dort hat Baywa Daniel Hannemann und Simon der Wirtschaftlichkeit zu umgehen, wurde RE ein zwei Hektar großes Himbeerfeld mit Schandert, Tesvolt ein erprobtes Geschäftsmodell umgesetzt: Solarmodulen überdacht. Die Paneele erset- der Eigenverbrauch. W ERNEUERBARE ENERGIEN 08/2020 69
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