DROGENKURIER - Ein verlorenes Jahrzehnt für Harm Reduktion ? - magazin des jes-bundesverbands - JES Bundesverband
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DROGENKURIERmagazin des jes-bundesverbands feb. 2019 nr. 117 Ein verlorenes Jahrzehnt für Harm Reduktion ?
editorial DROGENKURIER Liebe Leserinnen und Leser, IMPRESSUM Förderinnen und Förderer Nr. 117, Februar 2019 Herausgeber des des DROGENKURIER , DROGENKURIER : JES*-Bundesverband e.V. liebe Freundinnen und Freunde Wilhelmstr. 138 | 10963 Berlin Tel.: 030/69 00 87-56 des JES-Bundesverbands, Fax: 030/69 00 87-42 Mail: vorstand@jes-bundesverband.de www.jes-bundesverband.de Das Jahr 2018 war überaus ereignisreich und hat uns als JES-Bundesverband sehr gefordert. Es bleibt zu hoffen, dass die auch durch JES errungenen Veränderungen im DAH-Bestellnummer: 102117 Bereich der Substitution sowie der Prävention von Drogentodesfällen, positive Auswir- ISSN: 2512-4609 kungen für Drogen gebrauchende Menschen haben werden. Auflage: 4.500 Exemplare Stillstand bei der Förderung von Harm Reduktion Angeboten Redaktion: JES-Bundesvorstand, Im Mittelpunkt dieser Ausgabe steht ein Überblick zum „GLOBAL HARM REDUCTION Dirk Schäffer REPORT“ der 2018 bereits zum sechsten Mal erschien. Der Bericht macht deutlich, dass es in Kernbereichen der Schadensminderung einen Stillstand oder sogar Rückschritte zu verzeichnen gibt. Beispielhaft richten wir den Fokus auf Projekte zum Spritzentausch, Drogenkonsumräume und die Substitutionsbehandlung. Besonders dramatisch ist, dass insbesondere in Ländern Asiens und Osteuropas, die eine ausgesprochen hohe Prävalenz von HIV und Hepatitis C Infektionen aufweisen, Angebote der Schadensminderung über keine ausreichende Finanzierung verfügen. ➞ Seite 3 Regulieren statt Kriminalisieren Zum Jahreswechsel sorgten Politiker_innen aus der Schweiz für Aufsehen, die eine sehr ernstgemeinte Diskussion zur regulierten Vergabe auch von Kokain und anderen illegalen Substanzen vorschlugen. Wir haben dieses Thema für diese Ausgabe des DROGENKU- RIER aufgenommen. Ein Kommentar von Dirk Schäffer (Deutsche Aidshilfe) setzt sich mit diesen Forderungen auseinander und betrachtet die Situation in Sachen „Regulierung“ in Titelgrafik: metamorworks/ Deutschland. ➞ Seite 7 iStockphoto.com Layout, Satz: Carmen Janiesch Ein Behandlungsvertrag für Substituierte Druck: Wir-machen-Druck.de Wenn man einen Ausblick auf Themen werfen will, die im Jahr 2019 für die Arbeit des JES-Bundesverbands eine große Rolle spielen werden, muss die Arbeit für einen ein- Der DROGENKURIER wird heitlichen und qualitativ hochwertigen Behandlungsvertrag zwischen Ärztin/Arzt und unterstützt durch: Patient*in genannt werden. In unserem Beitrag informieren wir über unsere Ziele und den (Nennung in alphabetischer Reihenfolge) aktuellen Stand in Sachen „Behandlungsvertrag“. ➞ Seite 24 Deutsche Aidshilfe e.V., GL Pharma, Hexal, INDIVIOR, Mundipharma, Sanofi Aventis JES wird 30 Jahre alt JES gehört weltweit zu den ältesten Drogenselbsthilfen. Kaum jemand hätte uns 1989 zugetraut, dass es uns 30 Jahre später immer noch gibt. Das 30-jährige * Junkies, Ehemalige, Substituierte Jubiläum des JES-Netzwerks sowie das 15 jährige Bestehen des JES-Landes verbands NRW werden wir in diesem Jahr mit einem großen Fachtag sowie einer Die Nennung von Produktnamen Jubiläumspublikation begehen. bedeutet keine Werbung Das Redaktionsteam 2
www.jes-bundesverband.de topthema Ein verlorenes Jahrzehnt für die Schadensminimierung ? Harm Reduktion International (HRI) legt den sechsten Welt Harm Reduktion Report vor Vor einem Jahrzehnt begann Harm Unter den weltweit Reduktion International zum ersten 15,6 Millionen Men- GLOBAL STATE OF HARM REDUCTION 2018 Mal mit der Erstellung einer welt- weiten Übersicht zu Entwicklungen schen, die intravenös im Bereich Harm Reduktion „Global Drogen konsumieren, State of Harm Reduction“. Während ist jeder sechste THE GLOBAL STATE dieser Zeit, hat sicher der Bericht wei- OF HARM REDUCTION 2018 terentwickelt und diversifiziert. Lei- 6TH EDITION Konsument von HIV der ist diese Form der weltweiten betroffen und jeder Weiterentwicklung von Maßnah- zweite von Hepatitis C. men der Schadensminderung (Harm Reduktion) nicht erfolgt. Uns ist es an dieser Stelle natür- So stagniert die Anzahl der Länder, lich nur möglich einen sehr kleinen die Angebote wie der Spritzentausch Einblick in die weltweite und euro- (NSP) oder eine Substitutionsbe- päische Entwicklung von Maßnah- Harm Reduction International is a leading NGO dedicated to handlung (OST) anbieten seit meh- men der Schadensminderung zu ge- reren Jahren. Nur 86 Länder setzen reducing the negative health, social and legal impacts of drug INTERNATIONAL HARM REDUCTION use and drug policy. We promote the rights of people who use drugs and their communities through research and advocacy to ben. NSP in unterschiedlichem Maße um. help achieve a world where drug policies and laws contribute to healthier, safer societies. Harm Reduction International If you would like to find out more about Harm Reduction International, please contact us at: Dies ist eine Reduzierung um vier ▶ Daher empfehlen wir den Harm Reduction International 61 Mansell Street, London, E1 8AN, Länder seit 2016. Teilweise dramati- sche, politische Veränderungen mit United Kingdom Download des Gesamtberichts Phone: +44 (0) 20 7324 3535 Email: office@hri.global Web: www.hri.global HARM REDUCTION oder von Teilberichten unter www.hri.global menschenunwürdigen Maßnahmen INTERNATIONAL https://bit.ly/2QHEena der Verfolgung und Exekution, führ- Das Cover des neuen Harm Reduktion Reports ten dazu, dass in Bulgarien, Laos und Nach einer im Jahr 2017 erfolgten den Philippinen NSP-Angebote ein- systematischen Überprüfung im Lancet findet in 179 von 206 gestellt wurden. Demgegenüber haben mit Mali, Mosambik und Ländern der Welt injizierender Drogenkonsum statt. Die Durch- Uganda drei Länder südlich der Sahara Spritzentauschprogram- schnittliche Prävalenz von HIV-Infektionen liegt bei 17,8 % und me in ihre nationalen Strategien aufgenommen und umgesetzt. die HCV-Prävalenz liegt bei 52,3 %. Trotz dieser dramatischen Zah- Die Existenz von NSP-Standorten in einem Land ist nicht mit len und der Kenntnis, dass Maßnahmen der Schadensminderung einem universellen und niedrigschwelligen Zugang gleichzuset- mit entsprechenden Reichweiten Infektionen reduzieren könn- zen. Drakonische Strafen für Drogenbesitz und Konsum sowie ten, fehlt es insbesondere in Low und Middle Income Countries an ein hohes Maß an Stigmatisierung führen dazu, dass viele Men- Angeboten mit einer entsprechenden Reichweite. schen diese Projekte nicht aufsuchen. 3
topthema DROGENKURIER Quelle: Global HR Report 2018 Virushepatitis und HIV Anteil der männlichen Gefangenen um 18 % und der Anteil von Es wird geschätzt, dass unter Menschen, die Drogen injizieren, weiblichen Gefangenen um unglaubliche 50 %. Weltweit wer- die Prävalenz von Hepatitis C Antikörpern bei 52,3 % liegt. Die den 83 % aller Strafanzeigen für den bloßen Besitz von Betäu- Prävalenz von HIV liegt bei 17,8 %. Es liegen Hinweise vor, dass bungsmitteln ausgesprochen. Nur eine sehr geringe Anzahl von auch ein nichtinjizierender Drogenkonsum, insbesondere die In- Ländern hat auf die Wirkungslosigkeit der Prohibition reagiert halation von Crack mit größeren Risiken des Erwerbs von Hepa- und ein Modell der Entkriminalisierung implementiert. In an- titis und HIV-Infektion in Verbindung steht. deren Ländern wie Kirgistan, Tunesien und Ghana besteht die Es wird zudem deutlich, dass die frühzeitige Implementierung Möglichkeit Gefängnisstrafen in Strafzahlungen umzuwandeln. umfassender Maßnahmen zur Schadensreduzierung (wie NSPs Diese Modelle müssen kritisch begleitet werden. In Kirgistan z. B. und OST) einen großen Anteil an dauerhaft niedrigen HIV-Prä- beträgt der Mindestbetrag einer Strafzahlung zur Vermeidung valenzen zugeschrieben wird. Beispiele hierfür sind u.a. Aust- einer Haftstrafe 18 Monatsgehälter. ralien und die Schweiz. Aber auch in Deutschland, wo erst 1992 Gefängnisse an sich sind ein Ort mit erhöhten Infektionsri- die Spritzenvergabe legalisiert wurde und die Zahl substituierter siken und HIV- und HCV-Prävalenzen. Bedingt durch die Über- Frauen und Männer erst um die Jahrtausendwende deutlich an- belegung vieler Haftanstalten steigt dieses Risiko überpropor- stieg, gelang es mit einer breiten Palette schadensminimierender tional. In nur 10 Ländern wird in mindestens einer Haftanstalt Maßnahmen die HIV-Prävalenz unter Drogengebaucher*innen eine Spritzenvergabe angeboten. Dies sind Armenien, Kanada, auf einem geringen Niveau zu halten. Deutschland, Kyrgyzstan, Luxembourg, Mazedonien, Moldawi- en, Spanien, Schweiz und Tajikistan. Dies bedeutet einen An- Medizin und soziale Arbeit gemeinsam denken stieg von zwei Ländern zum Jahr 2016. Es liegen Hinweise dafür vor, dass Angebote der HIV- und HCV- In 54 Ländern wird eine Form der Substitution in Haft ange- Beratung und Testung in Einrichtungen der Drogenhilfe mit An- boten. Fünf Ländern (Afghanistan, Zypern, Palästina, die Seychel- geboten der Schadensminderung den Zugang zur Testung und len und die Ukraine) führten diese Angebote seit 2016 neu ein. Behandlung erleichtern können. In Deutschland wurde mit dem Projekt TEST IT bereits früh die Machbarkeit bewiesen und das Projekt „DAS CHECK ICH“ versucht gerade den nächsten Schritt zu gehen und die Potenti- ale der neuen HCV-Medikamente zu nutzen. Während in Westeuropa und Ozeanien diese Art integrierter An- gebote bereits in vielen Städten vorhanden ist, ist die Integration der Testung und Behandlung in NGOs in Lateinamerika, Eurasien und Subsahara Afrika kaum vorhanden. Frauen in Haft – ein Anstieg von 50 Prozent Seit dem Jahr 2000 stieg die Gesamtzahl von Menschen in Haft um 20 %. Während dieses Zeitraums stieg der 4
www.jes-bundesverband.de topthema Quelle: Global HR Report 2018 Quelle: Global HR Report 2018 Substitutionsbehandlung Der Anstieg von Drogentodesfällen und die Rolle Die Anzahl der Länder, in denen OST verfügbar ist, ist seit 2016 von Naloxon von 80 auf 86 gestiegen. Die Länder, die OST seit 2016 eingeführt In vielen Regionen der Welt, wurde in den letzten Jahren ein An- oder wieder eingeführt haben sind die Elfenbeinküste und San- stieg von Todesfällen infolge von Überdosierungen verzeichnet. sibar. Ebenso steht Opioidkonsumen*innen in Bahrain, Kuwait Die vereinigten Staaten verzeichnen aktuell den schnellsten und Palästina sowie in Argentinien und Costa Rica nun das An- und höchsten Anstieg von Drogentodesfällen von 21,4 % in 2015 gebot der Substitution zur Verfügung. Leider bleibt OST in einer auf 2016. Auch in Kanada gibt es dramatische Entwicklungen in Reihe von Ländern nicht verfügbar. Besonders dramatisch ent- Bezug auf Opioid bedingte Todesfälle. So standen 81 % aller Dro- wickelt sich die Situation seit Jahren in Russland wo OST gesetz- gentodesfälle in Verbindung mit dem Konsum von Fentanyl. lich verboten ist. Dort, wo OST verfügbar ist, ist Methadon weiterhin die am Nach Angaben der WHO verstarben häufigsten verschriebene Substanz, gefolgt von Buprenorphin. In Ozeanien und Westeuropa verzeichnen Kombinationspräparate im Jahr 2016 weltweit 452.000 Men- von Buprenorphine-Naloxon eine Zunahme. Die heroingestütz- schen aufgrund des Drogengebrauchs te Behandlung ist trotz außergewöhnlicher Behandlungsergeb- bzw. durch Folgen der Prohibition. nisse derzeit nur in sieben Ländern verfügbar. Dies sind Belgien, Kanada, Dänemark, Deutschland, die Niederlande, Schweiz und Großbritannien. 76 % von 167.750 Todesfällen, die als direkte Folge des Drogenkonsums Drogenkonsumräume – nur in drei Regionen gewertet werden, sind Opioid bedingt. verfügbar Die Wirksamkeit von Drogenkonsumräumen als Angebot zur Vermeidung von HIV- und Hepatitis-Infektionen sowie von Dro- gentodesfällen ist wissenschaftlich unbestritten. Mittlerweile gibt es Drogenkonsumräume in elf Ländern der Welt. Belgien hat 2018 seine erste Einrichtung eingerichtet. Australien, Ka- nada, Frankreich, Spanien, die Schweiz und Norwegen haben seit 2016 auch neue Standorte eröffnet, wobei voraussichtlich mindestens drei weitere Länder (Irland, Mexiko und Portugal) im Jahr 2019 neue DKR eröffnen werden. Zum Zeitpunkt der Berichterstellung waren 117 Standorte in Betrieb, verglichen mit 90 im Jahr 2016. Der Anstieg seit 2016 ist hauptsächlich auf die Eröffnung von 24 neuen Standorten in Kanada zurück- zuführen. Während DKR über viele Jahre durch den intravenö- sen Konsum dominiert wurden, gibt es in Deutschland und den Niederlanden Einrichtungen in denen vorrangig inhalativ kon- Quelle: World Drug Report 2018 sumiert wird. 5
topthema DROGENKURIER en. Take-home Naloxon Programme sind in Deutschland, Frank- reich, Irland und Spanien vorhanden. Große Lücken in der Finanzierung für Harm Reduktion Maßnahmen Eine Untersuchung von HRI im Jahr 2018 ergab, dass sich ins besondere die Finanzierung von HR Maßnahmen in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen in einer starken Krise befindet. Also dort, wo die HIV- und HCV-Prävalenzen am höchs- ten sind und die Länder selbst ihre Finanzmittel anders einset- zen oder keine ausreichenden Staatsfinanzen zur Verfügung Quelle: Global HR Report 2018 stehen. Im Jahr 2016 wurden 188 Millionen US-Dollar für Harm Re- duktion Programme bereitgestellt. Dies ist dieselbe Summe Naloxon als hochwirksames Medikament gegen Opioid be- wie 10 Jahre zuvor. UNAIDS schätzt, dass dies nur 13 Prozent dingte Überdosierungen ist dort besonders wirksam, wo der Zu- der ca. 1,5 Milliarden Dollar sind, die jährlich bis 2020 zur Ver- gang einfach ist und sogenannte Take Home Programme imple- fügung stehen müssten, um die Prävalenz von HIV in der Grup- mentiert wurden. Wissenschaftler publizierten Daten, wonach pe der intravenös Drogen konsumierenden nachhaltig zu re- in 83 % bis 100 % der Fälle, sich die Gabe von Naloxon als lebens- duzieren. rettend erwies. Hierbei wurde deutlich, dass die Anwendung Aber auch die Nationalstaaten müssen die Ausgaben im Be- durch medizinische Laien wie andere Drogengebraucher*innen, reich Drogen kritisch evaluieren. Eine Modellrechnung für das Verwandte, Freunde überaus effektiv war. Jahr 2016 ergab, dass eine Reduktion der Mittel für Verfolgung Auch in Westeuropa stieg die Anzahl von Drogentodesfällen. und Kriminalisierung um 10 % zugunsten von Maßnahmen der In 84 % aller Drogentodesfälle spielen Opioide eine Rolle. Schadensminderung, zu einer Verringerung der HIV-Neuinfekti- Leider sind Deutschland, Großbritannien und die Türkei für onen von 94 % unter i.v. Drogenkonsument*innen bis 2030 füh- insgesamt 2/3 aller Opioid bedingten Todesfälle in Europa ver- ren würde. antwortlich. Für den Fall einer Fortführung dieser Unterfinanzierung von So war in Großbritannien zwischen 2012 und 2017 ein 101 %iger Maßnahmen im Bereich Harm Reduktion, wird das Ziel der WHO Anstieg von Opioid bedingten Todesfällen zu verzeichnen. Ein „End AIDS by 2030“ in der Gruppe der Drogenkonsument*innen trauriger Rekord. Peer gestützte Naloxon Programme findet man deutlich verfehlt. ■ aktuell nur in Dänemark, Italien, Norwegen und Großbritanni- Dirk Schäffer kurz notiert Neue Webseite von Correlation, dem europäischen Harm Reduktion Netzwerk Correlation, das Europäisches tungen aus ganz Europa. Als Netzwerk für soziale Einglie- Netzwerk arbeitet Correlation derung und Gesundheit, wurde mit Partnern und politischen 2004 in Amsterdam (Niederlan- Entscheidungsträgern auf loka- de) als europäisches Netzwerk ler, nationaler und europäischer der Zivilgesellschaft und Kom- Ebene zusammen. petenzzentrum für Drogenmiss- In Deutschland bilden die Deut- brauch, Schadensminderung und soziale Eingliederung sche Aidshilfe und Fixpunkt die beiden Focal Points. gegründet. Seitdem hat sich Correlation zu einem Netzwerk aus Praxis, Forschung und Politik entwickelt. ▶ Unter http://www.correlation-net.org/ findet ihr die Ihre Arbeit verbindet Einrichtungen zur Schadensmi- neue Webseite von Correlation. Schaut euch die Ziele nimierung, Basisorganisationen, gemeindebasierte von Correlation an und werdet als Person oder Orga- Dienste, Forschungsinstitute und Gesundheitseinrich- nisation Mitglied. Diese Mitgliedschaft ist kostenlos. 6
www.jes-bundesverband.de topthema Zürcher FDP will harte und weiche Drogen legalisieren „Kokain können wir auch in der Schweiz anbauen“ Kokain aus der Drogerie: Die Zürcher FDP folgt den Basler Freisinnigen und fordert eine „zeitgemäße Drogenpolitik“. Die Repression sei gescheitert, jetzt müsse die Wirtschaft Produktion und Handel in die Hand nehmen – und der Staat kontrolliert. Die Jungfreisinnigen um Präsident Thomas Juch fordern eben- seit Jahren persönlich davon überzeugt, dass die Schweiz Koka- so einen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik. FDP-Bundes- in legalisieren sollte. Jetzt machen seine Zürcher Parteikollegen rat Ignazio Cassis (57) ist persönlich davon überzeugt, dass die ernst: „Wir müssen die regulierte Legalisierung von Cannabis, regulierte Legalisierung von Drogen der richtige Weg wäre. Der aber auch harter Drogen wie Kokain und Heroin vorantreiben“, Arzt arbeitete als Student am Platzspitz in Zürich mit Drogenab- sagt Severin Pflüger (40), Präsident der Stadtzürcher FDP. hängigen. Mit Kokain werden auf dem Schwarzmarkt weltweit Die heutige Drogenpolitik der Repression sei gescheitert. Milliarden umgesetzt. Wenn es nach der FDP ginge, soll dies der Man werde der Drogen nicht Herr, indem man sie verbiete. „Wir Schweiz künftig Steuern in die Kasse spülen. Durch die Legalisie- kämpfen gegen Windmühlen, geben Unsummen für Polizisten, rung werde der Schwarzmarkt ausgetrocknet. Ignazio Cassis ist Staatsanwälte und Gefängnisse aus“, ist Pflüger überzeugt. Foto: wikipedia.org Foto http://www.severinpflueger.ch/ 52 Fingerlinge fanden die Walliser Behörden 2017 im Magen einer Schmugglerin (21). Das Ko- kain wog 734 Gramm, das entspricht einem Stra- ßenwert von 70.000 Franken Ignazio Cassis, FDP-Bundesrat Severin Pflüger, Präsident der Zürcher FDP 7
topthema DROGENKURIER Auch Basler FDP fordert legales Kokain Kommentar von Dirk Schäffer Zudem würden Konsumenten durch gestrecktes Kokain, hochgezüchtetes Cannabis oder verunreinigtes Heroin ihre Deutsche Aidshilfe Gesundheit schädigen. „Und das finanzieren wir am Ende, wenn die Leute schon krank sind, mit unserem Gesundheits- „Ich sehe Kopfschütteln und spüre allgemeine Ablehnung“ system.“ Als ich von der Initiative einiger Schweizer Politiker*innen erfuhr, Pflüger arbeitet in einer Arbeitsgruppe Szenarien der Le- war ich überrascht und erfreut. Wie so oft ist uns die Schweiz mal galisierung aus. Und er ist nicht allein: Auch die Basler FDP wieder eine Nasenlänge voraus. Dies ist nicht neu. Fantastisch, wie forderte bereits legales Koks. „Ich kann mir gut vorstellen, nüchtern und fachlich die Schweizer Politiker*innen die Diskussi- Drogen rezeptfrei in Drogerien zu verkaufen“, so Pflüger. on um eine grundlegend veränderte Drogenpolitik angehen. Keine Dort habe es die nötigen Strukturen, um – wie bei Alkohol Spur von Moralin, sondern eine glasklare Analyse der schädlichen oder Tabak – den Jugendschutz sicherzustellen. „Zudem er- Folgen der Prohibition. Natürlich wird eine Forderung nach einer reicht man dadurch Konsumenten direkt und kann auch regulierten Vergabe von Heroin und Kokain neben Cannabis für durch Prävention verhindern, dass aus gelegentlichen Kon- viel Unverständnis oder Kopfschütteln sorgen, aber es gilt auch in sumenten Süchtige werden.“ Deutschland mit klaren Argumenten eine Versachlichung der De- batte herbeizuführen. Schweizer Bauern sollen Kokablätter „Eine staatliche Vergabe, das einzige Mittel gegen Schwarz- kultivieren markt und Drogentod“ Doch woher soll der Rohstoff für legale Drogen wie Kokain Demgegenüber sehen wir uns in Deutschland bereits bei der Dis- stammen? Schließlich ist die Herstellung in Mittelamerika kussion um eine Legalisierung von Cannabis durch eine regulierte von Drogenkartellen beherrscht, die den Staat unterwandern staatliche Vergabe fortwährend mit den immer gleichen und fal- und für riesiges Leid sorgen. Pflüger ist überzeugt: „Kokablät- schen Argumenten konfrontiert. ter können wir auch in der Schweiz anbauen und das Kokain Noch bei der Vorstellung ihres Drogenberichts hat Frau Mortler hier produzieren. Die klimatischen Bedingungen lassen sich wieder energisch vor Legalisierung und Verharmlosung des Can- im Gewächshaus simulieren.“ Zudem gebe es die Möglich- nabiskonsums gewarnt. Sie erklärte, dass das Kiffen wegen des ge- keit, Kokain synthetisch herzustellen. stiegenen Wirkstoffgehalts viel gefährlicher geworden ist, als noch Die Kokablätter anbauen sollen die Schweizer Bauern, ver- vor zwei Jahrzehnten. kaufen sollen den Stoff die Schweizer Apotheker. „Der Staat „Frau Mortler will, kann oder darf das Prinzip der Legalisie- muss dann die Herstellung und den Verkauf regulieren und rung nicht verstehen.“ beaufsichtigen“, sagt Pflüger. Konsumiert würden Drogen Deutschland versucht seit den 70er Jahren durch ein Totalverbot den sowieso. „So trocknen wir den Schwarzmarkt aus und spa- Konsum von psychoaktiven Substanzen zu verbieten, dies ohne jeg- ren viele Steuerfranken.“ lichen Erfolg. Der Schwarzmarkt blüht, die Konsument*innenzahlen verringern sich nicht und dies trotz Geld- und Gefängnisstrafen. Die Jungfreisinnigen wollen allgemeine Die Anzahl der psychoaktiven Substanzen nimmt stetig zu und die Drogenlegalisierung Zahl drogenbedingter Todesfälle ist in den letzten Jahren stark an- „Als Familienvater habe ich keine Angst, dass Drogen von er- gestiegen. wachsenen Menschen konsumiert werden. Ich habe Angst Ich will einmal den Versuch wagen, mich mit dem Argument der vor den Dealern und allem, was der Schwarzmarkt mit sich Drogenbeauftragten gegen eine Cannabislegalisierung auseinan- bringt.“ Doch verkaufe die Drogerie im Quartier Kokain, wäre derzusetzen. Sie sagt, das Kiffen sei wegen des gestiegenen Wirk- diese Angst unberechtigt. stoffgehalts viel gefährlicher geworden. Sie hat nicht ganz unrecht. Pflügers Ziel: Die FDP Schweiz vom Zürcher- und Basler Der THC Gehalt in illegal hergestelltem Cannabis hat stark zuge- Kurs überzeugen. Die Legalisierung soll dereinst ins Par- nommen. Sie zieht aber die völlig falschen Schlüsse. Einzig ein teiprogramm aufgenommen werden. Das fordern auch die regulierter und legaler Anbau auf vom Staat lizensierten und kon- Jungfreisinnigen um Präsident Thomas Juch. trollierten Anbauflächen in Deutschland bietet die Möglichkeit Und wie steht Petra Gössi (42), Parteipräsidentin der FDP Züchtungen zu ermöglichen, in denen der THC, CBN und CBD Ge- Schweiz, zum Thema? „Ich bin offen für Maßnahmen, die halt in einem anderen Verhältnis stehen. nachweislich das Drogen-Elend lindern können. Aber ich bin „Nur durch die Übernahme staatlicher Verantwortung jenseits gegen eine unkontrollierte Liberalisierung von harten Dro- der Prohibition werden wir die negativen Auswirkungen des gen“, so die Schwyzerin. ■ Schwarzmarkts zurückdrängen.“ Stattdessen setzt Frau Mortler weiter auf bewährte und erfolg- Blick, Schweiz 12.01.2019 lose Strategien des Drogenverbots, der Strafandrohung und des Cinzia Venafro, Politik-Redakteurin 8
www.jes-bundesverband.de topthema Schwarzmarkts. Niemand wird in Abrede stellen, dass der seit den Man könnte über eine besondere Beratung von Erstkonsument*innen 70ger Jahren verfolgte Weg in eine Sackgasse geführt hat und kei- nachdenken- natürlich mit Mengen- bzw. Wirkstoffbegrenzungen. nes der Ziele erreicht wurde. Es ist vielleicht etwas gewagt, die Ähnlich wie bei der Diamorphinbehandlung könnte man dafür Strategien in der Drogenpolitik mit denen der freien Wirtschaft zu Sorge tragen, dass bei Erstkonsument*innen der Konsumvorgang vergleichen. Ich will dies hier dennoch einmal tun. Würde ein Un- im DRUG STORE in dafür vorgesehenen Räumen stattfinden kann. ternehmen der Wirtschaft über viele Jahre mit so wenig Erfolg und Die Einnahmen aus dem Verkauf könnten wiederum für den Anbau, fehlenden positiven Entwicklungen planen, wäre dieses Unterneh- die Ausbildung von Fachverkäufer*innen und die Prävention einge- men bereits nach kurzer Zeit insolvent und die Manager*innen wür- setzt werden. den ausgewechselt. Einzig und allein in der Drogenpolitik scheint es „Um Menschen ein Leben mit legalen Räuschen zu ermögli- möglich über viele Jahrzehnte an völlig erfolglosen Strategien fest- chen“ zuhalten und ein einfaches „weiter so“ zu propagieren. Viele werden nun denken „warum dies alles, sollten wir nicht viel- „Auch in der Drogenarbeit gibt es viele Skeptiker*innen“ mehr dafür sorgen, dass Menschen ohne Drogen leben können?“ Selbstverständlich profitiert die Politik davon, dass es auch inner- Meine einfache Antwort auf die Frage ist, dass es immer Millionen halb der Drogenhilfe viele Mitarbeiter*innen gibt, die einem wirk- Menschen geben wird, die in ihrem Leben Rausch erleben wollen lichen Kurswechsel skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. und auf die angenehme Wirkung von Opioiden, Kokain, Cannabis Vielleicht liegt dies an uns selbst, dass wir unsere Vorstellungen und vielen anderen Substanzen nicht verzichten wollen. Der einzig einer grundlegend veränderten Drogenpolitik nicht klar genug aber elementare Unterschied wäre, dass sie diesen Wunsch unter kommuniziert haben. legalen und sicheren Bedingungen realisieren könnten. „Unsere Legalisierung geht mit einer Vielzahl von Regulari- „Drogenhilfe wird es weiter geben“ en einher“ Das aktuell größte Problem ist sicherlich, dass die verschiedenen Vielleicht haben wir zu lange von „Legalisierung“ gesprochen und Akteure in der Drogenhilfe nicht an einem Strang ziehen, sondern nicht deutlich genug gemacht, dass es eigentlich um die Übernah- das Fortbestehen bzw. den Ausbau ihrer Angebote im Blick haben. me staatlicher Verantwortung geht. Verantwortung in Bezug auf Dies ist nicht verwerflich, aber diese Haltung macht es den verant- Anbauflächen, Herstellung, Verkauf und Jugendschutz. Es soll kei- wortlichen Politiker*innen sehr einfach. Sie lehnen sich zurück und nesfalls so sein, dass Drogen überall erhältlich sind. Denn dies ist ja denken, die sind sich ja selbst nicht einig über den einzuschlagen- aktuell unter den Bedingungen der Prohibition der Fall. den Weg. Im Sinne der Betroffenen müssen wir Eigeninteressen in Selbstverständlich wird der von uns vorgeschlagene Weg nicht alle den Hintergrund stellen, denn ich bin der festen Überzeugung, dass vorhandenen Probleme lösen. Es wird auch weiterhin Menschen es auch nach einem Kurswechsel in Richtung Legalisierung Ange- geben, die abhängige Konsummuster aufweisen, die andere Ap- bote wie Drogenberatung, Prävention, Entgiftungen und Reha be- plikationsformen als empfohlen wählen, die sich zudem über den darf. Denn auch mit einem Kurswechsel in Richtung eines legalen Schwarzmarkt bedienen und die an Überdosierungen versterben. aber regulierten Zugangs zu potenten psychoaktiven Substanzen Der von JES, Akzept und der Deutschen AIDS Hilfe vorgeschlagene wird es weiter Abhängigkeitserkrankungen geben und das heute Weg würde aber den Versuch starten, den heute völlig unregulier- existente Hilfesystem wird in dieser Form fortbestehen. ten Markt in geordnete Bahnen zu lenken. „Das Problem der Cannabislegalisierung“ „Regulierte Legalisierung – ein Ideenpool“ JES und viele andere unterstützen die Hanfparade und andere Jeder Konsument wüsste über den Wirkstoffgehalt der erworbenen Events, um auf die Notwendigkeit eines Kurswechsels aufmerksam Substanzen bescheid. Niemand müsste mehr Angst vor schädlichen zu machen. Leider beruht diese Unterstützung nicht auf Gegensei- Streckstoffen haben. Der Kauf von Heroin oder Kokain würde über tigkeit, denn viele Cannabisuser distanzieren sich von Heroin- und ausgebildete Fachverkäufer*innen ablaufen, die Kund*innen über Kokainkonsumenten und stehen auch Forderungen einer Legalisie- Wirkung und Konsumformen beraten könnten. Der Zugang zu sol- rung z. B. im Rahmen der Hanfparade ablehnend gegenüber. Durch chen Drug Stores wäre nur für Erwachsene möglich. Beim Erwerb die Fokussierung einzig auf die Legalisierung von Cannabis rückt von Cannabis könnte man über ein Alter von 16 Jahren nachdenken. meiner Ansicht nach, eine Legalisierung von anderen Substanzen Selbstverständlich würde es Cannabis, Heroin und Kokain nicht um- in immer weitere Ferne. Stattdessen sollten sich Konsument*innen sonst geben. Allerdings lägen die Preise auf einem anderen Niveau von heute illegalen Substanzen für einen umfassenden Kurswech- als heute. So wäre es möglich, die Beschaffungskriminalität deut- sel einsetzen- egal um welche Substanz es geht oder ob man selbst lich einzudämmen. Man könnte über Mengenbegrenzungen pro diese oder jene Substanz konsumiert. Wir sollten über eine Großde- Tag sprechen, um Überdosierungen zu reduzieren. Natürlich wäre mo nachdenken, die die Legalisierung aller Substanzen zum Ziel hat. es mit einem anonymen Zugang vorbei, denn es müsste einen bun- Eine solche Veranstaltung mit einigen tausend Teilnehmer*innen desweites Datenpool geben, damit der/die Fachverkäufer*in auch würde für ein entsprechendes Medienecho sorgen und ein Signal über Dosis und Art der Substanz informiert ist. der Einheit setzen! 9
leben mit drogen DROGENKURIER KV Bayerns schafft neue Fördermöglichkeiten für Methadonsubstitution Die Kassenärztliche Verei- Foto: privat nigung Bayerns (KVB) hat ein Konzept erarbeitet, um mehr Ärzte für die verant- wortungsvolle Tätigkeit der Substitutionstherapie zu ge- winnen. Ärzte, die eine me- thadongestützte Behandlung opioidabhängiger Patienten übernehmen, sollen beson- ders gefördert werden. Substitution muss auch hier möglich sein „Oftmals wird es suchtkranken Menschen Opioidabhängiger auszurichten. Mithil- JES-Kommentar erst durch die Substitutionsbehandlung fe eines finanziellen Zuschusses können wieder ermöglicht, ein geregeltes Leben damit beispielsweise die entsprechende Dies ist eine wunderbare Lösung, dass die zu führen. Die Behandlung kommt damit Praxisausstattung angeschafft oder ei- KV Bayern bereit ist Mediziner*innen, die sich erstmals oder wieder für die Opioid- nicht nur den Patienten selbst, sondern gene Methadon-Sprechstunden angebo- substitution interessieren einen kleinen auch der Gesellschaft insgesamt zugute“, ten werden. finanziellen Anreiz bieten. Fakt ist, dass betonte der Vorstand der KVB, Wolfgang Dafür erhalten Ärzte, die die substitu- gerade in Bayern, ausserhalb Münchens Krombholz, Pedro Schmelz und Claudia tionsgestützte Behandlung Suchtkran- bzw. ausserhalb der größeren Orte, die Zahl Ritter-Rupp. ker durchführen, einmalig 2.500 Euro im der substituierenden Ärzte dramatisch ge- Die Vertreterversammlung der KVB Rahmen einer Basisförderung. Aber auch ring ist. Viele substituierte Patient*innen hatte bereits im November zusätzliche für die entsprechende Behandlungsleis- nehmen weite Weg in Kauf, um zu ihren Fördermöglichkeiten beschlossen, um tung im Konsiliarverfahren ist ein Zu- Ärzten zu kommen. Daher ist insbesondere Ärzte zu motivieren, die Behandlung schuss von einmalig 1.000 Euro möglich. die Ansiedlung von Mediziner*innen aus- suchtkranker Patienten zu übernehmen. Profitieren können nicht nur Ärzte, die serhalb der Großstädte erforderlich. Bislang bezuschusst die KVB bereits die neu an der substitutionsgestützten Be- Wie dramatisch die Situation sein kann, Zusatzweiterbildung „Suchtmedizinische handlung teilnehmen möchten, sondern zeigt auch der Beitrag von Benedict Werm- Grundversorgung“, die Voraussetzung auch Wiedereinsteiger. ■ ter, der soeben im magazin.hiv veröffent- für die eigenständige Durchführung ei- licht wurde. Wermter zeigt Beispiele, bei ner Substitutionstherapie ist, mit einma- Ärzteblatt, 17.12.2018 denen es durch die Schließung von Substi- tutionspraxen zu Drogentodesfällen kam, lig bis zu 1.500 Euro. Künftig unterstützt da Patient*innen auf Fentanyl umgestie- die KVB ihre Mitglieder nun auch dabei, ▶ Den ersten Teil des Beitrags findet gen sind. ihre Praxis speziell auf die Behandlung ihr hier: https://bit.ly/2U5LcjZ 10
www.jes-bundesverband.de leben mit drogen DEINE THERAPIE IST EINSTELLUNGSSACHE Sprich mit deinem Arzt über deine Dosierung, bevor der Suchtdruck zu stark wird. Mit der richtigen Einstellung leben. 11
leben mit drogen DROGENKURIER Die Kosten der Cannabis- Prohibition in Deutschland Eine Studie im Auftrag des Deutschen Hanfverbands Foto: hanfverband.de Global Marijuana March 2016 Durch eine Prohibition Cannabis ist die mit Abstand am wei- sind keine lich sind und somit auch kein Einfluss testen verbreitete illegale Substanz in Qualitätskontrollen auf einen möglichst wenig gesundheits- Deutschland. Weltweit ist ein zuneh- schädlichen Konsum genommen werden mender Trend hin zur Legalisierung von möglich kann. Cannabis und einer streng regulierten Der zunehmende Trend hin zur Le- Abgabe zu beobachten. Kanada hat als nerhalb der Politik ein kontrovers disku- galisierung sowie die verstärkte politi- erste Industrienation zum 17.10.2018 den tiertes Thema dar. Befürworter sehen ein sche Aufmerksamkeit für dieses Thema Anbau, Handel und Konsum für Genuss- Hauptargument für eine Legalisierung verdeutlicht, dass nach Alternativen zur zwecke legalisiert. In den USA wurde darin, dass die gegenwärtig in den meis- Prohibitionspolitik gesucht wird. Zurück- Cannabis in bereits neun Bundesstaaten ten Ländern praktizierte Prohibition kos- zuführen ist dies sicherlich auf die Er- legalisiert. Uruguay und die Niederlande tenintensiv und wenig effektiv ist und kenntnis, dass die Prohibitionspolitik we- sind weitere Beispiele für zumindest teil- das damit beabsichtigte Ziel der Eindäm- nig effektiv ist, obwohl sie auf staatlicher weise legalisierte Cannabismärkte. mung des Konsums nicht erreicht. Seite erhebliche Kosten verursacht. Eine Die Legalisierung von Cannabis stellt Hinzu kommt, dass durch eine Prohi- Legalisierung von Cannabis führt auf Sei- sowohl in der Öffentlichkeit als auch in- bition keinerlei Qualitätskontrollen mög- te des Staates nicht nur zu einer Einspa- 12
www.jes-bundesverband.de leben mit drogen rung dieser Kosten, sondern eröffnet dem rung des Cannabismarktes neue, legale und Sozialversicherungsbeiträgen führt, Staat eine neue Quelle für Steuereinnah- Arbeitsplätze entstehen, was wiederum wie sich an bereits legalisierten Staaten men. So führt eine regulierte legale Abga- zu zusätzlichen Lohnsteuereinnahmen in den USA oder auch an den Niederlan- be von Cannabis beispielsweise zu einem den zeigt. Auch die im Zusammenhang zusätzlichen Umsatzsteueraufkommen. mit der Drogenkriminalität verursach- Eine auf den Konsum zu entrichtende Legalisierung ten Kosten können weitgehend vermie- Cannabissteuer, kann weitere Haushalts- eröffnet dem Staat den werden. Die zusätzlichen Einnahmen mittel einbringen. Außerdem ist davon und eingesparten Kosten, die durch eine auszugehen, dass durch die Legalisie- eine neue Quelle für Legalisierung von Cannabis realisiert Steuereinnahmen kurz notiert brechen und für eine Öffnung der Can- Foto wikipedia nabis-Politik stimmen, könnte sich, SPD zögert in ähnlich wie bei Debatte um die Ehe für alle, auch eine Mehrheit an der Union Cannabisdebatte vorbei ergeben. Ob die SPD für das Thema Cannabis-Legalisierung die Ko- Eigentlich sollte es ein Weihnachtsge- alitionstreue bricht und somit einen schenk für Legalisierungsbefürworter Konflikt mit der Union hervorruft, ist je- werden: Die SPD-Bundestagsfraktion doch fraglich. wollte bis Ende Dezember 2018 einen Beschluss zu Cannabis fassen. Wie entscheidet sich die SPD? Die AG Gesundheit der SPD-Bundes- Zuvor hatte sich die AG Gesundheit der tagsfraktion hatte sich Anfang No- SPD-Bundestagsfraktion für Cannabis- vember 2018 für Modellprojekte ausgesprochen. Außerdem Modellprojekte ausgesprochen. Doch die Beschlussfassung schlugen die Gesundheitspolitiker vor, den Besitz kleiner auf Fraktionsebene hat sich verschoben – auf wann ist der- Mengen Cannabis künftig nicht mehr strafrechtlich zu verfol- zeit unklar. Die Sozialdemokraten könnten bei einer Abstim- gen, sondern als Ordnungswidrigkeit zu behandeln. Da Can- mung über die Cannabisfrage den Ausschlag geben. nabis-Modellprojekte Gegenstand des FDP-Antrags sind, Ein Jahr ist vergangen, seitdem die Oppositionsfraktionen gehören diese – sollte es zu einer Lockerung der Cannabis- Grüne, Linke und FDP ihre Anträge zur Lockerung der Can- Prohibition kommen – zu den wahrscheinlichsten Szenarien. nabis-Prohibition in den Bundestag eingebracht haben. Die drei Parteien verfolgen dabei unterschiedliche Ansätze. Haltung der Fraktionsspitze unklar Grüne und Linke signalisierten im Falle einer Abstimmung al- Eigentlich wurde eine Positionierung auf Fraktionsebene lerdings, den Vorschlägen der anderen Fraktionen zuzustim- schon vor Weihnachten 2018 erwartet. Der drogenpolitische men. Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Heidenblut, hatte dies auf der Konferenz des Deutschen Hanfverbandes Bei der FDP, die ihrerseits für wissenschaftliche Modellpro- zwar angekündigt. Doch nach Informationen von DAZ. On- jekte zur kontrollierten Abgabe plädiert, scheint dies nach line hat sich die Beschlussfassung verschoben – ein neuer Informationen von DAZ. Online nicht der Fall zu sein. Die Li- Termin ist derzeit nicht bekannt. beralen halten derzeit weder das Cannabiskontrollgesetz der Grünen noch den Vorschlag zur Entkriminalisierung der Lin- Woran liegt dies? Auffällig ist, dass sich bislang zwar die ken für den geeigneten Weg. Union und AfD standen einer Fachpolitiker, jedoch noch nicht die SPD-Fraktionsspitze öf- Legalisierung – bis auf vereinzelte Signale der Öffnung bei fentlich zu Cannabis geäußert hat. Der frühere Parteivorsit- der Union – bislang ablehnend gegenüber. zende Martin Schulz war aus persönlichen Gründen zwar gegen die Cannabis-Legalisierung, hatte sich im Wahlkampf jedoch für eine Abstimmung ohne Fraktionszwang ausge- SPD als Zünglein an der Waage sprochen. Eine entscheidende Rolle könnte daher die Haltung der So- zialdemokraten spielen. Würde die SPD ihre Koalitionstreue DAZ Online 19.01.2019 Dr. Bettina Jung, 13
leben mit drogen DROGENKURIER kurz notiert Steuerart Einnahmen/ Einsparungen in Euro JES-NRW Cannabis-Steuer 650.000.000 mit neuem Umsatzsteuer Gewerbesteuer 403.750.000 25.673.390 Flyer und Körperschaftssteuer 87.391.500 neuem Logo Lohnsteuer 145.182.755 Sozialversicherungsaufkommen 279.535.699 Eingesparte Polizeikosten 1.077.070.230 Justiz (Gerichte, Staatsanwaltschaften, Keine Berechnung Justizvollzug) möglich Gesamt 2.668.603.574 werden, könnten wiederum sinnvoll in sich insgesamt auf rund 1,3 Mrd. Euro be- eine verstärkte Aufklärung und Sucht- laufen. Das Steueraufkommen teilt sich prävention investiert werden. auf eine Cannabis-Steuer (650 Mio. Euro), Steuereinnahmen durch Legalisierung ähnlich einer Alkohol- oder Tabaksteuer, ermitteln und Kosten der Prohibition auf- eine Umsatzsteuer (403,7 Mio. Euro), Ge- zuzeigen werbe- und Körperschaftsteuer (113 Mio. Für Deutschland gibt es bisher kei- Euro) sowie eine Lohnsteuer (145,2 Mio. ne Schätzungen über das Steuerauf- Euro) auf. Zusätzlich wurde das Sozialver- kommen, wie die Antwort der Bundes- sicherungsaufkommen (279,5 Mio. Euro) regierung auf eine kleine Anfrage im geschätzt. Im Rahmen der Rechtsdurch- Bundestag 2017 gezeigt hat. Laut Bun- setzung lässt sich lediglich eine Grö- desregierung liegen weder Informatio- ßenordnung für die bei der Polizei durch nen über die Kosten für Bund und Länder eine Legalisierung eingesparten Kosten vor, die in den Jahren 2015 bis 2017 durch ermitteln (1,1 Mrd. Euro). Richtigerwei- die Verfolgung von Straftaten im Zusam- se müssten zur Beurteilung der gesam- menhang mit Cannabisdelikten entstan- ten Rechtsdurchsetzungskosten noch die den sind, noch über die Größenordnung Kosten der Staatsanwaltschaft und der von Steuereinnahmen und Gebühren im Gerichte hinzugerechnet werden. Dies ist Falle einer Legalisierung von Cannabis. aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit JES-NRW unser Landesver- Ziel der Studie ist es deshalb, die mögli- belastbarer Daten jedoch nicht möglich. band zeigt sich im neuen chen Steuereinnahmen zu ermitteln, die Die ermittelten 1,1 Mrd. Euro an einge- Gewand. Neben einem neuen durch eine Legalisierung realisiert wer- sparten Kosten im Rahmen der Rechts- Logo, hat JES-NRW auch einen den könnten und diese zu quantifizieren durchsetzung spiegeln damit nur eine neuen Flyer erarbeitet, der die sowie die Kosten der Prohibition aufzu- konservative Untergrenze wider. Arbeit von JES-NRW kurz und prägnant vorstellt. zeigen und zu quantifizieren. Insgesamt ergibt sich ein Betrag von 2,66 Mrd. Euro, der durch eine Legalisie- Alles weitere zu JES-NRW Zahlen, Daten Fakten rung von Cannabis eingenommen wer- erfahrt ihr auf der Homepage Hierzu wurde in der vorliegenden Studie den kann, einerseits durch Steuereinnah- www.jes-nrw.de zunächst ein anzunehmender Gesamt- men und andererseits durch eingesparte bedarf an Cannabis für Deutschland von Ausgaben. ■ 250 Tonnen für das Jahr 2016 geschätzt. Quelle: DHV, November 2018 Auf Basis dieses Gesamtbedarfs wur- den Steuereinnahmen für einzelne Steu- ▶ Die gesamte Studie findet ihr eraufkommensarten berechnet, welche unter https://bit.ly/2r3xb9N 14
www.jes-bundesverband.de leben mit drogen Suchtmedizin Hexal Vielfältig. Persönlich. Für Sie. www.hexal.de 15
leben mit drogen DROGENKURIER CheckPoint-C – Die Crystal-App Die Crystal App soll Crystal-Konsumierende in ihrem Konsumalltag begleiten, ohne sie aus ihrer Anonymität zu zwingen Das kann die App: tätsbezug und helfen, einen besseren • CheckPoint-C ist eine Navigationshilfe Blick auf sich selbst zu bekommen. für den Konsumalltag mit Crystal Meth. • Die Substanzinformationen und das Die App bietet die Möglichkeit, den Lexikon halten einen umfangreicher Konsumalltag zu planen und einzu- Fundus an Inhalten bereit, rund um schätzen sowie das eigene Konsumver- die Substanz Crystal, deren Wirkungs- halten zu reflektieren. Darüber hinaus weise, Konsumformen, – gründe, enthält sie viele Informationen für An- möglichen Kurz- und Langzeitneben- gehörige und Interessierte, um sich zu wirkungen, vielen Tipps zu Safer-Use Konsum und Substanz vorurteilsfrei und dem Umgang mit Risikofaktoren und qualifiziert weiterzubilden. (Risikomanagement). • In der App enthalten sind ein Konsum- • Darüber hinaus bietet die App hilfrei- tagebuch, welches dabei helfen kann, che Tipps zur Kontrolle des eigenen das eigene, individuelle Konsummus- Konsums und unterstützt eine wert- ter zu reflektieren. Weiterhin bietet neutrale Aufklärung von Konsumen- verhindert, dass ungewollt Informatio- ein Teil der App die nötigen Erste-Hil- tInnen und deren Angehörigen. nen eingesehen werden können. Wei- fe-Grundlagen, um in einem Drogen- terhin erhebt, speichert und verarbeitet notfall adäquat reagieren zu können. Ein Wort zur Datensicherheit die App nur die Daten, die im Konsumta- • Die Selbsttests bilden die Basis für Wir legen großen Wert darauf, dass bei gebuch selbst angegeben werden. Diese eine Reflexion über das eigene Selbst- der Nutzung der App die Privatsphäre müssen gespeichert werden, um zu spä- wertgefühl, der Selbstkontrolle, die stets gewahrt bleibt. Die App bietet die teren Zeitpunkten die Konsumereignisse Selbstrealisierung, sowie den Reali- Möglichkeit eines Passwortschutzes, der anzeigen und die passenden Informati- onen darstellen zu können. Die Speiche- rung und Verarbeitung der Daten erfolgt innerhalb der App auf dem Gerät selbst, es werden keine Daten durch die App ver- sendet. Eine Anbindung der App an exter- ne Systeme innerhalb und außerhalb des Smartphones existiert nicht. Die App wurde an der Hochschule Merseburg entwickelt. Die Leitung des Projektes hatte Prof. Gundula Barsch, welche hierfür mit einem Team aus So zialarbeiter*innen, Grafikdesigner*innen und Programmierer*innen zusammenar- beitete. ■ ▶ https://checkpoint-c.de/ 16
www.jes-bundesverband.de leben mit drogen Weniger Beikonsum von Alkohol mit retardiertem Morphin Wenn es eine Substanz gibt, die auch im Rahmen einer von Mundipharma un- Ferner wurden noch nicht publizier- unter substituierten Frauen und Män- terstützten Veranstaltung klar. „Das pri- te Ergebnisse einer noch nicht öffenli- nern für Besorgnis sogt, dann ist dies der märe Behandlungsziel sei heute nicht chen Studie zu SROM (Slow Release Orale hohe Anteil von Substituierten, die Alko- mehr die Abstinenz. Im Vordergrund Morphine) diskutiert. Die Ergebnisse sol- hol konsumieren. Auch unser Ziel als JES- stehe die Sicherstellung des Überlebens, len zeigen, dass der Alkoholkonsum nach Bundesverband ist es, den Konsum der die Besserung des Gesundheitszustan- Umstellung auf retardiertes Morphin bei täglich getrunkenen Menge an Alkohol des sowie die Reduktion des Gebrauchs vielen Patienten zurückgeht. Zudem soll zu reduzieren. Dies nicht, weil wir Alko- weiterer Suchtmittel – vor allem von Al- auch der Konsum von Heroin reduziert hol nicht mögen, sondern ausschließlich, kohol.“ oder gar ganz eingestellt werden. weil Alkohol und Opioide zusammen zu Seiner Meinung nach sei das Trinkver- Wir als JES-Bundesverband freuen uns großen Problemen führen können.Nun halten anders und das Craving schwä- auf die Ergebnisse dieser Studie. Nach all gibt es erste Hinweise darauf, dass unter cher, wenn die Substitution statt mit dem, was uns Patient*innen berichten, einer Opioidsubstitution mit retardier- Methadon mit retardiertem Morphin die mit retardiertem Morphin behandelt tem Morphin Alkohol weitaus weniger (Substitol®) durchgeführt werde. Von werden bzw. auf Morphin umgestellt konsumiert wird, als dies bei anderen den Patienten, die retardiertes Morphin wurden profitieren sie mehr als zuvor Substituten der Fall ist erhalten, trinken etwa 80 Prozent wenig von der Substitution. ■ Norbert Lyonn, ein niedergelassener oder gar nichts, nur 9 Prozent trinken hef- Suchtmediziner in Berlin, stellt das Ziel tig, berichtet Herr Lyonn. JES-Bundesverband kurz notiert Heroin auf Rezept – Sonst wäre ich tot (Video) Heroin auf Rezept gibt es in Deutschland an ins- gesamt zehn Standorten, unter anderem in Köln. In der Nähe des Neumarkt liegt die Kölner Subs- titutionsambulanz vom Gesundheitsamt Köln und der Kölner Drogenhilfe. Ben hat sie für diesen Film besucht und zwei Patienten bei ihrer Dia- morphinvergabe begleitet und sich über das Pro- gramm informiert. Das Video ist im Internet unter folgendem Link verfügbar: https://www.youtube.com/ watch?v=FHIhFyFUlpM Quelle: forum-substitutionspraxis 19.01.2019 Filmszene aus dem Videofilm 17
internationales DROGENKURIER „Frau Mortler for Brussels“ Drogenbeauftragte kandidiert für EU-Parlament auf einem aussichtsreichen sechsten Listenplatz Wir wussten schon immer, dass die ei- sundheit hat und sich voll und ganz mit Foto: Tagesspiegel.de gentliche Fachkompetenz der aktuel- dieser verantwortungsvollen Aufgabe len Drogenbeauftragten eher im Bereich und Position identifiziert? der Landwirtschaft liegt. Viele Beobach- ter der Drogen- und Suchtpolitik waren Hoffnung auf eine neue erstaunt, als bekannt wurde, dass Frau Drogenpolitik? Mortler Bereitschaft signalisierte, für Ach ja, natürlich nährt diese Entwick- eine zweite Amtszeit als Drogenbeauf- lung den Funken Hoffnung vieler Milli- tragte zur Verfügung zu stehen. Ihre Kan- onen Menschen in Deutschland, die der didatur für das EU-Parlament, kommt Meinung sind, dass das seit mehr als 40 daher doch etwas überraschend. Für Jahren praktizierte Modell der Prohibiti- Außenstehende ist die Kandidatur mit- on dringend eines Richtungswechsels be- ten in ihrer zweiten Amtszeit, ein In- Soll man verärgert sein, dass eine darf. diz wo die tatsächlichen Prioritäten von Frau, die das höchste Amt in Sachen Dro- Realistisch scheint ein solcher Rich- Frau Mortler liegen. Sie muss sich sicher gen und Sucht in einem der wichtigs- tungswechsel unter der aktuellen politi- die Frage g efallen lassen, warum sie nach ten Länder in Europa einnimmt, ihre tat- schen Konstellation allerdings nicht. der ersten Legislaturperiode nochmals sächlichen Interessen so deutlich zum Es stellt sich nur die Frage, was Frau für das Amt der Drogenbeauftragten Ausdruck bringt? Oder ist es im Interes- Mortler macht, wenn es trotz eines gu- bereitstand. Nun wird Frau Mortler mit se Drogen gebrauchender Menschen in ten Listenplatzes nicht für das EU-Par- dem Satz zitiert „Unsere heimische Agrar- Deutschland, dass es nun eine Chance lament reicht. Einfach weiter so als Dro- und Ernährungswirtschaft braucht auch gibt, diese wichtige Position mit einem genbeauftragte? Das dürfte wohl kaum in Zukunft eine starke Stimme in Eu Politiker bzw. einer Politikerin zu beset- möglich sein, oder doch? ■ ropa.“ zen, die ihre Kompetenzen im Bereich Ge- Dirk Schäffer kurz notiert Weltkarte der Entkriminalisierung Wolltet ihr schon immer mal wissen wie es mit der Entkriminalisierung in Bolivien oder Südkorea ausschaut? Dann solltet ihr euch die interessan- te Weltkarte von Avinash Tharoor an- schauen. Ihr werdet erstaunt sein in wie vielen Ländern bereits Prozesse der Entkriminalisierung des Besitz- se durch die Politik initiiert wurden. Also nichts wie hin, zu: https://www.talkingdrugs.org/ decriminalisation 18
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internationales DROGENKURIER Mehr Drogentote als Verkehrsopfer in den USA Wir haben in der Vergangen- for Disease Control and Prevention (CDC) Die meisten Zunahmen in sterben täglich 130 Menschen infolge Nebraska und North Carolina heit bereits über die Opioid- einer Überdosis durch Opioide. 38 von 50 Bundesstaaten verzeichneten Krise in den USA in den USA einen Anstieg der Drogentoten. Die meis- berichtet. Nun gibt es neue Risiko einer Opioidüberdosis ten Opfer in absoluten Zahlen gab es in höher als verstorbene durch Florida, Kalifornien, Pennsylvania und Schätzungen über die Zahl Verkehrsunfälle Ohio. Prozentual den stärksten Anstieg der Menschen, die an einer Die US-Behörden schätzen das Risiko gab es in Nebraska (plus 33,3 Prozent) Opioidüberdosis verstarben. für einen opioidbedingten Tod mit 1 : 96 und North Carolina (plus 22,5 Prozent). erstmals größer als durch einen Ver- Die Überdosis-Krise begann zu Beginn kehrsunfall (1 : 103). Die Zahl der Opioid- der 10er Jahre, vielfach wegen im Über- Täglich 130 Opioidtote Abhängigen in den USA wird auf über maß verschriebener starker Schmerzmit- Die Anzahl der Drogentoten ist von zwei Millionen Menschen geschätzt. Wie tel wie Oxycodon. 63.600 im Jahr 2016 auf etwa 70.200 vor berichtet, sind aktuell verschriebene Me- Vier von fünf Heroin-Nutzern geben zwei Jahren angestiegen. Hierbei waren dikamente für viele Abhängige zu teuer an, zuvor verschreibungspflichtige Opi- opioidhaltige Medikamente bzw. illegale und sie weichen auf Heroin oder illegal oidhaltige Schmerzmittel genommen zu Opioide für 2/3 der Todesfälle 2017 verant- hergestellte synthetische Drogen wie haben. ■ wortlich. Nach Angaben des US-Centers Fentanyl aus. Dirk Schäffer Drogentote in den USA zwischen 1999 und 2017 Quelle: taz 20
www.jes-bundesverband.de internationales Durch engagierte Aufklärungsarbeit in einem stigmatisierten Therapiegebiet Durch partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Fachkreisen und Betroffenen Durch einen umfassenden Praxisservice und interdisziplinäre Fortbildung 40 Jahre Erfahrung in der Suchttherapie 1901_LPL_B – SADE.POAN.18.12.3643 www.substitutionsportal.de 21
aus den regionen DROGENKURIER Wir substituieren jetzt mit Tablette Posteraktion für Aids- und Drogenhilfen zur Aufklärung zur Substitutionsbehandlung des JES-Bundesverbands und Hexal Die Haltung des JES-Bundesverbands war immer, dass wir die Zulassung weiterer Wirkstoffe unterstützen, denn mit einer brei- ten Palette an verschiedenen Wirkstoffen und Darreichsformen können Patient*innen individueller behandelt werden. Aktuell ist Deutschland eines der Länder, das in Europa über die größ- te Bandbreite von Wirkstoffen für die Substitutionsbehandlung verfügt. Ich substituiere Die Wirkstoffe in alphabetischer Reihenfolge: jetzt mit Tablette. Buprenorphin Buprenorphin+ Naloxon Kombination Codein Diamorphin „Für mich war die Dihydrocodein Substitution der Weg zurück ins Leben. Ich lerne wieder, mich mehr und mehr zu fühlen und Levomethadon am Alltag teilzunehmen. Methadon Die diskrete Einnahme einer Tablette ist dabei ein weiterer Schritt zur Morphin Normalität.“ Gleicher Wirkstoff aber viele neue Namen Viele Substitutionspatient*innen berichten, dass sie plötzlich Eine Initiative von Hexal in Zusammenarbeit mit JES. ein Medikament mit gleichem Wirkstoff aber einem anderen Inside Substitution Hier erfahren Sie mehr zur Substitution: Namen erhalten. Tatsächlich sind in den letzten Jahren viele so- „Die diskrete Einnahme einer Ein Film des JES- Bundesverband e. V. www.hexal.de/patienten/ratgeber/suchtmedizin www.mytreatmentmychoice.eu/row/de/ genannte generische oder patentfreie Medikamente nach Ab- lauf des Patentschutzes auf den Markt gekommen. Erst nach Tablette ist dabei ein weiterer www.hexal.de dem Ende des Patentschutzes darf ein anderes Unternehmen Schritt zur Normalität.“ dieses Medikament herstellen. Wichtig zu wissen ist, dass bei generischen oder patentfreien Medikamenten der Wirkstoff Substitutionspatient*innen sehen sich mit einer immer größeren genauso schnell und in gleicher Menge am Wirkungsort sein Vielfalt und Anzahl an Medikamenten zur Substitutionsbehand- muss wie beim Original. Bisweilen erweitern generische Prä- lung konfrontiert. Unser Anliegen als Interessenvertretung von parate durch die Einführung weiterer Wirkstärken und Darrei- Drogengebraucher*innen und Substitutionspatient*innen ist es, chungsformen das Spektrum an Substitutionsmitteln. Auch dass Patient*innen möglichst individuell behandelt werden und Produktverbesserungen wie Teilbarkeit von Tabletten ermög- sie jene Informationen erhalten, um eine informierte Entschei- lichen eine noch individuellere Anpassung der Behandlung an dung treffen zu können. die Bedürfnisse des Patienten. 22
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