Wir bauen Berlin. DIE LANDESEIGENEN - Stadt und Land

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DIE LANDESEIGENEN

Wir bauen Berlin.
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degewo
GESOBAU
Gewobag
HOWOGE
STADT UND LAND
WBM
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INHALT

                                  04   VORWORT

                                  06   KAPITEL 1:
                                       STADT BAUEN FÜR ALLE

                                  08   Einleitung
                                       DAS GROSSE GANZE IM BLICK:
                                       BAUEN FÜR MEHR BERLIN

                                  12   Essay
                                       WER BAUT, HAT VERANTWORTUNG.
                                       Markus Lewe, Vizepräsident des Deutschen Städtetages

                                  16   Instrumente
                                       MIT ERFAHRUNG, EXPERTISE UND
                                       MUT ZUM EXPERIMENT: UNSER KNOW-HOW
                                       FÜR DIE STADTENTWICKLUNG

                                  20   KAPITEL 2:
                                       AUS UNSERER PRAXIS

                                  22   Intelligentes Energiemanagement:
                                       PILOTPROJEKT IN KÖPENICK

                                  26   Soziokulturelle Infrastruktur:
                                       SOZIALE QUARTIERSENTWICKLUNG
                                       IM MÄRKISCHEN VIERTEL

                                  30   Visionen, urbane Mobilität & Smart City:
                                       WATERKANT BERLIN

02   GEMEINSAM STADT ENTWICKELN
Wir bauen Berlin. DIE LANDESEIGENEN - Stadt und Land
34   Die Stadt weiterbauen:
     WOHNEN AM LICHTENBERGER RATHAUSPARK

38   Effizient und gut bauen:
     DER PROTOTYP TYPENHAUS PLUS

42   Komplexe Quartiersentwicklung:
     DAS MODELLPROJEKT HAUS DER STATISTIK

46   KAPITEL 3:
     GEMEINSAM MIT DER STADTGESELLSCHAFT

48   Partizipation im Wohnungsbau
     MITEINANDER: TEILHABE AN DER
     ENTWICKLUNG BERLINS

54   Interview
     STÄDTISCHE WOHNUNGSBAUGESELLSCHAFTEN
     SIND EIN GROSSER GEWINN
     Joost Nieuwenhuijzen, Geschäftsführer der
     European Federation for Living

58   DIE LANDESEIGENEN IM ÜBERBLICK

60   IMPRESSUM

                                                      INHALT   03
Wir bauen Berlin. DIE LANDESEIGENEN - Stadt und Land
04   GEMEINSAM STADT ENTWICKELN
Wir bauen Berlin. DIE LANDESEIGENEN - Stadt und Land
VORWORT

Es geht ums große Ganze und um jede*n Einzelne*n – um das Wohnen
und Leben in Berlin. Mit rund 320.000 Wohnungen im Bestand und
mehr als 55.000 Wohnungen, die sich momentan im Bau und in
Planung befinden, gestalten wir, die sechs landeseigenen Wohnungs­­­­-
bau­gesellschaften, unsere Stadt maßgeblich mit. Das ist eine große
Verantwortung. Denn was wir heute und in den kommenden Jahren
bauen, wird die Stadt in den nächsten Jahrzehnten prägen.

„G
         emeinsam Stadt entwickeln“ heißt      So schaffen wir Landeseigenen dauerhaf­-
         für uns, dass wir uns den Heraus­     ten Mehrwert für die Stadtgesellschaft.
         forderungen der wachsenden Stadt      Wie wir das praktisch in unserer täglichen
stellen. Stadtentwicklung ist kein linearer    Arbeit erreichen, und welche Instrumente
Prozess, sondern ein teilweise iteratives      wir dafür entwickelt haben, zeigen wir
Aushandeln von komplexen, sich auch            auf den folgenden Seiten.
widersprechenden Interessen und Zielen.
In diesen Prozess bringen wir unsere Kom­      „Wer baut, hat Verantwortung“, heißt es in
petenzen und un­sere langjährige Er­fahrung     dem Essay, den der Präsident des Deutschen
im Planen, Bauen und Bewirtschaften von         Städtetages für dieses Heft beigetragen hat.
Immobilien ein.                                 Dieser Verantwortung stellen wir uns mit
                                                Leidenschaft, Engagement und Kompetenz.
Wir entwickeln uns stetig weiter. Wir inter­    Wir bauen Berlin – wir bauen unsere
agieren mit einer Vielzahl von Stakeholdern     gemeinsame Zukunft.
und kooperieren mit Partnern aus Wissen­
schaft und Wirtschaft. Wir sorgen nicht nur
für das dringend benötigte Mehr an Woh­
nungen. Wir bauen qualitativ hochwertigen,
städtischen Lebensraum für die kommen­
den Gene­rationen: ein sicheres und bezahl­
bares Zuhause, lebendige und lebenswerte
Nachbarschaften, sozial, ökologisch und
öko­nomisch nachhaltige Quartiere.

                                                                                               VORWORT   05
Wir bauen Berlin. DIE LANDESEIGENEN - Stadt und Land
STADT
                 (BAUEN)
                     FÜR
                    ALLE

06   KAPITEL 1
Wir bauen Berlin. DIE LANDESEIGENEN - Stadt und Land
Die Landeseigenen bieten bereits
heute mehr als einer halben Million
Berliner*innen ein Zuhause.
Mehr als 55.000 Neubau-Wohnungen
für rund 100.000 Menschen sollen
in den nächsten Jahren dazukommen.
Das ist eine ganze Stadt in der Stadt.
Wer diese Wohnungen baut, gestaltet
also mit. Worin liegen die beson­deren
Stärken der Landes­eigenen? Welche
gemeinsame Vision verbindet sie?
Welchen Beitrag leisten sie für Berlin?
Und welchen Mehrwert bringen die
Landeseigenen der Stadt­gesellschaft?
Diese Fragen beantworten wir
im Folgenden.

                                          STADT BAUEN FÜR ALLE   07
Wir bauen Berlin. DIE LANDESEIGENEN - Stadt und Land
Einleitung

      DAS GROSSE GANZE
      IM BLICK: BAUEN FÜR
      MEHR BERLIN
      Sechs landeseigene Wohnungsbaugesellschaften – ein Auftrag:
      Gutes, bezahlbares Wohnen in lebenswerten Quartieren für alle.
      Für diejenigen, die schon lange in der Stadt leben, die gerade
      angekommen sind oder erst noch kommen werden. Wir gestalten
      Berlin neu und bauen es nachhaltig weiter.

                       B
                               erlin ist eine Mieter*innenstadt.       etwa einem Fünftel des gesamten Mietwoh­
                               Von den rund 1,9 Millionen Wohnun­      nungsbestandes in Berlin. Alleine durch
                               gen werden 1,6 Millionen vermietet.     diesen Marktanteil sind die Landes­eigenen
                        Mehr als vier Fünftel der 3,7 Millionen        ein bedeutender Akteur in der Berliner
                        Einwohner*innen wohnen zur Miete.                 Wohnungswirtschaft. Wir bieten aber
                        In keiner anderen deutschen Großstadt                 mehr als Wohnraum.
                        ist dieser Anteil so hoch. Und Berlin
                        wächst dynamisch; bis zum Jahr                             Was uns von anderen Wohnungs­
                        2030 werden hier 180.000                                      anbietern unterscheidet,
                        mehr Menschen leben als                    »Was                  ist der öffentliche Versor­
                        heute. Das ist eine große            uns von anderen                gungsauftrag, den wir
                        Herausforderung,                                                        aus voller Über­
                        aber auch eine
                                                          Wohnungsanbietern                        zeugung wahr­
                        Chance, denn                           unterscheidet,                         nehmen. Unser
                        mit dem                             ist der öffentliche                          Eigentümer
                        Neubau dieser                  Versorgungsauftrag, den                           ist das Land
                        Wohnungen kön­                                                               Berlin. Wir
                        nen wir die Stadt
                                                           wir aus voller Über­-                  verfolgen eine
                        auch ein gutes Stück                  ­zeugung wahr­­-                 ausgewogene und
                        weit umbauen. Es geht                    nehmen.«                   bedarfsgerechte Mieten­
                        um mehr als nur vier Wän­                                        politik und stehen zu unse­
                        de und ein Dach über dem Kopf.                                rer Verantwortung für Stadt
                        Wir machen Berlin auch vielfälti­                          und Gesellschaft. Wir bauen und
                        ger, smarter und klimagerechter.                        bewirtschaften gute und langfristig
                                                                             bezahlbare Wohnungen für unter­
                        Gemeinsam verfügen degewo, GESOBAU,               schiedlichste Bewohnergruppen. Jede
                        Gewobag, HOWOGE, STADT UND LAND                der sechs Gesellschaften agiert dabei aus
                        und WBM derzeit über einen Bestand von         jahrzehntelang gewachsener Expertise und
                        rund 320.000 Wohnungen. Das entspricht         tiefer Verwurzelung in ihren Kiezen.

08   EINLEITUNG
Unser Ziel sind lebenswerte und be­zahlbare
Quartiere für alle Berliner*innen. Hier          Wir machen Berlin smarter,
investieren wir und unternehmen enorme
Anstrengungen. Mehr als 55.000 neue               indem wir neue Techno­
Wohnungen planen die Landeseigenen                logien für innovative
derzeit. Diese Neubauprojekte bringen
wertvolle Infrastruktur mit. So entstehen         Mobilitäts-, Wohn- und
zum Beispiel neue Spielplätze mit einer           Energiekon­zepte erproben
Gesamtfläche von mehr als 20 Hektar, mehr
als 110.000 Fahrradstellplätze und neue           und anwenden.
Kitas für mindestens 2.400 Kinder. Dazu
kommen Mobilitätsstationen, Quartier­
treffs, öffentliche Plätze und Grünanlagen,      Wir bauen schnell, effi­-
Gewerbe­flächen, Co-Working-Spaces,              zient und qualitätsvoll.
Atelierräume und vieles mehr, was eine
Nachbarschaft lebens- und liebenswert             Qualität und Menge sind
macht. Unsere neuen Quartiere entwickeln          kein Gegensatz.
wir auf der Grundlage gemeinsam erarbei­
teter Leitlinien für Partizipation.
                                                 Wir stützen den sozialen
Dauerhafter gesellschaftlicher Mehrwert
kann nur auf einer soliden wirtschaftlichen      Zusammenhalt in der
Grundlage entstehen.                             Stadt durch professionelle
                                                  und engagierte Betreuung
   Wir leisten unseren Beitrag                    und Entwicklung unserer
    für ein viel­fältiges Berlin, in-             Quartiere.
    dem wir die Impulse aus der
   Stadtgesellschaft aufneh-                     Wir bauen die Stadt weiter,
    men und mit den zivilgesell-                  indem wir Neubauten orga-
    schaftlichen Akteur*innen                     nisch aus den gewachsenen
    gemeinsam und auf Augen-                      Kiezen heraus entwickeln.
    höhe komplexe Quartiere
    entwickeln.
                                              Um diese Ziele zu erreichen, haben wir
                                              Instrumente entwickelt, die wir in dieser
                                              Publi­kation vorstellen. Dabei tauschen wir
   Wir unterstützen die Vision
                                              uns kontinuierlich aus, teilen Erfahrungen
    eines klima­neutralen Berlins,            untereinander und kooperieren eng, wo
                                              dies Sinn macht. Wir sind Spezialist*innen
    indem wir unsere Bestände
                                              für komplexe und anspruchsvolle Entwick­
    energieeffizient und klima-               lungsaufgaben – angetrieben nicht vom
                                              Shareholder Value, sondern vom Anspruch,
    schonend bauen, sanieren
                                              einen gesellschaft­lichen Mehrwert zu schaf­
    und bewirtschaften.                       fen. Wir sind überzeugt, dass sich das lohnt.
                                              Für unsere Stadt. Für ein Mehr an Berlin.

                                                           www.inberlinwohnen.de

                                                                                              STADT BAUEN FÜR ALLE   09
DIE LANDESEIGENEN:
     BAUEN FÜR MEHR BERLIN
      Die sechs landeseigenen Berliner Wohnungsbauunternehmen
      degewo, GESOBAU, Gewobag, HOWOGE, STADT UND LAND und WBM
      sind zuverlässige und starke Partner bei der Versorgung mit bezahl­­-
      barem Wohnraum in der Hauptstadt und in der Region. Fest in den Kiezen
      verwurzelt, sozial engagiert und wirtschaftlich solide.

      Fast 3,7
           Millionen                                                                  Reinickendorf
                                                                                      960
      Menschen
      leben heute in Berlin.
                                                                                              Mitte
                                                                                              2.690

                                                          Spandau
                                                            6.800
                  + 180.000

        Die Prognosen
                                                                    Charlottenburg-
        erwarten bis                                                Wilmersdorf
                                                                    540
        2030 einen
        Anstieg
        um weitere
                                55.000                                                         Tempelhof-
                                                                                              Schöneberg
                                                hnungen in
                                 N e u b a u wo                                                    1.700
        180.000                                 rteilen sich
                                 Planung ve
                                                   Berlin                  Steglitz-
        Einwohner*in-                 über ganz                            Zehlendorf
                                                                           1.000
        nen.

10   EINLEITUNG
Sozial und
                                                verantwortungs­-              Gemeinsam verfügen die Landes­
                                                       bewusst                eigenen derzeit über einen Bestand
                                                                              von rund     320.000 Wohnungen.
                                                          Im Rahmen der       Das entspricht etwa einem Fünftel
                                                   Quartiers­entwicklung
                                                                              des gesamten Mietwohnungs­­be­s tandes
                                                        spielt das bedarfs­
                                                                              in Berlin.
                                                     gerechte Mitdenken
                                                   der Infrastruktur eine     Aktuell planen die Landeseigenen mehr
                                                        wesentliche Rolle.
                                                           Ob zusätzliche
                                                                              als   55.000 neue Wohnungen und
                                                                              deren Infrastruktur.
                                                        Spielplatz­flächen,
                                                           Kitaplätze oder
                                                      Fahrradstellplätze:
                                                        Die landeseigenen
                                                                              Es entstehen neue Kitas für mindes-
                                                     Wohnungsbauunter­
                                                                              tens 2.400 Kinder sowie Spielplätze
                                                     nehmen denken die
                                                             strukturellen    mit einer Gesamtfläche von mehr als
                                                     Anforderungen mit.       200.000 qm. Das entspricht in
                                                                              etwa 28 Fußballfeldern oder einem
                                                                              Drittel des Großen Tiergartens.
    Pankow
    6.240

                                                                                     200.000

                                                                                    Quadratmeter

                                              Marzahn-
                                              Hellersdorf
                                                                              Mehr als 110.000 Fahrrad­
                                              9.460
                                                                              stellplätze stehen in den Quartieren
                     Lichtenberg                                              zukünftig zur Verfügung.
Friedrichshain-      11.680
Kreuzberg
3.590

          Neukölln
          2.380

                                   Treptow-
                                   Köpenick
                                   8.490

                                                                                                   STADT BAUEN FÜR ALLE   11
ESSAY

               »WER
                BAUT,
                 HAT
             VERANT-
                WOR-
              TUNG.«
12   ESSAY
Was sind lebenswerte Städte?
Welchen Beitrag leisten die
kommunalen Wohnungsbau­
unternehmen? Auf die erste Frage
gibt es eine einfache Antwort:
Lebenswerte Städte bieten den
Menschen Entfaltungsmöglichkeiten
zur Selbstverwirklichung und
Aufenthaltsräume, in denen sie sich
sicher und zuhause fühlen.
Das dürfte in jeder Stadt aller­-
dings etwas anders aussehen.
Das ist auch gut so! Denn es muss
immer Gegenstand demokratischer
Auseinandersetzung sein, zu
Zielbildern und Maßnahmen für die
bestmögliche Stadt zu gelangen.
In der Vielfalt des Ausdrucks von
Lebensqualität liegt auch die
Qualität der Städte. Eine Blaupause
für „die lebenswerte Stadt“
gibt es demnach nicht.

                                      STADT BAUEN FÜR ALLE   13
D
                     ie Frage nach dem Beitrag, den         Strategien einbinden. So leisten sie einen
                     kommunale Wohnungsbauunter­            wichtigen Beitrag für lebendige (digitale)
                     nehmen für die „lebenswerte Stadt“     Nachbarschaften und sichern Teilhabe
             leisten können, ist differenziert zu betrach­  in Zeiten zunehmender Diversifizierung.
             ten. Aus den räumlichen, demografischen,       Dabei gilt es, faire digitale Strukturen für
             technischen und sozialen Entwicklungen in      die Kunden aufzubauen.
             Deutschland erwachsen Chancen und Risi­
             ken für die Wohnungswirtschaft. Darüber        Neue Wohnwünsche und damit verbundene
             hinaus gibt es zahlreiche Erwartungen der      alternative Grundriss- und Nutzungskon­
             jeweiligen Stakeholder. Dies gilt insbeson­    zepte wie Clusterwohnen, Collaborative
             dere für die kommunalen Wohnungsbau­           Living oder Co-Housing sowie die voran­
             unternehmen, die den Gemeinwohl- und           schreitende Verkleinerung der Haushalte bei
             Gewährleistungsauftrag der Städte sichern      gleichzeitigem Sog der Zentren stellen die
             sollen. Die Städte verzeichnen steigende       kommunale Wohnungswirtschaft vor neue
             Anforderungen in den Bereichen Verkehr         Herausforderungen. Auch die Frage nach
             und Mobilität, Kommunikation und Ener­          einem sozial-fürsorgerischem Ansatz zur
             gieversorgung, ebenso in den Bereichen              Wohnraumversorgung für gering ver­
             Partizipation und Integration. Diese                  dienende Menschen sowie Rentner­
             gehen einher mit steigenden Anfor­                        haushalte und Personen im Trans­
             derungen an die kommunalen                                   ferleistungsbezug wird eine
             Wohnungsbauunternehmen.                                          wichtige Rolle spielen.
             Digitale Informations- und                »Städte
             Kommunikationstech­                                                    Dabei ist entscheidend,
             nologien könnten
                                                    und kommu        -                 ob und wie der
             ein Baustein zur                    nale    Wohnungs-                         durchschnitt­
             Lösung der                         bauunternehmen                               liche Flächen­
             vielfältigen                                                                      konsum pro
             Ansprüche sein.              müssen aktiv Wohnungs-                              Kopf – auch
             Die Herausforde­                   bau- und Bauland-                          im geförderten
             rung für kommunale                                                         Wohnungssektor –
             Wohnungsbauunter­
                                                   politik betrei-                  auf ein Maß begrenzt
             nehmen besteht nun darin,                   ben.«                    werden kann, das den
             einerseits Vorreiter und Trei­                                   Nachhaltigkeitskriterien,
             ber intelligenter Quartiere und                               den öffentlichen Finanzie­
             Städte zu sein und andererseits                           rungskapazitäten und der gebo­
             nicht ihren grund­legenden Versor­                     tenen Verringerung der Lebens­
             gungsauftrag aus den Augen zu verlieren.            zykluskosten des Wohnens Rechnung
                                                              trägt. Spätestens an diesem Punkt wird
             Zentrale Aufgaben und neue                     die Verantwortung des Bauherren für die
             Herausforderungen                              Allgemeinheit   deutlich.

             Die Versorgung breiter Schichten der Be­        Kooperative Bündnisse
             völkerung mit angemessenem und bezahl­          für das Wohnen
             barem Wohnraum bleibt weiterhin zentrale
             Aufgabe der kommunalen Wohnungsbau­              Die aktuell im politischen Raum diskutier­
             unternehmen. Sie müssen daher eine fast          ten Lösungsansätze machen die immense
             schon ubiquitäre Rolle einnehmen – sowohl        Verantwortung deutlich. Die Stimmen
             hinsichtlich der Entwicklung eigener Ange­       reichen von einer massiven Deregulierung
             bote als auch in Zusammenarbeit mit ver­         im Bereich des Bau- und Planungsrechts
             schiedenen Kooperationspartnern. Hierzu          sowie des Normungswesens (Kostenreduk­
             zählen insbesondere die Berliner Stadtwerke      tion beim Wohnungsbau), über steuerliche
             und weitere kommunale Unternehmen.               Förderung (Anhebung der linearen Afa oder
             Smart Living Technologien sind nicht nur         Sonder-Afa) bis hin zur deutlichen Verschär­
             ein wichtiger Baustein für die Sicherung         fung des Mietrechts („Mietenstopp“ und
             eines altengerechten Wohnens, sie lassen        „Mietendeckel“). Auch die Wünsche nach
             sich auch in die Umsetzung von Smart City        einer Wiedereinführung der Wohnungs­

14   ESSAY
gemeinnützigkeit oder einer Vergesellschaf­
tung („Rekommunalisierung“) privater
Wohnungsunternehmen („Deutsche Wohnen
& Co enteignen!“) zeigen die Vielfalt der
ak­tuellen Debatte.

Doch gerade die Frage einer stärkeren
Gemein­wohlorientierung in der Wohnungs­
politik muss auf der lokalen bzw. regionalen
Ebene beantwortet werden. Dabei ist zu
klären, ob und inwieweit die Städte und ihre
kommunalen Wohnungsbaugesellschaften
eine aktive Rolle übernehmen können
und sollen. Die sowohl auf regionaler als      MARKUS LEWE, VIZE­
auch kommunaler Ebene weit verbreiteten
                                               PRÄSIDENT DES DEUTSCHEN
Bündnisse für Wohnen bieten gute Rahmen­
bedingungen, den Wohnungsmarkt im              STÄDTETAGES
öffent­lichen Segment kooperativ weiterzu­
entwickeln. Diese Bündnisse schaffen nicht     Markus Lewe (*1965) ist seit 2009
nur eine konstruktive Kommunikations­          Oberbürgermeister der Stadt Münster.
plattform für alle Akteure des Wohnungs­       Der studierte Verwaltungswirt war
markts, sondern gerade auf lokaler Ebene       darüber hinaus in 2018 Präsident des
Transparenz über die örtlichen Gegebenhei­     Deutschen Städtetages. Seit Juni 2019
ten und die verschiedenen Interessenlagen.     ist er dessen Vizepräsident. Markus Lewe
                                               ist verheiratet und hat fünf Kinder.
Bauen ist Verantwortung
Das Zusammenwirken der Kommunen mit
ihren Wohnungsbauunternehmen und die
Kooperation der Kommune mit Genossen­
schaften und privaten Eigentümern bieten
Anknüpfungspunkte im Spannungsfeld
zwischen Gemeinwohlorientierung und
gewinnorientiertem Unternehmenshandeln.
Sowohl eine Stärkung der kommunalen
Wohnungswirtschaft und der Wohnungs­
baugenossenschaften als auch alle Formen
der wohnungswirtschaftlichen Vereinba­
rungen mit den privaten Eigentümern auf
kommunaler Ebene können in angespannten
Wohnungsmärkten einen beruhigenden
Effekt auf die Mietentwicklung haben.
Inso­fern übernehmen diejenigen, die bauen,
auch Verantwortung. Wir sollten diese
Verantwortung annehmen. Dafür müssen
sowohl die Städte als auch die kommunalen
Wohnungsbauunternehmen in die Lage
versetzt werden, aktiv Wohnungsbau- und
Baulandpolitik zu betreiben.

                                                                             STADT BAUEN FÜR ALLE   15
Instrumente

          MIT ERFAHRUNG,
                EXPERTISE
           UND MUT ZUM
             EXPERIMENT:
                   UNSER
              KNOW-HOW
                  FÜR DIE
                   STADT­
           ENTWICKLUNG

16   INSTRUMENTE
Die Landeseigenen haben aufgrund
ihres breiten Erfahrungsspektrums,
ihres jahrzehntelangen sozialen
Engagements und der lokalen Ver­
wurzelung jeweils besondere Kompe­
tenzen für die Herausforderungen
der wachsenden Stadt entwickelt.
Auf den folgenden Seiten öffnen
wir unseren Instrumentenkoffer
und zeigen in aktuellen Praxisbei­
spielen dessen Anwendung:

               Komplexe Quartiersentwicklung:
               Modellprojekte für kooperative
               Stadtgestaltung

                Transparent und kooperativ gestaltete Prozesse sind die
                Grundlage für komplexe Entwicklungsvorhaben der öffent-
                lichen Hand, die Initiativen aus der Stadtgesellschaft auf
                Augenhöhe einbinden und unterschiedlichsten Nutzungs-
                anforderungen gerecht werden. Um Mitgestaltung, Freiräu-
                me und Selbstorganisation in der Quartiersentwicklung zu
                ermöglichen, bedarf es einer hohen Dialog- und Kooperati-
                onsbereitschaft von allen Beteiligten, allen voran auf Seiten
                der Wohnungsbauunternehmen. Umfangreiches Prozess-
                Know-how ist hier gefragt. Am Beispiel des Modellprojekts
               „Haus der Statistik“ zeigen wir, welche Erfahrungen die WBM
                mit kooperativen und koproduktiven Quartiersentwicklun-
                gen gesammelt hat und wie sie diese fortlaufend in anderen
                Koopera­tionsverfahren wie im „Dragoner Areal“ oder im
                Moabiter Quartier Rathenower Straße 16 erweitert.

                                                                                STADT BAUEN FÜR ALLE   17
Die Stadt weiterbauen:
             Kiezerweiterungen im Zusammenspiel
             von Neubau und Bestand
             Berlin hat verglichen mit anderen deutschen oder europäischen
             Metropolen noch immer innerstädtische Flächenpotenziale, die
             ein Weiterbauen der Stadt aus sich heraus ermöglichen. Die Kon­
             zepte für die Weiterentwicklung der Stadt sind vielfältig. Eines
             sollte aber immer gelten: Respekt vor der gebauten Stadt. Wett­
             bewerbliche Verfahren sowie Machbarkeitsstudien in Varianten
             sind in diesem Zusammenhang wichtige Instrumente, um eine
             städtebauliche und architektonische Qualität zu sichern und
             gleichzeitig die Besonderheiten jedes Kiezes zu berücksichtigen.
             Gleichzeitig müssen bestehende Nutzungen identifiziert und quali­
             fiziert in das neue Quartier integriert werden. Auf diesem Weg
             lässt sich Identität bewahren, was insbesondere für die Akzeptanz
             der Anwohner bei der Schaffung von neuem Wohnraum von gro-
             ßer Bedeutung ist. Mit der respektvollen Weiterentwicklung des
             Bestehenden städtischen Mehrwert schaffen – was das konkret
             in der Praxis urbaner Nachverdichtung bedeuten kann, wird im
             Lichtenberger Rathauskiez anhand von zwei Neubauprojekte deut-
             lich, deren Umsetzung die HOWOGE verantwortet.

                                                   Intelligentes Energiemanagement:
                                                   Innovative Lösungen für klima­
                                                   schonendes Bauen und Wohnen

                                                   Bis 2050 will Berlin eine klimaneutrale Stadt sein. Mit dem
                                                   Einsatz erneuerbarer Energien, der Anwendung innovativer
                                                   Effizienztechnologien und der Entwicklung einer zukunfts-
                                                   fähigen Infrastruktur leisten die landeseigenen Wohnungs-
                                                   baugesellschaften einen wichtigen Beitrag zur Energie-
                                                   wende und zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Sowohl
                                                   im Neubau als auch bei der Bestandssanierung setzen wir
                                                   konsequent auf nachhaltige Energiekonzepte und starten
                                                   Pilotprojekte. degewo hat ihre Kompetenzen rund um Ener-
                                                   gie & digitale Infrastrukturen in einem eigenem Tochterun-
                                                   ternehmen gebündelt – der degewo netzWerk GmbH. Das
                                                   Wohnensemble an der Joachimstraße in Treptow-Köpenick
                                                   zeigt beispielhaft, dass innovative Lösungen wie ein Block-
                                                   heizkraftwerk nicht nur umweltschonend, sondern auch
                                                   wirtschaftlich sinnvoll sind.

18   INSTRUMENTE
Effizient und gut bauen:
                                                           Neue Typen und Standards
                                                           für Effizienz und Qualität im
                                                           Wohnungsbau
                                                           Die Standardisierung und Typisierung von Bauteilen
                                                           und modulare Entwurfskonzepte können Planungs-
                                                           und Bauzeiten verkürzen. Die Produktion hoher
                                                           Stückzahlen reduziert zudem die Herstellungskosten.
                                                           Deshalb beschäftigen sich die sechs landeseigenen
                                                           Wohnungsbaugesellschaften intensiv mit der Weiter-
Smart City:                                                entwicklung des Typenbaus und haben dafür Studien
Neue Technologien für                                      und Wettbewerbe für neue Wohnungsbautypen in
                                                           Auftrag gegeben. Exemplarisch ist hier das modulare
innovative Mobilitäts- und                                 Wohnungsbaukonzept, das die Wohnungsbaugesell-
Energiekonzepte                                            schaft STADT UND LAND mit dem Typenhaus Plus
                                                           in Marzahn-Hellersdorf realisiert hat.

Berlin als intelligent vernetzte, zukunftsfähige, post­-
fossile und resiliente Stadt – dieser Vision dient die
Smart City Strategie des Berliner Senats. In den Kiezen,
also auf der Ebene der Quartiersentwicklung, setzen die
landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gemeinsam
mit Partner*innen aus der Forschung, Wirtschaft und
Verwaltung vor allem bei der Energieversorgung und
neuen Mobilitätskonzepten auf smarte Technologien.
Beispielhaft ist hier das Quartier WATERKANT Berlin in
Spandau direkt an der Havel. Im Rahmen eines bundes-
weiten Pilotprojekts wird es zum Labor für integrierte
Mobilitätslösungen – unter maßgeblicher Beteiligung
der Gewobag.

                                                      Soziokulturelle Infrastruktur:
                                                      Ganzheitliches Quartiersmanage-
                                                      ment für sozialen Zusammenhalt,
                                                      Integration und Teilhabe für
                                                      alle Generationen

                                                      In den Quartieren, die wir entwickeln und betreuen, leben
                                                      oft mehrere Tausend Menschen unterschiedlicher Herkunft,
                                                      unterschiedlichen Einkommens und Alters zusammen.
                                                      Deshalb kümmern wir uns auch um die soziokulturelle
                                                      Infrastruktur. Räume, die als Stadtteiltreffs oder Beratungs-
                                                      stellen genutzt werden können, Mitarbeit in Gremien sowie
                                                      die Unterstützung von Nachbarschaften, Projekten und
                                                      Kooperationen – ein ganzheitliches, soziales Quartiers­
                                                      management hat viele Facetten. Exemplarisch wird das im
                                                      Märkischen Viertel deutlich, wo die GESOBAU mit großem
                                                      Engagement, inno­vativen Ansätzen und Kooperationen
                                                      zum sozialen Zusammenhalt beiträgt.

                                                                                               STADT BAUEN FÜR ALLE   19
AUS
                 UNSERER
                   PRAXIS

20   KAPITEL 2
Intelligentes Energiemanagement:
Pilotprojekt in Köpenick

Soziokulturelle Infrastruktur:
Soziale Quartiersentwicklung im
Märkischen Viertel

Visionen, urbane Mobilität
& Smart City:
WATERKANT Berlin

Die Stadt weiterbauen:
Wohnen Am Lichtenberger
Rathauspark

Effizient und gut bauen:
Der Prototyp Typenhaus Plus

Komplexe Quartiersentwicklung:
Das Modellprojekt
Haus der Statistik

                                   AUS UNSERER PRAXIS   21
Intellligentes Energiemanagement

      PILOTPROJEKT IN
      KÖPENICK
      Kommunale Wohnungsbauunternehmen leisten auch einen wichtigen
      Beitrag zur Energiewende: Mit dem Einsatz erneuerbarer Energien, der
      Anwendung innovativer Effizienztechnologien und der Entwicklung einer
      zukunftsfähigen Infrastruktur können sie ressourcenschonend planen.
      In einer Wohnanlage in Treptow-Köpenick hat degewo erstmalig in Eigen­
      regie ein Blockheizkraftwerk zur Strom- und Wärmegewinnung eingebaut.
      Sie bietet Mieterstrom an. Die Neubauten wurden nicht nur nachhaltig
      und kostengünstig geplant und gebaut, sondern werden auch klima­
      schonend vor Ort mit Energie und Wärme versorgt.

22   INTELLLIGENTES ENERGIEMANAGEMENT
LAGE: Bezirk Treptow-Köpenick, Joachimstr. 8a–e,
                                                                       Joachimstr. 1–7 / Lindenstr. 6, 7
                                                                    GRÖSSE: ca. 11.000 qm BGF
                                                                    WOHNEINHEITEN: 68, 5.060 qm (Joachim­s tr.
                                                                       8a–e) / 133, 9.280 qm (Joachimstr. 1–7 /
                                                                       Lindenstr. 6, 7), davon mehr als die Hälfte

E
                                                                       barrierearm
       inem ganzheitlichen Ansatz zu folgen                         WEITERE NUTZUNGEN: Sonderwohnformen
       und Ökonomie, Ökologie, Soziales                                für Jugendliche und MS-Erkrankte, Kinder­
       und Architektur wie auch Städtebau                              tagesstätte, Büro- und Gewerbeflächen
miteinander zu betrachten – im Bereich des                          BAUBEGINN: 11/2013 (Joachimstr. 8a–e), 10/2016
nachhaltigen geförderten Wohnungsbaus ist                              (Joachimstr. 1–7 / Lindenstr. 6, 7)
dies nicht nur eine Verpflichtung, sondern                          FERTIGSTELLUNG: 03/2015 (Joachimstr. 8a–e),
gleichzeitig auch eine Herausforderung.                                09/2018 (Joachimstr 1–7 / Lindenstr. 6, 7)
Ein Beispiel für fortschrittliches Energie­                         PROJEKTBETEILIGTE/PARTNER: degewo,
management sind die degewo-Neubauten                                   netzWerk GmbH, degewo bauWerk, GETEC
in der Joachimstraße / Lindenstraße in                                 ENERGIE AG, Gewers & Pudewill GmbH
Treptow-Köpenick: Hier versorgen – je nach                             (Architekturbüro), Independent Living
Gebäude – ein eigenes Blockheizkraftwerk                               und Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft
und eine eigene Solarthermieanlage die                                 Landesverband Berlin e.V.
Mieter*innen mit „hausgemachtem“ Strom
bzw. Wärme. Die Wohnanlage, die aus elf
Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 201
Wohnungen, Gewerbeflächen und einer Kita
besteht, wurde in einem ersten Bauabschnitt
zwischen 2013 und 2015 (Joachimstraße            Die von der Sonne erzeugte Wärme wird in
8a–e) und in einem zweiten (Joachimstr.          eine Heizzentrale im Untergeschoss geführt
1–7, Lindenstr. 6, 7) zwischen 2016 und 2018     und von dort je nach Bedarf dezentral verteilt.
errichtet.                                       In der Heizzentrale befinden sich außerdem
                                                 Solarpufferspeicher. Sie speichern die tags­
Strom, hausgemacht.                              über erzeugte Wärme und halten sie für den
                                                 Abend bzw. den nächsten Tag vor. Die Anlage
Über das Blockheizkraftwerk wird für             arbeitet nach dem Prinzip „Verbrauch vor
das Ensemble des ersten Bauabschnitts in         Speicherung“: Nur wenn die erzeugte Wärme
der Joachimstraße 8a–e Strom gewonnen –          nicht sofort für Trinkwassererwärmung oder
umweltschonend und kostengünstiger als           die Heizkreise genutzt werden kann, werden
das Angebot des örtlichen Grundversorgers.       die Solarpufferspeicher beladen. Damit ist
Eingerichtet wurde es vom degewo-Tochter­        die Anlage noch einmal effizienter als kon­
unternehmen netzWerk GmbH. Darüber               ventionelle Solarthermieanlagen.
hinaus bietet degewo ihren Mieter*innen
einen eigenen Stromtarif an. Partner des         Dass ökologisches Bewusstsein und Wirt­
Pilotprojekts in der Joachimstraße 8 ist der     schaftlichkeit keinen Widerspruch bilden
Energiedienstleister Berliner Energieagen­       müssen, sondern sich sogar gegenseitig
tur, der den Strom an alle interessierten        bedingen, zeigt ein weiteres Beispiel: Bei
Mieter*innen liefert, momentan an rund           der Gestaltung der Außenflächen wurde ein
zwei Drittel der Mieter*innen im Objekt.         sogenanntes Mulden-Rigolen-System einge­
                                                 baut, eine umweltfreundliche Methode der
Für die Gebäude des zweiten Bauabschnitts        Regenwasserversickerung. Da das innovative
wurde eine große Solarthermieanlage              Entwässerungssystem zusätzlich die Ab­
errichtet. Sie besteht aus 85 einzelnen Solar­   wassergebühren senkt, profitiert nicht nur
kollektoren, die auf verschiedenen Haus­         die Umwelt, sondern auch die Mieter*innen
dächern des Ensembles aufgestellt wurden.        in Form niedrigerer Betriebskosten.

                                                                                                    AUS UNSERER PRAXIS   23
Die neu erbauten Mehr-
      familienhäuser in der
      Köpenicker Joachimstra-
      ße werden mit einem
      Erdgas-Blockheizkraftwerk
      versorgt, das neben
      Wärme auch Strom pro­
      duziert und dabei hoch­
      effizient ist.

24   INTELLLIGENTES ENERGIEMANAGEMENT
Nachhaltige Konzepte für
den Wohnungsbau
                                                           NACHGEFRAGT BEI
Sowohl im Neubau als auch bei Sanierungen
                                                           JACQUELINE BRÜSCHKE,
setzt degewo konsequent auf nachhaltige                    LEITUNG BAUWERK
Energiekonzepte. Im Bereich der Wärme­
versorgung konnten die CO2-Emissionen der
degewo-Gebäude seit 1990 mehr als halbiert
werden. 71% der aktuellen Versorgung              Jacqueline Brüschke ver­
der degewo-Gebäude erfolgt aus Anlagen,           antwortet als Leiterin
die Wärme ganz oder anteilig aus Kraft-           des degewo-internen
Wärme-Kopplung oder regenerativen Ener­           Planungsbüros degewo
gien erzeugen.                                    bauWerk die Neubau­
                                                  vorhaben der landes­
Um den stetig wachsenden Aufgaben des             eigenen Wohnungsbau­
Energiemanagements im Bestand und im              gesellschaft.
Neubau gerecht zu werden, hat degewo
Energie-Aktivitäten in der degewo netzWerk
GmbH gebündelt. Seit 2016 führt das Toch­                  Sie legen großen Wert
terunternehmen die Kompetenzen rund um                     auf nachhaltige Konzepte.
Energie, digitale Infrastrukturen, Smart                   Was gehört für Sie dazu?
City und Messtechnik zusammen. Für                             Zunächst ist uns wichtig, dass unsere Gebäu­
jeden Neubau wird so von netzWerk und                      de einen Beitrag für die Stadt leisten Wir haben
der degewo-eigenen Bauabteilung bauWerk                    eine große Verantwortung, auch gegenüber
ein passendes Energiekonzept und eine                      dem urbanen Raum. Hier versuchen wir alles,
zukunfts­f ähige Infrastruktur entwickelt, die             damit die von uns gebauten Häuser sich einfü­
eine kostengünstige und umweltschonende                    gen und städtebauliche Energie der Umgebung
Wärme- und Stromversorgung sowie digitale                  aufnehmen und verstärken. Hieraus ergibt
Konnektivität sicherstellen.                               sich für unsere Planungen folgerichtig die Ver­
                                                           pflichtung, immer die Aspekte der Ökologie,
                                                           der Wirtschaftlichkeit, aber auch soziale und
                                                           architektonische Gesichtspunkte einzubezie­
                                                           hen. Da auch im Wohnungsbau alles mit allem
                                                           zusammenhängt, müssen wir in vielen, mit­
                                                           einander verschränkten Ebenen denken.
                                                           Welche Vorteile ergeben sich aus der eigenen
                                                           Energieversorgung?
                                                               Unsere degewo netzWerk GmbH sorgt für
                                                           kostengünstige, klimaschonende und intelli­
                                                           gente Versorgung mit Strom und Wärme und
                                                           bietet eine digitale Infrastruktur. Diese Netze
                                                           baut sie selbst oder gemeinsam mit Partnern.
                                                           Ihre modernen Messdienste dienen der präzi­
                                                           sen Abrechnung der Mietnebenkosten. So kön­
                                                           nen diese langfristig stabil gehalten werden.
                                                           Wird die „hauseigene“ Versorgung zu einem
                                                           degewo-Standard?
In Treptow-Köpenick realisierte degewo ein
                                                               Ja, das streben wir an, schon um Skalen­
Neubauensemble, bestehend aus elf Mehrfamilien­
                                                           effekte im Sinne unserer Mieterinnen und
häusern mit insgesamt 201 Wohnungen, Gewerbe-
                                                           Mieter zu nutzen. Wir nutzen damit auch unser
flächen und einer Kita.
                                                           konzerninternes Know-how. Mit einer wach­
                                                           senden Zahl an Photovoltaik-Anlagen produzie­
                                                           ren wir einen Teil des Strombedarfs selbst.
                                                           Mit eigenen Netzen und eigener Versorgung
                                                           tragen wir zur Versorgungssicherheit und
                                                           Wirtschaftlichkeit bei.

                                                                                         AUS UNSERER PRAXIS   25
Soziokulturelle Infrastruktur

      SOZIALE QUARTIERS­
      ENTWICKLUNG IM
      MÄRKISCHEN VIERTEL

26   SOZIOKULTURELLE INFRASTRUKTUR
Rund 37.000 Menschen leben im Märkischen Viertel. Damit verzeichnet das
Quartier am östlichen Rand des Berliner Bezirks Reinickendorf Einwohner­
zahlen, die sich mit der einer deutschen Mittelstadt vergleichen lassen.
Um den sozialen Zusammenhalt innerhalb der heterogenen Mieterschaft zu
stärken und lebendige Nachbarschaften zu fördern, setzt sich die GESOBAU
für mehr Generationengerechtigkeit, Familienfreundlichkeit, Teilhabe und
Integration ein. Für ihr soziales Quartiersmanagement ist die GESOBAU als
landeseigene Wohnungsbaugesellschaft bundesweit bekannt.

I
  n der Stadt- und Quartiersentwicklung
  nehmen kommunale Wohnungsunterneh­
  men eine tragende Rolle ein: Durch ihren
direkten Kontakt zur Mieterschaft haben sie
Kenntnisse über Problemlagen und Poten­
ziale im Quartier. So können sie die sozio­
kulturelle Infrastruktur fördern und vor Ort                    LAGE: Bezirk Reinickendorf
zur sozialen Stabilisierung beitragen. Die                      GRÖSSE: 3.200.000 qm BGF
GESOBAU leitet mit Know-how und Personal                        WOHNEINHEITEN: ca. 17.000 Wohn­ungen,
verschiedene Quartiersprojekte, unter                             davon ca. 15.000 im Bestand der GESOBAU
anderem im Märkischen Viertel in Berlin-                        WEITERE NUTZUNGEN: Seniorenwohnhäuser,
Reinickendorf. Ziel ist es, die Wohn- und                         Bürgeramt, Schwimmbad, Stadtteilbiblio-
Lebensqualität zu steigern – ob mit Moder­                        thek, Graphothek, Nachbarschaftstreffs,
nisierungen, der Bereitstellung von Stadt­                        Grund- und Oberschulen, Kindertagesstät-
teiltreffs und Beratungsstellen oder durch                        ten, Sportvereine, Ärztehäuser, Stadtteil­
Netzwerkarbeit.                                                   einkaufszentren, Inte­grationslots*innen
                                                                ENTWICKLUNG: 1963–1974 Bauzeit,
                                                                  2008–2015 Modernisierung / Umbau zur
Die Großsiedlung
                                                                  Niedrigenergiesiedlung
Märkisches Viertel                                              PROJEKTBETEILIGTE/PARTNER: GESOBAU
Die 60er-Jahre-Großsiedlung ist die markan­
teste Einzelbestandsmarke der GESOBAU.
Von den rund 37.000 Bewohner*innen sind
mehr als 25 % jünger als 18 und 22 % älter
als 65 Jahre. Der Anteil von Bewohnern
mit Migrationshintergrund, die aus rund
110 Nationen stammen, liegt bei ca. 44 % und    mischungsprozesse anfällig sind. 2007 wa­
damit im Durchschnitt vergleichbarer            ren es vor allem die berlinweit zunehmenden
Quartiere Berlins.                              Se­gregations- und Polarisierungstendenzen,
                                                die die GESOBAU dazu veranlassten, sich
Die durchschnittliche Wohndauer beträgt         dem Quartiersmanagement im Märkischen
19 Jahre, die Wohnzufriedenheit der Mieter*­    Viertel verstärkt zu widmen.
innen liegt nach Umfragen der GESOBAU bei
80 %. Hier im Märkischen Viertel fühlen sich     Leben im Quartier:
die Menschen wohl, die Identifikation mit
dem Quartier ist hoch. Dies ist keine Selbst­
                                                „Mein Märkisches Viertel“
verständlichkeit: Denn eine der größten         Neben enormen baulichen Investitionen –
Herausforderungen in sozioökonomisch eher       von 2008 bis 2015 wurde das Quartier zur
schwach aufgestellten Nachbarschaften ist,      Niedrigenergiesiedlung umgebaut – inves­
dass sie in höherem Maße für soziale Ent­       tiert die GESOBAU in das soziale Miteinander.

                                                                                                  AUS UNSERER PRAXIS   27
Die GESOBAU unterstützte 2017 gemeinsam mit dem Integra­        Sie beschäftigt eigene Sozialarbeiter*­­innen,
      tionsbüro des Bezirksamts Reinickendorf und der Apostel-        die sich den Problemen der Mieter*innen an­
      Petrus-Gemeinde das Mitmach-Kunstprojekt "Lichtergalerie" –     nehmen und bei Konflikten oder Mietschul­
      Soziale Kunst der Hoffnung und des friedlichen Zusammenlebens   den beraten. Darüber hinaus übernimmt
      des Künstler-Duos Sofia Camargo und Thomas E.J. Klasen.         eine Quartierskoordinatorin „Märkisches
      Schirmherr war Dr. Wolfgang Thierse, Bundestagspräsident        Viertel“ die Rolle der „Brückenbauerin“:
      a. D. Mehr als 700 Nachbar*innen beteiligten sich am Projekt.   Sie vermittelt zwischen der GESOBAU und
      Am Ende konnten 400 Lichtkörper auf dem Stadtplatz im           ihren Mieter*innen, zum Beispiel in einer
      Zentrum des Stadtteils ausgestellt werden. Eine farbenfroh      wöchentlichen „Sozialen Sprechstunde“; sie
      leuchtende Laterneninstallation, die alte und neue Bewoh­       initiiert Projekte und fördert den Austausch
      ner*innen gemeinsam gestaltet haben.                            zwischen allen Stadtteilakteur*innen. Zu
                                                                      den Aufgaben der Stelle „Soziale Quartiers­
                                                                      entwicklung“ zählen u.a. die Erstellung von
                                                                      Quartiersanalysen, die Initiierung und
                                                                      der Aufbau von Netzwerken, die Moderation
                                                                      von Prozessen, die Konzeption, Beratung,
                                                                      Unterstützung oder Leitung von Projekten
                                                                      sowie der Dialog mit Verwaltung, Politik und

28   SOZIOKULTURELLE INFRASTRUKTUR
NACHGEFRAGT BEI
                                                            HELENE BÖHM, SOZIAL- UND
                                                            QUARTIERS­M ANAGEMENT

                                                  Seit 2007 arbeitet Helene
                                                  Böhm (M.A.) bei der GESO-
                                                  BAU und ist für das Thema
                                                  Soziale Quartiersentwick-
                                                  lung verantwortlich. Sie
                                                  ist Vorstandsmitglied der
                                                  GESOBAU-Stiftung und
                                                  des Netzwerks Märkisches
                                                  Viertel e.V. Seit 2019 leitet
                                                  sie die Abteilung Sozial- und
VIERTEL FEST                                      Quartiersmanagement bei
                                                  der GESOBAU.

Mieter*innen. Nur mit dem Prinzip des ‚mit,
von und für‘ die Menschen und Orte kann das                 Warum ist soziale Quartiersentwicklung aus
soziale Handeln und das Zusammenspiel der                   Ihrer Sicht wichtig?
unterschiedlichen Akteure funktionieren.                        Soziale Veränderungen wie der demogra­
                                                            fische Wandel oder das Dazulernen im Zusam­
Um die Identifizierung mit dem Quartier zu                  menleben von Menschen unterschiedlicher
fördern und den sozialen Zusammenhalt zu                    Herkunft finden nicht irgendwann und irgend­
stärken, hat die GESOBAU 2014 die Marke                     wo statt. Sie vollziehen sich hier und jetzt, ganz
Märkisches Viertel geschaffen und zu deren                  konkret in unseren Wohngebieten. Darum
Belebung mit der VIERTEL BOX am Wilhelms­                   engagieren wir uns über die bloße Vermietung
ruher Damm einen zentralen Veranstaltungsort                von Wohnungen hinaus und machen uns für die
eingerichtet. Hier finden nicht nur Lesungen                sozialen Belange der Mieter*innen in unseren
oder Hip-Hop-Wettbewerbe statt, es gibt auch                Quartieren stark.
ein Kino, Sportevents sowie ein Sommerferien­               Inwiefern hat die Quartiersentwicklung im
programm für Schulkinder. Mit der Senioren-                 Märkischen Viertel Modellcharakter?
Infothek werden auch ältere „Märker“ angespro­                  Veränderte Rahmenbedingungen führen zu
chen. Über das Programm der VIERTEL BOX                     neuen Anforderungen. Erneuerung, Aufwer­
und Neuigkeiten aus dem Quartier informiert                 tung und Modernisierung von Quartieren sind
eine Webseite, unter der Rubrik „Menschen im                daher Aufgabenfelder, die sich aus wohnungs­
Viertel“ wird die vielfältige Bewohnerschaft in             wirtschaftlicher und städtebaulicher Sicht
kurzen Filmen portraitiert.                                 verbinden – und zusammengedacht werden
                                                            müssen. Hier steht das Märkische Viertel vor­
                                                            bildhaft für die Erfolge wohnungswirtschaft­
                                                            lichen und kommunalen Engagements.
                                                            Worauf sind Sie besonders stolz?
                                                                Auf den gemeinsam erzielten gesellschaft­
                                                            lichen Mehrwert. Viele der von uns initiierten
                                                            Projekte sind längst verstetigt und wirken nach­
                                                            haltig in den Quartieren der GESOBAU, z. B. die
                                                            Senioren-Infotheken, die Bildungslandschaft
                                                            Märkisches Viertel oder Einrichtungen wie
                                                            die GESOBAU-Nachbarschaftsetage oder das
                                                            Familienzentrum Hansastraße. Seit 2019 gibt es
                                                            eine eigene Abteilung für Sozial- und Quartiers­
                                                            management mit neun Mitarbeiter*innen, die
                                                            sich allen Themen rund um das Zusammen­
                                                            leben und die Nachbarschaft widmen.

                                                                                           AUS UNSERER PRAXIS    29
Visionen, urbane Mobilität & Smart City

      WATERKANT BERLIN
      Berlin wächst. Damit einhergehend steigen die Herausforderungen, dieses Wachs-
      tum positiv zu gestalten. Hierbei sind neben steigenden Wohnkosten vor allem
      ökologische, infrastrukturelle und soziale Fragestellungen von großer Bedeutung.
      Zu den zentralen Elementen einer nachhaltigen Stadtentwicklung gehören die
      effektive Nutzung vorhandener Flächenressourcen, die Gestaltung von Mobilität
      sowie die Energieerzeugung und -verteilung. Das Quartier WATERKANT Berlin
      ist Vorreiter in Bezug auf vorausschauende Quartiersentwicklung und sektorüber­
      greifende Projektplanung und gehört mit seinen innovativen Mobilitätsangeboten
      zu den bundesweiten Pilotprojekten. Auf ihrer aktuell größten Baustelle errichtet die
      Gewobag bis 2025 gemeinsam mit der WBM rund 2.500 neue Wohnungen.

30   VISIONEN, URBANE MOBILITÄT & SMART CITY
M
         ehr als 20.000 zusätzliche Einwoh­
          ner*innen wird Berlins westlichster   LAGE: Bezirk Spandau / Wasserstadt Oberhavel
         Bezirk, rund um das Spandauer          GRÖSSE: 155.000 qm BGF (Gewobag) /
Entwicklungsgebiet Wasserstadt Oberhavel,          23.500 qm BGF (WBM)
in den kommenden Jahren bekommen.               WOHNEINHEITEN: 2000 (Gewobag) / 500 (WBM)
Allein im neuen Stadtquartier WATERKANT         WEITERE NUTZUNGEN: Stadtquartier:
Berlin werden rund 6.500 Menschen ein              Kinder­t agesstätte, Schulzentrum, Nahversor­
neues Zuhause finden. Die ersten 362 Woh­          gungs­einrich­tungen, Spiel- und Grün­fl ächen,
nungen der Gewobag werden bereits im               Fahrrad­garagen, Mobilitätshub
Sommer 2020 fertiggestellt. Wohn- und           BAUBEGINN: 09/2018 (Gewobag) /
Lebensqualität für verschiedene Ansprüche,         12/2018 (WBM)
eine Uferpromenade, attraktiv gestaltete        FERTIGSTELLUNG: Abschnittsweise ab 2020
Wohnhöfe, Freizeitangebote, Kindertages­           bis 2025
stätten, Gewerbe- und Einzelhandelsflächen      PROJEKTBETEILIGTE/PARTNER:
werden realisiert. So wächst auf dem ehe­       Wohnungsbau: Gewobag, WBM
mals gewerblich genutzten Areal mit einer       Energieerzeugung und –versorgung: Gewobag ED
Fläche von rund 21 Hektar ein urbanes           Modellprojekt „Move Urban“:
Viertel mit direkter Wasserlage und Nähe        Bundesministerium für Bildung und Forschung
zur Spandauer Altstadt.                            (Leitinitiative „Zukunftsstadt“), Senatsverwal-
                                                   tung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz,
                                                   DLR Institute für Verkehrsforschung und
                                                   Verkehrssystematik, die Technische Universität
                                                   Berlin und das Institut für Klimaschutz, Energie
                                                   und Mobilität (IKEM), Gewobag
                                                EU-Förderprojekt MEISTER:
                                                Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon
                                                   2020 der Europäischen Union, Senatsverwal-
                                                   tung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz,
                                                   Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität
                                                   (IKEM), VMZ Berlin Betreibergesellschaft mbH,
                                                   E.ON, Gewobag, WBM

                                                                                       AUS UNSERER PRAXIS   31
Zu zentralen Planungsfragen bei einem          urbaner Mobilität und Smart City Techno­
                             Projekt dieser Größenordnung und stadt­        logien. Die Gewobag zählt neben diversen
                             räumlichen Lage zählten u.a.:                  Forschungsinstituten zu den Partner*innen
                                                                            des von der Berliner Senatsverwaltung für
                            Wie werden Mobilitätsangebote für die zu­       Umwelt, Verkehr und Klimaschutz geleite­
                            künftigen Bewohner*innen gestaltet?             ten Projektes. Geplant ist, ein innovatives
                            Mit welchen Mitteln ist nutzerzentrierte        und integratives Mobilitätskonzept für ein
                            Mobilität mit Anbindungen ins Stadtzent­        Stadtquartier zu entwickeln, das Freiräume
                            rum und die umliegende Naherholungsland­        bietet, besonders fußgänger- und fahrrad­
                            schaft bei gleichzeitiger Reduktion des moto­   fahrerfreundlich gestaltet ist und Alterna­
                            risierten Individualverkehrs zu schaffen?       tiven zum motorisierten Individualverkehr
                            Wie kann mithilfe von Smart City Technolo­      ermöglicht. Die Ergebnisse des Laborgebie­
                            gien ein ganzheitlicher Mobilitätsansatz für    tes WATERKANT Berlin werden zukünftig
                            die WATERKANT Berlin umgesetzt werden?          allen Akteur*innen der Wohnungswirtschaft
                                                                            als Handlungsempfehlung zur Verfügung
                            Gegenwärtig fehlen Angebote öffentlicher        stehen.
                            Nahverkehrsmittel wie S- und U-Bahn oder
                            Tram, gleichzeitig sind die vorhandenen          Neben einem gut funktionierenden ÖPNV
                            Verkehrswege bereits stark ausgelastet.          sind bedarfsgerechte Sharing-Angebote wie
                                                                             Elektroautos, Fahrräder, Lastenräder und
                             Move Urban: Multimodal                          E-Scooter wichtig und werden im Mobilitäts­
                             die Stadt bewegen                               hub des Quartierszentrums gebündelt. Die
                                                                             Gewobag, bereits durch den Einsatz mobiler
                            Seit 2017 widmen sich im Rahmen des             „Jelbi-Stationen“ in Kooperation mit der BVG
                            Bundesforschungsprojektes „Move Urban“           erfahren, plant für die WATERKANT Berlin
                            Verkehrs-, Logistik- und Wohnungsbauex­          Fortbewegungsangebote digital mit einer
                            pert*innen den komplexen Fragestellungen         mobilen Quartiers-App zu verbinden. Dazu

32   VISIONEN, URBANE MOBILITÄT & SMART CITY
Das Quartier WATERKANT Berlin ist
                                                          NACHGEFRAGT BEI
bundesweites Pilotprojekt für vor-
ausschauende Quartiersentwicklung,
                                                          BEATE ALBERT, BEREICHSLEITERIN
sektorübergreifende Projektplanung                        SMART CITIES, BERLIN PARTNER
sowie innovative Mobilitätsplanung.

gehört auch das Thema Elektromobilität, das      Im April 2015 hat der Berliner
bereits in den ersten Bauabschnitten mit         Senat die Smart City Strate-
Carsharing-Angeboten und ausbaufähiger           gie Berlin beschlossen. Als
Ladeinfrastruktur umgesetzt wird                 Gesellschaft für Wirt-
                                                 schafts- und Technolo-
Mit dem ganzheitlichen Quartierskonzept          gieförderung unterstützt
kann auf das Auto weitestgehend verzichtet       Berlin Partner Unterneh-
werden. Dezentrales Parken in Tief- und          men und Projekte zu allen
Quartiersgaragen und ein regulatives Stell­      Smart City relevanten
platzkonzept verbessern die Flächennutzung       Themen. Beate Albert ist
und die Freiraumqualität. Versand-Paket­         erste Ansprechpartnerin.
stationen und intelligente Stadtmöbel, wie
Infoboards oder Haltestellen mit Verkehrs­
informationen, sollen dazu beitragen, den                 Welche Ziele verfolgt die Smart
Lieferverkehr im Quartier zu reduzieren.                  City Strategie Berlin?
Weitere Schwerpunkte der Quartiersent­                        Eine lebenswerte, zukunftsfähige Stadt
wicklung bilden die Bereiche Energie und                  ist das Ziel. Erreichen wollen wir dies durch
Partizipation. So ist ein innovatives Energie­            technologische, soziale und ökologische Inno­
konzept bereits in Umsetzung. Durch ein                   vationen sowie eine zunehmende sektor- bzw.
eigenes Quartiersnetz zur Wärmeversor­                    ressortübergreifende Zusammenarbeit – in der
gung können nicht nur die Mieter*innen                    Verwaltung, in Wirtschaft und Wissenschaft
der Gewobag, sondern auch Dritte mit                      und im Zusammenspiel mit der Zivilgesellschaft.
Niedertemperatur-Fernwärme versorgt                       Welche Rolle spielt das Thema Mobilität
werden. Durch Nutzung regenerativer                       dabei?
Wärme­versorgung aus Flusswasserwärme                         In einer Stadt, die von Zuzug und zunehmen­
wird der Primärenergiefaktor dabei signi­                 der Flächenkonkurrenz geprägt ist, muss Mobili­
fikant gesenkt. Hierdurch wird auch ein                   tät neu gedacht und geplant werden. Wie können
wesentlicher Beitrag zur Einhaltung der                   wir uns ressourcenschonend, klimaverträglich
Klimaschutzziele Berlins geleistet.                       und komfortabel in der Stadt bewegen? Wie
                                                          können wir bei wachsendem Mobilitätsanspruch
Auch Partizipation spielte in der Projekt­                Verkehre vermeiden? Neben dem Ausprobieren
entwicklung von Anfang an eine sehr große                 neuer Technologien und Mobilitätsdienste spielt
Rolle. So haben in den Bereichen, wo gänz­                auch das Nutzerverhalten, die Akzeptanz neuer
lich neues Planungsrecht geschaffen wird,                 Angebote, eine entscheidende Rolle.
Partizipationsprozesse mit Bürger*innen,                  Inwiefern ist das neu entstehende Quartier
Anrainer*innen und Stadtteilakteur*innen                  WATERKANT Berlin beispielhaft für die
für die zukünftige Gestaltung des Areals                  Smart City?
stattgefunden.                                                Neben den Leuchtturmprojekten der elf
                                                          Berliner Zukunftsorte, wo Wirtschaft und Wis­
               waterkant-berlin.de                        senschaft an Lösungen für die Mobilitäts- und
                                                          Energie­wende arbeiten und Berlins Innovations­
                                                          kraft unter Beweis stellen, sind Neubauquartiere
                                                          wie WATERKANT wichtige Erprobungs- und
                                                          Umsetzungsräume für das Leben von morgen.
                                                          Wir definieren in der Beteiligungs-, Planungs-
                                                          und Bauphase, wie wir in Zukunft leben, arbei­
                                                          ten, kommunizieren und mobil sein möchten.
                                                          Eine integrierte und nutzerorientierte Quartiers­
                                                          planung, die auch umliegende Nachbarschaften
                                                          und deren Bedürfnisse einbezieht, ist smart.

                                                                                        AUS UNSERER PRAXIS    33
Die Stadt weiterbauen

      WOHNEN AM LICHTEN-
      BERGER RATHAUS­PARK
                     Mit 387 Mietwohnungen, einer
                                                          LAGE: Bezirk Lichtenberg
                Kindertagesstätte sowie Büro- und
                                                             Rathausstr. 11, 11A–F, 12, 12A /
                       Gewerbeflächen entsteht am            Frankfurter Allee 135
                                                          GRÖSSE: 13.900 qm BGF (Rathausstr.),
                     Lichtenberger Rathauspark ein
                                                             39.000 qm BGF (Stefan-Heym-Platz)
                 urbanes Neubauquartier mit histo-        WOHNEINHEITEN: 387, davon

                  rischen Wurzeln. Die erste Wohn-          136, 8.365 qm (Rathausstr.) /
                                                             251, 14.500 qm (Stefan-Heym-Platz)
                 anlage in der Rathausstraße 11–12        WEITERE NUTZUNGEN: Kindertages-
                                                             stätte, Büro- und Gewerbeflächen,
                 ist bereits fertiggestellt. Nebenan
                                                             Spiel- und Grünflächen, Stadtplatz
                   am Stefan-Heym-Platz wird noch         BAUBEGINN: 12/2015 (Rathausstr.) /
                                                             06/2018 (Stefan-Heym-Platz)
                       gebaut: Hier entstehen sechs
                                                          FERTIGSTELLUNG: Neubau 2018 /
                  Gebäude, darunter ein Hochhaus,            Altbau 2019 (Rathausstr.) 2020/2021
                                                             (Stefan-Heym-Platz)
                 das als Landmarke den Übergang
                                                          PROJEKTBETEILIGTE/PARTNER:
                        zwischen Friedrichshain und          HOWOGE / Rathausstraße: Hemprich
                                                             Tophof Architekten / Stefan-Heym-
                     Lichtenberg nachhaltig prägen
                                                             Platz: Hemprich Tophof Architekten
                    wird. Mit dem Quartier „Am Rat-          (Machbarkeitsstudie) / Generalunter-
                                                             nehmer: PORR Deutschland GmbH,
                hauspark“ baut die HOWOGE den
                                                             Baumschlager Eberle Architekten
                 Bezirk weiter und verbindet dabei
                    eine hohe architektonische und
                    städtebauliche Qualität mit den

                                                       D
                   sozioökonomischen Anforderun-              ie alte Polizeiwache in der Rathaus­
                                                              straße stand seit zwei Jahren leer, als
                       gen einer wachsenden Stadt.            das Areal 2014 vom Berliner Liegen­
                                                       schaftsfonds als erstes Grundstück über das
                                                       sogenannte Konzeptverfahren veräußert
                                                       wurde. Statt an den Meistbietenden sollte
                                                       das Grundstück an das über­zeugendste
                                                       Konzept gehen. Den Zuschlag für die Ent­
                                                       wicklung des 6.000 Quadratmeter großen
                                                       Geländes erhielt die landeseigene HOWOGE,
                                                       insbesondere, da das Konzept eine Verbin­
                                                       dung aus preisgünstigem Wohnraum, der
                                                       Errichtung einer Kita und einer architek­
                                                       tonisch zeitgemäßen sowie energetisch
                                                       nachhaltigen Umsetzung vorsah.

34   DIE STADT WEITERBAUEN
AUS UNSERER PRAXIS   35
Mit dem Quartier
                                                                            harmonisches Ensemble entstanden, das
      „Am Rathauspark”
                                                                            Raum für 136 Wohnungen bietet.
      kombiniert die
      HOWOGE hohe
                                                                            Zwei Drittel der Wohneinheiten besteht aus
      architektonische
                                                                            Ein- oder Zweizimmer-Appartements. Damit
      wie städtebauliche
                                                                            reagiert die HOWOGE auf den gestiegenen
      Qualität mit den
                                                                            Bedarf an kleineren Wohnungen in Lichten­
      sozioökonomi­schen
                                                                            berg. Dringend benötigt werden im Bezirk
      Anforderungen der
                                                                            aber auch Kinderbetreuungsplätze. Die im
      wachsenden Stadt.
                                                                            August 2019 eröffnete Kita für 100 Kinder
                                                                            gehörte deshalb von Beginn an zum Konzept.
                                                                            Fester Bestandteil waren auch die rund
                                                                            340 Quadratmeter Flächen für Läden und
                             Wohnen in und an der Wache                     Lokale, um die Nahversorgung zu ermög­
                                                                            lichen und vom Erstbezug an ein belebtes,
                             Der Erhalt der Polizeiwache war vielen         urbanes Quartier zu schaffen.
                             Anwohner*innen ein Herzenswunsch: Das
                             markante Gebäude prägt seit Ende des           Ein neuer Quartierseingang
                             19. Jahrhunderts das Straßenbild. Deshalb
                             sollte die neue Wohnanlage den Bestands­
                                                                            am Stefan-Heym-Platz
                             bau integrieren und zu neuem städtischen       In unmittelbarer Nähe befindet sich am
                             Leben erwecken. Der aus drei Gebäudeteilen     Stefan-Heym-Platz / Frankfurter Allee 135
                             bestehende Neubau gruppiert sich um einen      ein weiteres Neubauvorhaben der HOWOGE
                             grünen Gartenhof und öffnet sich zur sanier­   in Realisierung, das direkt an die Rathaus­
                             ten Polizeiwache hin. Die zeitgenössische      straße anschließt. Nicht nur ein städtebau­
                             Architektur entwickelte das verantwortliche    licher Wettbewerb, den die HOWOGE Berlin
                             Büro Hemprich Tophof nicht im Kontrast,        auslobte, sondern auch ein im Jahr 2015
                             sondern im Dialog zum Bestand. Die beiden      durchgeführtes Bürgerbeteiligungsver­
                             Satteldächer des fünfgeschossigen Neubaus      fahren bildet das Fundament für das Bau­
                             nehmen die Formensprache der Wache und         vorhaben an der Grenze zu Friedrichshain.
                             auch des nahegelegenen Rathauses auf. So       Bis zum Jahr 2021 soll das neue Quartier mit
                             ist aus der Kombination von Alt und Neu ein    251 Mietwohnungen und rund 16.000 Quad­

36   DIE STADT WEITERBAUEN
NACHGEFRAGT BEI
ratmetern Büro- und Gewerbeflächen fertig
sein. 126 Wohnungen werden als geförderter                                        STEFAN SCHAUTES,
Wohnraum zu Einstiegsmieten ab 6,50 Euro
nettokalt/Quadratmeter vermietet.
                                                                                  HOWOGE

Im Hochhaus und in den Gebäuden zur
Frankfurter Allee und zum Stefan-Heym-                                   Bis 2026 soll der Bestand
Platz hin entstehen flexible Büroflächen,                                der HOWOGE von aktuell
Gastronomie- und Gewerbeflächen, die die                                 rund 62.300 Wohnungen
Wohnungen vor der sehr hohen Lärmemis­                                   auf 75.200 angewachsen
sion an dieser Stelle schützen. Der Innen­                               sein. Stefan Schautes ver-
bereich des Quartiers ist autofrei angelegt                              antwortet als Bereichs-
und gliedert sich in unterschiedliche Höfe,                              leiter und Prokurist alle
Vorgärten, Spiel- und Grünflächen.                                       Neubauaktivitäten des
                                                                         Unternehmens.
Ein bereits bestehender und gern genutzter
Identifikationsort im Quartier ist der Stefan-
Heym-Platz mit dem denkmalgeschützten
Fischerjungen. Deshalb hat die HOWOGE                                             Nicht nur neu bauen, sondern
für dessen Gestaltung ein umfassendes                                             die Stadt weiter­bauen – was bedeutet das
Beteiligungsverfahren durchgeführt. An­                                           kon­kret in Ihrer Arbeit, Herr Schautes?
wohner*innen arbeiteten aktiv am Konzept                                              Berlin befindet sich in einem Veränderungs­
für die Neugestaltung des Platzes mit, der                                        prozess – neben der Sozial- und Bevölkerungs­
gemeinsam mit dem Hochhausneubau den                                              struktur unterliegen auch die Lebensbio­­grafien
Übergang der Bezirke Lichtenberg und                                              der Bürger einem Wandel. Städtebau, Infra­
Friedrichshain nachhaltig prägen wird.                                            struktur, Bildungs- und Mobilitätskon­zepte
Er soll vor allem ein grüner Ort zum Verwei­                                      sowie die Energieversorgung werden sich än­
len für alle Generationen werden.                                                 dern und verändern müssen. Nachverdichtung
                                                                                  muss also mehr sein, als nur die Antwort auf
                                                                                  die derzeitig hohe Nachfrage nach Wohnraum.
                                                                                  Sie ist als Chance zu verstehen, die Stadt an
1 Stefan-Heym-Platz mit 251 WE                                                    verschiedene Lebensmodelle und Bedürfnisse
2 Rathausstraße mit 136 WE                                                        anzupassen und sie sinnvoll und nachhaltig
                                                                                  weiterzubauen. Voraussetzung dafür ist, dass
                                                                                  bestehende und neue Nutzungen identifiziert
                                                        Rathaus                   und qualifiziert in das neue Quartier integriert
                                                      Lichtenberg                 werden. Auf diesem Weg lässt sich Identität be­
                                                                                  wahren und erzeugen, was insbesondere für die
                                                                                  Akzeptanz der Anwohner*innen bei der Schaf­
                                                                                  fung neuer Quartiere von großer Bedeutung ist.
                                                 ße

                                                      Stefan-Heym-
                                                tra

                                                          Platz      2                Gleichzeitig gilt es, flexible Gebäude zu er­
                                             f fs
                                           or

                                                                                  richten, die ein unkompliziertes Umnutzen für
                                           nd
                                       lle

                                                                                  verschiedene Lebensphasen der Bewohner*in­
                                      Mö

       Ring-Center                                                                nen möglich machen sowie eine Multifunktio­
                                             1                                    nalität des öffentlichen Raumes darzustellen.
                                                                                  Die Stadt muss zur „Stadt der kurzen Wege“
 S    U    Fra n k fu
                        rt e r A ll
                                      ee                                          weiterentwickelt werden, in der Arbeitsplatz
                                                                                  und Kita sowie Nahversorgungs- und Freizeit­
                                                                                  angebote unkompliziert erreichbar sind.
                                                                                  Um dieser vielschichtigen Aufgabe gerecht zu
                                                                                  werden, braucht es nicht nur innovative Ideen,
                                                                                  sondern vor allem einen Dialog zwischen allen
                                                                                  Beteiligten, mit einer klaren Zuordnung der
                                                                                  Aufgaben, der Ziele und der Verantwortung.
                                                                                  Denn nur gemeinsam lassen sich zukunfts­
                                                                                  fähige Konzepte für das Weiterbauen der Stadt
                                                                                  und deren Quartiere entwickeln.

                                                                                                                AUS UNSERER PRAXIS    37
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